Explizit zur Radbruchschen Formel - TP

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Radbruchsche Formel
Gustav Radbruch (1878–1949), 1902
Als Radbruchsche Formel wird eine erstmalig 1946 veröffentlichte These des deutschen
Rechtsphilosophen Gustav Radbruch bezeichnet. Dieser These zufolge hat sich ein Richter im
Konflikt zwischen dem positiven (gesetzten) Recht und der Gerechtigkeit immer dann und
nur dann gegen das Gesetz und für die materielle Gerechtigkeit zu entscheiden, wenn das
fragliche Gesetz entweder als „unerträglich ungerecht“ anzusehen ist oder das Gesetz die −
Radbruch zufolge – im Begriff des Rechts grundsätzlich angelegte Gleichheit aller Menschen
aus Sicht des Interpreten „bewußt verleugnet“.
Da die Radbruchsche Formel mehrfach von der bundesdeutschen höchstrichterlichen
Rechtsprechung angewandt wurde, gilt Radbruchs Aufsatz „Gesetzliches Unrecht und
übergesetzliches Recht“, der diese These erstmalig enthielt, manchen Autoren als die
einflussreichste rechtsphilosophische Schrift des 20. Jahrhunderts.[1] Die Frage, ob der
rechtspositivistische Rechtsbegriff, der allein auf die ordnungsgemäße Setzung und die
soziale Wirksamkeit einer Norm abstellt,[2] im Sinne der Radbruchschen Formel modifiziert
werden sollte, bildet eine grundlegende Kontroverse der gegenwärtigen rechtsphilosophischen
Diskussion.
Inhaltsverzeichnis
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1 Inhalt und Struktur
o 1.1 Inhalt und verschiedene Fassungen
o 1.2 Struktur
2 Stellung innerhalb der Rechtsphilosophie Radbruchs
3 Ideengeschichtliche Einordnung
4 Rezeption durch Rechtsprechung und Rechtsphilosophie
o 4.1 Rezeption durch die Rechtsprechung
 4.1.1 Nachkriegszeit
 4.1.2 Mauerschützen-Prozesse
 4.1.3 Kritik der Rechtsprechung
o 4.2 Rechtsphilosophische Bedeutung und Kritik
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5 Literatur
o 5.1 Einschlägige Veröffentlichungen Radbruchs
o 5.2 Sekundärliteratur
6 Weblinks
7 Einzelnachweise
Inhalt und Struktur
Inhalt und verschiedene Fassungen
Radbruch veröffentlichte die als „Radbruchsche Formel“ in die rechtsphilosophische
Ideengeschichte eingegangene Textpassage erstmals im Jahr 1946 im Aufsatz „Gesetzliches
Unrecht und übergesetzliches Recht“ in der Süddeutschen Juristenzeitung.[3] Die heute
gebräuchliche Bezeichnung „Radbruchsche Formel“ wurde erstmals 1948 von Richard Lange
verwendet.[4]
Befindet sich ein Richter in einer Konfliktsituation, in der er zwischen den Möglichkeiten
schwankt, eine ihm ungerecht erscheinende Norm des positiven Rechts entweder anzuwenden
oder sie zugunsten der materiellen Gerechtigkeit zu verwerfen (Ausnahmesituation), dann
schlägt Radbruch vor, den Konflikt folgendermaßen aufzulösen:
„Der Konflikt zwischen der Gerechtigkeit und der Rechtssicherheit dürfte dahin zu lösen sein,
daß das positive, durch Satzung und Macht gesicherte Recht auch dann den Vorrang hat,
wenn es inhaltlich ungerecht und unzweckmäßig ist, es sei denn, daß der Widerspruch des
positiven Gesetzes zur Gerechtigkeit ein so unerträgliches Maß erreicht, dass das Gesetz als
‚unrichtiges Recht‘ der Gerechtigkeit zu weichen hat. Es ist unmöglich, eine schärfere Linie
zu ziehen zwischen den Fällen des gesetzlichen Unrechts und den trotz unrichtigen Inhalts
dennoch geltenden Gesetzen; eine andere Grenzziehung aber kann mit aller Schärfe
vorgenommen werden: wo Gerechtigkeit nicht einmal erstrebt wird, wo die Gleichheit, die
den Kern der Gerechtigkeit ausmacht, bei der Setzung positiven Rechts bewußt verleugnet
wurde, da ist das Gesetz nicht etwa nur ‚unrichtiges‘ Recht, vielmehr entbehrt es überhaupt
der Rechtsnatur. Denn man kann Recht, auch positives Recht, gar nicht anders definieren als
eine Ordnung und Satzung, die ihrem Sinne nach bestimmt ist, der Gerechtigkeit zu dienen.“
– Gustav Radbruch: Gesetzliches Unrecht und übergesetzliches Recht. SJZ 1946, 105 (107).
Ganz ähnlich legte Radbruch diese Position auch in der posthum veröffentlichten
Vorlesungsnachschrift[5] „Vorschule der Rechtsphilosophie“ dar: Wo die Ungerechtigkeit des
positiven Rechts ein solches Maß erreiche, dass die durch dieses Gesetz garantierte
Rechtssicherheit gegenüber seiner Ungerechtigkeit überhaupt nicht mehr ins Gewicht falle,
trete dieses „unrichtige“ Recht gegenüber der Gerechtigkeit zurück.[6] An anderer Stelle heißt
es:
„Wo also […] Gerechtigkeit nicht einmal erstrebt wird, können die so geschaffenen
Anordnungen nur Machtsprüche sein, niemals Rechtssätze […]; so ist das Gesetz, das
gewissen Menschen die Menschenrechte verweigert, kein Rechtssatz. Hier ist also eine
scharfe Grenze zwischen Recht und Nicht-Recht gegeben, während wie oben gezeigt wurde,
die Grenze zwischen gesetzlichem Unrecht und geltendem Recht nur eine Maßgrenze ist
[…].“
– Gustav Radbruch: Vorschule der Rechtsphilosophie. 2. Auflage, Göttingen 1959, S. 34.
Struktur
Die Radbruchsche Formel unterscheidet drei Typen ungerechter Gesetze. Den drei
Gesetzestypen stehen drei Aussagen bezüglich der rechtlichen Geltung dieser Gesetze
gegenüber:[7]
1. Positive Gesetze müssen auch dann angewendet werden, wenn sie ungerecht und
unzweckmäßig sind.
2. „Unerträglich“ ungerechte Gesetze müssen der Gerechtigkeit weichen.
3. Falls Gesetze nicht einmal das Ziel verfolgen, gerecht zu sein, sind sie kein Recht.
Adressat der Radbruchschen Formel ist die Rechtsprechung. Die Formel postuliert zunächst
folgende Grundregel: Das positive Recht verdiene aus Gründen der Rechtssicherheit im
Prinzip auch dann gegenüber nichtpositivierten Gerechtigkeitsgrundsätzen den Vorzug, wenn
es sich als ungerecht erweise. Insoweit stimmt Radbruchs Position mit derjenigen des
Rechtspositivismus überein. Gleichzeitig betont Radbruch, dass Gerechtigkeit und
Rechtssicherheit als aus der „Idee des Rechts“ entspringende Forderungen prinzipiell
gleichrangig seien. Keiner dieser beiden Seiten der Rechtsidee gebühre ohne weiteres der
Vorrang vor der jeweils anderen.[8] Es handle sich um gleichberechtigte, einander jedoch
potentiell widersprechende Forderungen. Diese beiden Prämissen – die prinzipielle
Gleichrangigkeit und die Konfliktbeladenheit – führen Radbruch zu einer vom
Rechtspositivismus abweichenden Schlussfolgerung: Das Prinzip der Rechtssicherheit müsse
zumindest dann gegenüber dem Prinzip der Gerechtigkeit zurücktreten, wenn die
Ungerechtigkeit des fraglichen Gesetzes ein bestimmtes Maß überschreite, mit Radbruchs
Worten also „unerträglich“ werde. Dem heutigen juristischen Sprachgebrauch gemäß
formuliert, genießt das positive Recht gegenüber abweichenden Gerechtigkeitsprinzipien
somit lediglich einen Prima-Facie-Vorrang,[9] nicht jedoch einen absoluten Vorrang.
Die Radbruchsche Formel, die oft mittels der Kurzform „extremes Unrecht ist kein Recht“[10]
zusammengefasst wird, enthält bei genauerer Betrachtung zwei eigenständige und
voneinander unabhängige Teilformeln, die in der Sekundärliteratur allgemein als
„Unerträglichkeitsformel“ bzw. als „Verleugnungsformel“ bezeichnet werden.[11]
Die „Unerträglichkeitsformel“ entpflichtet den Richter dann von seiner grundsätzlichen
Bindung an das positive Recht, wenn er es für auf unerträgliche Weise ungerecht hält. In
solchen Fällen trete der prinzipielle Vorrang des positiven Rechts zurück und auch eine
geschriebene Norm müsse der materiellen Gerechtigkeit weichen. Radbruch selbst hielt diese
Variante der Radbruchschen Formel für wenig trennscharf: Die Grenzen zwischen
„richtigem“, „unrichtigem“ und „unerträglich unrichtigem“ Recht seien fließend und eine nur
unscharf zu ziehende Frage des rechten Maßes.[12] Unklar bleibt bei dieser schwachen
Variante der Radbruchschen Formel der rechtstheoretische Status des sogenannten
„unrichtigen Rechts“: Sind extrem ungerechte Gesetze noch als „Recht“ im Sinne des
Rechtsbegriffs anzusehen? Radbruch selbst legte sich diesbezüglich nicht fest. Neuere
Interpretationen der Radbruchschen Formel schließen auch „unerträglich ungerechtes“ Recht
aus einem entsprechend modifizierten Rechtsbegriff aus.[13]
Klarer beurteilte Radbruch den rechtstheoretischen Status eines anhand der
„Verleugnungsformel“ zu verwerfenden Gesetzes: Ein Gesetz, das Gerechtigkeit nicht einmal
erstrebt, ist demnach bereits kein Recht im Sinne des Rechtsbegriffs. Im Gegensatz zur
„Unerträglichkeitsformel“ scheint die „Verleugnungsformel“ nicht primär an die
Eigenschaften des fraglichen Gesetzes, sondern an die Intentionen des Gesetzgebers
anzuknüpfen. Stanley Paulson und Ralf Dreier haben daher darauf hingewiesen, dass es im
Einzelfall zumindest schwierig sein dürfte, dem Gesetzgeber eine solche bewusste
Verleugnung von Gerechtigkeitsprinzipien nachzuweisen.[14] Überwiegend wird jedoch die
Ansicht vertreten, dass auch die Verleugnungsformel einer objektiven Auslegung zugänglich
sei. Ein Rückgriff auf die tatsächlichen Regelungsabsichten des Gesetzgebers sei nicht nötig.
Entscheidend sei vielmehr der im Gesetzeswortlaut „objektivierte Wille des Gesetzgebers“.[15]
Darüber hinaus wird die These vertreten, dass eine subjektive Deutung der
Verleugnungsformel Radbruchs Rechtsphilosophie verfehle, da dieser auch innerhalb seiner
juristischen Methodenlehre die objektive Gesetzesauslegung („Zweck des Gesetzes“)
gegenüber der subjektiven („Zwecke des Gesetzgebers“) bevorzugt habe.[16]
Ihren heutigen Vertretern (in Deutschland derzeit: Robert Alexy, Ralf Dreier) zufolge setzt
die Radbruchsche Formel die erkenntnistheoretische Möglichkeit voraus, objektiv überhaupt
zwischen „gerechten“ und „ungerechten“ Gesetzen unterscheiden zu können.[17] Diese
erkenntnistheoretische Möglichkeit wurde von Rechtspositivisten wie Hans Kelsen oder Alf
Ross – vor 1945 jedoch auch von Gustav Radbruch selbst[18] – bestritten. H. L. A. Hart ließ
die Beantwortung dieser Frage offen.[19] Radbruch selbst vertrat diesbezüglich nach 1945 die
Ansicht, dass sich angesichts der jahrhundertelangen Bemühungen um die Begründung der
Menschenrechte zumindest ein Kernbestand an Rechten herausschälen lasse, den nur noch
eine „gewollte Skepsis“ wirklich anzweifeln könne.[20] Teilweise wird darauf hingewiesen,
dass die Radbruchsche Formel erkenntnistheoretisch im Wege der Falsifikation vorgehe: Die
Radbruchsche Formel versuche nicht, positiv festzustellen, was gerecht sei (Verifikation). Sie
beschränke sich darauf, negativ festzustellen, welche Gesetze jedenfalls „extrem ungerecht“
seien. Dieses erkenntnistheoretisch negative Verfahren sei leichter durchzuführen und
weniger Einwänden ausgesetzt als das entgegengesetzte positive Verfahren.[21]
Stellung innerhalb der Rechtsphilosophie Radbruchs
Die „Rechtsphilosophie“ von 1932
Die Frage, ob und inwieweit die Radbruchsche Formel einen Wendepunkt innerhalb des
rechtsphilosophischen Denkens ihres Verfassers bezeichnet, ist ein lebhafter Gegenstand der
gegenwärtigen rechtsphilosophischen Diskussion.[22] Vor 1945 taucht die Formel in
Radbruchs Schriften nicht auf. Vielmehr vertrat er noch 1932 die Auffassung, dass der
Richter das positive Recht ohne Ausnahme zu befolgen habe. Diese Haltung war Ausdruck
des von Radbruch vertretenen Wertrelativismus. Radbruchs Wertrelativismus beruht auf der
strikten logischen Unterscheidung zwischen Sein und Sollen:[23]
„Sollenssätze sind nur durch andere Sollenssätze begründbar und beweisbar. Eben deshalb
sind die letzten Sollenssätze unbeweisbar, axiomatisch, nicht der Erkenntnis, sondern nur des
Bekenntnisses fähig.“
– Gustav Radbruch: Rechtsphilosophie. 2. Auflage, 1932, S. 8.
Diese relativistische Grundannahme führte Radbruch dazu, auch die Möglichkeiten der
Rechtsphilosophie entsprechend bescheiden zu formulieren: Die Rechtsphilosophie sei nicht
in der Lage, den Konflikt verschiedener Weltanschauungen aufgrund objektiver Argumente
zu entscheiden. Aufgabe der Rechtsphilosophie sei es, die Grundwertungen der
unterschiedlichen Weltanschauungen zu analysieren und zu vergleichen, nicht aber, eine
Rangordnung zwischen ihnen aufzustellen. Auf der Basis dieses rechtsphilosophischen
Relativismus unterschied Radbruch drei „nicht mehr auf einander rückführbare“ grundlegende
Rechtsauffassungen: die individualistische, die überindividualistische und die transpersonale
Auffassung. Die individualistische Auffassung vertrete den Primat des Einzelnen und seiner
Bedürfnisse gegenüber der Gesamtheit. Der überindividualistischen Auffassung dienten
individuelle Bedürfnisse lediglich zur Schaffung von Kollektivwerten und stünden diesen
nach. Der transpersonalen Auffassung zufolge stünden sowohl Individualbedürfnisse als auch
Kollektivbedürfnisse im Dienste übergeordneter kultureller Ziele.[24] Alle drei
Rechtsauffassungen stehen Radbruch zufolge gleichberechtigt nebeneinander. Eine
argumentativ zwingende Bevorzugung der einen gegenüber der anderen sei nicht möglich.
Unterschiedlich beantwortet wird die Frage, ob Gustav Radbruch sein auf dem
Wertrelativismus basierendes rechtsphilophisches System mit Einführung der Radbruchschen
Formel nach 1945 im Wesentlichen beibehalten, modifiziert oder aufgegeben hat.[25] Auch in
der zuerst 1948 herausgegebenen Vorschule der Rechtsphilosophie unterschied Radbruch wie
bereits 1932 zwischen der individualistischen, der überindividualistischen und der
transpersonalen Rechtsauffassung. Zudem betrachtete er die Idee einer Rangordnung der drei
„Wertklassen“ nach wie vor als nicht durchführbar. Dennoch erkannte er im Unterschied zu
1932 nun einen relativen Vorrang der individualistischen Rechtsauffassung an: Sowohl die
transpersonale als auch die überindividualistische Rechtsauffassung hätten die Geltung der
individuellen Menschenrechte hinzunehmen. Kollektivwerte und Kulturwerte müssten
zurücktreten, wenn elementare Menschenrechte verletzt werden. In jeder Rechtsordnung
stecke daher ein gewisses Maß an Liberalismus als notwendiger Einschlag.[26]
Dennoch vertreten Stanley Paulson, Ralf Dreier und Hidehiko Adachi die sogenannte
Einheitsthese: Die Radbruchsche Formel bedeute keine nennenswerte Veränderung der von
Radbruch vor 1945 vertretenen rechtsphilosophischen Grundannahmen.[27] Diese These
beruht auf verschiedenen Passagen aus Radbruchs zur Zeit der Weimarer Republik
entstandenem Werk, insbesondere der zweiten Auflage der „Rechtsphilosophie“ von 1932,
die die Radbruchsche Formel zumindest vorzubereiten scheinen. So legte Radbruch bereits
1932 die Existenz sogenannter „Schandgesetze“ nahe, denen das Gewissen den Gehorsam
verweigere. Als Beispiel führte er die Sozialistengesetze an. Dem Wortlaut nach nahm
Radbruch 1932 auch die Grundgedanken der „Verleugnungsformel“ bereits vorweg. Dies
ergibt sich aus seinem Rechtsbegriff, demzufolge das Recht „diejenige Wirklichkeit ist, die
den Sinn hat, der Gerechtigkeit zu dienen“.[28]
Andererseits muss betont werden, dass Radbruch vor 1945 strikt an dem Grundsatz festhielt,
wonach zumindest ein Richter jedes Gesetz unabhängig davon, ob er es für ungerecht hält,
anzuwenden habe.[29] Er vertrat somit – bezogen auf die rechtsprechende Gewalt –
ursprünglich einen definitiven Vorrang des positiven Rechts, den er erst nach 1945 in einen
bloßen Prima-Facie-Vorrang umwandelte. Aus diesen Gründen wird in der Sekundärliteratur
mehrheitlich die Auffassung vertreten, dass Radbruch sein vor 1945 ausgebautes
rechtsphilosophisches System durch die Radbruchsche Formel jedenfalls nicht unwesentlich
modifiziert habe.[30] H. L. A. Hart sprach in diesem Zusammenhang sogar von einer
Bekehrung („conversion“) Radbruchs zur Naturrechtslehre,[31] während Lon Fuller einen
Umbruch („a profound modification“) innerhalb seines Systems ausmachte.[32]
Häufig wird die Radbruchsche Formel als Reaktion Radbruchs auf das nationalsozialistische
Unrechtssystem verstanden.[33] Radbruch selbst vertrat explizit die These, ein unter den
deutschen Richtern damals vorherrschender Positivismus habe diese gegenüber noch so
ungerechten Gesetzen wehrlos gemacht. Diese sogenannte „Radbruch-These“ gilt heute als
widerlegt.[34] Weder zur Zeit der Weimarer Republik noch später zur Zeit des
Nationalsozialismus waren die deutsche Rechtswissenschaft bzw. Rechtsprechung
mehrheitlich rechtspositivistisch orientiert. Die Tragfähigkeit der Radbruchschen Formel und
ihrer rechtsphilosophischen Grundannahmen kann daher nur unabhängig von dieser Prämisse
diskutiert werden.
Ideengeschichtliche Einordnung
Die Grundaussage der oben genannten „Formel“ scheint sich auf den ersten Blick weit
zurückverfolgen zu lassen. Schon in der Antike und im Mittelalter finden sich Argumente,
dass dem Staat bzw. seinem Gesetz nicht unter allen Umständen zu gehorchen sei. So
argumentierte etwa Augustinus im Sinne des Naturrechts: „Ein ungerechtes Gesetz ist
(überhaupt) kein Gesetz.“.[35] Ähnliche Aussagen finden sich bei den Stoikern, insbesondere
bei Seneca, sowie bei Thomas von Aquin.
Es wäre ein Missverständnis, wollte man Radbruchs Bezugnahme auf „unerträglich“
ungerechte Gesetze als uneingeschränkte Rückkehr zu naturrechtlichen Vorstellungen deuten.
Der Radbruchschen Formel zufolge scheiden lediglich „unerträglich“ – die heutigen
Anhänger der Radbruchschen Formel verwenden den Ausdruck „extrem“[36] – ungerechte
Gesetze aus dem Normenkreis des anwendbaren Rechts aus. In allen übrigen Fällen bleibt es
aus Gründen der Rechtssicherheit beim Anwendungsvorrang des positiven Rechts. Eben diese
Bezugnahme auf die Rechtssicherheit unterscheidet die Radbruchsche Formel von den oben
zitierten naturrechtlichen Stellungnahmen. Diese berücksichtigen das von den
Rechtspositivisten für wichtig erachtete Prinzip der Rechtssicherheit überhaupt nicht, sondern
betrachten jedes ungerechte Gesetz ungeachtet anderer Prinzipien als Nicht-Recht. Die
Radbruchsche Formel basiert also auf einem Kompromiss. Der aufgrund dieses
Kompromisses postulierte prinzipielle Anwendungsvorrang des positiven Rechts auch
gegenüber ungerechten und unzweckmäßigen Gesetzen führte Radbruchs Schüler Arthur
Kaufmann dazu, dessen Rechtsphilosophie als „jenseits von Naturrecht und Positivismus“
stehend einzuordnen.[37]
Radbruch war nicht der erste Rechtstheoretiker, der entsprechende Überlegungen anstellte. In
seinem Buch „Gesetz und Richterspruch“ (1915) beschäftigte sich der schweizerische
Rechtstheoretiker Hans Reichel mit verschiedenen Abwägungsproblemen, die einem Richter
im Wege der Rechtsfindung begegnen können. Ebenso wie Radbruch nahm auch Reichel ein
Spannungsverhältnis zwischen den Prinzipien der Rechtssicherheit und der materiellen
Gerechtigkeit an. Sein Ziel war es, dieses Spannungsverhältnis aufzulösen, ohne den
Grundsatz der Rechtssicherheit preiszugeben. Nachdem er festgestellt hatte, dass das Prinzip
der Rechtssicherheit jedenfalls normalerweise vorrangig sei, schränkte er diese Grundregel
folgendermaßen ein:
„Der Richter ist kraft seines Amtes verpflichtet, von einer gesetzlichen Vorschrift bewußt
abzuweichen dann, wenn jene Vorschrift mit dem sittlichen Empfinden der Allgemeinheit
dergestalt in Widerspruch steht, daß durch Einhaltung derselben die Autorität von Recht und
Gesetz erheblich ärger gefährdet sein würde als durch deren Außerachtsetzung.“
– Hans Reichel: Gesetz und Richterspruch. Zürich 1915, S. 142.
Auf diese Weise nahm Reichel die Kernaussage der Radbruchschen Formel nicht wörtlich,
wohl aber sinngemäß vorweg.[38] Im Gegensatz zur 30 Jahre später entstandenen
Radbruchschen Formel wurden Reichels Äußerungen jedoch weder von der Rechtsprechung
noch von der rechtstheoretischen Diskussion in nennenswertem Umfang rezipiert.
Rezeption durch Rechtsprechung und Rechtsphilosophie
In Deutschland haben sowohl das Bundesverfassungsgericht als auch der Bundesgerichtshof
die Radbruchsche Formel mehrfach angewandt. Sie spielt überdies eine große Rolle in der
internationalen rechtsphilosophischen Diskussion um den Begriff des Rechts, das
Widerstandsrecht und den Tyrannenmord, wobei nicht immer klar zwischen den beiden
Spielarten der Formel, der Unerträglichkeitsformel und der Verleugnungsformel,
unterschieden wird.[39]
Rezeption durch die Rechtsprechung
Die Radbruchsche Formel wurde von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und
des Bundesgerichtshofs mehrfach angewandt. Zuerst geschah dies in der Nachkriegszeit bei
der Auseinandersetzung mit verschiedenen Aspekten des NS-Unrechts sowie in neuerer Zeit
bei der Bewertung der Strafbarkeit der sogenannten Mauerschützen nach dem
Zusammenbruch der DDR.
Nachkriegszeit
In den ersten Jahrzehnten nach Ende des Zweiten Weltkriegs ging es im Rahmen einer
Anwendung der Radbruchschen Formel zunächst um die Frage, inwieweit bestimmte − nach
Auffassung der deutschen Bundesgerichte besonders anstößige − nationalsozialistische
Vorschriften und Gesetze in der Lage seien, auch die Rechtsprechung der Bundesrepublik
Deutschland als geltendes Recht zu binden. Der Bundesgerichtshof und das
Bundesverfassungsgericht vertraten in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass
jedenfalls evident ungerechte Regelungen des nationalsozialistischen Gesetzgebers für die
bundesdeutsche Rechtsprechung unbeachtlich seien. Sie beriefen sich hierbei explizit auf die
Grundsätze der Radbruchschen Formel.
In seinem Urteil vom 12. Juli 1951[40] erklärte der Bundesgerichtshof die Erschießung eines
Deserteurs auf der Flucht durch einen Bataillonskommandeur des Volkssturms für
rechtswidrig. Der Bataillonskommandeur berief sich zu seiner Rechtfertigung auf einen
sogenannten Katastrophenbefehl Heinrich Himmlers. Dieser Katastrophenbefehl habe jeden
Waffentragenden berechtigt, Menschen auf der Flucht ohne weiteres zu erschießen. Der
Bundesgerichtshof stützte sich, nachdem er zunächst die mangelnde Gesetzesqualität des
Katastrophenbefehls gerügt hatte, zur Bekräftigung seines Urteils explizit auf Radbruch:
„Selbst wenn dieser Befehl als Gesetz oder Rechtsverordnung verkündet worden wäre, wäre
er nicht rechtsverbindlich. Das Gesetz findet dort seine Grenze, wo es in Widerspruch zu den
allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechtes oder zu dem Naturrecht tritt (OGHSt 2, 271)
oder der Widerspruch des positiven Gesetzes zur Gerechtigkeit ein so unerträgliches Maß
erreicht, daß das Gesetz als »unrichtiges Recht« der Gerechtigkeit zu weichen hat. Wird der
Grundsatz der Gleichheit bei der Setzung des positiven Rechts überhaupt verleugnet, dann
entbehrt das Gesetz der Rechtsnatur und ist überhaupt kein Recht (Radbruch, SJZ 1946, 105
[107]). Zu den unveräußerlichen Rechten eines Menschen gehört, daß er nicht ohne
Gerichtsverfahren seines Lebens beraubt werden darf. An diesem Rechtsgrundsatz hat sogar
die Verordnung über die Errichtung von Standgerichten vom 15. Februar 1945 (RGBl I, 30)
noch festgehalten. Danach kommt dem sogenannten Katastrophenbefehl keine Gesetzeskraft
zu. Er ist keine Rechtsnorm; seine Befolgung wäre objektiv rechtswidrig“
– BGHZ 3, 94 (107).
Mit der Frage der Verbindlichkeit einer formell korrekt erlassenen NS-Rechtsnorm für
bundesdeutsche Gerichte und der diesbezüglichen Bedeutung der Radbruchschen Formel
beschäftigte sich das Bundesverfassungsgericht in seinem Staatsangehörigkeitsbeschluss vom
14. Februar 1968.[41] Konkret ging es um § 2 der 11. Verordnung zum Reichsbürgergesetz
vom 25. November 1941:
„§ 2. Ein Jude verliert die deutsche Staatsangehörigkeit a) wenn er beim Inkrafttreten dieser
Verordnung seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat, mit dem Inkrafttreten der
Verordnung, b) wenn er seinen gewöhnlichen Aufenthalt später im Ausland nimmt, mit der
Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts im Ausland.“
Die Rechtsgeltung der Verordnung war in einem erbrechtlichen Fall bedeutsam. Dessen
Lösung hing davon ab, ob die Ausbürgerung eines jüdischen deutschen Staatsbürgers auf
Grundlage dieser Vorschrift rechtens gewesen war. Das Bundesverfassungsgericht verneinte
diese Frage unter Bezugnahme auf die Gedanken der Radbruchschen Formel folgendermaßen:
„1. Nationalsozialistischen „Rechts“vorschriften kann die Geltung als Recht abgesprochen
werden, wenn sie fundamentalen Prinzipien der Gerechtigkeit so evident widersprechen, daß
der Richter, der sie anwenden oder ihre Rechtsfolgen anerkennen wollte, Unrecht statt Recht
sprechen würde. […]
2. In der 11. Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 25. November 1941 (RGBl. I S. 772)
hat der Widerspruch zur Gerechtigkeit ein so unerträgliches Maß erreicht, daß sie von Anfang
an als nichtig erachtet werden muß.“
– BVerfGE 23, 98 (Ausbürgerung I).
Mauerschützen-Prozesse
Eine erneute Aktualität erlangte die Radbruchsche Formel nach der friedlichen Revolution in
der DDR und der 1990 folgenden Wiedervereinigung im Rahmen der
Mauerschützenprozesse.[42] Hierbei ging es sowohl um die Strafbarkeit ehemaliger DDRGrenzsoldaten, die im Rahmen der Ausübung ihres Dienstes an der innerdeutschen Grenze
DDR-Staatsbürger auf der Flucht von der DDR in die Bundesrepublik Deutschland
erschossen hatten, als auch um die Strafbarkeit ihrer Befehlshaber als mittelbare Täter.
Vergleich von § 27 DDR Grenzgesetz mit entsprechenden bundesdeutschen Regelungen.
Juristen, die eine Anwendung der Radbruchschen Formel im Rahmen der
Mauerschützenprozesse ablehnten, bezweifelten auch aufgrund der wörtlichen Nähe der
Gesetze, dass es sich bei § 27 DDR Grenzgesetz um eine unerträglich ungerechte Norm
handelte.
Nach überwiegender Ansicht rechtfertigte das geschriebene Recht der DDR die Tötung
unbewaffneter Flüchtlinge im Grenzgebiet. Als Rechtfertigungsgründe für die Grenzsoldaten
kamen hierbei sowohl § 17 Abs. 2 lit. a VoPoG als auch (seit 1982) § 27 des Grenzgesetzes
der DDR in Frage. § 27 Abs 2 S. 1 des Grenzgesetzes hatte folgenden Wortlaut:[43]
„Die Anwendung der Schußwaffe ist gerechtfertigt, um die unmittelbar bevorstehende
Ausführung oder die Fortsetzung einer Straftat zu verhindern, die sich den Umständen nach
als ein Verbrechen darstellt.“
Der Bundesgerichtshof wertete das Handeln der ehemaligen Grenzsoldaten und ihrer
Befehlshaber als nicht gerechtfertigte Fälle von Totschlag gemäß § 212 I StGB. Den in § 27
Abs. 2 S. 1 des DDR-Grenzgesetzes enthaltenen Rechtfertigungsgrund erklärte der BGH für
nicht anwendbar.[44] Neben völkerrechtlichen Gesichtspunkten berief sich der
Bundesgerichtshof hierbei spätestens in seinem Urteil vom 20. März 1995 explizit auf den
Gedanken der Radbruchschen Formel:[45] § 27 Abs. 2 des Grenzgesetzes verstoße gegen
elementare Gebote der Gerechtigkeit und sei daher unbeachtlich. Hierbei wies der
Bundesgerichtshof zwar auf seiner Ansicht nach substantielle Unterschiede im Unrechtsgehalt
zwischen der durch § 27 Abs. 2 Grenzgesetz getroffenen Ermächtigung zum Schießen und
verschiedenen Formen des NS-Unrechts hin. Im Ergebnis hielt der Bundesgerichtshof die
Radbruchsche Formel jedoch für auch auf die Mauerschützenfälle anwendbar. Die Schwelle
zum extremen Unrecht sei auch in diesen Fällen überschritten worden. Das aus Art. 103
Abs. 2 Grundgesetz folgende Verbot rückwirkender Bestrafung (Rechtsgrundsatz auf lat.:
nulla poena sine lege) hielt der BGH für nicht betroffen, da es keinen Vertrauensschutz auf
die Unverbrüchlichkeit einer bestimmten Staatspraxis gewähre.[46] Das
Bundesverfassungsgericht verwarf in seinem Beschluss zu den Mauerschützen vom
24. Oktober 1996 die gegen die Urteile des Bundesgerichtshofs eingelegten
Verfassungsbeschwerden.[47] Im Gegensatz zum Bundesgerichtshof problematisierte das
Bundesverfassungsgericht die Rückwirkungsthematik. Es hielt Art. 103 Abs. 2 GG jedoch für
im Ergebnis nicht verletzt. Für Fälle außerordentlichen Unrechts sei in das ansonsten absolut
geltende Rückwirkungsverbot eine ungeschriebene Schrankenklausel einzubauen.[48]
Kritik der Rechtsprechung
Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs zur
Radbruchschen Formel wurde sehr unterschiedlich bewertet. Grundsätzlichen, aus Skepsis
gegenüber der Radbruchschen Formel insgesamt erwachsenden Bedenken, standen
insbesondere im Rahmen der Mauerschützenprozesse auch nichtpositivistische Kritiker
gegenüber. Diese ließen das Konzept der Radbruchschen Formel an sich gelten. Sie begrüßten
insbesondere die Anwendung der Formel auf bestimmte Regelungen aus der
nationalsozialistischen Zeit, wie dies im Staatsangehörigkeitsbeschluss des
Bundesverfassungsgerichts geschehen war.[49] Der Rechtsprechung zu den Schüssen an der
innerdeutschen Grenze standen sie jedoch entweder im Ergebnis oder bezüglich der
Begründung der Entscheidungen kritisch bis ablehnend gegenüber. Die erste Form dieser –
nichtpositivistischen – Kritik verwies auf die vom Bundesgerichtshof im Ergebnis verneinte
Frage, ob der unterschiedliche Unrechtsgehalt von NS-Normen wie § 2 der 11.
Reichsbürgerverordnung einerseits und § 27 Abs. 2 DDR-Grenzgesetz andererseits eine
Anwendbarkeit der Radbruchschen Formel im Falle der Mauerschützen verbiete. Sowohl Ralf
Dreier − ein grundsätzlicher Befürworter der Radbruchschen Formel − als auch andere
Autoren bestritten, dass bei den Schüssen an der innerdeutschen Grenze die Schwelle zum
extremen Unrecht überhaupt überschritten worden sei.[50] In diesem Zusammenhang wurde
auch darauf aufmerksam gemacht, dass der Wortlaut von § 27 des DDR-Grenzgesetzes
durchaus mit den entsprechenden Regelungen des bundesdeutschen Rechts (§ 10 Abs. 1 Satz
1 UZwG) vergleichbar gewesen sei.[51] Die zweite Form der nichtpositivistischen Kritik
begrüßte die Rechtsprechung zu den Schüssen an der innerdeutschen Grenze zwar im
Ergebnis, kritisierte jedoch die von der Rechtsprechung für dieses Ergebnis gelieferte
Begründung. So vertrat beispielsweise Robert Alexy die Auffassung, dass § 27 Abs. 2 DDRGrenzgesetz die Schwelle zum extremen Unrecht überschritten habe. Er merkte jedoch an,
dass die strafrechtliche Verantwortlichkeit der von Jugend an in der DDR entsprechend
beeinflussten Grenzsoldaten fraglich sei. Ein unvermeidbarer Verbotsirrtum, der zum
Freispruch der Mauerschützen geführt hätte, habe zumindest nahegelegen.[52] Steffen
Forschner wiederum bescheinigte insbesondere dem Bundesgerichtshof eine schwankende
Argumentation: Insbesondere dessen erstes einschlägiges Urteil vom 3. November 1992[53]
mache nicht hinreichend deutlich, inwieweit der Bundesgerichtshof seine Entscheidung zur
Bestrafung der Mauerschützen auf positives Völkerrecht oder auf überpositive
Rechtsmaßstäbe im Sinne der Radbruchschen Formel gestützt habe.[54]
Rechtsphilosophische Bedeutung und Kritik
Die Radbruchsche Formel steht im Zentrum der gegenwärtigen rechtsphilosophischen
Diskussion um die angemessene Fassung des Rechtsbegriffs. Konkret geht es hierbei um die
Kontroverse zwischen den Vertretern der rechtspositivistischen „Trennungsthese“ einerseits
und der nichtpositivistischen „Verbindungsthese“ andererseits. Dieser Streit geht von der
Frage aus, ob es angemessen sei, Radbruchs Konzept des „unerträglichen“ Unrechts als
ausschließendes Definitionsmerkmal in den Begriff des Rechts zu integrieren.
Die „Trennungsthese“ formuliert einen positivistischen Rechtsbegriff. Sie wurde bzw. wird
insbesondere von H. L. A. Hart und − im deutschsprachigen Raum − von Norbert Hoerster
vertreten: Der Begriff des Rechts sei so zu definieren, dass er keine moralischen Elemente −
also auch keine Bezugnahme auf „extremes Unrecht“ − enthält. Recht sind den Vertretern der
Trennungsthese gemäß somit alle Normen, die das Gesetzgebungsverfahren formal korrekt
durchlaufen haben und sozial überwiegend wirksam sind.[55] Das Hauptargument der
Anhänger des positivistischen Rechtsbegriffs ist hierbei neben einer generellen
erkenntnistheoretischen Skepsis[56] das sogenannte „Klarheitsargument“. H. L. A. Hart
brachte dieses Argument in seiner klassischen Formulierung folgendermaßen auf den Punkt:
„Denn wenn wir uns Radbruchs Ansicht anschließen und mit ihm und den deutschen
Gerichten unseren Protest gegen verwerfliche Gesetze in die Behauptung kleiden, daß
gewisse Normen wegen ihrer moralischen Unhaltbarkeit nicht Recht sein können, so bringen
wir Verwirrung in eine der stärksten, weil einfachsten Formen moralischer Kritik.“
– H. L. A. Hart[57]
Rechtspositivisten wie Hart und Norbert Hoerster halten die Radbruchsche Formel zudem für
eine versteckte Umgehung des Rückwirkungsverbots. Die Umgehung des
Rückwirkungsverbots wird darin gesehen, dass Personen im Rahmen der Radbruchschen
Formel für Vergehen und Verbrechen nachträglich bestraft werden, obwohl ihre Taten zum
Zeitpunkt der Tatbegehung vom positiven Recht nicht für strafbar erklärt wurden. Diese
Kritik der Rechtspositivisten an der Radbruchschen Formel sollte nicht missverstanden
werden: Auch Hart hielt es grundsätzlich für richtig, NS-Verbrecher im Nachhinein für ihre
Taten zu bestrafen. Er forderte die Rechtsprechung jedoch dazu auf, diese nachträgliche
Bestrafung offen als partielle Außerkraftsetzung des Rückwirkungsverbots zu titulieren. Diese
Offenlegung bezeichnete Hart als ein Gebot der Klarheit und der argumentativen
Redlichkeit.[58]
Die Vertreter der „Verbindungsthese“ (in Deutschland derzeit besonders dezidiert Robert
Alexy und Ralf Dreier) verfechten hingegen einen Rechtsbegriff, der auch moralische
Elemente einschließt. Sie erkennen die Stärke der beiden Hauptargumente der
Rechtspositivisten − das Klarheitsargument und das Rückwirkungsargument − grundsätzlich
an.[59] Robert Alexy ist jedoch der Auffassung, dass ein um die Inhalte der Radbruchschen
Formel ergänzter Rechtsbegriff auch in puncto Klarheit gegenüber dem positivistischen
Rechtsbegriff keine gravierenden Nachteile aufweise. Fälle „extremen Unrechts“, auf die die
Radbruchsche Formel allein abstelle, seien im Gegensatz zu „normalem Unrecht“ klar
erkennbar. Aus diesem Grund sei auch die Rechtssicherheit nicht gefährdet, wenn der
Rechtsbegriff um moralische Elemente im Sinne der Radbruchschen Formel ergänzt werde.
Auch das Rückwirkungsargument hält Alexy im Ergebnis für nicht durchschlagend. Er
verweist hierzu wiederum − nunmehr in umgekehrter Intention − auf das Klarheitsargument:
Da extremes Unrecht klar erkennbar (evident)[60] sei, dürfe sich niemand auf die scheinbare
Legitimation seiner Taten durch extrem ungerechte Gesetze verlassen: Es sei bereits zum
Zeitpunkt der Tat für jedermann, der sich auf solche Gesetze stütze, unmittelbar einsichtig,
dass er eigentlich ein Unrecht begehe. Dieses Argument noch verstärkend, wird zudem
folgendes vorgebracht: Die Radbruchsche Formel ändere die objektiv zur Tatzeit geltende
Rechtslage nicht rückwirkend ab. Sie stelle lediglich deklaratorisch fest, wie die Rechtslage
sich bereits zum früheren Zeitpunkt – unter Zugrundelegung gewisser Grundsätze der
materiellen Gerechtigkeit – objektiv dargestellt habe.[61] Aus diesen Gründen wird auch der
Vorwurf einer versteckten Rückwirkung von den Vertretern der Verbindungsthese
zurückgewiesen.[62] Alexy vertritt daher den folgenden, auf der „Verbindungsthese“
aufbauenden Rechtsbegriff:
„Das Recht ist ein Normensystem […], das aus der Gesamtheit der Normen besteht, die zu
einer im großen und ganzen wirksamen Verfassung gehören und nicht extrem ungerecht
sind.“
– Robert Alexy: Begriff und Geltung des Rechts. Freiburg und München 1992, S. 201.
H. L. A. Hart ging in seiner Kritik der Radbruchschen Formel über die im Rahmen des
systematischen Streites um die Trennungsthese bzw. die Verbindungsthese geäußerte Kritik
noch hinaus. Er hatte zwar menschliches Verständnis für die von Radbruch seiner Ansicht
nach vollzogenen Kehrtwende vom Positivismus zum Nichtpositivismus und führte diese auf
persönliche Eindrücke Radbruchs während des Dritten Reiches zurück. Er betrachtete die
Radbruchsche Formel jedoch als rechtsphilosophisch unhaltbar. Sie enthalte keine
ernstzunehmende intellektuelle Argumentation, sondern lediglich eine leidenschaftliche, nicht
von ausführlichen Erörterungen getragene Mahnung.[63]
Literatur
Einschlägige Veröffentlichungen Radbruchs




Fünf Minuten Rechtsphilosophie (1945). In: Ralf Dreier und Stanley L. Paulson
(Hrsg.): Gustav Radbruch, Rechtsphilosophie (Studienausgabe), 2. Auflage,
Heidelberg 2003. S. 209 f.
Gesetzliches Unrecht und übergesetzliches Recht. In: Süddeutsche Juristenzeitung.
1946, S. 105–108.
Rechtsphilosophie (Dritte Auflage. Originalausgabe: Leipzig 1932). In: Ralf Dreier
und Stanley L. Paulson (Hrsg.): Gustav Radbruch, Rechtsphilosophie
(Studienausgabe). 2. Auflage. Heidelberg 2003, ISBN 978-3-8252-2043-3.
Vorschule der Rechtsphilosophie. 2. Auflage. Göttingen 1959.
Sekundärliteratur
Explizit zur Radbruchschen Formel





Stanley Paulson, Ralf Dreier: Einführung in die Rechtsphilosophie Radbruchs. In:
Gustav Radbruch: Rechtsphilosophie, Studienausgabe. 1. Auflage. Heidelberg 1999,
S. 235–250.
Robert Alexy: Mauerschützen. Zum Verhältnis von Recht, Moral und Strafbarkeit.
Hamburg 1993, ISBN 978-3-525-86282-7.
Robert Alexy: Der Beschluß des Bundesverfassungsgerichts zu den Tötungen an der
innerdeutschen Grenze vom 24. Oktober 1996. Hamburg 1997, ISBN 978-3-52586293-3.
Knut Seidel: Rechtsphilosophische Aspekte der „Mauerschützen“-Prozesse. Berlin
1999, ISBN 978-3-428-09748-3.
Steffen Forschner: Die Radbruchsche Formel in den höchstrichterlichen
„Mauerschützenurteilen“. Online-Dissertation, Tübingen 2003 (PDF, 333 KB).



Hidehiko Adachi: Die Radbruchsche Formel: eine Untersuchung der
Rechtsphilosophie Gustav Radbruchs. Baden-Baden 2006, ISBN 978-3-8329-2028-9.
Hans Vest: Gerechtigkeit für Humanitätsverbrechen? Nationale Strafverfolgung von
staatlichen Systemverbrechen mit Hilfe der Radbruchschen Formel. Tübingen 2006,
ISBN 978-3-16-149103-0.
Martin D. Klein: Demokratisches Denken bei Gustav Radbruch. Berlin 2007, ISBN
978-3-8305-1394-0.
Zur Trennungsthese/Verbindungsthese




H. L. A. Hart: Der Positivismus und die Trennung von Recht und Moral. In: H. L. A.
Hart: Recht und Moral. Drei Aufsätze. Göttingen 1971, ISBN 978-3-525-33311-2,
S. 14–57.
Robert Alexy: Begriff und Geltung des Rechts. Freiburg und München 1992, ISBN
978-3-495-48063-2.
Matthias Kaufmann: Rechtsphilosophie. München 1996, ISBN 978-3-495-47478-5.
Norbert Hoerster: Was ist Recht? Grundfragen der Rechtsphilosophie. München 2006,
ISBN 978-3-406-54147-6.
Weblinks

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Gustav Radbruchs Aufsatz „Gesetzliches Unrecht und übergesetzliches Recht“
Gustav Radbruchs Aufsatz „5 Minuten Rechtsphilosophie“
Informationen zur Radbruchschen Formel mit weiterführenden Links (Institut für
Rechtsinformatik der Universität des Saarlandes)
Einzelnachweise
1. ↑ Zu diesen Autoren zählen Stanley Paulson, Ralf Dreier: Einführung in die
Rechtsphilosophie Radbruchs. In: Gustav Radbruch: Rechtsphilosophie,
Studienausgabe. Heidelberg 1999, S. 235–250, 245. und Hans Vest: Gerechtigkeit für
Humanitätsverbrechen? Nationale Strafverfolgung von staatlichen Systemverbrechen
mit Hilfe der Radbruchschen Formel. Tübingen 2006, S. 18.
2. ↑ Mittels dieser beiden Merkmale definiert Robert Alexy: Begriff und Geltung des
Rechts. Freiburg und München 1992, S. 29. den rechtspositivistischen Rechtsbegriff.
Alexy unterscheidet darüber hinaus primär setzungsorientierte und primär
wirksamkeitsorientierte positivistische Rechtsbegriffe, legt jedoch ausführlich dar,
dass sämtliche Rechtspositivisten (in unterschiedlicher Intensität) beide
Definitionsmerkmale in ihre Definition des Rechtsbegriffs aufnehmen.
3. ↑ In der Gesamtausgabe findet man den Aufsatz in Band 3, Seite 83 (90).
4. ↑ Richard Lange: Die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs für die Britische
Zone zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit. In: SJZ 1948. S. 655 ff.
5. ↑ Gustav Radbruch: Vorschule der Rechtsphilosophie – Nachschrift einer Vorlesung.
Herausgegeben von Harald Schubert und Joachim Stoltzenburg, Scherer Verlag,
Heidelberg 1947. Im Vorwort schreibt Radbruch: Zwei Hörer meiner
rechtsphilosophischen Vorlesung […] baten mich, sie zur Vervielfältigung der
Nachschrift dieser Vorlesung zu ermächtigen. […] Ich habe den Text revidiert, ihm
jedoch den Charakter einer Vorlesungsnachschrift erhalten. Kurze Zeit, nachdem er
dieses Vorwort verfasst hatte, starb Radbruch, daher erfolgte die Veröffentlichung erst
posthum.
6. ↑ Gustav Radbruch: Vorschule der Rechtsphilosophie. 2. Auflage. Göttingen 1959,
S. 33.
7. ↑ Steffen Forschner: Die Radbruchsche Formel in den höchstrichterlichen
„Mauerschützenurteilen“. Online-Dissertation, Tübingen 2003, S. 13. Vgl. Norbert
Hoerster: Was ist Recht? Grundfragen der Rechtsphilosophie. München 2006, S. 80.
8. ↑ Vgl. Gustav Radbruch: Vorschule der Rechtsphilosophie. 2. Auflage. Göttingen
1959, S. 33.
9. ↑ Zum Begriff des Prima-Facie-Vorrangs vgl. Robert Alexy: Theorie der
Grundrechte. 2. Auflage. Frankfurt a.M. 1994, S. 87ff mit weiteren Verweisen auf
philosophische Fachliteratur.: Prima-Facie-Gründe sind hiernach − im Gegensatz zu
definitiven Gründen − solche, die durch gegenläufige Gründe ausgeräumt werden
können.
10. ↑ So z.B. von Robert Alexy: Mauerschützen. Zum Verhältnis von Recht, Moral und
Strafbarkeit. Hamburg 1993, S. 4.
11. ↑ Stanley Paulson, Ralf Dreier: Einführung in die Rechtsphilosophie Radbruchs. In:
Gustav Radbruch: Rechtsphilosophie, Studienausgabe. Heidelberg 1999, S. 235–250,
245.
12. ↑ Gustav Radbruch: Vorschule der Rechtsphilosophie. 2. Auflage. Göttingen 1959,
S. 34.
13. ↑ Beispielsweise tut dies Robert Alexy für „extrem ungerechtes“ Recht: Robert Alexy:
Begriff und Geltung des Rechts. Freiburg und München 1992, S. 201.
14. ↑ Stanley Paulson, Ralf Dreier: Einführung in die Rechtsphilosophie Radbruchs. In:
Gustav Radbruch: Rechtsphilosophie, Studienausgabe. Heidelberg 1999, S. 235–250,
245.
15. ↑ Steffen Forschner: Die Radbruchsche Formel in den höchstrichterlichen
„Mauerschützenurteilen“. Online-Dissertation, Tübingen 2003, S. 10 f. (mit weiteren
Nachweisen).
16. ↑ Knut Seidel: Rechtsphilosophische Aspekte der „Mauerschützen“-Prozesse. Berlin
1999, S. 176.
17. ↑ Vgl. statt vieler Robert Alexy: Mauerschützen. Zum Verhältnis von Recht, Moral
und Strafbarkeit. Hamburg 1993, S. 22.
18. ↑ Radbruch hat bezüglich dieser erkenntnistheoretischen Fragen nach 1945 keine
erschöpfende Stellungnahme mehr abgegeben. Zuvor (zuletzt explizit 1932) hatte er
die Möglichkeit, objektiv zwischen Recht und Unrecht unterscheiden zu können, auf
der Grundlage seines neukantianischen Wertrelativismus verneint. Vgl. hierzu auch
die folgenden Teile des Artikels, insbesondere den Abschnitt Stellung der Formel
innerhalb der Rechtsphilosophie Gustav Radbruchs.
19. ↑ H. L. A. Hart: Der Positivismus und die Trennung von Recht und Moral. In: H. L. A.
Hart: Recht und Moral. Drei Aufsätze. Göttingen 1971, S. 14–57, 51 ff.
20. ↑ Gustav Radbruch: 5 Minuten Rechtsphilosophie. In: Gustav Radbruch:
Rechtsphilosophie, Studienausgabe. 1. Auflage. Heidelberg 1999, S. 209 f., 210.
21. ↑ Steffen Forschner: Die Radbruchsche Formel in den höchstrichterlichen
„Mauerschützenurteilen“. Online-Dissertation, Tübingen 2003, S. 14 f.
22. ↑ Vgl. hierzu auch den Aufsatz Einführung in die Rechtsphilosophie Radbruchs von
Stanley Paulson und Ralf Dreier, in: Gustav Radbruch, Rechtsphilosophie,
Studienausgabe, Heidelberg 1999, S. 235–250.
23. ↑ Die Annahme einer fundamentalen erkenntnistheoretischen Kluft zwischen Sein und
Sollen wurde erstmals von David Hume vertreten. Sie spielte auch eine wichtige Rolle
im Werk Immanuel Kants und der Neukantianer. Radbruch war Anhänger der
Heidelberger Richtung des Neukantianismus, der unter anderem Wilhelm
Windelband, Heinrich Rickert und Emil Lask angehörten. Die 2. Auflage seiner
Rechtsphilosophie von 1932 wusste sich der philosophischen Tradition des
Heidelberger Neukantianismus explizit verpflichtet. Vgl. hierzu Gustav Radbruch:
Rechtsphilosophie. 2. Auflage. 1932, S. 1 ff. sowie Stanley Paulson, Ralf Dreier:
Einführung in die Rechtsphilosophie Radbruchs. In: Gustav Radbruch:
Rechtsphilosophie, Studienausgabe. Heidelberg 1999, S. 235–250, 236.
24. ↑ Gustav Radbruch: Rechtsphilosophie. 2. Auflage. 1932, S. 54.
25. ↑ Vgl. zur Debatte vor allem Knut Seidel: Rechtsphilosophische Aspekte der
„Mauerschützen“-Prozesse. Berlin 1999, S. 159 ff.
26. ↑ Gustav Radbruch: Vorschule der Rechtsphilosophie. 2. Auflage. Göttingen 1959,
S. 29.
27. ↑ Stanley Paulson, Ralf Dreier: Einführung in die Rechtsphilosophie Radbruchs. In:
Gustav Radbruch: Rechtsphilosophie, Studienausgabe. Heidelberg 1999, S. 235–250,
248. und Hidehiko Adachi: Die Radbruchsche Formel: eine Untersuchung der
Rechtsphilosophie Gustav Radbruchs. Baden-Baden 2006, S. 93 ff.
28. ↑ Gustav Radbruch: Rechtsphilosophie, Studienausgabe. 2. Auflage. Heidelberg 2003,
S. 35.
29. ↑ Vgl. Gustav Radbruch: Rechtsphilosophie, Studienausgabe. 2. Auflage, Heidelberg
2003, S. 85: „Wir verachten den Pfarrer, der gegen seine Überzeugung predigt, aber
wir verehren den Richter, der sich durch sein widerstrebendes Rechtsgefühl in seiner
Rechtstreue nicht beirren läßt.“
30. ↑ Vgl. die Darstellung bei Knut Seidel: Rechtsphilosophische Aspekte der
„Mauerschützen“-Prozesse. Berlin 1999.
31. ↑ Der Positivismus und die Trennung von Recht und Moral. In: H. L. A. Hart: Recht
und Moral. Drei Aufsätze. Göttingen 1971, S. 14–57, 40.
32. ↑ Lon Fuller: American Legal Philosophy at Mid-Century. In: Journal of Legal
Education 6, 1954, S. 457–485.
33. ↑ So zum Beispiel H. L. A. Hart in seinem Aufsatz Der Positivismus und die
Trennung von Recht und Moral. In: H. L. A. Hart: Recht und Moral. Drei Aufsätze.
Göttingen 1971, S. 14–57, 39 ff.
34. ↑ Vgl. statt vieler Stanley Paulson, Ralf Dreier: Einführung in die Rechtsphilosophie
Radbruchs. In: Gustav Radbruch: Rechtsphilosophie, Studienausgabe. Heidelberg
1999, S. 235–250, 248.
35. ↑ Augustin: de liberio arbitrio, I 5, S. 11.
36. ↑ Vgl. nur Robert Alexy: Begriff und Geltung des Rechts. Freiburg und München
1992.
37. ↑ Arthur Kaufmann: Rechtsphilosophie. 2. Auflage. München 1997, S. 40 ff.
38. ↑ Steffen Forschner: Die Radbruchsche Formel in den höchstrichterlichen
„Mauerschützenurteilen“. Online-Dissertation, Tübingen 2003, S. 14.
39. ↑ Diesen Mangel an Differenzierung kritisiert Hans Vest: Gerechtigkeit für
Humanitätsverbrechen? Nationale Strafverfolgung von staatlichen Systemverbrechen
mit Hilfe der Radbruchschen Formel. Tübingen 2006, S. 21.
40. ↑ III ZR 168/50, BGHZ 3, 94 (Erschießung eines Deserteurs durch Angehörige des
Volkssturms in den letzten Tagen des 2. Weltkriegs).
41. ↑ 2 BvR 557/62 – BVerfGE 23, 98 (Ausbürgerung I).
42. ↑ Monika Frommel sprach von einer „überraschenden Aktualität“: Monika Frommel:
Die Mauerschützenprozesse – eine unerwartete Aktualität der Radbruchschen Formel.
In: Haft u. a. (Hrsg.): Festschrift für Arthur Kaufmann zum 70. Geburtstag.
Heidelberg 1993, S. 81 ff.
43. ↑ Gemäß § 213 Abs. 3 S. 1 DDR-StGB i. d. F. vom 28. Juni 1979 galt der sogenannte
ungesetzliche Grenzübertritt in schweren Fällen als Verbrechen. Ein schwerer Fall
wurde vom Obersten Gericht der DDR bereits dann angenommen, wenn für den
unerlaubten Grenzübertritt beispielsweise eine Leiter benutzt wurde. Vgl. hierzu
Robert Alexy: Mauerschützen. Zum Verhältnis von Recht, Moral und Strafbarkeit.
Hamburg 1993, S. 11.
44. ↑ Einschlägige Entscheidungen: Urteil vom 3. November 1992 – 5 StR 370/92,
BGHSt 39, 1 (Strafbarkeit des Schusswaffengebrauchs an der innerdeutschen Grenze);
Urteil vom 20. März 1995 – 5 StR 111/94, BGHSt 41, 101 (Tötungshandlungen an der
innerdeutschen Grenze)
45. ↑ Urteil vom 20. März 1995 – 5 StR 111/94 (Abschnitt D. II. 3. a) aa)), BGHSt
41, 101 (Tötungshandlungen an der innerdeutschen Grenze)
46. ↑ Steffen Forschner: Die Radbruchsche Formel in den höchstrichterlichen
„Mauerschützenurteilen“. Online-Dissertation, Tübingen 2003, S. 99.
47. ↑ Beschluss vom 24. Oktober 1996 – 2 BvR 1851/94 – BVerfGE
95, 96 (Mauerschützen).
48. ↑ Vgl. hierzu auch Robert Alexy: Der Beschluß des Bundesverfassungsgerichts zu den
Tötungen an der innerdeutschen Grenze vom 24. Oktober 1996. Hamburg 1997, S. 18
ff.
49. ↑ BVerfG, Beschluss vom 14. Februar 1968 – 2 BvR 557/62, BVerfGE 23, 98
(Ausbürgerung I).
50. ↑ Ralf Dreier: Juristische Vergangenheitsbewältigung. Baden-Baden 1995, S. 33.
51. ↑ Vgl. Frank Lucien Lorenz: „Rechtsgeltung“, DDR-„Geschichte“ und
Angemessenheit von Strafe. In: JZ 1994. S. 388 ff.. und Jörg Arnold, Martin Kühl:
Forum: Probleme der Strafbarkeit von „Mauerschützen“. In: JuS 1992. S. 911 f.
52. ↑ Robert Alexy: Mauerschützen. Zum Verhältnis von Recht, Moral und Strafbarkeit.
Hamburg 1993, S. 36 ff.
53. ↑ BGH, Urteil vom 3. November 1992 – 5 StR 370/92, BGHSt 39, 1.
54. ↑ Steffen Forschner: Die Radbruchsche Formel in den höchstrichterlichen
„Mauerschützenurteilen“. Online-Dissertation 2003, S. 62.
55. ↑ Einen ganz ähnlichen Rechtsbegriff vertrat auch der österreichische Rechtspositivist
Hans Kelsen, der sich an der Debatte um die Radbruchsche Formel jedoch nicht aktiv
beteiligte.
56. ↑ H. L. A. Hart und Norbert Hoerster halten es jedoch für möglich, die Position des
Rechtspositivismus auch ohne Bezugnahme auf die erkenntnistheoretische
Problematik der intersubjektiven Bestimmung „extremen Unrechts“ zu verteidigen.
57. ↑ H. L. A. Hart: Der Positivismus und die Trennung von Recht und Moral. In: H. L. A.
Hart: Recht und Moral. Drei Aufsätze. Göttingen 1971, S. 14–57, 45 f..
58. ↑ Vgl. H. L. A. Hart: Der Positivismus und die Trennung von Recht und Moral. In: H.
L. A. Hart: Recht und Moral. Drei Aufsätze. Göttingen 1971, S. 14–57, 44.
59. ↑ Robert Alexy: Begriff und Geltung des Rechts. Freiburg und München 1992, S. 105.
60. ↑ Robert Alexy: Begriff und Geltung des Rechts. Freiburg und München 1992, S. 105.
61. ↑ Vgl. statt vieler Robert Alexy: Mauerschützen. Zum Verhältnis von Recht, Moral
und Strafbarkeit. Hamburg 1993, S. 33.
62. ↑ Vgl. Robert Alexy: Begriff und Geltung des Rechts. Freiburg und München 1992,
S. 106.
63. ↑ H. L. A. Hart: Der Positivismus und die Trennung von Recht und Moral. In: H. L. A.
Hart: Recht und Moral. Drei Aufsätze. Göttingen 1971, S. 14–57, 45.
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