Ulrich_EAM_2015 - 11. Endometriosekongress

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Endometriose-assoziierte maligne Tumoren
Prof. Dr. Uwe Andreas Ulrich
Frauenklinik
Brustzentrum / Gynäkologisches Krebszentrum / Endometriosezentrum
Martin-Luther-Krankenhaus • Berlin
11. Endometriosekongress Deutschsprachiger Länder
Köln
25. September 2015
Einleitung
 Auf dem Boden einer Endometriose können maligne Tumoren entstehen.
ca. 80 % davon sind Ovarialkarzinome, ca. 20 % extragonadale Tumoren.
Die direkte maligne Transformation einer Endometriose erscheint möglich.
Histologisch handelt es sich überwiegend um endometrioide oder klarzellige
Tumoren, aber selten auch um andere ovarielle Entitäten, ESS,
Adenosarkome u. a.
Boyraz et al. 2013
Ulrich et al. 2005
Prowse et al. 2006
Vlahos et al. 2010
Schmidt u. Ulrich 2014
Bisherige Definition
Die Endometriose muss in unmittelbarer Nähe des Malignoms gefunden werden;
für den Tumor darf kein anderer Ursprung erkennbar sein;
die histologische Beschaffenheit ist so, dass eine histogenetische Abstammung von
Endometriose möglich scheint.
Sampson 1925
Scott 1953
Brooks u. Wheeler 1977
Blaustein‘s Pathology of the Female Genital Tract 2011
Schmidt u. Ulrich 2014
Histogenese
 Die maligne Transformation kann jedes Gewebe betreffen, in dem auch
Endometriose vorkommt, d.h., vom kleinen Becken über den Nabel bis zur
Pleura praktisch alle potentiellen Manifestationen (Ulrich et al. 2005).
 Entsprechend der Häufigkeit von tief infiltrierender Endometriose des
Darmes (d.h., Rektosigmoids) und des Septum rectovaginale, überwiegen
die Manifestationen bei den extragonadalen endometriose-assoziierten
Karzinomen genau dort.
Extragonadal Malignancy Arising from Endometriosis
Site
Numbers reported in the literature
bowel
rectovaginal
uterus (arising from adenomyosis)
peritoneal
broad ligament and parametrial
urinary bladder
vaginal
fallopian tube
cervix
others (such as umbilicus, pleura,
vulva, omentum etc.)
40 (78 % rectum and sigmoid colon)
18
12
8
6
4
3
2
2
44
total
139
Ulrich et al. Int J Gynecol Cancer 2005
Histogenese
 Die Frage, ob es sich um eine unmittelbare maligne Transformation von
Endometriosezellen über den Weg der Atypie handelt, oder es doch eher so
ist, dass eine Endometriose und ein entsprechendes endometrioides oder
klarzelliges Ovarialkarzinom sich im gleichen „histologischen Milieu“
entwickeln, ist letztlich noch nicht schlüssig beantwortet (Denschlag et al. 2013,
Prowse 2006, Somigliana et al. 2006).
 Eine ovarielle Endometriose stellt zwar keine Präkanzerose im engeren Sinn
dar, repräsentiert wohl aber eine Veränderung, die ein erhöhtes Risiko für
ein Ovarialkarzinom zeigt (sog. präkanzeröse Läsion, Siufi Neto et al. 2013).
Histogenese
 Im Zusammenhang mit der Entstehung von Endometriose-assoziierten
Ovarialkarzinomen wird die atypische Endometriose diskutiert.
 Sie repräsentiert eine morphologisch heterogene Gruppe von
Veränderungen, die Hyperplasien des Endometriums mit oder ohne Atypien
bzw. sog. atypische hobnail-Zellen innerhalb der ovariellen Endometriose
aufweisen (Clement 2007, Schmidt und Ulrich 2014, Seidmann 1996).
Molekulare Befunde
 PTEN Mutationen, die in etwa 50 % der endometrioiden Ovarialkarzinome
vorkommen, und Heterozygotieverlust wurden auch in Endometriosezysten
gefunden
 Inaktivierung des PTEN Tumorsuppressorgens ist möglicherweise einer der
ersten Schritte auf dem Weg der malignen Transformation (Sato et al. 2000,
Swiersz 2002)
 ARID1A Gen-Mutationen wurden in 46 % der klarzelligen- und in 30 % der
endometrioiden Ovarialkarzinome – nicht aber bei den high-grade serösen –
gefunden. Diese Mutationen führen zum Absinken der BAF250a Protein
Expression. Vision, dass dessen Bestimmung eine Voraussage zuließe,
welches Endometriom entarten wird (Siufi et al. 2013)
Risikofaktoren
Endometriose gilt ganz allgemein als Risikofaktor, der die Entstehung
solcher Ovarialkarzinome um 5 Jahre akzelerieren kann (Aris 2010)
Durchmesser von Endometriosezysten des Ovars von ≥ 9cm
Peri- und postmenopausaler Status (Kobayashi et al. 2008)
Die Pat. sind im Durchschnitt 10 Jahre jünger als sonst beim Ovarialkarzinom (Orezzoli et al.
2008)
Überangebot an Östrogenen (Zanetta et al. 2000)
Vorhandensein eines ovariellen Endometrioms im Alter von 10-29 Jahren =
Risikofaktor für ein späteres Ovarialkarzinom (Borgfeldt u. Andolf 2004)
Protektive Faktoren
 Hormonelle Antikonzeptiva, Geburten, eine Sterilisatio und auch eine
Hysterekotmie könnten dagegen das Risiko verringern (Modugno et al. 2004).
Risiko Entartung bei Endometriose
Risiko einer malignen Transformation eines ovariellen Endometrioms mit ca.
2.5% beziffert (van Gorp et al. 2004).
 Prozentuale Breite zwischen 2 und 17 % in einer aktuellen Metaanalyse
(Heidemann et al. 2014).
 In einer weiteren aktuellen Metaanalyse betrug das RR von Patientinnen mit
einer Endometriose für ein endometrioides Ovarialkarzinom 1,75 und für ein
klarzelliges Karzinom 2,80 (Kim et al. 2014).
Risiko Entartung bei Endometriose
 Histopathologisch konnte umgekehrt in 53% der klarzelligen und in 33% der
endometrioiden Ovarialkarzinome eine ovarielle Endometriose
nachgeqwiesen werden (Cuff u. Longacre 2012).
Standardisierte Inzidenz-Ratio (SIR – Vergleich von Patientinnen mit
Endometriose vs. ohne Endometriose) für das Auftreten eines
Ovarialkarzinoms im allgemeinen zwischen 1.3 und 1.9 beziffert (Sayasneh et
al. 2011).
Subgruppe des prospektiven Shizuoka Cohort Study of Ovarian Cancer
Screening (SCOCS) Trial, 6398 Frauen mit Endometriosezysten, über 12
Jahre Nachbeobachtung: insgesamt 46 Ovarialkarzinome (bei lediglich 5.14
erwarteten Fällen) = SIR von 8.95 (95%-KI 4.12-15.3) (Kobayashi et al. 2009)
RR für das Auftreten von Ovarialkarzinom
bei bekannter Endometriose
klarzelliges Ov. Ca.
endometrioides Ov. Ca.
seröses Ov. Ca., G1
RR 3.05
RR 2.04
RR 2.11
muzinöses Ov. Ca.
RR 1.02
seröses Ov. Ca., G3
RR 1.13
Borderline ebenfalls keine Assoziation
(95%-KI 2.43-3.84, p<0.0001)
(95%-KI 1.67-2.48, p<0.0001)
(95%-KI 1.39-3.20, p<0.0001)
(95%-KI 0.69-1.50, p=0.93)
(95%-KI 0.97-1.32, p=0.13)
Pearce et al. Lancet 2012
Klinische Konsequenzen
 Auf Basis bekannter Inzidenzraten und Risikofaktoren sollte die Möglichkeit
einer mit einer Endometriose assoziierten malignen Erkrankung in die
differentialdiagnostischen Überlegungen einbezogen und Patientinnen auch
darüber informiert werden (S2k-Leitlinie Endometriose, Ulrich et al. GebFra 2013).
 Unsere Erfahrungen und die anderer Autoren zeigen, dass bei
endometriose-assoziierten Ovarialkarzinomen
– selten ein Stadium > FIGO II vorliegt
– eher kein Aszites besteht
– die Prognose günstiger
– und eine adjuvante Chemotherapie vielleicht weniger effektiv ist
– die Patientinnen möglicherweise von einer adjuvanten pelvinen Teletherapie
profitieren (vor allem bei extragonadalen Manifestationen auf dem Boden einer
TIE?).
Klinische Konsequenzen
 Aufmerksam werden sollte man, wenn eine peri- oder postmenopausale
Patientin ohne eine Hormonersatzbehandlung über ein Aufflackern der ihr
nur zu gut bekannten Endometriose-Symptome berichtet, obwohl letztere
sich bereits beruhigt hatten. Hier ist eine histologische Abklärung anzuraten,
um ein endometrioseassoziiertes Malignom nicht zu übersehen.
 Bei Endometriose keine Östrogenmonosubstitution in der Postmenopause –
auch nach Hysterektomie (entgegen der Empfehlung in der S3-LL der
DGGG zur Hormonersatztherapie [AWMF Register Nr. 015-062]. Hier sind
Östrogen-Gestagen-Kombinationen oder Tibolon zu empfehlen (S2k-Leitlinie
für die Diagnostik und Therapie der Endometriose [AWMF Register Nr. 015-045])
Prognose EAM
 Einige Autoren fanden bei EAM des Ovars eine günstigere Prognose (PFS
und OS) – und sprachen den ovariellen EAM insgesamt den Status einer
eigenen Entität zu (Boyraz 2013, Erzen et al. 2001, Orezzoli 2008, Scarfone et al. 2014).
 Nicht bestätigt bzgl. des Gesamtüberlebens , wenn eine Adjustierung bzgl.
Alter, Stadium, Differenzierungsgrad und Therapie im Vergleich mit anderen
histologischen Typen (high-grade serös) des Ovarialkarzinoms erfolgte (Davis
et al.2014, Kumar et al. 2011).
 Möglicherweise erscheint die Prognose eben günstiger, weil mehr FIGOStadien I und II vorliegen und oft eine tumorfreie Resektion möglich ist – und
vielleicht nicht per se wegen einer Assoziation mit der Endometriose (Davis et
al. 2014, Denschlag et al. 2013, Kim et al. 2014, Scarfone et al. 2014).
 In der wissenschaftlichen Literatur existieren viele Fallberichte und
Zusammenfassungen von Fallberichten. Es gibt nur wenige gezielte
Analysen eines größeren Krankengutes ausgewertet nach einem definierten
Schema innerhalb eines bestimmten Zeitraumes.
 Das gilt insbesondere für die histologische Beurteilung, so dass eine
Referenzpathologie für solche seltenen Fälle wünschenswert wäre (Kommoss
et al. 2014).
Studie: Endometriose-assoziierte Malignome
Gemeinsames Projekt der SEF und der AGO
Potentielle
Teilnehmer:
Zertifizierte Gynäkologische Krebszentren und zertifizierte
Endometriosezentren in Deutschland, Österreich, Schweiz
Interventionen:
Fragebogen für Zentrum, Fragebogen für Patientin,
Re-Evaluation der histologischen Befunde und
molekularbiologische Untersuchungen in Referenzzentren
(Mannheim, Münster, Leipzig, Berlin Charité)
Zeitraum:
Stand:
Bis Dezember 2015. Erfasst werden sollen die letzten 5 Jahre.
25. 9. 2015: n=102
Studie: Endometriose-assoziierte Malignome
Ansprechpartner: Prof. Dr. U. A. Ulrich, OÄ A. Wunschel
Klinische Arbeitsgruppe:
Studienzentrale und klinisches Zentrum:
Prof. Dr. U. A. Ulrich (Berlin, MLK)
Martin-Luther-Krankenhaus Berlin
OÄ A. Wunschel (Berlin, MLK)
Caspar-Theyß-Str. 27-31, 14193 Berlin
Prof. Dr. S. Renner (Erlangen)
Tel. (030) 8955 3311
Priv.-Doz. Dr. M. Sillem (Mannheim)
Fax (030) 8955 3366
Prof. Dr. K.-W. Schweppe (Westerstede)
E-Mail: [email protected]
Arbeitsgruppe Pathologie:
Prof. Dr. D. Schmidt (Mannheim)
Prof. Dr. E. Wardelmann (Münster)
Prof. Dr. L. Horn (Leipzig)
Prof. Dr. P. Sinn (Heidelberg)
PD Dr. S. Darb-Esfahani (Berlin, Charité)
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
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