Seminaren 5

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Neuropsych. sem. 5.
PTE ÁOK Pszichiátriai Klinika
Neuropsychologischer Störungen I
Neuropsychologische Störungen sind keine sekundären Erscheinungen bei der
Schizophrenie, sondern gehören zum Kern der Erkrankung. Es gibt jedoch
erhebliche interindividuelle Unterschiede. Nur bei einem Teil der Patienten
finden sich schwere neuropsychologische Defizite. Ein anderer Teil der
Patienten ist weitgehend unauffällig. Je nach untersuchter kognitiver
Funktion scheinen 60-80% der Patienten betroffen zu sein.
Die interindividuelle Unterschiede mögen auch ein Schlüssel zum Verständnis
der symptomatischen Heterogenität schizophrener Patienten bzw. der
schizophrenen Subtypen darstellen und könnten einen Hinweis auf
psychopathologische Mechanismen geben. Die neuropsychologischen
Störungen scheinen in einem engen Zusammenhang mit der sozialen
Desintegration und den beruflichen Misserfolgen schizophrener Patienten zu
stehen und verdienen auch deshalb besondere Beachtung.
Es ist wahrscheinlich, dass sich die genetische Mitverursachung der
Schizophrenie über die neuropsychologischen Defizite vermittelt, die
Neuropsychologie also Bindeglied zwischen molekularer Ebene und
Symptom ist. Die neuropsychologische Defizite scheinen also relativ
spezifisch das genetische Risiko einer Schizophrenie anzuzeigen
Neuropsychologischer Störungen II
Es gibt großen Konsens, dass die Aufmerksamkeit, das Gedächtnis und die
Exekutivfunktionen bei der Schizophrenie am stärksten betroffen sind. Die
Wahrnehmung und die Sprache wirken hingegen eher unauffällig
Eine umfangreiche Metaanalyse von Heinrichs und Zakzanis (1998):
das verbale Gedächtnis, die Handlungsintelligenz und die
Daueraufmerksamkeit war besonders betroffen, zählte überraschend aber auch
eine eingeschränkte Wortflüssigkeit zu den besonderen Defiziten Das
nonverbale Gedächtnis und die Leistung im »Wisconsin Card Sorting Test«
(WCST), erschienen weit weniger beeinträchtigt. Ingesamt wirkten die
einzelnen Funktionsbereiche jedoch eher gleichmäßig betroffen, sodass eher
von einem generellen neuropsychologischem Defizit mit Akzentuierungen in
bestimmten Funktionsbereichen auszugehen ist als von mehreren isolierten
Problemen.
Eine wichtige Frage zur Bedeutung neuropsychologischer Defizite ist die nach
ihrer Stabilität oder Progredienz im Verlauf der schizophrenen Erkrankung.
Wurde für eine gewisse Zeit das Konzept einer statischen Enzephalopathie
favorisiert, mehren sich in letzter Zeit Hinweise, die auf ein Fortschreiten der
neuropsychologischen Defizitbildung hinweisen
Jedoch blieb auch diese Sicht nicht unwidersprochen, da wiederholt ganz
ähnliche Defizitstärken bei ersterkrankten und chronischen Patienten
beobachtet wurden und deutliche Zusammenhänge mit der Erkrankungsdauer
meist fehlten.
Aufmerksamkeitsstörungen I
Aufmerksamkeitsstörungen wurden schon von Kräpelin und Bleuler als
zentrale Probleme der Schizophrenie eingestuft und somit schon lange
beachtet. Trotz der frühen Beachtung ist die genaue Natur der
Aufmerksamkeitsstörungen immer noch nicht geklärt. Schizophrene
scheinen in den verschiedensten Aspekten der Aufmerksamkeit wie
Daueraufmerksamkeit, geteilte Aufmerksamkeit sowie
Aufmerksamkeitsspanne und auch bereits auf den ganz frühen Stufen
der Informationsverarbeitung gestört zu sein.
Insbesondere die Störung der Daueraufmerksamkeit gemessen mit dem
»Continuous Peformance Test« (CPT) ist mittlerweile ein klassischer
Befund in der Schizophrenieforschung, dem auch eine große
Bedeutung als potenzieller genetischer Vulnerabilitätsmarker
eingeräumt wird. Hiermit waren CPT-Ergebnisse als kognitive
Risikofaktoren der Schizophrenie etabliert.
Ähnliches gilt für den »Span of Apprehension Test« (SOA oder SAT), der
die Aufmerksamkeitsspanne, also die Anzahl der in einem kurzen
Zeitintervall verarbeitbaren Wahrnehmungselemente misst. Auch in
diesem Test erwiesen sich sowohl Patienten als auch Angehörige
ersten Grades betroffen, wenn auch ohne Manifestation einer
Psychose in nur abgeschwächter Form.
Die breite Störung von Aufmerksamkeitsfunktionen wird durch eine
Untersuchung von Lussier und Stip (2001) gut belegt, in der Maße der
phasischen Alertness, der Daueraufmerksamkeit, der selektiven
Aufmerksamkeit und des Arbeitsgedächtnisses erhoben wurden.
Aufmerksamkeitsstörungen II
Für den Stroop-Test werden hingegen recht uneinheitliche Ergebnisse
berichtet. Eine gestörte Testleistung wurde bei ersterkrankten und
chronischen Patienten sowie speziell bei Patienten mit deutlicher
Positivsymptomatik und desorganisiertem Verhalten beobachtet.
Diesen Berichten stehen jedoch eine Reihe von erfolglosen Replikationsversuchen gegenüber
Zu bedenken ist, dass ein Teil der schizophrenen Patienten, insbesondere
Patienten ohne Negativsymptomatik, keine substanziellen
Aufmerksamkeitsstörungen zeigen. Auch die Negativsymptomatik
erwies sich nicht immer eindeutig mit Aufmerksamkeitsstörungen
Moser et al. (2001) konnten zeigen, dass ein Teil der
Aufmerksamkeitsprobleme (Störungen des Aufmerksamkeitsshiftings
und der Vigilanz) eng mit der Depressivität der schizophrenen
Patienten zusammenhing, ein anderer Teil (Störungen von der
phasischen Alertness und der geteilten Aufmerksamkeit) hingegen
nicht. Es wäre folglich denkbar, dass zu den genuin schizophrenen
Störungen der Aufmerksamkeit noch andere z.B. mit der Depression
und den Angststörungen assoziierte dazukommen können
Neuroleptika scheinen die Aufmerksamkeitsleistungen wenig zu
beeinflussen. Für die atypischen Neuroleptika wie Risperidon werden
sogar überwiegend positive Effekte berichtet.
Gedächtnisstörungen I
Im Vergleich zu depressiven Patienten erwiesen sich schizophrene Patienten
hingegen als deutlich stärker gedächtnisgestört
Die Gedächtnisstörungen erscheinen häufig beim Wiedererinnern stärker als
beim Wiedererkennen, was die Hypothese einer Abrufstörung begründete
Für Störungen auf anderen Stufen der Gedächtnisbildung - so beim
Einprägen und Speichern - sprechen jedoch auch eine Reihe von Befunden,
sodass hier noch sehr kontrovers diskutiert wird. Allein das unmittelbare
Behalten (Merkspanne) zeigte sich relativ konsistent nur wenig
beeinträchtigt
Die Vermutung einer stärkeren Beeinträchtigung linkshemisphärischer verbaler
Gedächtnisleistungen im Vergleich zu rechtshemisphärischen nonverbalen
ließ sich - trotz vorhandener Tendenzen - nicht eindeutig bestätigen.
Die Tendenz einer stärkeren Beeinträchtigung des verbalen Gedächtnisses:
in einer Studie von Wexler et al. (1998) ließ sich ein hochselektives Defizit
des verbalen Gedächtnisses nachweisen; das Verbalgedächtnis könnte
entweder selektiv oder als Teil einer globalen Gedächtnisstörung - immer
beeinträchtigt sein, während andere Gedächtnisformen jeweils nur bei
einem Teil der Patienten betroffen sind.
Der Vergleich expliziter und impliziter Gedächtnisleistungen: im Einklang mit
früheren Arbeiten zeigte sich eine Störung expliziter Gedächtnisleistungen
bei weitgehend erhaltenem impliziten Gedächtnis.
Gedächtnisstörungen II
Selbst bei Berücksichtigung von Aufmerksamkeitsstörungen sind die
Gedächtnisstörungen immer noch so bemerkenswert, dass es sich
offenbar nicht um ein sekundäres Problem gestörter Aufmerksamkeit
zu handeln scheint.
Brebion et al. (1998) folgerten, dass bei der Schizophrenie die kognitiven
Prozesse insgesamt durch eine Verlangsamung betroffen werden, was
die teilweise wenig differenziellen neuropsychologischen Profile der
Schizophrenie erklären könnte.
Unter den vielen Moderatorvariablen zeigte bislang die
Negativsymptomik den stärksten -wenn auch nicht immer signifikanten
- Zusammenhang mit der schizophrenen Gedächtnisstörung, während
sich die Medikation, die Erkrankungsdauer und die Stärke der
psychotischen Symptomatik als wenig relevant erwiesen.
Viel erklärungsträchtiger erwies sich das Ausmaß an Depressivität.
Moser et al. (2001) konnten die Bedeutsamkeit der Depressivität für die
Gedächtnisstörungen jüngst untermauern. In einer vergleichenden
Korrelationsanalyse erwiesen sich Negativsymptomatik und
Depressivität jedoch fast gleichermaßen als bedeutsame Einflüsse auf
die Gedächtnisleistungen, jeweils jedoch auf unterschiedliche Aspekte.
Störungen der Exekutivfunktionen I
Bei schizophrenen Patienten fällt immer wieder auf, dass ihnen abstrakte
Problemstellungen besondere Schwierigkeiten bereiten.
Der Verdacht auf Störungen der Exekutivfunktionen ergab sich auch aus
klinischen Ähnlichkeiten zwischen schizophrenen Patienten und Patienten mit
Schädigungen der Frontallappen. Eine präferenzielle Schädigung der
Frontallappen wird ebenfalls durch eine Reihe von funktionellen und
strukturellen neuroradiologischen Befunden nahegelegt, die eine präfrontale
Minderaktivierung (Hypofrontalismus) sowie verminderte Kortexvolumina und dicken in dieser Region demonstrierten Allerdings zeigte sich mittlerweile,
dass die Störungen der Exekutivfunktionen bei schizophrenen Patienten in
einigen Funktionsaspekten doch nicht genau mit denen von Patienten mit
Frontallappenschädigungen übereinstimmen
Die Prävalenz von Störungen der Exekutivfunktionen gilt mit ca. 90% als
besonders ausgeprägt Sie treten offenbar früh auf und bleiben im Verlauf der
Erkrankung erhalten. Man vermutet besonders starke Zusammenhänge
zwischen den Teilfunktionen, die speziell mit der Handlungsplanung und initiierung zu tun haben, und der Negativsymptomatik und zwischen denen, die
der Handlungsüberwachung und -kontrolle dienen, und dem desorganisierten
Verhalten. Mangelnde Krankheitseinsicht und in Folge schlechte Compliance
gelten als weitere Folgen beeinträchtigter Exekutivfunktionen.
Die Ergebnisse in Tests der Exekutivfunktionen konnten schon mehrfach
erfolgreich zur Prognose der sozialen und beruflichen Funktionsfähigkeit und
der Möglichkeit zu unabhängigen Lebensführung genutzt werden.
Störungen der Exekutivfunktionen II
Besonders bekannt geworden sind in diesem Zusammenhang
Untersuchungen mit dem WCST, in dem schizophrene Patienten meist
weniger Kategorien vervollständigen und mehr perseverative Fehler
machen. Allerdings zeigte sich mittlerweile in einer Vielzahl von
Untersuchungen, dass die Probleme mit dem WCST nicht zu den
größten neuropsychologischen bei schizophrenen Patienten gehören.
Einschränkend; der Test beinhaltet eine Vielzahl von unterschiedlichen
neuropsychologischen Funktionen und daher neben den Störungen
der Exekutivfunktionen im engeren Sinne auch Gedächtnisprobleme
oder ganz allgemeine kognitiven Defizite widerspiegelt.
Ergebnisse von Hutton et al. (1998) lassen erwarten, dass die Art der
Einschränkung der Exekutivfunktionen abhängig vom
Krankheitsstadium ist. Dies könnte bedeuten, dass Störungen der
Exekutivfunktionen zwar schon früh im Krankheitsverlauf auftreten.
Passend zu diesen Überlegungen gilt als gesichert, dass schizophrene
Patienten letztlich in fast allen Formen von Exekutivfunktionen Defizite
aufweisen. Probleme treten auf bei antizipatorischem Planen und beim
Zielsetzen, Inhibieren von Reaktionen auf besonders starke Reize,
Fehlerkorrektur nach Rückmeldung, Initiierung von Handlungen,
Konzeptbildung und -anpassung, der Hauptdomäne des WCST.
Ursachen der neuropsychologischen Defizite I
Neuronale Entwicklungsstörung.
Eine frühe Störung der neuronalen Entwicklung wird vermutet, die bereits
intrauterin oder perinatal erworben wird und lange Zeit klinisch stumm bleibt.
Hierfür sprechen neben charakteristischen Veränderungen der kortikalen
Zytoarchitektur,das Fehlen von migrationsanstoßenden und -steuernden
Proteinen, die für frühe Migrationsstörungen der Neurone sprechen, das schon
subklinische Auftreten vereinzelter schizophrener Symptome in der Kindheit
und Jugend, die schlechtere Psychomotorik späterer Patienten, die besonders
bei der Koordination von Bewegungen auftritt, und weitere neurologische »soft
signs« sowie das häufige Auftreten neuropsychologischer Defizite vor dem
Ausbruch der manifesten Psychose.
Eine abnorme Entwicklung des kindlichen und jugendlichen Gehirnes bei der
Schizophrenie, die zudem eine abnorme Synaptogenese und ein
fehlgesteuertes synaptisches »pruning« beinhalten sollen.
Für diese Entwicklung scheinen intrauterine und frühkindliche Schädigungen
mitverantwortlich zu sein, wobei offenbar nur genetisch vulnerable Individuen
unter solchen frühen Traumen schizophrene Störungen entwickeln können. Als
schädigende Einflüsse werden perinatale Komplikationen (Hypoxien),
pränatale Virusinfektionen und Fehlernährung der Mutter während der
Schwangerschaft diskutiert.
Die Vermutung einer progredienten Neurodegeneration bei Ausbruch der
Erkrankung, die teilweise die Konzeption Kräpelins von der Dementia präcox
wiederaufgreift, ist immer noch eine heiß diskutierte Hypothese.
Atypische Hemisphärenasymmetrien I
Für eine Reihe von Verhaltensauffälligkeiten wurden atypische
Hemisphärenasymmetrien als Ursache diskutiert, zB. verzögerte
Sprachentwicklung, Legasthenie und Stottern.
Die volumetrische Links > rechts-Asymmetrie des Planum temporale wird
als typische bzw. normgerechte Asymmetrie bezeichnet. Alle davon
abweichenden Asymmetrien (reduzierte Links > rechts-Asymmetrie,
Rechts > links-Asymmetrie) oder Symmetrie (links = rechts) werden
demzufolge als atypisch bezeichnet. Die Vermutung, dass für die oben
genannten Sprach- und Sprechstörungen atypische kortikale
Dominanzverhältnisse vorliegen würden, wird dadurch genährt, dass
bei diesen Störungen gehäuft Linkshändigkeit oder andere atypische
funktionale Asymmetrien festgestellt werden.
In neuerer Zeit werden auch unklare kortikale Dominanzverhältnisse mit
psychiatrischen Störungen wie Schizophrenie, endogene Depression,
Aufmerksamkeits-/Hyperaktivitätsstörungen, Gilles de la Tourette
Syndrom und Zwangsstörungen in Verbindung gebracht.
Der größte Teil der bislang zu diesem Thema publizierten Arbeiten bezieht
sich auf atypische Asymmetrien in perisylvischen und temporalen
Hirnbereichen. Es werden allerdings auch atypische Asymmetrien für
den Frontalkortex, den Hippocampus, die Amygdala, den Ncl.
caudatus, das Putamen und den Globus pallidus berichtet.
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Atypische Hemisphärenasymmetrien II
Obwohl für einige psychiatrische und neurologische
Erkrankungen atypische anatomische Asymmetrien
festgestellt werden konnten, ist derzeit noch offen, ob
diese Auffälligkeiten Ursache oder Folge der Erkrankungen
sind.
Am häufigsten scheinen atypische anatomische
Asymmetrien bei Schizophrenen und bei Personen mit
Lese-Rechtschreib-Schwächen vorzuliegen. Diese
atypischen anatomischen Asymmetrien sind vor allem in
perisylvischen Hirnbereichen (Planum temporale,
Sylvische Fissur, Gyrus temporalis superior,
Temporallappen, Seitenventrikel) festgestellt worden.
Es ist unwahrscheinlich, dass atypische anatomische
Asymmetrien alleinige Ursache dieser Erkrankungen sind.
Vorstellbar ist, dass diese anatomischen Auffälligkeiten mit
anderen Faktoren interagieren (neuro-physiologische oder
soziale), um zu Verhaltensstörungen zufüren
Ursachen der neuropsychologischen Defizite II
Ventrikelvergrößerungen (Seitenventrikel, 3. Ventrikel) und Vergrößerungen der Sulci sowie
kortikale Volumenminderungen werden schon lange als Strukturmerkmale schizophrener
Gehirne genannt.
Areale mit weitgehend gesicherten Volumenreduktionen sind:
Temporallappen (auch Ort der akustischen und Sprachwahrnehmung) zumindest medial in
der Hippokampus-Formation (auch Ort der Gedächtnisbildung),
Frontallappen (auch Ort der Handlungsplanung und -kontrolle, Motivation, des abstrakten
Denkens, der Aufmerksamkeit und von sozialen Fertigkeiten) insbesondere in
dorsolateralen Arealen (auch Ort des Arbeitsgedächtnisses) und
Thalamus zumindest in gewissen Kernen (Relaisstation für die subkortiko-kortikale und
kortiko-kortikale Kommunikation).
Das Kleinhirn, das nicht nur motorische Funktionen hat, sondern zudem die gesamte
Informationsverarbeitung zeitlich zu integrieren und ggf. zu korrigieren scheint, könnte
nach einigen neuen Befunden auch zu den betroffenen Gebieten gehören.
Es wurde immer wieder vermutet, dass die hirnstrukturellen Veränderungen, die immer nur
bei einem Teil der Patienten auftreten, speziell mit der Minussymptomatik und den nicht
reversiblen neuropsychologischen Defiziten zusammenhängen.
Mittlerweile werden spezifischere Korrelationen postuliert, so etwa zwischen positiven
Symptomen wie konzeptioneller Desorganisiertheit, ungewöhnlichen Denkinhalten,
Misstrauen, Halluzinationen und reduziertem Amygdala-Hippokampus-Komplex,
Halluzinationen, Wahnvorstellungen sowie Denkstörungen und reduziertem lateralem
Temporallappen und Minussymptomatik und reduziertem Frontallappen
Konsistentester und ältester Befund ist der sog. Hypofrontalismus, also eine
Unteraktivierung frontaler Strukturen, speziell des dorsolateralen Präfrontalkortex in
Ruhe und besonders unter frontal stimulierenden kognitiven Anforderungen, der bei
Patienten mit Minus Symptomatik besonders ausgeprägt ist. Über- und
Unteraktivierungen wurden zudem beobachtet in den motorischen Arealen des
Frontalkortex (Broca-Gebiet), dem primären Hörkortex und dem Wernicke-Areal sowie
dem anterioren Teil des Gyrus cinguli bei halluzinierenden Patienten
Psychopathologie und Bildgebung.
Eine interessante Zuordnung zwischen Befunden in der PET und
Besonderheiten der schizophrenen Psychopathologie wurde von
Liddle et al. (1992) aufgestellt in der die Bedeutung der Basalganglien
akzentuiert und die Modellvorstellung einer Störung frontostriataler
Funktionskreise zugrunde gelegt werden.
Das Problem scheint aber nicht nur eine Unter- und Überaktivierung
bestimmter zerebraler Module, sondern die mangelhafte Abstimmung
der Aktivierung der verschiedenen Module untereinander, also eine Art
von funktioneller Dyskonnektion zu sein.
Dolan et al. (1999) beschreiben eine Reihe von Studien, die funktionelle
Dyskonnektionen in frontotemporalen und frontoparietalen Netzwerken
vermuten lassen und pathologische Muster kortikaler Aktivierungen
und Deaktivierungen bei schizophrenen Patienten zeigen. Als zentrale
Integrationsstruktur wird der anteriore Gyrus cinguli vermutet, der bei
schizophrenen Patienten unteraktiviert ist.
Hier kommt nun die dopaminerge Neurotransmission als
pathophysiologischer Faktor ins Spiel, die einen modulatorischen
Einfluss auf diese limbische Struktur hat. Von der bei der
Schizophrenie vermuteten Überaktivität des D2-Rezeptorsystems und
der Unteraktivität des D1-Rezeptorsystems ist letztere vermutlich der
kritische Faktor für die mangelhafte Funktionalität des anterioren
Gyrus cinguli im Sinne einer fehlender Integration der Aktivierung
verschiedener kortikaler und subkortikaler Areale.
Einfluss von Psychopharmaka
Die neuropsychologischen Defizite sind keinesfalls Konsequenzen der
neuroleptischen Behandlung. Die klassischen Neuroleptika scheinen jedoch
auch wenig therapeutische Wirkung auf die neuropsychologischen Defizite der
Schizophrenie hervorzurufen. Mittlerweile häufen sich Befunde, dass die
Behandlung mit atypischen Neuroleptika die kognitive Störungen im Vergleich
zu klassischen Neuroleptika besser beheben hilft. Vergleichende Aussagen
über eine Überlegenheit der einzelnen atypischen Neuroleptika untereinander
bzgl. ihrer Wirkung auf kognitive Funktionen sind im Moment noch kaum
möglich. Des Weiteren muss berücksichtigt werden, dass auch atypische
Neuroleptika die neuropsychologischen Funktionen bei weitem nicht
normalisieren, sondern bestenfalls den Unterschied zu Gesunden auf drei
Viertel bis zu zwei Dritteln reduzieren.
Eine Metaanalyse von Keefe et al. (1999) bestätigt die Überlegenheit der
atypischen über die konventionellen Neuroleptika. Relativ am stärksten
veränderten sich; Wortflüssigkeit,Zahl-Symbol-Ersetzung, Feinmotorik und
Exekutivfunktionen.
Während Aufmerksamkeitsleistungen auch noch relativ günstigere
Änderungen erkennen ließen, waren die Lern- und Gedächtnisleistungen mit
atypischen Neuroleptika nicht stärker zu beeinflussen als mit konventionellen.
Green (2002) verwies darauf, dass die günstigeren Wirkungen der atypischen
Neuroleptika nicht allein auf ihrer geringeren Potenz in der Auslösung
extrapyramidaler Symptomatik basieren. In einem Vergleich konnte jüngst
gezeigt werden dass die Überlegenheit des atypischen Neuroleptikums in der
Normalisierung neuropsychologischer Defizite von deutlichen Effekten auf die
Minussymptomatik und die schizophrene Depression begleitet war.
Prognostik des Krankheitsverlaufs und der Rehabilitation
Neuropsychologische Defizite gelten als die besten Prädiktoren für die psychosoziale und
berufliche Rehabilitation, viel besser als die psychotischen Akutsymptome.
Nach einer Metaanalyse von Green (1998) stellt das verbale Gedächtnis einen besonders
potenten Prädiktor dar, der den Erfolg in Gemeinschaften sowie bei Alltagsaktivitäten,
das soziale Problemlöseverhalten und das Lernen von sozialen Fertigkeiten gut
vorhersagen lässt.
Das Gedächtnis scheint ebenfalls besonders relevant zu sein, wenn es um die Vorhersage
der Wirkung psychotherapeutischer und psychosozialer Interventionen geht. Therapien
mit hohen Ansprüchen an die Leistung des expliziten (deklarativen) Gedächtnisses wie
einsichtsorientierte Psychotherapien können aufgrund von Gedächtnisstörungen
geradezu zum Scheitern verurteilt sein
Jedoch erwiesen sich auch die Exekutivfunktionen und die Vigilanz (Daueraufmerksamkeit)
als prädiktiv geeignet). WCST-Ergebnisse konnten genutzt werden, um die soziale und
berufliche Funktionsfähigkeit und das Ausmaß notwendiger Betreuung vorherzusagen.
Interessanterweise korrelierten in einer Studie von Lysaker et al. (1998) die WCSTErgebnisse besonders stark mit der Krankheitseinsicht, die ihrerseits mit der
Medikamentencompliance, dem Therapieerfolg und der psychosozialen Funktionalität in
Zusammenhang steht. Es ist daher denkbar, dass die Exekutivfunktionen sowohl direkt
als auch indirekt die soziale und berufliche Funktionstüchtigkeit bedingen.
Nach Green (1998) ist speziell die Daueraufmerksamkeit (Vigilanz) ein guter Prädiktor für
das zu erwartende soziale Problemlöseverhalten. Die bekannten Aufmerksamkeitsmaße
CPT und SOA (oder SAT) erwiesen sich zudem als gut geeignet, bei schizophrenen
Patienten während der Akutepisode das verbleibende Ausmaß an Negativsymptomen
kurzfristig (nach drei Monaten) vorherzusagen. Die Positivsymptomatik ist hingegen
selten neuropsychologisch zu prognostizieren.
Neuropsychologische Therapie I
Die Behandelbarkeit der kognitiven Defizite schizophrener Patienten
durch neuropsychologische Therapien wird eher skeptisch gesehen,
kann aber noch nicht abschließend bewertet werden Die bislang
demonstrierten Effekte beließen die Patienten meist immer noch auf
einem eingeschränkten Funktionsniveau und generalisierten oft nicht
weit über die trainierte Funktion hinaus. Außerdem fehlen meist
Katamnesen mit längeren Erhebungszeiträumen, die die Stabilität der
Therapieeffekte bemessen lassen.
Möglich ist, dass die bescheidenen Therapieerfolge zu verbessern wären,
wenn breit angelegte Therapien mehrerer Funktionen und nicht hoch
spezifische Behandlungsformen zur Funktionsrestitution zum Einsatz
kämen. Letztere sind häufig mit nicht immer überzeugendem Erfolg
zum Nachweis der spezifischen Trainierbarkeit der Aufmerksamkeit
und des Gedächtnisses eingesetzt worden.
Umfassendere, aber nicht mehr neuropsychologisch begründete
Therapieprogramme wurden z. B. von Brenner und Roder mit dem
»Integrierten Psychologischen Trainingsprogramm« (IPT) entwickelt,
die das Training von basalen kognitiven Fähigkeiten, von
Problemlösung, kommunikativen Fertigkeiten und sozialen
Kompetenzen umfassen. Die insgesamt positiven Therapieergebnisse
des IPT ließen jedoch bislang nicht den Schluss zu, dass die Therapie
der basalen kognitiven Fertigkeiten die Voraussetzung für die
Normalisierung komplexer Funktionen wie der sozialen ist
Neuropsychologische Therapie II
Eine interessante Perspektive auf die Trainierbarkeit kognitiver
Leistungen lieferte jüngst eine Untersuchung von Perry et al. (2001).
Ihnen gelang der Nachweis, dass allein die Aufforderung zur
Selbstverbalisierung und damit zum Selbstmonitoring die Leistung im
WCST deutlich verbessert. Denkbar scheint, dass durch eine solche
einfache Intervention, die Aufmerksamkeit besser fbkussiert, das
Arbeitsgedächtnis aktiviert, die Entwicklung von Handlungsstrategien
initiiert und das Testen sowie das Verwerfen von Hypothesen
stabilisiert werden können.
Bei der Beurteilung der Wirksamkeit neuropsychologischer Therapien
muss vielleicht auch stärker die Krankheitsphase, in der die Therapie
stattfindet, berücksichtigt werden, da es sich gezeigt hat, dass manche
Defizite relativ stabil und unabhängig von der schizophrenen
Symptomatik sind, andere aber deutlich mit dem Kommen und Gehen
schizophrener Symptome assoziiert sind. Unter dieser Perspektive
muss man auch die Kombinierbarkeit der neuropsychologischen
Therapien mit Antipsychotika diskutieren, wobei v. a. die Kombination
mit atypischen Neuroleptika gute Effekte verspricht.
Die neuropsychologischen Defizite generell zu den am schwierigsten zu
behebenden Störungen der Schizophrenie gehören. Diese
Einschätzung gilt sowohl für die neuropsychologischen wie auch für
andere psycho- und pharmakotherapeutische Behandlungsverfahren.
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