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Weltentwicklungspolitik.
Die Utopie von der Einen
Weltdemokratie
mit
Dr. Christoph Zöpel
Staatsminister a. D.
Einführung von Prof. Dr. U. Holtz, 28. Mai 2009
www.uni-bonn.de/~uholtz > Semesterapparat > Infos für die Vorlesungsteilnehmenden
Vorlesung „Aktuelle Probleme der Entwicklungspolitik“ SoSe 2009 Prof. Dr. Uwe Holtz/Prof. Dr. Hartmut Ihne
Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie
2008 erschien dazu sein Buch „Politik mit
neun Milliarden Menschen in Einer
Weltgesellschaft“
.
Vorwärts Buch, Berlin 2008. 635 Seiten. ISBN 978-3-86602-984-2. 29,80 EUR
Rezensiert von U. Holtz in: Süddeutsche Zeitung, 26.1.09, S. 16
(unter dem Titel „Vision einer Weltgesellschaft. Die
Globalisierung darf nicht nur eine ökonomische sein“)
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Vorlesung „Aktuelle Probleme der Entwicklungspolitik“ SoSe 2009 Prof. Dr. Uwe Holtz/Prof. Dr. Hartmut Ihne
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www.christoph-zoepel.de
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Dr. Zöpel vermisst zweierlei:
1. Weltentwicklungspolitik
2. Weltdemokratie mit einem
demokratisch gewählten
Weltparlament
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Weltentwicklungspolitik
• „Weltentwicklungspolitik hat eine universale
Zielvorgabe: Gutes Leben. In zeitlicher, also in der
Entwicklungsdimension bedeutet das Besseres
Leben.“ (S. 591)
• Diese Wertorientierung muss in allen Regionen und
Staaten der Welt gelten.
> integrierte Weltentwicklungspolitik
• Dafür mag es auch andere Begriffe geben (wie
„Globale Strukturpolitik“ – Heidemarie Wieczorek
Zeul; „Globale Zusammenarbeit“ – Franz Nuscheler)
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Politisches Denken und Handeln in der
„Weltgesellschaft“ (bereits Realität) hat sich an vier
globalpolitischen Maximen zu orientieren (S. 26):
1.
2.
3.
4.
der ewigen Aufgabe der Friedenssicherung
dem Recht auf Menschliche Sicherheit
dem Gebot der Nachhaltigkeit
an dem institutionellen Erfordernis von Demokratie
Globale Politikfelder in den Bereichen Umwelt,
wirtschaftliche Entwicklung und soziale Integration,
Rohstoffe und Energie, Währung und Finanzen sind
zu einer „integrierten Weltentwicklungspolitik“
fortzuschreiben
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Eine Weltdemokratie:
„Keine Utopie, sondern mögliche Realität“ (S. 607)
• Dr. Zöpel beklagt Demokratievergessenheit,
Antiparlamentarismus und Parteienkritik, zu denen
auch Global Governance-Ideologien beitrügen.
• Dem nicht mehr demokratisch kontrollierten
Handeln will er mit einem demokratischen
politischen System der Weltgesellschaft Grenzen
setzen.
• Es soll auf universalen Menschenrechten beruhen,
die den Grundrechtsteil einer „Globalverfassung“
bilden, und sich an den Zielen gesellschaftlicher
Nachhaltigkeit orientieren. Sein Strukturprinzip ist
die Gewaltenteilung, primär föderal, aber auch nach
Montesquieu.
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• Eine globale Demokratie braucht Initiativen für
globalen Parlamentarismus.
• Bedeutung globaler Parteiengemeinschaften, wie
International Democratic Union und Centrist
Democrat International/Christlich Demokratische
Internationale; Sozialistische Internationale;
Liberale Internationale; Global Greens (S. 427ff)
• Parlamentarische Versammlung der UN mit der
IPU als Plattform (S. 410ff)
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Ein demokratisch gewähltes
Weltparlament, das nach dem
Prinzip „ein Mensch, eine
Stimme“ den tatsächlichen
Bevölkerungszahlen auf der Erde
Rechnung trägt und zudem die
globalpolitischen Institutionen
wirksam kontrolliert.
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Wer ist Christoph Zöpel?
• Geboren am 4. Juli 1943 in Gleiwitz,
Oberschlesien, verheiratet, 3 Kinder
• Nach dem Abitur 1962 Studium der
Wirtschaftswissenschaften, der Philosophie und
des Öffentlichen Rechts in Berlin und Bochum
• 1969 Diplomökonom
• 1973 Promotion Dr. rer. oec. mit der Arbeit
„Ökonomie und Recht“
• 1974 Akademischer Rat
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Das Buch „Politik mit 9 Milliarden Menschen in Einer
Weltgesellschaft“ ist zugleich Synthese und Vision
des Fünfundsechzigjährigen, der hier Erfahrungen
seiner Vita activa verarbeitet:
• Als SPD-Parlamentarier im Landtag von NRW (197290) und als MdB* (1990-2005; bei der IPU 2002-05)
• Landesminister in NRW (1978-90) und Staatsminister
im Auswärtigen Amt (1999-2002)
• Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für die
Vereinten Nationen (2003-07)
• Als hochrangiger Funktionsträger in seiner Partei,
Fraktion und der Sozialistischen Internationale
*www.vemdb.de
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U. Holtz:
„Zöpels Visionen katapultieren uns aus der
Gegenwart und bieten Projekte und
Entwürfe, die für Politik und Demokratie
essentiell sind. Sein Buch liefert wichtige
Denk- und Handlungsanstöße für Politik und
Wissenschaft.“
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„Utopien sind Wunschbilder, die der Gegenwart
weit enteilen, das Mögliche im Wirklichen
erkunden und Blaupausen einer anderen und
besseren Zukunft liefern. In ihnen verrät die
Gesellschaft nicht nur, wie sie ist, in ihnen
befindet sie auch darüber, wie sie sein soll.“
Vgl. Rudolf Maresch/Florian Rötzer: Renaissance der Utopie. Zukunftsfiguren des 21.
Jahrhunderts, Frankfurt a.M. 2004
„Bist du bereit für eine kleine Utopie?“
Aus dem Song Wir sind frei der Gruppe Blumfeld
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Politische Visionen und Utopien werden oft der
Realitätsblindheit geziehen. Dennoch gibt es sie seit
Menschengedenken.
Der englische Dichter Oscar Wilde äußerte sich 1891 zu
Utopia (eigentlich „Nirgendwo“) in folgender Weise : „Eine
Weltkarte, auf der das Land Utopia nicht verzeichnet ist,
verdient keinen Blick, denn sie lässt die eine Küste aus, wo
die Menschheit ewig landen wird. Und wenn die
Menschheit da angelangt ist, hält sie Umschau nach
einem besseren Land und richtet ihre Segel dahin. Der
Fortschritt ist die Verwirklichung der Utopien.“
Die Landung an der Küste einer besseren Welt scheint möglich
– die Segel gestärkt im Sinne des Slogans, der im Mai 1968
auf einer der Mauern der Sorbonne in Paris zu lesen war:
„Seid realistisch, wir müssen das Unmögliche fordern!“
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Dr. C. Zöpel „Weltentwicklungspolitik“
• Die folgenden Folien orientieren sich an den
inhaltlichen Schwerpunkten seines Buches
„Politik mit 9 Milliarden Menschen in Einer
Weltgesellschaft“, wie sie sich auf seiner
Homepage befinden:
www.christophzoepel.de/publikationen/Politik_mit9MM/9%20MilliardenContent.pdf
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Warum gibt es eine Weltgesellschaft?
• Niklas Luhmann definiert Gesellschaft generell als „das jeweils
umfassendste System menschlichen Zusammenlebens“.
• Die Weltgesellschaft folgt aus dieser Definition, denn: Die These,
dass die Angelegenheiten aller Menschen irgendwie zusammenhängen, dürfte heute kaum Widerspruch finden.
• Evolution hat Weltgesellschaft konstituiert, wofür sich v.a. drei
geschichtliche Gründe anführen lassen:
- die Fähigkeit der Menschheit sich zu vernichten seit Hiroshima
bzw. der ersten sowjetischen Atombombe,
- der Anstieg der Weltbevölkerung seit 1945 von 2,5 auf 6,6
Milliarden und bis 2050 auf über 9 Milliarden,
- die Informationstechnologien mit weltweiter Vernetzung.
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Politikfähigkeit der Weltgesellschaft?
• Die Beantwortung der Frage nach der weltgesellschaftlichen
Politikfähigkeit hängt wie die nach der territorialgesellschaftlichen
Politikfähigkeit von Begriffs- und Geschichtsperzeptionen ab.
• Gesucht wird deshalb nach universalen Begriffen und universaler
Geschichte. Allen Menschen gemeinsam sind Sprachfähigkeit,
Technikfähigkeit, Kulturfähigkeit und Rechtsfähigkeit. Gemeinsam
sind ihnen auch Erfahrungen von Liebe und Leid. Das sind die
Grundlagen weltgesellschaftlicher Identität.
• Kulturelle Identitäten sind multipel, universale Identität liegt in
den Menschenrechten jedes einzelnen Menschen, die auch
globalpolitisch normiert sind.
• Verworfen werden Begriffe, die einem demokratischen politischen
System der Weltgesellschaft entgegenstehen. Das sind vor allem:
- die „Verstaatlichung“ der Nation,
- der überlegene Westen.
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Wie kann ein demokratisches politisches System
der Weltgesellschaft gestaltet sein?
• Es beruht auf:
- universalen Menschenrechten, also den Zielen menschlicher
Sicherheit,
- globalpolitischen Leistungen, also den Zielen gesellschaftlicher Nachhaltigkeit.
• Sein Strukturprinzip ist die Gewaltenteilung, primär föderal,
aber auch nach Montesquieu. Föderale Gewaltenteilung lässt
ein globales Mehr-Ebenen-System, mit starken Weltregionen
entstehen.
• In der Struktur der UN bestehen Ungleichheiten zugunsten
mächtiger Staaten, bei Missachtung gleicher politischer
Rechte jeden Einzelnen.
Formal gibt es zwar 192 völkerrechtlich gleiche Staaten, aber
in der Realität die Entscheidungsprivilegien der Ständigen
Mitglieder des Sicherheitsrates.
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Ein globales Mehr-Ebenen-System erfordert
einwohnerbezogen ausgewogene Regionen
• Maßstab sind bestehende Regionen, also China mit 1,3 Milliarden
Einwohnern und Indien mit 1,1 Milliarden. Indien ist eine
funktionsfähige föderative und montesquieusche Demokratie mit
Westminster- und Zwei-Parteien-System.
• Perspektive sind 9 oder 10 Regionen, mit im Durchschnitt 660 Mio.
Einwohnern: eben China, Indien, dann die USA mit Zentralamerika,
Südamerika, Subsahara- Afrika, der Mittlere Osten, Russland mit den
GUS-Staaten, Europa und ein oder zwei asiatische Regionen.
• Diese Regionen sollten den UN-Sicherheitsrat bilden.
• Die Weltregionen teilen „Staatlichkeit“ mit den ihnen zugehörigen
kleineren Staaten, der dritten Ebene.
- Funktionsfähige „Staatlichkeit“ setzt eine angemessene
Einwohnergröße voraus, plausibel ist 1 % der Weltbevölkerung. Diese
Einwohnergröße haben 18 Staaten, mit zusammen 69 % der
Weltbevölkerung; falls die EU als ein staatlicher Akteur verstanden
wird, sind es sogar 75 %.
- Kleinere Staaten dienen häufig den Privilegien ihrer Eliten oder sind
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Spielball größerer Staaten.
Auf globaler Ebene ist die Gewaltenteilung weiter
ausgeprägt als vielfach unterstellt. Es gibt:
• eine ausdifferenzierte Exekutive - als Gemeinschaftsinstitution der Sekretariate der UN-Organisationen
und der Staaten im Sicherheitsrat,
• Eine internationale Gerichtsbarkeit für mehr und
mehr Rechtsbereiche.
• Es fehlt ein globales Parlament: dazu gibt es keine
faktischen Gegenargumente, aber in Europa und in
Nordamerika Erschrecken, dass bei
menschenrechtsorientierter Repräsentativität von
660 Sitzen – je einer für 10 Millionen Menschen 130 auf Chinesen, 110 auf Inder, 49 auf Europäer, 30
auf US-Amerikaner entfallen.
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Globale Legislative?
• Für globalen Parlamentarismus gibt es Ansätze, die sich mit
der Interparlamentarischen Union (IPU) entwickelt haben und
in die Forderung nach einer Parlamentarischen Versammlung
der Vereinten Nationen eingemündet sind.
• Die internationalen Parteiengemeinschaften der
Sozialistischen Internationale (SI), der Internationalen
Demokratischen Union (IDU), der Liberalen Internationale (LI)
oder der Global Greens können eine weltweit agierende
Konkurrenzdemokratie entstehen lassen.
• Weder die IPU noch die Parteiengemeinschaften finden in der
medialen Kommunikation oder in der wissenschaftlichen
Forschung bisher eine angemessene Beachtung, geschweige
denn, dass sie in der Politikwissenschaft konzeptionell als
Möglichkeit globaler Demokratie gründlicher erfasst werden.
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Globale Entwicklungspolitik
Vorschläge zu Globaler Entwicklungspolitik entsprechend den
entscheidenden Bedingungen der Weltgesellschaft sind:
1. Die Globalisierung der Raumgebundenheit führt zu WeltRaumordnungspolitik zu einem Welt-Raumordungsprogramm.
2. Die Individualisierung und gleichzeitig die Universalisierung
kultureller Identität führen zu einer globalen Politik der
informationellen Selbstbestimmung, zu einem weltweiten
Netzintegrationsprogramm.
3. Die Ablösung kultureller Integration durch soziale Integration
auf der Grundlage von Bildung führt zu Weltbildungspolitik, zu
einem Weltbildungsprogramm.
4. Die Entwicklung von der territorial gebundenen politischen und
bürgerlichen Gesellschaft zur globalen Zivilgesellschaft führt zu
einer Politik des globalen Gewaltmonopols, zu einem Programm
innerer Weltsicherheit.
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5. Die Entwicklung von der Agrar- über die Industrie- zur
Wissensgesellschaft führt zu einer integrierten
Weltforschungs- und -rohstoffpolitik, zu einem
Weltforschungs- und -rohstoffprogramm.
• Diese fünf Programme, wie die Weltentwicklungspolitik
insgesamt, bedürfen dabei eines Weltfinanzausgleichs, der
über die zwischenstaatliche Entwicklungsfinanzierung
hinausgeht.
Dazu eine Schlüsselzahl: Das UN-Budget umfasst 11 Milliarden
US-Dollar - die Weltrüstungsausgaben belaufen sich auf 1.280
Mrd. $.
• Die Verfügung über die Einnahmen aus der
Rohstoffgewinnung in den Förderregionen und eine
Mindestbesteuerung hoher Einkommen - orientiert am
Steuerrecht der USA - sind wesentliche Komponenten.
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Dr. Zöpel:
• Die Weltgesellschaft ist keine Utopie, sondern
Wirklichkeit.
• Politik in der Weltgesellschaft ist auch keine Utopie,
sondern gleichfalls Wirklichkeit. Allerdings ist diese
Wirklichkeit geprägt von vermeidbarer Not und
vermeidbarer Gewalt. Das zu ändern, kann nicht
unmöglich sein.
• Diese Möglichkeit auch in der Weltgesellschaft
Wirklichkeit werden zu lassen bedeutet Eine
Weltdemokratie anzustreben.
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