Akte Astrologie

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Gunter Sachs und die „Akte Astrologie“
Leseprobe
Aus Seite 6: Der Anlass für diese Analyse
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Der insgesamt entstehende Eindruck einer nur beschränkt sachlich fundierten
Kritik war einer der Anlässe für diesen Text. In ihm werden die Ergebnisse der
einzelnen Buchkapitel, nach einigen Anmerkungen zur Problematik statistischer Untersuchungen der Astrologie, zu Methodik und methodischen Schwächen der Sachs’schen Arbeit und zu Gemeinsamkeiten und Unterschieden
zwischen Astrologie und Psychologie, zu astrologisch begründeten Ergebniserwartungen in Beziehung gesetzt.
Dabei werden einige Ergebnisse, die große Kollektive betreffen, direkt astrologisch plausibel. In der Mehrzahl der Fälle sind sie aber aus verschiedenen Gründen infrage zu stellen, zumindest aber zu relativieren. Teils können Effekte einer
sich selbst erfüllenden Prophezeiung vorliegen, teils erscheinen die untersuchten Kollektive in Anbetracht der offensichtlich nur schwachen astrologischen
Effekte als zu klein. Vereinzelt machen auch Ungenauigkeiten eine abschließende Beurteilung unmöglich. So ist beispielsweise nicht klar, ob es sich im
Kapitel „Wer fährt wie“ nur um Unfallverursacher oder um alle an Unfällen
beteiligten Fahrer handelt. Auch setzt Sachs „ledig“ mit „allein lebend“ gleich.
Weiterhin werden Ergebnisse verschiedener Kapitel zueinander in Beziehung
gesetzt, was neue Erkenntnisse ermöglicht. Unter anderem wird der in Sachs’
Resultaten enthaltene scheinbare Widerspruch „männliche Steinböcke heiraten
am seltensten“ und „männliche Steinböcke über 30 sind am seltensten ledig“
aufgelöst, da er sehr einfach erklärbar ist. Auch werden neue Auswertungen
vorgenommen, wodurch einige von Sachs nicht dargestellte oder bemerkte
Bedeutungen seiner Ergebnisse offenbar werden.
Zuletzt erfolgt eine Auflistung der im Text im Zusammenhang mit den einzelnen Tierkreiszeichen genannten Begriffe, um die astrologische Differenzierung
zwischen den 12 Zeichen zu verdeutlichen. Schließlich wird noch auf mögliche sinnvolle Ergänzungen der Sachs’schen Untersuchungen hingewiesen.
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Aus Seite 8/9: Statistik und Astrologie
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Aus diesem Sachverhalt ergibt sich ein grundsätzlicher Kritikpunkt auch an
Sachs’ Untersuchung. Sie ist aus astrologischer Sicht fragwürdig, da mit ihr versucht wurde, die isolierte Wirkung eines einzelnen astrologischen Faktors aus
einer komplexen Gesamtwirkung herauszufiltern. Wenn dieser im hier untersuchten Fall der Sonne auch der stärkste und wichtigste sein soll – die Ergebnisse müssen teilweise in die Irre führen. Denn die Wirkung der Zeichen wird
auch über Mond und Planeten vermittelt. Wenn zum Beispiel eine Häufung der
Sonnenstellung im Zeichen Jungfrau gefunden wird, kann das leicht dadurch
zustande kommen, dass in den Nachbarzeichen Löwe oder Waage zwei oder gar
drei Planeten stehen. Die Entwicklung des betreffenden Merkmals wurde dann
möglicherweise nicht durch den Einfluss der Jungfrau auf die Sonne, sondern
durch die Einflüsse von Löwe oder Waage auf die Planeten gefördert. Das
Merkmal ist dann nicht typisch für die Sonne in Jungfrau, sondern für die Planeten im Nachbarzeichen. Resultat ist die Zuordnung des Merkmals zum falschen
Zeichen.
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Aus Seite 27-30: Interesse an Astrologie
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Sachs wertete die Verkaufszahlen einer Reihe von 12 Astrologiebüchern über
die Bedeutung der 12 Tierkreiszeichen aus ( 51 ff.). Die Prüfung der Zeichenverteilung der 313 368 verkauften Bücher ergab das auffälligste Ergebnis aller
durchgeführten Analysen. Bei 10 der 12 Zeichen zeigen sich statistisch hochsignifikante Abweichungen von den Erwartungswerten:
Grafik 8: Verkaufte Astrologiebücher: Abweichungen von den Erwartungswerten in Prozent
Wieder fällt die Ungleichverteilung in den beiden Hälften auf. Die Bücher über
die Zeichen der zweiten Hälfte wurden 7194 Mal häufiger als erwartet gekauft,
die über die der ersten entsprechend seltener.
Schlude (s. S. 5)8 bietet eine mögliche Erklärung dafür an: Ein solches Buch diene in der nebligen Jahreshälfte als Verlegenheitsgeschenk zum Geburtstag des
Partners/der Partnerin, während es im Juni (Minimum in Zwillinge) in dieser
Funktion durch den Reiseführer für den anstehenden Sommerurlaub ersetzt
werde.
Das leuchtet ja fast ein. Noch besser wäre seine Erklärung natürlich gewesen,
wenn er das Maximum in Skorpion mit der Novemberdepression erklärt hätte:
Das psychische Tief der Beschenkten lässt ihre PartnerInnen der Astrologie
anheim fallen, und sie opfern den Göttern ihr Geld, indem sie es gegen Aus geburten des Aberglaubens eintauschen, um so den drohenden Suizid des Partners zu verhindern.
Nun sind dem wohl durchaus phantasiebegabten Herrn aber einige Details
entgangen. Wie erklärt er die sogar innerhalb der „nebligen Hälfte“ signifikante Abweichung bei Skorpion? Wenn im Sommer der Reiseführer im Vordergrund steht: Warum wurde dann das Buch über Zwillinge (Mai/Juni) zwar
am seltensten gekauft, aber ausgerechnet das Krebs-Buch (Juni/Juli) hochsignifikant häufig? Und, besonders wichtig: Wieso liegt die durchschnittliche
Abweichung bei den je drei Zeichen der astrologischen Elemente Feuer, Erde
und Luft bei -0,8%, -3,6% und -1,3%, während sie bei den Wasser-Zeichen
+6,6% und bei diesen sogar ohne Skorpion noch +3,6% beträgt?
Astrologisch ist eine Erklärung möglich. Die Bücher über Skorpion, Schütze
und Fische waren am häufigsten verkauft worden. Astrologisch wird den Zeichen Fische und Skorpion die intensivste Förderung eines Interesses an nicht
offensichtlichen, „metaphysischen“ Zusammenhängen unterstellt. f Die Verteilung
der Verkaufszahlen bestätigt diese Behauptung.
Das Zeichen Schütze soll die Maximierung der persönlichen Entfaltung, die
„Expansion“ im ideellen Sinne, besonders bedeutsam werden lassen. g Der
f Sachs selbst wurde am 14.11.1932 bei Sonne in Skorpion und einem geozentrischen
120°-Winkel (Trigon) zwischen Sonne und Pluto, der astrologisch dem Zeichen
Skorpion zugeordnet wird, geboren. Wenn die überlieferte Geburtszeit (7 Uhr)
zutreffend ist, stand auch der Aszendent in Skorpion.
g Der erwähnte Thomas Ring, ein Reformator der Astrologie, wurde bei Sonne in
Schütze geboren.
Bezug zur Astrologie kann hier indirekt entstehen. Sie repräsentiert ja etwas, das
die natürliche irdisch-materielle Begrenzung zu überwinden scheint. So korreliert das Interesse an ihr durchaus mit der Thematik einer solchen ideellen Entfaltung: Die Astrologie ist eine alle Grenzen überwindende „expansive Idee“.
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Aus Seite 37-39 : Die Nachbarzeichen der Sonnenstellung
In diesem Kapitel nehme ich einen kleinen Exkurs in astrologische Zusammenhänge vor. Er soll endgültig verständlich machen, weshalb isolierte Auswertungen der Sonnenstellungen, wie sie von Sachs und anderen durchgeführt wurden,
nur eine sehr beschränkte Aussagekraft besitzen.
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Da nun Merkur wie Venus in rund 50% und Mars in 30% aller Fälle in einem
Nachbarzeichen der Sonne stehen, können Ähnlichkeiten in den beruflichen
Orientierungen wie auch bei anderen Merkmalen zwischen zwei oder auch drei
benachbarten Zeichen entstehen. Diese sind dann aber nicht durch die Sonne
bedingt, sondern vornehmlich durch Merkur und/oder Venus bzw. Mars.
Zur Verdeutlichung dieses Zusammenhangs ein typisches Beispiel:
Wie bereits oben dargestellt, sind in der Statistik der Berufe bei den Unternehmern nur die Löwen hochsignifikant zu häufig vertreten ( 141). Das entspricht
der astrologischen Erwartung: Löwen sollen die „geborenen Unternehmer“
sein. Als einzige weitere positive Abweichung liegt eine schwache Signifikanz
beim Nachbarzeichen Jungfrau vor. Dessen astrologischer Einfluss soll nun
aber keine Neigung zum Unternehmertum provozieren. Die Erklärung für die
dennoch vorhandene leichte Häufung: Wenn zwischen 1930 und 1969 (die
Geburtsjahrgänge der zugrunde liegenden Bezugspopulation) die Sonne in
Jungfrau stand, stand Merkur in ungefähr 14%, Venus in 25%, Mars in 17%
und der Mond in 8% der Fälle in Löwe. Für den leicht erhöhten Unternehmeranteil bei den Jungfrauen muss also nicht die Sonne verantwortlich sein – die
häufigen gleichzeitigen Stellungen von mindestens einem der vier Himmelskörper in Löwe können diesen Effekt bedingen. …...
Seite 46: Astrologie und Demoskopie
Im zweiten Teil seines Buchs stellt Sachs Auswertungen von Umfragen des
Instituts für Demoskopie Allensbach zu ganz unterschiedlichen Themen dar. 15
Umfrageergebnisse unterscheiden sich naturgemäß erheblich von feststehen den Sachverhalten. Die Menge verkaufter Astrologiebücher, die Anzahl geschlossener Ehen, die Anzahl der Studienbewerber oder der Straftäter etc. sind
gegeben. Antworten bei demoskopischen Interviews aber sind, wie auch die
Berufsangaben bei der Schweizerischen Volkszählung, nicht überprüfbar und
von „Lust und Laune“ der Befragten abhängig. So wird es bei etlichen Fragestellungen leicht möglich, dass demoskopische Resultate zum Teil durch
verbreitete allgemeine, nicht inhaltsbezogene Reaktions- und Verhaltenstendenzen verfälscht werden und dadurch nur begrenzt aussagekräftig sind.
Auch ist die Gefahr von Auswirkungen astrologischen Wissens direkt erhöht:
Ich bin Widder, also bin ich aktiv, ich bin Waage, also bin ich tolerant. Infolge der subjektiven Selbstwahrnehmung können dann Antworten, die mit diesen Eigenschaften in Beziehung stehen, dem objektiven Ausmaß von Aktivität und Toleranz
leicht widersprechen. Die Subjektivität der Antworten erlaubt, wenn Selbsteinschätzungen abgefragt werden, keine Rückschlüsse auf ihren Wahrheits gehalt. Insgesamt können vermehrt Ergebnisse resultieren, die astrologische
Hypothesen scheinbar bestätigen. Zu solchen Effekten der sich selbst erfül lenden Prophezeiung folgen auf Seite 57 noch einige Anmerkungen.
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Seite 50: Qualität und Element
Sachs listet alle bei der Auswertung der Allensbacher Umfragen gefundenen
signifikanten Abweichungen von den Erwartungswerten auf ( 232 ff.). Dabei
handelt es sich zwar zum großen Teil um Verhaltensmerkmale, die kaum astrologisch begründeten Tendenzen zuzuordnen sind. Beispielsweise lassen sich
daraus, dass Wassermänner überdurchschnittlich selten tiefgefrorene Familienpackungen Eis kaufen, schwerlich Schlüsse auf Zusammenhänge zwischen
Astrologie und Verhalten ziehen. Gleiches gilt für die Steinböcke, die überdurchschnittlich häufig zu Gewürzsoßen in Flaschen neigen.
Eine ganz oberflächliche Betrachtung der Verteilung der Häufigkeiten von
insgesamt 87 Signifikanzen auf die einzelnen Zeichen, die die zum Teil recht
skurrilen, von Sachs als „bizarr“ bezeichneten Inhalte nicht berücksichtigt,
ergibt aber einen auffälligen Befund.
Die größte Anzahl an signifikanten Abweichungen, nämlich 13, weisen die Personen mit der Sonne in Fische auf, gefolgt von Zwillinge und Schütze mit je
11. Die geringste Anzahl liegt vor bei Steinbock (1, Gewürzsoßen, s.o.), Jungfrau (2) und Wassermann (3). Bei den übrigen sechs Zeichen wurden zwischen
6 und 9 signifikante Abweichungen gefunden.
Die sechs genannten, am deutlichsten vom Mittelwert aller Zeichen (7,25) abweichenden Ergebnisse korrelieren mit astrologischen Annahmen:
Fische-Einfluss thematisiert u.a. die Beeinflussbarkeit durch Außenreize, was eine
dadurch eingeschränkte Abgrenzung bedingen und eine erhöhte Ablenk barkeit, „Verführbarkeit“, zur Folge haben kann. Die Häufung von Verhaltensbesonderheiten ist daher auf ein erleichtertes intensives „Anspringen“
auf verschiedene Themen und Reize zurückzuführen.
Schütze-Einfluss thematisiert die expansive Optimierung der Gesamtpersönlichkeit. Hier ist das gesteigerte Interesse an verschiedenen Dingen und
Beschäftigungen als Folge des Expansions- und Maximierungsbedürfnisses
zu verstehen.
Zwillinge-Einfluss thematisiert unter anderem Flexibilität und Neugier. Die
Folge ist Schütze-ähnlich, allerdings mit dem Unterschied, dass die Motivation zur Entwicklung betonter Interessen und Merkmale durch „die Dinge
an sich“ begründet ist, ohne das übergeordnete Ziel einer verbesserten Selbstverwirklichung.
Diese drei Zeichen sind drei der vier mit der astrologischen Qualität flexibel.
Bei ihnen soll eine Neigung zur Ablehnung von Festlegungen gefördert wer den. Mit dieser Variabilität wurden bei den Zwillingen bereits die fehlenden
Signifikanzen bei den Berufen begründet. Hier verhält es sich dementsprechend: Eine große Anzahl von Interessen und Verhaltensmerkmalen tritt signifikant in den Vordergrund. Es liegt also eine Korrelation zur Berufswahl vor:
Je größer die Vielfalt in der Entwicklung betonter Interessen, desto geringer
die Bevorzugung bestimmter Berufe – die Vielfalt verhindert die Bevorzugung.
Für eine solche sind die Interessen zu breit gestreut.
Bei Schützen verhält es sich ähnlich, bei den Fischen besteht eine überdurchschnittliche Häufigkeit sowohl bevorzugter Berufe als auch allgemeiner Interessen.
Steinbock-Einfluss thematisiert Normen und Regeln. Er fördert damit die Auseinandersetzung mit dem allgemein Üblichen. Die betonte Unauffälligkeit
Steinbockbeeinflusster ist daher als Ausdruck einer Orientierung an Durchschnittsnormen des Verhaltens erklärbar.
Ähnliches gilt für Jungfrau-Einfluss. Eine Folge der durch ihn provozierten
Betonung des Themas sachliche Ordnung kann ebenfalls eine Tendenz zur
Anpassung an Normen sein. Begeisterung für irgendetwas ist, ganz sachlichnüchtern betrachtet, nicht besonders sinnvoll, da sie Instabilitäten auslösen
und Unordnung verursachen kann.
Damit unterscheidet sich Jungfrau, das vierte flexible Zeichen, ganz stark
von den anderen drei. Es gehört dem astrologischen Element Erde an. Die
diesem entsprechende „elementare Bodenständigkeit“ (s.o.) überwiegt hier
sehr deutlich gegenüber der „qualitativen Flexibilität“.
Wassermann-Einfluss schließlich thematisiert Objektivität und fördert tendenziell eine sehr rationale Betrachtung der Welt aus einer Art höheren Warte.
Die konkreten „kleinen Dinge des Lebens“ treten in ihrer Bedeutung zurück
und werden nicht besonders intensiv beachtet. Die Begeisterungsfähigkeit
für sie wird eingeschränkt.
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15 Institut für Demoskopie Allensbach, Allensbacher Werbeträger-Analyse
1995/96, IfD-Archiv-Nr. 6020 und 6026, S. 223 ff.
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