Antrag auf Unterlassung der Anwendung des SGB II

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Musterklage-SGB2
Vorläufige Zuordnung zum Allgemeinen Register gemäß AktO.
Hans Mustermann, Musterstraße 1, 10 Musterhausen
Amtsgericht Musterhausen
Musterstraße 1
10 Musterhausen
Musterhausen, Datum
Hans Mustermann
Musterstraße 2
10 Musterhausen
– Kläger/in –
gegen
Bundesrepublik Deutschland
vertreten durch
Bundesministerium für Arbeit
vertreten durch
Jobcenter Musterhausen
Musterstraße 3
10 Musterhausen
– Beklagte/r –
Öffentlich-rechtliche Unterlassungsklage verfassungsrechtlicher Art
gemäß
Art. 19 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 GG
i.V.m.
Art. 1 Abs. 3 GG sowie Art. 20 Abs. 3 GG
i.V.m.
Art. 101 Abs. 1 GG sowie Art. 103 Abs. 1 GG
wegen
der verfassungswidrigen Anwendung des SGB II
sowie
aller damit in Verbindung stehenden Sozialgesetzbücher
trotz
ihres Verstoßes gegen Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG – Zitiergebot
und auch
entgegen der durch das Bundesverfassungsgericht nicht erfolgten Feststellung der
positiven Gültigkeit des SGB II i.S.d. 7. Leitsatzes BVerfGE 1, 14 zu 1 BvR 1797/10
im Zusammenhang mit dem Bescheid
vom
…
zu
…
Inhaltsverzeichnis



1 Rechtliche Stellung des Klägers
2 Anträge
o 2.1 Antrag auf Unterlassung der Anwendung des SGB II (Hauptsache)
o 2.2 Antrag auf Aussetzung des Hauptsacheverfahrens mangels Prozessgesetzen
(Nebensache)
o 2.3 Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz in der Hauptsache
o 2.4 Antrag auf Festlegung des Streitwerts
3 Begründung
o 3.1 Antrag auf Unterlassung der Anwendung des SGB II
 3.1.1 Verstoß des SGB II sowie aller damit in Verbindung stehenden
Sozialgesetzbücher gegen Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG – Zitiergebot
 3.1.2 Mangel der Feststellung der positiven Gültigkeit des SGB II
durch das Bundesverfassungsgericht i.S.d. 7. Leitsatzes BVerfGE 1, 14
o 3.2 Antrag auf Aussetzung des Hauptsacheverfahrens mangels Prozessgesetzen
 3.2.1 Rechtsweg gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 GG zu den
ordentlichen Gerichten
 3.2.2 Erläuterungen zum Rechtsweg für öffentlich-rechtliche
Streitigkeiten verfassungsrechtlicher Art gemäß Art. 19 Abs. 4 S. 2
GG, wonach „soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, […]
der ordentliche Rechtsweg gegeben“ ist, nach Wernicke & Holtkotten
in „Bonner Kommentar 1956“:
o 3.3 Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz in der Hauptsache
o 3.4 Antrag auf Festlegung des Streitwerts
Rechtliche Stellung des Klägers
Der Kläger ist Hilfebedürftiger i.S.d. Art. 11 GG, da »eine ausreichende Lebensgrundlage
nicht vorhanden ist«, i.V.m. Art. 1 Abs. 3 GG sowie Art. 20 Abs. 1 GG.
Diese Klage steht unter dem ausschließlichen Vorbehalt der Anerkennung der geltenden
Gesetzeslage nach dem Grundgesetz als ranghöchste Norm der Rechtsordnung der
Bundesrepublik Deutschland sowie der unmittelbaren Rechtsbindung der öffentlichen Gewalt
durch die Grundrechte gemäß Art. 1 Abs. 3 GG i.V.m. Art 20 Abs. 3 GG sowie Art. 97 Abs. 1
Halbsatz 2 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG – Zitiergebot durch das erkennende Gericht.
Der Kläger ist als Angehöriger des Staates Bundesrepublik Deutschland Grundrechtsträger
i.S.d. Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG. Die Bundesrepublik Deutschland ist gemäß Art. 1 Abs. 1 Satz
2 GG verpflichtet, diese Grundrechte zu achten und zu schützen.
Die Grundrechte des Klägers binden gemäß Art. 1 Abs. 3 GG Gesetzgebung, vollziehende
Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht. Die Bundesrepublik
Deutschland ist gemäß Art. 20 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG dem Prinzip des
Sozialstaatsgebots unterworfen. Eine wie auch immer geartete Änderung dieser
grundgesetzlichen Vorschriften, durch welche die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten
Grundsätze berührt werden, ist gemäß Art. 79 Abs. 3 Halbsatz 2 GG unzulässig.
Darüber hinaus ist es dem Kläger als Grundrechtsträger derzeit erwiesenermaßen nicht
möglich, für eine ausreichende Lebensgrundlage i.S.d. Art. 11 GG selbst zu sorgen, weshalb
ihm gegenüber hier das Sozialstaatsgebot gemäß Art. 20 Abs. 1 GG i.V.m. der unmittelbaren
Rechtsbindung seiner Grundrechte gemäß Art. 1 Abs. 3 GG anzuwenden ist.
Weiterhin hat die Bundesrepublik Deutschland i.S.d. Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG zu garantieren
und dafür Sorge zu tragen, dass dem Kläger gegenüber ausschließlich nach den Vorschriften
des Grundgesetzes gemäß Art. 82 Abs. 1 Halbsatz 1 GG – sowie bei Einschränkungen seiner
Grundrechte gemäß Art. 19 Abs. 1 GG – zustande gekommene Gesetze angewendet werden.
Der Schutz und die Rechtsbindung der Grundrechte sowie das Rechtsstaatsprinzip und das
Sozialstaatsgebot sind Grundlagen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Sowohl
der Kläger als Grundrechtsträger als auch die Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und
Rechtsprechung als grundrechtsverpflichtete öffentliche Gewalt sind dieser freiheitlichen
demokratischen Grundordnung im Sinne des Art. 20 GG i.V.m. § 4 Abs. 1 Ziff. 2, 6 und 7
BVerfSchG unterworfen (vgl. BVerfGE 2, 1).
Gegen jede Verletzung seiner (Grund-)Rechte steht dem Kläger gemäß Art. 19 Abs. 4 GG der
Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist gemäß Art. 19
Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 GG der ordentliche Rechtsweg gegeben (vgl. Anm. II. a. Rechtsweg).
Anträge
Antrag auf Unterlassung der Anwendung des SGB II (Hauptsache)
sowie aller damit in Verbindung stehenden Sozialgesetzbücher gegenüber dem Kläger
mangels deren Erfüllung der Gültigkeitsvoraussetzungen gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG
i.V.m. Art. 82 Abs. 1 GG und der aus diesem Grunde zu erfolgen habenden Feststellung der
Nichtigkeit des Bescheides vom … zu ….
Antrag auf Aussetzung des Hauptsacheverfahrens mangels Prozessgesetzen
(Nebensache)
für öffentlich-rechtliche Streitigkeiten verfassungsrechtlicher Art gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 2
Halbsatz 2 GG und die Verweisung der Nebensache an das BVerfG mit dem gerichtlichen
Antrag auf Verurteilung der Bundesrepublik Deutschland zum Erlass der für den Rechtsweg
für öffentlich-rechtliche Streitigkeiten verfassungsrechtlicher Art gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 2
Halbsatz 2 GG erforderlichen Prozessgesetze zur Möglichkeit der Entscheidung in der
Hauptsache durch den gesetzlichen Richter i.S.d. Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.
Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz in der Hauptsache
gemäß Art. 1 Abs. 3 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG sowie Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 97 Abs.
1 Halbsatz 2 GG hinsichtlich der vorläufigen Aussetzung der Anwendung des die
Gültigkeitsvoraussetzungen gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG nicht erfüllenden SGB II bis
zum Erlass eines dem Rechtsweg für öffentlich-rechtliche Streitigkeiten
verfassungsrechtlicher Art gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 GG entsprechenden und
für eine Entscheidung in der Hauptsache benötigten Prozessgesetzes sowie der bis dahin
ausschließlich auf der rechtlichen Grundlage gemäß Art. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG zu
erfolgen habenden rechtlichen Bearbeitung der sozialen Hilfebedürftigkeit des Klägers durch
die Bundesrepublik Deutschland und ihre Vertreter bis zum Erlass eines der
Gültigkeitsvoraussetzung gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG entsprechenden Sozialgesetzes im
Falle von dadurch erfolgen sollenden Einschränkungen von Grundrechten nach Maßgabe des
Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG.
Antrag auf Festlegung des Streitwerts
gemäß § 34 Abs. 1 BVerfGG.
Begründung
Antrag auf Unterlassung der Anwendung des SGB II
Verstoß des SGB II sowie aller damit in Verbindung stehenden Sozialgesetzbücher
gegen Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG – Zitiergebot
Die folgenden Normen des SGB II – Zweites Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für
Arbeitsuchende - in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Mai 2011 (BGBl. I S. 850,
2094), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 7. Mai 2013 (BGBl. I S. 1167) geändert
worden ist – schränken einfachgesetzlich folgende Grundrechte ein:
1. § 2 Abs. 1 S. 2 u. 3 SGB II (Grundsatz des Forderns) – Art. 2 Abs. 1 GG; Art. 12
GG: Die Pflicht zum Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung verstößt gegen den
Grundsatz der Vertragsfreiheit und schränkt so das Grundrecht auf die freie Entfaltung
der Persönlichkeit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG unzulässig ein, da durch dessen
Wahrnehmung weder die Rechte anderer verletzt werden noch gegen die
verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstoßen wird. Die Pflicht zur
Annahme einer zugewiesenen Arbeit schränkt das Grundrecht der Freiheit der
Berufswahl gemäß Art. 12 Abs. 1 GG ein und ermächtigt das Jobcenter zur gemäß
Art. 12 Abs. 3 GG dahingehend unzulässigen Zwangsarbeit.
2. § 2 Abs. 2 S. 2 SGB II (Grundsatz des Forderns) – Art. 2 Abs. 1 GG; Art. 12 GG:
Die Pflicht des Leistungsberechtigten, seine Arbeitskraft zur Beschaffung des
Lebensunterhalts für die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen
einzusetzen, schränkt unzulässig, da keine Verletzung der Rechte anderer und auch
kein Verstoß gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz durch den
Normadressaten vorliegt, sowohl sein als auch das Grundrecht der mit ihnen in einer
Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen auf die freie Entfaltung der Person gemäß
Art. 2 Abs. 1 GG und die freie Berufswahl gemäß Art. 12 Abs. 1 GG ein, da zum
Einen sowohl eine Fürsorge- und Einstandspflicht und auch eine Fürsorge- und
Einstandsannahme ohne die Maßgabe einer entsprechenden Willenserklärung der
Betroffenen begründet werden und zum Anderen eine gemäß Art. 12 Abs. 3 GG
dahingehend unzulässige Zwangsarbeit.
3. § 7 Abs. 3 Ziff. 3.c) SGB II (Leistungsberechtigte) – Art. 2 Abs. 1 GG: Die
Vorschrift der Annahme eines wechselseitigen Willens, einer gegenseitigen
Verantwortung sowie eines gegenseitigen Einstehens einer mit der erwerbsfähigen
leistungsberechtigten Person hinsichtlich in einem gemeinsamen Haushalt zusammen
4.
5.
6.
7.
lebenden Person und ohne die Maßgabe einer entsprechenden Willenserklärung der
Betroffenen schränkt hier das Grundrecht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit
gemäß Art. 2 Abs. 1 GG unzulässig ein, da durch dessen Wahrnehmung weder die
Rechte anderer verletzt werden noch gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das
Sittengesetz verstoßen wird.
§ 7 Abs. 3a SGB II (Leistungsberechtigte) – Art. 2 Abs. 1 GG: Die Vorschrift der
Annahme der Vermutung eines wechselseitigen Willens, einer gegenseitigen
Verantwortung sowie eines gegenseitigen Einstehens einer mit der erwerbsfähigen
leistungsberechtigten Person hinsichtlich in einem gemeinsamen Haushalt zusammen
lebenden Person und ohne die Maßgabe einer entsprechenden Willenserklärung der
Betroffenen schränkt hier das Grundrecht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit
gemäß Art. 2 Abs. 1 GG unzulässig ein, da durch dessen Wahrnehmung weder die
Rechte anderer verletzt werden noch gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das
Sittengesetz verstoßen wird.
§ 7 Abs. 4a SGB II (Leistungsberechtigte) – Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG, Art. 11 Abs. 1
GG: Die Verbindung von Sozialleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts,
welche zuvörderst durch das Sozialstaatsprinzip gemäß Art. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs.
1 GG begründet werden und demzufolge keine Leistungspflicht begründen können, da
sie gemäß Art. 1 Abs. 3 GG die öffentliche Gewalt als unmittelbar geltendes Recht
binden, mit einer dem entgegenstehenden Anwesenheitspflicht am Wohnort des
Leistungsempfängers, zudem über einen die durchschnittliche Arbeitszeit bei weitem
übersteigenden Zeitraum, schränkt hier sowohl das Grundrecht auf körperliche
Unversehrtheit gemäß Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG auf Grund des möglichen Entzugs der
Lebensgrundlage ein als auch das Grundrecht auf Freizügigkeit im ganzen
Bundesgebiet gemäß Art. 11 Abs. 1 GG.
§ 9 SGB II (Hilfebedürftigkeit) – Art. 2 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 14
Abs. 1 GG: Die Abhängigkeit der Definition der Hilfebedürftigkeit von der
Erfordernis des Erhalts der Hilfe von Angehörigen verletzt zum Einen
unzulässigerweise das Prinzip des Sozialstaats gemäß Art. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1
GG und schränkt zum Anderen ohne die Maßgabe einer entsprechenden
Willenserklärung der Betroffenen auch das Grundrecht auf die freie Entfaltung der
Persönlichkeit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG unzulässig ein, da durch dessen Wahrnehmung
weder die Rechte anderer verletzt werden noch gegen die verfassungsmäßige Ordnung
oder das Sittengesetz verstoßen wird. Weiterhin ist zu besorgen, dass im Falle des
Mangels des Einstehens der Angehörigen das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der
körperlichen Unversehrtheit gemäß Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG eingeschränkt wird. Darüber
hinaus stellt diese Form von Zwangseinstand eine Einschränkung des Grundrechts auf
Garantie des Eigentums gemäß Art. 14 Abs. 1 GG desjenigen Angehörigen dar,
welcher ohne seine Zustimmung und ohne erkennbare dementsprechende gesetzlich
begründete Fürsorgepflicht für den Hilfebedürftigen materiell einstehen soll.
§ 10 Abs. 2 Ziff. 5. SGB II (Zumutbarkeit) – Art. 12 GG: Das sich aus Art. 1 GG
i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG ergebende Sozialstaatsprinzip ist die verfassungsmäßige
Grundlage der freiheitlichen-demokratischen Grundordnung und begründet gemäß
Art. 1 Abs. 3 GG keine Pflicht zur Gegenleistung wegen des Erhalts von
Hilfeleistungen, da die Grundrechte die Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und
Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht binden, demzufolge die
Fürsorgepflicht des Staates dem Grundgesetz als unmittelbar geltende Pflicht
immanent und demnach ohne Anerkenntnis einer Gegenleistung zu gewähren ist. Es
ist hier also der Staat, dem gegenüber der Grundrechtsträger einen Anspruch hat und
nicht der Staat hat einen Anspruch gegenüber dem Grundrechtsträger. Demzufolge ist
auch hinsichtlich des Zwangsarbeitsverbots außer im Falle des Ausnahmetatbestands
der strafrechtlich begründeten Freiheitsentziehung keine wie auch immer geartete
Zumutbarkeit entgegen dem Grundrecht der freien Berufswahl gemäß Art. 12 Abs. 1
GG ableitbar, es sei denn dieses Grundrecht wird i.S.d. Art. 19 Abs. 1 GG
eingeschränkt, weshalb hier von einer solchen auszugehen ist. Dahingehend stellt
jedoch der durch § 10 Abs. 2 Ziff. 5 SGB II begründete Zwang zur Beendigung einer
Erwerbstätigkeit keine Regelung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG dar.
8. § 12 SGB II (Zu berücksichtigendes Vermögen) – Art. 14 Abs. 1 GG: Da für die
Berechnung des Bezugs der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende als
Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen sind, ist die
hier vorliegende Einschränkung der Eigentumsgarantie gemäß Art. 14 Abs. 1 GG nach
Maßgabe des Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG durch Gesetz bzw. auf Grund eines Gesetzes
offensichtlich.
9. § 14 S. 2 SGB II (Grundsatz des Förderns) – Art. 2 Abs. 1 GG: Die Benennung
eines persönlichen Ansprechpartners sowohl für die leistungsberechtigte Person als
auch für die mit dieser in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen schränkt auf
Grund der zwangsweisen Zuordnung der in die Bedarfsgemeinschaft subsumierten
Personen in Abhängigkeit von einer Person und ohne die Maßgabe einer
entsprechenden Willenserklärung der Betroffenen das Grundrecht auf die freie
Entfaltung der Persönlichkeit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG ein, da es den in einer
Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen das Recht verwehrt, eine eigene
Bedarfsgemeinschaft zu bilden für den Fall des Mangels einer entsprechenden
Willenserklärung zum gegenseitigem Einstehen.
10. §15 Abs. 1 S. 6 SGB II (Eingliederungsvereinbarung) – Art. 2 Abs. 1 GG: Eine
Eingliederungsvereinbarung ist gemäß dem Grundrecht auf die freien Entfaltung der
Persönlichkeit und auch dem Namen nach ein Akt der freiwilligen
Vertragsvereinbarung unter Berücksichtigung der Vertragsfreiheit. Der rechtsstaatlich
unzulässige Zwang zum Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages in Form
eines Verwaltungsaktes im Falle der Wahrnehmung des Grundrechts auf die freie
Entfaltung der Persönlichkeit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG und eine damit verbundene
Weigerung zum Abschluss eines solchen Vertrages durch den Normadressaten
schränkt das Grundrecht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit gemäß Art. 2 Abs.
1 GG unzulässig ein, zumal hier weder die Rechte anderer verletzt werden noch gegen
die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstoßen wird.
11. § 16d SGB II (Arbeitsgelegenheiten) – Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 11 Abs. 1 GG, Art.
12 GG: Der übliche Zwang zur Wahrnehmung einer im öffentlichen Interesse
liegenden, zusätzlichen Arbeit unter Ausschluss einer entsprechenden Vergütung,
denn eine Aufwandsentschädigung ist keine solche, schränkt auf Grund des Mangels
an einer dem Grundrecht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit gemäß Art. 2 Abs.
1 GG entsprechenden Handlungswahl zur Ausübung einer solchen Arbeit das
entsprechende Grundrecht ein, ohne das hier weder die Rechte anderer verletzt werden
noch gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstoßen wird. Der
Zwang zur Ausübung einer solchen Arbeit verbunden mit der Maßgabe eines
unfreiwilligen Ortsaufenthaltes am Ort der Arbeit schränkt das Grundrecht der
Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet gemäß Art. 11 Abs. 1 GG ein. Der Zwang zur
Ausübung einer solchen Arbeit verbunden mit dem Mangel des Anspruchs auf eine
dementsprechende Vergütung schränkt das Grundrecht auf freie Berufswahl gemäß
Art. 12 Abs. 1 GG ein.
12. § 22 SGB II (Bedarfe für Unterkunft und Heizung) – Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 2
Abs. 2 S. 1 GG, 11 Abs. 1 GG, Art. 13 GG, Art. 14 Abs. 1 GG: Die Möglichkeit des
Zwangs zum Wechsel des Wohnortes im Falle der ermessensabhängigen und demnach
dem Bestimmtheitsgebot widersprechenden Feststellung einer Übersteigung des
Bedarfs der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung schränkt das Grundrecht auf
Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet gemäß Art. 11 Abs. 1 GG ein. Der Zwang zur
Aufnahme eines Darlehens im Falle der Abwendung eines Wechsels der Wohnung
bzw. des Wohnorts schränkt das Grundrecht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit
gemäß Art. 2 Abs. 1 GG und das Grundrecht auf Eigentumsgarantie gemäß Art. 14
Abs. 1 GG ein. Die Möglichkeit zur Versagung der Bewilligung der Bedarfe für
Unterkunft und Heizung schränkt das Grundrecht auf die Unverletzlichkeit der Person
gemäß Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG i.V.m. der Unverletzlichkeit der Wohnung gemäß Art.
13 GG ein.
13. § 24 Abs. 5 SGB II (Abweichende Erbringung von Leistungen) – Art. 2 Abs. 1
GG, Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG, 14 Abs. 1 GG: Der Zwang zur Aufnahme eines
Darlehens im Falle des Auftretens eines unabweisbaren Bedarfs zur Sicherung des
Lebensunterhalts gemäß Absatz 1 schränkt die Grundrechte auf die freie Entfaltung
der Persönlichkeit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. der Eigentumsgarantie gemäß Art.
14 Abs. 1 GG ein. Die Möglichkeit der Erbringung des Regelbedarfs in voller Höhe in
Form von Sachleistungen gemäß Absatz 2 schränkt das Grundrecht auf die freie
Entfaltung der Persönlichkeit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG und ggf. das Grundrecht der
körperlichen Unversehrtheit gemäß Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG ein, wenn die
Sachleistungen nicht zur Wahrung des Grundrechts ausreichen oder geeignet sind. Die
Abhängigmachung der Gewährung von Leistungen vom sofortigen Verbrauch oder
der sofortigen Verwertung von Vermögen gemäß Absatz 5 schränkt das Grundrecht
auf Eigentumsgarantie gemäß Art. 14 Abs. 1 GG ein. Die Abhängigmachung der
Gewährung von Leistungen vom Anspruch auf Rückzahlung gemäß Absatz 5 schränkt
ggf., z.B. im Falle der Unmöglichkeit Erbringung der Sicherung, das Grundrecht auf
körperliche Unversehrtheit gemäß Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG ein.
14. § 31 SGB II (Pflichtverletzungen) – Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 11 Abs. 1 GG, Art. 12
GG: Siehe Erläuterungen zu 10. §15 Abs. 1 SGB II, 11. § 16d SGB II
15. § 31a SGB II (Rechtsfolgen bei Pflichtverletzungen) – Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG, Art.
13 GG: Die Möglichkeit der Minderung des Regelbedarfs bis zu seiner vollständigen
Versagung ohne die Pflicht zur Erfüllung eines Ausgleichs und unter Auslassung der
grundgesetzlichen Pflicht zur Erfüllung des Sozialstaatsprinzips gemäß Art. 1 GG
i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG und auch hinsichtlich der Bindung der öffentlichen Gewalt
an die Grundrechte als unmittelbar geltendes Recht gemäß Art. 1 Abs. 3 GG i.V.m.
der Rechtsbindung gemäß Art. 20 Abs. 3 GG schränkt hier nicht nur das Grundrecht
auf Leben und körperliche Unversehrtheit gemäß Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG ein, sondern
kann es unzulässig suspendieren. Insofern liegt hier nicht nur eine zulässige
Einschränkung o.a. Grundrechte nach Maßgabe des Art. 19 Abs. 1 S. 1 GG durch
Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes vor, sondern auch die Möglichkeit zur
Auslöschung der physischen Existenz Schutzbefohlener des Staates. Da hier
unmittelbar auch der Erhalt bzw. mögliche Verlust der Wohnung betroffen ist, erfolgt
insoweit eine Einschränkung des Grundrechts auf die Unverletzlichkeit der Wohnung
gemäß Art. 13 GG.
16. § 31b SGB II (Beginn und Dauer der Minderung) – Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG: Siehe
Erl. zu 15. § 31a SGB II.
17. § 32 SGB II (Meldeversäumnisse) – Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG: Siehe Erl. zu 15. § 31a
und 31b SGB II. Hinzu kommt der Zwang zur ärztlichen oder psychologischen
Untersuchung, welcher das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit gemäß Art. 2
Abs. 2 S. 1 GG einschränkt.
18. § 33 SGB II (Übergang von Ansprüchen) – Art. 14 Abs. 1 GG: Die Abtretung von
Ansprüchen ohne Wahlfreiheit schränkt die Grundrechte der freien Entfaltung der
Persönlichkeit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG sowie des Eigentums gemäß Art. 14 Abs. 1
GG ein.
19. § 34 SGB II (Ersatzansprüche bei sozialwidrigem Verhalten) – Art. 14 Abs. 1
GG: Siehe Erl. zu 18. § 33 SGB II. Die nach Absatz 2 auf Grund eines
Straftatbestands erhobene und dementsprechend auf Erben übergehende Anspruch
verletzt darüber hinaus unzulässig das Grundrecht auf rechtliches Gehör gemäß Art.
103 GG, da der Anspruch begründet werden kann, ohne das ein Gericht eine
strafbewehrte Handlung feststellen muss.
20. § 34a SGB II (Ersatzansprüche für rechtswidrig erhaltene Leistungen) – Art. 14
Abs. 1 GG: Siehe Erl. zu 18. § 33 SGB II i.Vm. § 34 SGB II
21. § 34b SGB II (Ersatzansprüche nach sonstigen Vorschriften) – Art. 14 Abs. 1
GG: Siehe Erl. zu 18. § 33 SGB II i.Vm. § 34 SGB II
22. § 35 SGB II (Erbenhaftung) – Art. 14 Abs. 1 GG: Siehe Erl. zu 18. § 33 SGB II
i.Vm. § 34 SGB II
23. § 38 SGB II (Vertretung der Bedarfsgemeinschaft) – Art. 2 Abs. 1 GG: Siehe Erl.
Zu 3. § 7 Abs. 3 Ziff. 3.c) SGB II
24. § 39 Ziff. 1 SGB II (Sofortige Vollziehbarkeit) – Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG (außerdem
Verletzung Art. 19 Abs. 4 GG): Die sofortige Vollziehbarkeit von Verwaltungsakten
trotz Widerspruch und Anfechtungsklage schränkt auf Grund des Entzugs der
Überlebensgrundsage das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit
gemäß Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG ein und verletzt unzulässig das Grundrecht der
Rechtsweggarantie gemäß Art. 19 Abs. 4 GG.
25. § 39 Ziff. 4 SGB II (Sofortige Vollziehbarkeit) – Art. 11 Abs. 1 GG (außerdem
Verletzung Art. 19 Abs. 4 GG): Der Zwang zum Erscheinen ohne die Möglichkeit
einer Terminabsprache schränkt das Grundrecht auf Freizügigkeit im ganzen
Bundesgebiet gemäß Art. 11 Abs. 1 GG ein.
26. § 40 Abs. 1 S. 1 SGB II (vgl. § 21 SGB X) (Anwendung von
Verfahrensvorschriften) – Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 11 Abs. 1 GG, Art. 13 GG (vgl.
zu Art. 13 GG § 21 Abs. 1 Ziff. 4. SGB X): Die Einholung von Auskünften, die
Anhörung von Beteiligten, die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen, die
Herbeiziehung von Akten und die Einnahme des Augenscheins verletzen hier zum
Einen das Prinzip der Gewaltenteilung gemäß Art. 20 Abs. 2 GG als Grundbestandteil
der freiheitlichen-demokratischen Ordnung i.V.m. dem Recht auf rechtliches Gehör
gemäß Art. 103 Abs. 1 GG sowie das auf den gesetzlichen Richter gemäß Art. 101
Abs. 1 GG, da das Jobcenter weder über Polizei- bzw. Strafverfolgungsrechte noch
judikative Rechte verfügt und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet, dass
Ermittlungen ausschließlich auf Grund eines Verdachts von Ermittlungsbehörden
durchzuführen sind. Jede Durchbrechung der Ermittlungszuständigkeit verletzten
darüber hinaus die Grundrechte auf den gesetzlichen Richter und ein sachlich
zuständiges Gericht gemäß Art. 101 GG sowie auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103
Abs. 1 GG, dass Bestimmtheitsgebot gemäß Art. 103 Abs. 2 GG und die
Rechtsweggarantie gemäß Art. 19 Abs. 4 GG. Zum Zweiten schränken diese
Maßnahmen nach Maßgabe des Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG die Grundrechte auf
informationelle Selbstbestimmung gemäß Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG
sowie der Unverletzlichkeit der Wohnung gemäß Art. 13 Abs. 1 GG ein.
27. § 40 Abs. 2 Ziff. 4 SGB II (Anwendung von Verfahrensvorschriften) – Art. 2 Abs.
2 S. 1 GG (Anm. zu § 40 Abs. 2 Ziff. 3: § 330 Abs. 3 Satz 4 SGB III existiert nicht;
ausschließlich Satz 1-2.): Die hier auf § 331 Abs. 1 SGB III abstellende Einzelnorm
schränkt das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit gemäß Art. 2 Abs.
2 S. 1 GG ein, da die Zahlung einer laufenden Leistung ohne Erteilung eines
Bescheides vorläufig eingestellt werden kann. Dies verletzt unzulässig zudem das
Grundrecht auf Rechtsweggarantie gemäß Art. 19 Abs. 4 GG.
28. § 41 SGB II (Berechnung der Leistungen) – Art. 14 Abs. 1 GG: Da gemäß Satz 1
Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für jeden Kalendertag
besteht, jedoch gemäß Satz 2 jeder Monat nur mit 30 Tagen berechnet wird, schränkt
die Differenz von 4- 5 Tagen das Grundrecht der Eigentumsgarantie gemäß Art. 14
Abs. 1 GG ein.
29. § 42 SGB II (Auszahlung der Geldleistungen) – Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 14 Abs. 1
GG: Da inländische Geldinstitute keiner gesetzlichen Verpflichtung zur Einrichtung
eines Kontos unterliegen und über ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen als
juristische Personen gemäß Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 2 GG frei bestimmen
können, mit wem sie einen privatrechtlichen Vertrag eingehen, kann im Sinne des
Gleichheitsgrundsatzes gemäß Art. 3 Abs. 1 GG dem öffentlich-rechtlichen
Leistungsempfänger nicht durch die Einschränkung seiner Eigentumsgarantie gemäß
Art. 14 Abs. 1 GG zugerechnet werden, wenn er z. B. aus Kostengründen unter
Wahrnehmung seines Grundrechts auf die Vertragsfreiheit, welche auch die Freiheit
zum Nichtabschluss eines Vertrages umfasst, auf die Einrichtung eines Kontos
verzichtet. Dies würde einer Zwangsabgabe gleichkommen und so den Grundsatz des
Verbots der Einzelfallgesetzgebung gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG verletzen.
30. § 42a SGB II (Darlehen) – Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG, Art. 14 Abs. 1 GG: In
Verbindung mit § 24 SGB II für Darlehen für im Einzelfall vom Regelbedarf zur
Sicherung des Lebensunterhalts umfasste und nach den Umständen unabweisbare
Bedarfe nach Maßgabe dessen Absatz 5 schränkt die Rückzahlung eines Darlehens
während des Leistungsbezugs u.U. sowohl das Grundrecht auf Leben und körperliche
Unversehrtheit gemäß Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG ein, da der Regelbedarf nicht mehr die
gesetzlich vorgeschriebenen Mindestausgaben ermöglicht, als auch das Grundrecht auf
Eigentumsgarantie gemäß Art. 14 Abs. 1 GG. Ebenso die sofortige Fälligkeit des
Darlehensbetrags nach Beendigung des Leistungsbezugs, welcher zusätzlich wieder in
die umgehende Abhängigkeit von Leistungen bewirken kann.
31. § 43 SGB II (Aufrechnung) – Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG, Art. 14 Abs. 1 GG: Siehe Erl.
30. § 42a SGB II.
32. § 43a SGB II (Verteilung von Teilzahlungen) – Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG, Art. 14
Abs. 1 GG: Siehe Erl. 30. § 42a SGB II.
33. § 44a SGB II (Feststellung von Erwerbsfähigkeit und Hilfebedürftigkeit) – Art. 2
Abs. 2 S. 1 GG: Die gutachterliche Stellungnahme zur Feststellung der
Erwerbsfähigkeit gemäß Abs. 1 Satz 5 erstellt der nach § 109a Absatz 2 des Sechsten
Buches zuständige Träger der Rentenversicherung. Danach umfasst gemäß § 43
Absatz 2 Satz 2 SGB VI das Gutachten eine eingehende ärztliche Untersuchung zur
Feststellung von Krankheit oder Behinderung, welche das Grundrecht auf körperliche
Unversehrtheit gemäß Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG sowie das Grundrecht auf Freizügigkeit
im ganzen Bundesgebiet gemäß Art. 11 Abs. 1 GG einschränkt.
34. §§ 50-53 SGB II (51. Datenübermittlung, 52. Erhebung, Verarbeitung und
Nutzung von Sozialdaten durch nichtöffentliche Stellen, 53. Statistik und
Übermittlung statistischer Daten) – Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 GG: Die
Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Sozialdaten schränkt das Grundrecht auf
informationelle Selbstbestimmung ein gemäß Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit
Art. 1 Abs. 1 GG (vgl. im nächsten Abschnitt „Hinweis zur Einschränkung Art. 2 Abs.
1 GG als Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung“). Hinsichtlich der
Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Sozialdaten durch nichtöffentliche Stellen
gemäß § 51 GG schränkt diese Einzelnorm das Grundrecht auf das Brief-, Post- und
Fernmeldegeheimnis gemäß Art. 10 Abs. 1 GG ein.
35. § 56 Abs. 1 S. 5 SGB II (Anzeige- und Bescheinigungspflicht bei
Arbeitsunfähigkeit) – Art. 2 Abs. 1, 2 S. 1 GG, Art. 11 Abs. 1 GG: Die
gutachterliche Stellungnahme zur Feststellung der Art, Schwere, Dauer oder
Häufigkeit einer Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf § 275 Abs. 1 Nr. 3b
und Abs. 1a SGB V schränkt das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit gemäß
Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG sowie das Grundrecht auf Freizügigkeit im ganzen
Bundesgebiet gemäß Art. 11 Abs. 1 GG ein.
36. § 57 SGB II (Auskunftspflicht von Arbeitgebern) – Art. 2 Abs. 1 GG: Die
Auskunftspflicht von Arbeitgebern über solche Tatsachen, die für die Entscheidung
über einen Anspruch auf Leistungen nach diesem Buch erheblich sein können und
auch die über Ende und den Grund für die Beendigung des
Beschäftigungsverhältnisses Auskunft geben, schränkt das Grundrecht auf
informationelle Selbstbestimmung gemäß Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1
Abs. 1 GG ein.
37. § 59 SGB II (Meldepflicht) – Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG, Art. 11 Abs. 1 GG: Die
Meldepflicht des Leistungsempfängers nach §§ 309 und 310 SGB III schränkt im
Allgemeinen das Grundrecht auf Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet gemäß Art. 11
Abs. 1 GG ein und im Speziellen, unter der Maßgabe des Erscheinens bei einem
ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin, das Grundrecht auf körperliche
Unversehrtheit gemäß Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG.
38. § 60 SGB II (Auskunftspflicht und Mitwirkungspflicht Dritter) – Art. 2 Abs. 1
GG, Art. 13 Abs. 1 GG, Art. 14 Abs. 1 GG: Die Auskunftspflicht und
Mitwirkungspflicht Dritter über persönliche Daten des Leistungsträgers schränken das
Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung gemäß Art. 2 Abs. 1 GG in
Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG ein. Die gemäß § 60 Abs. 3 SGB II auf Verlangen
zu erfolgen habende Auskunft über die Beschäftigungsdaten des Partners eines
Leistungsempfängers schränkt ebenfalls das Grundrecht auf informationelle
Selbstbestimmung ein. Die Einsicht in Geschäftsunterlagen nach Maßgabe des Abs. 5
schränkt die Unverletzlichkeit der Wohnung gemäß Art. 13 Abs. 1 GG ein.
39. § 61 SGB II (Auskunftspflichten bei Leistungen zur Eingliederung in Arbeit) –
Art. 2 Abs. 1 GG: Auskunftspflichten bei Leistungen zur Eingliederung in Arbeit
schränken das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung gemäß Art. 2 Abs. 1
GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG ein. (Darüber hinaus verletzt Abs. 2 Ziff. 2
bzgl. der Beurteilung des „Verhaltens“ den Bestimmtheitsgrundsatz, nach dem die zu
beurteilenden Tatbestandsmerkmale des „Verhaltens“ – hier vor allem eines
pflichtwidrigen Verhaltens – genau zu bestimmen sind und nicht allgemein dem
Ermessen dessen zu überlassen sind, der die Beurteilung ausfertigt.)
40. § 62 SGB II (Schadenersatz) – Art. 14 Abs. 1 GG: Die Pflicht einer Person zum
Schadensersatz gegenüber einer öffentlich-rechtlichen Einrichtung im Falle einer
nicht, nicht richtig oder nicht vollständig ausfüllten Einkommensbescheinigung
schränkt das Grundrecht auf Eigentumsgarantie gemäß Art. 14 Abs. 1 GG ein und
verletzt das Grundrecht auf ein faires Verfahren zur Feststellung eines Vorsatzes oder
Fahrlässigkeit im Zuge der Rechtsweggarantie gemäß Art. 19 Abs. 4 GG durch den
gesetzlichen Richter gemäß Art. 101 Abs. 1 GG i.V.m. dem rechtlichen Gehör gemäß
Art. 103 Abs. 1 GG (vgl. insbesondere Erl. Zu Punkt 26. § 40 SGB II).
41. § 63 SGB II (Bußgeldvorschriften) – Art. 14 Abs. 1 GG: Analog zum Bußgeld
siehe Erl. Zu 39. § 62 SGB II.
42. § 64 Abs. 1 SGB II (Zuständigkeit) – Art. 10 Abs. 1 GG, Art. 13 Abs. 1 GG: Die
entsprechende Geltung des § 319 SGB III hinsichtlich der Mitwirkungs- und
Duldungspflichten umfasst die Einsicht in Lohn-, Meldeunterlagen, Bücher und
anderer Geschäftsunterlagen und Aufzeichnungen. Außerdem ist während der
Geschäftszeit Zutritt zu Grundstücken und Geschäftsräumen zu gewähren. Werden die
Unterlagen bei einem Dritten verwahrt, ist die Bundesagentur zur Durchführung der
Aufgaben berechtigt, auch dessen Grundstücke und Geschäftsräume während der
Geschäftszeit zu betreten und Einsicht in diese Unterlagen zu nehmen. In
automatisierten Dateien gespeicherte Daten hat der Arbeitgeber auf Verlangen und auf
Kosten der Agenturen für Arbeit auszusondern und auf maschinenverwertbaren
Datenträgern oder in Listen zur Verfügung zu stellen. Sind die zur Verfügung
gestellten Datenträger oder Datenlisten zur Durchführung der Aufgaben nach diesem
Buch nicht mehr erforderlich, sind sie unverzüglich zu vernichten oder auf Verlangen
des Arbeitgebers zurückzugeben. Dies stellt eine Einschränkung der Grundrechte des
Post-, Brief- und Fernmeldegeheimnisses gemäß Art. 10 Abs. 1 GG, des Grundrechts
der Unverletzlichkeit der Wohnung gemäß Art. 13 Abs. 1 GG sowie der
Eigentumsgarantie gemäß Art. 14 Abs. 1 GG dar.
43. § 65d SGB II (Übermittlung von Daten) – Art. 10 Abs. 1 GG: Der Träger der
Sozialhilfe und die Agentur für Arbeit machen dem zuständigen Leistungsträger auf
Verlangen die bei ihnen vorhandenen Unterlagen über die Gewährung von Leistungen
für Personen, die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende beantragt haben
oder beziehen, zugänglich. Diese Zugänglichmachung schränkt sowohl das
Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung gemäß Art. 2 Abs. 1 GG in
Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG als auch das Grundrecht auf das Post-, Brief- und
Fernmeldegeheimnis gemäß Art. 10 Abs. 1 GG ein.
Soweit jedoch nach diesem Grundgesetz nach Maßgabe des Art. 19 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1
GG ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann,
muss das Gesetz gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG zur Vermeidung seiner Ungültigkeit das
Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen (vgl. hierzu Prot.Parl.Rat; HptA. 47. Sitz.
StenBer S.620 lks., Abg. Dr. Dehler: »Wir wollen diese Fessel des Gesetzgebers…«;
BVerfGE 2, 121; Bonner Kommentar zum GG, 1950, Anm. II 1 zu Art. 19).
Erfüllt dementsprechend ein Grundrechte einschränkendes Gesetz (hier SGB II ff.) diese
Gültigkeitsvoraussetzung nicht, ist es ungültig und damit in Verbindung stehende
Rechtsfolgen nichtig. Eine nachträgliche Heilung durch späteres Einfügen der betroffenen
Grundrechtsartikel kommt auf Grund des Charakters der Vorschrift als eine vorab zu
erfüllende nicht in Frage (vgl. BVerfGE 5, 13; Bonner Kommentar zum GG, 1950, Anm. II 1
zu Art. 19):
Bonner Kommentar 1950: Anm. II 1 (c-e) ß zu Art. 19 ABs. 1 S. 2 GG - Zitiergebot (K.
G. Wernicke)
c) Halbs. 2 enthält eine, und zwar die sachliche Gültigkeitsvoraussetzung. In den
Fällen des 1. Halbs. nämlich “muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den
Einzelfall gelten”. Die Doppelgleisigkeit dieser Gültigkeitsvoraussetzung dürfte
jedoch nur scheinbar sein, da dem negativen Erfordernis wohl nur die Bedeutung einer
– authentischen – Interpretation des positiv gefaßten Erfordernisses zukommt
(umgekehrt gilt dasselbe). – Das negative Erfordernis ist übrigens – streng genommen
– nicht einwandfrei formuliert, da hier statt des “muß” ein “darf” stehen müßte. Diese
Gültigkeitsvoraussetzung bestätigt bzw. verstärkt die grundsätzlich schon aus dem
Gleichheitssatz (vgl. Art. 3, auch 1 III) herzuleitende Ausschließung nicht “allgemein”
geltender Gesetze. Erfaßt sind damit insbesondere jene Fälle, wo der Gleichheitssatz
nicht ausreichen sollte, denn Art. 19 I 1 verbietet ausnahmslos jegliche
Einzelaktgesetzgebung wie z. B. Enteignung oder Sozialisierung eines bestimmten
Unternehmens (vgl. Erl. II I f b; hierzu auch Krüger a. a. O.). – (Zum Begriff
“allgemeine Gesetze” vgl. auch Rothenbücher und Smend in Veröff. VDStRL. Heft 4,
1928, S. 18 ff, 51 ff; Köttgen bei Nipperdey, GR. usw., Bd. I, 1929, S. 350 Ziff. c).
d) Für das sachliche Erfordernis des Abs. I 1 ist danach als Ergebnis festzuhalten, daß
die Legislative gehalten ist, Gesetze, die – nach dem BGG. zulässige –
Einschränkungen von GR. selber festlegen (“durch Gesetz”) oder solche
Einschränkungen durch die beiden anderen öffentlichen Gewalten, nämlich
Verwaltung und Rechtsprechung für zulässig erklären (“auf Grund eines Gesetzes”),
nur mit “allgemeiner” Geltungskraft zu erlassen.
e) Als weitere Gültigkeitsvoraussetzung ist in Abs. I 2 bestimmt: “Außerdem muß das
Gesetz das GR. unter Angabe des Art. nennen”. Bei diesem formellen Erfordernis
stellt das Wort “außerdem” klar, daß es sich nicht um eine Alternativ-Voraussetzung,
sondern um eine weitere, zu der des Abs. I 1 hinzutretende Gültigkeitsvoraussezung
handelt. Der Ansicht von v. Mangoldt (a. a. O., Anm. 3 S. 119), diese Bestimmung
könne “nur als Formalismus und unnötige Erschwerung der Arbeit des Gesetzgebers
bezeichnet werden”, kann kaum gefolgt werden. Das von v. Mangoldt zur Begründung
seiner Ansicht gebrachte Beispiel entbehrt zwar nicht einer gewissen Berechtigung,
geht jedoch daran vorbei, daß sich der Verfassungsgeber bewußt für einen so
weitgehenden GR.-Schutz entschieden hat (vgl. HptA. 47. Sitz. StenBer S.620 lks.,
Abg. Dr. Dehler: “Wir wollen diese Fessel des Gesetzgebers…”). Das neuartige
Erfordernis des Art. 19 I 2 enthält die Wertung, daß der Schutz des Individuums –
nach heutiger Auffassung – wichtiger und höherwertiger sei als die Gültigkeit eines
Gesetzes, bei dessen Erlaß – wie in dem von v. Mangoldt (a. a. O. S. 120) angeführten
Beispiel – “der Gesetzgeber sich im Augenblick… nicht des Eingriffs bewußt
geworden ist und daher die Anführung von Art. und GR. ” unterlassen hat. Der
Gesetzgeber soll eben nicht mehr in die GR. “unbewußt” eingreifen dürfen. Er darf es
sich jedenfalls dann nicht mehr “bequem” machen, wenn GR. angetastet werden.
Unter der Herrschaft des BGG. sollen Eingriffe in GR. etwas so Außergewöhnliches
sein, daß sich der Gesetzgeber dazu nur nach reiflichster Überlegung und in einer für
jedermann von vorneherein erkennbaren Weise entschließen darf (vgl. hierbei
Mannheim bei Nipperdey, GR. usw., Bd. I, 1929, S. 328). In der Kette der
Maßnahmen zur Verwirklichung des als maßgeblich erkannten Grundsatzes, jeder nur
denkbaren Gefahr einer erneuten Aushöhlung der GR. in wirkungsvollstem Umfange
von vorneherein zu begegnen, bildet Abs. I 2 somit ein nicht unwesentliches Glied
(vgl. auch Vf. Hess., 1946, Art. 63 II 1). Für die Gesetzgebung gelegentlich
entstehende Schwierigkeiten müssen dabei in Kauf genommen werden. – (Vgl. noch
Krüger a. a. O. , Ziff. 1 c, Figge, Die Bedeutung des BGG. f. d. prakt. RPfl., 1950,
S.42; auch BReg.-Entw. v. 28. 6. 1950 für ein Ges. üb. d. Vertrieb jugendgefährdender
Schriften, dessen Präambel mit der ausdrücklichen Nennung des Art. 5, 1 BGG. dem
Art. 19 I, 2 entspricht [DBT. Drucks. Nr. 1101 S. 2, 9], während das gleichartige Ges.
v. 12. 10. 1949 in Rh.-Pf. den Art. 19 I 2 BGG. nicht beachtet [GVBl. S. 505]).
Es ist hier abschließend festzustellen, dass das SGB II und die mit ihm verbundenen
Sozialgesetzbücher die durch sie nach Maßgabe des Art. 19 Abs. 1 S. 1 GG durch Gesetz oder
auf Grund eines Gesetzes eingeschränkten Grundrechte nicht gemäß Art. 19 Abs. 1 S. 2 GG –
Zitiergebot »unter Angabe des Artikels« nennen. Die Rechtsfolge ist hier eindeutig.
*
Hinweis zur Einschränkung Art. 2 Abs. 1 GG als Grundrecht auf informationelle
Selbstbestimmung:
Gemäß Art. 19 Abs. 1 S. 1 GG sind Grundrechte ausschließlich »durch Gesetz oder auf Grund
eines Gesetzes« einschränkbar. Das Grundrecht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit
gemäß Art. 2 Abs. 1 GG, worunter die so genannte »informationelle Selbstbestimmung«
durch das Volkszählungsurteil der BVerfGE 65, 1 subsumiert wird, ist nicht gemäß Art. 19
Abs. 1 S. 1 GG einschränkbar, sondern es wird ausschließlich unter der Berücksichtigung
seiner verfassungsimmanenten Schranken gewährt, also soweit »nicht die Rechte anderer
verletzt [werden] und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz«
verstoßen wird. Es ist also eigentlich kein einschränkbares sondern ein unter dem Vorbehalt
»… soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige
Ordnung oder das Sittengesetz verstößt« gewährtes Grundrecht. Das SGB II dagegen ist
weder das Recht eines anderen (Grundrechtsträgers), noch die verfassungsmäßige Ordnung
(das ist das Grundgesetz) oder als Sittengesetz zu bezeichnen.
Mit der Einführung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung hat das BVerfG
jedoch entgegen dem Wortlaut des Grundgesetzes einfachgesetzliche Einschränkungen des
Art. 2 Abs. 1 GG (z. B. Vorratsdatenspeicherung) zugelassen, ohne dass diese
Einschränkungen gemäß Art. 19 Abs. 1 S. 1 GG »durch oder aufgrund eines
Gesetzes« grundgesetzlich normiert wären, da der entsprechende Wortlaut nicht in Art. 2 Abs.
1 GG enthalten ist. Siehe Leitsatz 2, BVerfGE 65, 1 – Volkszählung.
»Einschränkungen dieses Rechts auf »informationelle Selbstbestimmung« sind nur im
überwiegenden Allgemeininteresse zulässig. Sie bedürfen einer verfassungsgemäßen
gesetzlichen Grundlage, die dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entsprechen
muß. Bei seinen Regelungen hat der Gesetzgeber ferner den Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit zu beachten. Auch hat er organisatorische und verfahrensrechtliche
Vorkehrungen zu treffen, welche der Gefahr einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts
entgegenwirken.«
Das Bundesverfassungsgericht erschafft demnach ein neues Grundrecht auf der Grundlage
zweier nicht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes einschränkbaren Grundrechte (Art.
1 Abs. 1 sowie Art. 2 Abs. 1 GG) und erklärt im gleichen Atemzug, dass ab jetzt dieses
Grundrecht gemäß Art. 2 Abs. 1 eben durch seine Verbindung zur informationellen
Selbstbestimmung einschränkbar sei und zwar »durch oder auf Grund eines Gesetzes“ ohne
dass der Wortlaut dieses Grundrechts selbst gemäß Art. 79 Abs. 1 S. 1 GG »Das Grundgesetz
kann nur durch ein Gesetz geändert werden, das den Wortlaut des Grundgesetzes ausdrücklich
ändert oder ergänzt.« geändert wurde.
Diese »Rechtsprechung« des Bundesverfassungsgerichts schafft eine problematische und
grundgesetzlich nicht gelöste Situation:
Entweder ist Art. 2 Abs. 1 GG nicht gemäß Art. 19 Abs. 1 S. 1 GG »durch Gesetz oder auf
Grund eines Gesetzes« einschränkbar, wovon auch die informationelle Selbstbestimmung
betroffen wäre, oder aber Art. 2 Abs. 1 GG ist – ohne grundgesetzliche Ermächtigung oder
eine gemäß Art. 79 Abs. 1 S.1 GG zu erfolgen habende Änderung – schon durch die
entsprechende BVerfGE 65, 1 einschränkbar ausschließlich im Sinne des Art. 19 Abs. 1 S. 1
GG. Dazu fehlt dem Bundesverfassungsgericht jedoch die Ermächtigung zur Änderung des
Grundgesetzes. Unterstellt, diese würde es haben, würde in diesem Falle jedes das Grundrecht
auf informationelle Selbstbestimmung einschränkende einfache Gesetz den
Gültigkeitsvoraussetzungen gemäß Art. 19 Abs. 1 S. 2 GG – Zitiergebot – unterliegen.
Demnach »muß das Gesetz das Grundrecht [hier Art. 2 Abs. 1 GG] unter Angabe des Artikels
nennen«. Diese Voraussetzung ist jedoch durch das SGB II ersichtlich nicht erfüllt.
Im Gegensatz dazu lässt die aktuelle Praxis der dem Grundgesetz eigentlich zu folgen
habenden Gesetzgebung und Rechtsprechung einerseits verfassungswidrig die nicht durch
Art. 19 Abs. 1 S. 1 GG legitimierte einfachgesetzliche Einschränkung des Grundrechts auf
informationelle Selbstbestimmung zu und verweist gleichzeitig auf dessen Charakter seiner
verfassungsimmanenten Schranken, durch welche ein das Grundrecht auf informationelle
Selbstbestimmung, also Art. 2 Abs. 1 GG, einschränkendes einfaches Gesetz nicht der
Erfüllung der Gültigkeitsvoraussetzung für derartige Gesetze gemäß Art. 19 Abs. 1 S. 2 GG –
Zitiergebot – unterliegen würde. Daraus ergibt sich unweigerlich die Praxis der
Einschränkung von Grundrechten ohne grundgesetzliche Legitimation unter Umgehung der
dafür erfüllt sein müssenden Gültigkeitsvoraussetzungen, deren Nichterfüllung gemäß Art. 19
Abs. 1 S. 2 GG – Zitiergebot – die Nichtigkeit des betreffenden Gesetzes zur Folge hat.
*
Die Bundesrepublik Deutschland ist gemäß Art. 20 Abs. 1 GG ein demokratischer und
sozialer Bundesstaat. Gemäß Art. 20 Abs. 2 GG geht alle Staatsgewalt vom Volke aus und
wird in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der
vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt. Gemäß Art. 20 Abs. 3 GG ist die
Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die vollziehende Gewalt und die
Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden, während gemäß Art. 82 Abs. 1 GG nur
nach den Vorschriften dieses Grundgesetzes erlassene Gesetze in Kraft treten dürfen. Die
Grundrechte des Volkes binden darüber hinaus gemäß Art. 1 Abs. 3 GG die Gesetzgebung,
vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes, also jeder
einfachgesetzlichen Ermächtigung vorstehendes (Grund-)Recht.
Alle staatlichen Hoheitsakte sind demnach ausschließlich aus zum Hoheitsakt selbst
berechtigenden gesetzlichen Ermächtigungen abzuleiten. Jeder hoheitliche Akt ist zuvörderst
den Vorschriften des Grundgesetzes und nachfolgend den Vorschriften einfachgesetzlicher
Normen unterworfen, welche demzufolge selbst den Vorschriften des Grundgesetzes
unterworfen sind.
Jeder staatliche Hoheitsakt, welcher sich auf eine solche durch das Grundgesetz nicht zum
Hoheitsakt selbst ermächtigen könnende, weil durch Nichterfüllung ihrer eigenen
Gültigkeitsvoraussetzungen selbst nichtigen Norm beruft und trotz seiner dadurch
entstehenden Nichtigkeit ausgeführt wird, ist gesetzloses Handeln der öffentlichen Gewalt
mittels Willkür durch Erwecken eines Rechtsscheins gegenüber dem Normadressaten
entgegen der zum Hoheitsakt ermächtigenden grundgesetzlichen Voraussetzungen.
Eine Heilung dieses Rechtsscheins durch die Unterschrift des Bundespräsidenten entgegen
der Vorschrift des Art. 82 Abs. 1 GG, wonach nur nach den Vorschriften des Grundgesetzes
zustande gekommene Gesetze unterzeichnet werden dürfen, und durch die danach erfolgende
Eintragung in das Bundesgesetzblatt ist nicht möglich, da nicht diese Unterschrift und die
Eintragung die Gesetzeskraft erzeugt, sondern in erster Linie die Beachtung der
grundgesetzlichen Vorschriften. Ausschließlich nach den Vorschriften des Grundgesetzes
zustande gekommenen Gesetze haben Anspruch auf Gesetzeskraft.
Aus diesen Gründen ist der Bescheid vom … zu … ersatzlos aufzuheben.
Mangel der Feststellung der positiven Gültigkeit des SGB II durch das
Bundesverfassungsgericht i.S.d. 7. Leitsatzes BVerfGE 1, 14
Gemäß dem mit Gesetzeskraft gemäß § 31 BVerfGG auch das Bundesverfassungsgericht
bindenden 7. Leitsatz BVerfGE 1, 14, muss das Bundesverfassungsgericht,
»wenn eine Rechtsvorschrift mit dem Grundgesetz nicht unvereinbar ist, ihre Gültigkeit
positiv feststellen, soweit dies angängig ist. Das ist immer der Fall, wenn es sich um
Bundesrecht handelt.«
Weder erfüllt das SGB II die sich aus Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG ergebende
Gültigkeitsvoraussetzung, da es keines der durch es eingeschränkten Grundrechte
unter »Angabe des Artikels« zitiert, noch hat das Bundesverfassungsgericht dessen positive
Gültigkeit im Verfahren zu 1 BvR 1797/10 trotz eines dahingehenden Antrags auf
Feststellung seiner Gültigkeit festgestellt. Die Rechtsfolge der Ungültigkeit des SGB II und
der damit in Verbindung stehenden Sozialgesetzbücher sowie die Nichtigkeit der damit in
Verbindung stehenden Verwaltungsakte ist hier eindeutig.
Es handelt sich bei der hier vorliegenden Klage also in erster Linie um die Abwehr von
Hoheitsakten ohne gesetzliche Ermächtigung, welche somit außerhalb der Rechtsordnung der
freiheitlichen demokratischen Grundordnung stehen, was sowohl durch den Verstoß der auch
für das SGB II geltenden gesetzlichen Grundlagen gegen grundgesetzliche
Gültigkeitsvoraussetzungen festgestellt ist als auch durch die vom Bundesverfassungsgericht
nach eingehender Prüfung nicht festgestellte positive Gültigkeit des SGB II.
Antrag auf Aussetzung des Hauptsacheverfahrens mangels Prozessgesetzen
Rechtsweg gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 GG zu den ordentlichen Gerichten
Der Kläger wehrt sich hier gemäß Art. 19 Abs. 4 GG gegen die Anwendung eines solchen
ungültigen Gesetzes bzw. gegen den so erweckten Rechtsscheintatbestand, da dadurch seine
o.a Grundrechte aus dem Grunde des Mangels an grundgesetzlicher Ermächtigung unzulässig
verletzt werden (vgl. BVerwGE 1, 303).
Die Rechtsnatur der vorliegenden Streitigkeit leitet sich ab aus der unmittelbaren Verletzung
der Grundrechte des Klägers durch die öffentliche Gewalt auf Grund der Anwendung eines
nicht nach den Vorschriften des Grundgesetzes zustande gekommenen und aus diesem
Grunde ungültigen Gesetzes bzw. Rechtsscheintatbestands, weshalb hier eine öffentlichrechtliche Streitigkeit verfassungsrechtlicher Art vorliegt, für welche gemäß § 13 GVG weder
die Verwaltungs-, Sozial- oder eine anderweitige Fachgerichtsbarkeit zuständig ist, weshalb
hier mangels anderweitiger Zuständigkeit gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 GG der
Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet ist.
Eine Verweisung der Hauptsache an das Sozialgericht kommt in diesem Falle nicht in Frage,
da es sich hierbei nicht um die gerichtlich zu erfolgen habende Feststellung der
Unvereinbarkeit bzw. Teilnichtigkeit von Einzelnormen mit dem Grundgesetz eines sich
ansonsten in Rechtskraft befindlichen Gesetzes handelt, sondern um den Vollzug von
Hoheitsakten ohne gültige Gesetzesgrundlage, deren gesetzliche Ungültigkeit sich ex tunc aus
der Nichterfüllung ihrer grundgesetzlichen Gültigkeitsvoraussetzungen ergibt und welche
hinsichtlich ihrer Gültigkeit aus diesem Grunde der Entscheidungsbefugnis sowohl der
Sozialgerichtsbarkeit als auch des Bundesverfassungsgerichts entzogen sind. Die demnach
nicht erfolgte Feststellung ihrer positiven Gültigkeit durch das Bundesverfassungsgericht tut
hier ein Übriges.
»Eine Verletzung des Grundrechts könnte schließlich auch dann vorliegen, wenn das den
Eingriff zulassende Gesetz selbst nichtig wäre. Als Grund für die Nichtigkeit könnte in
Betracht kommen, dass ein Gesetz, welches ein Grundrecht einschränkt, nach Art. 19 Abs. 1
Satz 2 GG dieses Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen muss.« BVerfGE 5,13
Der Kläger hat im Übrigen einen substantiellen Anspruch auf eine tatsächlich wirksame
gerichtliche Kontrolle durch den gesetzlichen Richter gemäß Art. 101 Abs. 1 GG. Dieser
grundgesetzlichen Gewährleistung »kommt nicht nur die Aufgabe zu, jeden Akt der Exekutive,
der in Rechte des Bürgers eingreift, vollständig -- das heißt in tatsächlicher und rechtlicher
Hinsicht (BVerfGE 18, 203 [212]) der richterlichen Prüfung zu unterstellen, sondern auch
irreparable Entscheidungen, wie sie durch die sofortige Vollziehung einer hoheitlichen
Maßnahme eintreten können, soweit als möglich auszuschließen.« (vgl. BVerfGE 35, 263
[274]) bzw. solchen Entscheidungen vorzubeugen, da im vorliegenden Falle die hoheitliche
Maßnahme der Gesetzeskraft entbehrt.
Das hier angerufene ordentliche Gericht verfügt jedoch mangels der für derartige
Streitigkeiten erforderlichen Prozessgesetze über keine Abteilung für den ordentlichen
Gerichten gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 GG besonders zugewiesene öffentlichrechtliche Streitigkeiten verfassungsrechtlicher Art. Aus diesem Grund kommt bis zum
Inkrafttreten entsprechender Prozessgesetze als gesetzlicher Richter gemäß Art. 101 Abs. 1
Satz 2 GG ausschließlich ein solcher Richter zur derzeitigen Bearbeitung des hier gestellten
Antrags in Frage, welcher gemäß aktuellem Geschäftsverteilungsplan für die Bearbeitung von
sonstigen nicht besonders zugewiesenen Streitigkeiten im Allgemeinen Register zuständig ist.
Dass es dem hier angerufenen ordentlichen Gericht jedoch an den für diese öffentlichrechtliche Streitigkeit verfassungsrechtlicher Art erforderlichen Organisations- und
ausführenden Prozessgesetzen mangelt, ändert an seiner grundgesetzlich bestimmten
Zuständigkeit und an dem Charakter der Vorschrift des Art. 19 Abs. 4 GG als gemäß Art. 1
Abs. 3 GG unmittelbar geltendes Recht auch für die Rechtsprechung nichts.
Aus dem Grunde des Mangels an den für die Hauptsache benötigten Prozessgesetzen und der
damit verbundenen Verletzung des Grundrechts auf wirksamen Rechtsschutz bzw.
Rechtsweggarantie gemäß Art. 19 Abs. 4 GG hat das erkennende Gericht die Nebensache der
Klärung des Erlasses von dem Rechtsweg entsprechenden Prozessgesetzen gemäß Art. 100
Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 GG, da »es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt«,
dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen, um gemäß seiner hoheitlichen Pflichten zu
gewährleisten, dass die Klage in einem ordnungsgemäßen Hauptsacheverfahren zeitnah durch
den gesetzlichen Richter gemäß Art. 101 Abs. 1 GG verhandelt werden kann.
Erläuterungen zum Rechtsweg für öffentlich-rechtliche Streitigkeiten
verfassungsrechtlicher Art gemäß Art. 19 Abs. 4 S. 2 GG, wonach „soweit eine andere
Zuständigkeit nicht begründet ist, […] der ordentliche Rechtsweg gegeben“ ist, nach
Wernicke & Holtkotten in „Bonner Kommentar 1956“:
Anm. II 4 (c-k) zu Art. 19 Abs. 4 Satz 2 GG (K. G. Wernicke):
c) Nach Halbs. 1 muß der Rechtsträger in “seinen” Rechten verletzt sein. Das bedeutet
in Verbindung mit dem Wort “ihm” in Halbs. 2, daß – ebenso wie in den
gleichliegenden Fällen der verwaltungsgerichtl. Generalklauseln, wie z. B. der bay., §
23 1, und der VO. Nr. 165, § 3 I 1 – in Art. 19 IV 1 nur dem in seinen Rechten
verletzten Rechtsträger der Rechtsweg eröffnet wird. Damit sind Popularklagen
ebenso wie Klagen eines “bloß Interessierten” auf Grund von Art. 19 IV
ausgeschlossen (vgl. hierbei insbes. Klein a. a. O., S. 116; Jellinek, DRZ. 1948, S. 272
Ziff. IV 1; Klinger a. a. O., S 91 f.; Witten in DV. 1949 S. 340 r.; Baring in AöR. Bd.
76, 1950/51, S. 444 f.; beachtenswert aber der Hinweis von Krüger in DVBl. 1951 S.
87 f. Ziff. 3 b, 4 auf erforderliche Sonderbehandlung bestimmter Grenzfälle; vgl.
ferner Hess. VerwGH., Urt. v. 13. 10. 1950 in DVBL. 1951 S. 145 f.; eingehend zur
Frage der Aktivlegitimation de Clerck in DÖV. 1951 S. 150 ff.) Hinzuweisen ist in
diesem Zusammenhang noch auf die bayerische Regelung, die eine Popularklage
wegen verfassungswidriger Einschränkung von GR. kennt (vgl. Bay.Vf. 1946 Art. 98
4 i. V. m. VfGH.-Ges. v. 22. 7. 1947, § 54 1, GVBl. S.151; vgl. hierzu NawiaskyLeusser, Komm. BayVf,. 1948 S. 182 f.; Henle in DÖV. 1949 S. 44 ff.; Wintrich,
Schutz der GR. durch Vf.-Beschw. u. Popularklage, 1950 S. 14 ff., mit weiteren Lit.Angaben auf S. 23; ähnlich Vf.Hess., 1946, Art 130 III i. V. m. StGH.-Ges. v. 12. 12.
1947, § 45 II, GVBl. 1948 S. 7).
h) Für das in Art. 19 IV 1 verfolgte Prinzip des lückenlosen Rechtsschutzes (vgl. Erl.
II 4 g) bringt Abs. IV 2 eine notwendige Ergänzung. Der – negative – Tatbestand des
Halbs. 1 von Abs. IV (“soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist”) muß
vorliegen, um die in Halbs. 2 festgelegte Rechtsfolge eintreten zu lassen. Der hier
verwendete Begriff “andere Zuständigkeit” ist dem in Halbs. 2 gebrauchten Begriff
“ordentlicher Rechtsweg” gegenübergestellt. Daraus ergibt sich – bei wörtlicher
Auslegung -, daß hier jede Zuständigkeit in Betracht kommt mit Ausnahme des
“ordentlichen Rechtsweges”. Strenggenommen ist aber diese Fassung des Halbs. 1
nicht ganz einwandfrei, da die Anwendbarkeit des Abs. IV 2 zweifellos auch dann
entfällt, wenn “der ordentliche Rechtsweg” selber schon für zuständig erklärt ist. Mit
Halbs. 1 sollen nämlich nur die Fälle angesprochen werden, in denen der nach Abs. IV
1 gegebene “Rechtsweg” nicht in seiner Art bestimmt ist. Dabei ist noch zu bemerken,
daß auch eine subsidiäre Festlegung der Art des Rechtsweges – wie z. B. durch Art. 41
II der Vorl. Vf. Nieders. 1951 – eine “andere Zuständigkeit” im Sinne des Halbs. 1
bereits “begründet” erscheinen läßt und damit die Anwendbarkeit des Abs. IV 2
entfällt. – Zum Begriff “Zuständigkeit” ist noch darauf hinzuweisen, daß es sich hier –
wie der innere Zusammenhang von Abs. IV 2 und IV 1 ergibt – stets um einen
“Rechtsweg” im Sinne von Abs. IV 4 (vgl. Erl. II 4 f) handeln muß. Diese Feststellung
ist besonders wichtig für die – bereits unter Erl. II 4 g beta erwähnten – Fälle
gesetzlichen Ausschlusses des Rechtsweges. Die in jenen Fällen getroffene
Zuständigkeitsregelung ist nämlich nicht etwa eine “andere Zuständigkeit” im Sinne
von Halbs. 1 von Abs. IV 2. Da, wie oben festgestellt ist, der gesetzliche Ausschluß
des Rechtsweges gegenüber der Bestimmung des Art. 19 IV 1 wirkungslos bleibt, ist
der in solchen Fällen durch Art. 19 IV 1 eröffnete “Rechtsweg” in seiner Art nicht
bestimmt und damit der Tatbestand des Art. 19 IV 2 Halbs. 1 gegeben (vgl. hierbei
OLG. Tübingen, Beschl. v. 16. 6. 1950 in DRZ. 1950 S. 453; OVG. Münster, Urt. v.
13. 12. 1950, zur Veröff. vorgesehen – IV A. 551/50 – betr. Beihilfegrundsätze, § 14
III, RdErl. RFM. u. RMdI v. 25. 7. 1942, RBesBl. S. 157). Entsprechendes gilt für die
Regelung derjenigen westdeutschen Länder, die hinsichtlich des
Verwaltungsrechtsschutzes das Enumerationsprinzip haben oder dazu übergehen
sollten (vgl. die Regelung in den Ländern der französischen Zone; hierzu auch Becker
in Veröff. VDStRL., Heft 8, 1950, S. 149 Ziff. 2). – Im Hinblick auf den in Halbs. 1
verwendeten Begriff “begründet” ist schließlich noch zu bemerken, daß es hier um
Zuständigkeiten geht, die vom Gesetzgeber begründet sind (vgl. auch Erl. II 4 f beta),
keineswegs aber etwa um Zuständigkeiten, die sich aus der Sache heraus ergeben.
i) Nach Art. 19 IV 2 Halbs. 2 ist – wenn die negativ bestimmte Voraussetzung des
Halbs. 1 erfüllt ist – “der ordentliche Rechtsweg gegeben”. Das bedeutet, daß der in
seinen Rechten durch die öffentliche Gewalt Verletzte in solchen Fällen die
ordentlichen Gerichte anrufen kann. Wie aus Halbs. 1 hervorgeht, handelt es sich
hiebei nicht um eine primäre oder ausschließliche, sondern um eine lediglich
subsidiäre Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte (vgl. dagegen Art. 14 II 4, 15 2, 33
3; dazu z. B. Ule in DRiZ. 1950 S. 227 f.). Damit schaltet Abs. IV 2 zugleich die Fälle
eines “negativen Kompetenzkonfliktes” aus. – (Vgl. Zinn, Vhdlg. 37. Dtsch. Jur. Tag
(1949, Köln) S. 51; besonders eingehend Klein a. a. O. S. 95 ff. Ziff. 3 mit
ausführlichen Literaturangaben; auch S. 124 Leitsätze IV 3; Bachof in SJZ. 1950 Sp.
164; Friesenhahn in DV. 1949 S. 479 Ziff. 4, 482).
k) Richtig ist vielmehr, daß das in Art. 19 IV 1 verfolgte Prinzip des lückenlosen
Rechtsschutzes durch die Bestimmung des Abs. IV 2 auch für diejenigen Fälle
gesichert werden soll, wo der Gesetzgeber seiner Aufgabe, den durch Abs. IV 1
statuierten Rechtsweg in seiner Art festzulegen, nicht nachgekommen ist. Dieses
Vakuum füllt Abs. IV 2 aus. Die Subsidiarität der Bestimmung des Abs. IV besteht
also nicht gegenüber Abs. IV 1, sondern gegenüber einem Versagen des zuständigen
Gesetzgebers (vgl. hierbei Erl. II 4 h; vgl. dagegen die andersartige Bestimmung des
Art. 41 II der Vorl. Vf. Nieders. 1951, die ausdrücklich die Verwaltungsgerichte als
subsidiär zuständig erklärt). “Die Schöpfer des GG. gingen von der Gleichrangigkeit
und Gleichwertigkeit der Gerichte aus, ganz gleich auf welchen verschiedenen
Sachgebieten des Rechts sie zuständig sind.” (So Zinn in Vhdlg. 37. Dtsch. Jur. Tag.,
S. 51, dessen Auslegung erhöhte Bedeutung zukommt, da er Mitglied des dreiköpfigen
ARA. des PR. war, auf den diese Bestimmung zurückzuführen ist; vgl.
Entstehungsgeschichte I⁵.) – (Vgl. noch Boehmer a. a. O. S. 253; Friesenhahn in
Festschrift f. Thoma, 1950 S. 49; ders. in Recht, Staat, Wirtschaft, Bd. II, 1950 S. 178,
271; Jahrreiß ebendort, S. 214; Draht in Veröff. VDStRL. Heft 8 S. 153 m.; Abendroth
ebendort S. 162; ferner OLG. Frankfurt a.M., Urt. v. 9. 3. 1950 in DVBl. 1950 S. 339
f. m. Anm. von Michael).
Erl. zu Art. 93 C. zu Abs. II a (H. Holtkotten) :
Das BVG.-Ges. hat dem BVG. zusätzlich die Entscheidung über
„Verfassungsbeschwerden“ zugewiesen (§§ 90 bis 95). Diese kann sich auch richten
gegen Akte der gesetzgebenden sowie der rechtsprechenden Gewalt. Aus diesem
Problemkreis sei nur folgendes hervorgehoben: Nach § 90 Abs. 2 kann die
Verfassungsbeschwerde grundsätzliche erst nach Erschöpfung des Rechtswegs
erhoben werden. Die allgemeine Rechtswegklausel des Art. 19 Abs. IV aber gilt auch
für Gesetzgebungsakte (vgl. Wernicke, Erl. 4 c zu Art. 19) - jedenfalls, soweit
Eingriffe der öffentlichen Gewalt in Frage stehen, die unmittelbar durch Gesetz - nicht
bloß (mittelbar) auf Grund eines Gesetzes (unmittelbar) durch Verwaltungsakt erfolgen. Der Rechtsweg ist mithin insofern bereits von Verfassung wegen eröffnet. Er
kann (und braucht) nicht erst durch gesetzliche Bestimmung eröffnet (zu) werden.
Wenn aber insoweit lediglich die subsidiäre Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte
gemäß Art. 19 Abs. IV Satz 2 durch Statuierung eines anderen Rechtswegs - eben in
Gestalt der Verfassungsbeschwerde - ausgeschlossen werden sollte, hätte das
eindeutig zum Ausdruck gebracht werden und im Übrigen zwischen diesem
(Ausnahme-) Fall und dem (Regel-) Fall, daß ein Eingriff auf Grund eines Gesetzes
durch einen Verwaltungsakt erfolgt, rechtssystematisch differenziert werden müssen.
Statt dessen findet sich nur die - insoweit unzulängliche - Bestimmung des § 93 Abs. 2
BVGG., nach der Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz binnen einem Jahr seit
Inkrafttreten des Gesetzes zu erheben ist.
Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz in der Hauptsache
Einstweiliger Rechtsschutz in der Hauptsache ist hier im Zuge der Vorlage der Nebensache an
das Bundesverfassungsgericht dahingehend zu gewähren, dass die Anwendung eines den
grundgesetzlichen Vorschriften für Gesetze gemäß Art. 82 Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m. Art. 19
Abs. 1 Satz 2 GG widersprechenden Rechtsscheintatbestandes durch die öffentliche Gewalt
(hier Jobcenter) im Namen der Bundesrepublik Deutschland durch das Gericht ohne Verzug
zu unterbinden ist, da der Charakter des SGB II als Rechtsscheintatbestand erfüllt ist und
dieser Zustand auch schon vor Erlass eines dem Rechtsweg für öffentlich-rechtliche
Streitigkeiten verfassungsrechtlicher Art entsprechenden Prozessgesetzes zur erfolgreichen
Abwehr durch das Gericht zu beseitigen ist, da sowohl der Kläger als auch die öffentliche
Gewalt gemäß Art. 20 Abs. 3 GG ausschließlich nach Maßgabe des Art. 82 Abs. 1 GG
zustande gekommenen Gesetzen unterworfen ist.
Antrag auf Festlegung des Streitwerts
Auf Grund des verfassungsrechtlichen Charakters der öffentlich-rechtlichen Streitigkeit hat
die Festlegung des Streitwerts gemäß § 34 Abs. 1 BVerfGG i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG zu
erfolgen, da dem Kläger hier unter keinen rechtlichen Gesichtspunkten die Anwendung eines
den grundgesetzlichen Vorschriften für Gesetze gemäß Art. 82 Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m. Art.
19 Abs. 1 Satz 2 GG widersprechenden Rechtsscheintatbestandes durch die öffentliche
Gewalt im Namen der Bundesrepublik Deutschland entgegen seinem materiell- und
verfassungsrechtlichen Anspruch auf die unverletzbare Gewährung, Inanspruchnahme und
Durchsetzung seiner Grundrechte zuzurechnen ist.
Die Rechtsbindung der öffentlichen Gewalt an die als unmittelbares Recht geltenden
Grundrechte des Klägers gemäß Art. 1 Abs. 3 GG hat nach wie vor und bis zum Eintritt der
Voraussetzungen gemäß Art. 146 GG Rechts- und Gesetzeskraft gegenüber jedem dem
Kläger gegenüber vollzogen werden sollenden sowie auch seine Grundrechte
einschränkenden Hoheitsakt durch die öffentliche Gewalt.
Hans Mustermann
Anlage/n: (1) Bescheid/Verwaltungsakt vom … zu …
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