Konzepte der Depressionsbehandlung - Hans

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Spezifische Konzepte für die
Depressionsbehandlung
Kurs 55/2006
30.10. - 31.10.2006
Referent:
Hans-Werner Stecker
Stationäre Behandlung
mit den Mitteln
der Psychotherapie
am Beispiel der
Depressionsstation Langenfeld
– Behandlungskonzept
– psychotherapeutische Behandlung durch
Interpersonelle Psychotherapie (IPT)
Übersicht
1. Versorgungsstrukturen
– Biologisches Behandlungskonzept
– Sozialpsychiatrie
– psychotherapeutische Psychiatrie?
2. Kriterien / Ziele stationärer Behandlung
– warum stationäre Behandlung?
3. Behandlungskonzept Depressionsstation
– welche Teile hat das Ganze?
4. psychotherapeutische Behandlung
– Praxis der interpersonellen Psychotherapie (IPT)
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Grundsatz der
kognitiven Verhaltenstherapie
unser
Erleben und Handeln
wird nicht durch Tatsachen bestimmt
sondern durch unsere Gedanken,
die wir darüber haben
zitiert nach Epiktet, dem Vertreter der griechischen
Philosophie der Stoa (um 100 n. Chr.)
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Behandlungskonzepte
Biologische Psychiatrie
Allgemeinstationen
Sozialpsychiatrie:
Sektorstationen
Psychotherapeutische
Psychiatrie:
Spezialstationen
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Behandlungskonzepte
Reguläre Versorgung Depressiver:
nach einem
eher biologisch orientierten
Behandlungskonzept
auf
allgemein psychiatrischen Stationen
für ein Einzugsgebiet
???
(Sozialpsychiatrie)
ein Modell von gestern für morgen?
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Behandlungskonzepte
biologisch
orientierte
Behandlung
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Biologisches Behandlungskonzept
Grundgedanken: (vereinfacht dargestellt für „Major Depression“)
Patienten sind instabil wegen ihrer depressiven
Stimmungslage
Ursachen:
– Störung im Stoffwechsel der Neurotransmitter
Mittel der Behandlung:
– Medikamente und weitere biologische und begleitende
Maßnahmen (Ergotherapie, ...)
Ziel:
– kurzfristige medikamentöse Einstellung
und Stabilisierung
– Entlassung in medikamentöse Weiterbehandlung
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Biologisches Behandlungskonzept
Die Behandlung besteht
in der ärztlichen Verordnung
– von Arznei
Relevant für
die Kassen:
nur Arznei!!
und weiteren biologischen Maßnahmen
(EKT, Lichttherapie, Akupunktur, …)
– und weiteren begleitenden oder unterstützenden
Maßnahmen wie Ergotherapie, Gruppentherapie,
Musiktherapie, Sozialarbeit, …
– (auch die Psychotherapie wird hier verstanden als
„unterstützende Maßnahme“!)
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Biologisches Behandlungskonzept
Das Behandlungskonzept für Depression
gleicht dem einer somatischen Erkrankung
Die Betrachtung und die Behandlung zielen nur
auf den einzelnen Patienten
Patienten verschiedener Störungsbilder werden
nebeneinander behandelt
– die „chronische Schizophrenie“ neben der „akuten
Paranoia“ und der „Depression“
– Ähnlich wie der „Blinddarm“ neben der „Niere“ liegt
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Biologisches Behandlungskonzept
Wesentliche Aufgabe der Station:
günstige Bedingungen schaffen, damit der
Patient die verordneten Maßnahmen befolgt und
insbesondere die Arznei einnimmt (Compliance)
ständige Beobachtung des Patienten
Möglichkeit zur unmittelbaren Intervention bei
eintretenden Krisen
das Management der Station dient der
Versorgung und der Deeskalation:
möglichst keine Konflikte
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Biologisches Behandlungskonzept
Die „Mitarbeit“ des Patienten beschränkt
sich darauf,
– die ärztlichen Verordnungen zu befolgen
(Arznei zu nehmen)
– sein Befinden mitzuteilen,
– und geduldig auf Besserung zu warten.
Der Handelnde ist allein der Arzt.
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Krankheitsverständnis
Patienten lernen daraus:
Depression ist eine Stoffwechselkrankheit
und ähnelt einer Blinddarmentzündung:
–
–
–
–
–
Sie ist entstanden ohne ihr Zutun
möglicherweise als Veranlagung
durch sie nicht zu beeinflussen
kommt möglicherweise wieder
Patienten sind dem hilflos ausgeliefert
Gelernte Hilflosigkeit wird verstärkt
(Konzept von Seligman)
Chronifizierung wird gefördert
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Behandlungskonzepte
biologisch /
sozialpsychiatrisch
orientierte
Behandlung
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Sozialpsychiatrie
Grundgedanken:
psychische Erkrankungen sind „endogen“ und
einer Heilung nicht zugänglich
sie nehmen einen chronischen Verlauf
Bedingungen (Stress) des normalen Alltags
überfordern vulnerable Menschen
Patienten verlieren ihre soziale Einbindung
und benötigen spezielle Hilfen
– die Anbindung in ein soziales Netzwerk
– alternative Beschäftigungs- und Lebensformen
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Sozialpsychiatrie
Folge:
komplementäre Dienste entstehen
– sozialpsychiatrische Zentren
– psychosoziale Trägervereine
stationäre Behandlung in enger Kooperation
mit örtlichen Trägern
– Helferkonferenzen
Behandlung auf Stationen, die sich am Wohnort
orientieren (Sektorstationen)
– Sektorisierung großer Kliniken
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Sozialpsychiatrie
Diese grundlegende Denkweise
entspricht nicht mehr dem Stand
wissenschaftlicher Forschung
ist nicht auf alle psychischen Störungen
übertragbar.
– Insbesondere depressive Patienten leben in der
Regel in einem differenzierten sozialen Netz
– und sind in gesunden Zeiten normal belastbar
Depression ist bei entsprechender Behandlung
und Mitarbeit des Patienten
grundsätzlich heilbar
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Biologisches Behandlungskonzept
Problem 1: weniger Zeit
Diese Behandlung lässt sich gegenüber
Kassen nur noch sehr begrenzt zeitlich
rechtfertigen
Die Verweildauer sinkt dramatisch
Bei weiter steigenden Fallzahlen
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Biologisches Behandlungskonzept
Problem 2: weniger Beziehung
zwischen Aufnahme und Entlassung besteht
kaum noch Zeit zur Gestaltung der
Beziehung zum Patienten
formale Aufgaben nehmen proportional zu
unter diesen Bedingungen werden die
Möglichkeiten für
– psychiatrische Pflege und
– Psychotherapie
zunehmend fragwürdig
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Biologisches Behandlungskonzept
Ein Zitat:
„Beziehungsgestaltung und Beziehungspflege
stellt eines der begründenden Konzepte
psychiatrischer Pflege dar. Vor diesem
Hintergrund ist die Verkürzung der Verweildauer
eine zunehmende Bedrohung für das
gegenwärtige Leistungsprofil psychiatrischer
Pflege.“
M. Schulz: Neuorientierung und Paradigmenwechsel:
Psychiatrische Pflege im Umbruch
Vortrag im Rheinisches Institut für Fort- und Weiterbildung in der Psychiatrie
( RIPS), April 2005
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Biologisches Behandlungskonzept
Problem 3: weniger Patienten
Nicht alle Patienten erleben dieses Konzept für
sich als angemessen bezüglich
– der Behandlung ihrer Erkrankung und der
damit verbundenen Probleme
– der Unterbringung auf einer
allgemeinpsychiatrischen Station
Einige Patientengruppen bleiben weg oder
brechen die Behandlung frühzeitig ab
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Patientenzufriedenheit
Untersuchung Härter 2004:
Therapeutische Maßnahmen, bei denen die
therapeutische Beziehung und interpersonelle Kontakte
im Vordergrund standen, wurden als besonders hilfreich
empfunden.
Für 39,9% aller Patienten waren das wichtigste Element
die einzeltherapeutischen Gespräche
Von 10,3% am zweithäufigsten wurde der Aspekt des
„sich mit seinen Problemen verstanden/ernst genommen
fühlen" genannt
erst an 3. Stelle folgte die medikamentöse Behandlung.
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Biologisches Behandlungskonzept
insbesondere Patienten in der Erstbehandlung
– fühlen sich allein gelassen mit ihrem Problem
– mit der Situation, in der „Psychiatrie“ zu sein
– und konfrontiert mit ihnen unbekannten
Störungsbildern
– unterschiedlicher Bereitschaft und Fähigkeit zur
Mitarbeit
– und unterschiedlichen sozialen Hintergründen
Standard einer Zwergschule:
alle Schüler in einer Klasse
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Biologisches Behandlungskonzept
Problem 4: weniger Erfolg
Dieses Konzept
ist Ausdruck einer verkürzten Sichtweise
– in Diagnostik
– und Behandlung
Es wird der Besonderheit psychischer
Störungen nicht gerecht,
– der multifaktoriellen Bedingtheit
– den besonderen Bedingungen der stationären
Behandlung psychischer Störungen
– dem Bedürfnis vieler Patienten
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Behandlungserfolg
Untersuchung Härter 2004
Den höchsten Behandlungserfolg erzielte eine
Kombination aus Psychopharmako- und
Einzelpsychotherapie,
gefolgt von Kombination mit Gruppentherapie
Verweildauer von im Durchschnitt 77,4 Tage.
Es gibt gewichtige Hinweise, dass eine
Psychotherapie langfristig zu einer Stabilisierung
der Patienten beiträgt und das Rückfallrisiko
verringert
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Behandlungskonzepte
psychotherapeutisch
orientierte
Behandlung
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Konzept Depressionsstation
Es gibt unterschiedliche Konzepte
oder Denkweisen
für Spezialstationen
Vorstellbar wäre eine Station
nur für depressive Patienten
– auf denen nach biologischem Konzept
– nur medikamentös behandelt wird
Das ist nicht
gemeint
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Konzept Depressionsstation
Depressionsstation meint hier:
integratives
psychotherapeutisch orientiertes
Behandlungskonzept
auf
einer Spezialstation
für Patienten mit depressiven Störungen
ein Modell der Zukunft im
gegenwärtigen Gesundheitssystem
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Kosten
?
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Zielvorstellung
Eine Vorbemerkung:
Im gegenwärtigen Gesundheitssystem
wird sich Psychiatrie verändern.
Ziel
– Integrativ (multiprofessionelles Team)
– Integriert (Sektoren ambulant / stationär überwinden)
stationäre Behandlung wird eingebettet in ein
komplexes Behandlungs-Netzwerk
So weit sind
wir noch
nicht!!
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Warum Depressionsstation?
Integrativ bedeutet:
die Verbindung verschiedener Sichtweisen der einzelnen
Berufsgruppen in Diagnostik und Behandlung:
– Pflege
– Arzt
– Psychotherapeut
– Sozialarbeiter
– Ergotherapeut, weitere therapeutische Berufsgruppen
Vorteil: schneller und besser
für Diagnostik und Therapie
bei multifaktoriellen Störungen
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Warum Depressionsstation?
Integrative Behandlung
entspricht
dem heutigen Verständnis
der Depression
als einer
multifaktoriell
bedingten Störung
(Behandlungsleitlinien)
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Warum Depressionsstation?
integriert kann künftig bedeuten:
– fließender Übergang zwischen ambulant und stationär
– Die Klinik stellt ein Kompetenzteam bereit, das stationär,
teilstationär und ambulant behandelt
Vorteil:
– Kontinuität in der Behandlung:
Patient hat ambulant wie stationär mit denselben Personen zu
tun.
–
–
–
–
doppelte Untersuchungen entfallen
vollstationäre Behandlung wird weiter verkürzt
Reduzierung der Kosten,
Qualitätsgewinn für Patienten
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Depressionsstation
Depressionsstation kann bedeuten:
erweiterte multiprofessionelle Diagnostik
– im psychiatrisch / psychotherapeutischen Kontext
erweiterte multiprofessionelle Behandlung
mit
erweiterten und spezielleren Aufgaben
für alle Berufsgruppen im
multiprofessionellen Team
und für den Patienten
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sozialrechtliche Bedeutung
Psychotherapie
in diesem Verständnis
nicht mehr „begleitende Maßnahme“
sondern
eigenständige Heilbehandlung
im Rahmen der Akutbehandlung
gleich zu setzen der Pharmakotherapie
(siehe § 27 SGB V, § 36 KHG-NRW)
und von den Kassen anzuerkennen
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Depressionsstation
Einige Patienten lehnen Psychopharmaka ab
Sie wollen eine Behandlung
nur mit den Mitteln der Psychotherapie
und erweiterten Maßnahmen
(Ergotherapie, Sporttherapie, usw.)
Grundsätzlich ist dies auch bei schweren
Depressionen im geschützten Rahmen einer
stationären Behandlung möglich
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Depressionsstation
Ergebnisse der Therapieforschung in der
Behandlung von Depressionen zeigen:
körperliches Belastungstraining
in Verbindung mit Psychotherapie
ist gleich wirksam
wie Pharmakotherapie
u. a.: Untersuchung von Rau in Bielefeld
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Depressionsstation
Vorteil:
Patienten erleben
die Bewältigung ihrer Krise
als Ergebnis ihrer eigenen Leistung
Erfahrung, Probleme bewältigen zu können
steigert das Selbstvertrauen und
die Zuversicht, auch künftig das Leben meistern
zu können
Dies reduziert die Wahrscheinlichkeit
erneuter Depression
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Psychotherapie
Psychotherapeutische Diagnostik heißt:
aktuelle depressive Störung im Kontext sehen
– zur Persönlichkeit des Patienten und seinen
speziellen Eigenschaften im Denken und Verhalten
zu den einzelnen Bedingungen seiner
Sozialisation (frühe Verluste, Traumatisierungen,
weitere Lernerfahrungen)
zu seinem aktuellen sozialen Umfeld
zu möglichen aktuellen Auslösern
(Arbeitslosigkeit, Trennung, Berentung, ...)
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Psychotherapie
Psychotherapeutische Diagnostik ist ein Prozess
mit dem Ziel:
– gemeinsam mit dem Patienten (und ggf. seinen
Angehörigen)
– ein Verständnis für die Ursachen seiner Erkrankung
zu erarbeiten
– und Möglichkeiten zur Veränderung zu finden
– und in ersten Ansätzen zu erproben
durch
– ausführliche Anamneseerhebung
– Gespräch mit Angehörigen und/oder Bezugspersonen
– Beobachtung im sozialen Kontext der Station
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Psychotherapie
Erweiterte Behandlung heißt:
– Einbeziehung aller Berufsgruppen in
Fallbesprechungen und Supervision
mit gemeinsamer Planung des Vorgehens
– psychiatrische Behandlungspflege
– Gestaltung eines therapeutischen Milieus
– spezielle psychotherapeutische Arbeit in Gruppen und
im Einzelgespräch und weitere therapeutische
Angebote
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Psychotherapie
Therapeutisches Milieu heißt:
– der einzelne Patient ist Teil der Gesamtgruppe
– gemeinsame Aktivitäten und Kontakte untereinander
werden gefördert (Aktivierung)
– der Einzelne orientiert sich am positiven Modell seiner
Mitpatienten (Lernen am Modell)
– Patienten werden ermuntert, aktiv an sich zu arbeiten
(Selbstmanagement)
– in Stationsbesprechungen werden Einzelne nach
ihren Erfolgen befragt (Lösungsorientierung)
– Konflikte im Stationsalltag sind willkommen
(Konfrontation im Trainingsfeld)
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Psychotherapie
Der einzelne Patient lernt dadurch implizit:
– seine Depression hängt zusammen mit seinem
inneren und äußeren Verhalten:
mit der Art seines Denkens und Fühlens und
wie er seine Beziehungen gestaltet
– Es wird ihm bewusst, dass er dies in gewissem
Rahmen verändern kann
dass er dadurch nicht nur sich selbst verändert,
sondern auch auf seine Umwelt einwirkt
was zu entsprechenden Reaktionen führen kann
(Du warst doch sonst immer so lieb!).
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Psychotherapie
Der einzelne Patienten lernt dadurch:
Sein aktuell depressives Zustandsbild und
seine Empfänglichkeit für depressive
Verarbeitungsmuster
– werden sich langfristig nur dann verändern,
– wenn er die Art seines Denkens und die seiner
Beziehungsgestaltung verändert.
Dies erfordert implizit auch eine Aufarbeitung
unbewusster früher Lernerfahrungen, die das
aktuelle Verhalten prägen (analytisches Modell)
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Depressionsstation
Patienten erleben diesen Prozess als eine
direkte Hilfe in der Auseinandersetzung mit
ihrem Problem,
– die zugleich eine harte Arbeit (mit viel Tränen)
erfordert.
Patienten erkennen, dass sie selbst durch
Veränderung profitieren
Es wächst die Bereitschaft, diesen Prozess in
einer längerfristigen ambulante Psychotherapie
fortzusetzen
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Depressionsstation
Patienten, die von Sektorstationen auf die
Depressionsstation verlegt werden
– erleben das Milieu der Station als angenehmer
– sind nicht mehr befremdet über die Erlebens- und
Verhaltensweisen der Mitpatienten
Sie fühlen sich verstanden und aufgehoben
– in der Gemeinschaft der Patienten
– Sie profitieren von den therapeutischen Erfahrungen
der Mitpatienten
– und der Hilfestellung durch alle beteiligten
Berufsgruppen
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Depressionsstation
Problem:
Patienten können sich überfordert fühlen
– durch die Konfrontation mit ihren
grundlegenden Konflikten
im Gruppenprozess
im stationären Alltag
– durch das hohe Niveau der Mitpatienten im
therapeutischen Prozess
– durch den Veränderungsdruck
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2. Kriterien und Ziele
stationärer Behandlung
auf einer
Depressionsstation
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Kriterien / Ziele
stationären Akutbehandlung
depressiver Patienten
kann nicht bedeuten:
– Jeden depressiven Patienten aufnehmen und
– ihn so lange behandeln, bis er von seiner
Depression geheilt ist
denn:
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Kriterien / Ziele
Grundsätzlich gilt:
ambulant vor stationär
Es muss begründet sein, warum ein Patient eine
stationäre Behandlung benötigt
– § 39 SGB V: Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre
Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108), wenn
die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich
ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und
nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich
häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann.
– Also auch dann, wenn notwendige ambulante Versorgung nicht
gewährleistet werden kann
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Kriterien / Ziele
Im weiteren ist abzugrenzen:
Akutbehandlung im Krankenhaus
– Die Behandlung durch Ärzte und Psychotherapeuten
steht im Vordergrund und verlangt eine ständige
Präsenz der Behandler
Rehabilitationsbehandlung in stationärer
Rehabilitationseinrichtung
– Behandlung kann unter ärztlicher Verantwortung im
wesentlichen auch durch Heilmittel erfolgen
(Ergotherapie und weitere therapeutische Angebote)
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Kriterien / Ziele
Psychotherapie als Krankenhausbehandlung:
Ständige ärztliche / psychotherapeutische
Präsenz
Ein multiprofessionelles Behandlungsteam mit
einem dichten therapeutischen Angebot
Fähigkeit und Bereitschaft des Patienten
– sich auf diese Behandlung einzulassen
– zunehmend selbst die Verantwortung für seine
Therapie zu übernehmen und
– aktiv mitzuarbeiten
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Kriterien / Ziele
Instabilität in der Person oder dem Umfeld des
Patienten
– Suizidalität, Panikstörung
– Instabiles häusliches / familiäres Umfeld
Komplexes Krankheitsbild / Bedingungsgefüge
– Somatisierung
– Komorbidität mit Persönlichkeitsstörungen, Ängsten,
Zwängen, Sucht
Fehlende Krankheitseinsicht bzw. Verständnis
der Depression und ihrer Behandlung
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Kriterien / Ziele
Ziel:
Den Patienten stabilisieren
Mit ihm zusammen ein Verständnis seiner
Depression entwickeln
Eine erste Erfahrung der Wirksamkeit
therapeutischer Maßnahmen ermöglichen und
Ihn damit motivieren und vorbereiten auf eine
ambulante medizinisch / psychotherapeutische
Weiterbehandlung
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3. stationäres Behandlungskonzept
einer Depressionsstation
am Beispiel
Rheinische Kliniken Langenfeld
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Vorbereitung des Teams
Besuche anderer Depressionsstationen
Entwicklung des Stationskonzeptes
–
–
–
–
Konzept als Regelbehandlung (Psych-PV)
Sollbetten: 20
Einrichtung der Räumlichkeiten
Einrichtung eines Gruppenraumes auf der Station
Beleuchtung
Overheadprojektor, Beamer
Stereoanlage, Lichttherapie, Aromatherapie
Kuschelecke, Relaxsessel, Hocker
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Küche / Speise- u. Aufenthaltsraum
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Aufenthalts- / Besuchsräume
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Gruppenraum
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Vorbereitung des Teams
Fortbildung in interpersoneller Psychotherapie
(IPT) in Freiburg
– Teilnehmer:
Arzt
Psychologe
Sozialarbeiter
Teile des Pflegeteams
Weiterführung der Fortbildung
– in Teamgesprächen und Supervision
unter Einbeziehung der Ergotherapie, Tanztherapie
und jeweils neuer Mitarbeiter
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Depressionsstation
Problem:
stationäres Behandlungskonzept erfordert
Übereinstimmung der Mitarbeiter
hinsichtlich der Konzeption
verfolgen Mitglieder im Team andere Konzepte:
Ergänzung
oder
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Stress
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Depressionsstation
ergänzende Fortbildungen des Pflegepersonals
–
–
–
–
–
–
–
Aromatherapie
PMR
Genusstraining
Achtsamkeit
Akupunktur
Psychoedukation Ernährung,
Deeskalationstraining, Wen Do
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Definition der Patientengruppe
Aufnahmekriterien:
– Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung
– depressive Syndrome unterschiedlicher Genese
einschl. suizidaler Krisen bei Absprachefähigkeit
Entgiftung von Psychopharmaka bzw. Analgetika
auf der Station
Alkoholentgiftungen vorher auf der Suchtstation
– unabhängig von
Geschlecht, Alter, Wohnort
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Definition der Patientengruppe
Ausschlusskriterien
– aktuelle manische Episode
– depressive Syndrome bei Vorliegen einer Psychose
aus dem schizophrenen Formenkreis,
– schwere hirnorganische Beeinträchtigungen,
Minderbegabung
– hochgradige körperliche Hilfs- und
Pflegebedürftigkeit.
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Patientengruppe
Problem:
Im Einzelfall kann sich erst im Verlauf
herausstellen, dass ein Patient nicht den
Auswahlkriterien entspricht
– eher schizophrene Störung im Vordergrund
– ausgeprägte Borderline-Struktur
Häufig zeigen sich komorbide Störungen als
Grundlage der aktuellen depressiven Störung
Lösungsversuch:
– möglichst Kontinuität in der Behandlung
– Anpassung der Therapie / keine Verlegung
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Definition der Station
Station für Regelbehandlung
– Einbindung in die Abteilung Gerontopsychiatrie
Vorteil: Mitbehandlung internistischer Erkrankungen
Internistin gehört mit zur Abteilung
Personalschlüssel:
–
–
–
–
–
9 Pflegekräfte
1 Fachärztin als Stationsärztin
0,7-1 Psychologischer Psychotherapeut
0,5 Sozialarbeiterin
Ergotherapeutin, Musiktherapeutin, Sporttherapeutin,
Physiotherapeutin
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Depressionsstation
Dienstgestaltung Pflegepersonal:
Prinzip der Bezugspflege
Stationsschwester nur Tagdienst an Werktagen
Kontinuität: sie bekommt alles mit
Nachtwache, Dienst an Wochenenden
– teilweise sind Kollegen an Werktagen nicht da
Pflegepersonal ist in Gesprächen beteiligt
– teilweise in Einzelgesprächen,
– regelhaft in Familiengesprächen
Patient erlebt Behandlung als eingebunden in
das gesamte Team
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Aufnahmeroutine
Patienten melden sich auf der Station oder in
der Aufnahme
Vorstellungsgespräch in der Aufnahme durch
Aufnahmeärztin
– Diagnoseabklärung – bei Zuständigkeit
– Besuch der Station zum kennen lernen
– Aufnahme in Warteliste
Wenn Platz frei wird, wird Pat. Von Station
informiert
Aufnahme über Aufnahmearzt
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Phasen der Behandlung
Entlassung
1 Woche
Behandlung
4 Wochen
Eingewöhnung
1 Woche
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1. Eingewöhnung / Ruhephase
Beziehungsaufnahme zu Bezugstherapeuten und
Bezugspflege
Kontaktaufnahme zu Mitpatienten
Information zum Behandlungsverlauf
Zuweisung der Krankenrolle /
Verordnung von Ruhe und Erholung
umfassende multiprofessionelle Diagnostik
jede Berufsgruppe für sich in Absprache
Fallbesprechung
Zusammenführung der Befunde / Therapieplanung
Therapievereinbarung mit dem Patienten
Depressions- Informationsgruppe (DIG)
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2. Behandlungsphase
Aufbau einer tragfähigen Beziehung
Gruppenprogramm
Aktivierung (Interessen finden, Stadtausgang)
Steigerung der positiven Selbstwahrnehmung
Stärkung von Eigenverantwortung / Selbstmanagement
(Therapietagebuch, Ziele setzen, eigene Schritte)
Förderung sozialer Kompetenzen im Stationsalltag
(Konflikte sind erwünscht !)
Einzelgespräche / Familiengespräche
Belastungserprobungen (Wochenende zu Hause:
konkrete Ziele, Umsetzung neuer Erfahrungen)
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3. Entlassungsphase
Außenorientierung
Entlassungsplanung
Entwicklung von Zielvorstellungen für weiterführende
ambulante psychotherapeutische Behandlung
– ggf. Anbindung an ambulante Hilfen
– ggf. Hilfen zur Arbeitsaufnahme
erweiterte Belastungserprobung
Abschied nehmen
ggf. Tagesklinikstatus: Weiterführung des
Therapieprogramms in teilstationärer Behandlung auf
der Station
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Aufteilung in 2 Gruppen
Problem:
Alle Patienten sind depressiv, aber
Patientengruppe nicht homogen
– hinsichtlich ihrer komorbiden Erkrankungen
Persönlichkeitsstörung im Vordergrund
Medikamentenentzug
somatische Komorbidität
– ihrer konkreten Problemsituation und
– den vorhandenen Möglichkeiten ihrer Bewältigung
Therapieerfahrung / Sprachverständnis, ...
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Gruppenkriterien
Indikation für Psychotherapie eher
– aufdecken
fordern, verändern
Aufarbeiten der Defizite
Fähigkeiten erkennen und erweitern
Eigenständigkeit fördern
– zudecken
stützen, stabilisieren,
Akzeptieren der Defizite
Fähigkeiten erkennen und erhalten
Hilfen organisieren
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Gruppe 1
Psychotherapie steht im Vordergrund:
– Eher aufdeckend, verändernd
– Umfassende Diagnostik der Sozialisation
– Ziel: Verstehen der ursächlichen und aufrecht
erhaltenden Bedingungen im sozialen Kontext
– Erste Schritte zur Veränderung
– Einbeziehung des sozialen Umfeldes
– Hinführung zur ambulanten Psychotherapie
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Gruppe 2:
Eher stützende Psychotherapie und
soziotherapeutische Behandlung:
–
–
–
–
zudeckend, stabilisierend
Stützende Psychotherapie
Milieutherapie, eher begleitend (Hausbesuche)
Einbeziehung des sozialen Umfeldes zur
Organisation von Hilfen, Betreuung, Vermittlung
sozialer Einrichtungen, betreutes Wohnen, etc.
– Aromatherapie
– Aktuelle Stunde, alte Ressourcen reaktivieren
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günstige Vorbedingungen
oder Zwischenziele der Behandlung
Patienten sind schneller erfolgreich,
wenn sie bereits:
– eine Introspektionsfähigkeit automatischer Gedanken
entwickelt haben
– Gefühle differenziert wahrnehmen können
– eine therapeutische Allianz eingehen können
– sich selbst für die Therapie verantwortlich fühlen
– soziale Kompetenz entwickelt haben
– sie nicht durch Chronizität verfestigt sind
– über angemessene Konzentrationsfähigkeit verfügen
– sich auf das Behandlungskonzept einlassen können
(Kompatibilität)
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Tägliche Routine
6:45
Wecken
7:10 – 7:30
Wassertreten
8:00
Frühstück
12:00
Mittagessen
12:30 – 13:30
Pause
18:00
Abendessen
20:45
Stationstür verschlossen
22:00
Zimmerruhe (24.00 Nachtruhe)
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Stationsaufgaben
Aufgabenzuteilung nach
Entwicklungsstand
Blumen gießen
Ordnung, Sauberkeit
Küchendienst
– Patienten kochen Kaffee,
erstellen das Buffet für
Frühstück und Abendessen
Kuchen backen
– Patienten backen für die
Wochenendrunde Kuchen
für alle
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80
Therapieplan Gruppe 1
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
09:00
09:00
Wochenendrunde
IPT
IPT
10:00
10:00
Visite
11:00
BT
BT
BT
soz.Kom.
BT
12:00
13:00
11:00
12:00
Massage
13:00
Massage
Wochenausklang
Sport
14:00
Sucht
Sport
Entspannung
14:00
Musiktherapie
Musiktherapie
15:00
15:00
Entspannung
Sport
16:00
16:00
Kegeln
Therapieplan Gruppe 2
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
09:00
09:00
Entspannung
Wochenendrunde
10:00
10:00
aktuelle Stunde
Visite
11:00
soz.Kom.
BT
11:00
IPT
Aroma
PMR
12:00
13:00
12:00
Massage
13:00
Massage
Wochenausklang
BT
14:00
Sport
BT
14:00
Sport
Sucht
15:00
15:00
BT
Musik
BT
Sport
Musik
16:00
16:00
Kegeln
Therapieplan
Problem:
alle Mitarbeiter sind eingebunden im Kontext der
gesamten Klinik (Dienstpläne)
Ihre Termine sind nicht frei einplanbar
nicht optimal an therapeutischen Bedürfnissen
der Station orientiert
sind ein Kompromiss zwischen Wünschen und
Möglichkeiten
Veränderungen in einem Bereich ziehen
umfängliche Veränderungen in anderen
Bereichen nach sich
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als
Zusammenfassung
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Voraussetzung stationärer
Psychotherapie
Therapeutisches Stationssetting:
gemeinsames Verständnis der Behandlung
gemeinsames Vorgehen im Team
zeitlicher Rahmen (6 – 8 Wochen)
Entwicklung eines therapeutischen Milieus
– Förderung der Kommunikation und einer
vertrauensvollen Beziehung unter den Patienten
– insbesondere Aufbau einer therapeutischen
Beziehung der Patienten zu allen Mitgliedern des
Teams, insbesondere zu speziellen Bezugspersonen
(Bezugspflege, Bezugs-Therapeut)
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Vorteile stationärer Psychotherapie
gegenüber ambulantem Einzelsetting
multiprofessionelles Team
mit einem dichten Behandlungsangebot
der Kontext der Station mit Möglichkeiten
–
–
–
–
Diagnostik im sozialen Kontext
Konfrontation mit ähnlichen Störungsbildern
Lernen am Modell
direkte Auseinandersetzung in Konfliktsituationen und
mit eigenen ineffektiven Verhaltensmustern und
– Training von Alternativen
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Zukunftsphantasien
Therapeutischen Gesichtspunkte bestimmen
– Gestaltung der Therapiepläne und
– der Dienstpläne
Therapeutische Prozesse werden im Team
intensiver abgestimmt
– mehr Zeit zur Auseinandersetzung
– mehr Supervision
– gemeinsam abgestimmtes Vorgehen
Möglichkeit zur
fraktionierten Behandlung
Integrierte Versorgung
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Quadratur
des Kreises?
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Wunschträume
Stationskonzepte
sind Wirkfaktoren
im Rahmen der umfassenden
Behandlungskonzepte
vergleichbar der Arznei
Ein kleiner Teil der Finanzmittel aus dem
Bereich der Arzneimittelforschung sollte
verwendet werden, um die Wirksamkeit von
Stationskonzepten zu erforschen
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Depressionsstation
Danke
für die
Aufmerksamkeit
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