Weltweite Klimaänderung? Dr. Volker Beer 1. Teil Definitionen: • Wetter: Atmosphärischer Zustand zu einem bestimmten Zeitpunkt. • Witterung: Wetter im Zeitraum von Tagen, Wochen, Monaten und Jahreszeiten. • Klima: Mittlerer Zustand der Atmosphäre über einem bestimmten Erdort, bezogen auf eine bestimmte Zeitepoche, mit Rücksicht auf die mittleren und extremen Veränderungen, denen die zeitlich und örtlich definierten atmosphärischen Zustände unterworfen sind. (KÖPPEN 1923, 1931, erweitert durch CONRAD 1936, zitiert aus HEYER 1988) • Klima ist die Synthese des Wetters über einen Zeitraum, der lang genug ist, um dessen statistische Eigenschaften bestimmen zu können. (HUPFER 1996) Vom Wetter zum Klima • Tägliche Aufzeichnung meteorologischer Elemente • Nebenstehend Auszug aus einem Wetterjournal vom Juni 1976 Vom Wetter zum Klima • Verdichtung der Daten zu Tages-, Monatsund Jahresmittelwerten • Obenstehend Temperaturmittel 1975 bis 2001 Vom Wetter zum Klima • Verdichtung der Daten zu 30 - Jahresmittelwerten • Obenstehend „Klimadiagramm“ Klimafaktoren • Externe Faktoren: • Erdbahnparameter (Exzentrizität, Obliquität, Präzession) • Tektonische Prozesse (Kontinentaldrift, Vulkane, Gebirgsbildung) • Sonne (Aktivitätszyklen, Zunahme um 25 –30 % in 4 Mrd. Jahren) Quelle: IPCC, DWD. KRZ Hamburg Klimafaktoren/Erdbahnparameter Lit.: Zachos, J.M. Pagani, L. Sloan, E. Thomas and K. Bilups (2001): Trends, Rhythmus, and Aberration in Global Climate 65 Mato Present, Science 292, 686-693 Klimafaktoren/Kontinentaldrift In Ostafrika driften die Kontinentalplatten auseinander, der Graben verbreitert sich, Indien schiebt sich weiter nach Norden, bohrt sich in den asiatischen Kontinent, staucht und hebt damit den Himalaja weiter. Nordamerika und Europa entfernen sich immer weiter. Kontinentaldrift von der Gegenwart bis in 200 Millionen Jahren. Quelle: IPCC, DWD. KRZ Hamburg Klimafaktoren/Sonnenaktivität Quelle: IPCC, DWD. KRZ Hamburg Klimafaktoren Interne Faktoren: • Ozeane (CO2-Senke, Meereszirkulationen: Thermohaline Zirkulation (THC) Auftriebsgebiete, Nordatlantikstrom, El Nino, …) • Atmosphärische Zirkulationen wie North Atlantic Oscillation (NAO), Antarctic Oscillation (AAO), El Niño Southern Oscillation (ENSO) … • Albedo (Eisfläche, Vegetationsfläche, planetare Albedo) • C-Kreislauf (Karbonat-Silikat-Verwitterung) • Vegetation (CO2-Senke, Albedo, CH4 …) Quelle: IPCC, DWD. KRZ Hamburg Klimafaktoren/Ozeane CO2-Senke, Meereszirkulationen: Thermohaline Zirkulation (THC) Auftriebsgebiete, Nordatlantikstrom, El Nino, Golfstrom Quelle: IPCC, DWD. KRZ Hamburg Klimafaktoren/Ozeane Die thermohaline Zirkulation, umgangssprachlich auch "globales Förderband" (engl. „ocean conveyer belt“), ist ein ozeanographischer Terminus für eine Kombination von Meeresströmungen, die vier der fünf Ozeane miteinander verbinden und sich dabei zu einem Kreislauf globalen Ausmaßes vereinen. Quelle: IPCC, DWD. KRZ Hamburg Klimafaktoren/Atmosphäre Die globale atmosphärische Zirkulation Quelle: IPCC, DWD. KRZ Hamburg Klimafaktoren/Atmosphäre Die globale atmosphärische Zirkulation Klimafaktoren/Atmosphäre NAO: Die Nordatlantischen Oszillation ist ein Maß für die Stärke der Westwinde über den Atlantik. Positive Werte weisen auf überdurchschnittlich häufige Westwindwetterlagen über den mittleren Breiten. Diese sind mit Tiefdruck in der isländischen Region und Hochdruck über dem subtropischen Atlantik verbunden. Die Folge sind kalte Winter im nordwestlichen Atlantik (Ostküste USA, Kanada, Grönland) und milde, regnerische Winter in West, Mittel- und Nordeuropa. Ein negativer NAO-Index bedeutet eine schwächere ausgeprägte Westwindewetterlage, oftmals verbunden mit einem blockierenden Hochdruckgebiet über Island oder Skandinavien. Daraus resultieren kalte Winter in Europa. Seit etwa 1980 wird eine tendenzielle Zunahme positiver NAO Ereignisse beobachtet. AAO: Die Antarktis Oszillation sind periodisch wiederkehrende Änderungen des Luftdrucks im Bereich der Antarktis. Quelle: IPCC, DWD. KRZ Hamburg Klimafaktoren/Atmosphäre ENSO: Periodisch wiederkehrende Luftdruckschwankungen über der tropischen Indo-Pazifik Region (Southern Oscillation) und El Niño sind eng miteinander verknüpft. Gemeinsam sind diese als El Niño Southern Oscillation Phänomen bekannt. neutraler Zustand Quelle: IPCC, DWD. KRZ Hamburg El Nino Ereignis Weitere natürliche Klimafaktoren • Albedo Quelle: IPCC, DWD. KRZ Hamburg Weitere natürliche Klimafaktoren • C-Kreislauf (Karbonat-Silikat-Verwitterung) – Karbonatverwitterung CaCO3+ CO2+ H2O <=> Ca2+ + 2HCO3Silikatverwitterung CaSiO3+ 2CO2+ 2H2O => …=> CaCO3+ SiO2.H2O + CO2+ H2O Temperaturabhängig, Druckabhängig, pH-abhängig, abhängig vom Salzgehalt. Die Löslichkeit von Kalk in wässeriger Lösung steigt mit zunehmendem Salzgehalt, steigender Konzentration gelöster Kohlensäure, sinkender Temperatur und sinkenden pH-Wert. Die Löslichkeit von CO2 nimmt mit steigendem Druck zu. • Vegetation (CO2-Senke) Quelle: IPCC, DWD. KRZ Hamburg Anthropogene Klimafaktoren • Treibhausgase (THG) aus fossilen Brennstoffen, Massentierhaltung, Reisanbau, …) • Aerosole, Rückkopplungseffekte, Wechselwirkungen • Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in Hannover schätzt den Einfluss der vom Menschen produzierten Treibhausgase auf den gesamten Treibhauseffekt der Atmosphäre mit etwa 2,1 % ein. • Natürlicher Treibhauseffekt (THE): 33K • Ohne diesen läge die globale mittlere Temperatur bei –18 °C. Durch den natürlichen THE liegt diese bei 15 °C. • Anthropogener THE: etwa 0,7 K Quelle: IPCC, DWD. KRZ Hamburg Anthropogene Klimaeinflüsse Quelle: IPCC, DWD. KRZ Hamburg Klimamodelle Ein Klimamodell ist ein Computer-Modell zur Berechnung und Projektion des Klimas für einen bestimmten Zeitabschnitt. Diese werden zur Prognose von Klimaänderungen herangezogen. Es werden sogenannte Szenarien berechnet. International gebräuchliche Klimamodelle sind: • HadCM3 (Hadley coupled model, version 3): Dieses Klimamodell wurde, neben einigen anderen, für den dritten (TAR) und vierten (AR4) Sachstandsbericht des IPCC verwendet. • HadGEM1 (Hadley global environment model 1): Weiterentwicklung des HadCM3 Klimamodells. Quelle: IPCC, DWD. KRZ Hamburg Klimageschichte Klimaschwankungen sind in der Erdgeschichte Normalität. Die gegenwärtige Klimaänderung verläuft wesentlich schneller! Quelle: IPCC, DWD. KRZ Hamburg Klimageschichte Jahresmitteltemperatur in Leipzig: - 8 °C, jedoch vor 150.000 Jahren (Saaleeiszeit) und gegenwärtig: + 9,6 °C. Klimaprognose Modellgrundlagen: Wirtschaftsprognosen und atmosphärischer CO2 - Anteil! Der 4. Sachstandsbericht des IPCC (2007) postulierte einen Anstieg der globalen Mitteltemperatur um 1,5 bis 6,4 K. Der 5. Sachstandsbericht des IPCC (2013) prognostiziert einen Anstieg von 0,4 bis 4,1 K. Wahrscheinlich ist ein Anstieg von 2 bis 3 K Quelle: IPCC, DWD, Dr. Johannes Quaas, MPI Hamburg, Prof. Dr. Manfred Wendisch, Uni. Leipzig Klimaprognose Globale Temperaturänderung (oben) Veränderung der NiederSchlagsverTeilung (unten) Quelle: IPCC 2013, 5. Sachstandsbericht Klimaprognose Weniger Frosttage, mehr Hitzewellen Quelle: IPCC, DWD, Dr. Johannes Quaas, MPI Hamburg, Prof. Dr. Manfred Wendisch, Uni. Leipzig Klimaprognose Zunahme der Niederschläge, mehr Trockenperioden Quelle: IPCC, DWD, Dr. Johannes Quaas, MPI Hamburg, Prof. Dr. Manfred Wendisch, Uni. Leipzig Mögliche Folgen der Klimaänderung Intensivierung des Wasserkreislaufes • • • • • • • Anstieg der mittleren Verdunstung und der mittleren Niederschlagsmengen um 3 bis 15 %. Regional äußerst unterschiedliche Niederschlagszunahme. Massive Intensivierung der Niederschlagstätigkeit vorwiegend in den Tropen und den höheren Breiten. Weitere Abnahme in einigen subtropischen Trockengebieten. In weiten Teilen Europas wird im Winter mehr Niederschlag und im Sommer weniger Niederschlag erwartet. Die Häufigkeit von Starkniederschlägen sowie von Trockentagen wird auch in Europa zunehmen. Daraus kann eine Tendenz zur Zunahme von Extremereignissen abgeleitet werden. Quelle: IPCC, DWD. KRZ Hamburg Mögliche Folgen der Klimaänderung Änderung der polaren Eisschilde • • • • • • • Großer Einfluss der Eisschilde der Antarktis und Grönlands auf das Weltklima. Völliges Abschmelzen hätte einen Meeresspiegelanstieg von 80 m zur Folge. Gegenwärtig stabile, ausgeglichene Massenbilanz des antarktischen Eisschilds. Diese wird bei einer allgemeinen Erwärmung zunächst beibehalten. Temperaturzunahme und damit verbundene Niederschlagsintensivierung führt zu steigender Schneeakkumulation, damit zur Zunahme von Inlandeis. Wesentlich höhere liegende Temperaturen in Grönland verursachen einem Massendefizit. Aussüßen des Nordatlantiks könnte den Golfstrom zum Erliegen bringen. Quelle: IPCC, DWD. KRZ Hamburg Mögliche Folgen der Klimaänderung Folgen: Dämpfung der Erwärmung in Europa und Nordamerika. Zusätzliche Erwärmung in Australien, Südamerika und Südafrika um 2 K. Verschiebung des tropischen Regengürtels in Regionen unfruchtbarer Böden. Meeresspiegelanstieg um ca. 1m in Europa. Rückgang des ozeanischen Nährstoffangebotes. CO2-Senkenfunktion verringert/ Verstärkung der Versauerung der Ozeane. Abriss des Golfstroms? Abkühlung in Europa bei gleichzeitig fortschreitender globaler Erwärmung wäre die Folge. Quelle: IPCC, DWD. KRZ Hamburg Mögliche Folgen der Klimaänderung Rückgang der Gletscher in den Hochgebirgen • • • • • • • • Hochgebirgsgletscher reagieren relativ schnell auf die Klimadynamik. Sie sind repräsentative Indikatoren veränderter Energiebilanzen. Der fast weltweite Rückzug der Gletscher gilt als Anzeichen einer bereits begonnenen Klimaerwärmung. Einige Gletscher Norwegens weisen durch vermehrte Winterniederschläge Gewinne auf. Der Gletscherrückgang in den Alpen betrug zwischen 1850 und den 1970er Jahren etwa ein Drittel der Fläche und die Hälfte der Masse. Seit 1980 sind nochmals etwa 10-20 % der Fläche abgeschmolzen. Es wird angenommen, dass bereits in der ersten Hälfte des 21. Jahrhunderts ein deutlicher Zerfall der Gletscher in den Alpen erfolgt. Insgesamt werden um 2035 über die Hälfte und nach der Mitte des Jahrhunderts bereits nahezu alle heutigen Gebirgsgletscher geschmolzen sein. Quelle: IPCC, DWD. KRZ Hamburg Mögliche Folgen der Klimaänderung Anstieg des Meeresspiegels • • • • • Als weitere Folge der globalen Erwärmung wird eine Erhöhung des mittleren Meeresspiegels um mehr als 5 mm/Jahr vorhergesagt. Satellitendaten bestätigen für den Zeitraum von 1993 bis 2006 einen jährlichen Anstieg um 3,3 Millimeter. Wissenschaftler des IPCC in Washington prognostizieren eine langsame Zunahme der antarktischen Eismassen, eine etwas schneller erfolgende Volumenabnahme des grönländischen Eisschildes. Thermische Ausdehnung der oberen Wasserschicht der Ozeane und erhöhter Schmelzwasserzufluss bewirken den Meeresspiegelanstieg. Bis zum Jahr 2100 kann ein allgemeiner Meeresspiegelanstieg von etwa 50 cm gegenüber dem heutigen Niveau erwartet werden. Quelle: IPCC, DWD. KRZ Hamburg Mögliche Folgen der Klimaänderung Wüstenbildung • • • • • • Gegenwärtig sind bereits bis zu 20 Millionen km2 der Festlandsfläche von der Wüstenbildung erfasst. Diese Fläche entspricht der Größe der USA und Kanadas zusammen. Hauptursache dieser Wüstenausbreitung sind falsche landwirtschaftliche und wasserwirtschaftliche Praktiken. Die jährliche Ausbreitungsrate der Wüsten beträgt in Mittelasien, Nordwestchina, Nordafrika und in der Sahelzone 0,5 bis 0,7 %. Jährlich dehnen sich die Wüsten um eine Fläche von 100.000 km2 aus. Diese Fläche entspricht etwa der Größe Österreichs und der Schweiz. Verläuft diese Entwicklung weiterhin so rasant, werden im 21. Jahrhundert fast alle Böden im ariden und semiariden Bereich (Subtropen, Mittelmeerraum) betroffen sein. Der betroffenen Bevölkerung (gefährdet sind etwa 1 Mrd. Menschen) wird die Grundlage ihrer Existenz entzogen. Die künftige Klimaentwicklung wird die Desertifikation durch Abnahme der Niederschläge in vielen Trockengebieten weiter verstärken. Quelle: IPCC, DWD. KRZ Hamburg Mögliche Folgen der Klimaänderung Einflüsse auf die Vegetation • • • • • • • Tiefgreifende Klimaschwankungen führen zu drastischen Verschiebungen der Vegetationszonen. Bei einer weltweiten Erwärmung um 2 bis 3 K werden sich die Tundra, die Taiga, die warmgemäßigten sommergrünen Wälder und die warmtemperierten immergrünen Wälder um bis zu 600 km polwärts verlagern. Die tropischen Regenwälder könnten sich, sofern sie nicht völlig abgeholzt und degradiert werden, weiter als bisher ausdehnen. Verschieben sich die Vegetationszonen infolge der Erwärmung zu schnell, wird die Anpassungsfähigkeit vieler Pflanzen überfordert. Eine Änderung der Zusammensetzung der Pflanzengesellschaften ist unvermeidbar. Die Waldökosysteme und die Forstwirtschaft werden durch die Langlebigkeit der Waldgenerationen besonders stark vom Klimawandel betroffen. Die Klimawirkungen auf die Pflanzen sind sehr komplex. Weitere Folgen sind die Erhöhung des Abbaus von organischem Material im Boden und der Evapotranspiration, d.h. die Gesamtverdunstung von Boden und Pflanze. Quelle: IPCC, DWD. KRZ Hamburg Mögliche Folgen der Klimaänderung Einflüsse auf die Landwirtschaft • • • • • • • • Die Erträge der verschiedenen Kulturen werden regional und lokal stark schwanken. Eine Verdoppelung des CO2-Gehaltes gegenüber dem vorindustriellen Wert wird keinen nennenswerten Einfluss auf die Erträge haben. Sinkende Erträge in den Trockengebieten der Erde, Erhöhung des Risikos für Unterernährung der dort lebenden Bevölkerung. Zunahme von Ertragsverlusten durch Wetterextreme (Dürre, Hagel, Sturm, Überschwemmung ...). Ertragsverluste durch klimabedingte Ausbreitung von Schädlingen und Krankheiten. Verkürzung der Wachstumsperioden um 3 bis 4 Wochen in Trockenregionen der Subtropen. Verlängerung der Wachstumsperioden in hohen Breiten. Mit 15 % der Emission klimarelevanter Spurengase trägt die Landwirtschaft selbst zur Klimaerwärmung bei. Quelle: IPCC, DWD. KRZ Hamburg Mögliche Folgen der Klimaänderung Direkte Einflüsse auf die Menschen • • • • • • Anstieg der Todesfälle infolge von Hitzebelastung, insbesondere in Städten. Klimaabhängige Ausbreitung von Parasiten, Mikroorganismen / Infektionskrankheiten und Krankheiten übertragenden Insekten. Vergrößerung des Anteils der Weltbevölkerung, die in Malariazonen lebt, von derzeit 45 % auf 60 %. Jährliche Zunahme der Malariafälle um 10 bis 15 %. Zunahme der Hautkrebsgefahr infolge des Ozonabbaus. Zunahme von Migrationsbewegungen und politischen Unruhen. Quelle: IPCC, DWD. KRZ Hamburg