Themenpredigt Ich wuerde gerne glauben

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Predigt über „Ich würde gerne glauben, aber..“
3.11.13 – Pfr. Wendorff
Auf die Idee, mit Ihnen gemeinsam über das Thema „Ich würde
gerne glauben, aber..“ nachzudenken kam ich anhand eines
Gespräches. Wir saßen zusammen bei einer Geburtstagsfeier.
Nach einigen Minuten sprach mich ein junger Mann an: „ Sagen
Sie, glauben Sie das wirklich, was da so alles in der Bibel steht, mit
Gott und so? Ich meine, als moderner Mensch müsste man sich
doch irgendwann von so was verabschieden!“ Und dabei fing er
an, sich so richtig in Fahrt zu reden. Vielleicht kennen Sie solche
Gespräche, ich zumindest habe sie schon oft geführt.
Irgendwann unterbrach ich ihn dann. „Ich habe das Gefühl,
eigentlich würden Sie gerne glauben, vertrauen, dass Ihr Leben
getragen ist. Dass es da eine liebevolle Macht gibt. Nur das
Problem ist, dass Sie schon manche schmerzvolle Erfahrung
gemacht haben und dass da Ihr Verstand ist, der alles erklären
möchte. Aber eigentlich, eigentlich wäre es doch wunderbar zu
glauben, oder?“
Ich bin immer wieder erstaunt, welche Wendung solche
Gespräche bekommen. Denn wir Menschen kommen auf die Welt
als ganz tief Glaubende. Und wir verlieren diese Stimme in uns
auch nie. Wer meine Art der seelsorgerlichen Begleitung kennt
weiß, dass ich mit Menschen die Bilder, die tief in uns sind,
anschaue. So ist es immer wieder erstaunlich, wie mir
vollkommen unchristlich geprägte Menschen erzählen, wie sie in
sich mit etwas Begleitung etwa das Bild der „Tragenden Hand“
sehen. Oder Maria kommt ihnen ganz liebevoll entgegen. Mit
diesem Wissen werden wir geboren. Und wenn ich dann solche
„kritischen Menschen“ auf diese Stimme anspreche, dann kommt
manchmal ganz leise so etwas wie: „Ja, eigentlich sehne ich mich
danach.“
Manchmal erzählen mir Menschen, dass es erst einer Lebenskrise
bedurfte, um aus dem Hamsterrad der täglichen Hetze
auszusteigen und sich zu fragen: „Was trägt mich eigentlich?“ Da
ist eine Scheidung oder Arbeitslosigkeit oder eine
Krebserkrankung und dann steht sie da im Zimmer, diese Frage:
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„Was trägt mich eigentlich?“ Martin Luther hat solch eine Krise in
Stotternheim erlebt. Dieser Blitz, fast hätte es ihn getroffen. Tiefe
Krise im Leben. Und dann hatte er die Erkenntnis beim Lesen der
Bibel: „Du wirst gehalten. Aus Gnade. Ganz unverdient.“
Mit diesem Wissen sind wir auf die Welt gekommen, nur dass
unser Verstand und unser Leistungsdenken dies nicht wahrhaben
will. Doch eigentlich sehnen wir uns danach. Dies ist das Erste,
was ich Ihnen sagen möchte.
Nun werden Sie mich gedanklich vielleicht fragen: Was mache ich
mit dieser Erkenntnis? Ganz einfach: Wenn Sie dieser Stimme in
Ihnen – „Du bist gehalten“ – mehr Raum geben, dann leben Sie
glücklicher.
Ich war von ein paar Tagen mit einer Gruppe aus Lehrern, deren
Ehepaaren und Freunden in Süd-Tirol. So zwischen 1500 und
3000 Metern. Viele sind kaum religiös. Aber immer wieder gab es
auf den Wanderungen ganz ehrfürchtige Momente. So dass etwa
jemand sagte: „Ist das nicht wunderschön! Und wir sind ein Teil
davon.“ Einmal fingen wir an, angesichts von einem
wunderschönen Ausblick über das Wort „Ehrfurcht“ zu sprechen.
Sicherlich wusste kaum jemand von der Gruppe, dass dies für
Martin Luther ein ganz entscheidender Begriff war: „Ehrfurcht“.
Er wusste etwas, was man heute experimentell nachweisen kann:
Wenn Du in Deinem Leben mehr ehrfürchtig bist, staunend, dann
erlebst Du viel mehr Glück.
Eine schöne Melodie zum Beispiel – ach wie schön! Eine Blume
oder ein Kinderlachen – genieße es doch einfach staunend!
Ehrfurcht führt zu mehr Gelassenheit und lässt sogar manchmal
die Zeit stehenbleiben. „Ehrfurcht“ kann man üben. Probieren Sie
es!
Das ist das Zweite: Üben Sie sich möglichst täglich im liebevollen
Staunen. Dass ich bin – ist das nicht ein Geschenk? Jesus sagte: „So
ihr nicht werdet wie die Kinder, könnt ihr nicht ins Himmelreich
kommen.“
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Martin Luther wusste viel über das ehrfürchtige Staunen und über
das tiefe Vertrauen, dass in jedem von uns ist. Aber er wusste auch
aus eigener Erfahrung, dass auf die Stimme des Vertrauens zu
hören bisweilen kein Spaziergang ist.
Dabei waren für ihn wesentlich 2 Erfahrungen: Als eines seiner
Kinder noch klein starb fiel er in eine tiefe Depression. Wer
könnte ihm verdenken diese zornige Frage: „Wo warst du Gott?“
Und dann hat er sich fallen lassen und erlebt, dass er getragen
wird. Er schrieb auf Grund dieser Erfahrung den 4.Vers von „Ein
feste Burg“: „Nehmen sie den Leib, Gut, Ehr Kind und Weib, lass
fahren dahin, sie haben`s kein Gewinn, das Reich muss er doch
haben.“
Die zweiter Erfahrung war, dass er als Priester gefragt wurde, ob
er einen Selbstmörder beerdigt. Das tat man damals nicht. Doch er
hat ihn gegen alle Konventionen beerdigt. Und ich glaube, dies ist
für uns sehr sehr wichtig. Warum? Ich will es Ihnen an einem
Bespiel erklären:
In unserem Nachbarort Reisen baute man vor Monaten ein
Labyrinth. Manchmal verwechseln Menschen ein „Labyrinth“ mit
einem „Irrgarten“. Ein „Irrgarten“, das sind Wege, die ich –
vielleicht zwischen Hecken – gehe und dann kann es passieren,
dass ich nicht herausfinde, mich verirre. Etwa im antiken Kreta
war dies ein ganz wichtiges Bild für das Leben. Du kannst Dich
verirren, verrennen wie etwa dieser Selbstmörder. Du kannst
scheitern, Dein Leben vergeuden, schwerste Schuld auf Dich
laden, versagen, und das war es dann.
Und dann gibt es das „Labyrinth“. Eine ganz andere Sicht auf das
Leben. Labyrinthe sind darum zu finden in Klöstern. Du läufst ,
wirst geführt, manchmal begreifst Du nicht, warum jetzt da lang,
siehst oft nicht den Sinn dieser Biegung weg vom Ziel, da ist
Protest – „Warum das jetzt?!“ – doch Du wirst geführt. Es gibt kein
„Scheitern“, kein „zerbrochenes Leben“, selbst in der tiefsten Krise
steckt eine Chance. Vertraue, Du wirst geführt. Auch wenn das
Leben Dich manchmal sehr verletzt. Es gibt keinen Ort, wo Gott
Dich nicht hält. Er hält uns sogar am Kreuz.
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Wie wir zu dieser Einstellung kommen? Hören Sie immer wieder
auf die Stimme des Vertrauens in sich, üben Sie sich im Staunen
und in der Ehrfurcht und lassen Sie sich führen.
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