Gonorrhoe/ Tripper (N.gonorrhoea) Wichtig .................................................................................................................................................................................... Aetiologie / Epidemiologie ....................................................................................................................................................... Klinik ....................................................................................................................................................................................... Diagnostik ............................................................................................................................................................................... Therapie .................................................................................................................................................................................. Partnerinformation / Behandlung ............................................................................................................................................ Info / Quellen ........................................................................................................................................................................... Guidelines.ch - Medizinische Leitlinien für Diagnostik und Therapie 1 1 1 2 2 3 4 Guideline: Gonorrhoe/ Tripper (N.gonorrhoea) 13.02.2017 Wichtig Beachte auch allgemeine Aspekte zu Sexuell übertragbaren Krankheiten ■ ■ ■ ■ Alle Partner der letzten 60 Tage vor Infektion: Information, Testung und Behandlung HIV / Lues-Testung bei Risikoverhalten Ev. Hepatitis B Testung und Imfpung Pharyngeale und rektale Infektionen verlaufen in > 90% asymptomatisch Cave Resistenzproblematik ■ ■ ■ ■ Deutliche Zunahme von Cephalosporin-Resistenz Zur Prävention von Resistenzbildung zwingend Ceftriaxon PLUS Azitrhomycin (Synergismus) Behandlungserfolg kontrollieren bei Rezidivtherapie Kultur (mit Resistenzprüfung) bei Rezidiv oder schlechtem Ansprechen (>2d) Aetiologie / Epidemiologie ■ ■ ■ Infektion über Sexualkontakte (häufig kombiniert mit Chlamydien) Häufig bei Männern 25-34 J, Risiko: MSM oder Kontakt mit Prostituierten Epidemiologie CH s. Grafik Klinik Mann: oft symptomatisch ■ ■ ■ ■ ■ ■ Urethritis (purulenter Ausfluss, Dysurie) Epididymitis, gelegentlich Hodenschwellung Proktitis Pharyngitis asymptomatische Träger möglich (bes. pharyngeale und rectale Infektionen) Klinik kann ähnlich sein wie bei Clamydien-Urethritis Frau: meist asymptomatisch, wenn Symptome ■ ■ ■ ■ ■ ■ Cervizitis (purulenter vaginaler Ausfluss, vaginaler Pruritus, Dyspareunia) Urethritis (Dysurie) Proktitis Pelvic inflammatory Disease (PID), Unfruchtbarkeit Oropharyngeale Infektion Schwangerschaft: vorzeitiger Blasensprung, Frühgeburt, Chorioamnionitis, septischer Abort, Ophtalmia neonatorum, oropharyngeale Infektion ● ● ● ● ● Disseminierte Formen (DGI) Gonorrhoe kann in ein generalisiertes Stadium übergehen: ■ Diagnosekriterien Guidelines.ch - Medizinische Leitlinien für Diagnostik und Therapie 1 Guideline: Gonorrhoe/ Tripper (N.gonorrhoea) 13.02.2017 Bestätigte DGI → Positive Kulturen aus Blut, Synovial-flüssigkeit, Hautbiopsien Wahrscheinliche DGI → Positive Kulture anogenital oder oropharyngeal PLUS typische Klinik Mögliche DGI → Typische Klinik und gutes Ansprechen auf Therapie, negative Kultur Arthritis-Dermatitis-Syndrom (Haut: mehrere schmerzlose nekrotisierende Pusteln auf erythematösem Grund, häufig an Extremitäten, Tenosynovitis Mono-, Polyarthritis (Handgelenk, OSG, MCP-Gelenk, Knie): purulente Arthritis Meningitis Endocarditis (rasch progrediente Zerstörung der Klappe) ● ● ● ■ ■ ■ ■ Diagnostik Allgemeine Aspekte ■ ■ Zur Inkubationszeit s. STD-allgmein Siehe auch: Sexualanamnese Syndromische Therapie ohne Diagnostik vermeiden ■ ■ Nur bei typischer Klinik Unbedingt Ergänzungsmeldung an Kt-Arzt schicken Diagnostisches Standardvorgehen ■ ■ ■ ■ Wenn immer möglich Diagnose mit PCR sichern (Epidemiologie) Vor Beginn einer Antibiotikatherapie sollte eine Kultur angelegt werden um Resistenzen zu erkennen Bei typischer Klinik (eitriger Ausfluss urethral/zervikal) ► sofort nach Probenentnahme behandeln Bei pos. Laborbestätigung schickt Kantonsarzt automatisch Ergänzungsmeldung Probenentnahme / Versand ■ PCR (spezielle Tupfer/Transportmedium) Urethritis Mann: Erstrahlurin (5-10ml) Cervicitis Frau: Vaginalabstrich ev. Pharynx, Analkanal Versand: Raumtemperatur Kultur: Sofortiger Transport ins Labor (s. Spezialmedium: eSwab für PCR und Kultur aus gleichen Material) ● ● ● ■ ■ Meldepflichtige Erkrankung Meldeformular Gonorrhoe (klinisch) für BAG nach bestätigter Labordiagnostik Kosten ■ ■ PCR: Go / C-trach. Gleichzeitig: CHF 95.- (+25.- pro Auftrag) Kultur: CHF 50.- (neg: CHF 42.-) Therapie ⇒beachte Hinweise zur Resistenzproblematik Urethritis, vaginale, anale oder Oropharyngeale Gonorrhoe Guidelines.ch - Medizinische Leitlinien für Diagnostik und Therapie 2 Guideline: Gonorrhoe/ Tripper (N.gonorrhoea) ■ ■ 13.02.2017 Ceftriaxon 1 g i.v. (alternativ mit 4ml Lidocain 1% statt aqua ad inj. aufziehen und i.m. spritzen) PLUS Azithromycin 1 g p.o. Einmaldosis Disseminierte Gonorrhoe ■ Ceftriaxon 2 g i.v. alle 24 h für 7 d evt. Wechsel auf p.o. nach 24-48 h sobald Klinik besser, bei negativer Resistenzprüfung: Cefixim 400 mg alle 12 h p.o.) ● Cephalosporin-Allergie ■ ■ Nur wenn tatsächlich gesicherte, schwere Allergie Azithromycin 2 g einmalig p.o., Therapieerfolg klinisch nachkontrollieren Partnerbehandlung, Infektiosität ■ Alle Partner der letzten 60 Tage kontaktieren: Information, Testung und gleichzeitige Behandlung (wegen Infektiosität!) Kein oder geschützter Geschlechtsverkehr für 1 Woche nach Therapiestart Oralverkehr ist auch ansteckend! Bei verzögertem Therapieansprechen (>2d): Resistenz überprüfen, kein Sex! ● ■ ● ● Partnerinformation / Behandlung Grundsätze ■ ■ ■ ■ Zeitgleiche Behandlung der regelmässigen Sexualpartner ist Voraussetzung für langfristigen Therapieerfolg. Den meisten Menschen fällt die Partnerinformation schwer, wegen 1. Scham und 2. der Angst, den Partner oder die Partnerin zu verlieren. Je enger das sexuelle Netzwerk, desto stärker rückt das Eigeninteresse bei der Partnerinformation in den Vordergrund. Diese Motivation ist nicht zu unterschätzen. Grundlage jeder Partnerinformation ist eine umfassende Sexualanamnese. Methoden der Partnerinformation 1. Patient kennt die Partner, möchte sie informieren Patient informiert Partner und schickt diese zum selben Arzt ► beste, bevorzugte Methode, falls möglich. Patient informiert Partner, Verlauf Nachkontrolle unbekannt ► unbefriedigend. Besser: Notiz mitgeben, nachbehandelnder Arzt soll sich zur Rücksprache bei der Instanz der Erstdiagnose melden 2. Patient kennt die Partner, möchte aber nicht informieren Patient gibt Kontaktinformation an den Arzt weiter; dieser informiert die möglichen Indexpersonen ohne seine Informationsquelle anzugeben. 3. Patient kennt die Partner nicht, aber den Ort der Infektion Kommerzieller Sexort - Bordell, Sauna, Sexkino, Darkroom: ► Evtl. Betreiber informieren, damit dieser z.B. einen Aushang macht für eine Testempfehlung. Private Sexparty, Swingerclub, etc.: ► Evtl.Telefonnummer des Organisators erfragen, damit dieser ggf. die weitere Partnerinformation übernimmt. Bei allen anderen Orten erfolgen in der Regel keine weiteren Massnahmen. In Einzelfällen Besprechung je nach Situation mit Kantonsarzt, etwa bei lokalen Ausbrüchen (z.B. sexuell übertragene Hepatitis A, Shigellen) ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ Tips zur Partnerinformation ■ ■ Konkrete Sprache benutzen. Statt vage von Sex konkret von Sexualpraktiken sprechen: z.B. "Oralverkehr" ("Blasen", "Lecken"), "Analverkehr" ("eindringend/aufnehmend", "Sind Sie beim Analverkehr der eindringende oder aufnehmende Partner oder beides?" statt "aktiv/passiv")... Oralverkehr immer separat und gezielt ansprechen. Wird von vielen nicht als "Sex" begriffen. Guidelines.ch - Medizinische Leitlinien für Diagnostik und Therapie 3 Guideline: Gonorrhoe/ Tripper (N.gonorrhoea) ■ ■ ■ ■ ■ ■ 13.02.2017 Deutlich machen, dass es bei STI auch um "geschützte" Kontakte geht. Patienten geben häufig nur die Partner an, mit denen sie "ungeschützte" Kontakte hatten. Präventionsbotschaften verdeutlichen ("Kondome schützen nur vor Schwangerschaft und HIV") Unterstreichen, dass STI häufig asymptomatisch sind, vor allem "im Hals", "anal" und "vaginal". Unterstreichen, dass Partner nicht warten sollen, bis sie Symptome haben oder sie ebenfalls positiv gestestet wurden. Offene Fragen stellen: "Wen werden Sie informieren?" - "Übernehmen Sie die Benachrichtigung selbst oder soll ich das für Sie tun?" Medikamente für die Partnerbehandlung können auch mitgegeben werden. Therapie ■ ■ ■ ■ Partnertherapie bei bakteriellen / parasitären STI ist in aller Regel eine empirische Therapie ► keine Testung der Sexualpartner, bzw. vor Tx nicht erst Testergebnisse abwarten Möglichst zeitgleiche Therapie mit demselben Antibiotikum. Fortgesetzte Sexualkontakte zwischen den gleich(zeitig) behandelten Partnern sind möglich. Ausnahmen von dieser Regel sind z.B. Syphilis, wenn der letzte Sexualkontakt mehr als 90 Tage zurückliegt. Keine Partnerbehandlung bei viralen STI wie HIV, Virushepatitis, Genitalherpes, Condylomata ... Zeitfenster - wie welche Sexualpartner sollen informiert werden? ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ Grundregel: Das Zeitfenster ist für bakterielle Infektionen kürzer als für virale; für symptomatische kürzer als für asymptomatische; bei der Syphilis stadienabhängig (Primäre < Sekundäre Lues < Lues latens usw.) Ulcus molle: bis 10 Tage vor Symptombeginn Symptomatische Gonorrhoeo: 10 bis 30 Tage vor Symptombeginn Filzläuse und Skabies: bis 30 Tage vor Symptombeginn Asymptomatische Gonorrhoe, CT, MG, UU, etc., Donovaniosis: bis 60 Tage Primäre Syphilis: bis 90 Tage Sekundäre Syphilis: bis 6 Monate Info / Quellen ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ CH-Guidelines Gonorrhoe (SMF 2014: GO Neue Empfehlungen Dg & Th) www.anresis.ch (Resistenzlage CH) UK Guidelines 2011 STD Europäische Guidelines Gonorrhoe CDC Guidelines STD 2015 BAG: HIV- und STI-Fallzahlen 2014 (Bulletin 18.5.14) Ceftriaxon iv/im: Chisholm et al. JAC 2010 und Fachinformation Rocephin® (Pharmakokinetik) Verantwortlicher Autor: Pietro Vernazza Erstellt am: 29.01.2013 Letzte Änderung: 12.12.2016 Publizierte Version: 7.1.0 Gültig für: BAG (27.10.2016, Pietro Vernazza) KSSG / Infektiologie (27.10.2016, Pietro Vernazza) Guidelines.ch - Medizinische Leitlinien für Diagnostik und Therapie 4