kosmische strahlung - Spektrum der Wissenschaft

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Welt der Wissenschaft: Gamma-Astronomie
100 Jahre kosmische Strahlung
Am 7. August 1912 fand der österreichische Physiker Victor Hess bei Ballonfahrten
heraus, dass die Ionisierung der Atmosphäre in größeren Höhen deutlich zunimmt.
Damit läutete er den Beginn der Astroteilchenphysik und der Gammaastronomie ein.
Heutzutage sind die Wissenschaftler mit modernen Teleskopen wie etwa H.E.S.S. dem
Ursprung der hochenergetischen Strahlung aus dem All auf der Spur.
Von Bernold Feuerstein und Konrad Bernlöhr
In Kürze
ó Die hochenergetische Strahlung,
die Victor F. Hess bei seinen
Messungen vom Ballon aus ent-
O
b Victor Franz Hess vor 100
für die Entladung sei. Er fand, dass sich die
Jahren wohl ahnte, welch
Entladung eines Elektroskops mit abneh-
neues Fenster zum All er mit
mendem Druck verlang­samt und schließ-
seiner Entdeckung der kos-
lich bei einem Millionstel des atmosphä-
mischen Strahlung da aufstieß? – Doch
rischen Drucks vernach­lässig­bar wird.
wie jeder bahnbrechenden Erkenntnis
Schließlich wurden Ende des 19. Jahr-
deckte, stammt aus den Tiefen des
gingen auch dieser wichtige wissenschaft-
hunderts eine ganze Reihe großer Entde-
Kosmos.
liche Fortschritte voraus. So stammt etwa
ckungen gemacht, welche zum Verständ-
ó Sie besteht sowohl aus geladenen
die wohl früheste Beschreibung einer der
nis der Ionisation von Luft beitrugen. So
Teilchen als auch aus Gamma-
Wirkungen der kosmischen Strahlung von
entdeckte etwa Wilhelm Conrad Röntgen
strahlung.
keinem Geringeren als Charles Augustin
1895 die »X-Strahlung«, im darauf fol-
de Coulomb: Bei seinen Experimenten zu
genden Jahr Antoine Henri Becquerel
Strahlung kommen Objekte wie
den Kräften zwischen elektrisch gela-
die Radio­aktivität und 1897 Joseph John
Supernova-Überreste, Neutronen-
denen Körpern im Jahr 1785 fand er he-
Thomson das Elektron. Im Jahr 1898
sterne oder Kerne aktiver Galaxien
raus, dass sich die verwendeten Metallku-
gelang Marie und Pierre Curie die Ent-
in Frage.
geln auch bei bestmöglicher Isolierung an
deckung neuer radioaktiver Elemente,
Luft langsam entluden. Freilich dachte er
und im Jahr 1900 schließlich fand Paul
dabei nicht an einen kosmischen Ur-
Ulrich Villard die von Ernest Rutherford
sprung dieses Effekts. Auch warteten Io-
später als Gammastrahlung bezeichnete,
nen wie Elektronen, die, wie wir heute
neutrale und am tiefsten durchdrin-
wissen, in der Luft zur Entladung beitra-
gende dritte Komponente radioaktiver
gen, noch auf ihre Entdeckung.
Strahlung. Die elektromagnetische Natur
ó Als Quelle der kosmischen
46
Oktober 2012
Den Effekt der Entladung an Luft konn-
dieser Strahlung wurde allerdings erst
te der britische Experimentalphysiker
1914 durch Ernest Rutherford und seinen
Michael Faraday 1835 bei Experimenten
Kollegen Edward Andrade anhand von
mit verbesserter Isolation bestätigen. Und
Beugung an Kristallen identifiziert.
im Jahr 1879 schloss dessen Landsmann
So setzte sich zu Beginn des 20. Jahr-
William Crookes, seinerseits Chemiker
hunderts die Überzeugung durch, dass
und Physiker, aus Untersuchungen zur
der Ursprung der Luftleitfähigkeit in der
elektrischen Isolation im Hochvakuum,
Radioaktivität aus der Erdkruste zu su-
dass die ionisierte Luft selbst das Agens
chen sei. Folglich müsste die Ionisierung
Sterne und Weltraum
100 Jahre nach der Entdeckung der
kosmischen Strahlung mit einfachen
Mitteln stehen moderne Instrumente wie
das H.E.S.S.-Teleskop (High Energy
Stereoscopic System) in Namibia zur
Verfügung, um ihre Entstehungsmechanismen aufzuklären.
H.E.S.S. Collaboration
der Luft mit zunehmendem Abstand vom
nur auf eine Absorption in den darüber-
Erdboden auf Grund der Absorption der
liegenden Wasserschichten zurückgeführt
Strahlung abnehmen. Auch zeigten etwa
werden konnte. Damit war ein weiteres
Messungen über der Oberfläche tiefer und
starkes Indiz für den nicht-terrestrischen
ausgedehnter Gewässer eine Abnahme
Ursprung der Strahlung gewonnen.
lich schwächer als erwartet aus.
Unbekannter »Ionisator«
Das Problem der zu geringen Abnahme
der Ionisation mit der Höhe fand zu dieser
Zeit die Aufmerksamkeit von Victor Franz
Hess, erster Assistent am neuen Wiener
Dasselbe Bild ergab sich bei ersten höhen-
Institut für Radiumforschung. Wie er auf
abhängigen Messungen: Der Jesuit Theo-
der 83. Naturforscherversammlung in
dor Wulf setzte 1910 auf dem Eiffelturm
Karlsruhe erläuterte, blieben noch zwei
einen von ihm konstruierten, verbes-
Möglichkeiten, um den unerwarteten Be-
serten Apparat ein, eine Kombination aus
fund zu erklären: Entweder sei ein »noch
Ionisationskammer und Zweifadenelek-
unbekannter Ionisator in der Atmosphäre
trometer. Aus den Ergebnissen schloss er:
wirksam« oder es könne »die Absorption
»Die bisher gemachten Versuche verlan-
von Gammastrahlen in Luft vielleicht
gen daher außer der Erdrinde noch eine
viel langsamer erfolgen als bisher ange-
andere Quelle für die Gammastrahlung in
nommen wurde«. Um Letzteres näher
den höheren Luftschichten oder eine we-
zu untersuchen, vermaß er zunächst den
sentlich schwächere Absorption durch die
Absorptionskoeffizienten
Luft, als bisher angenommen.« Parallel
Gammastrahlung in Luft. Seine Ergeb-
dazu unternahm der Schweizer Physiker
nisse bestätigten die bisherigen Resultate.
Albert Gockel zwischen 1909 und 1911 die
500 Meter über dem Grund sollten dem-
ersten Ballon­aufstiege.
nach Gammastrahlen aus der Erdkruste
Ein weiteres Schlüsselexperiment, das
für
Radium-
weit gehend absorbiert sein.
Archiv Victor-F.-Hess-Gesellschaft
der Entladungsrate. Jedoch fiel diese deut-
Bei einer Reihe von Ballonfahrten entdeckte Victor F. Hess – hier in der Ballon-
später leider nur noch wenig Beachtung
Nachdem also eine schwächere Absorp­
fand, gelang Domenico Pacini im Sommer
tion von terrestrischer Gammastrahlung
gondel –, dass von außen eine ionisierende
1911. Bei einer Messung in drei Meter Was-
als Grund für die beobachtete Ionisierung
Strahlung in die Erdatmosphäre eindringt.
sertiefe fand er eine signifikante Abschwä-
in der Atmosphäre praktisch ausgeschlos-
Die abschließende Fahrt zu den Messungen
chung der Strahlung um 20 Prozent, die
sen werden konnte, unternahm Victor
unternahm er am 7. August 1912.
www.sterne-und-weltraum.de
Oktober 2012
47
10000
lung«, während Hess den Namen »Ultra-
9000
Gammastrahlung« bevorzugte. Letzteres
8000
meinen Überzeugung, es handele sich um
entsprach auch mehr der bis dahin allgeäußerst durchdringende Gammastrahlung.
6000
Gammastrahlen oder Partikel
5000
Der holländische Naturforscher Jacob Clay
V. Hess:
4000
1912
3000
W. Kolhörster:
1913
beobachtete aber auf Fahrten zwischen
Java und den Niederlanden anhand einer
mitgeführten Ionisationskammer einen
neuen Effekt, nämlich eine signifikante
1914
2000
MPIK / SuW-Grafik
Höhe in Metern
7000
1000
0
0
1
2
3
4
5
6
7
8
Relative Ionisierung
Änderung der Höhenstrahlung mit der
geografischen Breite. Führt man dies auf
einen Einfluss des Erdmagnetfelds zurück,
so muss zumindest ein gewisser Anteil
der Strahlung aus geladenen Teilchen
bestehen, die praktisch isotrop aus allen
Richtungen auf die Erde treffen.
Die Messergebnisse von Victor F. Hess aus dem Jahr 1912 und von Werner
In den darauf folgenden Jahren ging
Kohlhörster in den Jahren 1913 und 1914 zeigen eindrücklich, dass die
Kolhörster zusammen mit Walther Bothe
Ionisierung der Atmosphäre aufsteigend vom Erdboden zunächst leicht ab-,
dem »Wesen der Höhenstrahlung« (Titel
in größeren Höhen jedoch wieder deutlich zunimmt.
ihrer Publikation 1929) mit einer neuartigen Messmethode nach: Das inzwischen
von Hans Geiger und Walther Müller
Hess 1912 zielgerichtet sieben Ballon-
Atmosphäre eindringt und auch noch in
erfundene Zählrohr, das den Nachweis
fahrten, um die Aufladung der Luft in
deren untersten Schichten einen Teil der
einzelner Ionisationsereignisse erlaubte,
Abhängigkeit von der atmosphärischen
in geschlossenen Gefäßen beobachteten
wurde durch die von Bothe eingeführte
Höhe zu untersuchen. Die abschließende
Ionisation hervorruft. […] Da ich im Ballon
Technik der Koinzidenzmessung ergänzt.
Hochfahrt am 7. August 1912 sollte den
weder bei Nacht noch bei einer Sonnenfin-
Von der Gammastrahlung war bekannt,
Durchbruch bringen (siehe Bild S. 47). Zur
sternis eine Verringerung der Strahlung
dass sie beim Durchgang durch Materie
besseren Kontrolle von systematischen
fand, so kann man wohl kaum die Sonne
relativ energiearme, geladene Sekundär-
Fehlern nahm Hess auf dieser Mission
als Ursache dieser hypothetischen Strah-
teilchen (Korpuskeln) erzeugt, die sich in
drei Wulfsche Strahlungsapparate mit.
lung ansehen, wenigstens solange man
Zählrohren nachweisen lassen. In zwei
nur an eine direkte Gammastrahlung mit
übereinander angeordneten Zählrohren
geradliniger Fortpflanzung denkt.«
sollten demnach Sekundärteilchen, die
Auf der sechsstündigen Fahrt der
dreiköpfigen Besatzung von Aussig in
Böhmen nach Pieskow in Brandenburg
Die Ergebnisse dieser Pionierfahrt
bei ein und demselben Ereignis erzeugt
erreichten die Wissenschaftler eine Höhe
konnte der Physiker Werner Kolhörster
wurden, unmittelbar nacheinander be-
von 5350 Metern. Trotz Sauerstoffin-
1913 und 1914 bei weiteren Ballonfahrten
obachtbar sein. Bothe und Kolhörster
halation misslang Hess schließlich die
mit
Wulf-Elektrometern
brachten nun absorbierendes Material
Ablesung des dritten Elektrometers, und
eindrucksvoll bestätigen: Auf 9300 Meter
zwischen die beiden Zählrohre, um zu
er gab das Signal zum Abstieg. Doch die
Höhe stellte er eine gegenüber dem Bo-
überprüfen, ob die Teilchen tatsächlich
Strapazen hatten sich gelohnt – war beim
denwert sechsfach erhöhte Ionisation fest
so niederenergetisch waren wie vermutet.
Aufstieg bis in etwa 1000 Meter Höhe über
(siehe Grafik oben). Auch gelang es ihm,
Denn dann sollten sie in dem Material
dem Erdboden eine leichte Abnahme der
die Absorptionslänge der neuen Strah-
abgefangen werden und in dem zweiten
Ionisierung, die sich auf die Absorption
lung zu 1300 Meter abzuschätzen – etwa
unteren Zählrohr nicht mehr messbar
von Strahlung terrestrischen Ursprungs
eine Größenordnung über den bekannten
sein. Entgegen ihrer Erwartung fanden die
zurückführen ließ, zu bemerken, so war
Werten von radioaktiven Gammaquellen.
beiden Forscher aber praktisch keine Ab-
bis 2000 Meter der Bodenwert wieder er-
Damit erwies sich die von Kolhörster als
nahme der Koinzidenzen, woraus sie auf
reicht, um dann in 4000 Metern um die
solche bezeichnete Höhenstrahlung als
die korpuskulare Natur der Höhenstrah-
Hälfte und in 5000 Meter Höhe schließlich
äußerst durchdringend und zudem prak-
lung schlossen.
auf das Doppelte anzusteigen (siehe Gra-
tisch konstant ohne größere Variationen
In der Schlussbemerkung ihrer Arbeit
fik oben). Hess schloss daraus folgerichtig:
gegenüber Tagesgang oder Wetterverhält-
gehen Bothe und Kolhörster auf den
»Die Ergebnisse der vorliegenden Be­
nissen.
möglichen Ursprung der kosmischen
obachtungen scheinen am ehesten durch
verbesserten
Nach anfänglichen Zweifeln an der
Strahlung ein: »Solange man nämlich
die Annahme erklärt werden zu können,
Exis­tenz
etablierte
an dem Gamma-Charakter der Höhen-
dass eine Strahlung von sehr hoher Durch-
Robert Andrews Millikan die bis heute
strahlung festhielt, musste man fast
dringungskraft von oben her in unsere
übliche Bezeichnung »kosmische Strah-
zwangsläufig
48
Oktober 2012
dieser
Strahlung
an
Entstehungsprozesse
Sterne und Weltraum
von atomaren Ausmaßen denken. Eine
Nobelpreis für Physik. Im gleichen Jahr
mer noch über der zufälligen Rate lagen.
Korpuskularstrahlung könnte dagegen
gelang ihm der Nachweis des Myons.
Er deutete dies als Hinweis darauf, dass
ihre Energie in sehr schwachen, dafür aber
ungeheuer
ausgedehnten
Parallel dazu hatte Hess 1931 auf dem
bei der Wechselwirkung der kosmischen
Kraftfeldern
Hafelekar bei Innsbruck auf 2300 Meter
Strahlung mit der Atmosphäre
erlangen, rechnet doch beispielsweise die
Höhe eine »Station für Ultrastrahlen-
Teilchenschauer entstehen, die sich auffä-
Entfernung der ›nichtgalaktischen Nebel‹
forschung« errichtet, wo neben Ionisati-
chern und beim Auftreffen auf den Boden
nach heutigen Vorstellungen nach Millio­
onskammern auch bald Zählrohre und
eine größere Fläche überdecken (siehe
nen von Lichtjahren.« Zwar wurde hier
Nebelkammern eingesetzt wurden. Auf
Grafik unten). Nur drei Jahre später fand
aus heutiger Sicht die Größenordnung
Kernspurplatten fanden etwa die beiden
der französische Physiker Pierre Auger
der relevanten Längen überschätzt, aber
österreichischen Physikerinnen Marietta
bei ähnlichen Messungen eine Ausdeh-
dennoch ging der Gedanke in Richtung
Blau und Herta Wambacher in Gestalt
nung am Boden von mehr als 300 Metern.
kosmischer Teilchenbeschleuniger. Dage-
sternförmiger Spuren den ersten direkten
Zusammen mit der dabei ebenfalls ermit-
gen mussten atomare Prozesse, bei denen
Nachweis einer Kernzertrümmerung, ver-
telten Teilchendichte schätzte er daraus
solch hohe Energien freigesetzt würden,
ursacht durch kosmische Strahlen. Wei-
die Zahl sekundärer Teilchen in einem
damals erst recht als äußerst exotisch an-
tere Experimente mit gestapelten Foto­
einzelnen Schauer auf eine Million und
gesehen werden.
emulsionsplatten
Nebelkammern
damit die Energie des auslösenden pri-
führten ab 1947 zur Entdeckung weiterer
mären Teilchens auf bis zu einer Größenordnung von 1015 Elektronvolt.
Grundlage der Teilchen- und Hochenergiephysik
und
neuer Teilchen, wie zum Beispiel Pionen,
Kaonen und Lambda-Hyperonen. Dieser
ganze
Weitere Untersuchungen in den Fol-
In den folgenden Jahren entwickelte sich
wachsende Teilchenzoo markiert den
gejahren
die Erforschung der kosmischen Strah-
Aufstieg der Elementarteilchenphysik zu
Ballon­aufstiege – im Jahr 1947 sogar bis
lung zur Grundlage der Teilchen- und
einer neuen Disziplin.
30 Kilometer Höhe – enthüllten schließ-
Hochenergiephysik. Die ers­ten Teilchen-
einschließlich
unbemannter
bereits
lich die Zusammensetzung der primären
beschleuniger reichten jedoch bei Weitem
1934, dass Koinzidenzen in zwei Zähl-
Strahlung: Den überwiegenden Anteil
noch nicht aus, um Hochenergiephysik
rohren auch bei größeren Abständen im-
nehmen dabei Protonen ein, etwa zehn
Außerdem
bemerkte
Rossi
im Labormaßstab zu betreiben. So nutzte
man die kosmische Strahlung und ihre
Wechselwirkungen mit den Molekülen
der Erdatmosphäre als natürliches Labor.
Supernova-Überrest
Im Jahr 1930 schlug der italienische
Elementarteilchen-
und
Astrophysiker
Bruno Rossi vor, aus einer beobachteten
Ost-West-Asymmetrie entsprechend der
Gammaquant
Ablenkung im Erdmagnetfeld auf das Vorzeichen der Ladung kosmischer Partikel
zu schließen. Aus Messungen dieses OstWest-Effekts unter anderem durch Arthur
Teilchenschauer
Compton folgte wenige Jahre später, dass
es sich bei der Primärstrahlung überwiegend um positiv geladene Teilchen handelt.
Zudem
ermöglichten
neue
Detek­
tionstechniken wie die Wilsonsche Nebelkammer den Nachweis neuer Teilchen: Im
Jahr 1932 wurde durch den US-amerika-
Tscherenkowlicht
(kegelförmige
Ausbreitung)
nischen Physiker Carl David Anderson das
Positron entdeckt und damit das Tor zur
Welt der Antiteilchen aufgestoßen. Ander-
Reinhold Henkel/Spektrum der Wissenschaft
son erhielt 1936 gemeinsam mit Hess den
Die kosmische Strahlung, bestehend aus
ionisierten Teilchen und Gammaquanten,
erzeugt bei der Wechselwirkung mit der
Atmosphäre Teilchenschauer, die sich weit
auffächern. Dabei entsteht auch so
genannte Tscherenkowstrahlung, die sich
kegelförmig ausbreitet und mit bodengebundenen Teleskopen beobachten lässt.
www.sterne-und-weltraum.de
Teleskope mit extrem
schnellen Kameras
ursprüngliche Flugrichtung
des Gammaquants
Oktober 2012
49
Prozent entfallen auf Alphateilchen, also
Heliumkerne, sowie etwa ein Prozent auf
1 pro m2 und Sekunde
schwerere Kerne wie Kohlenstoff, Eisen
und Blei. Wie also Rossi richtig vermutet
Luftschauer-Messungen
hatte, handelt es sich dabei vornehmlich
um positiv geladene Komponenten. Die
Myonen und Gammaquanten. Wie wir
aber inzwischen wissen, besteht die hochenergetische Strahlung aus dem Kosmos
neben
der
Teilchenkomponente
»Knie«
Direkte Messungen
1 pro m2 und Jahr
aber
»2. Knie«
ebenfalls, wenn auch zu einem geringeren
Anteil, aus primärer Gammastrahlung.
Da die Wechselwirkungen sowohl der
»Knöchel«
energiereichen Teilchen als auch der
1 pro m2 und Jahr
Gammaquanten in der Atmosphäre zur
Ausbildung einer Kaskade neuer Teilchen
führen kann, lässt sich die Atmosphäre in
1012
1011
mehrfacher Weise als Teil eines Detektors
1013
1014
1015
1016
1017
1018
1019
Simon Swardy / Konrad Bernlöhr / SuW-Grafik
sentlichen aus Elektronen, Positronen,
Teilchenfluss
sekundäre Strahlung besteht im We-
1020
Energie in Elektronvolt
zum Nachweis der beiden Komponenten
nutzen, auch wenn sie sich schwer voneinander unterscheiden lassen. Dabei
Das Spektrum der kosmischen Strahlung
kommt einerseits der Nachweis der Se-
folgt einem recht einfachen Potenzgesetz
kundärteilchen selbst in Frage, andererseits die Messung von Licht, welches die
mit einem leichten Knick zu einem etwas
steileren Abfall bei einigen 1015 Elektron-
Teilchen schon in großer Höhe emittieren,
volt. Je energiereicher die Strahlung ist,
Verglichen mit einer Klaviatur überdeckt
das so genannte Tscherenkowlicht.
umso weniger Ereignisse pro Fläche und
das optische Spektrum von 1,5 bis 3 Elek-
Die Messung der Kaskaden oder Schau-
Zeit werden gezählt. tronvolt etwa eine Oktave. Gammastrah-
rung der Experimente von Auger und sei-
lung von 1013 Elektronvolt liegt etwa 42
Oktaven darüber. Die vier über den Erdball
nen Kollegen schon seit Ende der 1940er
verteilten Tscherenkowobservatorien
Jahre betrieben, meist mittels Szintillati-
messen in einem Bereich von 1010 bis 1015
onszählern. Da nur wenige der Sekundär-
Elektronvolt.
er von Sekundärteilchen wird, in Fortfüh-
teilchen bis zum Boden vordringen, ist
die untere Energieschwelle der Primärteilchen, die mit solchen Anordnungen mess-
500
bare Kaskaden auslösen, recht hoch. Sie
liegt typischerweise bei 1014 Elektronvolt.
Schon in den 1950er und frühen 1960er
kosmischen Strahlung nach oben hin bis
zu Energien von 10­19 Elektronvolt vermessen; bis heute sind einzelne Ereignisse mit
mehr als 10­20 Elektronvolt bekannt (siehe
Grafik oben).
Diese geradezu unglaublich hohen
Energien übertreffen selbst die Möglichkeiten der größten heutigen Beschleunigeranlagen
um
Größenordnungen.
Höhe in Kilometern
Jahren wurde damit das Spektrum der
100
10
Noch rätselhafter als die Strahlung selbst
erschien daher die Frage nach ihrem Ursprung. Dies weckte das Interesse an den
Mechanismen, welche in kosmischen
Beschleunigern den geladenen Teilchen
derart hohe Energien verleihen.
Radiowellen
Mikrowellen
Infrarot
Ultraviol
Erstmals stellten 1934 die Astrophysiker Walter Baade und Fritz Zwicky
10-6
10-3
1
Überlegungen an, ob etwa Supernovae
50
Oktober 2012
Sterne und Weltraum
Beschleunigungstheorie publizierte En-
Dagegen ist die ebenfalls sehr hochener-
Strahlungsfeldern) der Quelle entstehen.
rico Fermi im Jahr 1949. Er betrachtete
getische
Gammastrahlung
Dies wiederum eröffnet die Möglichkeit,
die Wechselwirkung von geladenen Teil-
unempfindlich gegenüber einer Ablen-
anhand der sich geradlinig ausbreitenden
chen mit magnetisierten Plasmawolken
kung in Magnetfeldern. Dies erlaubt eine
Gammaquanten ebendiese Quellen zu
und fand, dass bei Reflexion an solchen
detaillierte Ortung der Strahlungsquellen,
identifizieren und ihre räumliche Struk-
Wolken die Teilchen im Mittel Energie
also überhaupt erst eine Astronomie von
tur abzubilden. (siehe Grafik S. 49)
gewinnen. Dieser Mechanismus erwies
Strahlung kosmischen Ursprungs im ei-
sich zwar als wenig effizient, lieferte aber
gentlichen Sinn.
kosmische
benden Medium (interstellarem Gas oder
Bereits am 27. April 1961 startete der
Satellit Explorer 11 von Cape Canaveral,
die Grundidee zur Beschleunigung an ex-
Wie groß die Energie dieser Komponen-
der eigens für den Zweck gebaut wurde,
pandierenden Stoßwellen, wie sie in Über-
te des elektromagnetischen Spektrums
kosmische Gammastrahlen nachzuwei-
resten von Sternexplosionen auftreten.
gegenüber den Photonen des sichtbaren
sen. Insgesamt registrierte er in seinem
Allerdings steht die Natur der kos-
Lichts ist, lässt sich am Beispiel einer
Orbit im Abstand zur Erde von etwa 500
mischen Teilchenstrahlung der Identifi-
Klaviatur veranschaulichen: Das optische
bis 1800 Kilometern innerhalb von vier
zierung ihrer Quellen grundsätzlich im
Spektrum überdeckt etwa eine Oktave
Monaten 22 Gammaereignisse. In den
Weg. Denn geladene Teilchen werden bei
1970er Jahren bevölkerte sich der Gam-
ihrem Weg zur Erde durch interstellare
mit Energien von 1,5 bis 3 Elektronvolt,
die Gammastrahlung von 1013 Elektron-
Magnetfelder derart abgelenkt, dass jegli-
volt liegt etwa 42 Oktaven darüber – dies
dener Satellitenprogramme wie SAS-2
che Richtungsinformation der ursprüng-
entspräche einem sieben Meter breiten
und COS-B mit hochenergetischen Quel-
lichen Quelle praktisch verloren geht.
Klavier (siehe Grafik unten).
len. Aber das Fenster zu den interessanten
mahimmel dank der Ergebnisse verschie-
Ein zuverlässiger Nachweis einer Quelle
Im Gegensatz zur elektromagnetischen
der kosmischen Teilchenstrahlung ist
Strahlung in den meisten anderen Wel-
damit bis heute nicht gelungen – bis auf
lenlängenbereichen
die Entdeckung eines Überschusses an
der
in
len-Teleskop Fermi ist seit 2008 in der
Schauern aus einer Richtung im Sternbild
nichtthermischen Prozessen zu suchen.
Umlaufbahn. Zwar haben die Gamma­
Schwan in den 1980er Jahren, die sich of-
Denn eine Wärmestrahlung solch ho-
satelliten Zugang zu dieser Komponente
fenbar dem Doppelsternsystem mit der
her Energien würde eine Temperatur
der kosmischen Strahlung, sind jedoch
Röntgenquelle Cygnus X-3 zuordnen lässt.
der Quelle voraussetzen, die jegliches
wegen ihrer geringen Größe auf den
Die Signifikanz dieser Entdeckung bleibt
Vorstellungsvermögen sprengt und al-
niederenergetischen Teil des Spektrums
umstritten, befeuerte aber den Bau vieler
lenfalls unmittelbar nach dem Urknall
beschränkt. Denn nur hier ist der Fluss
neuer Detektoren, mit denen sich eine
herrschte. Vielmehr geht man heute da-
von Gammaquanten ausreichend hoch.
Emission aus der Richtung von Cygnus
von aus, dass solche hochenergetischen
Für die wesentlich selteneren, besonders
X-3 jedoch nicht wirklich bestätigen ließ.
Gammaquanten durch Wechselwirkung
hochenergetischen Quanten ist die Fläche
kosmischen
ist
der
Quellen höchster Energie sollte noch gut
zwei Jahrzehnte verschlossen bleiben.
Ursprung
Gammaquanten
Das derzeit modernste Gammastrah-
Fermi
Der größte Teil der Strahlung wird von der Atmosphäre absorbiert
(bis auf das »optische Fenster« und das »Radiofenster«)
CTA
Röntgenstrahlung
103
Gammastrahlung:
106
hochenergetisch
109
H.E.S.S.
Magic
Veritas
CTA
MPIK / SuW-Grafik
lett
Auf dem Weg zur Gammaastronomie
beschleunigter Teilchen mit dem umge-
sein könnten. Einen ersten Ansatz einer
die Quellen der kosmischen Strahlung
sehr hochenergetisch
1012
Wellenlänge in Elektronvolt
www.sterne-und-weltraum.de
Oktober 2012
51
VERITAS Collaboration
Robert Wagner / MPI für Physik
MAGIC, La Palma
H.E.S.S., Namibia
CANGAROO, Australien
H.E.S.S Collaboration
Y. Adachi
der Gammateleskope auf Satelliten zu
Im Jahr 1948 hatte Patrick Blackett abge-
Die vier modernsten Tscherenkow-Observa-
klein.
schätzt, dass Tscherenkowlicht der Hö-
torien sind über den gesamten Globus
Für bodengebundene Beobachtungen
henstrahlung etwa 0,01 Prozent des Lichts
verteilt: VERITAS auf dem Mount Hopkins
wurde eine weitere Technik zum Nach-
vom Nachthimmel ausmachen sollte. Ein
mit vier 12-Meter-Teleskopen, MAGIC auf
weis atmosphärischer Schauer entwickelt,
erster Nachweis von kurzen Tscherenkow-
La Palma mit zwei 17-Meter-Teleskopen,
die sich das von schnellen, geladenen
blitzen mittels eines Spiegels, einer Foto-
H.E.S.S. im Khomas-Hochland von Namibia
Teilchen emittierte Tscherenkowlicht zu
vervielfacherröhre und eines Oszilloskops
mit vier 12-Meter-Teleskopen und CANGA-
Nutze macht. Dieses Licht war bereits um
gelang den Physikern William Galbraith
ROO in Woomera, Australien, mit vier
1910 erstmals von Marie Curie als bläu-
und John Jelley im Jahr 1953, später auch
10-Meter-Teleskopen.
liches Leuchten in hochkonzentrierten
in Koinzidenzmessungen mit einer An-
Lösungen radioaktiver Stoffe beobachtet
ordnung von Geigerzählern.
worden.
Detaillierte
Dank der modernen Tscherenkow-Teleskope
sowie Gammasatelliten wurden viele neue
Untersuchungen
In den späten 1950er und frühen
unternahm der Namensgeber Pawel A.
1960er Jahren wurde von mehreren
Gammaquellen am Himmel entdeckt. Zu
Tscherenkow in den 1930er Jahren. Eine
Gruppen mittels der Tscherenkowtechnik
den Quellen innerhalb der Milchstraße
theoretische Erklärung gaben 1937 Ilya
nach Gammaquellen am Nachthimmel
zählen Supernova-Überreste (SNR) und
Frank und Igor Tamm anhand der Pola-
gesucht, wobei meist Spiegel aus ausge-
Doppelsternsysteme etwa mit einer
risation eines Mediums durch geladene
dienten
Neutronensternkomponente. Gammastrah-
Teilchen, die sich darin schneller bewe-
wurden. Der Erfolg blieb bescheiden – es
lung extragalaktischen Ursprungs wird in
gen, als sich Licht dort ausbreiten kann.
konnten lediglich Obergrenzen angege-
aktiven galaktischen Kernen (AGN) erzeugt.
Mkn
1ES
101
Mkn
SNR
Binärsystem
Sonstiges oder unklar
oder Quelle nicht identifiziert
52
Oktober 2012
180
96
eingesetzt
1ES
421
H1
121
8
M 8 +304
7
426
+42
3C
8
279
1ES
32
1-2
110
PG 1
Mkn
553
08
50
+11
5 01
9+6
S 506+52
5
9
071 4 1ES 1
6+7
006
14
SN 1
7
2
6
3
1
9+
-47
137
+02
-63
03
J201
634
857 J1825- +0.1
303
1
613
1
ior
1
O
J
J
J
+
I
R
S
S
S
Jun
S G 0.9
LS
MG
HES
HES
HES
HES
Vela
C
G
Tev yg X-1
RX J
MG
MSH PSR B
Cas
J203
Vela
171
RO J LS 503 C
1
A
175
3.72+4
9
190
X
-52 259-63
1
8
3
31
+06
946
BL L
1ES
ac
234
4+5
3C 6
14
6A
PKS
PKS
054
200
8-3
5-4
22
8
9
7
1ES
1
0
+
2
022
5
PKS
J01
9+2
215
1ES
00 RGB
5-3
034
7-1
04
21
1ES
AGN
Plerion (PWN)
1+4
Flak-Scheinwerfern
H2
356
43
IC 4
Kreb
sneb
el
-30
9
Sterne und Weltraum
Konrad Bernlöhr / SuW-Grafik
TerraForma / SuW-Grafik
VERITAS, USA
ben werden. Das größte Hindernis war der
Anfang der 1990er Jahre startete mit
Untergrund von Schauern aus kosmischer
der Einführung der Stereoskopie die dritte
Teilchenstrahlung, die um einen Faktor
Generation erdgebundener Tscherenkow-
1000 bis 10 000 zahlreicher sind als die ge-
teleskope: Analog zur Bestimmung von
suchten Gammaereignisse und zu deren
Meteorspuren aus mehreren Beobach-
Unterscheidung noch keine geeigneten
tungsstandorten erlauben Anordnungen
technischen Möglichkeiten vorlagen. Um
mehrerer solcher Teleskope die Aufnah-
die Empfindlichkeit für schwächere Teil-
me genauerer Bilder der Schauer aus ver-
chenschauer zu steigern, begannen 1966
schiedenen Blickwinkeln und damit eine
Planungen für ein größeres Tscherenkow-
direkte Rekonstruktion der Ursprungs-
teleskop von zehn Metern Durchmesser,
richtung von einzelnen Ereignissen. Ne-
das 1968 auf dem Mount Hopkins in Ari-
ben Vorläufern auf dem Mount Hopkins
zona aufgebaut wurde, bekannt geworden
und am Krim-Observatorium wurde ab
unter dem Namen Whipple-Teleskop.
1992 auf dem Gelände des HEGRA-Ex­
Der
entscheidende
eine
stereoskopische
Anordnung
aus
mit
fünf Teleskopen von je 8,5 Quadratmeter
Whipple gelang endlich 1989 mit der
Spiegelfläche realisiert. Zuvor wurden
Identifizierung
M 1.
dort seit 1987 mit Spurdetektoren die
Der Schlüssel zum Erfolg lag in der Ein-
Bahnen sekundärer Teilchen vermessen.
führung abbildender Systeme mit einer
Schon während der Bauphase der Tele-
ganzen Anordnung von Fotovervielfa-
skope detektierte HEGRA den Krebsnebel
chern als Lichtdetektor – bei Whipple
mit hoher Signifikanz und registrierte
waren es 37, bei heutigen Tscherenkow-
Ausbrüche der aktiven Galaxien Marka-
teleskopen sind es typischerweise 1000
rian 421 und 501. Mit Beginn des neuen
Elemente. Unterstützt von Monte-Carlo-
Jahrtausends entstanden schließlich vier
Simulationen wurde mit diesen Systemen
neue Observatorien auf beiden Hemi-
der zweiten Generation anhand der Form
sphären (siehe Grafik links oben): CAN-
der Teilchenschauer eine Unterscheidung
GAROO in Woomera, Australien, mit vier
der Gammaereignisse vom Untergrund
10-Meter-Teleskopen, H.E.S.S. im Khomas-
aus kosmischer Strahlung möglich. M 1
Hochland von Namibia mit vier 12-Meter-
wurde als fundamentales Studienobjekt
Teleskopen, MAGIC auf La Palma mit zwei
so zur Standardkerze der sehr hochener-
17-Meter-Teleskopen und VERITAS auf
getischen Gammastrahlung. Dank der
dem Mount Hopkins mit vier 12-Meter-
neu gewonnenen Erfahrungen ließ sich
Teleskopen.
des
Durchbruch
periments auf der Kanareninsel La Palma
Krebsnebels
wenige Jahre später mit dem Whipple-Ob-
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Die Tscherenkowteleskope der dritten
servatorium eine aktive Galaxie als erste
Generation
extragalaktische Quelle nachweisen: der
telliten wie Fermi haben den Himmel
Blazar Markarian 421.
mit
vielen
und
moderne
neuen
Gammasa-
hochenergetischen
Kosmische Strahlung in der Erdatmosphäre
D
ie hochenergetische Strahlung aus dem All ist zweierlei Natur. Zum großen
Teil besteht sie aus ionisierten Teilchen, hauptsächlich Protonen, aber auch aus
Atomkernen schwererer Elemente. Einen kleineren Anteil macht die hochenergetische Gammastrahlung aus.
Die Gammastrahlung erzeugt bei der Wechselwirkung mit der Atmosphäre
Elektron-Positron-Paare sowie sekundäre, energieärmere Gammaquanten. Treffen
dagegen die hochenergetischen Ionen auf die Erdatmosphäre, so erzeugen sie dort
zunächst Kaskaden von exotischen Sekundärteilchen wie Pionen und Kaonen, die auf
dem Weg zum Erdboden dann ebenfalls meist in Elektronen und Positronen sowie
sekundäre Lichtquanten zerfallen. In beiden Fällen entsteht zudem durch Teilchen, die
sich schneller als Licht im Medium Atmosphäre bewegen, so genannte Tscherenkow-
strahlung, die sich mit bodengebundenen Detektoren beobachten lässt.
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Auf Grund der Impulsverteilung sind die durch Protonen und schwere Kerne verursachten Kaskaden im Mittel unregelmäßiger und breiter aufgefächert als jene, die
durch Gammastrahlung verursacht werden.
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Gutenbergstraße 2 • 46414 Rhede/Westf.
Oktober 2012 53
Tel.: (0 28 72) 80 74 - 300 • FAX: (0 28 72) 80 74 - 333
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© 2012 Meade Instruments Europe GmbH &Co. KG. Alle Rechte vorbehalten. Änderungen und Irrtümer vorbehalten. *Unverbindliche Preisempfehlung in Euro (D).
Durchbruch in der Beobachtung
Star Power!
Pulsar
Stoßfront
NASA
NASA
1 Lichtjahr
Im Zentrum des Krebsnebels (oben links)
Windbeschleunigungszone
20000 - 50000 km
relativistischer Geschwindigkeit. Werden
diese Teilchen relativ zum Magnetfeld auf
Magnetosphäre
dem Weg in das interstellare Medium
mit der vom Pulsar emittierten Röntgen-
g
e+e–
1000 km
beschleunigt, kommt es in Wechselwirkung
g
X
Pulsar
strahlung (X) zu einem Streuprozess
e+e–
e+e–
(inverse Compton-Strahlung), bei dem Gammaphotonen (g) erzeugt werden.
X
e+e–
Inverse
Compton-Streuung
g
g
0,3 Lichtjahre
Gammaquellen bevölkert (siehe Grafik
Neben den Überresten von Supernovae
der Magnetosphäre des Krebspulsars
S. 52 unten). Allein H.E.S.S. hat seit 2004
sind dies Pulsarwindnebel, kompakte Ob-
entweicht und im interstellaren Medium
im Rahmen einer Durchmus­terung der
jekte (Neutronensterne, Schwarze Löcher)
endet (siehe Bilder und Grafik oben). Als
galaktischen Ebene mehr als 100 neue
in Doppelsternsystemen, das galaktische
Gammaquellen strahlen der Pulsar im
Quellen entdeckt. Zur Ikone der Astro-
Zentrum oder junge Sternhaufen inner-
hohen und der Nebel vorwiegend im sehr
nomie sehr hochenergetischer Gamma-
halb unserer Galaxis; dazu treten noch
hohen Energiebereich. Auf den ersten
strahlung wurde der Supernova-Überrest
extragalaktische Quellen wie Blazare,
Blick erscheint der Wind, der die Energie
RX J1713.7–3946 im Sternbild Skorpion,
Radiogalaxien und Starburst-Galaxien.
vom Pulsar zum Nebel transportiert,
der von H.E.S.S. erstmals mit bis dahin
Unter Einbeziehung der Daten aus ande-
als unsichtbare Substanz. Denn obwohl
unerreichter Auflösung von einigen Bo-
ren Wellenlängenbereichen lassen sich
der Wind selbst relativistisch ist, sind
genminuten vermessen wurde. Nachdem
verschiedene Theorien zu kosmischen
im mitbewegten System die Elektronen
schon mit HEGRA der Nachweis einer sol-
Teilchenbeschleunigern testen.
»kalt«: Sie weisen keine Relativbewegung
chen Quelle in dem Supernova-Überrest
Der Pulsar im Krebsnebel M 1 ist eine
zum Magnetfeld auf und emittieren da-
Cassiopeia A gelang, wurden nun Details
der hellsten Hochenergie-Gammastrah-
her keine Strahlung. Allerdings kann der
aus der Explosionswolke einer Supernova
lenquellen am Himmel. Es handelt sich
Wind im Gammalicht sichtbar werden,
sichtbar und es zeigte sich, dass die Gam-
um einen schnell rotierenden Neutro-
wenn Röntgenphotonen aus der Magne-
maemission – wie erwartet – auf deren
nenstern von fast zwei Sonnenmassen
tosphäre beziehungsweise der Oberfläche
äußere Schale konzentriert ist.
und einem Durchmesser von nur 28 bis
des Neutronensterns durch die schnellen
rätselhaften
30 Kilometern, der ein starkes Magnetfeld
Elektronen und Positronen des Winds zu
dunklen Quellen, die nur im Gammalicht
aufweist. Astrophysiker gehen von der
höheren Energien gestreut werden. Mit
leuchten, lassen sich die meis­ten Entde-
Existenz eines relativistischen Winds aus
dieser inversen Compton-Streuung lässt
ckungen bekannten Objekten zuordnen:
Elektronen und Positronen aus, welcher
sich die mit VERITAS und MAGIC ent-
Abgesehen
54
von
Oktober 2012
noch
Sterne und Weltraum
MPIK / SuW-Grafik
(oben rechts). Ein Wind aus Elektron-Positron-Paaren (e–e+) verlässt den Pulsar mit
Nichtthermischer Nebel
befindet sich ein rasch rotierender Pulsar
deckte, gepulste, sehr hochenergetische
Haufenzentrums. Das eigentliche Quell-
und bringt sie zum Leuchten. Dieser Wind
Gammastrahlung am besten erklären. Aus
objekt – in Frage kommen die genannten
entsteht durch die seit den Anfängen der
diesen Beobachtungen folgt eine nahezu
Millisekundenpulsare oder Supernova-
Milchstraße in ihrem galaktischen Zen-
plötzliche Beschleunigung des Winds auf
Überreste – könnte als Folge von nahen
trum anhaltende Sternentstehung. Die
ultrarelativistische Geschwindigkeiten im
Sternbegegnungen in die Außenbereiche
Fermi-Blasen hätten somit die Aktivität
engen zylindrischen Abstandsbereich von
geschleudert worden sein. Es ist aber nach
im Zentrum der Milchstraße über ihre Ge-
20 000 bis 50 000 Kilometern um die Rota-
wie vor ein Rätsel, warum HESS J1747-248
schichte hinweg aufgezeichnet.
tionsachse des Pulsars.
eine dunkle Quelle ist, also in den anderen
Zu den extragalaktischen Gamma-
Bereichen des elektromagnetischen Spek-
quellen gehört die gigantische elliptische
trums bisher nicht nachweisbar leuchtet.
Radiogalaxie M 87 in etwa 55 Millionen
Mit dem H.E.S.S.-Teleskopsystem wurde eine neue Quelle sehr hochenergetischer Gammastrahlung, HESS J1747-248,
Lichtjahren Entfernung, die in ihrem ak-
Terzan 5 entdeckt (siehe Bild unten). Mit
Aus der Vergangenheit ​
der Milchstraße
hoher Wahrscheinlichkeit befindet sie
Im Jahr 2010 gelang mit dem Fermi-
Dort werden in Jets Elektronen und Pro-
sich in dessen Außenbereichen. Etwa 150
Observatorium die überraschende Ent-
tonen auf relativistische Geschwindig-
bekannte Kugelsternhaufen umkreisen
deckung zweier riesiger, ballonförmiger,
keiten beschleunigt und erzeugen bei der
als Teil des galaktischen Halos wie ein
im
Gebiete
Wechselwirkung mit ihrer Umgebung
riesiger Schwarm das Zentrum unserer
oberhalb und unterhalb des Zentrums
hochenergetische Gammastrahlung, de-
Galaxis und gehören zu deren ältesten
der Milchstraße (siehe Bild S. 56). Diese
ren erste Anzeichen bereits 1998 HEGRA­
Objekten. An Sterndichte übertrifft Ter-
so genannten Fermi-Blasen erstrecken
registrierte. H.E.S.S. bestätigte dies im Jahr
zan 5 die übrigen Kugelsternhaufen deut-
sich über erstaunliche 25 000 Lichtjahre
2006 und beobachtete zudem eine rasche
lich und enthält zudem die größte Anzahl
von der Milchstraßen­ebene in den Raum
Variation der Gammastrahlenintensität
von Millisekunden-Pulsaren, also rasch
hinaus. Eine mögliche Erklärung basiert
innerhalb weniger Tage, was auf eine sehr
rotierenden Neutronensternen, die ver-
auf der Streuung von Photonen der kos-
kompakte Quellregion in unmittelbarer
mutlich Teil enger Doppelsternsysteme
mischen Hintergrundstrahlung an sehr
Umgebung des Schwarzen Lochs hinweist.
sind. Besondere Aufmerksamkeit erhielt
energiereichen Elektronen. Diese Elek-
In einer bis dahin einzigartigen Messkam-
Terzan 5, als nachgewiesen wurde, dass
tronen müssten allerdings ungewöhnlich
pagne beobachteten 2008 H.E.S.S., MAGIC
er zwei verschieden alte Populationen
schnell nach außen transportiert oder
und VERITAS gemeinsam mit dem Radio-
von Sternen umfasst. Es wird vermutet,
innerhalb der Blasen ständig wieder be-
teleskop-Netzwerk VLBA die niedrigsten
dass er der Überrest einer Zwerggalaxie
schleunigt werden. Vielversprechender
und höchsten Bereiche des elektroma-
ist, die von unserer Galaxis eingefangen
erscheint daher ein alternatives Szenario:
gnetischen Spektrums von M 87 und
wurde. Wie viele neue Entdeckungen wirft
Ein Wind aus Protonen der kosmischen
registrierten dabei auch zwei große hoch-
auch diese eine Reihe von Fragen auf, die
Strahlung und extrem heißem Plasma,
energetische Gammaausbrüche. Dank der
noch nicht abschließend geklärt sind. Be-
der seit beinahe zehn Milliarden Jahren
hohen Auflösung des VLBA gelang es, die
merkenswert sind zunächst die längliche
aus dem Zentrum der Milchstraße weht,
parallel zur Gammastrahlung registrier-
Form der Quelle und ihre Lage abseits des
hat die Blasen nach und nach aufgebläht
ten Radiowellen aus der unmittelbaren
aus der Richtung des Kugelsternhaufens
Gammalicht
leuchtender
tiven Kern ein Schwarzes Loch von sechs
Milliarden
Sonnenmassen
beherbergt.
ESO / Digitized Survey 2 / ESO F. Feraro / H.E.S.S. Collaboration / SuW-Grafik
Außenbereich
von Terzan 5
Gammaquelle
10 Bogensekunden
Das H.E.S.S.-Teleskop entdeckte in den
äußeren Regionen des Kugelsternhaufens
Terzan 5 eine starke Gammaquelle. Ihr
5 Bogenminuten
Ursprung ist noch nicht endgültig geklärt.
www.sterne-und-weltraum.de
Oktober 2012
55
Gammastrahlenemission
Milchstraße
Mit dem Fermi-Satelliten wurden zwei
Sonne
blasenförmige Gebiete oberhalb und
unterhalb der Milchstraße entdeckt, die
im Gammalicht leuchten. Möglicherweise handelt es sich dabei um den Wind
aus Protonen der kosmischen Strahlung
und extrem heißem Plasma, der seit
beinahe zehn Milliarden Jahren aus dem
10 000 Lichtjahre
Zentrum der Milchstraße weht.
Nähe des extrem massereichen schwarzen
verfügbaren Spiegelflächen (MAGIC: 240
Bernold Feuerstein ist
Lochs zu lokalisieren und damit auch den
Quadratmeter) nachgewiesen zu werden.
als Pressesprecher in der
Ort der Teilchenbeschleunigung in M 87.
Darüber werden die Gammaereignisse in
Öffentlichkeitsarbeit des
Zur Familie der aktiven Galaxien zäh-
der von den Teleskopen erfassten Fläche
MPI für Kernphysik tätig. In
len die Blazare, bei denen einer der Jets
zu selten, um ausreichende Datenmengen
seiner wissenschaftlichen
direkt zur Erde gerichtet ist. Ein Beispiel
in vertretbarer Zeit zu gewinnen. Einen
hierfür ist das Objekt PKS 2155–304 in
sowohl experimentell als auch theoretisch mit
einer Entfernung von 1,5 Milliarden
wesentlichen Schritt hin zu niedrigeren
Energien herunter bis etwa 3 × 109 Elek-
Lichtjahren in Richtung des Sternbilds
tronvolt und damit einen Lückenschluss
Systeme. Der Schwerpunkt lag dabei auf Elek-
Südlicher Fisch. Normalerweise ist die
beziehungsweise Überlapp zu Satelli-
tronenstoßprozessen und der Wechselwirkung
hiervon ausgehende Gammastrahlung
tendaten bringt das nunmehr fertig ge-
mit ultrakurzen hochintensiven Laserimpul-
recht schwach. Zuweilen kommt es aber
stellte, weltgrößte Tscherenkowteleskop
sen. Daneben lehrt er als Privatdozent an der
zu
Strahlungsausbrüchen,
H.E.S.S. II, welches über eine Spiegelfläche
Universität Heidelberg.
und der Blazar wird zur hellsten Quelle
von 600 Quadratmetern verfügt und am
am Himmel im hochenergetischen Gam-
26. Juli 2012 erstmals Bilder von Teilchen-
Konrad Bernlöhr arbei-
malicht, wie zum Beispiel im Juli 2006
schauern aufgenommen hat. Es befindet
tet am MPI für Kernphysik in
geschehen. Im Spätsommer 2008 wurde
sich inmitten der vier bereits früher ge-
Heidelberg. Nach früheren
PKS 2155–304 während einer eher ru-
bauten H.E.S.S.-Teleskope (siehe Bild S. 47
Arbeiten zur Herkunft
higen Phase von H.E.S.S., Fermi und zwei
oben).
und Zusammensetzung
gewaltigen
Laufbahn befasste er sich
Quantendynamik atomarer und molekularer
von kosmischer Strahlung
Röntgensatelliten sowie einem optischen
In eine etwas andere Richtung zielt das
Teleskop bei H.E.S.S. über einen möglichst
ehrgeizige Projekt »Cherenkov Telescope
befasst er sich seit 15 Jahren mit Tscherenkow-
großen Wellenlängenbereich beobach­tet,
Array« (CTA), welches die Sensitivität um
Teleskopen, derzeit mit den H.E.S.S.-Teleskopen
mit überraschenden Ergebnissen: Wäh-
den Faktor zehn verbessern soll. Nach der
in Namibia und mit Planungen und Simula-
rend in aktiven Phasen die Emission von
Designstudie sind zwei Observatorien ge-
tionen für das künftige Cherenkov Telescope
Röntgen- und Gammastrahlung gemein-
plant. Die Anordnung auf der südlichen
Array (CTA).
sam steigt und fällt, war dies im ruhigen
Hemisphäre soll drei Teleskoptypen von
Zustand nicht der Fall. Dagegen folgte die
rund 6, 12 und 24 Meter Durchmesser
Emission sichtbaren Lichts der hochener-
enthalten, die Anordnung auf der nörd-
getischen Gammastrahlung – ein äußerst
lichen Hemisphäre zwei größere Typen.
rätselhaftes, bisher nicht geklärtes Verhal-
Mit etwa 50 bis 100 kleineren Teleskopen
ten. Offenbar wirken die verschiedenen
des südlichen Observatoriums, die eine
Bestandteile der Jets in Blazaren auf kom-
effektive Detektorfläche von etwa sieben
plizierte Weise zusammen.
Quadratkilometern abdecken, erwarten
Gammaobservatorien
die Forscher den Nachweis von sehr hoch-
haben bislang Spektren von Quellen in
einem Energiebereich von rund 1011 Elek-
energetischen Gammaquanten jenseits
von 1014 Elektronvolt. Diese Erweiterung
tronvolt bis einigen 1013 Elektronvolt be-
des Beobachtungsfensters lässt die Gam-
stimmt. Darunter sind die Lichtsignale in
maastronomie einer spannenden Zukunft
der Atmosphäre zu schwach, um mit den
entgegensehen.
Erdgebundene
56
Oktober 2012
Literaturhinweise
Hess, V. F.: Über Beobachtungen der
durchdringenden Strahlung bei sieben
Freiballonfahrten. In: Physikalische
Zeitschrift 13, S. 1084-1091, 1912
Hofmann, W., van Eldik, C.: Ein neues
Fenster zum Kosmos. In: Sterne und
Weltraum 3/2009, S. 38-47
Völk, H. J.: Neue Ergebnisse der Gammaastronomie. In: Sterne und Weltraum
8/2006, S. 36-45
Sterne und Weltraum
NASA‹s Goddard Space Flight Center, künsterische Darstellung
Röntgenstrahlenemission
www.sterne-und-weltraum.de
Oktober 2012
57
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