Haemochromatose (C282Y + H63D + S65C)

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Institut für medizinische &
molekulare Diagnostik AG
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Hereditäre Hämochromatose (OMIM 235200)
1. Bedeutung
Die hereditäre Hämochromatose ist eine autosomal rezessiv vererbte Störung des
Eisenstoffwechsels. Sie betrifft 1 von 300 Personen, die Trägerfrequenz liegt bei 10%.
Sie ist eine der häufigsten Erbkrankheiten in der kaukasischen Bevölkerung [1,2]. Der
Defekt verursacht stark gesteigerte Resorption von Eisen aus dem Darm. Die Einlagerung des überschüssigen Eisens in die Parenchymzellen verschiedener Organe führt
nach Jahren zu schweren Schäden. Im Gegensatz zur erworbenen Hämochromatose
ist die hereditäre Form durch früheren Beginn und schwereren Verlauf gekennzeichnet.
Vor dem 20. Lebensjahr ist die hereditäre Hämochromatose klinisch stumm oder sie
äussert sich als allgemeine Schwäche, mit abdominalen Beschwerden und Arthralgien,
d.h. mit Syndromen uncharakteristischer Natur, was dazu beiträgt, dass die Diagnose
selten frühzeitig gestellt wird. Das klinische Vollbild zeigt sich erst zwischen dem 40.
und 60. Lebensjahr mit Leberschäden (Zirrhose und Karzinom), mit Funktionsstörungen von Pankreas (Diabetes mellitus) und Herzmuskel (Arrhythmien, Kardiomyopathie)
und mit Zeichen der Hypophysenunterfunktion (Impotenz, Amenorrhoe). Männer
erkranken früher und häufiger als Frauen, was mit den physiologischen Eisenverlusten
durch Menstruation und Geburt erklärt wird.
1996 wurde das HLA-H Gen (neu HFE Gen genannt wird) sequenziert. Es ist auf
Chromosom 6 lokalisiert. Zwei Mutationen wurden identifiziert, die mit der hereditären
Hämochromatose assoziiert sind: C282Y und H63D. Die Mutationen führen zur Substitution von Aminosäuren im Genprodukt, dem HFE Protein [3]. Patienten mit hereditärer
Hämochromatose sind zu etwa 85% homozygot C282Y/C282Y, 3-7% sind gemischt
heterozygot C282Y/H63D und 1-4% homozygot H63D/H63D. Bei 4-21% der Patienten
– je nach Studie - wurde keine der beiden Mutationen festgestellt. Man nimmt deshalb
an, dass weitere, noch nicht bekannte involviert sind [2,3,4,Übersicht in 5].
Die genaue Funktion des HFE Proteins ist noch nicht geklärt. Bekannt ist, dass das
normale HFE Protein β2 Mikroglobulin bindet und, dass diese Funktion durch die
C282Y Mutation inaktiviert wird. Die H63D Mutation soll die Interaktion mit β2
Mikroglobulin nicht beeinträchtigen. Ihre Rolle wird zur Zeit noch kontrovers diskutiert,
da sie in Kontrollgruppen etwa gleich häufig gefunden wird wie bei Patienten. Allein
scheint sie nicht zu massiver Eisenspeicherung zu führen, man vermutet hingegen
einen Einfluss auf die Expression der Erkrankung bei gleichzeitigem Vorliegen einer
C282Y Mutation, da C282Y/H63D gemischt Heterozygote mehr Eisen speichern als
C282/Wildtyp Heterozygote.
Die Molekulargenetik ermöglicht die Diagnose vor dem Auftreten klinischer Symptome
und in sehr frühen Stadien der Erkrankung. Das ist insofern von grosser Bedeutung als
die Hämochromatose zu diesem Zeitpunkt mit einfachen Massnahmen wie
periodischen Aderlässen behandelt werden kann und damit für die Betroffenen eine
normale Lebenserwartung erreicht wird [6,7].
Ein generelles genetisches Screening der Bevölkerung wird zur Zeit nicht empfohlen,
da viele Fragen der komplexen Beziehung zwischen Genotyp und Phänotyp wie etwa
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Heterozygotie und Erkrankungsrisiko oder Interaktionen zwischen Genotyp und
exogenen Faktoren unbeantwortet sind. Die genetische Abklärung von
Blutsverwandten eines Betroffenen hingegen wird sehr befürwortet [4,5].
2. Nachweismethoden
Die konventionelle Labordiagnose bedient sich einer Kombination von Blutanalysen
(Eisen, Ferritin, Transferrin-Sättigung) und einer Leberbiopsie. Die klinisch chemischen
Analysen sind zuverlässig bei symptomatischen Patienten. Anhaltend erhöhte Werte
sollten zur genetischen Abklärung veranlassen, bevor die Indikation zur Leberbiopsie
gestellt wird [2]. Wenig empfindlich und nur bedingt spezifisch sind diese Parameter
bei jungen Patienten. Insbesondere bei Frauen unter 30 Jahren wurden in bis zu 30%
der Fälle Laborwerte im Normbereich festgestellt [1,3,8].
Die molekulargenetische Untersuchung ist inzwischen zum Goldstandard geworden bei
Verdacht auf Hämochromatose. Sie beruht auf der DNA Amplifikation der betreffenden
Genloci mittels PCR, gefolgt von Verdauung der Amplifikate mit Restriktionsenzymen.
Die resultierenden Fragmente werden auf das Vorliegen von Mutationen hin analysiert.
Der negative Befund wird als “Wildtyp” bezeichnet. Ein positiver Befund wird als
“homozygot” oder “heterozygot” für das jeweilige Allel angegeben.
3. Untersuchungsmaterial
5 ml Blut im EDTA Röhrchen
4. Indikationen
• Bestätigung der Diagnose hereditäre Hämochromatose
• Anhaltend erhöhte Werte von Eisen, Ferritin, Transferrinsättigung im Serum
• Abklärung von Blutsverwandten eines Indikatorpatienten
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Literatur:
[1] C.Q. Edwards, L.M. Griffen, D. Goldgar, C. Drummond, M.H. Skolnick, J.P. Kushner. Prevalence of hemochromatosis among 11,065 presumably healthy blood donors. N. Engl. J. Med. 1988, 318: 1355-1362.
[2] D.G.H. Crawford, B.A. Leggett, L.W. Powell. Haemochromatosis. Baillière’s Clin. Gastroenterol. 1998,
12: 209-225.
[3] J.N. Feder, A. Gnirke, W. Thomas.,T. Tsuchuhashi, D.A. Ruddy et al. A novel MHC class I-like gene is mutated in
patients with hereditary haemochromatosis. Nature Genet. 1996, 13: 399-408.
[4] W. Burke, N. Press, S.M. McDonnell. Hemochromatosis: genetics helps to define a multifactorial disease.
Clin. Genet. 1998, 54: 1-9.
[5] W. Burke, E. Thomson, M.J. Khoury, S. McDonnell, N. Press, P.C. Adams et al. Hereditary hemochromatosis.
Gene discovery and its implications for population-based screening. JAMA 1998, 280: 172-178.
[6] B.R. Bacon. Diagnosis and management of hemochromatosis. Gastroenterology 1997, 113, 995-999.
[7] C. Niederau, R. Fischer, A. Purschel, W. Stremmel, D. Haussinger, G. Strohmeyer. Long-term survival of patients
with hereditary hemochromatosis. Gastroenterology 1996, 110: 1107-1119.
[8] S. Ramrakhiani, B.R. Bacon. Hemochromatosis. Advances in molecular genetics and clinical diagnosis. J. Clin.
Gastroenterol. 1998, 27: 41-46.
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