Prozess-Sicherheit messbar machen

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FORSCHUNG / ENTWICKLUNG
POLYMERE
PHARMA / CHEMIE
FAHRZEUGBAU
ELEKTRO / METALL
KERAMIK / GLAS
ISOLATIONSMATERIALIEN
News, Facts und professionelle Lösungen für die Thermische Analyse
Prozess-Sicherheit messbar machen
Stephan Knappe, NGB Manager Applications & Services
In dieser Ausgabe:
Seite 5:
Neue Analysegeräte und Seminarserie auf der Achema 2009
Seite 6:
DMA - mehr als nur Thermische
Analyse!
Seite 9:
Die Bestimmung der spezifischen
Wärme - Grundlagen und
Applikation
Seite 13:
Online-Prüfverfahren in Lackieranlagen mit DEA
Seite 16:
Veranstaltungshinweise
Neue Vertriebsleitung in Nordamerika und Deutschland
Abb. 1. Das adiabatische Reaktionskalorimeter mit Druckregelung: APTAC 264
Zum 1. Januar 2009 übernahm der
Geschäftsbereich NETZSCH
Analysieren & Prüfen die adiabatischen Reaktionskalorimeter der Firma
TIAX LLC, Cambridge, MA, USA.
TIAX ist seit Jahren ein weltweit
bekannter, renommierter Hersteller
dieser speziellen Kalorimeter, die
unter anderem in der Sicherheitstechnik eingesetzt werden. Für
NETZSCH bedeutet dieser Schritt eine
Erweiterung des Produktportfolios im
Bereich von Sicherheitsanalysen in
der chemischen Industrie. Mit dem
neuen Produktprogramm ist es möglich, Anwender, die sich mit reaktiven
EDITORIAL
Fortsetzung Titelseite
Editorial
Liebe Leserin, lieber Leser,
zuverlässige Geräte für die
Thermische Analyse und zur
Bestimmung der Thermophysikalischen Eigenschaften sind
heute mehr denn je erforderlich,
um Materialien eindeutig zu
charakterisieren.
Dass Geräte von NETZSCH in
diesem Bereich seit nahezu
50 Jahren eine wichtige Rolle
spielen, zeigen nicht zuletzt die
zahlreichen Veröffentlichungen
in wissenschaftlichen Journalen.
Allein im letzten Jahr wurden
weltweit mehr als 800 Beiträge
publiziert, in denen über den
Einsatz unserer Geräte bei unterschiedlichsten Anwendungen
berichtet wurde.
Seit kurzem stellen wir Ihnen
hierzu jeden Monat ausgewählte
Abstracts auf www.netzschthermal-analysis.com unter
“Medien-Download” - “Wissenschaftliche Veröffentlichungen”
zur Verfügung. Zusammen mit
der ebenfalls bereit gestellten
Applikationsliteratur erhalten Sie
so einen guten Einblick in die
vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten unserer Geräte.
In der aktuellen Ausgabe des
OnSet haben wir für Sie wieder
eine bunte Mischung aus Informationen über Methoden,
neue Geräte und Anwendungsbeispiele zusammengestellt. Mit
der Themenauswahl hoffen wir,
Ihr Interesse wecken zu können.
Wenn Sie möchten, dass wir in
einer der nächsten Ausgaben ein
bestimmtes Thema behandeln
oder einen Beitrag über Ihre
Arbeit veröffentlichen, kontaktieren Sie mich einfach unter
[email protected].
Gerne nehmen wir Ihre Anregungen auf, um den OnSet
noch lesenswerter zu machen.
Rolf Preuß
Leiter Marketing
Festkörpern und Flüssigkeiten beschäftigen, umfassender zu bedienen, sicherheitstechnische Aspekte
besser zu verstehen und Einflüsse der
Lagerbedingungen auf die Qualität
der Endprodukte zu analysieren. Die
Produkte sind eng verflochten mit
der Thermischen Analyse. Es handelt
sich um zwei Typen: Das Accelerating
Rate Calorimeter sowie das Automatic Pressure Tracking Adiabatic
Calorimeter - APTAC™, das in Abbildung 1 zu sehen ist.
Die adiabatischen Reaktionskalorimeter arbeiten gemäß ASTM E 1981.
Sie helfen vor allem der chemischen
Industrie, Prozesse sicher und effizient zu betreiben. Als äußerst vielseitige Minireaktoren werden thermische und druckabhängige Eigenschaften überwiegend exothermer
chemischer Reaktionen gemessen.
Die daraus resultierenden Informationen dienen Ingenieuren und Wissenschaftlern, potentielle Risiken zu
identifizieren, die bei Fragestellungen
zur Prozesssicherheit, Prozessoptimierung, Lagerung und thermischen
Stabilität der Chemikalien von Bedeutung sind.
Der Einsatz adiabatischer Reaktionskalorimeter ist aber nicht nur auf die
chemische Industrie beschränkt. Auch
die pharmazeutische Industrie, der
Energiebereich sowie Behörden und
Laboratorien arbeiten mit den Geräten, um die Reaktionskinetik, die
Lagerung und das Transportverhalten
verschiedenster Stoffe zu erforschen.
Prozessstörungen können somit minimiert, der Beginn des „Durchgehens“
der Reaktion - Thermal Runaway - im
Minireaktor gut auf die realen Produktionsvorgänge übertragen werden
(Upscaling).
Adiabatische Reaktionskalorimeter
finden ihren Einsatz auch beim
2
ADIABATISCHE KALORIMETRIE
Rührer, automatische Injektionsvorrichtungen sowie Systeme für das
Auffangen der gasförmigen Zersetzungsprodukte. Zusammen mit dem
patentierten VariPhi™ hat man somit
ein Messsystem für verschiedenste
Ansprüche und Einsatzbereiche.
APTACTM 264
Robustheit und Flexibilität. Es arbeitet
von Raumtemperatur bis 500°C bei
einem maximalen Druck von 200 bar.
Verschiedene Bedienmodi wie HeatWait-Search™, Iso-Fixed™/IsoTrack™ und “Iso-Aging-Techniken“
sind bereits standardmäßig integriert.
Erweitert man das Kalorimeter mit
der patentierten VariPhi™-Funktion,
erhält man DSC-ähnliche Ergebnisse
– jedoch für größere Probenvolumina
(0,5 ml bis 7 ml).
Das derzeit weltweit wohl vielseitigste adiabatische Kalorimeter arbeitet
von Raumtemperatur bis 500°C bei
einem statischen Druck von bis zu
140 bar. Extrem schnelle Trackingraten von bis zu 400 K/min erlauben
auch eine Verfolgung des Druckverlaufs mit bis zu 680 bar/min. Zubehörteile wie Rührer und automatische
Injektionsvorrichtungen sind beim
APTACTM bereits standardmäßig enthalten. Das APTACTM 264 kann zur
thermischen Analyse fester oder flüssiger Chemikalien oder gasförmig/
flüssig-, flüssig/flüssig-, gasförmig
/fest- und flüssig/fest-Mischungen
eingesetzt werden. Des Weiteren findet es Einsatz bei Prozesssimulationen von Batch- und Semi-BatchReaktionen, Simulation von Brandfällen sowie generell zur Messung spezifischer physikalischer Eigenschaften.
Accelerating Rate Calorimeter 254
VariPhiTM-Funktion
Das vielseitige, modular aufgebaute
adiabatische Kalorimeter kann bereits
unterhalb von Raumtemperatur bis
500°C und bei Drücken bis zu
600 bar eingesetzt werden. Neben
den standardmäßigen Probenbehältern aus Edelstahl können dünnwandigere und somit leichtere Materialien (z.B. Hastelloy-C, Titan, Tantal,
Inconel) verwendet werden. Damit
sind maximale Verfolgungsraten von
bis zu 200 K/min möglich. Optional
erhältlich sind magnetisch gekoppelte
Die patentierte VariPhiTM-Funktion ist
für das APTACTM 264 selbstverständlich auch erhältlich. VariPhiTM ist ein
zusätzlicher, geregelter Gleichstromheizer, der in die Probe eingesetzt
wird. Die Software regelt das System
und zeichnet die Wärmemenge auf,
die direkt von der Probe aufgenommen wird. VariPhiTM ermöglicht die
genaue Messung von Wärme, Druck
und Probenaktivität. Im ScanningModus kann das VariPhiTM neben exothermen auch endotherme Reaktio-
Abb. 2. Heat-Wait-SearchTM-Test für die Testsubstanz 20% DTBP in Toluol
Eruieren von Störfällen, bei der Entwicklung von Airbag-Treibsätzen,
wieder aufladbaren Batterien sowie
in der Erforschung von Antriebssystemen für Raumfahrzeuge und
Raketen.
Abbildung 2 zeigt beispielhaft den
Verlauf der so genannten RunawayTemperatur der Testsubstanz 20%
DTBP (Di-tert-Butylperoxid) in Toluol.
Neben dem stark exothermen Reaktionsverlauf werden auch die Temperaturänderungsrate und der Druckanstieg dargestellt. Gemessen wurde
hier im so genannten Heat-WaitSearchTM-Test bei einem vom Bediener
eingesetzten Schwellwert von
0,03 K/min.
NETZSCH Analysieren & Prüfen bietet
drei verschiedene adiabatische Kalorimeter-Varianten an:
Accelerating Rate Calorimeter 244
Das kompakte Einstiegsgerät bietet
bereits eine hohe Leistungsfähigkeit,
Sicherheit, einfachste Bedienung,
ADIABATISCHE KALORIMETRIE
Kalorimetertyp
244
254
264
Temperaturbereich
RT bis 500°C
<RT bis 500°C
RT bis 500°C
Druckbereich
(Standard)
0 bar bis 200 bar
0 bar bis 200 bar
0 bar bis 140 bar
Hubvorrichtung
Manuell
Motor
Motor
Probenvolumen
0,5 ml bis 7 ml
0,5 ml bis 7 ml
5 ml bis 75 ml
Max. Verfolgungsrate
20 K/min
200 K/min
400 K/min
Temperaturgenauigkeit
0,1 K
0,1 K
0,1 K
VariPhi
TM
Option
Option
TM
Option
Bedienmodi
Heat-Wait-Search ,
konstante Heizrate,
isotherm
Heat-Wait-Search ,
konstante Heizrate,
isotherm
Heat-Wait-Search T M,
konstante Heizrate,
isotherm,
Brandversuch
Rührer
Option
Option
Standard
Injektion,
Reaktionsgasauffang
nicht erhältlich
nicht erhältlich
Standard
Druckkompensation
nein
nein
ja
Zubehör für
Batterietests
Basissystem
erhältlich
weitere Optionen
erhältlich
weitere Optionen
erhältlich
niedriger Ф-Faktor
ja, druckabhängig
ja, druckabängig
Optimum 1,05
unabhängig vom
Druck
Kinetik-Software
Option
Option
Option
TM
Tab 1. Die wichtigsten Merkmale der drei adiabatischen Reaktionskalorimetertypen
nen, sowie die Wärmekapazität der
Probe in ähnlicher Form messen, wie
es auch in einer konventionellen DSC
möglich ist. Allerdings sind hier auch
Messungen der spezifischen Wärme
bei erhöhtem Druck möglich. Der
Anwender kann zudem Messungen
bei definiertem F-Faktor vornehmen.
Der F-Faktor ist wie folgt definiert:
Der F-Faktor ergibt sich aus Masse
und Wärmekapazität der Probe
(s, Sample) und dem Probenbehälter
(B, Bomb) und ist definitionsgemäß
immer größer als der Wert 1.
VariPhiTM kann dabei den Wärmeeintrag in den Probenbehälter teilweise
4
Sollten wir Ihr Interesse an unseren
neuen Lösungen, den adiabatischen
Reaktionskalorimetern, geweckt
haben, besuchen Sie bitte unsere
Homepage
www.netzsch-thermal-analysis.com
oder kontaktieren Sie Ihren zuständigen Kundenberater.
oder vollständig kompensieren.
Damit können beispielsweise maximal mögliche Temperaturanstiege in
einem realen Reaktor besser simuliert
(kleiner F-Faktor) oder überlagerte
Reaktionen besser getrennt werden
(großer F-Faktor), ohne die
Probenbehälter oder die Einwaage zu
variieren.
Für die chemische Industrie bietet das
APTACTM 264 eine bislang unerreichte
Genauigkeit hinsichtlich der Reaktivitätsdaten für organische Chemikalien, Petrochemikalien, Agrochemikalien, Feinorganika, Polymere und
hochenergetische Sprengstoffe.
Tabelle 1 zeigt abschließend die
wichtigsten Merkmale der drei adiabatischen Reaktionskalorimetertypen
auf.
Stephan Knappe
Der Autor
Stephan Knappe studierte
Technische Chemie an der
Georg-Simon-Ohm-Fachhochschule in Nürnberg mit dem
Abschluss Dipl.-Ing. (FH). Von
1986 bis 1991 war er als Verfahrens- und Anwendungstechniker auf dem Polyurethanschaumgebiet bei der REHAU AG
+ Co tätig.
1991 trat er bei der NETZSCHGerätebau GmbH ein und arbeitete zunächst im Applikationslabor. Bis 2002 war er Leiter des
Applikationslabors für Polymere
und auch Produktmanager für
diverse thermoanalytische Messsysteme. Heute ist er weltweit als
Manager für die Vertriebs- und
Applikationsunterstützung zuständig und leitet den Fachbereich Applications & Services.
ACHEMA 2009
Neue Analysegeräte und Seminarserie auf der
ACHEMA 2009
Phoenix® mit automatischem Probenwechsler für die UV-Härtung von
Lacken, Klebstoffen und Dentalmassen oder die Simultane Thermoanalyse-Apparatur mit gekoppeltem
Massenspektrometer STA 449 F1
Jupiter® mit QMS 403 Aeolos® für die
umfassende Werkstoffcharakterisierung werden in Halle 6.3, Stand N23O23 vorgestellt.
Kompakte Seminare an drei Tagen
Das Konzept „Messe plus Seminar“
hat sich bei NETZSCH bewährt und
ist bei Teilnehmern sehr beliebt.
Daher bieten wir auch zur ACHEMA
wieder Seminare an, deren Fokus auf
der kompakten Wissensvermittlung
liegt.
Fünf kostenlose NETZSCH-Anwenderseminare zeigen NETZSCH als kompetenten Partner und Problemlöser
für verschiedenste Applikationsgebiete:
Die ACHEMA ist weltweit die Leitveranstaltung der chemischen Technik und Prozessindustrie und bringt
alle drei Jahre ca. 4.000 Aussteller
aus 50 Ländern und über 180.000
Teilnehmer aus 100 Ländern zusammen.
Für NETZSCH ist die ACHEMA immer
wieder etwas Besonderes. Nur hier
erreichen wir in kürzester Zeit Fachleute aus aller Welt, die sich umfassend über neue Lösungen in der
Thermischen Analyse informieren
wollen.
Immer wieder Neues von NETZSCH
Die Entwicklung moderner Werkstoffe ist ohne den Einsatz von Geräten
zur thermischen Analyse nicht denkbar. Hierzu leisten Analysegeräte von
NETZSCH einen großen Beitrag, weil
sie einfach zu bedienen sind, präzise
Ergebnisse liefern und auch nach
vielen Jahren noch zuverlässig und
genau arbeiten.
Technologisch verbesserte thermoanalytische Messsysteme wie z.B.
die einzigartige Photo-DSC 204 F1
12. Mai 2009
13:00 Uhr:
“R&D, QA and Failure Analysis on
Polymers by Thermoanalytical
Techniques”
STA 449 F1 Jupiter®
Ganz neu im Programm von
NETZSCH sind adiabatische
Reaktionskalorimeter (siehe Bericht
auf der Titelseite), die vor allem in
der chemischen Industrie beim
Messen thermischer und druckabhängiger exothermer Reaktionen
zum Einsatz kommen.
13. Mai 2009
10:00 Uhr:
“Thermische Analyse in Chemie,
Pharmazie, Kosmetik und
Dentaltechnik”
13.30 Uhr:
“F&E, QS und Schadensanalyse an
Polymerwerkstoffen mit thermoanalytischen Messtechniken”
14. Mai 2009
10:00 Uhr:
“Heat Transfer Analysis Using
Modern Analytical Instrumentation”
13:30 Uhr:
“Adiabatic Reaction Calorimeters
for Process Safety and Upscaling”
Weitere Informationen und die
Anmeldeunterlagen finden Sie unter
www.netzsch-thermal-analysis.com
im Bereich Aktuelles/Termine - Veranstaltungen.
Rolf Preuß
Leiter Marketing
KLEBSTOFFE
DMA - mehr als nur Thermische Analyse!
Dr. Markus Meyer
NGB Sales Manager
DMA steht für Dynamisch-mechanische Analyse und dient zur Bestimmung der viskoelastischen Eigenschaften von Werkstoffen. Es werden
Informationen über den Verlauf
mechanischer Eigenschaften unter
geringer, sinusförmiger, dynamischer
Belastung als Funktion der Temperatur, Zeit und/oder der Frequenz erhalten. Zu den Kerngrößen gehören der
Speichermodul E´, der Verlustmodul
E´´ und der Verlustfaktor tan d. Der
Speichermodul repräsentiert die
elastischen Eigenschaften eines
Materials und stellt die Steifigkeit
einer Probe dar. Der Verlustmodul
hingegen ist ein Maß für die in
Wärme umgewandelte, nicht wiedergewinnbare Schwingungsenergie und
spiegelt die viskosen Eigenschaften
wider. Der Verlustfaktor tan d ist das
Verhältnis von E´´ zu E´ und kennzeichnet die mechanische Dämpfung
oder innere Reibung eines Systems.
Da die DMA Daten über Temperatureinsatzgrenzen, Steifigkeit und
Dämpfung, Fließ- und Relaxationsverhalten, Aufbau und Struktur,
Alterung, Aushärtung und Vulkanisation von z.B. Polymeren liefert, ist
sie ein effektives Werkzeug in Forschung und Entwicklung. Sie findet
jedoch auch Einsatz in der Qualitätskontrolle, Qualitätssicherung und in
der Schadensanalyse. Selbstverständlich können mit der DMA 242 C
(Abbildung 1) nicht nur Polymerproben, sondern sowohl steife metallische oder keramische Werkstoffe als
auch viskose Flüssigkeiten untersucht
werden.
Bei der Neuentwicklung von Werkstoffen und Werkstoffverbundsystemen stellt sich immer häufiger die
Frage nach der optimalen Fügetechnik. Die Klebungen bieten wesent6
Abb. 1. Schemazeichnung DMA 242 C
liche Vorteile gegenüber traditionellen Verbindungstechniken, wie z.B.
dem Schweißen. Punktförmige Kraftübertragungen sowie mechanische
und thermische Schädigungen der
Werkstoffe können so verhindert
werden. Daher spielt die Charakterisierung von Klebstoffen eine wichtige
Abb. 2. Viskoelastische Eigenschaften einer ausgehärteten Klebstoffprobe: Speichermodul E’
(schwarz), Verlustmodul E” (rot) und Verlustfaktor tan d (blau) bei einer Frequenz von 1 Hz,
lineare Skalierung
KLEBSTOFFE
Rolle in der Polymerentwicklung.
Abbildung 2 zeigt exemplarisch das
Messergebnis einer ausgehärteten,
gefüllten Klebstoffprobe im Temperaturbereich von -120°C bis +120°C
bei einer Heizrate von 2 K/min. Die
Speichermodulkurve (schwarz) weist
im Tieftemperaturbereich bei -95°C
(extrapolierter Onset) eine b-Phasenumwandlung auf, die mit einer DSCMessung nur sehr schwach detektierbar ist. Die dazu gehörigen Peaks in
der Verlustmodulkurve (rot) und in
der Verlustfaktorkurve (blau) liegen
bei -68°C und -63°C. Der Glasübergang setzt in der E´-Kurve bei 54°C
ein. Der Glasübergang kann auch als
Peak in der E´´- bzw. in der tan dKurve bei 60°C und 65°C ausgewertet werden. Diese Ergebnisse lassen
schließen, dass der Einsatz dieses
ausgehärteten Klebstoffs unter 50°C
erfolgen sollte. Unterhalb von -50°C
steigt der Speichermodul deutlich an,
was zu einem Versprödungsbruch
führen könnte. Daraus ergibt sich ein
Anwendungsbereich von -50°C bis
+50°C.
Die Einsatzmöglichkeiten der NETZSCH
DMA 242 C sind aber nicht auf feste
Proben beschränkt. Sowohl für pastöse und pulverförmige Proben als
auch für flüssige Substanzen sind
speziell entwickelte Probenhalter
Abb. 3. DMA-Probenhalter zur Untersuchung
der Aushärtung flüssiger Klebersysteme
Abb. 4. Aushärteverhalten eines flüssigen Klebstoffsystems bei Raumtemperatur
erhältlich, die das Anwendungsspektrum der DMA 242 C deutlich
erweitern und so in Bereiche vordringen, die normalerweise von
Rheometern abgedeckt werden.
Bei der Charakterisierung von Klebstoffen spielt auch die Kinetik der
Aushärtung bzw. die Topfzeit eine
wichtige Rolle. In Abbildung 3 ist ein
Probenhalter zur Untersuchung der
Aushärtung von flüssigen Klebstoffsystemen dargestellt. Bei diesen
Messungen taucht der kugelförmige
Fühlstempel in das mit Klebstoff
gefüllte Töpfchen ein. Das in Abbildung 4 dargestellte Messergebnis
(isotherm bei 25°C) zeigt nach 140
Minuten einen Anstieg des Speichermoduls (schwarz). Dieser Zeitpunkt
kann als Topfzeit angegeben werden.
Die Verlustfaktorkurve (blau) weist
bei 151 Minuten ein Maximum auf,
was dem Anstieg des Speichermoduls
zugeordnet werden kann. Selbst
nach 500 Minuten (Ende der Messung) steigt der Speichermodul weiter an, was darauf hinweist, dass das
System noch nicht vollständig ausgehärtet ist.
Die DMA 242 C kann auch mit
einem Dielektrischen Analysator
(DEA) kombiniert werden, um das
Aushärteverhalten reaktiver Harzsysteme zu messen. Durch Modifizierung des DMA-Ofens und Probenhalters gelingt es, UV-Licht-induzierte
Härtungen zu untersuchen.
Abb. 5. Immersionsbad für DMA-Messungen
in flüssigen Medien (Wasser, Öl, Lösungsmittel
usw.)
KLEBSTOFFE
Dr. Markus Meyer
Der Autor
Abb. 6. Einfluss von Wasser auf die mechanischen Eigenschaften eines PolyurethanKlebstofffilms(1)
Ein weiteres Zeichen der Vielseitigkeit
der NETZSCH DMA 242 C ist, dass
alle Probenhalter in Kombination mit
einem Behälter für Immersionsbadmessungen (siehe Abbildung 5)
verwendet werden können. Dadurch
lassen sich DMA-Messungen in
flüssigen Medien wie Wasser, Öl oder
anderen organischen Lösemitteln
durchführen und somit der Einfluss
des Mediums auf den Werkstoff
untersuchen. Der Temperaturbereich
der DMA wird nur durch den
Schmelzpunkt bzw. den Siedepunkt
des eingesetzten, flüssigen Mediums
begrenzt.
Das in Abbildung 6 dargestellte Ergebnis einer Multifrequenz-Messung
(1 Hz, 5 Hz, 10 Hz und 50 Hz) liefert
die mechanischen Eigenschaften
eines Polyurethan-Klebstofffilms im
Zugmodus bei einer konstanten
Temperatur von 25°C. Wie zu erwarten ist, steigt der Speichermodul
mit zunehmender Frequenz von 1 Hz
bis 50 Hz an. Zunächst erfolgte die
Messung in Luft (0 min bis 150 min).
8
Dr. Markus Meyer wurde 1972
in Selbitz, Oberfranken, geboren. Er studierte Chemie und
Biologie für das Lehramt an
Gymnasien und wechselte nach
dem Staatsexamen zur Chemie.
Dort promovierte er auf dem
Gebiet der Synthese und
Charakterisierung von SilicaGelen im Bereich der physikalischen Chemie.
Während dieser Zeit bleibt der Speichermodul konstant. Anschließend
wird das Immersionsbad mit Wasser
gefüllt. Nach einem kurzen Anstieg
des Speichermoduls ist ein deutlicher
Abfall in den folgenden 200 Minuten
zu erkennen. Danach bleibt der E´Modul wieder nahezu konstant. Der
Abfall des Speichermoduls, d.h. das
Erweichen der Probe, ist durch die
Wasseraufnahme des Polyurethans zu
erklären: Weichmachereffekt.
Fazit:
Durch die große Zahl zur Verfügung
stehender Probenhalter und verschiedener Kombinationsmöglichkeiten ist die NETZSCH DMA 242 C
das weltweit wohl vielseitigste DMAGerät. Nahezu alle anfallenden
Fragestellungen aus dem Bereich der
Forschung und Entwicklung, Qualitätssicherung und Schadensanalyse
können mit aussagekräftigen und
zuverlässigen Ergebnissen beantwortet werden, wie anhand von
Beispielen aus dem Bereich Klebstoffe
gezeigt wurde.
Im Oktober 2003 begann er im
Applikationslabor bei NGB, wo
er sich hauptsächlich mit DMA
und Dilatometrie beschäftigte.
Seit Juli 2008 ist er als Sales
Manager im Export tätig.
Mit freundlicher Genehmigung von
AWOK (Arbeitsgruppe Werkstoffund Oberflächentechnik), Technische
Universität Kaiserslautern
(1)
SPEZIFISCHE WÄRME
Die Bestimmung der spezifischen Wärme
- Grundlagen und Applikation
Dr. Gabriele Kaiser
Leiterin NGB Applikationslabor & Training
Nach DIN 51 007 „ist die spezifische
Wärme oder spezifische Wärmekapazität die Wärmemenge, die zur
Erhöhung der Temperatur einer
Substanz um einen bestimmten Betrag notwendig ist, ohne dass in der
Substanz eine Phasenumwandlung
1. Ordnung erfolgt.“ Ihre Einheit ist
J/(gK). Die spezifische Wärme (Symbol: c) ist deshalb überall dort von
Interesse, wo es um Wärmeleitung,
Wärmespeicherung oder die Abschätzung des Energiebedarfs von
Prozessen geht.
Ein Material mit hoher spezifischer
Wärme ändert seine Temperatur bei
Erwärmung oder Abkühlung nur
langsam, gibt seine Wärme aber
auch nur langsam wieder an die
Umgebung ab. Wasser besitzt mit
einem (Raumtemperatur-) Wert von
4,18 J/gK eine der höchsten spezifischen Wärmen. Daraus erklärt sich
z.B. die immense Bedeutung des
Wassers für das Klima unserer Erde.
Im Sommer speichert das Meerwasser große Wärmemengen und
gibt diese dann im Winter wieder ab.
Als Folge davon schwanken an den
Küsten die jahreszeitlichen Temperaturen deutlich geringer als im
Landesinneren.
Bei Erhöhung der Temperatur eines Körpers erhöht sich auch dessen Wärmeinhalt:
(1)
oder anders ausgedrückt
mit Q = Wärmemenge und = T Temperatur
Die Enthalpie ist definiert als:
mit U = innere Energie, p = Druck und V = Volumen
(2)
oder in differenzierter Form:
Der 1. Hauptsatz der Thermodynamik lautet:
mit
(W = Volumenarbeit, z.B. thermische Ausdehnung)
Daraus ergibt sich
(3)
und für die Wärmekapazität bei konstantem Druck
Für die Wärmekapazität bei konstantem Volumen gilt analog
(4)
Die spezifische Wärme bezeichnet die auf die Masse bezogene Wärmekapazität:
(5)
m = Masse
Bei Gasen hängt die spezifische Wärme von den äußeren Bedingungen
ab. Man unterscheidet zwischen der
spezifischen Wärme bei konstantem
Druck cp und der spezifischen Wärme
bei konstantem Volumen cv. Bei isobaren Prozessen dehnt sich das Gas
beim Erwärmen aus, um den Druck
konstant zu halten. Dabei wird ein
Teil der zugeführten Wärmeenergie
in Volumenarbeit umgewandelt. Aus
diesem Grund muss bei isobaren Zustandsänderungen stets mehr Wärmeenergie zugeführt werden, um die
gleiche Temperaturerhöhung des
Gases zu erreichen als bei isochoren
Prozessen (d.h. bei konstantem Volumen); cp ist daher immer größer als
c v . Innerhalb kleiner Temperaturbereiche und bei hohen Temperaturen
kann die spezifische Wärme als konstant angesehen werden. Bei Temperaturänderungen in größerem
Umfang trifft dies nicht mehr zu und
SPEZIFISCHE WÄRME
Nach dem Gleichverteilungsgesetz der Energie kann jedem Freiheitsgrad eine Energie von
zugeordnet werden.
Bei insgesamt 6 Freiheitsgraden ergibt sich daraus für ein einzelnes Atom eine maximale
Energie von
; für den gesamten Feststoff bedeutet dies
Legende:
k = Stefan-Boltzmann-Konstante = 1,38065504 · 10 -23 J/K
R = allgemeine Gaskonstante = 8,314472 J/(K mol) = N A · k
N A = Avogadro-Zahl = 6,02214179 ·10 23 mol -1 (gibt die Anzahl der Teilchen in einem Mol an)
M = Molmasse
die Temperaturabhängigkeit der spezifischen Wärme muss berücksichtigt
werden.
Situation im Festkörper:
Besteht ein idealer Festkörper aus
einer regelmäßigen Anordnung von
Atomen, so kann jedes dieser Atome
um seine Ruhelage herum eine
Schwingung in x-, y- und z-Richtung
ausführen. Die mit dieser Bewegung
(Schwingungen) verbundene innere
Energie besitzt eine kinetische und
eine potentielle Komponente.
Davon ausgehend lässt sich für die
spezifische Wärme der Zusammenhang
ableiten (siehe Kasten). Da der thermische Ausdehnungskoeffizient für
viele Festkörper recht klein ist und im
Bereich von 10-6 1/K oder 10-5 1/K
liegt, unterscheiden sich cp und cv im
Festkörper nur wenig.
Wert von einer Reihe von kristallinen
Verbindungen erreicht. Bei Kristallen
von organischen Verbindungen kann
es neben Schwingungen jedoch auch
zur Rotation von Molekülgruppen
kommen, was spezifische Wärmen
zur Folge hat, die über dem von
Dulong und Petit angegebenen
Grenzwert liegen.
Gleichung (6) entspricht der 1819
empirisch gefundenen Regel von
Dulong-Petit, die für alle festen
Stoffe einen festen Zahlenwert vorhersagt, der somit einen Grenzwert
bei genügend hoher Temperatur darstellt. Dieser Wert liegt für die molare
spezifische Wärme (cv molar) bei
24,9 J/(mol K). In der Tat wird dieser
Die Dulong-Petit-Regel ist bei manchen Metallen bereits in der Nähe
von Raumtemperatur annähernd
erfüllt. So hat Gold laut Literatur bei
25°C eine spezifische Wärme von
0,129 J/gK. Mit einer Atommasse
von 196,97 g/mol kommt man
umgerechnet auf einen Wert von
(gerundet) 25,41 J/(mol K).
bzw.
(6)
Mit abnehmender Temperatur können nicht mehr alle Bewegungen
angeregt werden; Freiheitsgrade werden quasi „eingefroren“. Aus diesem
Grund nehmen die innere Energie
und damit auch die spezifische Wärme einer Substanz beim Abkühlen
kontinuierlich ab.
Abb. 1. Idealisierte Kurve der spezifischen Wärme, aufgetragen gegen die Temperatur
10
Im Tieftemperaturbereich ist ein
überproportionaler Abfall der spezifischen Wärme mit abnehmender
SPEZIFISCHE WÄRME
Temperatur zu verzeichnen. Dieses
Verhalten wird am besten von der
Debye-Theorie (T3-Abhängigkeit der
spezifischen Wärme) beschrieben.
Für T ➝ 0 strebt die spezifische
Wärme ebenfalls gegen Null, ohne
den absoluten Nullpunkt jedoch zu
erreichen (3. Hauptsatz der Thermodynamik).
Bestimmungsmethoden und
Anwendungen
(A) Light- oder Laser-FlashAnalyse (LFA)
Hierbei wird die Unterseite einer
Probe durch einen Lampenblitz oder
einen Laserschuss aufgeheizt und der
daraus resultierende Temperaturanstieg auf der Probenoberseite mit
einem Infrarotdetektor registriert.
Über den Vergleich der Signalhöhen
zwischen einer Probe und einer
Referenz mit bekannter spezifischer
Wärme kann mittels LFA die spezifische Wärme von Festkörpern mit
einer Genauigkeit von ± 3 - 7 %
mit
T = Höhe des Detektorsignals
Q = eingestrahlte Laserenergie
V = Verstärkungsfaktor
= Dichte
D = Dicke der Probe bzw. Referenz
d = Lochblendendurchmesser
bestimmt werden. Als Referenzmaterialien kommen dabei z.B. Pyroceram
9606 oder Al2O3 in Frage.
Die spezifische Wärme wird über die
oben stehende Beziehung (siehe
separate Box) berechnet.
Carbon/Carbon-Verbundwerkstoff
Kohlefaserverstärkter Grafit, auch als
Carbon/Carbon-Verbundwerkstoff
bezeichnet, wird vor allem dort eingesetzt, wo geringes Gewicht bei
gleichzeitiger chemischer Beständigkeit und/oder hoher Festigkeit bei
hohen Temperaturen gefordert wird,
so z.B. bei Bremsscheiben in Flugzeugen bzw. Rennwagen oder in
chemischen Reaktoren. Die Eigenschaften des Verbundwerkstoffs hängen maßgeblich von der Orientierung
der Kohlefasern ab.
Um diesen Einfluss zu erfassen, wurde
ein Komposit-Material mit der LFA
457 MicroFlash® in zwei Richtungen
(in-plane = in der Ebene; thru-plane
= senkrecht dazu) untersucht. Das
Ergebnis zeigt Abb. 2.
Während die Temperaturleitfähigkeiten (rote Symbole) und die Wärmeleitfähigkeiten (blaue Symbole) signifikante Unterschiede zwischen den
Orientierungen in-plane (gefüllte
Symbole) und thru-plane (offene
Symbole) aufweisen, stimmen die
berechneten spezifischen Wärmen
sehr gut überein.
Die cp-Kurve steigt der Theorie entsprechend unabhängig von der
Orientierung der Fasern mit zunehmender Temperatur an, und die
Werte liegen in einem für Grafitmaterialien typischen Bereich.
(B) Dynamische Differenz-Kalorimetrie (DDK, engl.: Differential
Scanning Calorimetry, DSC)
Abb. 2. Carbon/Carbon-Verbundwerkstoff, in unterschiedlichen Richtungen gemessen mit der
LFA 457 MicroFlash®
Mit DSC-Geräten lässt sich die spezifische Wärme nicht nur von Feststoffen, sondern auch von Pasten,
SPEZIFISCHE WÄRME
Flüssigkeiten und sogar von Schmelzen ermitteln. Die Genauigkeit liegt
dabei typischerweise bei ± 2,5 %.
Jede Bestimmung der spezifischen
Wärme mit der DSC setzt sich experimentell aus drei Messungen zusammen: Basislinie, Saphirmessung (als
Referenz) und Probenmessung.
In die cp-Berechnung gehen die
direkten DSC-Signale ein:
Die Empfindlichkeitswerte müssen
den aktuellen Zustand des Systems
widerspiegeln und werden daher im
Rahmen des Messzyklus’ aus der
Saphirmessung ermittelt. Die Verwendung einer bereits bestehenden
Empfindlichkeitskurve empfiehlt sich
nicht.
Beispiel: Wasser-Glykol-Mischung
Kühlmittel im Auto bestehen in der
Regel aus höherwertigen Alkoholen,
wie z.B. Ethylenglykol oder Glycerin,
Wasser sowie Additiven als Korro-
sionsschutz und zur Erhöhung der
Schmierfähigkeit. Wasser vermag
durch seinen höheren cp–Wert viel
Wärme abzuführen; der Gefrierpunkt
liegt mit 0°C für den Einsatz im
Winter jedoch zu hoch. Durch das
Zusetzen von Glykolen kann der
Gefrierpunkt der Mischung erniedrigt
werden. Als Folge davon nimmt die
spezifische Wärme der Mischung ab;
die Kühlwirkung wird herabgesetzt.
Reines Ethylenglykol besitzt bei
Raumtemperatur einen cp-Wert von
ca. 2,4 J/gK.
ergibt sich ein Glykolanteil von ca.
45%.
Da der Dampfdruck von Wasser bei
ca. 60°C bereits 200 mbar beträgt,
handelt es sich in diesem Temperaturbereich strenggenommen nicht mehr
um cp.
Ausblick:
In der nächsten OnSet-Ausgabe
möchten wir Ihnen Tipps und Tricks
für die erfolgreiche Bestimmung von
cp-Werten vorstellen.
Abb. 3 zeigt die Ergebnisse der cpBestimmung einer Glykol-WasserMischung mit der DSC 204 F1
Phoenix®.
Da sich die spezifische Wärme von
Mischungen additiv aus den spezifischen Wärmen der Einzelkomponenten zusammensetzt, kann aus
den experimentell ermittelten cpWerten das Verhältnis der Komponenten berechnet werden. Geht man
davon aus, dass es sich bei dem vorliegenden Gemisch ausschließlich um
Ethylenglykol und Wasser handelt,
Dr. Gabriele Kaiser
Die Autorin:
Dr. Gabriele Kaiser hat in
Erlangen Chemie studiert und
begann nach Abschluss ihrer
Promotion in physikalischer
Chemie im September 1991
ihre Tätigkeit bei NETZSCHGerätebau.
Als Leiterin der Schulungsabteilung ist sie zuständig für
die applikationstechnische
Schulung und Beratung von
Kunden, Vertriebspartnern
und Mitarbeitern. Seit Juli
letzten Jahres hat sie außerdem die Leitung des Applikationslabors in Selb inne.
Abb 3. cp-Kurve einer Wasser-Glykol-Mischung
12
DIELEKTRISCHE ANALYSE
Online-Prüfverfahren in Lackieranlagen
mit DEA
Norbert Kraus, Thomas Rödel* und Bernd Schade, Organische und Makromolekulare Chemie der Hochschule Merseburg
phasenverschoben und hat eine
andere Amplitude. Dies hängt von
der Ionenmobilität und der Ausrichtung der Dipole ab. Die Dipole im
Material versuchen, sich nach dem
elektrischen Feld auszurichten (reversible Relaxation) und vorhandene
Ionen, die z. B. als Verunreinigungen
auftreten, wandern zur Elektrode mit
der entgegengesetzten Ladung (irreversibel, Energieverbrauch). Während
der Aushärtung eines reaktiven
Lacksystems nehmen sowohl die
Ionenmobilität (Ionenleitfähigkeit) als
auch die Ausrichtung der Dipole im
Wechselstromfeld ab.
Datenspeicherbox
Kammsensoren
2.5 x 1.0 cm
Abb. 1. Ein geplantes Einsatzgebiet für die Dielektrische Analyse (DEA) mit Kammsensoren
Der Lackierprozess für Kunststoffteile
entwickelte sich in den letzten Jahren
zu einem teuren und schwer beherrschbaren Fertigungsschritt. Der
hohe Kostendruck lässt sich nur über
das systematische Erkennen und
Nutzen von Rationalisierungschancen
abbauen. Insbesondere Technologien
zur Fehlererkennung in der Lackieranlage und die damit verbundene
Ausschussminderung stehen an der
Spitze der Ziele.
Trotz aufwändiger Prozessdatenerfassung in der Lackieranlage ist es bis
heute nicht möglich, eine Aussage
zum Trocknungs- und Härtungsverhalten der Lacke direkt auf der
lackierten Oberfläche des Kunststoffbauteils während des Lackierens zu
treffen. Deshalb sind die Anforderungen an die Oberflächenqualität nur
mit erheblichem Entwicklungs-, Zeit-,
und Kostenaufwand zu erfüllen.
Die Dielektrische Analyse (DEA) als
Online-Methode ist ein einfaches
Verfahren mit Einsatzpotential zur
Qualitätssicherung, Entwicklung und
Prozessverfolgung.
Dielektrische Analyse - die Messmethode
Die DEA ist eine zerstörungsfreie
Methode zur Untersuchung des
Verarbeitungs- und Vernetzungsverhaltens sowie der physikalischen
und chemischen Struktur von Duromeren und anderen Polymeren durch
Messung ihrer dielektrischen Eigenschaften. In einer typischen Messung
wird eine Probe in Kontakt mit zwei
Elektroden (dielektrischen Sensoren)
gebracht, wobei an einer Elektrode
eine sinusförmige Spannung (Anregung) angelegt wird. Daraus resultiert ein Stromfluss (Messsignal) an
der zweiten Elektrode. Durch den
Einfluss der Probe als Dielektrikum ist
das Messsignal zum Eingangssignal
Abb. 2.
A - typische Geometrie
eines ineinandergreifenden dielektrischen
Sensors
B - flexibler 115 µmKammsensor
Seit 2007 wird an der Hochschule
Merseburg in Kooperation mit der
NETZSCH-Gerätebau GmbH und der
Karl Wörwag Lack-und Farbenfabrik
GmbH & Co.KG an der Entwicklung
der Dielektrischen Analyse (DEA) mit
Kammsensoren (Abb. 2) für die
Einführung als Online-Prüfverfahren
gearbeitet. Das Bundesministerium
für Bildung und Forschung fördert
das Projekt.
Abbildung 1 zeigt, wie mit den auf
den Bauteilen befestigten Kammsensoren in einer Mehrkanalmessung
die Lacktrocknung und Härtung vergleichend bestimmt wird. Damit ist
die Dielektrische Analyse ein Werkzeug der Qualitätskontrolle und hilft
gleichfalls, die Entwicklungszeit
neuer Lacksysteme deutlich zu verkürzen.
(Ionenviscosität
Extinction
DIELEKTRISCHE ANALYSE
Wellenzahl
Abb. 3. Typische DEA-Messkurve (Frequenz 1 Hz) mit 115 µmKammsensor für die Härtung eines 2K-PUR-Klarlacks
Unsere Untersuchungen konzentrieren sich zunächst auf die dielektrischen Messungen an 2K-Klarlacken
auf PUR-Basis. Die Ionenviskosität
wird von der Beweglichkeit der Ionen
bestimmt. Ihre Änderung pro Zeiteinheit dient als Maß für die Reaktionsgeschwindigkeit der Härtung und
zur Berechnung des Härtungsgrades.
DEA- und FTIR-Messungen an 2KPUR-Klarlack
Es wurden 2K-PUR-Klarlacke auf
Kammsensoren mit einem Elektrodenabstand von D = 25 µm bzw.
115 µm mit Spaltrakel (30 µm –
120 µm; 20 mm/s) appliziert (Abb.
2). Die resultierenden Trockenschichtdicken lagen im Bereich von 20 µm
bis 60 µm. Die untersuchten Lacke
stammen aus der aktuellen Produktpalette für die Automobilindustrie.
Die Proben härteten nach einer Ablüftzeit von 10 min nach einem definierten, praxisrelevanten Temperaturprogramm, während wir die Änderung der Ionenviskosität in Abhängigkeit von der Zeit verfolgten. Als
Messgerät diente eine DEA 230/2
Epsilon mit Interface für den mittleren Ionenleitfähigkeitsbereich. Der
Messfrequenzbereich beträgt 0,001
14
Abb. 4. Messung der Abnahme der Isocyanat-Konzentration im 2KPUR-Klarlack während der Härtung bei 85°C mit FTIR-Spektroskopie
(2267 cm-1)
bis 100 kHz. Für die verwendeten
2K-PUR-Lacke wird die Ionenviskosität im Temperaturbereich von 20°C
bis 90°C z. B. für die Messfrequenz
1 Hz bestimmt. Abbildung 3 zeigt
einen typischen Kurvenverlauf für die
Härtung eines 2K-PUR-Klarlacks.
Während der Ablüftung steigt die
Ionenviskosität mit der Viskosität des
Lacks. Nach dem Einbringen in den
Ofen sinkt die Ionenviskosität
zunächst, da die Viskosität des Lacks
mit steigender Temperatur sinkt, bis
der Viskositätsanstieg als Folge weiterer Trocknung und beschleunigter
Härtung die Ionenviskosität erhöht.
Die Aushärtung ist nach einer Messzeit von insgesamt 50 min noch nicht
abgeschlossen, da die Ionenviskosität
bei konstanten 85°C weiter ansteigt.
Unsere ersten Untersuchungen zeigten, dass die DEA für 2K-PUR-Klarlacke reproduzierbare Messkurven
mit einer gut auswertbaren Änderung der Ionenviskosität erzeugt.
Diese Aussage gilt ohne Einschränkung für Kammsensoren mit 25 µm
Elektrodenabstand. Sensoren mit
einem Elektrodenabstand von
115 µm verlangen erwartungsgemäß
eine konstante Schichtdicke über die
gesamte Sensorfläche, da hier der für
die Messung relevante Messbereich
über die untersuchten Schichtdicken
hinausgeht.
FTIR-Messungen an 2K-PURKlarlack
Um die theoretische Korrelation zwischen der Ionenviskosität und der
Härtungsreaktion praktisch nachzuweisen, wurden am härtenden 2KPUR-Lack FTIR-Messungen durchgeführt und sowohl die Abnahme der
Isocyanatbande bei 2267 cm-1 als
auch die Zunahme der Carbonylbande bei 1720 cm-1 verfolgt
(Abb. 4).
Aus der Abnahme der Extinktion
ergibt sich eine Abnahme der
Isocyanatkonzentration um ca. 70 %
unter den Standard-Härtungsbedingungen von 40 min bei 85°C. Am
Ende ist die Isocyanatbande bei 85°C
im untersuchten Klarlack nicht mehr
nachweisbar.
Parallel zur Abnahme der Isocyanatbande nehmen die Extinktionen der
Carbonylbanden bei 1682 cm-1 und
1720 cm-1 zu. Damit kann die
Abnahme der Isocyanatbande der
Härtungsreaktion zugeordnet werden
und ist nicht nur ein Ergebnis der
Hydrolyse.
DIELEKTRISCHE ANALYSE
Isocyanat- und Carbonylbande
Abb. 5. Zusammenhang der Änderung von Isocyanat-(2267 cm-1) und
Carbonylbande (1720 cm-1) im FTIR-Spektrum eines 2K-PUR-Klarlacks
mit der Änderung der Ionenviskosität während der Härtung
Die lösemittelhaltigen Lackschichten
konnten auf Grund der Klebrigkeit
erst ab einer Mindesthärtungszeit
von 10 min FTIR-spektroskopisch
untersucht werden. Für den untersuchten Bereich ergibt sich eine indirekte Proportionalität zwischen der
Ionenviskosität und der Extinktion der
gemessenen Isocyanatbande sowie
eine direkte Proportionalität mit der
Extinktion der gemessenen Carbonylbande (Abb. 5).
Verfolgung der Trocknung
Die Beweglichkeit der Ionen und
Dipole in der Schicht ist nicht nur
vom Härtungsgrad der untersuchten
Klarlackschichten abhängig. Eine
besondere Bedeutung kommt dem
Gehalt an Restlösemittel zu.
Eine Variation der Ablüftzeit zeigt
eine Abnahme des Anstiegs der
Ionenviskosität mit zunehmender
Ablüftzeit, respektive abnehmendem
Gehalt an Restlösemittel (Abb. 6).
Nach einer Verweilzeit von ca. 15 min
bei einer Härtungstemperatur von
85°C gleicht sich die Ionenviskosität
bei allen drei Messungen trotz der
stark unterschiedlichen Ablüftzeiten
(3 min, 10 min und 30 min) an.
Parallel erfolgten thermogravimetrische Untersuchungen mit einer
Abb. 6. DEA-Messkurven (Frequenz 1 Hz; 115 µm Kammsensor) für
die Härtung eines 2K-PUR-Klarlacks unter Variation der Ablüftzeit
Thermo-Mikrowaage TG 209 F1 Iris®
(NETZSCH-Gerätebau GmbH). Vergleichsproben mit Nassschichtdicken
von 230 µm ± 10 µm bestätigen bei
analogen Temperaturprogrammen
(variable Ablüftzeit bei 25°C, 45 min
bei 85°C) den von der Ablüftzeit
abhängigen Restlösemittelgehalt zu
Beginn der Aufheizphase. Eine
Ablüftzeit von 10 min hat einen
Restlösemittelgehalt von über 50 %
des Ausgangswertes zu Beginn der
Aufheizung zur Folge. Nach 30 min
beträgt dieser Wert noch über 20 %.
Nach ca. 15 min bei 85°C gleicht sich
der Gehalt an Restlösemittel an. Die
thermogravimetrische und die dielektrische Analyse zeigen übereinstimmend, dass die DEA-Messkurven
auch noch im Anfangsbereich der
Härtung von der Schichttrocknung
dominiert werden.
Bei den thermogravimetrischen
Untersuchungen war auch nach der
Standard-Härtungszeit von 40 min
bei 85°C noch kein Ende der Masseabnahme erreicht. Nach 48 h zeigte
sich noch eine Masseabnahme im
Bereich von 0,05 % pro Stunde. Es
bleibt daher die Frage offen, ob die
Zunahme der Ionenviskosität während des Härtungsprozesses durch
den weiteren Verlust von Restlösemittel dominiert wird.
Prof. Dr. Thomas Rödel
*Ansprechpartner Autoren
Prof. Dr. Thomas Rödel studierte
Chemie an der Universität
Bayreuth. Von 1997 bis 2004
war er bei der REHAU AG + Co
im Bereich der Entwicklung
Automotive tätig.
Im Jahr 2004 übernahm er die
Professur für Organische und
Makromolekulare Chemie der
Hochschule Merseburg.
Kontakt:
Hochschule Merseberg
Tel.: 03461 / 46 24 65, E-Mail:
[email protected]
ALLGEMEIN
Eine Gesamtübersicht unserer Veranstaltungen finden Sie unter:
www.netzsch-thermal-analysis.com/de/aktuelles/veranstaltungen
Veranstaltung
Datum
Ort
A-TESTex 2009
21. - 24.04.
Moskau, Russland
ACHEMA 2009
11. - 15.05.
Frankfurt
IVMTTC32
21. - 24.06.
Kazimierz Dolny, Polen
ECERS 2009
21. - 25.06.
Krakau, Polen
IRC 2009
29.06. - 02.07.
Nürnberg
ICCM-17
27. - 31.07.
Edinburgh, UK
Neue Vertriebsleitung in Nordamerika und Deutschland
Thomas Rampke
Nordamerika ist für NETZSCH einer
der bedeutendsten Märkte und
wächst seit Jahren zweistellig. Um
das Wachstumstempo beibehalten
zu können, wurde der Vertrieb neu
strukturiert. Thomas Rampke, seit
18 Jahren im technischen Vertrieb
Die Vertriebsleitung für Deutschland
wurde zum 1.10.2008 an Dr. Heinz
Niedrig übertragen. Herr Dr. Niedrig
begann 1984 nach seinem Studium
der Physik in Erlangen bei NETZSCHGerätebau als technischer Berater für
das Vertriebsgebiet Bayern. In dieser
Zeit hat er sich eine hohe fachliche
Impressum
Herausgeber:
NETZSCH-Gerätebau GmbH
Wittelsbacherstraße 42
95100 Selb
Deutschland
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16
Redaktion:
Dr. Gabriele Kaiser, Dr. Jürgen Blumm,
Stephan Knappe, Rolf Preuß, Doris Steidl
Konzept & Gestaltung:
Dagmar Dittmann
Dr. Heinz Niedrig
Kompetenz erworben und genießt
inner- und außerhalb des Unternehmens große Wertschätzung.
Neben seiner Leitungsfunktion wird
Herr Dr. Niedrig das Gebiet Bayern
nach wie vor direkt betreuen und für
Kontinuität sorgen.
Druck:
NETZSCH Werbe- und Service GmbH
Gebrüder-Netzsch-Straße 19
95100 Selb
Deutschland
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Copyright:
NETZSCH-Gerätebau GmbH
04/09
NGB • 1400 • D • 0409 • LH
bei NETZSCH-Gerätebau tätig und
seit 2004 als Vertriebsleiter für den
deutschsprachigen Raum verantwortlich, hat zum 1.10.2008 die neu
geschaffene Position „Vice President
Sales & Marketing“ unserer Niederlassung NIB in Boston übernommen.
Durch seine langjährige Erfahrung
wird Thomas Rampke uns helfen, die
Marktposition in Nordamerika weiter
auszubauen.
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