Häufig auftretende Störungen im Kindes

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Häufig auftretende Störungen im Kindes- und
Jugendalter
♦
Möglichkeiten der Intervention
für Lehrer und Erzieher
Depression
Bei der Depression handelt es sich um einen emotionalen Zustand, der durch starke
Traurigkeit und Niedergeschlagenheit, Gefühle der Wertlosigkeit und Schuld, sozialem
Rückzug, Schlafstörungen, Verlust von Appetit und sexuellem Verlangen sowie Verlust von
Interesse und Freude an alltäglichen Aktivitäten gekennzeichnet ist. Der Stoffwechsel im
Gehirn ist bei einem depressiven Menschen deutlich verändert.
Bis zu 70% der depressiven Kinder weisen zusätzlich eine Angststörung oder deutliche
Angstsymptome auf. Bei Kindern mit Verhaltensstörungen oder
Aufmerksamkeitsstörungen wird ebenfalls als zu Grunde liegende Erkrankung häufig eine
Depression diagnostiziert. Im Jugendalter kann eine Depression Basis für eine
Abhängigkeitserkrankung (Drogen, Alkohol etc.) sein.
Diagnose: mindestens fünf der folgenden Symptome über zwei Wochen:
• depressive Verstimmung an fast allen Tagen, die meiste Zeit des Tages
• deutlich vermindertes Interesse oder Freude an allen oder fast allen Aktivitäten
• Schlaflosigkeit, Einschlafschwierigkeiten, kein erneutes Einschlafen nach dem
Aufwachen mitten in der Nacht und frühmorgendliches Aufwachen oder das
Bedürfnis, einen großen Teil des Tages mit Schlafen zu verbringen
• Veränderungen des Aktivitätsniveaus, entweder Verlangsamung (psychomotorische
Hemmung) oder Unruhe/Getriebensein
• verminderter Appetit und Gewichtsverlust oder gesteigerter Appetit und
Gewichtszunahme
• Energieverlust, große Müdigkeit
• negatives Selbstbild, Selbstvorwürfe und Schuldgefühle, Gefühl der Wertlosigkeit
• verminderte Konzentrationsfähigkeit, verminderte Denkfähigkeit oder verringerte
Entscheidungsfähigkeit
• ständige unproduktive Grübeleien
• wiederkehrende Gedanken an den Tod oder Selbstmord
Leichtere und zeitlich begrenzte Formen der Depression werden depressive Episoden
genannt. Für die Diagnose einer leichteren Episode müssen vier der unten stehenden
Kriterien erfüllt sein:
• depressive Stimmung in einem für die Betroffenen deutlich ungewöhnlichen
Ausmaß über die meiste Zeit des Tages
• Interessenverlust oder Verlust der Freude an normalerweise angenehmen
Aktivitäten
• verminderter Antrieb oder erhöhte Ermüdbarkeit
• Verlust des Selbstvertrauens oder des Selbstwertgefühls
• unbegründete Selbstvorwürfe oder ausgeprägte, unangemessene Schuldgefühle
• wiederkehrende Gedanken/Grübeleien
• Klagen über vermindertes Denk- oder Konzentrationsvermögen
• Verlangsamung der Aktivität oder Agitiertheit (Getriebensein)
• Schlafstörungen jeder Art
• Appetitverlust oder Appetitsteigerung mit entsprechender Gewichtsveränderung
Haben Sie den Eindruck, dass bei einem Kind/Jugendlichen eine Depression vorliegt ist es
wichtig, eine Psychotherapie anzustreben. Hier passiert folgendes:
Das verhaltenstherapeutische Behandlungsprogramm erfolgt in der Regel in sechs
Phasen:
Phase 1: Hier erfolgen zunächst das Kennenlernen und der Aufbau therapeutischer
Beziehungen. Der Jugendliche soll lernen, die Krankheit zu akzeptieren und es
werden ihm Heilungschancen aufgezeigt.
Phase 2: Es werden nun die Therapieschwerpunkte sowie die therapeutischen Modelle
vermittelt
Phase 3: Während dieser Phase werden angemessene Tätigkeiten gefördert und
Struktur in den Tagesablauf gebracht. Der Jugendlich soll langsam an
mehr Bewegung und Aktivität herangeführt werden. Wichtig ist in diesem frühen
Stadium der Therapie, dem Patienten positive Erfahrungen und Verstärkungen
(Belohnung, Antrieb) zu verschaffen.
Phase 4: Hier werden falsche Denkmuster aufgezeigt und „aufgebrochen“. Es handelt
sich zum Beispiel um das Ziehen voreiliger Schlüsse, Schwarz-Weiß-Denken
oder den Tunnelblick.
Phase 5: In dieser Phase werden soziale und problemlösende Kompetenzen eingeübt.
Phase 6: Nun soll der Jugendliche auf kommende Krisen vorbereitet werden.
Er soll lernen, Krisen und Rückschläge zu erkennen und mit den neu gelernten
Verhaltensweisen zu reagieren. Rückfälle sollen verhindert oder abgemildert
werden.
Was kann ich tun?
Im Umgang mit dem Kind/Jugendlichen außerhalb der Therapie ist darauf zu achten, dass
er nicht überfordert wird sondern lernt, durch ein individuell angepasstes Vorgehen
realistische Kurzzeitziele zu erreichen. Diese können das pünktliche Erscheinen zum
Unterricht, ein Redebeitrag pro Schulstunde oder ähnliches sein.
Das Kind sollte nicht zu mehr gezwungen werden als es zu leisten in der Lage ist. Eltern,
Lehrer und Erzieher können die Therapie unterstützen, indem sie dem Kind Verständnis
entgegenbringen und die Phasen großer Antriebslosigkeit nicht mit Faulheit gleichsetzen.
Wenn das Kind sehr abweisend oder zurückgezogen ist, sollten sich Bezugspersonen
bemühen, dieses Verhalten nicht persönlich zu nehmen, sondern stattdessen die
Möglichkeit eines Gespräches anbieten, aber nur dann wenn das Kind es möchte. Dies
umzusetzen ist sicherlich die größte Herausforderung im Umgang mit einem depressiven
Menschen.
Der Jugendliche benötigt über lange Zeit eine aktive Führung und ständige Ermutigung
durch die gleiche Bezugsperson.
Der Umgang mit dem depressiven Jugendlichen ist deshalb so schwierig und entmutigend, weil man kein Echo spürt und auch wenig Veränderung erlebt.
Für die langfristige Betreuung ist es wichtig, die Begegnungsform zeitlich zu strukturieren.
Der Jugendliche ist auf eine Führung und große Aktivität des Betreuers angewiesen, da er
sich in seiner Antriebsschwäche selbst isoliert und sich ohne Anstoß von außen sehr passiv verhält. Ein kontaktförderndes Hobby ist ein guter Schutz vor der Isolierung und Abkapselung.
Bei Bezugspersonenwechsel ist eine gute Vorbereitung unbedingt erforderlich.
Wenn es der Betreuungsperson gelingt, den Jugendlichen aktiv und über längere Zeit zu
leiten, kann er mit seinem Hilfsangebot einen wesentlichen Beitrag zur Sozialisierung die-
ses Menschen leisten und ihm helfen, den Platz zu finden, an dem er seine Fähigkeiten
am besten entfalten kann und in einem sozialen Gefüge ein Zugehörigkeitsgefühl entwickeln kann.
Das Wichtigste im Umgang mit einem Depressiven ist Verständnis - was besonders
schwierig ist, da man sich nicht wirklich in die Lage des anderen versetzen kann. Als Außenstehender kann man in keiner Weise nachvollziehen, wie quälend Ängste und Depressionen sind. So ist es nicht verwunderlich, dass der Betroffene glaubt, er sei der einzige
Mensch auf der Welt, der in dieser Art und Weise fühlt und denkt. Sehr wichtig ist deshalb
auch, dass man sich informiert. Der Betroffene selbst kann nur schwer vermitteln, welche
Bedürfnisse er hat. Er hat ohnehin schon das Gefühl, eine Last zu sein, also wird er sich
auch zurückhalten mit dem Äußern von Wünschen. Auch wenn der Kranke nicht besonders belastbar ist und auch keine Entscheidungen treffen kann - man sollte ihn dennoch
mit einbeziehen. Depressionen und Ängste beeinflussen die Gefühle - aber nicht die Intelligenz. Man sollte also keinesfalls über den Kopf des Kranken hinweg bestimmen, sondern
kann ihn durchaus nach seiner Meinung fragen.
Möglichkeit der Intervention
Der Betreuer bittet den Jugendlichen sich mit dem Gesicht zur Wand in eine Ecke des
Zimmers zu stellen. Dann soll sich er sich umdrehen und auf die gegenüberliegende Wand
zugehen, so weit wie möglich. Dort angekommen wird er gefragt, wie es ihm dort in der
Ecke gehe. Dem Jugendlichen wird verdeutlicht, dass er schon seit langem einen Weg
geht, der ihn in eine Sackgasse führt. Er wird nach Möglichkeiten gefragt, dort wieder
herauszukommen, seine Situation zu ändern. Der Betreuer schlägt vor, sich um 180° zu
drehen und fragt, wie es dem Jugendlichen jetzt gehe. Danach soll er noch ein paar
Schritte in den Raum gehen.
Während der ganzen Übung soll der Betreuer den Jugendlichen ermutigen, seine
Gedanken auszudrücken, seine Bedürfnisse und Vorstellungen wahrzunehmen und zu
respektieren und seinen eigenen Zielen zu trauen. Der Jugendliche soll verstehen, dass
es normal ist, Angst zu haben, wenn man etwas Neues ausprobiert, aber auch, dass es
der einzige Weg ist, aus einer ungünstigen Situation herauszukommen.
Borderline-Persönlichkeitsstörung
Die Borderline-Persönlichkeitsstörung zeichnet sich aus durch Impulsivität und Instabilität
in zwischenmenschlichen Beziehungen, Stimmungen und Selbstbild. Einstellungen und
Gefühle anderen Menschen gegenüber können innerhalb kurzer Zeit beträchtlich und aus
unerklärlichen Gründen schwanken. Auch die Emotionen sind sprunghaft und ändern sich
abrupt, insbesondere von leidenschaftlicher Idealisierung hin zu verächtlicher Wut. Borderline-Persönlichkeiten sind in der Regel häufiger streitsüchtig, reizbar, sarkastisch und
leicht gekränkt.
Diagnose: Instabilität in Beziehungen, Selbstbild und Affekten sowie Impulsivität mit Beginn im späten Jugendalter bzw. im frühen Erwachsenenalter. Mindestens fünf der folgenden Kriterien müssen erfüllt sein:
•
Verzweifeltes Bemühen, Verlassenwerden zu vermeiden
•
Instabile, intensive Beziehungen, gekennzeichnet durch einen sprunghaften Wechsel
zwischen Idealisierung und Entwertung
•
Identitätsstörung
•
Impulsivität
•
Wiederholt suizidale Handlungen, Selbstmordandeutungen, -drohungen oder
Selbstverletzung („Ritzen“, Selbstverstümmelung etc.)
•
Gefühlsbezogene Instabilität
•
Chronische innere Leere
•
Unangemessene und/oder unkontrollierbare Wut
•
Vorübergehend paranoide Vorstellungen oder dissoziative Symptome (Abspaltung
von Gefühlen und anderem)
 Häufig liegt dieser Störung eine Depression zugrunde
Es ist insgesamt sehr schwierig, mit Borderline-Persönlichkeiten zu leben. Ihr unberechenbares und impulsives Verhalten, zu dem z. B. Glücksspiel, Geldausgaben, unüberlegte sexuelle Aktivität und übermäßiges Essen zählen, ist potenziell selbstschädigend.
Die Borderline-Persönlichkeitsstörung setzt üblicherweise im späten Jugendalter bzw. im
frühen Erwachsenenalter ein und tritt bei Frauen häufiger auf als bei Männern.
Therapeutische Intervention
Gliederung der Behandlungsziele
Vorbereitungsphase
• Aufklärung über das Störungsbild
• Klärung der gemeinsamen Behandlungsziele
• Ggf. Verhaltensanalyse des letzen Therapieabbruchs
• Klärung von gegenwärtigen traumatischen Belastungen
1. Therapiephase: Schwere Probleme auf der Verhaltensebene
• Verbesserung der Überlebensstrategien (Umgang mit suizidalen Krisen)
• Verbesserung der Lebensqualität (Umgang mit Verhaltensmustern, durch welche
die emotionale Balance schwer gestört wird)
2. Therapiephase: Probleme mit den Folgen traumatischer Erfahrungen
• Verbesserung von Symptomen, die im Rahmen eines posttraumatischen Stresssyndroms auftreten
• Revision traumaassoziierter Schemata
3. Therapiephase: Probleme mit der Lebensführung
•
Integration des Gelernten und Neuorientierung
Während der Therapie werden mit dem Patienten verschiedene „Skills“ erlernt, auf die er
in schwierigen Situationen zurückgreifen soll:
Skills
Innere Achtsamkeit: Ich bin weit weg von mir(?)
• Ich konzentriere mich darauf, was meine Sinne in diesem Moment wahrnehmen
• Ich beschreibe, was meine Sinne in diesem Moment wahrnehmen
• Ich lasse es zu, halte es nicht fest und schiebe es nicht zur Seite
• Ich bewerte es nicht – es gibt kein gut oder schlecht
• Ich konzentriere mich voller Wachheit auf eine einzige Tätigkeit
Stresstoleranz: Ich bin unter starker Anspannung(?)
1. Radikale Akzeptanz: ich stehe unter hoher Anspannung, so ist es
2. Schritt zurück: ich beobachte und skaliere meine eigene Anspannung (auf einer
Skala von 0 bis 9)
3. Next Step: ich denke nur an das nächste Ziel, an die nächste Viertelstunde
4. Ich wähle eine Strategie:
• Starke Sinnesreize: Schmerz, Kälte, Geruch, Geräusch, Bilder
• Motorik und Atem: Joggen, Trommeln, Tanzen, Jonglieren, Atem zählen
5. Realitätsorientierung: Was hat diese Anspannung ausgelöst?
Was kann ich tun?
Hilfreich ist eine Umgangsweise, die von Verständnis und klaren Grenzen geprägt ist. Borderline-Betroffene leiden selbst am meisten unter ihren Borderline-Verhaltensweisen, können sie aber in Krisensituationen häufig nicht kontrollieren. Klare Grenzen sind wichtig, um
sich und den Betroffenen vor schädigendem Verhalten zu bewahren. Meist ist es in Krisensituationen nicht möglich, die Konflikte im Gespräch zu lösen. Wut und Logik passen nicht
zusammen. Häufig ist es dann besser, sich als Betreuer zunächst zurückzuziehen und erst
später die Probleme noch einmal anzusprechen. Besteht die Gefahr, dass sich der Betroffene selbst deutlich schädigt, ist Hilfe von außen nötig. Betreuer sollten sich nicht scheuen, in solchen Situationen den Notarzt zu rufen oder den Betroffenen zu ermutigen, seinen
Therapeuten oder eine Klinik aufzusuchen. Immer wieder kommt es aber vor, dass Betroffene und Betreuer bestimmte Symptome ganz unterschiedlich beurteilen. Selbstverletzungen etwa werden von vielen Betreuern als sehr dramatisch erlebt, vor allem wenn sie erstmals davon erfahren. Viele Betroffene hingegen akzeptieren sie als schlechte aber immerhin entlastende Möglichkeit, um schwierige emotionale Zustände zum Abklingen zu bringen. Ist die Krise vorbei, sollten Betreuer und Betroffene besprechen, welcher Umgangsstil
bei einer erneuten Krise hilfreich ist. Sie können dann beispielsweise vereinbaren, wie sich
der Betreuer verhalten sollte, wenn es zu bestimmten Symptomen kommt oder wenn bestimmte Gefühle auftauchen. Dabei ist zu beachten, dass die Symptome durch das Verhalten des Betreuers nicht noch gefördert werden sollten. Das passiert beispielsweise, wenn
ein Betreuer nur dann Zeit für das Kind hat, wenn es ihm schlecht geht und es von einem
Selbstverletzungsdrang berichtet.
Möglichkeit der Intervention
Verdeutlichung mit Kunststoffbechern
Bei dieser Technik stehen Plastikbecher für das Selbstbewusstsein. Wenn eine Person ein
gutes Selbstwertgefühl hat, ist der Becher ganz, man kann Wasser hineingießen und alles
bleibt drin. Ein Becher mit Löchern steht für ein schlechteres Selbstbewusstsein. Gießt
man ständig Wasser nach, so ist auch hier immer etwas im Becher. Hört man aber auf,
Wasser nachzugießen, ist der Becher schnell leer. Das Wasser steht hier für Lob oder Auf-
merksamkeit, bekommt der Jugendliche mit schlechtem Selbstwertgefühl nicht genug davon, so fühlt er sich schlecht. Diese Jugendlichen müssen lernen, dass sie für sich selbst
verantwortlich sind (die Löcher im Becher selbst flicken müssen) und nicht darauf angewiesen sein sollten, den Becher mit Wasser füllen zu lassen. Den Jugendlichen kann außerdem verdeutlicht werden, dass die Löcher im Becher immer größer werden, je mehr
Wasser nachgegossen werden muss. Also wird es immer schwieriger werden, die Löcher
zu stopfen. Nun kann besprochen werden, was man tun müsste, um das Wasser im Becher zu halten, ohne dass ständig etwas nachgegossen werden muss.
Eine zweite Möglichkeit ist, dem Jugendlichen einen Becher in die Hand zu geben. Nun
soll er den Becher in die Form bringen, dass er so aussieht, wie sich der Jugendliche im
Moment fühlt. Ein Jugendlicher mit schlechtem Selbstwertgefühl wird den Becher zerknittern. Ein zweiter Becher soll nun so geformt werden, dass er so aussieht, wie sich der Jugendliche zu einem Zeitpunkt gefühlt hat, als es ihm noch deutlich besser ging. Dieser Becher wird nun weniger zerknüllt sein. Daraufhin kann mit dem Jugendlichen besprochen
werden, wie es dazu kam, dass der erste Becher schlechter aussieht als der zweite Becher. Außerdem können Strategien besprochen werden, wie der Jugendliche den besseren, alten, Zustand wieder herstellen kann.
Aggressives Verhalten
Aggressives Verhalten ist häufig ein Appell an die Umwelt und verdeutlicht die Hilflosigkeit
eines Kindes. Es kann der Durchsetzung eigener Interessen dienen und Kindern
vordergründig helfen, familiäres und schulisches Geschehen zu lenken. Es bewirkt
allerdings langfristig eine Verhaltenseinschränkung und führt damit zu einer verringerten
Fähigkeit, Probleme konfliktfrei zu lösen und angemessen mit anderen umzugehen.
Aggression kann sich in mehreren Bereichen und Formen äußern sowie auch
unterschiedliche Ursachen haben:
a) Angstmotivierte Aggression äußert sich in expressiven Wutausbrüchen, die
Kinder haben wenig Vertrauen in andere und sich selbst, fühlen sich sehr schnell bedroht
und angegriffen. Durch aggressives Verhalten versuchen sie, sich Respekt zu verschaffen
und ihr Territorium zu sichern. Sie erreichen kurzfristig damit, dass sich in ihrem Erleben
die Angst verringert, denn durch respektvolle, ängstliche oder sogar unterwürfige
Reaktionen der anderen Kinder ist das aggressive Verhalten zunächst ‚erfolgreich’.
Dadurch wird es bekräftigt und die Wahrscheinlichkeit des Auftretens verstärkt. Im Laufe
der Zeit reagieren Erwachsene mit Bestrafung, Gleichaltrige mit Vergeltung und sozialer
Ablehnung, so dass die anfangs vermeintliche Bedrohung aus der Umwelt immer realer
wird und neue Aggression provoziert.
b) Oppositionelles Trotzverhalten
Kinder mit oppositionellen Verhaltensauffälligkeiten lehnen sich gegen Anforderungen,
Regeln, Arbeiten, schulische Aufgaben oder anderes mit Widerstand auf. Vor allem bei
Dingen, die Anstrengung und Aufmerksamkeit von ihnen verlangen, sind sie nicht gewillt,
sich den Forderungen anderer anzupassen.
Das oppositionelle Verhalten bildet eine Vorläuferstörung des aggressiv-dissozialen
Verhaltens (hier werden Rechte anderer sowie soziale Normen und Regeln in starkem
Umfang verletzt. Häufig: aggressives Verhalten gegenüber Menschen und Tieren, Betrug,
Diebstahl, Zündeln, Vandalismus, Schuleschwänzen und Weglaufen von zu Hause).
Oppositionelles Trotzverhalten: Das betroffene Kind
• wird schnell ärgerlich
• streitet sich häufig mit Erwachsenen (aber auch mit anderen Kindern)
• widersetzt sich häufig aktiv den Anweisungen oder Regeln von Erwachsenen oder
weigert sich, diese zu befolgen
• verärgert andere häufig absichtlich
• schiebt häufig die Schuld für eigene Fehler oder eigenes Fehlverhalten auf andere
• ist häufig empfindlich oder lässt sich von anderen leicht verärgern
• ist häufig wütend und beleidigt
• ist häufig boshaft und nachtragend
Auch hier gilt das Verstärkerprinzip: merkt das Kind, dass es mit seinem Verhalten
erfolgreich ist (beispielsweise die Regel dann doch nicht einhalten muss) wird die
Wahrscheinlichkeit zukünftiger Widerstände erhöht.
c) Störung des Sozialverhaltens (aggressiv-dissoziales Verhalten)
Für die Störung des Sozialverhaltens ist ein sich wiederholendes Verhaltensmuster
charakteristisch, das die Verletzung grundlegender Rechte anderer sowie wichtiger,
altersrelevanter Normen und Regeln umfasst:
•
•
•
•
•
•
Aggressives Verhalten gegenüber Menschen und Tieren
bedroht oder schüchtert andere häufig ein
beginnt häufig Schlägereien
benutzt Waffen, die anderen schweren körperlichen Schaden zufügen können (z. B.
Schlagstöcke, Ziegelsteine, zerbrochene Flaschen, Messer, Gewehre)
ist körperlich grausam zu Menschen
zwingt andere zu sexuellen Handlungen
- Zerstörung von Eigentum:
• begeht vorsätzlich Brandstiftung mit der Absicht, schweren Schaden zu
verursachen
• zerstört vorsätzlich fremdes Eigentum
- Betrug oder Diebstahl:
• bricht in fremde Wohnungen, Gebäude oder Autos ein
• lügt häufig, um sich Güter oder Vorteile zu verschaffen oder um Verpflichtungen zu
entgehen („legt andere herein“)
• stiehlt Gegenstände von erheblichem Wert mit oder ohne Konfrontation mit dem
Opfer (z. B. Ladendiebstahl sowie Fälschungen)
- schwere Regelverstöße:
• bleibt schon vor dem 13. Lebensjahr trotz elterlicher Verbote häufig über Nacht weg
• läuft häufiger über Nacht von zu Hause weg, während er noch bei den Eltern oder
einer anderen Bezugsperson wohnt
• schwänzt schon vor dem 13. Lebensjahr häufig die Schule
Die Grenzen zu aggressivem Verhalten sind fließend. Häufigkeit und Ernsthaftigkeit gehen
über das hinaus, was man noch als Streich oder Dummheit bezeichnen würde. In vielen
Fällen ist das Verhalten gekennzeichnet von Gefühllosigkeit, Boshaftigkeit und Mangel an
Reue (asoziale Persönlichkeitsstörung).
Der Entscheidungsprozess für oder gegen aggressives Verhalten verläuft beim Menschen
in den folgenden vier Schritten.
Stufe 1: Wahrnehmung
Entscheidung, ob ein Ereignis als bedrohlich gilt oder nicht. Dabei erleben aggressive
Kinder manche Situationen sehr viel bedrohlicher als nicht-aggressive Kinder.
Interventionsmöglichkeiten: Veränderung der Wahrnehmungsgewohnheit
Stufe 2: Handlungsauswahl
Entscheidung, wie auf das Ereignis, das als bedrohlich wahrgenommen wurde, reagiert
werden soll (Vermeidung, angemessene Selbstbehauptung oder Aggression). Welche
Verhaltensweise gewählt wird, hängt dabei von eingeübten und fast automatisch
ablaufenden Verhaltensweisen ab. Je häufiger das Kind in der Vergangenheit aggressiv
reagiert hat, desto wahrscheinlicher wird es sich in neuen Situationen aggressiv verhalten.
Interventionsmöglichkeiten: Verringerung der Gewohnheitsstärke für aggressives
Verhalten (zum Beispiel durch Belohnung nicht-aggressiven Verhaltens)
Stufe 3: Hemmungspotenziale
Generelle Entscheidung, ob die vorher ausgewählte Handlung auch ausgeführt werden
soll. Dabei spielen früher erlebte Konsequenzen eine entscheidende Rolle. Hat in der
Vergangenheit der Nutzen von aggressivem Verhalten gegenüber den negativen
Konsequenzen überwogen, dann liegen nur wenige Hemmungspotenziale für die
ausgewählte aggressive Handlung vor.
Interventionsmöglichkeiten: Verstärkung der Hemmung für aggressives Verhalten (zum
Beispiel durch eine Konsequenz, die negativ erlebt wird)
Stufe 4: Bewertung der möglichen Konsequenzen
Nachdem auf der vorherigen Stufe prinzipiell entschieden worden ist, den aggressiven
Handlungsimpuls zuzulassen, fällt auf dieser letzten Stufe eine eher situationsorientierte
Entscheidung, die die Handlungsauswahl endgültig festlegt. Dazu werden die
Konsequenzen der ausgewählten Handlung überprüft. Von Bedeutung ist hierbei, wie
prompt die negativen Folgen auf eine aggressive Handlung eintreffen. Typisch für
aggressive Kinder ist, dass sie nur die kurzfristigen Konsequenzen einer Handlung
wahrnehmen, negative langfristige Folgen bleiben relativ wirkungslos. Allerdings hängt die
Fähigkeit von Kindern, die Konsequenzen ihrer Handlungen vorherzusehen, von ihrer
kognitiven Entwicklung ab.
Interventionsmöglichkeiten: Neubewertung möglicher Folgen
Ziel therapeutischer und nichttherapeutischer Bemühungen ist es, einem Kind
Verhaltensalternativen aufzuzeigen. Die Erweiterung sozial kompetenten Verhaltens und
dessen unmittelbare Belohnung macht aggressives Verhalten zunehmend überflüssig.
Eine wichtige Voraussetzung ist jedoch, dass das Kind Situationen differenziert wahrnimmt
sowie ein Mindestmaß an Ruhe und Entspannung besitzt. Dies soll auf der ersten Stufe
möglich gemacht werden. Auf der zweiten Stufe soll eine angemessene Selbstbehauptung
als positive Form von Aggression erlernt werden. Auf der dritten Stufe wird angestrebt, die
Aggression zu hemmen. Hierzu können Kooperation und helfendes Verhalten als
alternative Verhaltensweisen eingeübt werden. Außerdem soll versucht werden, die
Selbstkontrolle zu stärken. Auf der letzten Stufe wird schließlich die Empathiefähigkeit
gefördert durch eine Neubewertung der Folgen des eigenen Handelns aus der Sicht des
Gegenübers.
Was kann ich tun?
Trainingsansätze im schulischen Bereich:
Üben des Einfühlungsvermögens
Hierbei soll ein Schüler Verantwortung übernehmen und ein anderer sich ihm
anvertrauen. Dazu werden die Schüler in Paare eingeteilt. Einer der Partner schließt die
Augen und der andere Partner führt den „Blinden“ vorsichtig und einfühlsam durch den
gesamten Raum. Sprache darf dabei nicht benutzt werden. Nach einigen Minuten erfolgt
ein Rollentausch und im Anschluss ein Gespräch über die individuellen Erfahrungen.
Beschreibung aggressiver Situationen (BAS)
Die im Folgenden geschilderten vier Situationen sind Konfliktgeschichten mit berechtigten
und unberechtigten Konsequenzen aus der Umwelt.
Eine Geschichte wird den Schülern ohne die Antwortmöglichkeiten a-d vorgelesen. Ein
Kind soll die Geschichte – möglichst genau – wiedergeben und erklären, ob die
Konsequenz gerechtfertigt ist oder nicht und warum. Außerdem sollen Konfliktlösungen für
die Geschichte erarbeitet werden. Die Kinder sollen sich dann aktiv und intensiv mit dem
erwünschten und angemessenen Verhalten auseinandersetzen, indem sie sich in den
einzelnen, konkreten Lösungssituationen malen oder beschreiben.
Für jede Situation des BAS sind vier positive Konfliktlösungen a-d präsentiert, die
entweder den Lösungsvorschlag eines Kindes ergänzen oder ihm Hilfestellung geben
sollen. Diese sollen nun im Anschluss mit den Schülern besprochen werden.
Folgende Geschichten eignen sich für den Unterricht:
1.Unruhe in der Klasse
Während des Unterrichts ist in deiner Klasse große Unruhe. Ein paar Schüler schwätzen,
lachen und laufen herum – du auch. Der Lehrer ärgert sich über den Lärm und gibt allen
Schülern eine zusätzliche Hausaufgabe auf.
a) Ich bemühe mich, die zusätzliche Hausaufgabe zu machen, ohne wütend zu werden
b) Ich nehme mir vor, das nächste Mal nicht zu schwätzen und nicht zu lachen.
c) Ich versuche, mich in die Lage des Lehrers zu versetzen, der bei großer Unruhe der
Schüler etwas erklären will und dabei gestört wird.
d) Ich rede darüber mit meinen Mitschülern, damit wir das nächste Mal nicht so laut sind
2.Der Störenfried
Während des Unterrichts versucht dein Nachbar, sich mit dir zu unterhalten und dich vom
Unterricht abzulenken. Die Lehrerin meint, du bist der Störenfried. Deshalb musst du eine
zusätzliche Hausaufgabe machen.
a) Ich bleibe ruhig und werde nicht wütend.
b) Ich erkläre der Lehrerin sofort den wahren Sachverhalt. Lässt sie mich im Unterricht
nicht zu Wort kommen, dann spreche ich sie nach der Stunde an.
c) Ich versuche mich in die Lage der Lehrerin zu versetzen, die bei der Unruhe in unserer
Klasse nicht immer alles richtig beobachten kann.
d) Ich rede mit meinem Nachbarn in der Pause darüber und sage ihm, er soll mir bei der
Strafarbeit helfen.
3.Prügelei auf dem Schulhof
In der Pause bist du mit deinen Klassenkameraden auf dem Schulhof. Einem vorbei
rennenden Jungen stellst du ein Bein, so dass er hinfällt. Darauf hin wirft er dein
Schulmäppchen aus dem Fenster.
a) Obwohl er mein Mäppchen aus dem Fenster geworfen hat und ich sehr wütend werde,
bleibe ich ruhig, denn ich habe dem Jungen vorher das Bein gestellt.
b) Ich nehme mir vor, zukünftig einem anderen kein Bein mehr zu stellen.
c) Ich denke darüber nach, ob es richtig ist, jemandem das Bein zu stellen: Beim Hinfallen
kann sich jemand gefährlich verletzen.
d) Ich rede mit dem Jungen später und sage ihm, dass es mir Leid tut.
Man kann sich auch jederzeit selbst passende Geschichten mit positiven
Lösungsmöglichkeiten ausdenken.
Emotionen verdeutlichen
Man zeigt einem Kind drei Flaschen Pepsi. Die erste davon schüttelt man stark und bittet
das Kind, die Flasche schnell mit einem „Dreh“ zu öffnen. Da das Kind vermutlich weiß,
dass der Inhalt herausspritzen wird, wird es sich wahrscheinlich weigern. Es soll sie aber
trotzdem öffnen – der Inhalt wird sich explosionsartig entleeren.
Dann wird die zweite Flasche geschüttelt und das Kind gebeten, die Flasche so zu öffnen,
dass das Getränk nicht herausspritzt. Es kann hier zum Beispiel etwas warten oder den
Verschluss langsam öffnen und wieder schließen, so dass der Druck entweichen kann. Die
dritte Flasche wird nicht geschüttelt. Das Kind wird gebeten, die Pepsi zu öffnen, was ohne
Probleme möglich sein sollte. Dem Kind wird nun erklärt, dass es selbst ein wenig wie
diese Pepsiflaschen reagiert. Wenn es sehr wütend ist und die Wut direkt herauslässt,
kann das zu „Explosionen und Schäden“ (wie die klebrige Kleidung bei der Pepsi) führen.
Dem Kind wird verdeutlicht, dass es seine Gedanken so kontrollieren soll, dass weniger
Druck entsteht. Geht man präzise auf die wutauslösenden Situationen bei dem Kind ein,
kann man Verhaltensmöglichkeiten durchsprechen. „Wurde die Flasche aber versehentlich
doch zu stark geschüttelt, so ist es wahrscheinlich besser erst ein wenig abzuwarten bis
der Druck wieder nachlässt.“
Diese Technik kann bei jeglichen übertriebenen Emotionen eingesetzt werden um diese
dem Kind zu verdeutlichen und Lösungsmöglichkeiten im Umgang damit aufzuzeigen.
Wenn das soziale Miteinander der Schüler stark gestört ist, beispielsweise durch Kinder
mit sozial auffälligem Verhalten, trägt folgendes Spiel unkompliziert zu einem besseren
Miteinander bei:
Lebendiges Memory
Dieses Spiel kann gut im Klassenverband kurz vor den Ferien oder am Ende einer Stunde
gespielt werden. Es fördert die Motorik und gemeinsames Handeln.
Zunächst verlassen zwei Schüler den Raum. Nun bilden jeweils zwei Schüler ein Pärchen,
das heißt sie führen eine bestimmte pantomimische Bewegung identisch aus, z. B. eine
bestimmte Grimasse schneiden, an die Nase fassen oder ähnliches. Haben alle Pärchen
ihre Bewegung gefunden, stellen sich die Schüler im Kreis auf und rufen die MemorySpieler herein. Diese suchen sich zwei Kinder aus, die ihre Bewegungen vormachen
müssen. Hat der Spieler ein Pärchen gefunden, d. h. sind die Bewegungen beider Kinder
gleich, so setzen sich diese beiden auf den Boden und der gleiche Spieler darf noch
einmal zwei Kinder aussuchen. Stimmen die Körperbewegungen nicht überein so ist der
andere Spieler an der Reihe. Gespielt wird bis alle Pärchen gefunden sind. Der Spieler,
der die meisten Pärchen gefunden hat, ist Sieger. Bei einer ungeraden Schüleranzahl
sollten drei Kinder Memory-Spieler sein.
Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS)
ADHS gehört zu den häufigsten psychischen Auffälligkeiten im Kindes- und Jugendalter.
Jungen sind deutlich häufiger betroffen als Mädchen.
Auffällige Symptome im schulischen Bereich sind vor allem:
• Beeinträchtigte Aufmerksamkeit und Konzentration
• Impulsivität
• Hyperaktivität
Außerdem müssen folgende Kriterien erfüllt sein
• die Symptome müssen mindestens 6 Monate lang vorliegen, in einem mit dem
Entwicklungsstand nicht zu vereinbarenden und unangemessenen Ausmaß
• erstes Auftreten vor dem Alter von 7 Jahren
• Beeinträchtigung in zwei oder mehr Lebensbereichen
• deutliche Hinweise auf klinisch bedeutsame Beeinträchtigungen in sozialen,
schulischen oder beruflichen Funktionsbereichen
• Ausschluss von anderen psychischen Störungen, geistiger Behinderung oder
psychosozialen Problemen, die die Verhaltenssymptome besser erklären können
Bei Kindern mit ADHS ist das Vorhandensein einer zusätzlichen Störung eher die Regel
als die Ausnahme. Hierbei handelt es sich hauptsächlich um oppositionelle Störungen und
Störungen des Sozialverhaltens sowie affektive (Depression und Manie) und
Angststörungen, aber auch Lern- oder Kommunikationsschwierigkeiten.
Da Erziehern und Lehrern die Erkrankung des Kindes nicht immer bekannt ist, geraten
diese Kinder in Gefahr, als Störenfriede behandelt oder als ungeeignet für die Schule
beurteilt zu werden. Eltern sollten die Lehrer ihrer Kinder also über die Erkrankung
informieren. Diese können dann auf die beeinträchtigte Situation durch strukturierte,
direktere Anleitung eingehen. Außerdem können die Lehrer dann die positiven
Eigenschaften der Kinder bewusster wahrnehmen und ihnen gezielt Aufmerksamkeit
schenken. Ebenso bewährt haben sich das Setzen klarer Grenzen und das Arbeiten mit
Belohnungssystemen.
a) Unaufmerksamkeit/Aufmerksamkeitsstörung
Von einem auffälligen Verhalten spricht man, wenn mindestens sechs Monate lang
mindestens sechs der folgenden Symptome von Unaufmerksamkeit in einem mit dem
Entwicklungsalter des Kindes nicht zu vereinbarenden und unangemessenen Ausmaß
auftreten:
• Unaufmerksamkeit gegenüber Details oder Sorgfaltsfehler
• Aufmerksamkeit kann bei Aufgaben oder bei Spielen häufig nicht aufrecht erhalten
werden
• hören scheinbar nicht, was ihnen gesagt wird
• können oft Erklärungen nicht folgen
• können häufig Aufgaben und Aktivitäten nicht organisieren
• vermeiden ungeliebte Arbeiten
• verlieren häufig Gegenstände
• werden häufig von externen Reizen abgelenkt
• sind im Verlauf alltäglicher Verrichtungen oft vergesslich
Zu Hause und im Unterricht kann den Kindern geholfen werden, indem positives Verhalten
direkt gelobt oder belohnt wird. Hier haben sich Punktesysteme bewährt. Punkte erhalten
die Kinder zum Beispiel für angefertigte Aufgaben oder wenn sie auf ihrem Stuhl sitzen
bleiben. Später werden sie dann gegen kleine Belohnungen eingetauscht.
b) Impulsivität
Von einem auffälligen Verhalten spricht man dann, wenn mindestens sechs Monate lang
mindestens eines der folgenden Symptome von Impulsivität in einem mit dem
Entwicklungsalter des Kindes nicht zu vereinbarenden und unangemessenen Ausmaß
vorliegt
• häufig mit der Antwort herausplatzen
• nicht warten können, bis sie an der Reihe sind
• andere häufig unterbrechen und stören
• reden häufig exzessiv
c) Überaktivität
Hier müssen mindestens sechs Monate lang mindestens drei der folgenden Symptome
von Überaktivität in einem mit dem Entwicklungsalter des Kindes nicht zu vereinbarenden
und unangemessenen Ausmaß vorliegen, um von einer Überaktivität zu sprechen:
• Herumfuchteln mit Händen und Füßen / Kippeln mit dem Stuhl oder ähnliches
• Platz im Klassenraum ohne Grund verlassen
• in unpassenden Situationen herumlaufen oder extensiv klettern
• beim Spielen unnötig laut sein
• trotz sozialer Einflussnahme ein anhaltendes Muster extensiver motorischer Unruhe
an den Tag legen
Therapeutische Intervention
Für Kinder und Jungendliche mit ADHS gibt es die Möglichkeit einer Verhaltenstherapie
sowie einer medikamentösen Behandlung. Unterstützend kann man außerdem ein
Konzentrationstraining durchführen (zum Beispiel bei Lerntherapeuten das so genannte
„Attentioner-Programm“).
Was kann ich tun?
Trainingsansätze im schulischen Bereich:
Das Tai-Fu! Spiel für mehr Konzentration
Benötigt werden eine Reihe von nicht zu schwierigen Fragen. Der Lehrer liest jeweils eine
Frage vor und zeigt dann auf einen Schüler. Die erste Frage soll mit Tai-Fu beantwortet
werden. Auf die zweite Frage ist die Antwort zu geben, die eigentlich für die erste Frage
die richtige Antwort gewesen wäre, auf die dritte Frage die Antwort der zweiten Frage usw.
Immer wenn jemand falsch antwortet, muss die nächste Frage mit Tai-Fu beantwortet
werden.
Das Spiel sollte in zwei Teams mit Punktevergabe gespielt werden. Für jede falsche
Antwort bekommt das gegnerische Team einen Pluspunkt. Die Fragen sollen innerhalb
von 5 Sekunden beantwortet werden.
Beispiel für eine Liste von Fragen:
1. Wer reibt an der Lampe? Tai-Fu
2. Wer ist der König der Tiere? Aladin
3. Welches Haustier macht miau? Der Löwe
4. Welches Tier bellt? Die Katze
5. Wer lebt bei den sieben Zwergen? Der Hund
6. Wie heißt der russische Präsident? Schneewittchen
7. Wen Jagt Tom? Medwedew
8. Wie heißt du? Jerry
9. Wer erschlägt sieben auf einen Streich? Name des Kindes
10. Wen küsst der Prinz nach 100 Jahren wach? Das tapfere Schneiderlein
11. Welches Tier ist grün und quakt? Dornröschen
12. Welches Tier macht muh? Der Frosch
13. Welches weit hüpfende Tier lebt in Australien? Die Kuh
14. Auf welchem Tier kann man reiten? Das Känguru
15. Wie heißt das Tier, das die Frühstückseier legt? Pferd
16. Wie heißt die europäische Währung? Huhn
17. Was findet sich in der Mitte eines Pfirsichs? Euro
18. Welcher Käfer ist rot mit schwarzen Punkten? Ein Kern
19. Welchem Vogel sagt man nach Babys zu bringen? Der Marienkäfer
20. Welches unter der Erde lebende Tier macht kleine Erdhügel? Storch
21. In welchem Stift gibt es Tintenpatronen? Der Maulwurf
22. Was ist vier plus drei? Füller
23. Wie viele Hände hast du? Sieben
24. Was kommt nach A? Zwei
25. Nenne den letzten Buchstaben des Alphabets? B
26. Wie viele Buchstaben hat das Wort nein? Z
27. Was ist 7-4? 4
28. Welche Farbe haben gelbe Briefkästen? 3
29. Wie viele Zeiger sind auf einer Digitaluhr? Gelb
30. Wie viele Füße hat ein Hund? Keine
31. Welche Farbe haben reife Tomaten? 4
32. Was kommt nach orange auf der Ampel? Rot
33. Welche Farbe haben grüne Äpfel? Rot
34. Wer unterrichtet in der Schule? Grün
35. Wer schneidet die Haare? Lehrer
36. Wie viele Stile hat eine Tulpe? Friseur
37. Wie viele Räder hat ein Auto? Einen
38. Wie häufig gehst du morgens zur Schule? 4 (oder 5)
39. Was befindet sich überwiegend in einem Swimmingpool? Einmal
40. Welchen fetthaltigen Aufstrich schmiert man sich als Erstes auf sein Brot? Wasser
41. Mit welchem Lappen scheuert man den Boden? Margarine/Butter
42. Mit was zieht man im Heft gerade Linien? Scheuerlappen
43. Was hat der Torwart beim Fußball an den Händen? Lineal
44. In welcher Jahreszeit trägt man Handschuhe? Handschuhe
45. Zu welcher Jahreszeit gehst du ins Freibad? Winter
46. Wann feierst du Weihnachten? Im Sommer
Variante des Koffer-Packen-Spiels
Das Spiel wird in Gruppen mit 4 oder 5 Kindern gespielt. In der ersten Runde entspricht es
dem normalen Spiel „Ich packe meinen Koffer und nehme mit...“. Jeder Spieler wiederholt,
was die Kinder vor ihm eingepackt haben und fügt eine Sache hinzu. Ab der zweiten
Runde wird umgepackt, d. h. jeder Spieler wiederholt, was die anderen Kinder eingepackt
haben, fügt eine Sache hinzu und packt ein Teil wieder aus. Beispiel: „Ich packe meinen
Koffer und nehme mit einen Schal, einen Stift, ein Buch, eine Sonnenbrille, eine Hose und
ich packe hinzu einen Regenschirm und ich packe wieder aus das Buch.“
Obstsalat
Dieses Spiel übt Konzentration und schnelle Reaktion.
Die Schüler sitzen im Stuhlkreis. Ein Schüler steht in der Mitte; es fehlt also ein Stuhl.
Jeder Schüler sucht sich eine von fünf vorgegebenen Obstsorten aus (Apfel, Birne,
Erdbeere, Kirsche, Pflaume). Diese werden reihum laut gesagt. Nun nennt der Schüler in
der Mitte eine Obstsorte, z. B. Apfel. Daraufhin tauschen alle Äpfel ihre Plätze. Der
Schüler in der Mitte muss nun versuchen, auch einen Platz zu ergattern. Wer übrig bleibt,
ist der nächste Rufer in der Mitte. Schwieriger wird es, wenn zwei oder drei Obstsorten
gleichzeitig aufgerufen werden. Ab und zu darf auch Obstsalat gerufen werden. Dann
müssen alle ihre Plätze tauschen.
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