Angst

Werbung
Symptomatologie der
BorderlinePersönlichkeitsstörung
Angst
Suizidalität
Seminar: Borderline-Persönlichkeitsstörung
Wutke WS 2005-2006
Referentinnen: Vaya Emmanouil
Kathrin Neumeyer
1
Überblick
 Angst als Leitphänomen der Borderline-Symptomatik
 Was ist Angst?
 Die reduzierte Toleranz von Angst
 Die Inhalte der Ängste von Borderline-Patienten
 Die spezifische Abwehr der Angst
2
Angst als Leitphänomen der BorderlineSymtomatik
 Kernberg (1975) stellt generalisierte Ängste und Polyphobie an den
Beginn seiner Beschreibung der Borderline-Symptomatik
 Hoch und Polatik (1949) beschreiben eine Symptotrias von PanAngst, Pan-Neurose und Pan-Sexualität
 Leichsenring (1996) findet in einer Faktoranalyse generalisierte
Angst und Polyphobie als einen von vier Faktoren, die die
Symptomatik der Borderline-Patienten charakterisieren
3
Angst als Leitphänomen der BorderlineSymptomatik
 In DSM-IV werden Ängste als durchgehende Leitsymptomatik kaum
erwähnt
 Borderline-Syndrom wird in DSM-IV als Persönlichkeitsstörung
(Achse II) und nicht als Syndrom (Achse I: Generalisierte
Angststörung) konzipiert
 Angstzustände bei Borderline-Patienten sind eindeutig zeitlich
limitiert. Sonst wird eine Psychose diagnostiziert
4
Was ist Angst?
 Nach Baumbacher (1989) lässt sich Angst als die psychische Folge
des Erlebnisses beschreiben, sich in einer traumatischen Situation zu
befinden und ihr nicht entrinnen zu können
 Im Kontext der Psychoanalyse signalisieren Ängste eine im
Bewusstsein drohende Gefahr, eine existentielle Bedrohung des
Subjekts, und ihr adaptiver „Sinn“ liegt darin, Abwehrmechanismen
zu mobilisieren, um die Bedrohung abzuwenden (Freud 1926,1948)
5
Die reduzierte Toleranz von Angst
• Das Ich beinhaltet wichtige Abwehrmechanismen zur
Konfliktbewältigung
• Das Selbst bezieht sich auf Funktionen wie das Gefühl einer
Identität


Da die Stärke dieser Strukturen (Ich und Selbst) von der
Neurose über die Borderline-Störung bis hin zur Psychose
abnimmt, wird gleichzeitig auch die Toleranz gegenüber Angst
geringer.
Die Abwehr von Angst gelingt nur noch unzureichend oder
bedarf besonderen Aufwand
6
Die Inhalte der Ängste von
Borderline-Patienten
7
Die Inhalte der Ängste
Angst vor…
1.
Überwältigung durch konflikthafte Impulse und Vorstellungen
2.
struktureller Regression
3.
dem Alleinsein
4.
dem Selbstverlust
5.
einem phantasierten Verschlungen werden
8
Angst vor…
1. Überwältigung durch konflikthafte
Impulse & Vorstellungen
 Angst vor Kontrollverlust gegenüber
Phantasien, Bedürfnissen und Affekten, etwa
vor Befürchtungen von der eigenen Wut
überwältigt zu werden, eine bestimmte
Phantasie nicht mehr von der Realität
unterscheiden zu können
9
Angst vor…
2. struktureller Regression
 Masterson (1976) zeigte, wie sehr die Patienten an
einer Angst litten, den Stand ihrer Leistungen nicht
halten zu können.
 Das Erleben, dass dieser Status jederzeit einer
Regression zum Opfer fallen kann, prägt das
Erleben dieser Menschen. Diese „Brüchigkeit des
Ich“ haben sie schon häufig in psychosozialen
Krisen erlebt.
10
Angst vor…
3. dem Alleinsein
 unbewusste Gleichsetzung von Alleinsein und
Verlassensein
 Bowlby (1973b): Verlassenheitsängste des
Borderline-Patienten als Folge von traumatischen
Trennungserlebnissen in der Entwicklung
 Adler und Buie (1979): Objektkonstanz als
zentrales Problem
 Bezirganian, Cohen & Brook (1993) Studie:
Nur die Kombination von Mütterlicher „Inkonsistenz“
und „Überengagiertheit“ sagt die Entstehung einer
Borderline-Störung voraus, aber keines der beiden
Eigenschaften für sich allein
11
Angst vor…
4. Selbstverlust
 Folgen der Wünsche nach übergroßer Nähe
(Verschmelzungswünsche)
 Reduktion dieser Angst vor Selbstverlust erfolgt
durch Spaltungsvorgänge und abgrenzende Wut
 Leichsenring (1996) bezeichnet den
entsprechenden Faktor in seiner Faktoranalyse als
„Angst vor Nähe“
 Interpretieren der auffallenden Affektinstabilität
in den sozialen Beziehungen, als ein Versuch der
Regulierung von Nähe und Distanz
12
Angst vor…
5. Einem phantasierten
Verschlungenwerden
 Die Befürchtung verschlungen zu werden, in
seiner Existenz ausgelöscht zu werden
 Ist von einem stärkeren Realitätsverlust
betroffen, als die Angst vor Selbstverlust
13
Die spezifische
Abwehr der Angst
14
Die spezifische Abwehr der Angst
Nach Hoffman (2000) können komplexe Abwehrvorgänge nicht mit
scheinbaren einfachen Abwehrmechanismen beschrieben werden
 Spaltung etwa (z.B. von Objektrepräsentanzen oder von Affekten) lässt sich ohne Aufwand
als das Produkt eines komplexen Abwehrprozesses beschreiben, an dem Verdrängungen,
Verschiebungen, Isolierungen, Reaktionsbildungen und weitere Abwehrmechanismen
beteiligt sind.
Mechanismen zur Abwehr unerträglicher Angst
 Die Herstellung von Affektlosigkeit
 Die Herstellung von Anhedonie
 Die Ersetzung durch einen anderen Affekt
 Das Agieren
 Die Projektion
15
Herstellung der Affektlosigkeit
 Ein Zustand völliger Affektlosigkeit,
beschrieben als „Leeregefühl“, „innere
Leere“, „Gefühllosigkeit“ & „Taubheit“
 Gelingt es den Patienten, ihre Affekte
konstant zu unterdrücken, kommt es
zu einer umschriebenen Struktur des
Borderline-Spektrums, der schizoiden
Persönlichkeit.
16
Herstellung von Anhedonie
 Die unerträgliche Spannung von Affekten, das
Spiel von Hoffnung, Täuschung und
Enttäuschung kann durch eine depressive
Niederstimmung situativ oder chronisch
bewältigt werden
 Dieser Zustand wird aber schnell zur neuen
Belastung anstelle der Entlastung.
17
Die Ersetzung durch einen
anderen Affekt
 Affektverschiebung bzw. eine
Reaktionsbildung auf dem Affektniveau
 Der schwer aushaltbare Affekt wird durch
einen leichter erträglichen substituiert,
auch wenn dieser zu anderen Problemen
führt
 Wirkt nach außen launenhaft
 Dem Kliniker ist viel gedient, wenn er
davon ausgeht, dass ein Patient, der sich
ihm gegenüber „säbelrasselnd“ verhält
unerträgliche Angst abwehrt
18
Das Agieren
 Drogenkonsum, Selbstgefährdende
Handlungen (Risikoverhalten),
Selbstverletzungen (induzierte
Selbstschädigungen) und Verlust der
Impulskontrolle –insbesondere aggressiver
Impulse- einschließlich realer Schädigung
 Das Agieren kann einer Abwehrfunktion
entsprechen, aber es kann auch Ausdruck
einer nicht effizienten Kontrollmöglichkeit
(Strukturelle Ich-Schwäche) sein.
19
Die Projektion
 Bedeutet die erlebnishafte
unbewusste Zuschreibung eigener
Impulse an das soziale Gegenüber
 destruktive Einfluss auf die sozialen
Beziehungen und die
Realitätskontrolle
20
Symtomatologie bei
BorderlinePatienten
Angst
Suizidalität
21
Überblick
•
•
•
•
•
•
Begriffsbestimmung
Einschätzung der Suizidgefahr
Risikogruppen
Epidemiologie
Erklärungsmodell
Therapeutischen Aspekte
22
Begriffsbestimmung
• Suizidalität
• Suizid
• Suizidversuch
• Eng gefasst
• Weit gefasst
• Suizidale Geste
• Suizidgedanke/-idee
• Todeswunsch
23
Einschätzung der Suizidgefahr
• Suizidalität = besondere seelische
Befindlichkeit
• Erfordert viel Erfahrung und Wissen
• Spezielle Kenntnisse von
• Aktuellem psychischen Befund
• Der zugrunde liegenden psychischen Störung oder
Krankheit
• Kurz zurück liegenden Lebensereignissen und
Lebensproblemen im Sinne unbewältigter Krisen
• Übertragungs- und
Gegenübertragungsphänomenen
24
Risikogruppen
•
•
•
•
•
•
•
Depressive aller Art
Schizophrene
Süchtige
Alte und Vereinsamte
Personen mit Suizidversuch in der Anamnese
Personen, die einen Suizidversuch ankündigen
Borderline-Persönlichkeitsgestörte
25
Epidemiologie der Suizidalität bei
Borderline-Patientem
• 100% mind. einmal suizidale Befindlichkeit
• 1998: in einer Aufnahmepopulation weiblicher
Borderline-Patienten wurden
• 44,1% als suizidal eingeschätzt
• 11,7% weisen selbstverletzendes Verhalten auf
• Suizidrate:
» (Jerschke, Meinert et al.)
• 5 – 10%
• Suizidversuche:
• 22% (reine Borderliner)
• 49% (mit Komorbidität)
• 100% (Borderline und Depression)
• Geschlechtsverteilung
• Suizidversuche: Frauen>Männer
• Suizide: Frauen<Männer
26
Welche Borderline-Patienten sind
besonders gefährdet?
• bei 100% der depressiven Borderline-Patienten
• Signifikanten Zusammenhang zwischen
frühkindlichem sexuellem Missbrauch und
erhöhter Anzahl an Suizidversuchen
» (Brodsky, Malone et al., 1997)
• Suizide bei
• Borderline-Patienten ohne Komorbidität in 4,5%
• Borderline und narzisstische PS in 15%
• Borderline und narzisstische PS und antisoziale PS in 18%
• Borderline und antisoziale PS in 20%
der Fälle
» (Stone,1989,1996)
27
Kind´s Erklärungsmodell
Frühe Gruppe
• Präpsychotisches Niveau
Fusionäre
Suizidalität
Antifusionäre
Suizidalität
(1992, 1998)
Späte Gruppe
• Mittleres Borderline-Niveau
Manipulative
Suizidalität
Resignative
Suizidalität
28
Fusionäre Suizidalität
• Vorliegen einer ausgeprägten Regression
mit der Phantasie der Verschmelzung mit
einem Objekt (meist der Mutter)
• Omnipotente Phantasie = Paradies,
nachdem sich der Borderline-Patient sehnt
• Dieser idealisierte Zustand wurde als Kind
erlebt
• Tod nicht kein definitives Ende, sondern
die Tür zu einer besseren Welt
29
Kind´s Erklärungsmodell
Frühe Gruppe
• Präpsychotisches Niveau
Fusionäre
Suizidalität
Antifusionäre
Suizidalität
(1992, 1998)
Späte Gruppe
• Mittleres Borderline-Niveau
Manipulative
Suizidalität
Resignative
Suizidalität
30
Antifusionäre Suizidalität
• Richten die der Abgrenzung dienenden
aggressiven Verhaltensweisen gegen sich
selbst
• Bewusste Suche nach suizidgefährdenden
Situationen, um sich wieder „zu spüren“
• Suizidalität bildet innere Gegenwehr gegen
die von außen bedrohlich anwachsenden
Autonomiebeschränkungen im Sinne des
Übergriffs auf das Selbst des Patienten
31
Kind´s Erklärungsmodell
Frühe Gruppe
• Präpsychotisches Niveau
Fusionäre
Suizidalität
Antifusionäre
Suizidalität
(1992, 1998)
Späte Gruppe
• Mittleres Borderline-Niveau
Manipulative
Suizidalität
Resignative
Suizidalität
32
Manipulative Suizidalität
• Bezieht sich auf ein konkretes Objekt
• Dient der
• Objektsicherung (Abwehr der Angst vor
Objektverlust)
• der Objektänderung (Abwehr der Angst vor
Ablehnung)
• der Affektentladung (Abwehr der Angst vor
Affektüberflutung)
33
Kind´s Erklärungsmodell
Frühe Gruppe
• Präpsychotisches Niveau
Fusionäre
Suizidalität
Antifusaionäre
Suizidalität
(1992, 1998)
Späte Gruppe
• Mittleres Borderline-Niveau
Manipulative
Suizidalität
Resignative
Suizidalität
34
Resignative Suizidalität
• Kann eine Folge des Scheiterns der
manipulativen Suizidalität sein
• oder sie stellt sich von vornherein
objektabgewandt dar, d.h. der Patient
geht in der Gegenübertragung des
Therapeuten „verloren“
35
Therapeutische Aspekte
• Häufig im stationären Setting
• Therapieziel: dem Patienten möglichst große
Eigenverantwortung für die Therapie und deren
Aufrechterhaltung geben (Behandlungsvertrag)
• Therapie geeignet für eine projezierte objektale
Auseinandersetzung mit sich selbst
• Therapeut richtet besonderes Augenmerk auf
Trennungs- und Verlustsituationen
• Therapeut darf im Übertragungsgeschehen nicht in eine
maligne Gegenübertragungsreaktion (Selbstaufopferung
bzw. Gegenübertragungshass) rutschen
36
Literaturangabe
 Hoffman, S.O. (2000) Angst- ein zentrales Thema
in der Psychodynamik und Symptomatologie des
Borderline. Patienten. In: Kernberg, O.F., Dulz, B.
& Sachse, U. (Hrsg) Handbuch der BorderlineStörungen
 Götze, P. (2000) Suizidalität der BorderlinePatienten. In: Kernberg, O.F., Dulz, B. & Sachse, U.
(Hrsg.) Handbuch der Borderline-Störungen.
Schattauer, Stuttgart. S.281-292
37
VIELEN DANK FÜR EURE
AUFMERKSAMKEIT!
38
Herunterladen