Apokalypse

Werbung
Bibel und Literatur
Apokalypse
Vorlesung am 26.1.09
Gliederung
• Apokalyptik im AT und NT
• Rezeption im 17. Jahrhundert
• Gerhart Hauptmann: Hanneles
Himmelfahrt
• Lyrik des Expressionismus
• Ernst Toller: Wandlung
• Apokalyptische Tendenz in den 1980er
Jahren
Apokalyptische Botschaft
• Bedrängnis (Untergang)
• Gericht (Scheidung der Gerechten von
den Ungerechten)
• Neuschöpfung (Glück)
Apokalyptische Texte
• Jes 24-27. 65-66 Ez 37-48 Dan 7; Sach 914; vgl. Ez 1. 17
• Lk 10,17f ; Mt 12,39f Mk 9,11ff. 13,4ff.
[»synopt. Apokalypse«] Lk 17,26ff 16,1931
• 1 Thess 4,13-56; 2 Thess 1,4-10. 2,1-12; 1
Kor 15,20ff; Röm 11,25f.; 2 Kor 12,2-4; 2
Petr 2,4f. 10f. 3,4-13; 1 Joh 2,18; Jud 6ff.
• Offb
Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau:
Auf den Einfall der Kirchen zu St. Elisabeth
Mit starkem Krachen brach der Bau des Herren ein/
Die Pfeiler gaben nach/ die Balcken musten biegen/
Die Ziegel wollten sich nicht mehr zusammen fügen;
Es trente Kalck von Kalck/ und rieß sich Stein von Stein.
Der Mauer hohe Pracht/ der süssen Orgeln Schein/
Die hieß ein Augenblick in einem Klumpen liegen:
Und was itzund aus Angst mein bleicher Mund verschwiegen/
Must abgethan/ zersprengt/ und gantz vertilget seyn.
O Mensch! Diß ist ein Fluch/ der nach dem Himmel schmeckt/
Der dieses Haupt gerührt/ und dein Gemütt erweckt.
Es spricht der Herren Herr/ du solst mit besser ehren;
Die Sünde kommt von dir/ das Scheitern komt von Gott.
Und ist dein Hertze Stein/ und dein Gemüthe todt/
So müssen dich itzund die todten Steine lehren.
Apokalypse-Rezeption im 17.
Jahrhundert
Johann Rist:
Betrachtung der Ewigkeit
Angelus Silesius: Aus:
Sinnliche Beschreibung der vier
letzten Dinge
1.
O Ewigkeit, du Donnerwort,
O Schwert, das durch die Seele
bohrt,
O Anfang sonder Ende!
O Ewigkeit, Zeit ohne Zeit,
Ich weiß für großer Traurigkeit
Nicht, wo ich mich hinwende.
Mein ganz erschrocknes Herz
erbebt,
Daß mir die Zung' am Gaumen
klebt.
1.
Ich bin voll Trost und ewger
Freud,
Voll himmelischer Güte,
Voll Lebens, voller Seligkeit,
Voll Jauchzens im Gemüte,
Wenn ich an dich, du werte Stadt,
Jerusalem, gedenke
Und in dich meiner Sinnen Rad,
Du Liebesland, versenke.
Gerhart Hauptmann: Hanneles Himmelfahrt
(1894)
1. Engel
Auf jenen Hügeln die Sonne,
sie hat dir ihr Gold nicht gegeben;
das wehende Grün in den Tälern,
es hat sich für dich nicht gebreitet.
1. Engel
Wir bringen ein erstes Grüßen
durch Finsternisse getragen;
wir haben auf unsern Federn
ein erstes Hauchen von Glück.
2. Engel
Das goldene Brot auf den Äckern,
dir wollt es den Hunger nicht stillen;
die Milch der weidenden Rinder,
dir schäumte sie nicht in den Krug.
2. Engel
Wir führen am Saum unsrer Kleider
ein erstes Duften des Frühlings;
es blühet von unsern Lippen
die erste Röte des Tags.
3. Engel
Die Blumen und Blüten der Erde,
gesogen voll Duft und voll süße,
voll Purpur und himmlischer Bläue,
dir säumten sie nicht deinen Weg.
3. Engel
Es leuchtet von unsern Füßen
der grüne Schein unsrer Heimat;
es blitzen in Grund unsrer Augen
die Zinnen der ewigen Stadt. Offb
21
Aus: Max Beckmann: Der Untergang von Messina 1909
Karl Henckell: Apokalypse
Ein Feuer seh ich lohen
Fern übers finstere Land,
Ich sehe den Schatten drohen
Einer ungeheuren Hand.
Das Feuer schlägt aus Schloten,
Rauchwolken wirbelnd, empor,
Es flattern die Flammen, die roten,
Wie Banner mit pechschwarzem Flor.
Die Schattenfaust ungeheuer
Ergreift die scharlachne Trophä',
Auf stürzender Städte Gemäuer
Den Fackelbrand schleudert sie jäh.
Es wütet die brodelnde Erde
In grauenerregender Brunst,
Und es wiehern die höllischen Pferde apokalypt. Reiter (Apk 6, 6-17)
Wild durch den blutdampfenden Dunst.
Georg Heym: Der Gott der Stadt
Auf einem Häuserblocke sitzt er breit.
Die Winde lagern schwarz um seine Stirn.
Er schaut voll Wut, wo fern in Einsamkeit
Die letzten Häuser in das Land verirrn.
Vom Abend glänzt der rote Bauch dem
Baal,
Die großen Städte knien um ihn her.
Der Kirchenglocken ungeheure Zahl
Wogt auf zu ihm aus schwarzer Türme
Meer.
Wie Korybanten-Tanz dröhnt die Musik
Der Millionen durch die Straßen laut.
Der Schlote Rauch, die Wolken der Fabrik
Ziehn auf zu ihm, wie Duft von Weihrauch
blaut.
Das Wetter schwelt in seinen
Augenbrauen.
Der dunkle Abend wird in Nacht betäubt.
Die Stürme flattern, die wie Geier
schauen
Von seinem Haupthaar, das im Zorne
sträubt.
Er streckt ins Dunkel seine
Fleischerfaust.
Er schüttelt sie. Ein Meer von Feuer jagt
Durch eine Straße. Und der Glutqualm
braust
Und frißt sie auf, bis spät der Morgen tagt.
Aus: Georg Heym: Der Krieg
Eine große Stadt versank in gelbem Rauch,
Warf sich lautlos in des Abgrunds Bauch.
Aber riesig über glühnden Trümmern steht
Der in wilde Himmel dreimal seine Fackel dreht,
Über sturmzerfetzter Wolken Widerschein,
In des toten Dunkels kalte Wüstenein,
Daß er mit dem Brande weit die Nacht verdorr,
Pech und Feuer träufet unten auf Gomorrh.
Gen 19; Mk 6, 11
Ernst Toller (1893-1939)
• Jude aus einem Städtchen im heutigen Polen,
Kriegsfreiwilliger, revolutionärer Pazifist, Mitglied
der Münchner Räterepublik, Festungshaft in
Eichstätt und Niederschönenfeld, schreibt in der
Haft. 1933 Emigration nach den USA, Suizud
1939
• 1919 Uraufführung von Die Wandlung. Das
Ringen eines Menschen
• Weitere expressionistische Dramen: Masse
Mensch (1920), Die Maschinenstürmer (1922),
Hinkemann (1923), Hoppla wir leben (1927)
Aus: „Aufrüttelung“, Vorspruch zu
Wandlung:
Ein Bruder, der das große Wissen in sich trug
Um alles Leid und alle Freude,
Um Schein und quälende Verachtung,
Ein Bruder, der den großen Willen in sich trug,
Verzückte Tempel hoher Freude zu erbauen
Und hohem Leid die Tore weit zu öffnen,
Bereit zur Tat.
Der ballte lodernd harten Ruf:
Den Weg!
Den Weg!
Du Dichter weise.
Endzeitstimmung der 1980er
•
•
•
•
•
•
Christa Wolf: Kassandra (1983)
Irmtraud Morgner: Amanda (1983)
Gerhard Zwerenz: Der Bunker (1983)
Günter Grass: Die Rättin (1986)
Christa Wolf: Störfall (1987)
Christoph Ransmayr: Letzte Welt (1988)
Herunterladen