3.4 Metastasen

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3 Tumoren und tumorähnliche Läsionen des Skeletts und der Weichteile
3.4
Metastasen
Metastasen sind der häufigste Knochentumor. Sie sind ab
dem 40. Lebensjahr die primäre Differenzialdiagnose einer Osteodestruktion oder einer sklerosierenden
Knochenläsion.
Die Einnistung und das Wachstum von Tumorzellen im
Rahmen der Skelettmetastasierung beruhen auf einer
Störung der Balance von Osteoklasten- und Osteoblastentätigkeit.
Immer noch gültig ist die schon von Paget formulierte ¹Seed-andSoil-Theorieª, derzufolge Tumorzellen (seed) und Organmilieu des
Knochens (soil) eine spezielle Affinität aufweisen müssen. Tumorspezifische Faktoren der Primärtumoren und die Ortsantwort im
Knochenmark bestimmen die Art der Dysregulation des Knochenabbaus und -wiederaufbaus und damit das radiologisch erfassbare
Bild osteolytischer, osteoblastischer oder gemischt lytisch-blastischer Metastasen. Nach heutigem Wissensstand steht die hämatologische Ausbreitung der Tumorzellen eindeutig im Vordergrund.
Grundsätzlich sind für die Skelettmetastasierung aber auch direkte
Infiltrationen und eine lymphatische Ausbreitung möglich.
PATHO
Leitsymptomistderdumpfe,intermittierendeSchmerz.
Allgemeinsymptome wie Gewichtsabnahme, Schwächegefühl und Müdigkeit sind Folge der Tumorgeneralisierung. Die
Entzündungsparameter können erhöht sein. Bei massiver Osteodestruktion durch Metastasen ist ein Hyperkalzämiesyndrom zu beachten.
Alter: Metastasen im Skelett werden in aller Regel erst ab dem
40. Lebensjahr beobachtet. Ausnahmen sind unter anderem:
Neuroblastom-Metastasen beim Kind
Mammakarzinom-Metastasen bei jungen Frauen
Seminom-Metastasen bei jungen Männern.
Lokalisation: Metastasen können in allen Knochen vorkommen. Die Wirbelsäule, generell das Achsenskelett und der Schädel,
sind der bevorzugte Sitz. Als Regel gilt: Je peripherer ein Knochen,
desto seltener ist er von Metastasierung betroffen. Aus diesem
Grund sind Metastasen an Händen und Füûen Seltenheiten. Es handelt sich dann meist um Metastasen des Bronchialkarzinoms.
KLINIK
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·
!
Nur 10% der Skelettmetastasen sind primär solitär.
Tabelle 3.4 Primärtumoren mit häufiger Skelettbeteiligung
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±
±
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Mammakarzinom
Prostatakarzinom
Bronchialkarzinom
Hypernephroides Karzinom
Karzinome des Gastrointestinaltraktes
Schilddrüsenkarzinome
Die röntgenologischen Befunde sind sehr variabel:
Herde. Solitäre Aufhellungen mit unscharfer,
· Osteolytische
selten auch scharfer Berandung sind häufig (Abb. 3.118).
Das Destruktionsmuster reicht jedoch von mottenfraûartigen bis zu infiltrativ-permeativen Befunden. Sklerotische
Ränder sind nie oder sehr selten zu finden. Die Periostreaktion ist ausgesprochen variabel. Ein Einwachsen der Metastase in die Weichteile nach Kortikalisdestruktion ist häufig
schon im Röntgenbild zu sehen.
Die lytische Destruktion findet sich bevorzugt beim Bronchial-, Nieren- und Schilddrüsenkarzinom, aber auch bei kolorektalen und Mammakarzinomen.
(osteoblastischer Typ) unter· Knochenverdichtungen
schiedlicher Gröûe. Die Dichtezunahme umfasst umschriebene kleine Flecken bis hin zu einem Befall des ganzen Knochens (Abb. 3.122 u. 3.123). Die Berandung der Sklerosen ist
in der Regel unscharf.
Dieser Metastasentyp ist bei Prostata-, Mammakarzinomen,
seltener (ca. 20%) auch bei gastrointestinalenTumoren (z.B.
Kolonkarzinom, Karzinoid) anzutreffen.
gemischtförmiger lytisch-blastischer Typ ist Ausdruck
· Ein
des Nebeneinanders von osteolytischen und osteosklerotischen Herden, die miteinander konfluieren (Abb. 3.120 u.
3.124). Mamma- und Prostatakarzinome, gastrointestinale
Tumoren und Bronchialkarzinome können Ursache dieses
Metastasierungstyps sein.
Sonderformen sind:
Zystisch-expansive Metastasen. Es liegt eine Infiltration in die
Weichteile vor; die Kortikalis ist dabei weitgehend zerstört
(Abb. 3.119). Die Tumoranteile sind von feinen, periostalen
Knochenreaktionen umgeben, die den Eindruck einer ¹seifenblasenartigenª Läsion hervorrufen. Dieser Typ ist selten und
wird bevorzugt bei Nieren- und Schilddrüsenkarzinomen beobachtet.
Kortikale/periostale Metastasen. Es handelt sich um Osteolysen mit permeativen oder mottenfraûähnlichem Muster in der
Kortikalis (Abb. 3.125 a, b).
RÖ
Die Szintigraphie mit 99 mTechnetium-Diphosphonaten ist die Basisdiagnostik bei der Metastasensuche. Die Szintigraphie wird dabei zumindest in der Erstdiagnostik durch Röntgenaufnahmen ergänzt, um falsch positive
Befunde abzugrenzen (degenerative, posttraumatische Veränderungen) oder um Komplikationen zu erkennen (drohende pathologische Fraktur). Ein Problem bleibt allerdings, dass eine
Vielzahl von positiven Befunden im Szintigramm, die metastasenbedingt sind, wiederum röntgenologisch nicht sichtbar
sind. Sind die Diskrepanzen der Befunde klinisch relevant, müssen andere Methoden (MRT) herangezogen werden.
Insbesondere bei kleinen osteolytischen Metastasen kann
die Skelettszintigraphie falsch negativ bleiben. Zu beachten ist
ferner der ¹Superscanª als Ausdruck einer insgesamt verstärkten Aktivitätsbelegung bei diffuser oder disseminierter Metastasierung (häufig bei Prostatakarzinom).
NUK
Bohndorf, Imhof, Fischer, Radiologische Diagnostik der Knochen und Gelenke
(ISBN 3131109823), 2006 Georg Thieme Verlag KG
3.4 Metastasen
Abb. 3.118 Osteolytische Metastase Abb. 3.119 Osteolytische, expansive
(Bronchialkarzinom).
Metastase (Schilddrüsenkarzinom).
Abb. 3.120 Gemischt lytisch-blastische Metastasen mit mottenfraûartiger Destruktion (Kolonkarzinom).
Abb. 3.122 Osteoblastische Wirbelkörpermetastase (Mammakarzinom).
Abb. 3.121 Lytische Metastase. Avulsionsfrakturen des Trochanter minor
sind bei älteren Patienten verdächtig
auf eine Metastasierung!
Abb. 3.123 Diffuse osteoblastische
Metastasierung (Prostatakarzinom).
Rechts:
Abb. 3.124 Gemischt lytisch-blastische Metastasierung (Prostatakarzinom).
Bohndorf, Imhof, Fischer, Radiologische Diagnostik der Knochen und Gelenke
(ISBN 3131109823), 2006 Georg Thieme Verlag KG
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