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Im März 1997
Buddhismus und Homosexualität
Original von Kerry Trembath „Buddhism and Homosexuality“
(aus dem Englischen durch [email protected] / www.gaysangha.de am 29.07.2005)
Vorwort
Wir sollten mit einem sehr knappen Umriss des Buddhismus beginnen, insbesondere in Bezug
darauf, wie der Buddha uns empfahl unser Verhalten zu regulieren.
Was ist Buddhismus?
Dies ist keine leicht zu beantwortende Frage, da im Begriff Buddhismus viele Glaubens- und
Praxissysteme enthalten sind, die die unterschiedlichen Traditionen ausmachen. Diese
Traditionen haben sich zu unterschiedlichen Zeiten in verschiedenen Ländern entwickelt,
bisweilen in Abgeschiedenheit voneinander. Eine jede Tradition hat eigene Merkmale entwickelt,
die einem beiläufigen Beobachter als signifikante Differenzen erscheinen könnten. Die
vermeintlichen Unterschiede sind jedoch oft bloß kulturelle Zugaben, und manchmal sind sie nur
Unterschiede in der Angehensweise oder in der Gewichtung. Allen Traditionen liegt ein
gemeinsamer Kern im Gedankengut und Praxis zugrunde (1).
Die Lehren Buddhas
Einer der grundlegendsten Einsichten, die der Buddha durch seine Erleuchtung erkannte, war
seine Analyse des Leidens oder des Unglücklichseins. Dies ist uns im Form eines Unterrichts
überliefert worden, der traditionsgemäß als die Vier Edlen Wahrheiten beschrieben wird:
Die Erste dieser Wahrheiten ist, dass das Leben von Leiden gekennzeichnet ist. Das Gros
aller menschlichen Bemühungen ist mit dem Versuch beschäftigt, Leiden zu vermeiden und
Glück zu erzielen.
Die Zweite Wahrheit stellt die Ursachen des Leidens heraus. Ob direkt oder mittelbar, das
ganze Leiden, das wir erfahren, wird durch Gier und Unwissenheit verursacht. Wir gieren
nach so vielen Sachen, und unsere Unwissenheit lässt uns glauben, dass diese Sachen uns
glücklich machen würden.
Die Dritte besagt, dass es möglich ist, das Leiden zu überschreiten und die Freiheit und
Gleichmut des Nirwanas zu erreichen. Dieser Zustand wurde vom Buddha erreicht. Ein
Zustand wo alle Eigenschaften, die wir mit der Existenz in Verbindung bringen (Geburt, Tod,
Bewegung in Zeit und Raum und das Gefühl ein unterschiedlicher Selbst zu sein) nicht
mehr zutreffen.
Die Vierte Edle Wahrheit besagt, dass der Pfad, der zu einem Aufheben des Leidens führt
ein Achtfacher ist. Hierzu sind unser Rede, Verhalten, Lebensunterhalt, Gedanken,
Verständnis, Achtsamkeit, Bemühung und Konzentration zu kultivieren. Diese werden
manchmal in drei Gruppen - Sittlichkeit, Konzentration/Meditation und Weisheit
zusammengefasst.
Die Buddhistischen Vorsätze
Lassen Sie uns den Bereich Sittlichkeit genauer betrachten, denn es liefert die notwendige
Verhaltensgrundlage, auf der die Kultivierung des Geistes und eine spirituelle Entwicklung erst
stattfinden können. Gewöhnliche Buddhisten (also die, die nicht Mönche oder Nonnen sind),
versuchen in Übereinstimmung mit fünf Vorsätzen zu leben. Es sind Versprechungen oder
Absichten, die wir für uns selbst vornehmen. Ordinierte Buddhisten schwören noch weitere
Vorsätze zu beachten, einschließlich des Zelibats. Die übliche Übersetzung der fünf Vorsätze ist:
Ich beabsichtige, den Vorsatz zu beachten:
das Töten oder die Schädigung fühlender Wesen zu vermeiden
zu vermeiden Sachen zu nehmen, die nicht gegeben wurden
sexuelles Fehlverhalten zu vermeiden
Falsche Rede zu vermeiden
zu vermeiden Solches zu mir zu nehmen, das Kopflosigkeit oder Trunkenheit verursacht.
Die Beachtung dieser Vorsätze unterstützt die Kultivierung der vorteilhaften Eigenschaften:
Mitgefühl
Großzügigkeit und Nicht-anhaften
Zufriedenheit
Ehrlichkeit
Geistige Klarheit und Achtsamkeit.
Diese sind keine Gebote, sondern Übungsrichtlinien, die Buddhisten freiwillig folgen. Sie werden
nicht befolgt weil wir Bestrafung durch eine Gottheit befürchten, sondern zu unserem eigenen
Nutzen und zum Wohle aller Wesen. Buddhisten glauben, dass alles dem Prinzip von Ursache
und Wirkung unterworfen ist, und dass alle unsere willentliche Handlungen karmische
Konsequenzen nach sich ziehen. Wenn wir uns nicht in Übereinstimmung mit den Vorsätzen
benehmen, verursachen wir daher das Leiden Anderer und machen uns zudem selbst
unglücklich.
Homosexualität und sexuelles Fehlverhalten
Der Dritte der fünf Vorsätze bezieht sich auf sexuelles Verhalten. In der Theravada Tradition,
z.B., würde der dritte Vorsatz am genauesten lauten: "ich nehme die Richtlinie auf mich, nicht
wegen sexuelles Vergnügen den falschen Weg zu gehen". Was, in diesem Fall, würde "den
falschen Weg gehen“ bedeuten?" Und würde das homosexuelle Handlungen einschließen? Um
das festzustellen, betrachten wir jene Kriterien, die uns als Buddhisten angeraten werden, um
ethische Urteile zu fällen. Aus den Darlegungen des Buddha sind drei Grundsätze zu erkennen,
mit denen wir Urteile über unser Verhalten bilden können:
wir sollten die Folgen unserer Taten erwägen, deren Auswirkungen auf uns selbst und auf
Andere
wir sollten erwägen, wie wir uns fühlen würden, würde sich jemand Anderer uns gegenüer
derart verhalten
Wir sollten erwägen, ob das Verhalten unser Ziel, Nirwana zu erreichen, dienlich ist.
Diese Kriterien anwendend, kommen buddhistische Kommentatoren in der Regel zu dem
Schluss, dass sexuelles Fehlverhalten, -Vergewaltigung, -sexuelle Belästigung, -sexuelle
Handlungen mit Kindern und -Untreue gegenüber dem Gatten einschließt. Es ist ganz
offensichtlich, dass diese Arten von sexuellem Fehlverhalten in ganz gleicher Weise auf
homosexuellem als auch auf heterosexuellem Verhalten zutreffen können. Der dritte Vorsatz ist
weder ein pauschaler Verbot, noch ist es eine simplistische Darstellung, dass einige
Verhaltensweisen falsch und Andere richtig wären.
Die Buddhistische Ethik ist als utilitaristisch beschrieben worden, das heißt, dass sie sich weniger
darum schert, ob eine Tat "gut" oder "böse" ist, sondern mehr darum, ob eine Tat "geschickt" ist.
Also, ob es einen positiven Ausgang bezüglich der oben genannten Kriterien dienlich ist, und ob
es von guten Absichten motiviert wird (basierend auf Großzügigkeit, Liebe und Verständnis) (2).
Die Äußerungen des Buddhas, so wie sie im Pali Canon festgehalten wurden, beinhalten so weit
ich weiß keinen ausdrücklichen Hinweis auf Homosexualität oder auf homosexuelle Handlungen.
Dies ist derart interpretiert worden, dass der Buddha die sexuelle Orientierung als nicht relevant
in Bezug auf seine Lehre betrachtete, die ja darauf abzielt, wie man Leiden entgeht und
Erleuchtung erzielt. Wenn sie nicht wichtig genug war um Erwähnung zu finden, kann
Homosexualität dann kaum als Barriere gegen moralische und geistige Entwicklung gegolten
haben
Andererseits veranlassen uns die Lehren Buddhas keineswegs zu einem Leben mit
hedonistischem Eifer nach Vergnügungen, ob sexuelle oder Andere. Während der Buddha die
Existenz des Vergnügens in dieser Welt nicht verneinte, unterstrich er, dass alles weltliche
Vergnügen mit Leiden einhergeht, und dass unsere Anhaftungen uns wie Sklaven in einem Sturm
von Enttäuschung und der Sättigung fesseln. Es ist nicht das Ziel des Buddhisten, sinnliches
Vergnügen zu beseitigen, sondern es durch die systematische Praxis der Achtsamkeit als das zu
erkennen, was es wirklich ist.
Eine Eigenschaft des Buddhismus, die insbesondere Homosexuelle und Lesben interessiert, ist
dass die Lehre keinen besonderen Wert auf die Fortpflanzung legt. Heirat und das Großziehen
von Kinder werden als positiv angesehen, sind aber in keiner Weise obligatorisch. Ganz im
Gegenteil, in den meisten Traditionen wird die Ehelosigkeit als Voraussetzung für diejenigen
betrachtet, die eine höhere Stufe der buddhistischen Entwicklung suchen. Mönche und Nonnen
legen strikte Gelübde der Ehelosigkeit ab, und sogar die eifrigeren Laien nehmen sich vor, zu
bestimmten Zeiten enthaltsam zu sein, um ihre geistige und spirituelle Entwicklung
voranzubringen. Das heißt, dass aus der religiösen Perspektive kein Schande das
Unverheiratetsein oder die Kinderlosigkeit begleitet. Selbstverständlich kann es hier aber
sozialen und kulturellen Druck geben, der stärker wiegt.
Buddhistische Darstellungen gleichgeschlechtlicher Beziehungen
Buddhistische Texte enthalten viele Beispiele äußerst liebevoller Beziehungen zwischen
Personen des gleichen Geschlechts. Eines der populärsten Buddhistischen Texte, die Jatakas,
ist eine große Ansammlung von Geschichten der vielen Leben des Buddhas vor seiner Letzten.
Die Jatakas preisen vielfach die Liebe und Hingabe zwischen Männern an, obgleich dies nie
einer offenkundig sexuellen Natur ist. In diesen Geschichten wird der Bodhisattva, (der Buddhaim-Werden,) häufig mit einem nahestehenden männlichen Begleiter oder einem Adjutanten
gezeigt. Andere Texte, die das Leben des historischen Buddhas beschreiben, überliefern die
lebenslange Freundschaft des Buddhas mit Ananda, der sein ständiger Begleiter und
persönlicher Diener war. Einige Kommentatoren haben homoerotische Komponente in diesen
Texten gesehen (3). Hier reicht es aber zu sagen, dass liebevolle Verhältnisse zwischen
unverheirateten Männern in den Buddhistischen Schriften sehr positiv behandelt werden.
Leider kann von den Ländern, in denen Buddhisten in der Mehrzahl sind, nicht gesagt werden,
dass Schwule und Lesben von Vorurteil und Diskriminierung freier wären, als anderswo. Überall
dort wo es Wurzel geschlagen hat, hat der Buddhismus Aspekte der vorhandenen Kultur
aufgesogen, und dies ist manchmal zu seinem Nachteil gewesen. Genausowenig wäre es
zutreffend zu behaupten, dass die sich Buddhisten nennen, freier von befangenen Ansichten als
die anderer Überzeugungen wären. Es ist jedoch eindeutig, dass nichts in der Lehre des Buddha
eine Verurteilung von Homosexualität oder von homosexueller Handlungen rechtfertigt. Mir
scheint, dass viele Homosexuelle und Lesben, besonders die in den westlichen Ländern, sich
wegen seiner Toleranz und wegen seiner Abneigung gegen moralischen Absolutismus sich zum
Buddhismus hingezogen fühlen, (obgleich ich hierfür natürlich keinen Beweis liefern kann).
Schlussfolgerung
Ich ziehe aus meiner Lektüre buddhistischer Texte, sowie aus Antworten Buddhistischer Mönche
auf meine Nachfragen, den Schluss, dass für Buddhistische Laien solche sexuellen Handlungen
den dritten Vorsatz nicht brechen:
wo es beidseitiges Einverständnis gibt,
wo niemand Schaden nimmt,
wo ein Versprechen einem Anderen gegenüber nicht verletzt wird,
und wo es unser Absicht ist, Zuneigung mit Respekt auszudrücken und einander Freude zu
schenken.
Dies würde ungeachtet des Geschlechtes oder der sexuellen Orientierung der Betroffenen
zutreffen. Die gleichen Prinzipien würden verwendet, um alle Beziehungen und sexuellem
Verhalten zu bewerten, ob heterosexuell oder homosexuell.
**********
References:
1.
There are many excellent introductions to Buddhism on the Web. Two good sources which
emanate from my own country, Australia, are: The Buddhist Council of New South Wales, an
Introduction to Buddhism by Graeme Lyall at http://www.zip.com.au/~lyallg/buddh.html and
BuddhaNet, operated by the Venerable Pannavaro at
http://www2.hawkesbury.uws.edu.au/BuddhaNet/
2
A L De Silva, Homosexuality and Theravada Buddhism, not currently in print, but can be found at
http://www2.hawkesbury.uws.edu.au/BuddhaNet/
3
Leonard Zwilling, Homosexuality As Seen in Indian Buddhist Texts, in Buddhism, Sexuality and
Gender, edited by Jose Ignacio Cabezon, State University of New York Press, New York, 1992.
4
William Herbrechtsmeier, Buddhism and the Definition of Religion: One More Time, Journal for
the Scientific Study of Religion, 1993, 32 (1), 1-18.
Email the author Kerry Trembath
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© Copyright remains with author
http://www.geocities.com/WestHollywood/5738/guw-010.htm on 30th of March 2004
In der Übersetzung fehlend / Left Out of Translation:
Vorwort
In browsing through the Net, I have come across a number of articles relating to religion and
homosexuality. Almost all of these assume a Judaeo-Christian viewpoint, perhaps with passing
references to Islam and an occasional glance over the shoulder at the ancient Greeks and
Romans. As I am a practicing Buddhist, I would like to share with you my perspective on how
homosexuality is treated in Buddhism.
POSTSCRIPT: BUDDHISM AND GOD
I feel I must take issue with the assertion that belief in and reverence for deities is necessarily a
defining characteristic of religions. Buddhism clearly meets most definitions of a religion, yet it is
possible to practice as a Buddhist with no belief in a God or superhuman being(s)4. Buddhism
does not deny the existence of gods or of other worlds, and indeed the devotional practices of
many Buddhist traditions involve the veneration and invocation of special beings such as
Avalokitesvara (known as Kwan Yin to many Chinese, or Kannon to the Japanese). However, at
its core Buddhism is a non-theistic religion and, unlike other world religions, Buddhism is not a
doctrine of revelation. The Buddha did not claim to be the bearer of a message from on high. He
made it clear that what he taught he had discovered for himself through his own efforts.
The Buddha himself is revered not as a deity or supernatural being but as a very special kind of
human being. He was a human who achieved the ultimate in development of his human potential.
The Buddha taught that this achievement is within the reach of every human being, and he spent
his life teaching a practical methodology which, if followed with purity of mind and great diligence,
would enable others to reach the same objective. In other words, he taught a method rather than
a doctrine. When questioned about the validity of his teachings, the Buddha did not refer to the
higher authority of a deity. He explained that his teachings were based on his own direct personal
experience, and he invited all who were interested to test for themselves whether the method he
taught was effective.
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