ESSENTIAL SLIDE KIT DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD Autor: Dr. med. Christian Clarenbach, Zürich Supervision: Prof. Dr. med. Malcolm Kohler, Zürich Zur Verfügung gestellt durch:* Boehringer Ingelheim (Schweiz) GmbH & PanGas AG Letzte Aktualisierung: Oktober 2014 * Dieses Essential Slide Kit wurde von einem unabhängigen Team von Pneumologen erstellt und dient ausschliesslich Informationszwecken. Vorwort Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) ist die häufigste Erkrankung des Respirationstraktes in der Schweiz. Typischerweise wird die Diagnose erst gestellt, wenn die Erkrankung schon deutlich fortgeschritten ist. Dies hängt unter anderem damit zusammen, dass die Entwicklung von Symptomen über Jahre schleichend einhergeht. Der Rauchstopp ist nach wie vor die wirksamste und kosteneffektivste Intervention, um das Risiko der Entstehung und Progression der COPD zu senken. In dieser Foliensammlung sind wichtige Informationen über Diagnostik und Therapie der COPD unter Berücksichtigung der aktuellen Leitlinien zusammengefasst. Prof. Dr. med. Malcolm Kohler DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 2 Inhalt 1. Definition Seite 06 2. Epidemiologie 08 3. Pathophysiologie 11 4. Klinik: Anamnese und Befunde, Zusatzuntersuchungen 20 5. Diagnose und Differentialdiagnose 27 6. Therapie 41 7. Prognose 71 8. Referenzen 77 DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 3 Gebrauchshinweise Ansichtsoptionen des Slide Kits Folien Folien Bildschirmansicht: Klicken Sie im Menü ‚Ansicht‘ auf ‚Normalansicht‘. Folien inkl. Notizen Folien und Notizenseiten mit Hintergrundinformationen Bildschirmansicht: Klicken Sie im Menü ‚Ansicht‘ auf ‚Notizenseite‘. DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 4 Inhalt 1. Definition Seite 06 2. Epidemiologie 08 3. Pathophysiologie 11 4. Klinik: Anamnese und Befunde, Zusatzuntersuchungen 20 5. Diagnose und Differentialdiagnose 27 6. Therapie 41 7. Prognose 71 8. Referenzen 77 DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 5 1. Definition Definition Die COPD ist charakterisiert durch eine persistierende Atemflusslimitation, welche normalerweise progredient verläuft und mit einer entzündlichen Reaktion der Lunge und Bronchien auf Schadstoffe oder Gase assoziiert ist. Exazerbationen und Komorbiditäten tragen zum Schweregrad der Erkrankung bei. [In Anlehnung an: GOLD-Guidelines (www.goldcopd.org) ] DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 6 Inhalt 1. Definition Seite 06 2. Epidemiologie 08 3. Pathophysiologie 11 4. Klinik: Anamnese und Befunde, Zusatzuntersuchungen 20 5. Diagnose und Differentialdiagnose 27 6. Therapie 41 7. Prognose 71 8. Referenzen 77 DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 7 2. Epidemiologie Epidemiologie • Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist die COPD weltweit die vierthäufigste Todesursache. In den USA bereits die dritthäufigste. • Von den 10 häufigsten Todesursachen, hat nur die COPD eine steigende Tendenz. • Die steigende Prävalenz weltweit wird durch die Verbrennung von Biomasse in Entwicklungsländern (z.B. Kochen am offenen Feuer in Innenräumen) und die steigende Zahl der Raucherinnen erklärt. • Die COPD-Prävalenz in den Westlichen Ländern wird mit 5-10% angegeben. • In der SAPALDIA-Studienpopulation (18-60 Jährige, zufällig ausgewählte in der Schweiz wohnhafte Personen) zeigte sich eine Prävalenz der COPD von 9.1%. [www.who.int www.cdc.org (Factsheet COPD; last Update 2013) Bridevaux et al. 2008] DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 8 2. Epidemiologie Epidemiologie: Todesrate in den USA 1999-2010 Während die COPD-bedingten Todesraten bei Männern in den USA gesunken sind, ergaben sich keine Änderungen bei den Frauen. [ww.cdc.org (Factsheet COPD; last Update 2013)] DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 9 Inhalt 1. Definition Seite 06 2. Epidemiologie 08 3. Pathophysiologie 11 4. Klinik: Anamnese und Befunde, Zusatzuntersuchungen 20 5. Diagnose und Differentialdiagnose 27 6. Therapie 41 7. Prognose 71 8. Referenzen 77 DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 10 3. Pathophysiologie Pathophysiologie: Risikofaktor Rauchen • Ca. 80-90% der COPD Patienten in Westlichen Ländern sind Raucher oder haben in der Vergangenheit geraucht. • Etwa 15-20% der Raucher entwickeln eine COPD. • Die Einsekundenkapazität (FEV1) sinkt beim Nichtraucher nach dem 20. Lebensjahr um ca. 20-30ml/Jahr, beim Raucher hingegen um 50-60ml/Jahr. • Das Krankheitsrisiko hängt auch ab von der Zahl der gerauchten Zigaretten: Pack Years: Raucherjahre x täglich gerauchte Zigarettenpackungen DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 11 3. Pathophysiologie Pathophysiologie: Risikofaktor Alter und Rauchen [In Anlehnung an Fletcher, 1977] DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 12 3. Pathophysiologie Pathophysiologie: Weitere Risikofaktoren • Genetische Veranlagung mit Erhöhung des Krankheitsrisikos • Arbeitsexposition gegenüber organischen und anorganischen Stäuben: Landwirtschaft (v.a. Getreidestaub), Mineralfasern, quarzhaltige Stäube, Kohle • Verbrennung von Biomasse mit Schadstofffreisetzung • Luftverschmutzung • Armut, niedriger sozioökonomischer Status • Alter • Passivrauchen [Blanc et al., 2009; Eisner et al., 2011] DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 13 3. Pathophysiologie Pathophysiologie • Die COPD ist mit einer chronischen Entzündung in den Bronchien und im Lungengewebe verbunden. Diese lässt sich bioptisch und in Sputumproben nachweisen. • Die Entzündung ist auch viele Jahre nach Rauchstop noch vorhanden. • Mit zunehmendem Schweregrad der Erkrankung gewinnt neben der Entzündung auch die Destruktion von Lungengewebe an Bedeutung. Interindividuell führt dies zu verschiedenen Ausprägungen: Obstruktive Bronchiolitis mit Inflammation der kleinen Atemwege Lungenemphysem mit Erweiterung der distalen Bronchiolen und Destruktion des Lungenparenchyms DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 14 3. Pathophysiologie Pathophysiologie Gen. Disposition Noxe Entzündungsreaktion Strukturelle Veränderung der Bronchien Ziliendysfunktion Schleimhautödem Hypersekretion Bronchokonstriktion / Destruktion COPD DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 15 3. Pathophysiologie Pathophysiologie Pathologisch-anatomisch ist die phänotypische Ausprägung der COPD sehr variabel, wobei folgende «Komponenten» in unterschiedlichem Aussmass zum Gesamtbild beitragen: Chronische Bronchitis Emphysem Bronchiolitis DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 16 3. Pathophysiologie Pathophysiologie Sonderform: Alpha1-Antitrypsin-Mangel • Alpha1-Antitrypsin ist ein in der Leber gebildetes Glykoprotein, das einen schützenden «inhibitorischen» Effekt vor allem gegen gewebsschädigende lysosomale Enzyme (Elastase, Kollagenase) hat. • Das kodierende Gen weist eine erhebliche Variabilität auf. Der Alpha1-Antitrypsin-Mangel wird autosomal kodominant vererbt. • Verschiedene Phänotypen haben eine unterschiedliche inhibitorische Potenz, wobei der ZZPhänotyp (Prävalenz 1:2500-5000) die grösste Bedeutung hat. In der Schweiz haben ca. 1600 Personen einen Gendefekt für Alpha-1-Antitrypsin. • Der Verdacht wird durch eine Spiegelbestimmung des Alpha1-Antitrypsins im Serum erhärtet. Ist der Spiegel deutlich erniedrigt, wird mit der molekulargenetischen Analyse der Genotyp bestimmt werden. DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 17 3. Pathophysiologie Pathophysiologie Sonderform: Alpha1-Antitrypsin-Mangel • Beim ZZ-Phänotyp hat der Raucher eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, ein schweres Lungenemphysem mit u.U. Invalidität im Alter von 40-50 Jahren zu entwickeln. • Der Nichtraucher mit ZZ-Phänotyp hingegen hat eine normale Lebenserwartung. • 12-15% mit schwerem Alpha-1-Antitrypsin-Mangel (PiZZ-Genotyp) entwickeln jedoch eine Lebererkrankung, die bis hin zur schweren Leberzirrhose und zum Leberkarzinom führen kann. Unterschiedliche Varianten der Vererbung. Ein klinisch relevanter AAT-Mangel ist v.a. dem ZZPhänotyp zuzuschreiben. DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 18 Inhalt 1. Definition Seite 06 2. Epidemiologie 08 3. Pathophysiologie 11 4. Klinik: Anamnese und Befunde, Zusatzuntersuchungen 20 5. Diagnose und Differentialdiagnose 27 6. Therapie 41 7. Prognose 71 8. Referenzen 77 DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 19 4. Klinik Klinik: Anamnese Wichtige Fragen in der Anamnese mMRC-Dyspnoeskala • Atemnot in Ruhe, bei Belastung (modified Medical Research Council Dyspnea Scale) • Beeinträchtigung im Alltag • Husten, Auswurf • Exazerbationen, Hospitalisationen • Raucheranamnese (Pack Years) • Komorbiditäten • Lungenkrankheiten in der Familie • Berufsanamnese • Sozialanamnese • Impfstatus • Allergien DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD Dyspnoe … 0 Nie Atemnot, ausser bei starker Anstrengung 1 Atemnot beim schnellen Gehen oder beim Bergaufgehen bei leichter Steigung 2 Geht beim Gehen in der Ebene wegen Atemnot langsamer als Gleichaltrige oder benötigt bei selbstgewählter Geschwindigkeit Pausen 3 Benötigt eine Pause wegen Atemnot beim Gehen in der Ebene nach ca. 100 m oder nach einigen Minuten 4 Zu kurzatmig um die Wohnung zu verlassen, oder Atemnot beim An- und Ausziehen 20 4. Klinik Klinik: Körperliche Untersuchung Typische Befunde der körperlichen Untersuchung: • Verlängertes Expirium, Giemen, Brummen • Atemgeräusch oft abgeschwächt • Leise Herztöne • Nutzung der auxiliären Atemhilfsmuskulatur • Inspiratorische Einziehungen im Bereich der Flanken, supraklavikulär • Tiefstehende, wenig verschiebliche Lungenuntergrenze • Fassthorax • Gewichtsverlust • Periphere Ödeme DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 21 4. Klinik Klinik: Chronische COPD vs Exazerbation Die Exazerbation ist definiert als eine Verschlechterung im Krankheitsverlauf, erkennbar an einer Zunahme von Atemnot, Husten und Auswurf (evtl. Purulenz des Auswurfs), die eine Änderung der Behandlung erforderlich macht. Exazerbationen Chronische Erkrankung Progression • häufig proportional zum Schweregrad • Lungenfunktion • schlechtere Prognose • Symptome Lebensqualität • Komorbiditäten Hospitalisationen Mortalität [Tashkin, 2010; Hurst et al., 2010] DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 22 4. Klinik Klinik: Zusatzuntersuchungen Röntgen-Thorax (typische Befunde): • Zwerchfellabflachung • Rarifizierung pulmonaler Gefässstrukturen • Vergrösserung Retrosternalraum DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 23 4. Klinik Klinik: Zusatzuntersuchungen Blutgasanalyse: • Bei fortgeschrittener COPD zur Beurteilung des Gasaustauschs • Diagnose der respiratorischen Partialinsuffizienz und Globalinsuffizienz • Indikationsprüfung Langzeitsauerstofftherapie • Einschätzung der Gefährdung des Patienten während einer Exazerbation DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 24 4. Klinik Klinik: Zusatzuntersuchungen 6-Minuten Gehtest: • Leicht durchzuführender Test zur Einschätzung der körperlichen Leistungsfähigkeit (nicht nur bei COPD-Patienten). • Mit dem Test wird gemessen, wie viele Meter der Patient in 6 Minuten zurücklegen kann, mit dem Ziel, möglichst weit zu gehen. Anhalten ist erlaubt, jedoch kein Joggen. • Der Test hat eine prognostische Aussage (siehe Kapitel Prognose) und quantifiziert den Erfolg therapeutischer Interventionen. • Dabei beträgt die die Differenz zwischen zwei Tests, die mit einer klinisch relevanten Veränderung des Patienten einhergeht ca. 54m [Redelmeier et al., 1997] DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 25 Inhalt 1. Definition Seite 06 2. Epidemiologie 08 3. Pathophysiologie 11 4. Klinik: Anamnese und Befunde, Zusatzuntersuchungen 20 5. Diagnose und Differentialdiagnose 27 6. Therapie 41 7. Prognose 71 8. Referenzen 77 DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 26 5. Diagnose Diagnose Für die Diagnose und Einteilung des Schweregrads der COPD sind ausschlaggebend: • Atemwegsobstruktion (Spirometrie) • Symptome (ggf. strukturiert mittels Fragebogen, CAT-Test oder mMRC) • Exazerbationsrisiko (Anzahl der Exazerbationen im Vorjahr) Zudem sollen häufige Komorbiditäten erfasst und ggf. behandelt werden: • Kardiovaskuläre Erkrankungen (ischämische Herzkrankheit, Herzinsuffizienz, Vorhofflimmern) • Osteoporose • Bronchialkarzinom • Metabolisches Syndrom • Skelettmuskelatrophie • Schlafapnoe-Syndrom • Depression [www.goldcopd.org] DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 27 5. Diagnose CAT (COPD-Assessment-Test) Skala (bitte ankreuzen) Punkte Ich huste nie. Ich huste immer. Ich habe keinerlei Schleim in meiner Brust. Meine Brust ist vollkommen mit Schleim gefüllt. Ich spüre keinerlei Engegefühl im Brustbereich. Ich spüre ein sehr starkes Engegefühl im Brustbereich. Wenn ich einen flachen Hügel oder eine Treppe hinauf gehe, gerate ich nicht ausser Atem. Wenn ich einen flachen Hügel oder eine Treppe hinaufgehe, gerate ich sehr ausser Atem. Meine Aktivitäten zuhause sind nicht eingeschränkt. Meine Aktivitäten zuhause sind sehr eingeschränkt. Ich habe keine Bedenken, trotz meiner Lungenerkrankung das Haus zu verlassen. Ich habe wegen meiner Lungenerkrankung grosse Bedenken, das Haus zu verlassen. Ich schlafe gut. Wegen meiner Lungenerkrankung schlafe ich schlecht. Ich habe viel Energie. Ich habe überhaupt keine Energie. Gesamtpunktzahl CATTM (10 und mehr Punkte im CATTM deuten auf vermehrte Symptombelastung des Patienten hin) COPD Assessment Test (CATTM) ist eine Marke von GlaxoSmithKline UK Ltd. DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 28 5. Diagnose Diagnose Spirometrie: Die Spirometrie ist eine Voraussetzung für die Diagnosestellung • Die Diagnose der COPD erfolgt mittels Spirometrie und Messung des Einsekundenvolumens (FEV1, % Sollwert) und der forcierten Vitalkapazität (FVC, % Sollwert). • Eine obstruktive Ventilationsstörung liegt vor, wenn das Verhältnis zwischen FEV1 und FVC unter 0.7 liegt. • Der Schweregrad wird anschliessend anhand des FEV1 (% Sollwert) bestimmt. [www.goldcopd.org] DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 29 5. Diagnose Diagnose Spirometrie - - - Normkurve DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 30 5. Diagnose Diagnose Spirometrie: Differentialdiagnose Asthma Diagnose des Asthma bronchiale: Nachweis einer Atemwegsobstruktion mit vollständiger Reversibiltät nach Bronchospasmolyse Signifikante Reversibilität: Anstieg des FEV1≥12% und ≥200ml DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 31 5. Diagnose Diagnose FEV1 / FVC Beurteilung der Spirometrie FEV1 / FVC Im Normbereich Erniedrigt Bronchospasmolyse Gut reversibel Wenig reversibel Asthma COPD DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD Chronische Bronchitis 32 Asthma im anfallfreien Intervall Andere 5. Diagnose Diagnose Ausmass der Atemflusslimitierung Bei Patienten mit einem post-bronchodilatatorischem FEV1/FVC < 0.70: GOLD 1: FEV1 > 80% (leicht) GOLD 2: 50% < FEV1 < 80% (mittelschwer) GOLD 3: 30% < FEV1 < 50% (schwer) GOLD 4: FEV1 < 30% (sehr schwer) Die spirometrische Schweregradeinteilung erfolgt mittels FEV1 (% vom Sollwert). Unter Berücksichtigung der Spirometrie, der Symptome (siehe Klinik) und der Exazerbationsfrequenz kann der Schweregrad festgelegt werden (nächste Folie): [www.goldcopd.org] DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 33 5. Diagnose Diagnose GOLD Klassifikation der COPD Oder ≥ 1 mit Klinikeinweisung Ohne Klinikeinweisung DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 34 5. Diagnose Diagnose Klassifikation Oder ≥ 1 mit Klinikeinweisung Ohne Klinikeinweisung DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 35 5. Diagnose Ergänzende Lungenfunktionstests Diffusionskapazität • Bei der Diffusionsmessung wird die Fähigkeit der Lunge zum Gasaustausch (Aufnahme von Sauerstoff, Abgabe von Kohlendioxid) beurteilt. • Die Messung des CO-Transferfaktors (TLCO) nach der “Single-breath-Methode” ist hierbei die am weitesten verbreitete Untersuchungstechnik. • Eine verminderte Diffusionskapazität kann bei der COPD zu Stande kommen u.a. durch: • Ein Ungleichgewicht der Ventilation-/Perfusion • Eine ungünstige Oberflächen-/Volumenrelation (z. B. beim Emphysem) • Reduktion der Gasaustauschfläche (Emphysem) • Nikotinkonsum • Anämie • Lungenembolie • Pulmonale Hypertonie DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 36 5. Diagnose Ergänzende Lungenfunktionstests Bodyplethysmographie • Erfassung der totalen Lungenkapazität • Berechnung des Residualvolumens und dessen Anteil an der totalen Lungenkapazität zur Quantifizierung der Überblähung als typisches Merkmal des Emphysems. • Messung des Atemwegswiderstandes. Dieser erlaubt Rückschlüsse auf die Obstruktion zu ziehen. • Die Methode ist weniger von der Mitarbeit des Patienten abhängig als die Spirometrie. DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 37 5. Diagnose Differentialdiagnose COPD / Asthma bronchiale Merkmale Asthma COPD Allergie / Atopie Häufig Selten Alter bei Erstmanifestation Kinder/Jugend <40Lj. >40Lj. oft > 60Lj. Atemnot Anfallsartig Bei Belastung Atemwegsobstruktion Variabel Persistierend Überempfindlichkeit der Atemwege Stark vorhanden Kaum vorhanden Husten Eher trocken Eher produktiv Ansprechen auf Kortikosteroide Regelhaft Gelegentlich Verlauf Variabel / episodisch Progredient DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 38 5. Diagnose COPD Differentialdiagnosen • Asthma • Bronchiektasen • Chronisch persistierender Husten anderer Ätiologie (z.B. Reflux, Sinusitis) • Diffuse parenchymatöse Lungenerkrankungen • Herzinsuffizienz/koronare Herzkrankheit • Respiratorischer Infekt/Pneumonie/Postinfektiöse Störungen (z.B. Pertussis) • Tumor (Kehlkopf, Trachea, Lunge) • Zystische Fibrose • U.a. DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 39 Inhalt 1. Definition Seite 06 2. Epidemiologie 08 3. Pathophysiologie 11 4. Klinik: Anamnese und Befunde, Zusatzuntersuchungen 20 5. Diagnose und Differentialdiagnose 27 6. Therapie 41 7. Prognose 71 8. Referenzen 77 DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 40 6. Therapie Therapie: Übersicht Der Rauchstopp ist nach wie vor die wirksamste und kosteneffektivste Intervention, um das Risiko der COPD-Entstehung und Progression zu senken. Die zur Verfügung stehenden medikamentösen Therapieansätze können bisher die Progression der lungenfunktionellen Beeinträchtigung nicht wesentlich beeinflussen. Sie ermöglichen jedoch eine Verbesserung der Lungenfunktion, der Lebensqualität, der körperlichen Leistungsfähigkeit und eine Abnahme der Exazerbationsfrequenz. DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 41 6. Therapie Prävention/ Rauchstopp Rauchstopp als wichtigste Massnahme: • Senkung der Mortalität • Reduktion des Malignomrisikos • Nach Aufgabe des Rauchens kann die weitere jährliche FEV1−Abnahme verlangsamt werden • Verminderung der Exazerbationsfrequenz Die Erfolgsquote beim Nikotinstopp wird neben einer Beratung (ca. 80% werden rückfällig nach einem Jahr) erhöht durch: • Nikotinersatzpräparate • Pharmakotherapie DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 42 6. Therapie Prävention/ Rauchstopp Nikotinersatzpräparate: • Stehen zur Verfügung als Lutschtabletten, Kaugummis, Nasenspray und transdermale Pflaster DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 43 6. Therapie Prävention/ Rauchstopp Pharmakotherapie : Bupropion • Antidepressivum mit zusätzlich positivem Effekt auf die Entwöhnung, additiv zur Beratung und Nikotinersatztherapie • Erhöht die Konzentration von Dopamin und Noradrenalin im Hirnstoffwechsel und imitiert dadurch die Wirkung von Nikotin Varenicline • Partieller Agonist am α4β2-nikotinergen Acetylcholinrezeptor • Zusätzlich Blockade der Nikotinbindung • Effekt durch Minderung des Rauchverlangens und Verhinderung des belohnenden Effekts des Rauchens DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 44 6. Therapie Inhalativa ß2−Sympathomimetika Kurzwirksam (Wirkdauer 3-6h): • Fenoterol • Salbutamol • Terbutalin Langwirksam (ca. 12h): • Formterol • Salmeterol Langwirksame Anticholinergika führen zu einer Bronchodilatation mit Verbesserung der Belastungstoleranz und Lebensqualität sowie zu einer Verringerung der Atemnot und der Exazerbationsrate. Ultra-Langwirksam (ca. 24h): • Indacaterol • Olodaterol DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 45 6. Therapie Inhalativa Anticholinergika Kurzwirksam (Wirkdauer 4-6h): • Ipratropium Langwirksam (12h): • Aclidiniumbromid Ultra-Langwirksam (ca. 24h): • Tiotropium • Glycopyrronium Langwirksame Anticholinergika führen zu einer Bronchodilatation mit Verbesserung der Belastungstoleranz und Lebensqualität sowie zu einer Verringerung der Atemnot und der Exazerbationsrate. Es mehren sich die Hinweise, dass eine Monotherapie mit langwirksamen Anticholinergika der Monotherapie mit langwirksamen ß2−Sympathomimetika hinsichtlich der Exazerbationsprävention überlegen ist. DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 46 6. Therapie Inhalativa Kombinationen aus langwirksamen ß2−Sympathomimetika und inhalativem Steroid • Formoterol/Budesonid • Salmeterol/Fluticason Inhalative Steroide werden bei der COPD nur in Kombination mit Bronchodilatativa (in GOLD Klasse C und D) empfohlen. Kombinationsbehandlungen sind bei schwerer COPD effektiver als die einzelnen Komponenten alleine, bezüglich Verbesserung der Lungenfunktion und Reduktion der Exazerbationsrate. Die zusätzliche Behandlung mit Tiotropium «Triple-Therapie» hat wahrscheinlich einen additiv positiven Effekt. Inhalative Kortikosteroide führen jedoch zu einem erhöhten Pneumonie-Risiko. DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 47 6. Therapie Inhalativa Paradigmenwechsel bei den inhalativen Steroiden für COPD? • Patienten mit schwerer COPD werden oft mit einem Kombinationspräparat (langwirksames ß2−Sympathomimetikum und inhalatives Steroid) behandelt sowie einem langwirksamen Anticholinergikum. • Eine 2014 publizierte randomisiert-kontrollierte Studie bei Patienten mit schwerer COPD, die gleichzeitig mit einem langzeitwirksamen ß2-Sympathomimetikum und Anticholinergikum sowie einem inhalativen Steroid behandelt wurden, zeigte, dass die Therapie mit inhalativen Steroiden beendet werden kann, ohne dass es zu einer Zunahme der Exazerbationsrate kommt. Es kam jedoch zu einem leichten Abfall des FEV1. • Die Studie zeigt, dass wahrscheinlich bei vielen Patienten eine Kombination aus langwirksamen ß2−Sympathomimetika und Anticholinergika «duale Bronchodilatation» ohne Risiko ist. • Da sich die duale Bronchodilatation in mehreren Studien als vorteilhaft erwiesen hat, wurden neuere Kombinationstherapien entwickelt [Magnussen et al., 2014] DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 48 6. Therapie Inhalativa Duale Bronchodilatation: Kombinationen aus langwirksamen ß2−Sympathomimetika und Anticholinergika • Die GOLD Richtlinien empfehlen die Kombination von langwirksamen Bronchodilatoren (mit unterschiedlichen Mechanismen) zur Behandlung der COPD, wenn die Symptomkontrolle mit einer Monotherapie unzureichend ist. • Die Resultate verschiedener Studien unterstützen die Anwendung von 2 Bronchodilatatoren mit unterschiedlichen Aktionsmechanismen im Vergleich zu den beiden Einzelsubstanzen. Eine Reduktion der Dyspnoe und Exazerbationsfrequenz, als auch eine Verbesserung der Lungenfunktion konnte gezeigt werden. Eine signifikante Zunahme der Nebenwirkungen wurde nicht beobachtet. Kombinationspräparate der dualen Bronchodilatation: • Umeclidiniumbromid / Vilanterol • Indacaterol/Glykopyrroniumbromid Beide Präparate haben eine 24h Wirkung und müssen daher nur 1x täglich inhaliert werden. [Vogelmeier et al., 2008; Vogelmeier et al., 2013; Van Noord et al. 2010] DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 49 6. Therapie Phosphodiesterase-4 Inhibitor Roflumilast • Roflumilast blockiert das Enzym Phosphodiesterase 4 und entwickelt hierdurch antientzündliche Effekte. • kein direkter bronchodilatatorischer Effekt • Das Medikament wird als Tablette einmal täglich eingenommen. • Randomisiert-kontrollierte Studien bei Patienten mit schwerer bis sehr schwerer COPD (FEV1<50%) und mindestens einer Exazerbation im Vorjahr haben gezeigt, dass die Exazerbationsrate gesenkt werden kann. Der Effekt ist unabhängig vom Gebrauch langwirksamer Betamimetika. • Typische Nebenwirkungen sind Übelkeit, Diarrhoe und Kopfschmerz; zudem kann es insbesondere bei untergewichtigen COPD Patienten zu einer Gewichtsabnahme kommen. DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 50 6. Therapie Theophyllin • Bei der COPD zeigt Theophyllin eine bronchodilatative und entzündungshemmende Wirkung. • Theophyllin ist jedoch weniger bronchodilatativ wirksam als die üblicherweise eingesetzten Inhalativa und wird daher nicht in der Erstlinientherapie eingesetzt. • Es bestehen teilweise relevante Interaktionen mit anderen Medikamenten (CytochromP450 Metabolisation) und Theophyllin verfügt über eine geringe therapeutische Breite. [ZuWallack et al., 2001] DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 51 6. Therapie Therapie Spirometrische Klassifikation der COPD nach GOLD Richtlinien 2014 Klassifikation der SpirometrieErgebnisse nach GOLD 2014 FEV1 GOLD 1 (leicht) FEV1 ≥ 80 GOLD 2 (mittelschwer) FEV1 ≥ 50 < 80 GOLD 3 (schwer) FEV1 ≥ 30 < 50 GOLD 4 (sehr schwer) FEV1 < 30 [www.goldcopd.org/guidelines-global-strategy-for-diagnosis-management.html Russi et al., 2013] DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 52 6. Therapie Therapieempfehlung Therapierichtlinien COPD: GOLD Update 2014 Ausprägung Patientengruppen A B C D Spirometrie GOLD 1 oder 2 Symptomatik CAT < 10 Exazerbationen 0 – 1 pro Jahr Spirometrie GOLD 1 oder 2 Symptomatik CAT ≥ 10 Exazerbationen 0 – 1 pro Jahr Spirometrie GOLD 3 oder 4 Symptomatik CAT < 10 Exazerbationen ≥ 2 pro Jahr Spirometrie GOLD 3 oder 4 Symptomatik CAT ≥ 10 Exazerbationen ≥ 2 pro Jahr DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD Therapieempfehlung 1. Wahl - Ipatropium oder Kurzwirksamer ß2-Agonist (bei Bedarf) - Langwirksames Anticholinergikum oder Langwirksamer ß2-Agonist - Langwirksames Anticholinergikum oder Kombinationspräparate (ICS + LABA) - Langwirksames Anticholinergikum oder/und Kombinationspräparate (ICS + LABA) 53 6. Therapie Therapieempfehlung Alternativ Therapierichtlinien COPD: GOLD Update 2014 Ausprägung Patientengruppen A B C D Spirometrie GOLD 1 oder 2 Symptomatik CAT < 10 Exazerbationen 0 – 1 pro Jahr Spirometrie GOLD 1 oder 2 Symptomatik CAT ≥ 10 Exazerbationen 0 – 1 pro Jahr Spirometrie GOLD 3 oder 4 Symptomatik CAT < 10 Exazerbationen ≥ 2 pro Jahr Spirometrie GOLD 3 oder 4 Symptomatik CAT ≥ 10 Exazerbationen ≥ 2 pro Jahr DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD Alternativen - Langwirksames Anticholinergikum oder Langwirksamer ß2-Agonist oder Ipatropium und Salbutamol - Langwirksames Anticholinergikum und Langwirksamer ß2-Agonist - Langwirksames Anticholinergikum und Langwirksamer ß2-Agonist oder Langwirksames Anticholinergikum + PDE4-Hemmer oder Langwirksamer ß2-Agonist + PDE4-Hemmer - Alle Kombinationen von langwirksamen Bronchodilatatoren, inhalativen Kortikosteroiden und PDE4-Inhibitor 54 6. Therapie Langzeit-Sauerstofftherapie • Eine Sauerstofftherapie, angewendet >18h/d bei Patienten mit schwerer Hypoxämie, hat einen Überlebensvorteil gezeigt. • Am effektivsten ist eine Sauerstoffzufuhr während 24 Stunden pro Tag. Weniger als 15 Stunden täglich bringen nachweislich keine nachhaltige und lebensverlängernde Wirkung. • Weitere Effekte sind eine bessere Lebensqualität, eine Rückbildung der pulmonalarteriellen Hypertonie und weniger Exazerbationen. • Seit 1981 folgten jedoch keine randomisiert-kontrollierten Studien zur Sauerstofftherapie bei COPD. DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 55 6. Therapie Langzeit-Sauerstofftherapie Indikation: Patienten mit chronischer arterieller Hypoxämie • PaO2 < 55 mmHg / 7.3 kPa. Patienten mit sekundärer Polyglobulie und/oder Zeichen des chronischen Cor pulmonale. • PaO2 55-60 mmHg / 7.3 – 8.0 kPa. Patienten mit situativen lang dauernden Hypoxämien: • Die vorwiegend belastungsinduzierte Hypoxämie PaO2 < 55 mmHg / 7.3 kPa. mit dem Nachweis einer verbesserten Leistungstoleranz unter Sauerstoffatmung. • Das zentrale Schlafapnoe-Syndrom (z.B. Cheyne-Stokes Atmung) mit repetitiven Desaturationen als Alternative zur nichtinvasiven Beatmung. [Richtlinien der Schweizerischen Gesellschaft für Pneumologie (in der Fassung vom 28.08.2006)] DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 56 6. Therapie Pulmonale Rehabilitation • Die empfohlene Dauer des Rehabilitationsprogramms beträgt 6-12 Wochen. • Im ambulanten Setting sollten mindestens 2, besser 3 wöchentliche Trainingseinheiten stattfinden, wobei eine davon vom Patienten selbstständig ohne Supervision vorgenommen werden kann. • Ideal ist die Fortführung eines kontinuierlichen individuellen Trainings durch den Patienten. [Bolton et al., 2013] DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 57 6. Therapie Empfohlene Schutzimpfungen Influenza (jährlich) • Jährlich bei allen Patienten mit COPD im Herbst mit der jeweils aktuellen VakzinZusammensetzung. • Die Wirksamkeit der Impfung bezüglich Reduktion der Exazerbationen wurde in Placebo-kontrollierten Studien bei COPD Patienten nachgewiesen. Pneumokokken (einmalig bei immunkompetenten Erwachsenen) • Polysaccharid-Impfstoff gegen 23 verschiedene Pneumokokkentypen. • Die Effektivität und Wirksamkeit der Pneumokokken-Impfung bei COPD Patienten erfordert noch weitere Untersuchungen, da bisherige randomisiert kontrollierte Studien uneinheitliche Ergebnisse zeigten. Die Impfungen können gleichzeitig miteinander erfolgen. DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 58 6. Therapie Chirurgische Verfahren Lungenvolumenreduktionschirurgie (LVRS) • Selektierte Patienten mit typischerweise oberlappenbetontem, schwerem Lungenemphysem und eingeschränkter Belastbarkeit. • Ziel ist es, die Lungenüberblähung durch Resektion emphysematöser Lungenabschnitte zu reduzieren, damit die Dyspnoe zu lindern und die Lungenfunktion zu bessern. • In der Regel thorakoskopisches Verfahren. DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 59 6. Therapie Chirurgische Verfahren Lungenvolumenreduktionschirurgie Potentiell geeignete COPD-Patienten für eine LVRS: • Dypnoe in Ruhe oder bei geringfügiger Belastung (MRC ≥2), schwere Einschränkung der Leistungsfähigkeit (6-Minuten Gehdistanz< 500 m). • COPD mit einem FEV1 <40% des Solls • Funktionelle Aspekte des Lungenemphysems mit irreversibler Überblähung (RV/TLCRatio von >0.6) und einer eingeschränkten Diffusionskapazität (DLCO < 40% des Solls). • Computertomographisch nachgewiesenes Lungenemphysem • Akzeptanz einer erhöhten perioperativen Mortalität (ca. 2%) und unter Umständen langer Hospitalisationsdauer. Die Kontraindikationen sind umfangreich (nächste Folie): DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 60 6. Therapie Chirurgische Verfahren Lungenvolumenreduktionschirurgie Kontraindikationen: • Aktiver Nikotinkonsum • Vollständig destruierte Lunge oder diffuses homogenes Lungenemphysem im CT, FEV1 <20% des Solls und DLCO <20% des Solls • Unkontrollierte Herzinsuffizienz, unbehandelte koronare Herzkrankheit • Pulmonal arterielle Hypertonie (mPAP >35mmHg) • Akute Exazerbation oder Bronchiektasen • Pulmonale Kachexie (body mass index <18kg/m2) • Neoplasie mit Lebenserwartung unter 2 Jahren • Alkohol- und/oder Drogenabhängigkeit • Niereninsuffizienz (Kreatinin >150ug/ml), Gastrointestinale Erkrankung (GI-Blutung im Vorjahr, beeinträchtigte Leberfunktion, aktive entzündliche Darmerkrankung) • Neurologische Erkrankung (Cerebrovaskulärer Insult in Anamnese) DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 61 6. Therapie Endoskopische Verfahren der Lungenvolumenreduktion Endoskopische-Lungenvolumenreduktion Die LVRS in Bezug auf die Verbesserung der Lungenfunktion und der Symptomatik am effektivsten. Zudem liegen für die LVRS zurzeit die besten Langzeitergebnisse vor. Es stehen jedoch auch verschiedene bronchoskopische Verfahren zur Verfügung: • Endobronchiale Ventile • Coils Bei diesen Verfahren ist die periinterventionelle Morbidität und Mortalität im Vergleich zur LVRS niedriger, sodass insbesondere multimorbide und bezüglich Lungenfunktion marginale Patienten von diesen Verfahren profitieren können. Zum anderen ist der Spitalaufenthalt meist kürzer. DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 62 6. Therapie Endoskopische Verfahren der Lungenvolumenreduktion Endobronchiale Ventile Endo- oder intrabronchiale Ventil sind Einwegventile, welche ausschliesslich einen unidirektionalen Luftfluss zulassen. Somit sind die Ventile nur bei der Exspiration geöffnet, während der Luftstrom in das mit einem Ventil behandelte Lungensegment bei der Inspiration blockiert wird. Auf diese Weise kommt es zu einer Atelektase des behandelten Lungenabschnittes, sofern keine Belüftung aus einem benachbarten Lungenareal (Kollateralventilation) stattfindet. DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 63 6. Therapie Endoskopische Verfahren der Lungenvolumenreduktion Coils Der Lungenvolumenreduktions-Coil wird gestreckt in einer Applikationshülse – über ein flexibles Bronchoskop in die Subsegmentbronchien abgesetzt und nimmt nach Entfernung der Hülse eine charakteristische, geschwungene Form an (Abbildung). Die elastischen Rückstellkräfte werden auf das Lungengewebe übertragen, womit der dynamische Verschluss der kleinen Atemwege reduziert wird. Um einen merkbaren Benefit zu erreichen, müssen pro Lungenlappen circa zehn Coils platziert werden. DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 64 6. Therapie Chirurgische Verfahren Lungentransplantation • Bei sehr schwerer COPD in einem selektierten Patientengut zeigt die Lungentransplantation Vorteile bezüglich Lebensqualität und Leistungsfähigkeit. • Entscheidend ist der Zeitpunkt der Transplantation und der Überweisung ins Transplantationszentrum. DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 65 6. Therapie Chirurgische Verfahren Lungentransplantation Absolute Kontraindikationen • Malignom in den letzten 2 Jahren (Ausnahme Plattenepithelkarzinom der Haut und Basaliom); in der Regel ist eine Rezidivfreiheit von 5 Jahren gefordert. • Schwere unbehandelbare Organerkrankungen außerhalb der Lunge (Herz, Leber, Niere) • Aktive extrapulmonale Infektionen • Schwere Brustwanderkrankungen, Wirbelsäulen- und Brustkorbdeformitäten • Neuromuskuläre Erkrankungen • Dokumentierte fehlende Adhärenz zu medikamentöser Therapie bzw. medizinischen Kontrollen • Nicht behandelbare psychische Erkrankungen, die mit fehlender Kooperation und Therapieadhärenz einhergehen • Fehlende beständige soziale Einbindung und Unterstützung. • Suchterkrankungen: Tabakabhängigkeit, Alkoholabhängigkeit, Substanzmissbrauch aktiv oder in den letzten 6 Monaten [Adaptiert nach Orens et al., 2006] DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 66 6. Therapie Therapie der COPD Exazerbation • Intensivierung der inhalativen Bronchodilatation (vorwiegend mit Bronchodilatativa). • Die Gabe systemischer Kortikosteroide (20-40 mg Prednisolonäquivalent pro Tag) maximal für 5-10 Tage kann die Genesungszeit verkürzen, die Lungenfunktion und den Sauerstoffmangel verbessern. • Eine aktuelle Studie unterstütz eine Behandlungsdauer mit systemischen Steroiden von lediglich 5 Tagen ohne Nachteile für den Patienten. • Antibiotika bei Verdacht auf einen bakteriellen Infekt (vermehrtes Sputumvolumen und Purulenz). • Ggf. Sauerstofftherapie mit einem Ziel paO2 von ≥ 60 mmHg (8kPa) Finden sich Exazerbationen in der Anamnese, ist das Risiko für eine erneute Exazerbation erhöht. [Leuppi et al., 2013] DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 67 6. Therapie Therapie der Exazerbation Nicht-invasive Ventilation (NIV) • Mittels nicht-invasiver Beatmung kann bei der akuten Exazerbation die respiratorische Azidose korrigiert, der Spitalaufenthalt verkürzt und die Mortalität gesenkt werden. • Komplikationen einer invasiven Beatmung (nosokomiale Pneumonien, verlängertes Weaning) können verhindert werden. Indikation: • Schwere Atemnot mit Einsatz der Atemhilfsmuskulatur • Azidose (pH<7,35) und Hyperkapnie (mit PaCO2 > 6kPa) Kontraindikation: • Bewusstseinstrübung und fehlende Kooperation • Kardiovaskuläre Instabilität • Gesichtsverletzungen, erhöhte Aspirationsgefahr, grosse Sputummenge, kürzliche Operationen an Speiseröhre oder Oberbauch DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 68 6. Therapie Therapie der Komorbiditäten • COPD Patienten leiden häufig an multiplen Begleiterkrankungen. • Es gibt keine evidenzbasierte Behandlungsempfehlungen für die Behandlung der Komorbiditäten im Kontext der COPD. • Daher kann vorerst nur eine Behandlungsstrategie der Komorbidität ohne Berücksichtigung der COPD erfolgen. • Untersuchungen, die den Einfluss der Therapie der Komorbiditäten auf den Krankheitsverlauf analysieren, sind notwendig, damit für diese oftmals multimorbiden Patienten evidenzbasierte Behandlungsempfehlungen für die Praxis erstellt werden können. DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 69 Inhalt 1. Definition Seite 06 2. Epidemiologie 08 3. Pathophysiologie 11 4. Klinik: Anamnese und Befunde, Zusatzuntersuchungen 20 5. Diagnose und Differentialdiagnose 27 6. Therapie 41 7. Prognose 71 8. Referenzen 77 DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 70 7. Prognose Prognose Zur Einschätzung der Prognose werden vor allem der BODE-Index und der ADO-Index eingesetzt. Variablen des BODE-Index: Body-Mass-Index, Obstruktion (FEV1), Dyspnoe (mMRC-Skala), Exercise capacity (Leistungsfähigkeit) anhand des 6-Minuten Gehtests Punkte 0 1 2 3 BMI kg/m2 >21 <21 FEV in % >65 50-64 36-49 <35 Dyspnoe Score 0-1 2 3 4 6- min Gehtest in Meter >350 250349 150249 <149 Anhand der erhobenen Variablen werden Punkte vergeben. Die Gesamtpunktzahl kann prognostische Hinweise liefern (folgende Slide). [Celli et al., 2004] DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 71 7. Prognose Prognose BODE-Index Prognoseeinschätzung anhand Gesamtpunktzahl: [Celli et al., 2004] DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 72 7. Prognose Prognose Variablen des ADO-Index: • Alter, Dyspnoe mit Hilfe der mMRC-Skala, Obstruktion anhand des FEV1. Anhand der erhobenen Variablen werden Punkte vergeben. Abhängig von der Punktzahl kann die 3-Jahres-Mortalität aus der Tabelle abgelesen werden. [Puhan et al., 2009; Puhan et al.,2012] DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 73 7. Prognose Prognose: Exazerbation Prognose: Exazerbation Eine erhöhte Anzahl an Exazerbationen ist mit einer höheren Mortalität assoziiert. [Soler et al., 2005] DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 74 7. Prognose Todesursachen bei Patienten mit COPD Todesursachen bei Patienten mit COPD [Rabe, 2007] DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 75 Inhalt 1. Definition Seite 06 2. Epidemiologie 08 3. Pathophysiologie 11 4. Klinik: Anamnese und Befunde, Zusatzuntersuchungen 20 5. Diagnose und Differentialdiagnose 27 6. Therapie 41 7. Prognose 71 8. Referenzen 77 DIAGNOSE UND THERAPIE DER COPD 76 8. Referenzen Referenzen ATS/ERS Statement, Am J Respir Cri Care Med 2003: 818-900 Puhan MA et al. BMJ Open 2012;2:e002152 Blanc PD et al, Thorax 64 (2009) 6-12 Puhan MA et al. Lancet 2009 Aug 29;374(9691):704-11 Bolton CE, et al. Thorax 2013;68:ii1–ii30 Rabe NEJM 2007 ; 356(8): 851-854 Bridevaux et al. Thorax 2008;63:768-774 Redelmeier et al. Am J Respir Crit Care Med 1997: 155. pp 1278 -1282 Calverley et al. 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