Deutsch - Generation Crisis

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„Unsere Generation hat es in der Hand“
Die Krise birgt nicht nur Schwierigkeiten – sie schafft auch Chancen.
Drei spanische Erfolgsgeschichten junger Unternehmer aus Berlin.
David Salcedo Rico, 33, lebt seit drei Jahren in Berlin und ist der Gründer von Azafran
Gourmet. Das Geschäft liegt in Neukölln und bietet spanische Feinkostprodukte an.
Zusätzlich betreibt er eine Wein Bar.
Ursprünglich wollte ich einen Onlineshop eröffnen, der spanische Produkte verkauft. Allerdings
merkte ich nach achtzehn Monaten, dass es unmöglich ist für eine einzelne Person die
verschiedenen Geschäftsbereiche zu betreuen - es war einfach zu viel Arbeit. Obwohl ich den
Laden letztendlich aufgeben musste, habe ich während der Zeit viel über Buchführung, Logistik
und die alltäglichen Schwierigkeiten ein Geschäft zu führen gelernt. Diese Erfahrungen helfen mir
jetzt bei meinem neuen Laden. Ich und mein Geschäftspartner hatten nie einen Masterplan,
vielmehr stolperten wir von einem Schritt zum nächsten und plötzlich hatten wir vor eineinhalb
Jahren die Möglichkeit einen eigenen Raum zu mieten. Es war so, als ob dich die Wellen in den
offenen Ozean reißen und du versuchst dabei nicht zu ertrinken. Ich hab mir zum Beispiel in den
letzten Jahren kein eigenes Gehalt ausgezahlt. Vielmehr habe ich von meinem Trinkgeld gelebt
und musste bei einem Freund in der Wohnung übernachten. Jetzt habe ich aber das Gefühl wir
machen Fortschritte und es geht Vorwärts, auch wenn es natürlich keine Absicherung gibt, das es
so bleibt - egal ob in Deutschland oder in Spanien.
Mich hat es nach Berlin verschlagen, da ich generell die Idee mag in Bewegung zu bleiben und an
verschiedenen Orten zu leben. Die Krise in Spanien war jedoch ein wesentlicher Grund für mich,
nicht in meine Heimat zurückzukehren. Schon vor der Krise, hatte ich das Gefühl, dass etwas auf
uns zu kommt. Jetzt denke ich, wir diskutieren zu viel über den Zustand der Krise und verlieren
dabei das Wesentliche aus den Augen. Entweder glauben die Menschen sie haben eine Lösung
gefunden oder aber sie versinken in ihren Depressionen. Vielmehr sollten wir darüber nachdenken,
was die Gründe für die Krise sind und wie es soweit kommen konnte - das finde ich sehr traurig.
Die Krise kann auch eine Chance sein. Wenn du eine Idee hast, dann versuche alles um sie zu
verwirklichen. So lange sie nicht zu verrückt ist. Aber wenn du dich für diesen Weg entscheidest,
dann hör auf dich zu beschweren. Natürlich ist es nicht einfach ein Geschäft zu eröffnen und
natürlich werden einem alle möglichen Steine in den Weg gelegt. Ich wurde zum Beispiel von
einem Gas- und einem Stromunternehmen verklagt und am Ende kam raus, der Fehler lag gar
nicht bei mir, sondern bei denen. In dieser Situation kam ich mir sehr machtlos vor. Aber wer
denkt, dass Entbehrungen und Kämpfen nicht Teil des Ganzen sind, ist naiv. Wenn du das
versuchen willst, dann zieh es durch - und vergesse dabei nicht zu lächeln.
Marta Moreno, 32, stammt aus Valencia und zog vor drei Jahren nach Berlin. Seit sechs
Monaten betreibt sie mit ihrem Geschäftspartner Victor Cabrera die online Kunstgalerie ¡Ay,
Qué Bonito!, die spanische Designprodukte vertreibt.
Während meines Architekturstudiums an einer spanischen Universität wurde mir klar, ich studiere
nicht, um am Ende eine Architektin zu werden. Ich wollte jemand anderes sein. Nachdem ich dann
mein Abschlusszeugnis in der Hand hatte dachte ich mir: ab jetzt lasse ich mir nicht mehr
vorschreiben was ich machen soll - Ich wollte nur noch weg. Für mich ist Berlin eine sehr
authentische, kosmopolitische Stadt die mir die Freiheit bot herauszufinden, was ich mit meinem
Leben anfangen will. Also erkundete ich Kunst und Design Galerien und fand immer mehr gefallen
an der Idee, spanische Kunst und Designobjekte in einer besonderen Form anzubieten - so kam
ich zu meinem Baby. Im Vergleich zu Spanien ist es in Berlin viel leichter ein eigenes Startup zu
gründen. Es gibt nicht so viele Gebühren, wenig Papierkram und die deutschen Behörden
brauchen nicht ewig, um dein Anliegen zu bearbeiten.
Das Internet bietet eine gute Möglichkeit ein Geschäft zu eröffnen. Stück für Stück konnte ich
meine Idee entwickeln, ohne dabei ein großes finanzielles Risiko einzugehen. Allerdings gibts es
auch Nachteile: ohne viel Werbung ist es unmöglich zwischen den zahlreichen Startups
herauszustechen. Deshalb versuchen wir neben der Webside auch verschiedene
Kunstveranstaltungen zu organisieren. So möchten wir deutsche und spanische Künstler näher
zusammenzubringen. Mein größter Wunsch ist es allerdings irgendwann mal eine eigene Galerie
zu besitzen. Durch unsere online Kunstgalerie haben spanische Designer, denen es wegen der
Krise nicht möglich ist nach Deutschland zu reisen, die Chance ihre Objekte anzubieten. Auch
wenn es innerhalb der Europäischen Union gar nicht so leicht ist mit Kunst und Designobjekten zu
handeln, denn oft wird eine extra Gebühr verlangt und insgesamt läuft alles nicht so rund wie man
sich das vielleicht vorstellt. Ich glaube Krisen, wie emotionale Krisen oder persönliche Krisen,
können auch etwas gutes beinhalten. Sie können das System und die Energie erneuern. Allerdings
ist diese Krise vom System verursacht und diejenigen, die dafür bezahlen müssen, sind wir! In
Spanien hat man uns immer gesagt wir müssen eine Karriere als Anwalt, Arzt oder wie in meinem
Fall als Architekt anstreben. Aber wir brauchen nicht tausend Universitätsabsolventen die sich nur
um ihre Karriere kümmern. Für ein schönes Leben, ist eine Karriere nicht zwingend notwendig.
Das ist wirklich etwas, was ich am spanischen System hasse. Ich glaube tief in mir ist das der
wahre Grund, weshalb ich mich dazu entschlossen habe, einen anderen Weg zu gehen!
Roberto Pérez, 30, kommt aus Salamanca und lebt seit drei Jahren in Berlin. Er ist der Gründer von
libros.com, ein Verlag der in Spanien Bücher veröffentlicht, die sich über crowdfunding finanzieren.
Sein Team arbeitet in Deutschland, Spanien und Finnland und möchte bald nach Südamerika
expandieren.
Ich kam zunächst mit einem europäischen Stipendium für Jungunternehmer nach Berlin. Danach entschied
ich mich zu bleiben. Berlin wirkte auf mich wie ein interessanter Ort an dem die Ideen nur so sprudeln.
Überall ist Talent und junge motivierte Menschen möchten sich verwirklichen. Hier gibt es gute
Möglichkeiten einen Job in einem Unternehmen zu finden, oder aber man gründet gleich selbst eins. Diese
Atmosphäre zieht auch immer mehr Spanier an, die in die Stadt kommen und untereinander Netzwerke
bilden. Das wichtigste dabei ist, das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Ich und meine Geschäftspartner
wollten immer unabhängig sein, unsere eigenen Chefs. Startups sind dafür ein guter Weg, allerdings
präferiere ich das klassische Unternehmenskonzept mit einem stetigen Wachstum, Nachhaltigkeit und
ohne finanzielle Förderung von außerhalb. Der Vorteil in Berlin ist, dass es hier sehr viele Steuervorteile für
Selbstständige gibt. So lange nicht eine bestimmte Einkommensgrenze erreicht wird, ist es nicht nötig
Steuern zu zahlen. Dadurch kann ein größeres Risiko eingegangen werden. In Spanien ist es dagegen sehr
teuer als Selbstständiger zu arbeiten. Allerdings vergessen viele, dass die Idee für ein Projekt nichts kostet.
Der schwierige Teil liegt vielmehr darin, sein Unternehmen längerfristig zu betreiben. Am Ende zahlt sich
dann das Risiko aus. Deshalb finde ich, sollte die Regierung mehr Anreize und Unterstützung schaffen,
besonders für sehr junge Unternehmen.
Ich weiß nicht, ob der Weg ein Unternehmen in einem anderen Land zu führen ein Ausweg aus der Krise
sein kann. Aber ich glaube die Lösung für die Krise hat die junge Generation in der Hand. Uns stehen alle
Türen offen und ein möglicher Schritt kann die Gründung von einem eigenen Unternehmen sein. Ich bin aus
Spanien nach Deutschland ausgewandert, weil ich das so wollte. Wenn du mich jetzt fragst, ob ich wieder
zurückgehen möchte, würde es mir schwer fallen diese Frage mit Ja zu beantworten.
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