Service Branding Herausforderungen und Gestaltungsmöglichkeiten des Aufbaus innerer Markenbilder für Dienstleistungen am Beispiel des Telekommunikationsmarktes DISSERTATION der Universität St. Gallen Hochschule für Wirtschafts-, Rechts- und Sozialwissenschaften (HSG) zur Erlangung der Würde eines Doktors der Wirtschaftswissenschaften vorgelegt von Rico Kehrer aus Deutschland Genehmigt auf Antrag der Herren Prof. Dr. Torsten Tomczak und Prof. Dr. Thomas Bieger Dissertation Nr. 3050 Peter Lang GmbH Europäischer Verlag der Wissenschaften Frankfurt am Main 2005 Die Universität St. Gallen, Hochschule für Wirtschafts-, Rechts- und Sozialwissenschaften (HSG), gestattet hiermit die Drucklegung der vorliegenden Dissertation, ohne damit zu den darin ausgesprochenen Anschauungen Stellung zu nehmen. St. Gallen, den 19. April 2005 Der Rektor: Prof. Ernst Mohr, PhD Meinen Eltern, Claudia und Tom Vorwort Service Branding, d.h. die Entwicklung und Einführung neuer Marken für Dienstleistungen, ist ein aktuelles und faszinierendes Thema des Marketing. Anders als klassische Konsumgüter sind Services oftmals abstrakte und kognitiv schwer zugängliche Markenträger, die sich mitunter - wie etwa im Falle von Telekommunikationsdienstleistungen - nicht nur dem Involvement, sondern auch der Wahrnehmung des Nachfragers entziehen. Wie vor diesem Hintergrund Dienstleistungsmarken gestaltet werden können, um als Wahrnehmungsanker unsichtbarer Selbstverständlichkeiten eine effiziente und wirkungsvolle Manifestation im Gedächtnis des Konsumenten zu ermöglichen, war die spannende und relevante Kernfrage meiner Forschungsarbeit: Relevant, da sich Dienstleister in Telekommunikations- und anderen Branchen unter Einsatz enormer Budgets wahre Schlachten um die Präferenzstellung ihrer Marken im Kopf des Konsumenten liefern - ohne dass die Marketingforschung hierzu bislang spezifische Gestaltungsempfehlungen angeboten hätte. Und spannend, da diese - zumal interdisziplinäre - Thematik einen integrierten Zugang über unterschiedliche Ansätze erforderte, welcher die in Theorie und Praxis ohnehin sehr kontrovers diskutierten Begriffe Marke und Dienstleistung zielführend miteinander verknüpft. Auf diesem Weg der wissenschaftlichen Erkenntnis, und an dieser Stelle möchte ich so manchen Ab- und Umweg nicht verleugnen, haben mich zahlreiche Personen begleitet, ohne die das Unterfangen dieser externen Promotion an der Universität St. Gallen so nicht möglich gewesen wäre: Allen voran gilt der Dank meinem Doktorvater, Prof. Dr. Torsten Tomczak, für die inhaltliche, methodische sowie vertrauensvoll menschliche Unterstützung. Prof. Dr. Thomas Bieger danke ich für die freundliche Übernahme des Korreferats und für wichtige Anregungen in entscheidenden Phasen. Fachlich wurde das Projekt ferner durch vielfältige Kontakte zu Unternehmens- und Verbandsvertretern, insbesondere zu Marketingführungskräften aus der Telekommunikations- und Energiebranche bestimmt, für deren freundliche und kooperative Unterstützung ich mich ebenso sehr bedanke! Einen ganz wesentlichen Anteil an der Entstehung dieser Arbeit, der sich in anstrengenden Phasen weit über das Fachliche hinaus erstreckt hat, haben meine Freunde Prof. Dr. Christian Schade, Dipl.-Kfm. Alexander Köhl, Dipl.-Kfm. Tamer Kemeröz, Dr. Klaus Lawerenz sowie - last but not least Dipl.-Kfm. Conrad Zechel, der in der Endphase des Projekts große Teile der Arbeit Korrektur gelesen hat. Dr. Ben Birkhofer danke ich für die Gastfreundschaft während der Zeit meines Doktorandenstudiums in St. Gallen. Mein Dank gilt ferner meinen Arbeitskollegen, besonders Dipl.-Kffr. Silke van den Boom IV Vorwort und Dipl.-Vfw. Harry Kriegsmann, die mir in zeitlich engen Situationen stets den Rücken freigehalten haben. Mein größter Dank jedoch gilt meiner Familie, ohne deren Unterstützung das Erreichte überhaupt nicht möglich gewesen wäre: Meinen Eltern, die mich mit immerwährender Zuversicht durch alle Höhen und Tiefen begleitet haben; Meiner Frau Claudia, die trotz so mancher Widrigkeit und Entbehrung nie den Glauben an mich verloren und mit unendlicher Geduld und stetem Optimismus den größten Anteil zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen hat; Und natürlich unserem Sohn Tom, der mit seiner Geburt nicht nur den Wettlauf gegen die Fertigstellung dieser Arbeit gewonnen, sondern seinem stolzen Vater in einer schwierigen Phase wieder den Blick auf das wirklich Wichtige im Leben eröffnet hat. Meinen Eltern, Claudia und Tom: Ihnen ist diese Arbeit in Liebe und Dankbarkeit gewidmet. Frankfurt, im April 2005 Rico Kehrer Inhaltsübersicht A Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker 1. Service Branding in Praxis und Forschung 1 1 2. Zielsetzung und Eingrenzung 17 3. Forschungsmethodik und Aufbau der Arbeit 23 B Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld 31 1. Der Markt für Telekommunikation 32 2. Unternehmensexterne Faktoren des Markenumfelds 49 3. Unternehmensinterne Faktoren des Markenumfelds 63 4. Anwendungsorientierte Implikationen als Zwischenfazit 67 C Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding 75 1. Marke und Dienstleistung: Objekte des Marketing 76 2. Dienstleistungsmarke: Objekt des Service Branding 99 3. Besonderheiten des Service Branding 113 4. Hypothesen zum virtuellen Service Branding 140 D Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis 147 1. Auswahl und Aufbau der Fallstudien 147 2. Erhebung der Fallstudien 149 3. Cross-Case-Analyse: Fallübergreifende Auswertung und Interpretation 193 E Implikationen für das virtuelle Service Branding 205 1. Gestaltungsempfehlungen für die Praxis 205 2. Implikationen für die Markenforschung 225 Inhaltsverzeichnis Inhaltsübersicht V Abbildungsverzeichnis XIII Abkürzungsverzeichnis XIX A Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker 1 1. Service Branding in Praxis und Forschung 1 1.1 Allgemeine Entwicklung und aktuelle Situation 1 1.2 Service Branding auf dem Telekommunikationsmarkt 5 1.3 Stand der Forschung: Ein themenbezogener Überblick 10 2. 17 Zielsetzung und Eingrenzung 2.1 Ziele und forschungsleitende Fragestellungen 17 2.2 Eingrenzung des Forschungsthemas 20 3. 23 Forschungsmethodik und Aufbau der Arbeit 3.1 Anwendungsorientierung als methodisches Paradigma 23 3.2 Qualitative Methodenkombination 25 3.3 Aufbau der Arbeit 28 B Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld 31 1. Der Markt für Telekommunikation 32 1.1 Markthistorie: Transformation einer Schlüsselindustrie 32 1.2 Marktkräfte: Deregulierung und Technologie 35 1.3 Marktentwicklung: Zwischen Konvergenz und Fragmentierung 38 1.4 Anbieterstruktur: Von Spezialisierung bis Full-Service 43 1.5 Entwicklungstrends: Nachfrage bestimmt den Markt 46 VIII 2. Inhaltsverzeichnis Unternehmensexterne Faktoren des Markenumfelds 2.1 Markenumfeld Wettbewerb 49 49 2.1.1 Die David-Goliath-Situation 49 2.1.2 Internationalisierung verschärft Markenwettbewerb 52 2.1.3 Markenchaos durch Fusionen 53 2.1.4 Markenprofilierung in Pattsituation 54 2.1.5 Innovationsgeschwindigkeit und Markenpositionierung 55 2.2 Markenumfeld Konsumenten 56 2.2.1 Markendenken entwickeln 56 2.2.2 Mangelnde Wechselbereitschaft, geringe Markenbindung 57 2.2.3 Information Overload durch hohen Werbedruck 58 2.2.4 Geringes Involvement für Dienstleistungsangebote 60 2.2.5 „Irrationales“ Konsumentenverhalten 61 2.3 Markenumfeld Lieferanten und Absatzmittler 61 3. 63 Unternehmensinterne Faktoren des Markenumfelds 3.1 Brand Excellence als Kernbedingung 63 3.2 Kurzfristiger Erfolgsdruck vs. langfristiger Markenerfolg 64 3.3 Markenverantwortung und die Rolle der Werbeagenturen 65 4. 67 Anwendungsorientierte Implikationen als Zwischenfazit 4.1 Umfeldbedingte Herausforderungen 67 4.2 Anwendungsorientierte Implikationen für das Service Branding 72 C Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding 75 1. Marke und Dienstleistung: Objekte des Marketing 76 1.1 Das Marketingobjekt Marke 76 1.1.1 Formale Erklärungsansätze: Marke als Zeichen 81 1.1.2 Konstitutive Erklärungsansätze: Marke als Markenartikel 83 1.1.3 Integrative Erklärungsansätze: Marke als Wahrnehmungskonstrukt 84 1.1.4 Fazit: Die Marke als Repräsentation mit Verhaltenswirkung 88 Inhaltsverzeichnis 1.2 Das Marketingobjekt Dienstleistung 2. IX 91 1.2.1 Formale Definitionsansätze: Dienstleistung als Klassifikationsobjekt 92 1.2.2 Inhaltliche Erklärungsansätze: Dienstleistung als Vermarktungsobjekt 94 1.2.3 Fazit: Eine anwendungsorientierte Dienstleistungsterminologie 97 Dienstleistungsmarke: Objekt des Service Branding 99 2.1 Das Konstrukt Dienstleistungsmarke 2.1.1 Perspektiven auf die Dienstleistungsmarke 99 99 2.1.2 Dienstleistungsmarke aus integrierter Marketingperspektive 101 2.1.3 Service Branding als Prozess der Wahrnehmungssteuerung 102 2.2 Voraussetzungen, Ziele und Aufgaben des Service Branding 104 2.2.1 Voraussetzungen und Rahmenbedingungen 104 2.2.2 Service-Brand-Power als Zielgröße 105 2.2.3 Positionierung als strategischer Ausgangspunkt 107 2.2.4 Markenstimuli als Gestaltungsvariablen 110 2.2.5 Ableitung der strategischen Kernaufgabe des Service Branding 112 3. Besonderheiten des Service Branding 3.1 Service Branding als kognitionspsychologischer Prozess 113 113 3.1.1 Konsumentenorientierte Generatoren der Service-Brand-Power 114 3.1.2 Verhaltensorientierte Indikatoren der Service-Brand-Power 119 3.1.3 Kognitionspsychologisches Wirkungsmodell des Service Branding 121 3.2 Systematisierung kognitionspsychologischer Besonderheiten 123 3.2.1 Dienstleistungstypische Einflüsse auf das visuelle Markenwissen 124 3.2.2 Dienstleistungstypische Einflüsse auf das verbale Markenwissen 127 3.2.3 Zwischenfazit: Leistungswahrnehmung und Service Branding 129 3.3 Ableitung dienstleistungstypologischer Herausforderungen 130 3.3.1 Konsumgüterähnliche Dienstleistungen 131 3.3.2 Interaktive Dienstleistungen 132 3.3.3 Unsichtbare Dienstleistungen 133 3.3.4 Hybride Dienstleistungstypen 134 X Inhaltsverzeichnis 3.3.5 Exkurs: Wahrnehmungsgrade als Variable strategischer Entscheidung 3.4 Konzeptionelle Implikationen als Zwischenfazit 4. 135 136 3.4.1 Aufbau innerer Markenbilder als zentrale Herausforderung 136 3.4.2 Der Dienstleistungstyp bestimmt die Herausforderungen 137 Hypothesen zum virtuellen Service Branding 140 4.1 Markenpositionierung als strategischer Ausgangspunkt 140 4.2 Virtuelle Markenbildwelten als kognitive Verpackung 141 4.3 Gestaltungskriterien für virtuelle Markenbildwelten 142 4.4 Markenbildwelt und Markenkommunikation 143 D Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis 147 1. Auswahl und Aufbau der Fallstudien 147 2. Erhebung der Fallstudien 149 2.1 Arcor: Markenpionier im Festnetzsegment 149 2.1.1 Das Unternehmen im Kurzprofil 149 2.1.2 Entwicklung der strategischen Positionierung der Marke Arcor 150 2.1.3 Entwicklung der virtuellen Arcor-Markenbildwelt 150 2.1.4 Kommunikation der Marke 152 2.1.5 Kritische Kurzbewertung 153 2.2 debitel: Vom Unternehmensnamen zum Markennamen 2.2.1 Das Unternehmen im Kurzprofil 154 154 2.2.2 Entwicklung der strategischen Positionierung der Marke debitel 155 2.2.3 Entwicklung des Auftritts der Marke debitel 156 2.2.5 Kritische Kurzbewertung 158 2.3 E-Plus: Repositionierung und Relaunch der Markenbildwelt 160 2.3.1 Das Unternehmen im Kurzprofil 160 2.3.2 Strategische Repositionierung der Marke E-Plus 160 2.3.3 Relaunch der virtuellen E-Plus-Markenbildwelt 161 2.3.4 Kommunikation der Marke 162 2.3.5 Kritische Kurzbewertung 164 Inhaltsverzeichnis 2.4 mobilcom: Service Branding in der Krise XI 165 2.4.1 Das Unternehmen im Kurzprofil 165 2.4.2 Entwicklung der strategischen Positionierung der Marke mobilcom 166 2.4.3 Der neue Auftritt der Marke mobilcom 167 2.4.4 Kritische Kurzbewertung 169 2.5 O2: Markenbildwelt als internationale Kommunikationsplattform 170 2.5.1 Das Unternehmen im Kurzprofil 170 2.5.2 Strategische Positionierung der Marke O2 171 2.5.3 Entwicklung der virtuellen O2-Markenbildwelt 171 2.5.4 Kommunikation der Marke 172 2.5.5 Kritische Kurzbewertung 174 2.6 Vodafone: Globalisierung einer nationalen Marke 175 2.6.1 Das Unternehmen im Kurzprofil 175 2.6.2 Strategische Markenausrichtung 177 2.6.3 Entwicklung der virtuellen Vodafone-Markenbildwelt 178 2.6.4 Kommunikation der Marke 179 2.6.5 Kritische Kurzbewertung 180 2.7 Yello Strom: Farbe als Schlüsselbild 181 2.7.1 Strommarkt: Vom Monopol zum Markenwettbewerb 181 2.7.2 Yello Strom im Kurzprofil 183 2.7.3 Strategische Positionierung der Marke Yello Strom 184 2.7.4 Entwicklung der virtuellen Yello Strom-Markenbildwelt 184 2.7.5 Kommunikation der Marke 186 2.7.6 Kritische Kurzbewertung 187 2.8 E.ON: Neuer Konzern, neue Marke 188 3. 2.8.1 Das Unternehmen im Kurzprofil 188 2.8.2 Hintergrund der markenstrategischen Entwicklung 188 2.8.3 Entwicklung der virtuellen E.ON-Markenbildwelt 189 2.8.4 Kommunikation der Marke 190 2.8.5 Kritische Kurzbewertung 191 Cross-Case-Analyse: Fallübergreifende Auswertung und Interpretation 193 XII Inhaltsverzeichnis 3.1 Überblick 193 3.2 Fallübergreifende Auswertung 194 3.2.1 Virtuelle Markenbildwelten mit hohem Integrationsgrad 194 3.2.2 Virtuelle Markenbildwelten mit Integrationsdefiziten 196 3.2.3 Zwischenfazit 198 3.3 Bewertung und Interpretation 199 E Implikationen für das virtuelle Service Branding 205 1. Gestaltungsempfehlungen für die Praxis 205 1.1 Aufbau und Einführung selbstreferentieller Markenbildwelten 205 1.1.1 Kreative Leitidee generieren 205 1.1.2 Schlüsselsignale integrieren 209 1.1.3 Assoziationen kontrollieren 211 1.1.4 Markenbildwelt präsentieren 212 1.1.5 Zusammenfassende Übersicht 212 1.2 Pflege selbstreferentieller Markenbildwelten 214 1.2.1 Markenbildwelt manifestieren 214 1.2.2 Kommunikationsanlässe generieren 215 1.2.3 Leistungen modifizieren/ innovieren 216 1.2.4 Markenwirkung kontrollieren 217 1.2.5 Zusammenfassende Übersicht 218 1.3 Optionen für Marken mit fragmentierten Markenbildwelten 219 1.3.1 Markennamen visualisieren 220 1.3.2 Re-Branding-Strategien evaluieren 221 1.3.3 Markenbildwelt modifizieren 222 1.3.4 Zusammenfassende Übersicht 222 1.4 Abschließende Gesamtübersicht 223 2. 225 Implikationen für die Markenforschung Anhang 227 Literaturverzeichnis 243 Abbildungsverzeichnis Abb. A-1: Die Bedeutung der Dienstleistungsmarke aus der Sicht der Wirtschaft 1 Entwicklung der Neuanmeldungen von Dienstleistungsmarken in Deutschland 2 Abb. A-3: Die stärksten Marken der Welt 3 Abb. A-4: Branchenspezifischer Anteil des Markenwerts am Gesamtunternehmenswert 4 Relevanz der Entscheidungsgründe für den Wechsel eines Telekommunikationsanbieters (in der Einschätzung von Telekommunikationsdienstleistern) 6 Markenrelevanz und Werbeintensität der Telekommunikationsbranche im Vergleich: Stand und Entwicklungsprognose 8 Vereinfachte Darstellung des Zusammenhangs von Marke, Markenbild und Markenassoziationen am Beispiel klassischer Konsumartikel und Telekommunikationsdienstleistungen 9 Abb. A-2: Abb. A-5: Abb. A-6: Abb. A-7: Abb. A-8: Abb. A-9: Auswahl relevanter Arbeiten der Marketingliteratur zum Themenbereich Service Branding 12 Zielkatalog der Arbeit 18 Abb. A-10: Markenmanagement als geeignete Form der Marktbearbeitung für Telekommunikationsdienstleistungen 22 Abb. A-11: Forschungsprozess und angewandte Methodik 26 Abb. A-12: Aufbau und Struktur der Arbeit 29 Abb. B-1: Abb. B-2: Abb. B-3: Abb. B-4: Umfeld der Marken für Telekommunikationsdienstleistungen 31 Zeittafel: Meilensteine der Entwicklung des Telekommunikationsmarktes in Deutschland 33 Quantitative Entwicklung der Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen in Deutschland 34 Weltmarktanteil und Struktur des deutschen Telekommunikationsmarktes 2003 38 XIV Abb. B-5: Abbildungsverzeichnis Hauptsegmente des deutschen Telekommunikationsdienstleistungsmarktes 2003 39 Abb. B-6: Entwicklung des deutschen Festnetzmarktes 40 Abb. B-7: Entwicklung des deutschen Mobilfunkmarktes 42 Abb. B-8: Vereinfachte Wertschöpfungskette des Marktes für Telekommunikationsdienstleistungen aus Sicht der Schlüsselanbieter Netzbetreiber und Service Provider 45 Anbietertypen des Telekommunikationsmarktes 46 Abb. B-9: Abb. B-10: Entwicklung vom Verkäufer- zum Käufermarkt 47 Abb. B-11: Generische markenstrategische Ausgangssituationen auf liberalisierten Märkten 49 Abb. B-12: Austauschbarkeit der Markenauftritte: Auswahl an Claims, Testimonials und Werbeträgern in der Kommunikation deutscher Telekommunikationsdienstleister (1998-2004) 55 Abb. B-13 Stärke der Markenbindung im deutschen Mobilfunkmarkt 58 Abb. B-14 Die Telekommunikationsindustrie als Top-Werbebranche 59 Abb. B-15 Ursachen für Kooperationsprobleme mit Werbeagenturen 66 Abb. B-16: Herausforderung strategische Markenabgrenzung 68 Abb. B-17: Herausforderung nachhaltige Markenprofilierung 69 Abb. B-18: Herausforderung wirkungseffiziente Markenkommunikation 70 Abb. B-19: Herausforderung operative Umsetzung 71 Abb. C-1: Stufen der Markenentwicklung 77 Abb. C-2: Markenverständnis deutscher Unternehmen 79 Abb. C-3: Interpretationen der Begriffe Marke und Markenmanagement anhand beispielhaft ausgewählter Literatur 80 Zentrale Erklärungsansätze zur Marke in der Marketingtheorie 81 Abb. C-5: Semiotisches Markenschema 86 Abb. C-6: Das S-O-R Paradigma als Grundmodell kognitionspsychologischer Markenansätze 88 Markentreppe: schematische Entwicklungsstufen vom Produkt zur Marke 90 Abb. C-4: Abb. C-7: Abbildungsverzeichnis Abb. C-8: Abb. C-9: XV Formale Dienstleistungsdefinitionen und Klasseneinteilungen im internationalen Markenrecht und in der internationalen amtlichen Statistik 93 Übersicht über produktionsphasenbezogene Charakteristika von Dienstleistungen aus verschiedenen Definitionsansätzen 95 Abb. C-10: Typologisierung von Absatzobjekten nach ENGELHARDT/ KLEINALTENKAMP/ RECKENFELDERBÄUMER und deren Erweiterung durch MEFFERT 96 Abb. C-11: Grundsätzliche Perspektiven auf die Dienstleistungsmarke 99 Abb. C-12: Operative Ansätze zur Markierung von Dienstleistungen 101 Abb. C-13: Potentielle Wahrnehmungsphasen eines Dienstleistungsmarken-Stimulus aus Kundensicht 103 Abb. C-14: Interne und externe Voraussetzungen für das Service Branding 105 Abb. C-15: Service-Brand-Power als Zielgröße des Service Branding 107 Abb. C-16: Visualisierung der Positionierung am Beispiel ausgewählter US-Unternehmensberatungsfirmen 110 Abb. C-17: Service-Branding-Triade: Schlüsselsignale der Dienstleistungsmarke 111 Abb. C-18: Antriebsorientierte Generatoren der Service-Brand-Power 115 Abb. C-19: Markenbekanntheit und Markenimage als Generatoren der Service-Brand-Power 116 Abb. C-20: Visuelles und verbales Markenwissen als Generatoren der Service-Brand-Power 117 Abb. C-21: Vergleich der Recallfähigkeit bei visueller und verbaler Stimulation 118 Abb. C-22: Verhaltensorientierte Indikatoren der Service-Brand-Power 120 Abb. C-23: Kognitionspsychologisches Wirkungsmodell des Service Branding 122 Abb. C-24: Ansatz zur Systematisierung markentechnischer Besonderheiten des Service Branding 123 Abb. C-25: Beispielhafte produkt- bzw. leistungsbezogene visuelle Elemente innerer Markenbilder in Abhängigkeit von der Immaterialität des Markenprodukts 125 XVI Abbildungsverzeichnis Abb. C-26: Beispielhafter Vergleich leistungsbezogener Ansatzpunkte zum Aufbau verbalen Markenwissens in Abhängigkeit von dem wahrgenommenen Immaterialitätsgrad der Leistung 128 Abb. C-27: Markentechnische Besonderheiten des Service Branding aus kognitionspsychologischer Perspektive 129 Abb. C-28: Dienstleistungstypologie aus kognitionspsychologischer Perspektive 131 Abb. C-29: Markenstrategische Basisalternativen am Beispiel von Bankdienstleistungen 135 Abb. C-30: Aufbau innerer Markenbilder als zentrale Aufgabe des Service Branding 137 Abb. C-31: Situative Schwerpunktthemen des Service Branding aus kognitionspsychologischer Sicht 138 Abb. C-32: Kognitionspsychologisches Wirkungsmodell des virtuellen Service Branding 144 Abb. D-1: Auswahl und Aufbau der Fallstudien 148 Abb. D-2: Arcor: Kurzprofil 149 Abb. D-3: Arcor: Schlüsselsignale der Marke (Name, Zeichen, Schlüsselbild („Rotschopf“), Claim) 151 Arcor: Werbekampagnen1998 (Markteinführung), 2001 (DSL), 2003 (DSL-Flatrate) 152 Abb. D-5: debitel: Kurzprofil 154 Abb. D-6: debitel: Schlüsselsignale der Marke 157 Abb. D-7: debitel: Werbekampagne (Print) 2002, 2004 158 Abb. D-8: E-Plus: Kurzprofil 160 Abb. D-9: E-Plus: Schlüsselsignale der Marke 162 Abb. D-4: Abb. D-10: E-Plus: Werbekampagnen Print, Internet, TV 163 Abb. D-11: mobilcom: Kurzprofil 165 Abb. D-12: mobilcom: Schlüsselsignale der Marke 168 Abb. D-13: mobilcom: Werbekampagnen in der Startphase und nach Sanierung des Unternehmens 169 Abb. D-14: O2: Kurzprofil 170 Abbildungsverzeichnis XVII Abb. D-15: O2: Schlüsselsignale der Marke O2 172 Abb. D-16: O2: Werbekampagnen 2002 (Markenwechsel), 2003 (Genion) 173 Abb. D-17: Vodafone D2: Kurzprofil 176 Abb. D-18: Vodafone D2: Schlüsselsignale der Marke 178 Abb. D-19: Von Mannesmann bis Vodafone: Entwicklung eines Markenzeichens (1992-2002) 179 Abb. D-20: Yello Strom: Kurzprofil 183 Abb. D-21: Yello Strom: Schlüsselsignale der Marke 185 Abb. D-22: Yello Strom: Print-Werbekampagnen 1999 (Markteinführung: Dramatisierung Markenidee), 2000 (Fußball-WM: Dramatisierung „einfacher Wechsel“) und 2004 (Dramatisierung „Preis“) 186 Abb. D-23: E.ON: Kurzprofil 188 Abb. D-24: E.ON: Schlüsselsignale der Marke 189 Abb. D-25: E.ON: Print-Werbekampagnen 2000 (Markteinführung: Dramatisierung Markenname und Farbe), 2001 (Image und Produktwerbung) und 2003 (Schaffung einer „OnCommunity“) 191 Abb. D-26: Integrierte Markenbildwelt am Beispiel von E-Plus: Bedeutungszusammenhänge und -wirkungen der Schlüsselsignale 195 Abb. D-27: Teilintegrierte Markenbildwelten im Vergleich: Bedeutungszusammenhänge und -wirkungen der Schlüsselsignale 197 Abb. D-28: Übersicht: Vergleich der Markenbildwelten nach dem Grad ihrer Integration 199 Abb. D-29: Gesamtübersicht: Bewertung der Fallobjekte und Beurteilung der Hypothesen 203 Abb. E-1: Abb. E-2: Vereinfachte Darstellung der Wirkungszusammenhänge zwischen den Kernelementen der selbstreferentiellen virtuellen Markenbildwelt 210 Maximen zu Aufbau und Einführung selbstreferentieller Markenbildwelten 213 XVIII Abb. E-3: Abbildungsverzeichnis Manifestation der kreativen und strategischen Leitidee in Form eines Marken-Codes am Beispiel Yello Strom 215 Wirkungsmodell des virtuellen Service Branding als Controlling-Tool 218 Abb. E-5: Maximen zur Pflege selbstreferentieller Markenbildwelten 219 Abb. E-6: Maximen zur Evaluierung von Optionen für Marken mit fragmentierten Markenbildwelten 223 Zusammenfassung: Integriertes virtuelles Service Branding als situativer Entscheidungsprozess 224 Abb. E-4: Abb. E-7: Abb. An-1: Interviewleitfaden 227 Abb. An-2: Begleitende Informationen zum Interviewleitfaden 228 Abkürzungsverzeichnis ARPU Average Revenue Per User DL Dienstleistung(s) DTAG Deutsche Telekom AG GSM Global System for Mobile Communication IG Investitionsgüter ISDN Integrated Services Digital Network PoS Point of Sale RegT Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post TK Telekommunikation(s) UMTS Universal Mobile Telecommunications System US United States USP Unique Selling Proposition vs. versus WAP Wireless Application Protocol WWW World Wide Web A Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker 1. Service Branding in Praxis und Forschung 1.1 Allgemeine Entwicklung und aktuelle Situation Starke Marken sind die Stars in der Welt der Wirtschaftsgüter. Markant und unverwechselbar bringen sie die vielfältigen Eigenschaften eines Leistungsangebots auf einen Punkt. Starke Marken sind Wahrnehmungsanker, die in den Köpfen der Kunden Bilder und Emotionen, Wünsche und Erinnerungen hervorrufen, die oftmals weit über die funktionalen Eigenschaften eines Produkts hinausgehen. Des sich hieraus ergebenden Erfolgspotentials des modernen Markenmanagements sind sich die Anbieter auf Konsum- und Gebrauchsgütermärkten längst bewusst: Im harten Verdrängungswettbewerb substantiell austauschbarer Produkte gehören professionell und konsequent geführte Marken zu den wenigen konstanten Erfolgsfaktoren, die einen wertvollen Beitrag zur Differenzierung und Kundenbindung leisten1. Aber wie sieht es im Bereich Dienstleistungen aus? „Marke und gute Dienste sind das A und O.“ Roland Berger, Unternehmensberater, über den deutschen Telekommunikationsmarkt „Von allen Assets, auf die McDonald’s seinen Erfolg der letzten Jahre zurückführen kann, ist der Wert seiner Marke einer der wichtigsten.” Reto Egger, Chief Operating Officer McDonald’s Suisse „Der Bankenmarkt ist durch eine starke Verunsicherung der Verbraucher und einen massiven Wettbewerb geprägt. In diesem Umfeld stellt der Markenaufbau für die Advance Bank die entscheidende Strategie dar.” Hans-Jürgen Raab, Vorstandssprecher Advance Bank „Wir stehen vor der Sättigung des Mobilfunkmarktes. In Zukunft wird es vor allem einen Wettbewerb der Marken geben.“ Uwe Bergheim, Chief Executive Officer E-Plus „Für Luftverkehrsunternehmen gilt, dass im Dienstleistungsmanagement der Zukunft die Marke zu den Top-3 Erfolgsfaktoren gehört.“ Hemjö Klein, Vorstandsmitglied Deutsche Lufthansa Abb. A-1: Die Bedeutung der Dienstleistungsmarke aus der Sicht der Wirtschaft2 Service Branding, die professionelle Entwicklung und Einführung von Dienstleistungsmarken, findet einerseits - nach langen Jahren eher intuitiver Marken1 2 Vgl. Tomczak/ Brockdorff 2000, S. 488. Vgl. hierzu (1) Brinkmann 2001; (2) Egger 1998, S. 170; (3) Roth/ Ickstadt 1998, S. 80; (4) Spiller 2003; (5) Klein 1998, S. 945. 2 Kapitel A entwicklung3 - in der Praxis stark zunehmendes Interesse. Denn ob Autovermieter oder Banken, Beratungs- oder Telekommunikationsunternehmen, Verkehrsbetriebe oder Wertpapierbörsen: Zahlreiche Service-Anbieter bekunden und versuchen, das intangible Produkt Dienstleistung als Markenartikel zu etablieren (Abb. A-1). Diese Tendenz spiegelt sich in der Entwicklung der patentrechtlichen Eintragungen - der juristischen Geburtsstunde jeder Marke - wider. Dienstleistungsmarken sind seit 1979 in Deutschland4 und seit 1993 in der Schweiz5 den Sachgütermarken formaljuristisch gleichgestellt.6 Anzahl der Markenneuanmeldungen (in Tausend) Dienstleistungsmarken Warenmarken 50 45 40 Anteil an Markenneuanmeldungen (in Prozent) 50 40 35 30 30 25 20 20 15 10 10 Dienstleistungsmarken 5 0 0 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 00 01 02 03 Abb. A-2: 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 00 01 02 03 Entwicklung der Neuanmeldungen von Dienstleistungsmarken in Deutschland7 In Deutschland hat sich die Zahl der jährlich angemeldeten Dienstleistungsmarken von 1980 (2.195) bis 2003 (25.728) nahezu verzwölffacht, während sich im gleichen Zeitraum die Anmeldungszahlen für Warenmarken etwa nur vervierfacht haben. Nach einem regelrechten Anmeldungsboom für Dienstleis3 4 5 6 7 Vgl. Demuth 1999, S. 33. Eine umfassende Darstellung der Dienstleistungsmarke aus juristischer Sicht gibt Schreiner 1983. Vgl. hierzu auch Mühlendahl 1995. Einen kommentierenden Überblick über die wichtigsten juristischen Aspekte im Umgang mit Dienstleistungsmarken in der Schweiz bietet Pascual 1998. Zu einer ausführlichen rechtsvergleichenden Studie unter besonderer Berücksichtigung des schweizerischen Markenrechts vgl. Landolt 1993. Deutschland und die Schweiz sind damit erst sehr spät in den Kreis der Industrienationen eingetreten, die den Schutz der Dienstleistungsmarke vorsehen. Beispielsweise wird in den USA bereits seit 1946 mit Inkrafttreten des Lanham Act die Eintragungsfähigkeit von Dienstleistungsmarken anerkannt (vgl. Schreiner 1983, S. 20 ff.). Quelle: Deutsches Patent- und Markenamt 2004, S. 109; 2002a, S. 87. Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker 3 tungsmarken Ende der 90er Jahre8 hat sich dieser Entwicklungstrend mittlerweile auf hohem Niveau konsolidiert: Im Jahr 2003 handelt es sich bei über 40 Prozent der Markenneuanmeldungen um Dienstleistungsmarken (Abb. A-2). In deutlichem Gegensatz zu dieser positiven quantitativen Entwicklung scheint es um die Qualität des Service Branding eher schlechter bestellt. Dies zeigen die Resultate zahlreicher qualitativer Analysen renommierter Markenexperten und internationaler Institute. So befindet sich laut einer von BUSINESS W EEK veröffentlichten Markenwertuntersuchung der US-Markenberatung INTERBRAND unter den 10 stärksten Marken der Welt lediglich ein Kerndienstleistungsunternehmen9 (Abb. A-3). Und gerade mal zwei europäische Dienstleister rangieren unter den Top-100-Marken.10 Gehandelter Markenwert 2003 (in Milliarden US-Dollar) 80 70 70,45 65,17 60 51,77 50 42,34 40 31,11 30 29,44 28,04 24,7 22,18 21,37 20 10 0 Coca Cola Microsoft Coca-Cola Microsoft Abb. A-3: IBM IBM GE GE Intel Intel Nokia Nokia Disney McDonald´s Marlboro Mercedes Disney McDonald‘s Marlboro Mercedes Die stärksten Marken der Welt11 In einer qualitativen Markenanalyse der Agentur YOUNG & RUBICAM, die sich auf die Befragung von über 50.000 Verbrauchern in 24 Ländern zu mehr als 12.000 Marken stützt, wurden - im Vergleich zu klassischen Markenartikeln - 8 9 10 11 Allein in den Jahren 1997 und 1998 hat sich die Zahl der Neuanmeldungen von Dienstleistungsmarken deutlich überproportional um 25,8 bzw. um 47,5 Prozent gegenüber dem jeweiligen Vorjahr erhöht. Zum Vergleich: Die Zahl der Neuanmeldungen von Warenmarken hat sich 1997 nur um 4,8 Prozent und 1998 um 8,8 Prozent gegenüber dem jeweiligen Vorjahr erhöht (vgl. Deutsches Patent- und Markenamt 1999). Zur kritischen Diskussion, inwieweit es sich bei Systemgastronomie-Ketten wie McDonald’s überhaupt um Dienstleistungsunternehmen handelt, vgl. Kapitel C 1.2.3 sowie C 3.3.1. Dies sind die britische Retail-Bank HSBC sowie die britische Nachrichtenagentur Reuters. Quelle: o.V. Business Week 2003. Die Ermittlung der Markenwerte erfolgte auf Basis der Markenwertformel des US-Markenberatungsunternehmens Interbrand. 4 Kapitel A signifikante Schwächen von Dienstleistungsmarken in den Bereichen relevante Differenzierung, Ansehen und Vertrautheit ermittelt.12 Eine Untersuchung von PRICEWATERHOUSECOOPERS/ SATTLER kommt zu dem Ergebnis, dass sich die im Rahmen von Firmenübernahmen ermittelten Markenwerte von „klassischen“ Markenartiklern, Dienstleistungsunternehmen und Industriegüterherstellern signifikant unterscheiden.13 Während im Bereich kurzlebiger Konsumgüter der Markenwert im Durchschnitt 62 Prozent des Gesamtwerts der Unternehmung beträgt, hat der Markenwert bei Dienstleistungen lediglich einen Anteil von 43 Prozent. Allerdings wird in der Analyse gerade das Wachstumspotential von Dienstleistungsmarken als besonders hoch eingeschätzt, was die Bedeutung der Marke als fundamentalen Wertfaktor eines Dienstleistungsunternehmens unterstreicht. Weit abgeschlagen folgen Industriegüterhersteller, deren Markenwert nur einen durchschnittlichen Anteil von 18 Prozent des Unternehmenswerts aufweist (Abb. A-4). Anteil des Markenwerts am Unternehmenswert (in Prozent) 60 62 50 53 40 43 30 20 18 10 0 KonsumgüterKonsumgüterunternehmen unternehmen (kurzlebige) (kurzlebige) Abb. A-4: KonsumgüterKonsumgüterunternehmen unternehmen (langlebige) DienstleistungsDienstleistungsunternehmen unternehmen IndustriegüterIndustriegüterunternehmen unternehmen (langlebige) Branchenspezifischer Anteil des Markenwerts am Gesamtunternehmenswert14 Insgesamt verdeutlicht die aktuelle Entwicklung des Service Branding zwei wesentliche und interessante Aspekte: Zum einen werden Dienstleistungsmarken - lange Zeit im Schatten einer vorwiegend qualitäts- und kostenfokussiert geführten Dienstleistungsdiskussion - von Dienstleistungsmanagern immer bewusster als Key Success Driver zur Erreichung und Sicherung starker Wettbewerbspositionen wahrgenommen.15 Insofern könnte die Aussage des franzö12 13 14 15 Vgl. Richter/ Werner 1998. Die Studie basiert auf dem 1993 von der Agentur Young & Rubicam TM Inc. entwickelten Konzept des Brand Asset Valuator. Vgl. PricewaterhouseCoopers/ Sattler 2001. Quelle: PricewaterhouseCoopers/ Sattler 2001, S. 12. Vgl. hierzu Berry (1999), der in einer branchenübergreifenden Studie über High-Performance Dienstleister die Marke als Schlüsselerfolgsfaktor des jeweiligen Geschäftsmodells evaluierte. Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker 5 sischen Markenexperten JEAN-NOËL KAPFERER aus dem Jahre 1992, dass „manche Branchen im Dienstleistungssektor [...] wohl die Bedeutung der Marke noch nicht richtig erkannt“16 haben, heute positiver formuliert lauten: Dienstleister erkennen zunehmend die Bedeutung des Service Branding und wollen sich und ihre Marktleistung als starke Marke profilieren. Andererseits aber wird deutlich, dass im gesamtwirtschaftlich dominierenden Dienstleistungssektor17 Schwierigkeiten bestehen, das strategische Erfolgspotential der Marke ebenso konsequent auszuschöpfen, wie dies seit langer Zeit auf dem Feld der klassischen Markenartikel geschieht. Im Ergebnis existieren bei Dienstleistungsmarken offenbar nicht unerhebliche Effizienz- und Wirkungsdefizite, obwohl gerade bei Dienstleistungen der Einsatz von vertrauens-, kompetenz- und sympathiegenerierenden Marken von besonderer Bedeutung ist18 - nicht zuletzt aufgrund jener spezifischen Eigenschaften, die sie von Konsumgütern unterscheiden. So bleibt nach wie vor zu konstatieren, dass viele Serviceunternehmen einen „gewissen Nachholbedarf in Sachen Marke und Marketing“19 aufweisen und die strategische Entwicklung und Einführung von Dienstleistungsmarken noch immer eher die Ausnahme als die Regel darstellt.20 Oder pointierter formuliert: Das Interesse an Dienstleistungsmarken ist hoch, die Markenwerte sind (zu) gering. 1.2 Service Branding auf dem Telekommunikationsmarkt Eine ähnliche Situation21 lässt sich auch auf dem - noch immer jungen - Markt für Telekommunikationsdienstleistungen mit den Hauptsegmenten Festnetz, Mobilfunk und Internet beobachten: Wie in zahlreichen Dienstleistungsbranchen kommt Marken auch hier eine stark wachsende Bedeutung zu. Im Zuge der vollständigen Liberalisierung des deutschen Telekommunikationsmarktes Mitte der neunziger Jahre hat die Zahl der Anbieter und damit auch der Wettbewerb drastisch zugenommen, in deren Folge sich die Branche auch zu einem der werbeintensivsten Wirtschaftsgebiete entwickelt hat.22 Während nach Aufhebung der Monopolstellung des ehemaligen staatlichen Unternehmens Deutsche Telekom die Marketingaktivitäten der Teilnehmer - insbesondere der neuen Netzanbieter und Service Provider - zunächst primär auf operative Vertriebs- und Managementkompetenz mit dem Ziel der Kundenge16 17 18 19 20 21 22 Kapferer 1992, S. 35 f. Innerhalb der Europäischen Union entfielen 2003 (15 Mitgliedstaaten) ca. 70 Prozent der Bruttowertschöpfung auf den Dienstleistungssektor (vgl. Eurostat 2004, S. 2). Vgl. hierzu beispielhaft Zeithaml/ Bitner 2003, S. 40; Tomczak/ Brockdorff 2000, S. 486; Bieger 2002, S. 8, S. 313 f.; Meyer/ Tostmann 1995, S. 12. Demuth 1999, S. 33. Zur kritischen Beurteilung der Managementqualität bei Dienstleistungsmarken vgl. Taylor 1987, S. 127; Aumüller 1994, S. 2050; Meyer/ Tostmann 1995, S. 15; Tomczak 1998, S. 28; Stauss 1998, S. 10 ff. sowie 1995; Tomczak/ Ludwig 1998, S. 48 ff. Vgl. dazu ausführlich Kapitel B. Vgl. Connect 2002, S. 109. 6 Kapitel A winnung ausgerichtet waren, ist hier zunehmend eine stärkere Gewichtung von Kundenbindungsaktivitäten zu verzeichnen: „Das Thema Kundenbindung ist für Service Provider neu.“23 Und ebenso setzt sich die Erkenntnis durch, dass der systematische Aufbau von Marken bei der Bindung, aber auch bei der Gewinnung von Kunden einen wertvollen Beitrag leisten kann. So zeigt sich in einer Branchenanalyse der Unternehmensberatung MUMMERT CONSULTING, dass Fach- und Führungskräfte von Telekommunikationsdienstleistern die Anziehungskraft der Marke auf neue Kunden höher einschätzen als etwa die des Faktors innovative Leistungen (Abb. A-5). Preis 65,9 65,9 Netzqualität 59,7 Kundenbetreuung 56,8 56,8 Marke 46,6 Innovative Leistungen 44,3 Bandbreite 38,6 38,6 Bundling 34,1 Flächendeckung 32,4 Internationalität 25,6 25,6 Abrechnungstransparenz 25,6 25,6 Serviceflexibilität 25,0 Datensicherheit 24,4 Empfehlung 23,9 Zukunftstechnologien 23,9 22,7 Benutzerfreundlichkeit 0 10 20 30 40 50 60 70 Anzahl der Nennungen (in Prozent) Abb. A-5: Relevanz der Entscheidungsgründe für den Wechsel eines Telekommunikationsanbieters (in der Einschätzung von Telekommunikationsdienstleistern) 24 Hinter diesem Entwicklungstrend - von einem eher „quantitativen“ zu einem „qualitativen“ Vermarktungskonzept der Dienstleistung Telekommunikation steht die Überzeugung, dass vor allem mit Hilfe des Instruments Marke stabile Grundpräferenzen bei bestehenden und potentiellen Kunden aufgebaut werden können, während die vordergründige Kommunikation von Preisangeboten mittel- und langfristig kein Überleben sichern kann.25 Dabei sind die Funktionen, die der Marke bei der Vermarktung von Telekommunikationsdienstleistungen zukommen, vielfältig. Zum einen ist es gerade aufgrund der Eigenschaften des 23 24 25 Thorsten Grenz, Vorstandsvorsitzender Mobilcom AG, zitiert nach Müller 2004. Quelle: in Anlehnung an Mummert Consulting 2003, S. 71. Die Ergebnisse basieren auf einer im November 2003 durchgeführten Befragung von 278 Fach- und Führungskräften von Carriern und Service Providern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Kögler 1999, Expertengespräch. Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker 7 intangiblen Produkts notwendig, dem Konsumenten überhaupt einen kognitiven Zugang zur Leistung zu ermöglichen und so dem Angebot ein „Gesicht“ zu geben. Denn aufgrund der hohen Abstraktheit und Komplexität unterliegen Telekommunikationsdienstleistungen und deren Qualitäten einer generellen Wahrnehmungs- und Beurteilungsproblematik auf Seiten des Kunden und umgekehrt, auf Seiten des Anbieters, einer entsprechenden generellen Vermittlungsproblematik. Zum anderen ist es ebenfalls aufgrund der Intangibilität,26 aber gerade auch in der konsumentenseitigen Entscheidungssituation beim Abschluss eines ein- oder mehrjährigen Vertrages über Telekommunikationsdienstleistungen erforderlich, das wahrgenommene Entscheidungsrisiko des Kunden zu reduzieren und auf diese Weise Sicherheit und Vertrauen zu vermitteln.27 Schließlich kann gerade die Marke zu einer nachhaltigen Differenzierung im Telekommunikationswettbewerb beitragen, da die Dienstleistungen der verschiedenen Anbieter - bis auf Angebotstiefe und -breite sowie Preisunterschiede bei einzelnen Leistungen - mehr oder weniger ähnlich sind.28 Aber auch die Struktur des Telekommunikationsmarktes und der sich hieraus ergebende horizontale wie vertikale Markenwettbewerb erfordern die Notwendigkeit profilierter Dienstleistungsmarken: So kommt etwa ein Kunde, der ein Nokia-Handy mit einem Mobilfunkvertrag von Vodafone über den Service Provider debitel erwirbt, bei einer Kaufentscheidung mit einer Angebotskombination dreier Marken in Kontakt. Und nicht selten stellt sich die Wahl des Service Providers oder des Netzanbieters als Folgeentscheidung der Hardwarewahl dar.29 Dass dennoch dem Konsumenten die Dienstleistungsmarken des Telekommunikationsbereichs allmählich vertraut werden, belegt eine empirische Studie von MCKINSEY/ MCM,30 nach der die Bedeutung der Marke im Branchenvergleich - bereits oder erst - eine mittlere Position einnimmt (Abb. A-6). Einerseits spricht dieses Ergebnis für die Interpretation einer schon mittleren Position, da es angesichts der völligen Markenirrelevanz in der Zeit des Monopolmarktes und des relativ kurzen Zeitraums seit der Liberalisierung die rasant zunehmende Gewichtung der Marke dokumentiert. Und dass auch in Zukunft von einer weiter zunehmenden Bedeutung der Dienstleistungsmarke im Telekommunikationsbereich bei weiter steigenden Werbeausgaben ausgegangen werden kann, ist die vielfache Meinung von Branchenexperten. Als Ursache kann hier der noch immer nicht abgeschlossene Entwicklungsprozess der Nachfrager gesehen werden, das Denken in Marken auf ehemaligen Monopolmärkten zunächst einmal erlernen zu müssen.31 Ferner kann - aus Anbieter26 27 28 29 30 31 In einer experimentellen Studie weisen Laroche et al. den signifikanten Wirkungszusammenhang zwischen zunehmender Intangibilität einer Leistung und höherem wahrgenommenem Risiko des Konsumenten nach (vgl. Laroche et al. 2004, S. 373ff). Vgl. hierzu Zeithaml/ Bitner 2003, S. 40; Meyer/ Tostmann 1995, S. 12; Stauss 1994, S. 93. Nuber/ Binggeli 1998, S. 165. Kögler 1999, Expertengespräch. Vgl. McKinsey & Company/ MCM Marketing Centrum Münster 2002, S. 26 ff. Kögler 1999, Expertengespräch. 8 Kapitel A sicht - davon ausgegangen werden, dass kontinuierliche bzw. zunehmende Investitionen in die Marke mittel- und langfristig über ihren Einfluss auf die Kontextfaktoren die Markenrelevanz selbst verändern können.32 Markenrelevanz Automobil Bekleidung Nahrungsmittel und Getränke Banking & Asset Management Gesundheit Transport und Logistik Einzelhandel Telekommunikation Medien und Unterhaltung Versicherungen PCs/ Software Energie Durchschnittliche Werbeintensität der Branche Abb. A-6: Markenrelevanz und Werbeintensität der Telekommunikationsbranche im Vergleich: Stand und Entwicklungsprognose33 Andererseits aber spricht das Ergebnis der Studie vor dem Hintergrund der enormen Werbeintensität für die Interpretation einer erst mittleren Position der Markenrelevanz. In diesem Zusammenhang regt die Studie - als Momentaufnahme betrachtet - dazu an, auch hier die Wirkungseffizienz von Marken und Werbeausgaben kritisch zu hinterfragen. Diese Einschätzung wird auch durch aktuelle Umfragen bestätigt, nach denen beispielsweise drei von vier Kunden des Mobilfunkbereichs bereit sind, sofort den Anbieter zu wechseln, wenn ihnen ein kostengünstigeres Angebot unterbreitet würde.34 Demnach ist es (auch) im Telekommunikationsbereich um die tatsächliche Markenbindung35 und die erforderliche nachhaltige Manifestation der Dienstleistungsmarke in den Köpfen der Konsumenten eher schwach bestellt. 32 33 34 35 Vgl. McKinsey & Company/ MCM Marketing Centrum Münster 2002, S. 27. Quelle: in Anlehnung an McKinsey & Company/ MCM Marketing Centrum Münster 2002, S. 27. Bei Prepaid-Kunden liegt dieser Anteil sogar bei 80 Prozent (vgl. Stollberger 2004). Vgl. o.V. Systems World 2004. Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker 9 Dennoch ist insgesamt zu konstatieren, dass die Relevanz von Dienstleistungsmarken auf Telekommunikationsmärkten sowohl auf der Seite der Anbieter als auch der Nachfrager stark zunimmt. Dabei begründen insbesondere die Eigenschaften von Telekommunikationsdienstleistungen die Notwendigkeit starker Marken, sie stellen gleichzeitig aber auch spezielle An- und Herausforderungen an die Markengestaltung. Gerade im Vergleich zu Markenartikeln des klassischen Konsumgüterbereichs wird deutlich, dass Marken für Telekommunikationsdienstleistungen besonderen Schwierigkeiten unterliegen, relevante innere Vorstellungs- bzw. Markenbilder und Assoziationen in den Köpfen der Konsumenten hervorzurufen (Abb. A-7). Marke/ Logo leistungsbezogenes Markenbild leistungsbezogene Markenassoziationen Getränk koffeinhaltig erfrischend kultig ... ? Abb. A-7: ? Vereinfachte Darstellung des Zusammenhangs von Marke, Markenbild und Markenassoziationen am Beispiel klassischer Konsumartikel und Telekommunikationsdienstleistungen So weist etwa der Markenname oder das Logo eines klassischen Konsumartikels den Nachfrager auf ein physisches Produkt hin, dessen Design und Eigenschaften unmittelbar zum Aufbau eines inneren Markenbildes beitragen und markenrelevante Assoziationen wecken können. Dagegen stellen Markennamen oder -zeichen von Telekommunikationsanbietern lediglich eine Verbindung zu einer nicht-physischen, abstrakten und daher kognitiv schwer wahrzunehmenden Dienstleistung her, deren „Gestaltung“ und Eigenschaften den Aufbau eines inneren Markenbildes und die Bildung von Assoziationen nicht oder kaum unterstützen können. In der Folge kommt es dazu, „dass die Konsumenten die Marken zwar kennen, aber mit ihnen nichts verbinden können“36, woraus zwangsläufig ein Mangel an Möglichkeiten resultiert, unterschiedliche Marken relevant zu differenzieren und das Markenwahlverhalten entsprechend auszurichten.37 Telekommunikationsdienstleister stehen daher vor der Herausforderung, Marken für intangible, abstrakte und komplexe Leistungen als assoziationsbildende Wahrnehmungsanker zu 36 37 Brasch 1999, Expertengespräch. Vgl. hierzu auch Richter/ Werner 1998, S. 27 f. 10 Kapitel A etablieren, die insbesondere den Aufbau relevanter innerer Markenbilder im Gedächtnis der Konsumenten unterstützen und zur präferenz- und vertrauensbildenden Funktion der Marke beitragen. Vor diesem Hintergrund sowie der hohen Dynamik der Branche erweist sich der Markt für Telekommunikationsdienstleistungen als interessanter situativer Kontext zur Untersuchung des Service Branding, insbesondere zur Analyse der Zusammenhänge zwischen spezifischen Dienstleistungscharakteristika sowie der Entstehung und Wirkung innerer Markenbilder. 1.3 Stand der Forschung: Ein themenbezogener Überblick Markenmanagement und Dienstleistungsmarketing sind seit langen Jahren zentrale Themen in der Marketingforschung und -praxis. Dennoch erfährt das Schnittstellenthema Service Branding - trotz des offensichtlichen Bedarfs an problemorientierten Handlungsempfehlungen - in der Standardliteratur zur Markenführung38 nur eine relativ geringe Berücksichtigung. In den zahlreichen US-amerikanischen sowie deutschsprachigen Standardwerken lassen sich verschiedentlich Hinweise zu der grundsätzlichen Möglichkeit finden, neben tangiblen Produkten auch Dienstleistungen markieren zu können.39 Bereits 1939 formulierte der deutsche Markenpionier, HANS DOMIZLAFF, in seinem Klassiker „Die Gewinnung des öffentlichen Vertrauens“, dass Markentechnik grundsätzlich für jedes beständige Ziel nutzbar gemacht werden könne, welches irgendwie von der öffentlichen Meinung abhängig sei40 - und damit nicht nur für das klassische Konsumgut. Ein halbes Jahrhundert später ist Service Branding - auch aufgrund veränderter rechtlicher Rahmenbedingungen - sehr viel stärker in den Vordergrund gerückt, was JOHN MURPHY als einen zentralen Schritt in der Entwicklung des Markenwesens bezeichnet: „ [...] the concept of branded goods has been extended successfully to embrace services. Thus the providers of financial, retail or other services can now generally treat them as branded products, provided they are distinguished from those of competitors. Thus service brands now generally enjoy the same statutory rights as product brands“41. Und RUSSEL TAYLOR stellt fest, dass „in exactly the same way as Coca-Cola has developed a unique and protectable aura around his particular tangible version of syrup and carbonated water, so a similar unique 38 39 40 41 Auf eine - auch nur ansatzweise - Systematisierung dieser Werke muss hier verzichtet werden, da die Zahl der Buch- und Zeitschriftenartikel, die bereits 1960 auf 4000 geschätzt wurde, auch aufgrund der zunehmenden Interdisziplinarität des Themas Marke heute kaum noch überschaubar ist (vgl. Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 15). Erstaunlicherweise reduziert der Deutsche Markenverband e.V. Markenartikel noch immer auf klassische Herstellermarken mit Schwerpunkt Konsumgütermärkte, d.h. Verbrauchs- und Gebrauchsgüter (vgl. hierzu Bruhn 1994, S. 19 f.). Dies aber ist „heute kaum noch akzeptabel und wird den vielfältigen Markenangeboten nicht gerecht“ (Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 18). Domizlaff 1982, S. 78. Murphy 1987, S. 1. Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker 11 and protectable aura can be built for an intangible service“42. Aber wenngleich immer wieder postuliert wird, dass die Marke gerade auch für Dienstleister ein zentrales Instrument zur Differenzierung des Angebots darstellt,43 beziehen sich die meisten Arbeiten - mehr oder weniger explizit - auf den klassischen Markenartikel. In Werken jüngeren Datums wird das Forschungsgebiet „Marken für Produkte ...“ oftmals um den Begriff „ ...und Dienstleistungen“ ergänzt,44 meist unkommentiert oder selten mit dem Hinweis, dass die jeweiligen Erkenntnisse durchaus auch auf Dienstleistungsmarken übertragbar sind. Eine systematische Aufarbeitung konstitutiver Dienstleistungscharakteristika sowie die Erforschung hieraus erwachsender spezifischer Implikationen oder praxisrelevanter Problemsituationen wird jedoch in der Haupt- und Standardliteratur zur Marke weitgehend vernachlässigt. Während Service Branding auch in der Standardliteratur des allgemeinen Marketing bislang nur am Rande erwähnt wird,45 findet es in jüngster Zeit zunehmenden Eingang in die Literatur des Dienstleistungsmarketing.46 Die explizite wissenschaftliche Auseinandersetzung findet jedoch vornehmlich auf Ebene von Fachartikeln und amerikanischer Journalforschung statt, deren - für den deutschsprachigen Raum - bislang umfassendster Überblick die Publikation von TOMCZAK et al.47 bietet. Dabei lassen sich drei grundsätzliche Ansätze bzw. Schwerpunkte bisheriger Forschungsergebnisse und Arbeiten unterscheiden,48 eine Auswahl derer Abbildung A-8 zeigt: Allgemeiner Fokus: Arbeiten dieser Kategorie befassen sich mit allgemeinen Grundfragen der strategischen Führung von Dienstleistungsmarken. Die Besonderheiten werden dabei primär aus der Perspektive des Dienstleistungsmarketing erarbeitet mit dem Ziel, aus den Spezifika der Dienstleistung allgemeine Implikationen für das strategische Markenmanagement abzuleiten und in geeignete Anwendungsempfehlungen umzusetzen; Problemorientierter Fokus: Im forscherischen Mittelpunkt dieser Arbeiten stehen spezifische strategische und/oder operative Problemstellungen des Managements von Dienstleistungsmarken. Neben - noch wenigen - integrierten und dienstleistungsorientierten Ansätzen finden sich hierunter auch eine Vielzahl von Arbeiten, die vorhandene Forschungsergebnisse des „klassischen“ Markenmanagements für Konsumgüter auf Dienstleistungen übertragen und anzuwenden versuchen; 42 43 44 45 46 47 48 Taylor 1987, S. 128. Vgl. hierzu bspw. King 1991, S. 7; Berry/ Parasuraman 1992, S. 148. Als Beispiele einer stellenweise impliziten und (daher) nicht weiter erörterten, um Dienstleistungen erweiterten Markenbetrachtung vgl. bspw. Kapferer 1992; Aaker 1996; Meffert/ Burmann 1996; Herrmann 1999; Sattler 2001; Esch 2004. Vgl. hierzu bspw. Meffert 2000, S. 1159 ff.; Kotler et al. 2003, S. 611 f. Vgl. hierzu insbesondere Meffert/ Bruhn 2003, S. 394 ff. Tomczak/ Schögel/ Ludwig 1998. Vgl. hierzu auch Tomczak/ Ludwig 1998, S. 49 f. 12 Kapitel A Situativer Fokus: Forschungsarbeiten dieser Kategorie nähern sich dem For- schungsfeld über die Betrachtung spezifischer Besonderheiten einer konkreten Branche und tragen so primär zu einem situativ zu relativierenden Erkenntnisgewinn für das Markenmanagement bei. Hierunter befinden sich auch zahlreiche einzelfallorientierte Darstellungen des Service Branding, die spezifische Besonderheiten, Implikationen und Umsetzungsmaßnahmen in konkreten Dienstleistungsunternehmen dokumentieren.49 Fokus Allgemeiner Fokus Problemorientierter Fokus Forschungsziel Markenmanagement für Dienstleistungen Forschungsthematik Autor Grundlagen und Besonderheiten der Dienstleistungsmarke Graumann 1983 Dibb/ Simkin 1993 Stauss 1994, 1995, 1998, 2001 Tomczak/ Brockdorff 2000 Strategische Markenführung für Dienstleistungsunternehmen Berry/ Lefkowith/ Clark 1988 Tomzcak/ Ludwig 1998 Berry 2000 Kommunikations - und Kommunikation von Dienstleistungsmarken Werbestrategien für intangible Leistungen Phasenspezifische Kommunikation der Dienstleistungsmarke Integrierte Markenkommunikation für Dienstleistungs unternehmen George/ Berry 1981 Berry/ Clark 1986 Legg/ Baker 1987 Padgett/ Allen 1997 Maier/ Tostmann 1995 Esch 1998, 2001a, 2001b Markenzeichengestaltung für Deichsel 1998 Dienstleistungsunternehmen Markentransfer bei Transfer von Dienstleistungsmarken Dienstleistungen Management von Markensystemen Situativer Fokus Abb. A-8: 49 Branchenspezifische s Markenmanagement für Dienstleistungen Sattler 1998 Markensysteme im Touristikmarkt Ludwig 2001 Profilierung in vertikalen Systemen Meffert 2002 Markenm anagement für Bankdienstleistungen Weber 1992 Cramer 1994 Brauer 1997 Vogler 1998 Maier 1999 Markenm anagement im Handel Ahlert 2000 Auswahl relevanter Arbeiten der Marketingliteratur zum Themenbereich Service Branding Vgl. hierzu bspw. Besig/ Maier/ Meyer 1996 (Bayerische Hypotheken- und Wechselbank); Egger 1998 (McDonald’s); Kernstock 1998 (Lufthansa, Star Alliance); Nuber/ Binggeli 1998 (Swisscom); Payer 1998 (Schweizerische Bankgesellschaft UBS); Römer 1998 (Kuoni Reisen); Sandrock 1998 (British Airways); Wilhelm 1998 (Mannheimer Versicherungen). Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker 13 Im Bereich allgemeiner Forschungsarbeiten nimmt die 1983 erschienene Veröffentlichung von GRAUMANN50 eine wissenschaftliche Vorreiterrolle ein. Der Autor stellt grundsätzliche Erkenntnisse über die Entwicklung, die Klassifikations- und Einsatzmöglichkeiten von Dienstleistungsmarken aus absatzwirtschaftlicher Sicht dar und liefert erste Erkenntnisse und Ideen zu der Frage, welche spezifischen Herausforderungen Dienstleistungen - im Unterschied zu Konsumgütern - an das Markenmanagement stellen.51 In der Folge führen bis heute eine Reihe von Autoren eine kritische Diskussion der Besonderheiten von Dienstleistungsmarken,52 als deren Ergebnis vor allem mit den Problemen der Visualisierung der Marke53, der Gewährleistung von Qualitätskonstanz54 sowie der Schaffung von Phantasiemarken55 drei zentrale und spezifische Herausforderungen für die Markenführung von Dienstleistungen abgeleitet werden können.56 Dennoch gehen die Beurteilungen dessen, ob Dienstleistungsmarken aufgrund ihrer Spezifika schwieriger zu managen sind als Konsumgütermarken,57 in der Literatur auseinander. So befindet etwa STAUSS, dass „der Stellenwert der dienstleistungsbezogenen „Besonderheiten“ im Markenmanagement nicht sehr hoch zu veranschlagen ist“, räumt aber gleichzeitig ein, dass Dienstleister im Hinblick auf ein professionelles Markenmanagement noch viel zu lernen haben.58 Andere Autoren beurteilen dagegen die Herausforderung, Marken für immaterielle Leistungen aufzubauen, als hoch.59 Vor diesem Hintergrund begründen TOMCZAK/ LUDWIG60 die Notwendigkeit einer internen, externen und interaktiven Markenführung bei Dienstleistern und stellen einen integrierenden Ansatz zur strategischen Markenführung in Dienstleistungsbranchen vor, der wertvolle Anregungen zur Fokussierung und Strukturierung relevanter Fakto50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 Vgl. Graumann 1983. Hierzu entwickelt Graumann mit ökonomischen, technischen und gutspezifischen Determinanten der Markenpolitik für Dienstleistungen drei Themengruppen, in denen er dienstleistungsspezifische Herausforderungen in der Markenführung (z.B. Markierungsproblematik, Qualitätsproblematik, Synchronizität) beschreibt und erste anwendungsorientierte Lösungsansätze skizziert (vgl. Graumann 1983, S. 120 ff.). Vgl. hierzu beispielhaft Messing 1983; Dibb/ Simkin 1993; Stauss 1994, S. 79-103; 1995, S. 2-7; 1998a, S. 10-23; Meffert/ Bruhn 2003, S. 399 f. Vgl. hierzu beispielhaft Mittal 1999, S. 101 f.; Meffert/ Bruhn 2003, S. 400 f. Vgl. hierzu beispielhaft Zeithaml/ Parasuraman/ Berry 1990; Berry/ Parasuraman 1992, S. 16; Meffert/ Bruhn 2003, S. 400. Vgl. Berry/ Parasuraman 1992, S. 138 f.; Berry/ Lefkowith/ Clark 1988, S. 28 ff. Vgl. hierzu auch Meffert 2002, S. 35 ff. Vgl. hierzu beispielhaft Meffert 1994, S. 528. Die Einschätzung dieser Behauptung, die gerne zur Erklärung der relativen Schwäche von Dienstleistungsmarken aufgestellt wird, scheint jedoch eher auch eine Frage des subjektiven Standpunkts als der objektiven Wertung zu sein. Denn sicherlich handelt es sich in beiden Fällen um komplexe und anspruchsvolle Managementaufgaben, deren Erfolg maßgeblich von der Problemlösungsfähigkeit angewandter Konzepte abhängt. Vgl. hierzu auch Berry 2000, S. 136: „Despite the predisposition to think of branding in the context of tangible products, brand cultivation is just as critical for services.” Vgl. Stauss 1998, S. 20-22. Vgl. Mei-Pochtler 1998, S. 66; Richter/ Werner 1998, S. 32;Meyer/ Tostmann 1995, S. 12. Vgl. Tomczak/ Ludwig 1998, S. 48-65. 14 Kapitel A ren, Aufgaben und Ablaufprozesse des Service Branding gibt. Auch BERRY61 sieht in der interaktiven Markenführung eine zentrale Herausforderung des Service Branding. So betont der Autor in dem von ihm entwickelten „servicebranding model“ die in der Markenperformance herausragende Stellung der Service-Erfahrung des Kunden und zeigt verschiedene Grundsatzstrategien zur Optimierung des Markenwerts auf. Wie zahlreiche andere Autoren62 - insbesondere in der amerikanischen Journalforschung - geht BERRY dabei von der Dach- bzw. Unternehmensmarke als strategische Steuergröße des Service Branding aus, da gerade bei Dienstleistern das Unternehmensimage die Einzelleistungen überstrahlt: „Brand impact shifts from product to company as service plays a greater role in determining customer value“63. Alternative markenstrategische Optionen für Dienstleister, wie beispielsweise Mehrmarken-, Familienmarken- oder Markentransferstrategien, werden in jüngerer Zeit vornehmlich in der deutschen Literatur am Beispiel konkreter Branchen diskutiert.64 Das Spektrum der Arbeiten mit problem- und anwendungsorientiertem Fokus hat in den letzten Jahren erheblich an Umfang gewonnen und dokumentiert eine beginnende wissenschaftliche Spezialisierung auf dem Forschungsgebiet des Service Branding.65 Vor dem Hintergrund der identifizierten Herausforderung, Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker zu etablieren, sind dabei besonders die Forschungsarbeiten zur Kommunikation von Dienstleistungsmarken hervorzuheben, deren erste Ergebnisse und Ideen aus der amerikanischen Werbeforschung der 80er Jahre stammen. In einem frühen Beitrag thematisieren GEORGE/ BERRY66 die besonderen Probleme bei der allgemeinen werblichen Kommunikation von Dienstleistungen, die sich aufgrund dienstleistungsspezifischer Eigenschaften ergeben, und entwickeln erste Lösungsansätze.67 Es folgen weitere Arbeiten von BERRY/ CLARK68, LEGG/ BAKER69 sowie PADGETT/ ALLEN70, die sich vorwiegend mit dem Zusammenhang zwischen der 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 Vgl. Berry 2000, S. 128 f. Vgl. bspw. Berry/ Lefkowith/ Clark 1988, S. 28; Berry/ Parasuraman 1992. Berry 2000, S. 128. Vgl. Tomczak/ Ludwig 1998, S. 56; Ludwig 2001, S. 216; Meffert 2002, S. 138 f. Vgl. hierzu beispielsweise die Forschungsarbeiten zum Transfer von Dienstleistungsmarken (Sattler 1998) oder zum Management von vertikalen Markensystemen im Dienstleistungsbereich (Meffert 2002). Vgl. George/Berry 1981. Als Ursachen für die grundsätzlichen Herausforderungen in der Werbung für Dienstleistungen nennen George/ Berry die Funktion der Service-Mitarbeiter im Leistungserstellungsprozess („service is a performance“), die Variabilität sowie die Intangibilität von Dienstleistungen. Die Autoren empfehlen daher, zur Beeinflussung des Leistungserstellungsprozesses einen Teil der Werbung auf die eigenen Mitarbeiter auszurichten und zur Reduzierung des sich aus der Variabilität ergebenden wahrgenommenen Risikos des Kunden persönliche Empfehlungen zu dramatisieren sowie zur Behebung der Intangibilitätsproblematik konkrete Motive in der Werbung einzusetzen (vgl. George/ Berry 1981. S. 52 f.). Berry/ Clark 1986. Legg/ Baker 1987. Padgett/ Allen 1997. Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker 15 Intangibilität und der kommunikativen Vermittlung von Dienstleistungen bzw. Dienstleistungsmarken befassen. Alle Autoren betonen dabei - mit unterschiedlichen Akzenten71 - die Lebendigkeit („vividness“) der Werbung als zentralen Ansatz zur Kommunikation intangibler Leistungseigenschaften. Den Arbeiten ist gemein, die Überwindung dieser Intangibilitätsproblematik primär aus der Sicht des Dienstleistungsanbieters vorzunehmen, ohne dabei explizit auf spezifische kognitive Verarbeitungsprozesse des „Empfängers“ Kunde einzugehen. Dessen stärkere Einbeziehung gelingt MEYER/ TOSTMANN72, die für die deutsche Literatur einen ersten konzeptionellen Ansatz zur spezifischen Kommunikation von Dienstleistungsmarken skizzieren. Unter Hinweis auf die informatorischen Besonderheiten des Dienstleistungsprozesses plädieren die Autoren für eine 3-Phasen-Kommunikation, die der jeweiligen Informationssituation des Konsumenten gerecht wird und deren primäre Zielsetzung in der Vertrauensbildung und Emotionalisierung liegt. Ferner ist der Ansatz zur integrierten Markenkommunikation von ESCH73 hervorzuheben, der eine kognitiv orientierte Betrachtung der Dienstleistungsmarke vornimmt, ohne jedoch die spezifischen Charakteristika von Dienstleistungen und deren Auswirkungen näher zu beleuchten. Forschungsarbeiten mit situativem Fokus, welche die markenpolitischen Besonderheiten konkreter Branchen berücksichtigen, liegen vor allem für den Finanzdienstleistungssektor, aber auch den Handel vor. Im Bankenmarkt scheint die lange Zeit relativ geringer Wettbewerbsintensität und die starke Regulierung des Marktes ursächlich zu sein für das erst allmähliche und verspätete Erkennen der strategischen Bedeutung der Markenpolitik. Wichtige Anregungen und Beispiele für ein zielgerichtetes Markenmanagement von Banken stammen von W EBER, CRAMER und MEYER/ MAIER.74 Erstaunlich ist, dass entsprechende branchenfokussierte Arbeiten zu - zum Teil ähnlich strukturierten - Dienstleistungsmärkten, wie etwa dem Telekommunikations-, dem Luftverkehrs- oder dem Versicherungsmarkt bislang nicht vorliegen. Die Diskussion des Forschungsstandes mit Blick auf die vorliegende Problemstellung zeigt, dass die bisherigen Arbeiten und Ergebnisse den Themenbereich Service Branding in folgenden Punkten nur unzureichend erforschen: Vor dem Hintergrund der Praxisbedeutung vertiefen nur wenige Arbeiten managementorientierte Fragestellungen, so dass insgesamt eine Diskrepanz zwischen der Relevanz des Themas und dem Ausmaß an theoretischer 71 72 73 74 So empfehlen Legg/ Baker (1987) etwa die Dramatisierung der Werbung. Padgett/ Allen (1997) unterscheiden zwischen argumentativer und erzählender Werbung und empfehlen letztere zur Kommunikation von Dienstleistungen. Da eine Dienstleistung vom Kunden als subjektiver Erfahrungsprozess wahrgenommen wird, sei erzählende Werbung - beispielsweise in Form einer leistungsaffinen Story - in der Lage, intangible Leistungseigenschaften effektiv zu transportieren. Vgl. Meyer/ Tostmann 1995, S. 9-15. Vgl. Esch 1998, S. 104-133; 2001a, S. 599-635 sowie 2001b. Vgl. hierzu Weber 1992; Cramer 1994; Meyer/ Maier 1998. 16 Kapitel A Durchdringung zu konstatieren ist. Für Telekommunikationsdienstleistungsmärkte besteht ein grundsätzliches Defizit an Gestaltungsempfehlungen, wie Marken erfolgreich konzipiert und implementiert werden können. Service Branding eröffnet ein Spannungsfeld, das sich zwischen dienstleistungs- bzw. produktunabhängigen Erkenntnissen des traditionellen Markenmanagements und den konstitutiven Anforderungen des Dienstleistungsmanagements befindet. Bisherige Arbeiten beleuchten dieses Feld meist punktuell und widmen sich hauptsächlich einzelnen spezifischen Herausforderungen des Service Branding. Vor diesem Hintergrund ist das Fehlen eines methodischen Ansatzes festzustellen, der die Zusammenhänge und Wechselwirkungen zwischen dienstleistungsspezifischen Besonderheiten und markentechnischen Anforderungen stärker integriert und analysiert. Dienstleistungsmarken kommt die wichtige Funktion des assoziationsbilden- den Wahrnehmungsankers zu, da sich Dienstleistungen aufgrund ihrer intangiblen Abstraktheit nur schwer der Wahrnehmung des Konsumenten erschließen. Eine vertiefte Auseinandersetzung mit dieser zentralen Problematik des Service Branding fehlt in der aktuellen Literatur weitestgehend. Insbesondere mangelt es an einem methodischen Ansatz, der sowohl die Gestaltung, den Manifestationsmechanismus sowie die Wirkungsweise von Dienstleistungsmarken analysiert und in erklärenden Zusammenhang bringt. In der Folge mangelt es ebenso an Empfehlungen, wie Dienstleistungsmarken gestaltet werden können, um einen wirkungsvollen Aufbau innerer Markenbilder im Gedächtnis der Konsumenten zu ermöglichen. Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker 2. 17 Zielsetzung und Eingrenzung 2.1 Ziele und forschungsleitende Fragestellungen Entsprechend der Problemstellung sowie der evaluierten Forschungslücken besteht die generelle Zielsetzung der Arbeit darin, einen Beitrag zur Entwicklung und Einführung von Marken für Dienstleistungen und insbesondere für Telekommunikationsdienstleistungen zu leisten, um diese nachhaltig und erfolgreich im Gedächtnis der Nachfrager zu verankern. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, welche Herausforderungen und Gestaltungsmöglichkeiten vor dem Hintergrund dienstleistungsspezifischer Besonderheiten bestehen, damit Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker abstrakter und kognitiv schwer zugänglicher Markenträger den erfolgreichen Aufbau innerer Markenbilder beim Konsumenten ermöglichen und eine präferenzbildende Wirkung entfalten. Die Arbeit soll so im weiteren Sinne auch zu einer stärkeren Fundierung und Professionalisierung des Service Branding in der Theorie beziehungsweise in der Praxis beitragen und ist folglich, als anwendungsorientierter Beitrag, gleichermaßen auf zwei Zielgruppen ausgerichtet: Praktiker des Bereichs Dienstleistungsmarken, die sich in ihrer Verantwortlichkeit um die Markenführung eines Dienstleistungsunternehmens auf Managementebene mit der Etablierung von Dienstleistungsmarken beschäftigen, sowie Forscher der Bereiche Marken und Dienstleistungsmarketing, die sich aus wissenschaftlicher Sicht mit der Systematik, den Zusammenhängen und den Wirkungsweisen von Marke sowie den vermarktungsrelevanten Besonderheiten des Forschungsobjektes Dienstleistung befassen. Die notwendige Voraussetzung für die Entwicklung Erfolg versprechender und fundierter Lösungsansätze ist ein umfassendes Verständnis für die Herausforderungen und Zusammenhänge des Forschungsfeldes. Infolge dessen lassen sich aus der generellen Zielsetzung weitere Subziele ableiten, mit deren Verfolgung die Arbeit Erkenntnisfortschritte zu theoretisch-konzeptionellen und pragmatisch-problemlösungsorientierten Fragestellungen leisten soll (Abb. A9): Subziel 1: Integration und Weiterentwicklung theoretischer Ansätze Zur theoretischen Fundierung der Problemstellung sollen bestehende Ansätze des Dienstleistungsmarketing sowie des Markenmanagements bezüglich ihrer Erkenntnisse über dienstleistungsspezifische Eigenschaften und markentechnische Anforderungen vertieft analysiert werden. Im Zentrum des Erkenntnisinteresses steht hier die theoretische Fundierung grundlegender Begriffe. Eine Integration theoretischer Ansätze soll dahingehend geleistet werden, dass vorhandene Ergebnisse beider Forschungsfelder hinsichtlich möglicher Zusammenhänge und Wechselwirkungen zwischen Marke und Dienstleistung untersucht und weiterentwickelt werden. Im Mittelpunkt steht ferner die analytische Systematisierung der Herausforderungen und Be- 18 Kapitel A sonderheiten des Service Branding, besonders im Hinblick auf kognitionspsychologische Aspekte der konsumentenseitigen Wahrnehmung und Verankerung von Dienstleistungsmarken. Globalziel Beitrag zur erfolgreichen Entwicklung und Einführung von Marken für Telekommunikationsdienstleistungen durch den Aufbau innerer Markenbilder Theoretische Ziele Praxisorientierte Ziele Integration und Weiterentwicklung bestehender Ansätze zu Marke und Dienstleistung Evaluierung kognitionspsychologischer Herausforderungen und Besonderheiten im Service Branding Entwicklung eines integrierten Ansatzes zur Gestaltung, Manifestation und Wirkung von Dienstleistungsmarken Bildung theoretisch fundierter Hypothesen zur Entwicklung und Einführung von Dienstleistungsmarken Analyse markenrelevanter Rahmenbedingungen auf dem Markt für Telekommunikationsdienstleistungen Ableitung spezifischer Herausforderungen und Problemfelder bezüglich der Entwicklung und Führung von Marken für Telekommunikationsdienstleistungen Theoriegeleitete Überprüfung und Bewertung der Hypothesen im Praxiszusammenhang am Beispiel der Märkte für Telekommunikationsund Energiedienstleistungen Anwendungsorientierte Ziele Überprüfung der branchenübergreifenden Gültigkeit der ent wickelten Hypothesen Ableitung fundierter Gestaltungsempfehlungen zur erfolgreichen Entwicklung und Einführung von Dienstleistungsmarken auf dem Telekommunikationsmarkt und gegebenenfalls weiterer Dienstleistungsmärkte Abb. A-9: Zielkatalog der Arbeit Subziel 2: Entwicklung eines Wirkungsansatzes und Bildung von Hypothe- sen Da bislang eine vertiefte Auseinandersetzung und Analyse der Gestaltung, Manifestation und Wirkung von Dienstleistungsmarken fehlt, besteht ein Subziel in der Entwicklung eines integrierten Ansatzes zur Wirkung von Dienstleistungsmarken. Insbesondere gilt es, die Dienstleistungsmarke als gestalt- und wahrnehmbare Schnittstelle zwischen Dienstleistungsanbietern und -nachfragern zu beleuchten und die komplexen Entscheidungssysteme beider Ebenen in erklärenden Zusammenhang zu bringen. Auf Basis dieser integrierten Sicht auf das Forschungsfeld sowie einer vertieften Analyse der markenrelevanten Rahmenbedingungen des Telekommunikationsmarktes sind theoriegeleitete Hypothesen zur erfolgreichen Gestaltung von Dienstleistungsmarken zu deduzieren, die damit gleichzeitig als Grundlage der weiteren Forschung dienen. Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker 19 Subziel 3: Empirische Überprüfung konzeptioneller Erkenntnisse Ein weiteres Teilziel besteht darin, eine empirische Überprüfung der konzeptionell abgeleiteten Hypothesen vorzunehmen. Hierzu soll das Service Branding verschiedener Telekommunikationsanbieter als zentraler Untersuchungsgegenstand vor dem Hintergrund der theoriegeleiteten Überlegungen systematisch analysiert, verglichen und bewertet werden. Zur Überprüfung, inwieweit sich die entwickelten Hypothesen über die Telekommunikationsbranche hinaus verallgemeinern lassen, soll ferner das Service Branding von Dienstleistungsunternehmen eines weiteren Marktes, nämlich des Marktes für Energiedienstleistungen, in die Betrachtung mit einbezogen werden. Subziel 4: Implikationen für die Praxis Auf Basis der empirischen Untersuchung sollen fundierte Implikationen zur Gestaltung von Marken für Telekommunikationsanbieter abgeleitet werden, um sie erfolgreich der Wahrnehmung der Konsumenten zugängig zu machen und sie effizient und effektiv in deren Gedächtnis zu verankern. Aus diesen definierten Zielen sowie den evaluierten Forschungslücken lässt sich schließlich die Ableitung der forschungsleitenden Fragestellung sowie ihrer Spezifizierung wie folgt vornehmen: Welchen Herausforderungen unterliegen die Entwicklung und Einführung von Marken für Telekommunikationsdienstleistungen vor dem Hintergrund dienstleistungsspezifischer Besonderheiten und welche Gestaltungsmöglichkeiten bestehen, um sie erfolgreich als innere Markenbilder auslösende Wahrnehmungsanker der Dienstleistung zu etablieren und eine Steigerung der Präferenzbildung zu erzielen? Wie und unter welchen situativen Rahmenbedingungen werden Marken für Telekommunikationsdienstleistungen in der Praxis aufgebaut und geführt? Wo liegen Problemfelder in der praktischen Umsetzung? Wie lassen sich vorhandene Forschungsergebnisse aus dem Bereich des „traditionellen“ Markenmanagements sowie des Dienstleistungsmanagements vor dem Hintergrund zu erarbeitender fundierter Lösungsansätze zielführend integrieren? Welche generellen Wirkungs- und Problemzusammenhänge bestehen zwi- schen konkreten Dienstleistungscharakteristika und spezifischen Determinanten der Markenwirkung? Wie lässt sich der Manifestationsmechanismus und die Wirkungsweise innerer Markenbilder für Dienstleistungen beschreiben? Welches sind die zentralen Generatoren innerer Markenbilder? Wie lassen sich die Zusammenhänge der Gestaltung, Manifestation und Wirkung von Dienstleistungsmarken integriert darstellen? Welche zentralen Herausforderungen und Implikationen lassen sich hieraus für das erfolgreiche Service Branding von Telekommunikationsdienstleistern evaluieren? 20 Kapitel A Lassen sich Rückschlüsse auf das markenspezifische Anforderungsprofil bestimmter Dienstleistungstypen ziehen? Inwieweit lassen sich gewonnene konzeptionelle Erkenntnisse und Hypothe- sen auf das Service Branding weiterer konsumtiver Dienstleistungsbranchen übertragen? Welche Lösungsansätze und Handlungsempfehlungen lassen sich als Impli- kationen konzeptioneller Überlegungen und empirischer Überprüfung für die Praxis formulieren und wie lassen sich diese praxisgerecht systematisieren? 2.2 Eingrenzung des Forschungsthemas Aufgrund der Breite und Komplexität der vorliegenden Forschungsthematik ist eine Fokussierung des Analyseobjektes erforderlich. Diese erfolgt auf den Ebenen der problem-, unternehmens- und branchenbezogenen Limitation. Problembezogene Eingrenzung: Fokus innere Markenbilder Der Problemstellung, der identifizierten Forschungslücken sowie der zentralen Fragestellung entsprechend steht der Aspekt des Aufbaus innerer Markenbilder im Mittelpunkt der Arbeit. Aus kundenorientierter Sicht richtet sich der Fokus zunächst auf die Wahrnehmbarkeit und Wahrnehmung von Dienstleistungsmarken, um hiervon ausgehend Herausforderungen und Gestaltungsmöglichkeiten für die markenführende Dienstleistungsunternehmung abzuleiten. Wie gezeigt werden wird, besteht eine Wechselbeziehung zwischen dem Aufbau innerer Markenbilder sowie der Visualisierung der Marke und des Markenvorteils. Letztere wird in der Literatur, wie bereits dargelegt,75 vor allem neben der Gewährleistung einer markenartikelgerechten Qualitätskonstanz als zentrale Besonderheit des Service Branding gesehen. Während die Herausforderungen des Aufbaus innerer Vorstellungsbilder beziehungsweise der Visualisierung von Dienstleistungsmarken markenspezifischer Natur sind, stellt der wesentliche Aspekt der Dienstleistungsqualität allerdings eine generelle Herausforderung des Dienstleistungsmarketing dar.76 Denn anders als in hochstandardisierten Produktionsprozessen der Konsumgüterindustrie haben insbesondere Dienstleistungskunden und Mitarbeiter entscheidenden Einfluss auf das Ergebnis und damit die Qualität der Leistung. Die Gewährleistung einer kontinuierlichen Güte und Konstanz der objektiven Leistungsqualität ist daher, auch in Abhängigkeit vom jeweiligen Individualisierungsgrad, grundsätzlich nur schwer zu erfüllen77 und erfordert umfangreiche Maßnahmen in Form der Implementierung und Umsetzung eines integrierten 75 76 77 Vgl. Kapitel A 1.3. Zur Diskussion der Dienstleistungsqualität vgl. beispielhaft Zeithaml/ Parasuraman/ Berry 1990; Berry/ Parasuraman 1992, S. 16; Meffert/ Bruhn 2003, S. 400; Bieger 2002, S. 165 ff. Vgl. Stauss1998, S. 17. Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker 21 Qualitätsmanagements (Total Quality Management).78 Insofern kommt dem Qualitätsaspekt im Markenkontext eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für das erfolgreiche Service Branding zu.79 Die weiteren Ausführungen dieser Arbeit implizieren daher die Existenz eines entsprechenden Qualitätsmanagements sowie eine daraus folgende hohe Güte und Konstanz der objektiven Dienstleistungsqualität. Der Qualitätsaspekt soll daher lediglich dann thematisiert werden, wenn hierdurch ein zusätzlicher Erkenntnisgewinn für die Beantwortung der Forschungsfrage zu erwarten ist. Unternehmensbezogene Eingrenzung: Fokus strategische Markenentwicklung Die Untersuchung des Service Branding umfasst die strategische Entwicklung von Dienstleistungsmarken. Operative Aspekte der Umsetzung wie etwa rechtliche, finanzielle oder personalpolitische Fragen sind damit nicht Gegenstand der Arbeit. Gleichwohl sind im Zuge der Analyse relevanter Rahmenbedingungen sowie in der Diskussion anwendungsorientierter Implikationen und Handlungsempfehlungen Aspekte der Organisation und Steuerung der Markenführung zu berücksichtigen. Branchenbezogene Eingrenzung: Fokus Telekommunikationsdienstleistungen Die Wahl eines Branchenansatzes dient ebenfalls als Maßnahme zur erforderlichen Komplexitätsreduktion der Forschungsthematik und soll die fundiertere Bestimmung situationstypischer Herausforderungen sowie Lösungsansätze ermöglichen. Dass sich der Markt für Telekommunikationsdienstleistungen als interessanter situativer Kontext zur Erforschung des Titelthemas erweist, wurde anhand seiner Eigenschaften und Entwicklungen bereits begründet. Aber auch aus theoretischer Sicht ist dieser Markt als geeignetes, beispielhaftes Forschungsfeld zu werten, da die Leistungen der Telekommunikationsindustrie einen für das Markenmanagement geradezu idealtypischen Dienstleistungstypus darstellen. Da sie sich als konsumtive Kernleistungen institutioneller Anbieter mit der Zielsetzung des Wiederholungskaufs (Kundenbindung) direkt an Endverbraucher bestimmter Marktsegmente richten, ist Service Branding gerade für diesen Typus eine prinzipiell geeignete und Erfolg versprechende Form der Marktbearbeitung (Abb. A-10). Unterteilt man das breite Feld von Dienstleistungen zudem vereinfachend in personen- bzw. objektbezogene (wie etwa medizinische Behandlungen oder Autoreparaturen) und in abstrakte Dienstleistungen (wie etwa Finanzdienstleistungen),80 so lassen sich Telekommunikationsdienstleistungen im Zwischenbereich beider extremen Kategorien verorten. Einerseits werden sie an bzw. für 78 79 80 Vgl. Meffert/ Bruhn 2003, S. 274 f. Vgl. hierzu Aumüller 1994, S. 2054. Vgl. Bieger 2002, S. 5 ff. sowie S. 37. 22 Kapitel A Personen erbracht: Sie verbinden Personen untereinander, müssen für Personen verfügbar sein und benutzerfreundlich gestaltet werden. Andererseits aber entspricht der Charakter dieser Dienstleistung, das Bereitstellen von Netzwerken und die Konfiguration von Technologien, eher einer abstrakte Dienstleistung. Auch aus dieser Sicht lässt sich der Bereich Telekommunikationsdienstleistung als ein Anwendungsfeld charakterisieren, an dem sich neben spezifischen Anforderungen der Branche auch verschiedene allgemeine Besonderheiten des Dienstleistungsmanagements aufzeigen lassen. Abnehmer Art der Dienstleistung Endverbraucher Kerndienstleistung Konsumtive des KernUnternehmens dienstleistungen Zusatzleistung des Unternehmens Konsumtive Sekundärdienstleistungen Gewerbliches Unternehmen Fokus Wiederverkauf Key-AccountManagement Brandmanagement Projektmanagement Transaction Marketing Investive Kerndienstleistungen Investive Sekundärdienstleistungen Fokus Transaktion Fokus Einzelkunde Fokus Marktsegment Abb. A-10: Markenmanagement als geeignete Form der Marktbearbeitung für Telekommunikationsdienstleistungen81 81 Quellen: in Anlehnung an Meffert/ Bruhn 2003, S. 26 (linke Abbildung) sowie Plinke 1992, S. 10; Irmscher 1997, S. 159 (rechte Abbildung). Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker 3. 23 Forschungsmethodik und Aufbau der Arbeit 3.1 Anwendungsorientierung als methodisches Paradigma Den Ausgangspunkt dieser Arbeit bildet die identifizierte Problemstellung im Service Branding von Dienstleistungs- und insbesondere Telekommunikationsanbietern, die finale Zielsetzung besteht in der Evaluierung praxisorientierter Problemlösungen für diese Unternehmen. Somit beginnt und endet der Forschungsprozess im Praxiszusammenhang. Aus forschungsmethodischer Sicht erfolgt die Ausrichtung der Arbeit demnach unter dem wissenschaftstheoretischen Paradigma anwendungsorientierter Forschung. Dieser ganzheitliche Forschungsansatz - der von HANS ULRICH, dem Begründer des St. Galler Management Modells, geprägt wurde - stellt die Betriebswirtschaftslehre in einen streng praxisorientierten, sozialwissenschaftlichinterdisziplinären Kontext.82 Dabei besteht die primäre Zielsetzung des anwendungsorientierten Forschungsprozesses nicht - wie in theoretischen Wissenschaften - in der Erklärung und Prognose von Realität, sondern in der aktiven Gestaltung möglicher Wirklichkeiten. Dementsprechend liegt das Gütekriterium anwendungsorientierter Forschungsergebnisse nicht in der allgemeingültigen Erklärungs- und Prognosekraft entwickelter Theorien und Gesetzeshypothesen, sondern vielmehr in der pragmatischen Problemlösungsfähigkeit entwickelter Modelle und Regeln, kurz: im heuristischen Potential. Hieraus ergeben sich wesentliche konzeptionelle und methodische Implikationen. In Übertragung auf diese Arbeit bedeutet dies, die evaluierten Herausforderungen im Rahmen realitätsorientierter Marketingforschung auf dem Wege eines theoriegeleiteten Empirismus zu beschreiben, zu erklären und zu lösen.83 Vor diesem Hintergrund steht die Analyse des Service Branding von verschiedenen Telekommunikationsdienstleistern sowie von zwei Anbietern einer Vergleichsbranche im Zentrum der empirischen Betrachtung. Im Unterschied zum deduktiv-nomologischen Forschungsansatz setzt hier also der Forschungsprozess nicht nur an der Erfassung konkreter Probleme im Praxiszusammenhang an, sondern er ist auch auf die Untersuchung und Überprüfung des Anwendungszusammenhangs möglicher, über Einzelfall und Branche hinausgehender Problemlösungen ausgerichtet (empirischer Induktivismus84). Hinter diesem Vorgehen verbirgt sich die Grundidee, einerseits weder die Komplexität der Marketingrealität in allgemeingültigen, generellen Problemlösungen hinreichend berücksichtigen zu können,85 andererseits aber ebenso wenig über die 82 83 84 85 Vgl. Ulrich 1984. Vgl. hierzu Tomczak 1992, S. 83 f. Zur realitätsorientierten Marketingforschung vgl. insbesondere auch Belz 1989, S. 7 ff. sowie Belz 1993, S. 5 ff. Vgl. hierzu Tomczak 1992, S. 77. Grundsätzlich scheint die Entwicklung einer „Theorie des Service Branding“ - ähnlich dem Aufbau einer „Theorie des Dienstleistungsmarketing“ - angesichts der Heterogenität des Dienstleis(Fortsetzung der Fußnote auf der nächsten Seite) 24 Kapitel A spezifische Beobachtung eines konkreten Einzelfalls übergeordnete und übertragbare Erkenntnisse im wissenschaftlichen Sinne gewinnen zu können. Situative Forschung verfolgt daher den Mittelweg zwischen den Extremen der abstrakten Generalisierung (Theoriebildung) und der einzelfallorientierten Spezifizierung (Falllösung),86 dessen Kern in der Konkretisierung allgemeingültiger Aussagen und der Abstraktion von Einzelfallstudien besteht. Das Ziel liegt im Erkennen spezieller „Situationsmuster“, für die sich nutzbringende und realisierbare Handlungsoptionen aufzeigen lassen.87 Forschung wird dabei als Lern- und Forschungsprozess begriffen, in dessen Zentrum ein theoretischer Bezugsrahmen steht, der den Forschungsprozess steuert und Orientierungshilfen für die Lösung evaluierter Problemfelder der Managementpraxis liefern soll.88 Im vorliegenden Fall wurde der - eigentlich iterative - Forschungsprozess zur Fokussierung des Projektes vereinfachend in vier Phasen unterteilt. Die Phasen wurden dabei nicht streng sequentiell durchlaufen, da es sich bei praxisbegleitender Forschung89 um einen interaktiven Prozess im Spannungsfeld zwischen Realitätsbeobachtung, Daten- und Informationssammlung sowie theoretischer Verarbeitung handelt.90 In der ersten Phase wurden das Forschungsgebiet expliziert, die Umfeldbedingungen des Service Branding auf dem Telekommunikationsmarkt vertiefend analysiert und ein allgemeiner theoretischer Themenzugang erarbeitet. Die zweite Phase diente der Fokussierung konzeptioneller Überlegungen sowie der Formulierung von Hypothesen zur Gestaltung von Dienstleistungsmarken. Vor diesem Hintergrund wurden in der dritten Phase das Forschungsfeld in der Praxis exploriert und die entwickelten Hypothesen im Rahmen einer Fallstudienforschung evaluiert. Im Mittelpunkt der vierten Phase stand - auf Basis der konzeptionellen und empirischen Erkenntnisse - die Ableitung und Entwicklung anwendungsorientierter Gestaltungsempfehlungen (Abb. A-11). Als theoretisch-methodische Basis zur Erarbeitung des theoretischen Bezugsrahmens werden primär Theorien des Konsumentenverhaltens, insbesondere der antriebsbezogenen und kognitiven Psychologie herangezogen. Vor dem Hintergrund der Zielsetzung erweisen sich diese Ansätze als besonders geeignet, die Entstehung der Marke im Gedächtnis von Konsumenten als innerpsychischen Lern- und Bewertungsprozess darzustellen und zu analysie- 86 87 88 89 90 tungsspektrums kaum möglich bzw. sinnvoll zu sein (vgl. hierzu Meffert/ Bruhn 2003, S. 4): Zum einen ist die Ableitung allgemeingültiger theoretischer Aussagen schwer erreichbar, zum anderen würde der hierbei erforderliche Grad der Allgemeingültigkeit bzw. Generalisierung zu einer äußersten Unschärfe der Aussagen in Übertragung auf konkrete Problemsituationen der Praxis führen. Vgl. Belz 1989, S. 9. Vgl. Reinecke 1996, S. 16. Vgl. Staehle 1999, S. 79; Tomczak 1992, S. 83 f. Ulrich 1984, S. 21. Vgl. Tomczak 1992, S. 84. Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker 25 ren.91 Ergänzend zu neueren Ansätzen der Leistungstypologisierung von Absatzgütern und des Dienstleistungsmarketing kann die Informationsökonomik Hinweise zur Erklärung dienstleistungsspezifischer Besonderheiten geben und findet implizit Anwendung. 3.2 Qualitative Methodenkombination Im Mittelpunkt der empirischen Untersuchung steht die Analyse des Service Branding verschiedener Telekommunikationsdienstleister. Vor dem Hintergrund von Problemstellung, Forschungsfrage sowie der realitätsorientierten Perspektive dieser Arbeit erscheint damit der Einsatz qualitativer Forschungsmethoden insbesondere aus folgenden Gründen als sinnvoll und zielführend: Trotz der Eingrenzung des Forschungsthemas erweist sich die Problemstel- lung bzw. forschungsleitende Fragestellung der Arbeit als komplex und bereichsübergreifend. Dies erfordert die fundierte und zugleich praxisnahe Entwicklung eines strukturierten Problemverständnisses, wozu sich qualitative Erhebungsmethoden und insbesondere Expertengespräche gut eignen.92 Für die Zusammenhänge und Wechselwirkungen bei der Gestaltung, den Manifestationsmechanismen sowie der Wirkungsweise von Dienstleistungsmarken wurde eine bislang geringe theoretische Durchdringung festgestellt. Zur Exploration und Untersuchung eines solchen Forschungsfeldes erscheint qualitative Forschung besonders geeignet.93 Wie im weiteren Verlauf der Arbeit gezeigt wird, besteht hinsichtlich zentra- ler Begrifflichkeiten und Zusammenhänge des Forschungsfeldes kein allgemeiner Konsens, sowohl in der Theorie als auch der Praxis.94 Hier bieten sich insbesondere qualitative Methoden an, um Missverständnisse und Irrtümer während der Erhebung zu vermeiden.95 Zur empirischen und analytischen Erkenntnisgewinnung werden daher im Verlaufe des Forschungsprozesses Experteninterviews, Fallstudien sowie DeskResearch durchgeführt, die zur besseren Absicherung der Ergebnisse im Sinne einer Triangulation96 kombiniert angewendet werden. Abbildung A-11 zeigt den Einsatz dieser Methoden innerhalb des beschriebenen Forschungsprozesses im Überblick. 91 92 93 94 95 96 Vgl. hierzu ausführlicher Abschnitt C 3. Vgl. hierzu Tomczak 1992, S. 82. Zu einer ähnlichen Vorgehensweise vgl. beispielhaft Schögel 1997, S. 9 f. Vgl. hierzu vor allem Abschnitt C 1.1 sowie C 1.2. Zu einer ähnlichen Vorgehensweise vgl. Ludwig 2001, S. 12 f. Triangulation ist eine Prozedur zur Erhöhung der empirischen Validität. Im vorliegenden Fall geht es darum, durch den Einsatz unterschiedlicher Methoden (Methoden-Triangulation) sowie verschiedener Datenquellen (Daten-Triangulation) das Forschungsobjekt aus unterschiedlichen Blickwinkeln auszuleuchten (vgl. hierzu Jick 1979; Flick 2004). 26 Kapitel A Phase 1: Forschungsgebiet erfassen Phase 2: Erkenntnisse verdichten Phase 3: Empirische Überprüfung Explikation der Fokussierung Umfeldanalyse Konzeption eines Formulierung theorie- Experteninterviews Fallbeispiele Experteninterviews Problemstellung in Theorie und Praxis theoretisch fundierten Themenzugangs konzeptioneller Grundlagenarbeit geleiteter Hypothesen zur Gestaltung von Dienstleistungsmarken Exploration des Forschungsfeldes in der Praxis Empirische Überprüfung der Hypothesen Fallstudienforschung Experteninterviews Phase 4: Lösungen entwickeln Evaluierung der gewonnenen Ergebnisse Ableitung anwen- dungsorientierter Gestaltungsempfehlungen Fallstudienforschung Desk-Research Analogien Kritische Reflexion Abb. A-11: Forschungsprozess und angewandte Methodik Experteninterviews97 stellen somit im Rahmen des Forschungsprojekts eine wesentliche Quelle empirischer Problemerkenntnis dar. Die Erhebung des qualitativen Informations- und Datenmaterials geschieht iterativ - entlang des wissenschaftlichen Forschungsprozesses - zur Gewinnung und Ergänzung allgemeiner Basisinformationen, zur Evaluierung und Strukturierung zentraler Problemfelder sowie zur Erstellung fundierter Fallstudien. Die Interviews wurden mit Experten führender Unternehmen der Telekommunikationsdienstleistungsbranche durchgeführt. Die Auswahl der Branchenexperten orientierte sich an folgenden Kriterien: Führungsposition: Die Interviewpartner sollen in Führungspositionen tätig sein (Vorstand, Geschäftsführung, Abteilungs-/ Bereichsleitung). Funktion: Die Interviewpartner sollen in Unternehmensfunktionen tätig sein, die sich zentral und aktiv mit dem Thema Markenmanagement auseinandersetzen (Marketing Management, Brand Management, Product Management). Unternehmen: Die Interviewpartner sollen führenden Unternehmen ihres Marktes angehören. Die Experteninterviews wurden persönlich vor Ort oder telefonisch im deutschsprachigen Raum durchgeführt. Die Experten erhielten vorab einen Gesprächsleitfaden, der an die spezifische Unternehmenssituation angepasst wurde. Zur inhaltlichen Validierung und Freigabe wurde den jeweiligen Befragten nach Abschluss des Interviews ein Ergebnisprotokoll übersandt. Zur Gewinnung ergänzender, insbesondere branchenübergreifender Informationen wurden informelle Gespräche mit Themenexperten aus Fachverbänden und Behörden, PRund Werbeagenturen sowie Unternehmen der Markenartikelindustrie geführt. 97 Die Gesprächsleitfäden sowie ausgewählte Gesprächsprotokolle befinden sich im Anhang. Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker 27 Der Einsatz von Fallstudien98 erfolgt in der vorliegenden Arbeit zum einen mit der Zielsetzung, das Service Branding in der Praxis realitätsnah und plastisch zu erfassen. Auf diese Weise können situationstypische Aspekte in einem ganzheitlichen, abgeschlossenen Kontext dargestellt werden, um auch die Nähe zum Forschungsobjekt herzustellen.99 Zum anderen sollen auf der Basis einer fallübergreifenden Cross-Case-Analyse die theoretisch-konzeptionell abgeleiteten Hypothesen zum Aufbau innerer Markenbilder empirisch evaluiert werden. Entsprechend dem Postulat angewandter Wissenschaften dient dieser Teil der Empirie als Bezugspunkt der Untersuchung und Gestaltung möglicher zukünftiger Realitäten und somit auch der Fundierung der zu entwickelnden Gestaltungsempfehlungen im Begründungszusammenhang.100 Desk Research umfasst das grundsätzliche Studium relevanter Buch- und Zeitschriftenveröffentlichungen zu Service Branding, allgemeinem Markenmanagement und Dienstleistungsmarketing. Zur Erstellung und Fundierung der Fallstudien sowie von Fallbeispielen und zur Beobachtung relevanter aktueller Entwicklungen werden ergänzende Text- und Internet-Recherchen von Fachund Managementzeitschriften sowie Unternehmensdokumenten durchgeführt. Neben den genannten klassischen Erhebungsmethoden kommen weitere Methoden zum Einsatz, denen allerdings primär eine didaktische, den Forschungsprozess begleitende Funktion zukommt: Hierbei handelt es sich zum einen um Analogien, die dazu dienen, bereits bestehende Erkenntnisse aus der Dienstleistungs- und Markenforschung auf das vorliegende Forschungsproblem zu übertragen.101 Marketinginnovationen entstehen oftmals durch die Fähigkeit zur Abstraktion, um aus vergleichbaren Situationen in einem anderen Kontext zu lernen.102 Gerade durch den vielfach interdisziplinären Charakter des Forschungsobjektes versprechen Analogien zu anderen Bereichen der Marketingforschung interessante Erkenntnisse und Rückschlüsse. Zum anderen handelt es sich um Fallbeispiele, die der verkürzten Darstellung relevanter Einzelaspekte des Service Branding in der Praxis dienen und im Rahmen der Arbeit im Begründungszusammenhang Anwendung finden. 98 99 100 101 102 Vgl. hierzu Bonoma 1985; Mayring 1996, S. 27 ff. Vgl. Mayring 1996, S. 28. Vgl. Ulrich 1984, S. 6. Vgl. Belz 1985, S. 8-10. Vgl. Lovelock 1983, S. 9 ff. 28 Kapitel A 3.3 Aufbau der Arbeit Der Aufbau der Arbeit erfolgt in fünf Hauptkapiteln, die in Abbildung A-12 als Übersicht zusammengefasst sind. Dem einleitenden Kapitel A, in dessen Mittelpunkt die Einführung in die Problemstellung und die Bestimmung der Zielsetzung und forschungsleitenden Fragestellung dieser Arbeit stand, folgt mit Kapitel B eine vertiefte Analyse des situativen Kontexts der Markenführung auf dem Markt für Telekommunikationsdienstleistungen. Hierzu werden Eigenschaften und Entwicklungen des Marktes sowie unternehmensexterne und- interne Rahmenbedingungen der Markenführung detailliert betrachtet, um aus evaluierten umfeldbedingten Herausforderungen realitätsorientierte Implikationen für das Service Branding sowie die weitere Untersuchung abzuleiten. Kapitel C bildet den konzeptionell-analytischen Grundlagenteil der Arbeit, in dessen Mittelpunkt die theoretische Fundierung und Analyse der Eigenschaften und Wirkungszusammenhänge von Dienstleistung und Marke sowie der Entstehung und Wirkung innerer Markenbilder bei Dienstleistungen stehen. Dabei werden zunächst die zentralen Begriffen Marke, Dienstleistung und Dienstleistungsmarke vor dem Hintergrund bestehender Ansätze des Marken- sowie Dienstleistungsmanagements erfasst, um hierauf aufbauend eine Systematisierung der Herausforderungen und Besonderheiten des Service Branding vorzunehmen und den Aufbau innerer Markenbilder als eine zentrale Aufgabe in der Markenführung abstrakter Dienstleistungen ableiten zu können. Es folgt eine vertiefte Analyse und integrierte Darstellung der Gestaltungsvariablen, Manifestationsmechanismen und Wirkungsdeterminanten von Dienstleistungsmarken, welche die komplexen Entscheidungssysteme der Markenanbieterund Markennachfragerseite miteinander verknüpft und schließlich die Herausforderungen für Telekommunikationsdienstleister aus konzeptioneller Sicht im Rahmen einer praxisnahen, dienstleistungstypenorientierten Darstellung evaluiert. Hierauf aufbauend werden theoriegeleitete Hypothesen zum erfolgreichen Aufbau innerer Markenbilder durch die zielgerichtete Gestaltung von Marken für intangible und abstrakte Leistungen beziehungsweise Telekommunikationsdienstleistungen formuliert, welche als Grundlage der weiteren empirischen Untersuchung dienen. Als empirisch-prüfender Teil widmet sich Kapitel D anhand ausgewählter Fallbeispiele der Umsetzung des Service Branding in der Praxis am Beispiel des deutschen Telekommunikationsmarktes. Im Mittelpunkt steht die qualitativempirische Untersuchung der Markenauftritte verschiedener Telekommunikationsdienstleister sowie - als branchenübergreifender Anwendungsfall - zweier Energiedienstleister, die auf dem Hintergrund der zuvor evaluierten Hypothesen strukturiert und analysiert werden. Neben der Gewinnung von ergänzenden Erkenntnissen besteht die Zielsetzung der Mehr-Fallforschung darin, die kon- Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker 29 zeptionell entwickelten Gestaltungshypothesen auf Basis einer abschließenden Cross-Case-Analyse zu beurteilen, um eine solide Grundlage für die Ableitung anwendungsorientierter Handlungsempfehlungen zu schaffen. Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker A B Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld Der Markt für Telekommunikation Unternehmensexterne Faktoren des Markenumfelds Unternehmensinterne Faktoren des Markenumfelds Ableitung anwendungsorientierter Implikationen C Konzeptionelle Grundlagen des Service Brandingy Begriff Marke Begriff Dienstleistung Begriff Dienstleistungsmarke Ziele und Aufgaben des Service Branding Besonderheiten des Service Branding Ableitung konzeptioneller Im plikationen Formuli erung von Gestaltungshypothesen zum Aufbau innerer Markenbilder für unsichtbare Di enstleistungen D Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis Erhebung der Fallstudi en Cross-Case-Analyse Evaluierung der Hypothesen und Interpretation E Implikationen für die Markenpraxis und Markenforschung Abb. A-12: Aufbau und Struktur der Arbeit Im abschließenden Kapitel E werden Implikationen formuliert, die sich als Quintessenz der gewonnenen Erkenntnisse dieser Arbeit für die Entwicklung und Einführung, aber auch für die Pflege von Marken für Telekommunikationsund Energiedienstleistungsunternehmen ergeben. Entsprechend der Zielsetzung sowie der anwendungsorientierten Forschungsausrichtung liegt der Schwerpunkt dabei auf der Ableitung von Gestaltungsempfehlungen für die Praxis. Im Zentrum steht hier die Darstellung des grundsätzlichen Aufbaus und 30 Kapitel A der Einführung selbstreferentieller virtueller Markenbildwelten, die, wie die Untersuchung zeigt, aufgrund ihrer Kommunikationseffizienz am nachhaltigsten zur Erzeugung innerer Markenbilder im Gedächtnis des Konsumenten beitragen. Ferner werden in einem weiteren Schritt Empfehlungen zur Pflege effizienter sowie zur Optimierung ineffizienter Markenbildwelten gegeben. Die Arbeit endet mit Implikationen für die Markenforschung, die auf dem Hintergrund der Ergebnisse und Forschungsmethodik dieser Arbeit formuliert werden. B Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld Die Aufgabe des folgenden Kapitels besteht in der vertieften Analyse des situativen Kontexts der Markenführung auf dem Markt für Telekommunikationsdienstleistungen. Als Einleitung und Grundlage des markenspezifischen Problemzugangs werden hierbei zunächst wesentliche Eigenschaften und Entwicklungen des Marktes detailliert betrachtet. Daran anschließend folgt eine Analyse aktueller und zentraler Umfeldbedingungen von Dienstleistungsmarken. Aufgrund der Vielfalt markenrelevanter Faktoren erfolgt hierbei eine Konzentration auf wesentliche Elemente des Modells der „Marke in ihrem Umfeld“1 (Abb. B-1). Im Mittelpunkt steht die Darstellung ausgewählter Ausgangsund Rahmenbedingungen, die sich aus der Wettbewerbssituation, dem Konsumentenverhalten, der Absatzmittler- und Lieferantensituation sowie internen Gegebenheiten markenführender Telekommunikationsdienstleister ergeben und die Markenentwicklung der Gesamtbranche ebenso wie das Service Branding der Dienstleistungsanbieter nachhaltig prägen. Im Ergebnis sollen umfeldbedingte Herausforderungen sowie markenrelevante Implikationen als realitätsorientierte Grundlage der weiteren Untersuchung abgeleitet werden. Telekommunikationsmarkt Wettbewerb Konsumenten Telekommunikationsdienstleister Marke Absatzmittler Abb. B-1: 1 2 Lieferanten Umfeld der Marken für Telekommunikationsdienstleistungen2 Vgl. hierzu Tomczak/ Ludwig 1998, S. 51; Haedrich/ Tomczak/ Kaetzke 2003, S. 18 f. Quelle: in Anlehnung an Haedrich/ Tomczak/ Kaetzke 2003, S. 19. 32 1. Kapitel B Der Markt für Telekommunikation 1.1 Markthistorie: Transformation einer Schlüsselindustrie „Das Pferd frisst keinen Gurkensalat.“ Dieser - so wird kolportiert - allererste telefonisch übermittelte Satz, gesprochen von dem deutschen Physiker und Erfinder Philipp Reis3 im Jahre 1861, war der Urknall einer gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung, die in das heutige multimediale Informationszeitalter mündet. Der „Transport von Zeichen (Sprache, Ton, Text, Daten, Bilder) mit Hilfe nachrichtentechnischer Verbindungsverfahren zwischen einem Sender und einem Empfänger über eine räumliche Distanz“4, kurz: Die moderne Telekommunikation und ihre Leistungen sind nicht nur Nervensystem und Antriebsmotor des heutigen Gesellschaftssystems und seiner Entwicklung, sondern selbst, wie wohl kaum ein Wirtschaftssektor in der Vergangenheit, Objekt eines umfassenden Transformationsprozesses. Und noch immer sind nicht alle Konturen der künftigen Entwicklung erkennbar. Doch steht zu erwarten, dass die Telekommunikationsindustrie auch im nächsten Jahrzehnt das innovative Geschehen in den Industriegesellschaften entscheidend prägen wird. Dabei beginnen wichtige Entscheidungen und Weichenstellungen, die teilweise erst in der jüngeren Vergangenheit getroffen wurden, in zunehmendem Maße ihre Wirksamkeit zu entfalten.5 Es ist erst wenige Jahre her, dass in Deutschland eine mehr als hundertjährige Tradition einer nahezu ununterbrochenen staatlichen Monopolverwaltung der Telekommunikation beendet wurde (Abb. B-2). Bis Ende der 80er Jahre zeichnete sich die Telekommunikationswirtschaft in Deutschland durch relativ starre Strukturen und geringe Entwicklungsdynamik aus. Die Bereitstellung der Netzinfrastruktur und der Telekommunikationsdienste oblag einer staatlichen Telefongesellschaft, die ein umfassendes Fernmeldemonopol besaß. Post und Telekommunikation waren als Teil der Staatsverwaltung organisiert und damit unmittelbarer Teil der Regierung. Private Unternehmen konnten nur aktiv werden, wenn der staatliche Monopolist freiwillig auf die Ausübung seiner hoheitli3 4 5 Anfang der 60er Jahre des 19. Jahrhunderts entwickelte Philipp Reis (1834-1874) bereits vor Alexander Graham Bell (1847-1922) den ersten für Sprachübertragung geeigneten Apparat, den er Telefon nannte. Der berühmte Satz „Das Pferd..“ ist während einer Versuchsanordnung am 26. Oktober 1861 im Frankfurter Senckenberg-Museum gefallen, die Reis im Rahmen eines Vortrags zum Thema „Über die Fortpflanzung musikalischer Töne auf beliebige Entfernung durch Vermittlung des galvanischen Stromes" präsentierte. Reis wählte diesen merkwürdigen Satz, da der Empfänger hierbei nicht von einem Wort auf das andere schließen und den Satz quasi erraten konnte. Erst in den 70er Jahren gelang dem in den USA lebenden schottischen Gelehrten Bell eine verbesserte und vereinfachte Versuchsanordnung, die 1876 patentiert und auf der Weltausstellung in Philadelphia ausgestellt wurde. Das Patent wurde von der später gegründeten Bell-Company umfassend vermarktet. Vor allem in amerikanische und angelsächsische Geschichtsbücher ging Bell damit fälschlicherweise als Erfinder des Telefons ein (vgl. Bernzen 1999). Gerpott 1998, S. 4. Vgl. Büllingen/ Stamm 2001, S. 5. Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld 33 chen Rechte verzichtete.6 Entsprechend erfolgte die monopolistische Bereitstellung von Telekommunikationsdienstleistungen primär unter technischen Aspekten: Kundenorientierung und Marktbedürfnisse waren irrelevant.7 „Jeder, der möchte, erhält einen Telefonapparat in grün, grau oder orange - wie lange er darauf zu warten hat und wie sich Preis und Qualität gestalten, war dabei sekundär. Die Telefonsteinzeit gipfelte in dem wohl berühmtesten Werbeslogan der Bundespost: „Fasse Dich kurz!“.“8 1881 Beginn des öffentlichen Telefonverkehrs: In Berlin errichtet Siemens die erste Vermittlungsstelle. 1928 Fernmeldeanlagengesetz: Das Fernmeldemonopol für die Reichspost wird festgeschrieben. 1949 Deutsche Bundespost wird Rechtsnachfolger der Reichspost. 1984 Beschluss zur Einsetzung der „Kommission Fernmeldewesen“ zur Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes. 1986 Einführung eines letzten analogen Mobilfunknetzes (C-Netz, wurde in 2000 eingestellt). 1989 1. Stufe der Post- und Fernmeldereform: Lockerung des Monopols und Zulassung des privaten Mobilfunks. Inkrafttreten des „Gesetzes zur Neustrukturierung des Post- und Fernmeldewesens und der Deutschen Bundespost”. Trennung von hoheitlichen und unternehmerischen Aufgaben des bisherigen Bundespostministeriums. Zur Übernahme der unternehmerischen Aufgaben werden die öffentlichen Unternehmen Deutsche Bundespost POSTDIENST, Deutsche Bundespost POSTBANK und Deutsche Bundespost TELEKOM gegründet. 1992 Vergabe der ersten Lizenz für ein digitales Mobilfunknetz (GSM 900 Standard) an mannesmann/ Vodafone Airtouch (D2), wenige Monate später an Deutsche Telekom (D1). 1993 EU beschließt Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes. Lizenzvergabe für das dritte digitale Mobilfunknetz E1 (GSM 1800 Standard) an E-Plus. 1995 2. Stufe der Post- und Fernmeldereform: Umwandlung der öffentlichen Unternehmen der Deutschen Bundespost in private Aktiengesellschaften (Deutsche Telekom AG). Verordnung zur Regelung von Inhalt, Umfang und Verfahren der Verleihung sowie zur Öffnung von Märkten für Telekommunikationsdienstleistungen. Beschluss der EUKommission : Die Kabelnetze des Fernsehen müssen noch 1995 für alle in der EU bereits liberalisierten Telekom-Dienste geöffnet werden. Auf massiven Druck der EU-Kommission wird die Bundesregierung der Telekom ihre Kabel-Privilegien beschneiden. Private Kabelnetzbetreiber dürfen nach Entwurf einer neuen Verordnung künftig auch dort tätig werden, wo bisher der Telekom die Verkabelung vorbehalten war. 1996 Vollständige Liberalisierung des deutschen Telekommunikationsmarktes: Durch Inkrafttreten des Telekommunikationsgesetzes Ende des Netzmonopols der Deutschen Telekom. Freigabe firmeninterner Netzwerke (corporate networks). Mitbewerber können für geschlossene Benutzerkreise auf eigenen Netzen Sprachvermittlung anbieten. Bisher mussten Unternehmen auf Mietleitungen der Telekom zurückgreifen. Darüber hinaus auch Liberalisierung um Bereich der Mobil- und Satellitenkommunikation. 1998 Die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post nimmt ihre Arbeit auf. Vollständige Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes in Europa: Privatunternehmen können Telekommunikationsnetze und eigene Telefondienste anbieten. Start des vierten digitalen Mobilfunknetzes E2 (GSM 1800 Standard) von VIAG Interkom. 2000 Versteigerung der Lizenzen zum Universal Mobile Telecommunications System (UMTS). 2004 Markteinführung der dritten Mobilfunkgeneration (UMTS). Abb. B-2: 6 7 8 Zeittafel: Meilensteine der Entwicklung des Telekommunikationsmarktes in Deutschland Vgl. Büllingen/ Stamm 2001, S. 5. Vgl. hierzu Kühnapfel 1995, S. 15. Sohn 2001. 34 Kapitel B Es bedurfte nach intensiven politischen Debatten schließlich dreier Fernmeldereformen, um die gesetzlichen Voraussetzungen für die Marktöffnung im Schlüsselsektor des 21. Jahrhunderts zu schaffen. Deutschland vollzog damit einen längst überfälligen Wandel und leitete einen Prozess ein, der von Ländern wie den USA (1974-1984), Großbritannien (1982) oder Japan (1985) bereits mehr als ein Jahrzehnt früher durchgeführt worden war und der zum Abbau der auch dort bestehenden Monopolsituation nicht nur staatlicher, sondern auch privater Anbieter führte.9 Anzahl der Dienstleistungsanbieter Lizenznehmer Anbieter lizenzfreier Dienstleistungen 2500 2000 1500 1239 1315 861 879 2002 2003 1242 1112 1000 967 834 500 269 491 611 711 1999 2000 2001 0 1998 Abb. B-3: Quantitative Entwicklung der Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen in Deutschland10 Insbesondere das neue Telekommunikationsgesetz (TKG), das am 1. August 1996 in Kraft trat, und der Wegfall des Sprachdienstmonopols am 1. Januar 1998 gelten aus heutiger Perspektive als historische Zäsuren, die den Aufbruch Deutschlands in einen durch Wettbewerb und Innovation geprägten Telekommunikationsmarkt (Abb. B-3) ermöglichten. Sie sind verbunden mit der Privatisierung der Staatsunternehmen Deutsche Telekom AG (DTAG), Post AG und Postbank, um ihnen den Wandel zu gewinn- und kundenorientierten Unternehmen zu ermöglichen und neuen Anbietern den Marktzutritt zu nationa9 10 Vgl. Neumann/ Ruhle 1998, S. 1-18; Büllingen/ Stamm 2001, S. 5. Quelle: in Anlehnung an Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post 2004, S. 16. Die Zahlen beziehen sich jeweils auf Veröffentlichungen zum 1. Quartal des betreffenden Jahres. Nach §4 TKG ist jeder Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen zur Anzeige bei der Regulierungsbehörde verpflichtet. Der Betrieb von Übertragungswegen für Mobilfunkdienstleistungen (Lizenzklasse 1), Satellitenfunkdienstleistungen (Lizenzklasse 2), und Telekommunikationsdienstleistungen (Lizenzklasse 3) sowie die Erbringung von Sprachtelefondiensten auf Basis selbstbetriebener Telekommunikationsnetze (Lizenzklasse 4) sind lizenzpflichtig. Telekommunikationsdienstleistungen, die nicht unter die Lizenzklassen 1 bis 4 fallen, wie z. B. der Wiederverkauf von Festnetz- oder Mobiltelefondiensten (Service Providing) oder der Betrieb von Sprachoder Datenmehrwertdiensten ohne selbstbetriebenes Netz, sind lizenzfrei (vgl. Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post 2003, Teil B). Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld 35 len, regionalen und lokalen Märkten zu öffnen.11 „Den meisten der rund 40 Millionen Telefonkunden ist noch nicht klar, was in fünf Monaten passiert: Von Januar an dürfen sie von zu Hause aus erstmals frei wählen und sich ihre eigene Telefongesellschaft aussuchen. Wer sich immer schon über die Deutsche Telekom geärgert hat, weil er deren Mitarbeiter unfreundlich findet oder die Gesprächstarife zu hoch, der kann dann zur Konkurrenz gehen, die so sonderbare Namen trägt wie Arcor, Otelo oder Viag Interkom. Ein jahrzehntelanges Staatsmonopol wird geknackt“, schreibt Ulf Brychcy Ende Juli 1997 in der Süddeutschen Zeitung12. Dieser „Mauerfall“ in der Telekommunikationswirtschaft ermöglichte damit nicht nur die Entwicklung eines dynamischen Wettbewerbs in den nationalen Märkten. Er erwies sich auch als notwendig für die Verbesserung der Ausgangssituation Deutschlands als Industriestandort im internationalen Wettbewerb. Durch die eingeleitete Liberalisierung veränderten sich die gewachsenen Marktstrukturen in Deutschland innerhalb weniger Jahre sowohl auf der Angebotsseite als auch auf der Nachfrageseite in drastischer Weise.13 1.2 Marktkräfte: Deregulierung und Technologie Als besonders wirksam für die politisch gewünschte Veränderung der Angebots-, und damit implizit auch der Nachfrageseite, erwiesen sich neben der Liberalisierung des Endgerätemarktes Ende der achtziger Jahre die Umsetzung des (de-)regulatorischen Ordnungsrahmens sowie die damit einhergehenden technologischen Entwicklungen. Regulierung der Deregulierung Insbesondere die Tätigkeiten der REGULIERUNGSBEHÖRDE FÜR TELEKOMMUNIKATION UND POST (REGTP), die 1998 als Nachfolgeorganisation des Bundesministeriums für Post und Telekommunikation zur Kontrolle und Umsetzung der Vorgaben des TKG gegründet und mit umfangreichen Verfahren und Instrumenten ausgestattet wurde,14 übten maßgeblichen Einfluss auf die Verände11 12 13 14 Vgl. Büllingen/ Stamm 2001, S. 5. Dennoch ist zu berücksichtigen, dass die Regulierungspolitik aufgrund politikimmanenter Mechanismen nie derart ausgestaltet sein wird, dass der ehemalige Monopolist ernsthaft in Bedrängnis gerät. Dieser wird stets auch in der weiteren Entwicklung eines liberalisierten Marktes eine herausragende Bedeutung haben und über einen langen Zeitraum hinweg weiterhin der dominierende Anbieter sein, wobei er ebenfalls von der mit der Liberalisierung einhergehenden Marktexpansion profitiert. Aufgrund der mit der Einführung und Zunahme des Wettbewerbs verbundenen Verluste an Marktanteilen und Preisspielräumen wird der ehemalige Monopolist zur Steigerung der unternehmensinternen Effizienz gezwungen, damit die Kostenstruktur ein wettbewerbsfähiges Niveau erreicht. Dieses geschieht nicht zuletzt zum Vorteil des Verbrauchers. Brychcy 1997, S. 4. Vgl. Büllingen/ Stamm 2001, S. 6. Die RegTP verfügt beispielsweise über Informations- und Untersuchungsrechte sowie abgestufte Sanktionsmöglichkeiten. Zur detaillierten Beschreibung der Rolle und Organisation der Behörde vgl. Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post 1999, S. 16 f. 36 Kapitel B rung der Wettbewerbsstruktur aus. Auf Grundlage des TKG und zahlreicher Einzelverordnungen15 erfolgte eine Vielzahl regulatorischer Einzelmaßnahmen. Die wesentlichsten Schritte bestanden in der Gewährleistung des Marktzutritts für neue Anbieter durch eine diskriminierungsfreie und an Effizienzkriterien orientierte Lizenzierungspolitik, der Ermöglichung der für den Kunden freien Auswahl des Verbindungsnetzbetreibers durch Pre-Selection und Call-by-Call-Selection, der Festlegung fairer Bedingungen für den Zugang zu Bottleneck-Ressourcen des bisherigen Monopolanbieters Deutsche Telekom, der Bereitstellung von Nummernblöcken für neue Wettbewerber sowie der Nummernportabilität in den Fest- und Mobilfunknetzen, der Sicherstellung einer flächendeckenden und erschwinglichen Versorgung mit Telefondiensten.16 Neben diesen Schritten wurden weitere Maßnahmen zur Intensivierung des Infrastrukturwettbewerbs eingeleitet. So hat die frühe Festlegung der europäischen Länder auf den Standard des Global System for Mobile Communications (GSM) den europäischen Mobilfunk bis heute zu einer Erfolgsgeschichte werden lassen. Einen ähnlichen Impuls für den zukünftigen Aufbau einer breitbandigen Mobilfunknetz-Infrastruktur erhofften sich europäische und nationale Regulierungsinstanzen durch die Versteigerung von Lizenzen zum Universal Mobile Telecommunications System (UMTS) im Juli 2000. Durch die Schaffung eines Ordnungsrahmens für diese dritte Mobilfunkgeneration wurde frühzeitig der Weg für die Vergabe des UMTS-Spektrums geebnet. Bis dato wird dieses als großer politischer Erfolg der europäischen Telekommunikationspolitik gewertet und soll Europa einen Vorsprung im internationalen Wettbewerb sichern. Allein in Deutschland wurden sechs Lizenzen zu einem Gesamtpreis von knapp 51 Milliarden EUR vergeben. Inwieweit sich vor dem Hintergrund dieser hohen Gebühren und der Erfordernis weiterer Investitionen die Erwartungen der Regulierer und der Industrie17 tatsächlich erfüllen, ist allerdings noch nicht absehbar. Die Markteinführung der neuen Mobilfunktechnik erfolgte erst 2004, nachdem sie aufgrund technischer Schwierigkeiten mehrfach von den Unternehmen verschoben wurde. Nach Einschätzung von Branchenkennern wird in Deutschland frühestens 2010 mit UMTS Geld zu verdienen sein.18 15 16 17 18 Zu den wesentlichsten Verordnungen zählen die Telekommunikations-Lizenzgebührenverordnung (TKLGebV), Telekommunikations-Entgeltregulierungsverordnung (TentgV), Netzzugangsverordnung (NZV), Telekommunikations-Universaldienstleistungsverordnung (TUDLV). Vgl. hierzu sowie zum Folgenden Büllingen/ Stamm 2001, S. 8 f. Hierzu der Vorstandschef der Deutschen Telekom AG, Kai-Uwe Ricke: „Ich bin fest davon überzeugt, dass wir UMTS ebenso zu Erfolg bringen werden wie das mit anderen innovativen Technologien in der Vergangenheit gelungen ist“ (o.V. Handelsblatt 2003a). Diese Einschätzung erfolgt durch den internationalen Branchenverband UMTS-Forum. Den europaweiten Durchbruch von UMTS erhofft sich die Branche mit der Fußball-WM 2006 in Deutschland (vgl. o.V. Handelsblatt 2003b). Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld 37 Innovation durch Technologie Neben der Regulierung des Marktes stellen technologische Entwicklungen und Innovationen einen weiteren Motor der dynamischen Wettbewerbs- und Anbietersituation dar. „Zum einen haben ihre wirtschaftlichen Potenziale stets auf Politik und Wirtschaft ausgestrahlt und den Trend und die Bereitschaft zur Liberalisierung und Öffnung der Märkte verstärkt. Zum anderen erzeugen die wachsenden Interdependenzen und Konvergenzphänomene zwischen den verschiedenen Teilmärkten für Infrastruktur, Hardware, Software und Dienstleistungen sowohl wachsende Druck- als auch Sogeffekte auf die Marktteilnehmer, leistungsfähigere und innovative Produkte anzubieten bzw. solche nachzufragen und anzuwenden.“19 Zu den bedeutendsten Innovationen zählen20 Mikroelektronik: Insbesondere die Chipentwicklung trägt zur höheren Leistungsfähigkeit bei gleichzeitiger Miniaturisierung der Endgeräte bei und leistet eine wesentliche Grundvoraussetzung für die mobile Generation der Telekommunikation. Digitalisierung: Die Digitalisierung von Netzen und Vermittlungszentralen trägt zu einer Vervielfachung der angebotenen Telekommunikationsdienstleistungen bei und beschleunigt den Kosten- und damit Preisrückgang für diese Leistungen. Intelligente Vermittlungseinrichtungen: Die neuen Generationen intelligenter Vermittlungseinrichtungen ermöglichen neben einem nahezu fehlerfreien Verbindungsaufbau ebenso flexible Tarifierungen von Gesprächen oder Zusatzleistungen und tragen so zur kundenindividuellen Gestaltung von Telekommunikationsdienstleistungen bei. Optimierung von Übertragungskapazitäten: Der Einsatz neuer Übertragungsmaterialien wie Glasfaser hat für einen Quantensprung in der Bereitstellung von Übertragungskapazitäten und für drastische Preissenkungen im Bereich der Fernübertragungsnetze gesorgt. Internet: Das Internet übernimmt als globale und universale Kommunikationsplattform zunehmend die Rolle, die vorher das leitungsvermittelte Telefonnetz für die Sprachkommunikation eingenommen hat. Die Technik des Internet weist dabei bei höherer Leistungsfähigkeit und -qualität relative Preisvorteile auf und ermöglicht eine an der übertragenen Datenmenge orientierte Preispolitik. Internet-basierte Kommunikationsanwendungen bedrohen dabei direkt das Kerngeschäft der Netzbetreiber und Service Provider, da die traditionellen Wertschöpfungsketten sich erweitern und völlig neu konfiguriert werden. Digitale Mobilfunknetze: Zellulare digitale Mobilfunknetze ermöglichen Sprach-, Daten- sowie kom- 19 20 Büllingen/ Stamm 2001, S. 6. Vgl. hierzu Büllingen/ Stamm 2001, S. 6 f. 38 Kapitel B plexe Multimediadienste an jedem Ort zu jeder Zeit. Auch hier tragen technologische Innovationen zu einer Erhöhung der Qualität bei gleichzeitiger Kostensenkung bei und ermöglichen die Vermarktung von Technologien, die bisher nur im Festnetz zur Verfügung standen (z.B. mobiles Internet). 1.3 Marktentwicklung: Zwischen Konvergenz und Fragmentierung Nach Angaben des EUROPEAN INFORMATION TECHNOLOGY OBSERVATORY (EITO) beliefen sich im Jahr 2003 die Gesamtumsätze des weltweiten Marktes für Telekommunikation auf 1.237 Milliarden EUR. Weltweit: Markt für Telekommunikation 2003 (in Prozent) Japan 12,6% Deutschland: Marktstruktur Telekommunikation 2003 (in Prozent) Deutschland 5,4% Telekommunikationsdienstleistungen 84,6% Europa* 22,2% übrige Länder 35,4% USA 24,5% Netzinfrastruktur 7,6% Weltmarkt: 2003: 1.237 Mrd. EUR 2002: 1.165 Mrd. EUR 2001: 1.108 Mrd. EUR * inkl. Osteuropa, ohne Deutschland Abb. B-4: Deutschland: Endgeräte 7,8% 2003: 66,3 Mrd. EUR 2002: 64,0 Mrd. EUR 2001: 63,2 Mrd. EUR Weltmarktanteil und Struktur des deutschen Telekommunikationsmarktes 200321 Der deutsche Markt ist dabei mit einem konsolidierten Gesamtanteil von 5,4 Prozent nach den USA (24,5%) und Japan (12,6%) der drittgrößte Ländermarkt der Welt und der größte Ländermarkt Europas.22 Noch vor den USA dominiert Europa mit einem Anteil von 27,6 Prozent den Weltmarkt. Im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet das Weltmarktvolumen ein Wachstum von 6,2 Prozent, was allgemein als leichte Erholung vom Einbruch des Jahres 2001 (6,5% Wachstum nach 14,1% im Jahre 2000) gewertet wird. In Deutschland entfallen dabei, wie im westeuropäischen Durchschnitt, mittlerweile fast 85 Prozent des Marktvolumens - mit weiter zunehmender Tendenz - auf Umsätze von Anbietern für Telekommunikationsdienstleistungen wie beispielsweise Telefon- oder Mobilfunkservices. Nur etwa 15 Prozent werden von Anbietern für Endgeräte 21 22 Quelle: NFO Infratest 2003, S. 57 (linke Grafik), S. 60 (rechte Grafik). Basis: EITO 2003. Vgl. NFO Infratest 2003, S. 57. Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld 39 und Netzinfrastruktur umgesetzt (Abb. B-4). Während sich damit nach Angaben der EITO für 2003 das Volumen des deutschen Dienstleistungsmarktes auf 56,1 Milliarden EUR beläuft, geht die REGULIERUNGSBEHÖRDE FÜR TELEKOMMUNIKATION UND POST für den gleichen Zeitraum von Umsätzen in Höhe von 63,4 Milliarden EUR aus.23 Deutschland: Telekommunikationsdienstleistungsmarkt 1) Gesamtumsatz 2003: 60,9 Mrd. EUR Marktsegmente Festnetz Gesamtumsatz (Anteil) Internet 3) Mobilfunk 4) 35,8 Mrd. EUR ? Mrd. EUR (58,8%) Wettbewerber Netze Wettbewerber Services 2) Deutsche Telekom Vodafone/ Arcor Regionale Netzbetreiber u.a. 01019 3U Telecom Citrus KomTel One.Tel Tele 2 tesion Tiscali u.a. 1&1 AOL CompuServe Germany.Net Hutchison T-online VictorVox Yello u.a. 25,1 Mrd. EUR (41,2%) T-Mobile (D1) Vodafone (D2) E-Plus (E1) O2 (E2) Alphatel CellWay Debitel EWE TEL Hutchison Mobilcom Talkline Telco u.a. 1) Gesamtmarkt Telekommunikationsdienstleistungen ohne Kabelfernsehen. Quelle: eigene Berechnungen auf Basis des Datenmaterials der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post 2004, S. 15f. sowie S. 34f. 2) Festnetz inkl. Mietleitungen, Daten- und Netzdienste sowie Festnetzterminierung. 3) Der Umsatzanteil internetspezifischer Telekommunikationsdienstleistungen wird von der Regulierungsbehörde bislang nicht detailliert erhoben und ist daher im Umsatzanteil des Festnetzsegments mit enthalten. 4) Mobilfunk inkl. Mobilfunkterminierung. Abb. B-5: 23 Hauptsegmente des deutschen Telekommunikationsdienstleistungsmarktes 2003 Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post 2004, S. 16. In einer eigenen Untersuchung kommt der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITKOM) hinsichtlich der Volumenberechnung des Telekommunikationsmarktes (ohne Endgeräte) mit 58 Milliarden EUR (2003) zu einem ähnlichen Ergebnis (vgl. BITKOM 2004a, S. 1). 40 Kapitel B Der deutsche Markt für Telekommunikationsdienstleistungen (Abb. B-5) entwickelt sich dabei im Spannungsfeld zwischen Fragmentierung und Konvergenz: Einerseits kristallisieren sich seit der Liberalisierung deutlich die drei Hauptsegmente Festnetz, Mobilfunk und Internet mit jeweiligen Spezialanbietern (wie z. B. City Carrier, Netzwerkmanagement, Content Provider) heraus, andererseits bestehen zwischen diesen Segmenten starke Substitutions- und Wechselbeziehungen. Festnetzanschlüsse werden mit Mobilfunkverträgen kombiniert oder durch diese ersetzt, Sprachtelefonie kann ebenso über das Internet abgewickelt werden, Mobilfunkgeräte sind Internet-tauglich (WAP, UMTS). Insbesondere bei Festnetz- und Mobilfunkservices sowie ContentAggregation ist zu erwarten, dass sich der Entwicklungstrend zu einheitlichen Service-Schnittstellen und Applikationen, die über alle Plattformen hinweg konsistent sind, weiter verstärkt.24 Preisentwicklung Nachfrageentwicklung (in Cent) (nach Verbindungsminuten, in Mrd.) Marktanteil Festnetz (nach Verbindungsminuten, in Prozent) 400 100 40 346 93,9 342 78,4 80 301 30,7 300 345 30 69,8 67,1 245 61,2 60 200 197 20 178 38,8 40 30,2 9,7 100 3,2 2,0 6,1 2,2 0 0,0 0 99 00 01 02 0 03 Festnetzverbindungsminuten Minimaltarif Festnetzgespräch Abb. B-6: 32,9 20 4,6 98 42,4 21,6 10 7,7 97 57,6 97 98 99 00 01 02 03 Neue Wettbewerber Deutsche Telekom Entwicklung des deutschen Festnetzmarktes25 Die Wettbewerbsstruktur des deutschen Festnetzmarktes, mit rund 35,8 Mrd. EUR Umsatz in 2003 das größte Marktsegment, wird auch nach der Deregulierung weiterhin durch den ehemaligen Monopolisten Deutsche Telekom geprägt (Abb. B-6, rechte Grafik). Die Gesamtumsätze des Festnetzmarktes verteilen sich zu je etwa einem Viertel auf Orts-, Fern- und Internetverbindungen, der Umsatz des restlichen Viertels auf Nahverkehrs-, Mobilnetz-, Auslands- und 24 25 Vgl. PricewaterhouseCoopers 2000, S. 23. Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post 2004, S. 29 sowie S. 31. Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld 41 sonstige Verbindungen.26 Nach Schätzungen des VERBANDES DER ANBIETER VON TELEKOMMUNIKATIONS- UND MEHRWERTDIENSTEN (VATM) besitzt die Deutsche Telekom dabei auch sechs Jahre nach der vollständigen Liberalisierung noch einen Anteil von knapp 60 Prozent im Festnetzmarkt, bezogen auf sämtliche Verbindungsminuten pro Tag.27 Als Ursache dieser Marktbeherrschung gilt vor allem die nicht konsequente Umsetzung bestehender Deregulierungsvorschriften.28 Erst auf massiven politischen Druck ermöglichte die Regulierungsbehörde, dass Anfang 2003 das so genannte Call-by-Call-Verfahren, das bei Fern- und Auslandsgesprächen bereits seit mehr als vier Jahren möglich ist, den Telefonkunden auch im Ortsnetz zur Verfügung gestellt wurde.29 Trotz der - bezogen auf die Umsatzanteile der Anbieter - hohen Dominanz des Ex-Monopolisten hat die Liberalisierung hinsichtlich Preis und Qualität des Angebots sehr deutliche Spuren hinterlassen. An vorderster Stelle sind die Märkte für Ferngespräche und Fernmietleitungen zu nennen, die im nunmehr sechsten Jahr der Marktöffnung durch eine hohe Wettbewerbsintensität gekennzeichnet sind. Hier sind die Verhaltensspielräume des ehemaligen Monopolisten vor allem durch eine drastische Senkung der Preise deutlich geringer geworden (Abb. B-6, linke Grafik): „Mit dem Fall des Telefon-Monopols Anfang 1998 sind die Tarife, bedingt durch einen mörderischen Preiswettbewerb im Fern- und Auslandsbereich, bis zu 90 Prozent in den Keller gepurzelt.“30 Im Gegenzug haben die Kunden mit einer deutlichen Erhöhung der Nachfrage reagiert mit der Folge, dass Telekommunikationsanbieter stagnierende oder gar rückläufige Umsätze bei steigendem Verkaufsvolumen realisieren. Gleichzeitig ist Deutschland zu einem technologischen Spitzenreiter im Festnetzbereich aufgestiegen, was durch die Entwicklung des ISDN zur Standardtechnologie in der festnetzgebundenen Telekommunikation dokumentiert wird. Etwa 25 Millionen digitale Anschlüsse sind inzwischen geschaltet, womit statistisch gesehen jeder fünfte ISDN-Anschluss der Welt in Deutschland liegt.31 Erst ab dem Jahr 2005 wird mit einer Sättigung bzw. einem Rückgang des ISDN-Marktes zugunsten breitbandiger Anschlüsse auf DSL-Basis gerechnet.32 Diese Technik, die den schnellen Internetzugang ermöglicht, ist nach Ansicht von Branchenkennern eine „der letzten Möglichkeiten, um die Karten im Festnetzwettbewerb neu zu mischen und der DTAG Marktanteile streitig zu machen“33. 26 27 28 29 30 31 32 33 Vgl. Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post 2002, S. 17. Demgegenüber beziffert die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (2004, S. 29 ff.) den Festnetzmarktanteil der Deutschen Telekom auf 57,6 Prozent (vgl. Abb. B-6). Im Bereich Ortsverbindungen geht der VATM dagegen sogar von einem Anteil von 82,6 Prozent aus (vgl. Dialog Consult/ VATM 2003, S. 4 f. sowie Welfens/ Monnet 2001, S. 1 f.). Vgl. Verband Der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) 2001, S. 2. Vgl. NFO Infratest 2002, S. 106. Stollberger 2002. Vgl. BITKOM 2004b, S. 8. Vgl. a.a.O. Kicker Sportmagazin 2002, S. 13. 42 Kapitel B Im Gegensatz zum Festnetzbereich galt und gilt der deutsche Mobilfunkmarkt weiterhin als lukrativstes Segment des Telekommunikationsmarktes. Nach einer enormen Aufholjagd existieren in Deutschland mit zurzeit knapp 65 Millionen inzwischen mehr Mobil- als Festnetzanschlüsse (Abb. B-7, linke Grafik). Im internationalen Vergleich liegt Deutschland mit einer Penetrationsrate von 78 Prozent weit vor den USA (54%), Japan (63%) und Osteuropa (24%).34 Trotz des damit erreichten hohen Niveaus wird die Zahl der Mobilfunkteilnehmer weiter steigen. Nach einer Studie des BUNDESVERBAND INFORMATIONSWIRTSCHAFT, TELEKOMMUNIKATION UND NEUE MEDIEN (BITKOM) kann bis Ende 2005 mit 70 Millionen Anschlüssen gerechnet werden.35 Für zusätzliche Dynamik soll, wie bereits skizziert, UMTS sorgen, da diese Technologie jenseits der Übertragung von Sprache und Kurznachrichten völlig neue Möglichkeiten für hochleistungsfähige Anwendungen eröffnet. Nachdem in den 90er Jahren Festnetzkommunikation und Internet verschmolzen, wachsen nun Mobilkommunikation und Internet zusammen. Die Einführung von UMTS soll zum „Startpunkt in die mobile, digitale Internetwelt“36 werden. Penetration (in Prozent) Teilnehmer (in Mio.) 78,3 80 80 Marktanteil Netzbetreiber (in Prozent) 50 71,6 70 68,1 70 40 60 58,6 50 40 40 28,5 20 10 17,0 3,0 4,6 1,2 2,2 10,1 6,8 6,8 0 30 30 20 15,7 36 37 12,7 7,3 6,7 5,7 2,2 0 Teilnehmer Penetration (Teilnehmer/ Einwohner) 35 13,6 10 10 92 93 94 95 96 97 98 99 00 01 02 03 34 14,4 20 0 Abb. B-7: 41,4 38,3 40,3 39,4 40,4 39,5 60 50 30 42,3 39,8 99 T-Mobile E-Plus 00 01 02 Vodafone O2 Entwicklung des deutschen Mobilfunkmarktes37 Vgl. Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post 2004, S. 33 sowie BITKOM 2004b, S. 12. Im westeuropäischen Vergleich liegt Deutschland dagegen rund 5 Prozent unter dem Durchschnittswert (83%). Hier ist zu berücksichtigen, dass viele europäische Länder noch keine Statistikbereinigungen bezüglich nicht-aktiver Prepaid-Teilnehmer durchgeführt haben. Vgl. BITKOM 2004b, S. 12. BITKOM 2003, S. 10. Quelle linke Grafik: Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post 2004, S. 36. Quelle rechte Grafik: Telecom Handel 2003. Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld 43 Entgegen der dargestellten Marktanteilsverteilung des Festnetzsegments ist der Mobilfunkmarkt hart umkämpft. Bei der Betrachtung der langfristigen Entwicklung zeichnen sich dabei mit T-Mobile und O2 zwei Gewinner ab. Beide Carrier - erstmals seit 2001 liegt T-Mobile nach Anzahl der Kunden vor Vodafone - konnten in den vergangenen Jahren ihren Marktanteil klar ausbauen, während E-Plus und Vodafone in diesem Bereich deutliche Verluste hinnehmen mussten (Abb. B-7, rechte Grafik). Der deutsche Internetmarkt, er umfasst den Internetzugangs- sowie den Content-Markt - ist auf Basis der absoluten Nutzeranzahl nach den USA und Japan der drittgrößte Markt der Welt. Nach relativen Zahlen liegt Deutschland mit einer Internetverbreitung von 49 Prozent über dem europäischen Durchschnitt (2003: 40%).38 Man erwartet, dass sich das Wachstum auf hohem Niveau fortsetzen wird, wobei besonders neue mobile Technologien dem Internetmarkt zusätzliche Impulse geben werden. Bis zum Jahr 2006 wird, bei einem prognostizierten Zuwachs von 3 Millionen Nutzern jährlich, mit insgesamt 50 Millionen Usern gerechnet.39 Die Wettbewerber auf dem Internetmarkt sind Internet Service Provider (ISPs), die den direkten Zugang zum Internet vermitteln, sowie Online-Dienste, die über den Netzwerkzugang hinaus eigene Serviceleistungen (Portale, E-Mail, Datenbanken, Banking etc.) offerieren. 1.4 Anbieterstruktur: Von Spezialisierung bis Full-Service Der Telekommunikationsmarkt ist, wie die meisten der liberalisierten Märkte (z. B. Energie-, Post- oder Verkehrsmarkt), ein Netzeffektmarkt.40 Aufgrund dieser Charakteristik verfügen diese Märkte nach ihrer Öffnung in der Regel über eine ähnliche grundsätzliche Anbieterstruktur. Diese ergibt sich durch die Auflösung eines allumfassenden Monopols, das sowohl für die Erbringung flächendeckender Infrastrukturmaßnahmen (z. B. Aufbau und Instandhaltung von Telefonleitungs-, Energieversorgungs- oder Schienennetzen) als auch für die Bereitstellung von netzgebundenen Leistungen (z. B. Telefonverkehr, Stromlieferung oder Personentransport) verantwortlich war. Aus der Trennung und Freigabe von Netz und Leistung resultiert zum einen ein horizontaler Wettbewerb jeweils innerhalb der Netzbetreiber- und Leistungserbringerebene, zum anderen ein vertikaler Wettbewerb zwischen beiden Ebenen. Im Wettbewerb um Telekommunikationsdienstleistungen, der sich - wie auch die Teilmärkte und Segmente des Marktes - für den Kunden recht unübersichtlich und komplex darstellt, können daher zwei grundsätzliche Anbietertypen unterschieden werden. Neben dem ehemals monopolistischen Netzbetreiber Deutsche Telekom haben sich kurz nach der Liberalisierung vor allem Konzer38 39 40 Vgl. BITKOM 2004b, S. 14; Kommission der Europäischen Gemeinschaften 2002, S. 9. Vgl. BITKOM 2004b, S. 14. Zu Netzeffektmärkten bzw. -gütern vgl. insbesondere Köster 1999; Ehrhardt 2001. 44 Kapitel B ne aus dem Bereich Energie und Verkehr direkt als Betreiber eigener Telekommunikationsnetze positioniert (wie beispielsweise VIAG) oder partizipieren an Betreibern in Form von Unternehmensbeteiligungen. So ist beispielsweise die Deutsche Bahn AG heute im Besitz eines 18prozentigen Unternehmensanteils an der Arcor AG. RWE und VEBA bzw. deren Telekommunikationstochter Vebacom gründeten den mittlerweile in Arcor aufgegangenen Festnetzanbieter o.tel.o.41 Diese Unternehmen profitierten dabei von ihrer bereits vor der Marktöffnung bestehenden Netzinfrastruktur, die sie im Rahmen massiver Investitionen im Vorfeld der Liberalisierung für den Telekommunikationsverkehr vorbereitet bzw. ausgebaut haben.42 Während die Deutsche Telekom historisch bedingt im Festnetzbereich auf eine bis zum Endkunden reichende, bestehende Netzinfrastruktur zurückgreifen konnte, war ihr Wettbewerbsvorsprung im Bereich Mobilfunk wesentlich geringer. Aufgrund neuer digitaler Frequenz- und Übertragungstechnologien haben der Ex-Monopolist und die neuen Anbieter wie D2 Mannesmann (heute Vodafone D2) oder E-Plus nahezu zeitgleich in den Aufbau digitaler Infrastrukturmaßnahmen investiert. Auch aus heutiger Sicht liegt hierin eine wesentliche Ursache der asymmetrischen Wettbewerbsentwicklung in den Marktsegmenten. Neben flächendeckenden Netzbetreibern existieren zahlreiche regionale Netzanbieter. So sind viele Kommunen oder lokale Energieversorger aktiv geworden, um Telekommunikationsdienste aufzubauen oder freie Telekommunikationsressourcen zu vermarkten. Die in diesem Bereich aktiven Unternehmen sind interessante Partner von flächendeckenden Netzbetreibern und umgekehrt. Während flächendeckende Anbieter über die regionalen Netzbetreiber die so genannten „Letzte Meile“ (Local Loop)43 zu Geschäfts- und Privatkunden schließen wollen, benötigen City-Carrier überregionale Verbindungskompetenz, um erfolgreich Kunden zu gewinnen.44 Vor dem Hintergrund der Netzeffektcharakteristik stellen netzunabhängige Telefongesellschaften (Service Provider) wie debitel oder mobilcom die zweite große Anbietergruppe dar. Im Gegensatz zu Netzbetreibern besitzen diese Unternehmen kein eigenes Übertragungswegenetz. Sie bieten auf Basis von Leis- 41 42 43 44 Vgl. Fassnacht 2001. So integrierte z.B. das Netz der Vebacom die Infrastruktur von PreussenElektra, Wintershall Gas und Ruhrgas. Zusammen mit dem Netz der RWE verfügte die RWE/Vebacom-Allianz o.tel.o über Glasfaserstrecken mit einer Länge von 11000 km. Die Bayernwerk Netkom als Tochter des Bayernwerk-Konzerns konnte auf dessen bestehendes Netz von 4000 km Länge zurückgreifen und es privaten und kommerziellen Nutzern zur Verfügung stellen. Das Arcor-Netz bestand im wesentlichen aus dem Netz des Mannesmann-Konzerns sowie dem Lichtwellenleiternetz, welches die Deutsche Bahn entlang der deutschen Bahntrassen installiert hat (vgl. Fassnacht 2001). Local Loop bezeichnet die Verbindung im Teilnehmer-Anschlussbereich zwischen der Vermittlungsstelle und dem angeschlossenen Teilnehmer-Apparat. Im Falle des öffentlichen Fernsprechnetzes ist es der geographische Bereich zwischen der Ortsvermittlungsstelle und dem Vermittlungspunkt im Haus des Kunden (Hauszugangs- oder Telefonanschlussdose). Vgl. Fassnacht 2001. Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld 45 tungen, die sie von Fest- oder Mobilfunknetzbetreibern einkaufen (im Wesentlichen sind dies „switched minutes“), sowohl deren Produkte in von ihnen modifizierter Form als auch eigene Produkte eigenständig an. Unter ihnen gibt es netzunabhängige Anbieter, die eigene „Rechner“ wie z. B. netzübergreifende Plattformen oder Vermittlungsstellen besitzen, ohne jedoch die Funktionsherrschaft über die Netze zu besitzen. Mit Hilfe dieser übergreifenden Technologien sind netzunabhängige Anbieter in der Lage, durch die Aufbereitung von Daten aus den Netzen einen eigenen, über die Vorleistungen der Netzbetreiber hinausgehenden „Mehrwert“ in Form von Mehrwertdiensten zu generieren und zu konzipieren und diese eigenständig zu vermarkten.45 Die wesentliche Geschäftsgrundlage für das (lizenzfreie) Service Providing stellen dabei die Lizenzpflichten der Netzbetreiber dar, die in erster Linie den Netzzugang und die Entgeltgestaltung regeln. Hierüber sind beispielsweise die Betreiber digitaler Mobilfunknetze verpflichtet, mit Service-Providern zu kontrahieren (Kontrahierungszwang) und diese nicht schlechter zu stellen als die jeweils eigenen Vertriebsorganisationen (Diskriminierungsverbot).46 Abbildung B-8 zeigt die Wertschöpfungskette von Schlüsselanbietern der Telekommunikationsbranche in vereinfachter Form. Ausrüster Ausrüster Ausrüster Ausrüster Netze/ Infrastrukturen Technische Applikationen Software Endgeräte Abb. B-8: Vertrag Netzbetreiber (Festnetz, Mobilfunk) Service Provider Kundenakquisition Beratung Verkauf Service Provider Übertragung Dienste Sprach- und Datentransfer Vermittlung Datenaufbereitung Mehrwertdienste etc. Billing Vereinfachte Wertschöpfungskette des Marktes für Telekommunikationsdienstleistungen aus Sicht der Schlüsselanbieter Netzbetreiber und Service Provider In Bezug auf den leistungsbezogenen Differenzierungsprozess lassen sich die unterschiedlichen Anbietertypen des Telekommunikationsmarktes hinsichtlich Leistungsbreite und räumlicher Präsenz unterscheiden (Abb. B-9). Hiernach rangieren Spezialisten für einzelne Technologien und Dienste, die überwiegend auf regional beschränkten Märkten tätig sind, am unteren Ende des Schaubildes. City Carrier sind ebenfalls nur regional tätig, bieten aber eine breitere Dienstleistungspalette. Auf der Seite flächendeckender Anbieter stehen sich fokussierte Mobilfunkanbieter sowie integrierte Komplettanbieter bzw. 45 46 Vgl. hierzu debitel 1999a, Chapter 1 Section 2. Kontrahierungszwang und Diskriminierungsverbot stellen zentrale Regulierungsmaßnahmen zur Herstellung und Förderung des chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs und zur Gewährleistung eines flächendeckenden, marktwirtschaftlichen Angebots dar, die ebenfalls von der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post überwacht werden (vgl. Kapitel B 1.2). 46 Kapitel B (inter-) nationale Vollsortimenter gegenüber. Service Provider nehmen hinsichtlich des Leistungsspektrums - aufgrund der größeren Leistungstiefe netzbetreibender Vollsortimenter - tendenziell eine Mittelposition ein. differenziert City Carrier z.B. HanseNet, NetCologne (Inter-)nationale Vollsortimenter z.B. Deutsche Telekom, France Telecom Service Provider z.B. debitel, Mobilcom Leistungsspektrum Spezialisten z.B. Colt, Star Mobilfunkanbieter z.B. E-plus, Vodafone D2, T-Mobil e fokussiert gering räumlicher Verbreitungsgrad Abb. B-9: hoch Anbietertypen des Telekommunikationsmarktes47 1.5 Entwicklungstrends: Nachfrage bestimmt den Markt Auch in Zukunft werden Telekommunikationsmärkte Objekt und Ursache grundlegender wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Veränderungen sein. Nach einer Studie im Auftrag des BUNDESMINISTERIUM FÜR W IRTSCHAFT UND TECHNOLOGIE ist die zukünftige Markt- und Nachfrageentwicklung im Bereich Telekommunikationsdienstleistungen vor allem durch folgende Faktoren gekennzeichnet:48 War die Angebotsstruktur der Anbieter bislang eher am technologisch Machbaren orientiert (Kunde folgt Leistung), werden in Zukunft wesentlich stärker Nachfrage und Nutzeranforderungen in den Mittelpunkt der Dienstleistungskonfiguration rücken (Leistung folgt Kunde), was zu einer zunehmenden Segmentierung führt. Infolgedessen verstärkt sich - neben Preisund Infrastrukturwettbewerb - der Anbieterwettbewerb mit Dienstleistungen 47 48 Quelle: in Anlehnung an Büllingen/ Stamm 2001, S. 37. Vgl. hierzu und zum Folgenden Büllingen/ Stamm 2001, S. 69 f. Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld 47 und Servicepaketen, die sich gegenüber früheren Massenmarktprodukten durch höhere Flexibilität, Skalierbarkeit, ubiquitäre Verfügbarkeit und Individualisierung auszeichnen (Abb. B-10). 1990 Technische Innovation Liberalisierung Sprache Einfache Datendienste Begrenzter Zugang One-Way-Kommunikation Standardqualität Standardisierte Preise Multi-Stop-Shopping Massenmarkt Begrenztes Know-how 2000 2010 Konvergenz Differenzierung Network Economy Advanced Voice Services Multimediale Anwendungen Multipler Zugang Interaktivität Skalierbare Qualität Preisdifferenzierung One-Stop-Shopping Kundenspezifische Lösungen Höhere Medienkompetenz der Nutzer ausreichend der Nutzer erforderlich Abb. B-10: Entwicklung vom Verkäufer- zum Käufermarkt49 Der Mobilfunk wird als Hauptwachstumsträger des Telekommunikationsmarktes, gefolgt vom Basistelefondienst, an Bedeutung gewinnen. Das Kommunikationsvolumen wird hinsichtlich Häufigkeit, Intensität und Reichweite deutlich zunehmen. Durch den Innovationsschub seit Öffnung des Marktes ist in naher Zukunft nicht mit grundlegenden technologischen Neuerungen zu rechnen. In den kommenden Jahren wird daher der Schwerpunkt auf der Integration und Vernetzung vorhandener Technologien liegen. Die Konvergenz der Telekommunikationsteilmärkte sowie der Märkte für Information, Unterhaltung und Bildung bewirken weitere Impulse für die Entwicklung neuer Dienste und deren Bündelung in Service-Paketen. Die Studie ermittelte ferner folgende Trends, welche die allgemeine Netzentwicklung langfristig prägen werden:50 Die zunehmende Dominanz des Datenverkehrs gegenüber dem Sprachverkehr wird die Konvergenz von Sprach- und Datennetzen beschleunigen. Trotz des weiter zunehmenden Datenverkehrs kommt es zu keiner Verknap- pung von Netzressourcen, da im Rahmen einer Preis-Nachfrage-KapazitätsSpirale auch weiterhin ein dynamischer Ausbau der Netzkapazitäten stattfindet. 49 50 Quelle: Büllingen/ Stamm 2001, S. 70. Vgl. hierzu und zum Folgenden Büllingen/ Stamm 2001, S. 15 f. 48 Kapitel B Die Entwicklung zur durchgehenden Breitbandigkeit der Fern- und Anschlussnetze bis zum Kommunikationsanschluss des Kunden wird flächendeckend breitbandige Dienste und Anwendungen ermöglichen. Der gesellschaftliche Megatrend Mobilität wird als zentraler Faktor für die technische Entwicklung von Netzen und Diensten zunehmende Bedeutung erlangen. Der Zugriff auf Telekommunikationsdienste wird zu jeder Zeit und von jedem Ort aus möglich sein.51 Die Entwicklung mobiler Technologien ist dabei Ursache und zugleich Folge eines sich verändernden Nachfragerverhaltens. Eine Substitution des Festnetzes findet dennoch nur im begrenzten Umfang (Sprachtelefonie) statt. Dieses wird gegenüber Mobilfunknetzen hinsichtlich Leistungsfähigkeit, Datenraten und Kosten des Internet-Zugriffs auch in Zukunft einen zeitlichen Entwicklungsvorsprung von etwa drei bis fünf Jahren haben. Während die Kapazitäten von Festnetzen nahezu unendlich erweitert werden können, bleiben Frequenzen für die mobile Übertragung auch weiterhin knapp. Ebenso bleiben mobile gegenüber stationären Endgeräten in ihrer Konstruktion aufwendiger und in ihrer Funktionalität eingeschränkter.52 51 52 Focus 2003, S. 10. Büllingen/ Stamm 2001, S. 58. Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld 2. 49 Unternehmensexterne Faktoren des Markenumfelds Die bisherigen Ausführungen zu Historie und Entwicklung des Telekommunikationsmarktes skizzierten das Spielfeld, auf dem die Markenführung der Dienstleistungsanbieter stattfindet. In diesem sowie dem folgenden Kapitel werden nun in diesem Kontext bestehende wettbewerbs-, konsumenten-, lieferantenund absatzmittlerseitige sowie unternehmensinterne Umfeldbedingungen analysiert und in ihrer direkten Wirkung auf das Management der Dienstleistungsmarke interpretiert. 2.1 Markenumfeld Wettbewerb 2.1.1 Die David-Goliath-Situation Aus markenstrategischer Sicht resultieren aus der Liberalisierung drei generische Anbietertypen im Wettbewerb, deren Ausgangssituation die grundsätzliche Ausrichtung der jeweiligen markenpolitischen Zielsetzung maßgeblich beeinflusst (Abb. B-11): bestehendes Unternehmen neues Unternehmen bestehender Markt neuer Markt „Goliath“-Position Bsp.: Deutsche Telekom Strategie: Imagewechsel, Umpositionierung „junger Goliath“-Position Bsp.: debitel Strategie: Imageaufbau, Neupositionierung „David“-Position Bsp.: Mobilcom Strategie: Imageaufbau, Neupositionierung Abb. B-11: Generische markenstrategische Ausgangssituationen auf liberalisierten Märkten Die „Goliath-Position“ beschreibt die Lage des ehemaligen Monopolisten, der als einziger Großkonzern des liberalisierten Marktes über langjährige operative Erfahrung, hohe Bekanntheit und Bestandskunden verfügt. Die markentechnische Herausforderung dieser Position besteht im Abbau langjährig entstandener Antipathien, kurz: im nachhaltigen Imagewechsel durch völlige Umpositionierung der ehemaligen Behörde zum modernen Dienstleister. Dabei erweisen sich negative Vorurteile, die mit der Marke des Ex-Monopolisten verknüpft sind, als sehr beständig: „Trotz des objektiven Quantensprungs in Qualität und Innovation lassen sich in der breiten Masse noch immer starke Vorurteile in Richtung Langsamkeit, Behäbigkeit, mangelnde Innovationsfähigkeit deutlich messbar nachweisen. Hier besteht für 50 Kapitel B die Deutsche Telekom das große Problem der Überprägung bestehender Assoziationen, was auch [...] noch einige Zeit so bleiben dürfte.“53 Die Position des „jungen Goliath“ nehmen Konzerne ein, die durch ihr bishe- riges Stammgeschäft über Ressourcen und Schlüsselkompetenzen verfügen, die auch auf dem liberalisierten Markt eingesetzt werden können. Wie beschrieben, haben sich vor allem Energiekonzerne aufgrund infrastruktureller Synergien als Netzbetreiber, aber auch andere branchenfremde Großkonzerne aufgrund operativer Synergieeffekte als Service Provider positioniert (vgl. Fallbeispiel debitel). Für neue Anbieter steht aus markenstrategischer Sicht zunächst der Aufbau von Bekanntheit und Vertrauen im Vordergrund. Dazu haben die Konzerne in der Mehrzahl der Fälle ihre Telekommunikationstöchter namentlich an das Stammhaus angedockt, um hierüber vor allem einen Bekanntheits-, aber auch einen Imagetransfer zu erzielen (VIAG Interkom, debitel, D2 Mannesmann). Fallbeispiel debitel: Stärke durch operative Kompetenz54 Ein Beispiel der Position des „jungen Goliaths“ im Bereich der Service Provider stellt die heute zur Telco Holding zugehörige debitel AG dar, die 1992 als Gemeinschaftsunternehmen der heutigen DaimlerChryslerServices (debis) sowie der Metro VVG gegründet wurde. Die Entwicklung zum größten deutschen Service Provider verdankt debitel primär seiner historisch bedingten Managementkompetenz sowie seiner operativen Vertriebsstärke. Seit Gründung betreibt der Provider eine konsequente Expansion durch übernommene und aufgebaute Vertriebsstrukturen sowie durch Internationalisierung des Geschäfts. So erfolgte beispielsweise 1994 die Übernahme des deutschen Branchenzweiten Bosch Telecom Service GmbH und 1998 die Übernahme der ISP-Infrastruktur der metronet Kommunikationsdienste GmbH & Co. KG, welche die Grundlage für den Einstieg in Internetzugangsdienste sicherte. Nach Gründung und Erwerb zahlreicher Auslandsgesellschaften ist debitel aktuell in fünf europäischen Ländern vertreten. Mit insgesamt über 10 Millionen Kunden positioniert sich debitel heute als größter netzunabhängiger Komplettanbieter für Festnetz, Mobilfunk und Internet. In der Position des „David“ befinden sich Unternehmen, die sich als vollstän- dige Neugründung ohne Historie auf dem liberalisierten Markt positionieren. Da der Aufbau einer Infrastruktur eine nur von Konzernen zu erbringende Kapitalausstattung erfordert, sind die Anbieter primär als Service Provider tätig. Erfolgsfaktoren sind hier primär Geschäfts- und Vermarktungsmodelle als Nischenanbieter (vgl. Fallbeispiel Mobilcom). Im Mittelpunkt markenstrategischer Überlegungen steht die Entwicklung eines hohen Bekanntheitsgrads sowie der Aufbau eines Images. Fallbeispiel Mobilcom: Konsequente Umsetzung der „David-Position“55 Ein Beispiel für die konsequente Umsetzung der „David-Position“ liefert die 1991 von Gerhard 53 54 55 Ohnemus 1999, Expertengespräch. Vgl. zu aktuellen Unternehmensinformationen debitel 2003a. Vgl. zu den Unternehmensinformationen Mobilcom 1997; 2003. Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld 51 Schmid gegründete Mobilcom Communicationstechnik GmbH. Während die meisten Carrier und Provider in irgendeiner Form mit größeren Konzernen verbunden sind, erreichte Mobilcom als Reseller von Mobilfunkprodukten der Firmen T-Mobile, Vodafone und E-Plus einen hohen Bekanntheitsgrad. Mobilcom setzte dabei - unter anderem mit vergleichender Werbung - als aggressiver Billiganbieter konsequent auf eine Gegenpositionierung zum Ex-Monopolisten und konnte aufgrund stark differenzierter Tarifstrukturen schnell wachsen. Aufsehen hat Mobilcom mit einer Anzeige erregt, bei der die typische Farbe und Schriftart der Telekom-Werbung für die Aufforderung verwendet wurde, die Mobilcom-Preselection-Nummer als „die günstige Vorwahl für Telekom-Kunden“ zu nutzen. Eine Preisangabe für die Ferngespräch-Minute und ein Coupon „Ja, ich beauftrage die Deutsche Telekom AG, meinen Anschluss auf die Vorwahl 01019 einzustellen“ waren angefügt.56 Diese und andere Werbeaktionen brachten Mobilcom zahlreiche Sympathien ein. „Jeder, der dem Tanker Telekom „eins auswischen“ wollte, ging zu Mobilcom. Allerdings ist diese Strategie, die nur darauf angelegt ist, eine Gegenposition zu beziehen, langfristig kaum durchzuhalten. Denn mittlerweile hat sich der Telekom-Tanker bewegt und baut systematisch Antipathien ab und Sympathien auf.“57 1996 wurde das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und im März 1997 als eine der ersten Firmen am Neuen Markt der Frankfurter Börse notiert. Nach einer mittlerweile erfolgten Umstrukturierung gehört Mobilcom heute mit ca. 4,5 Millionen Kunden zu den marktführenden Service Providern. Wenngleich die skizzierten Positionen die Anbietersituation der frühen Marktphase bis etwa Ende der Neunziger Jahre kennzeichnen, wirken sie sich bis heute prägend auf die Markenlandschaft der Telekommunikationsbranche, insbesondere aber auch auf die markenstrategischen Optionen und deren Umsetzung durch die einzelnen Anbieter in einem reiferen Telekommunikationsmarkt aus. Vor dem Hintergrund der Markthistorie wird auch verständlich, warum das Thema Marke dabei erst Ende der Neunziger Jahre Einzug in die Managementetagen der Telekommunikationsindustrie gehalten und zur nachhaltigen Entwicklung eigenständiger Marken geführt hat (Arcor, O2). Standen in der ersten Marktphase kurz nach der Liberalisierung - insbesondere im Mobilfunkbereich - die Marketingaktivitäten der Anbieter primär im Zeichen schnellen Wachstums durch Kundenakquisition, verstärken seit einigen Jahren die meisten der Telekommunikationsdienstleister den Versuch, ihre Dienstleistungsprodukte als Marke aufzubauen und zu etablieren: „Marke spielt im Telekommunikationsgeschäft eine ungeheuer wichtige Rolle. Weil Telekommunikation nicht anfassbar ist, muss und wird die Dienstleistung Telekommunikation zu einem großen Teil über Image verkauft (werden). Zwar ist der Preis - gerade im Telekommunikationsmarkt - ein wichtiges Verkaufsargument; in unserem Haus herrscht aber die Überzeugung, dass die vordergründige Kommunikation von und über Preise mittel- und langfristig kein Überleben sichern kann. Erst eine gute Marke bestimmt und vermittelt die Seriosität eines Unternehmens und die gute Erfahrung. Und nur über die Marke kann eine echte Kundenbindung hergestellt werden. Dies gilt insbesondere für den Massen56 57 Köhler 1999, S. 157. Vgl. Brasch 1999, Expertengespräch. 52 Kapitel B markt „Privatkunden“, während im Geschäftskundenbereich neben dem Markenimage zahlreiche weitere Faktoren den Erfolg bestimmen. Umgekehrt ist Markenmanagement entbehrlich, sofern man nicht die Zielsetzung der Kundenbindung verfolgt.“58 Einen weiteren exemplarischen Beleg für diesen Paradigmenwechsel innerhalb der Unternehmensführung, aber auch der Unternehmenskommunikation, liefert der Börsenverkaufsprospekt des internationalen Mobilfunkanbieters Orange aus dem Jahr 2001, der die Relevanz und Stärke der eigenen Marke als ersten Punkt der „Company’s Strengths“ anführt: „The Company believes that the ‘‘Orange’’ brand, which will be transferred into all of the markets in which the Company currently operates, will become one of the most powerful names in the European wirefree communications market. […] The Group intends to introduce the Orange brand in all of the markets where it has controlled operations”59. 2.1.2 Internationalisierung verschärft Markenwettbewerb Wie die Betrachtung der Marktsituation ebenfalls gezeigt hat, trifft der von D'AVENI geprägte Begriff des Hyperwettbewerbs60 mittlerweile auch auf den Telekommunikationsmarkt zu. Hyperwettbewerb kennzeichnet vor allem Branchen, die durch starke Veränderungen hinsichtlich Konsolidierungen, technologischer Innovationen oder Nachfragertrends geprägt sind und manifestiert sich durch Verdrängungskampf um bestehende Marktanteile. Erschwerend kommt hinzu, dass - wie aufgezeigt - im Telekommunikationssektor Marktgrenzen ebenso verschwimmen wie in anderen Branchen: Automobil- und Technologiekonzerne eröffnen Banken, Tankstellen werden zu Supermärkten und Reisebüros, Bahnhöfe zu Shopping Malls.61 Ursache dieser Entwicklung ist die Entstehung zunehmender internationaler Verflechtungen, die den Markenwettbewerb auf nationalen Märkten weiter verschärfen. Insbesondere durch höhere Umsatzvolumina können international agierende Dienstleister in weitaus größerem Maße von Erfahrungs- und Größeneffekten profitieren als national fixierte Marken. Vorteile ergeben sich hierbei auch durch verringerte Kosten für den Aufbau von Markenbekanntheit und image.62 Die zeigt sich, wie im nächsten Kapitel dargestellt, an den zahlreichen Fusionen der letzten Jahre. Dass dieses Phänomen nicht spezifisch für den Telekommunikationsmarkt ist, verdeutlicht beispielsweise der deutsche Touristikmarkt: Hier geht das Wachstum weniger international agierender Reiseveranstalter zu Lasten kleinerer und mittlerer Unternehmen und führt zu einer oligopolistischen Position der Großanbieter.63 58 59 60 61 62 63 Kögler 1999, Expertengespräch. Vgl. Orange 2001, S. 72. Vgl. D’Aveni 1995. Vgl. Herrmann 1999, S. 61. Vgl. Sattler 2001, S. 24. Vgl. Ludwig 2001, S. 61 ff. Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld 53 2.1.3 Markenchaos durch Fusionen Die zahlreichen Unternehmensfusionen der letzten Jahren haben in einem ständigen Wandel zum Aufbau, zur Restrukturierung oder zur Elimination neuer bzw. bestehender Marken geführt. Allein zwischen April 2000 und März 2001 erfolgten im deutschsprachigen Raum 17 Transaktionen im Mobilfunkbereich, worunter sich mit der Übernahme des Mannesmann Telekommunikationsbereichs (Arcor, D2 mannesmann) durch die konkurrierende britische VodafoneGruppe der „Megamerger“ des Marktes befand.64 Der in der Folge von freundlichen oder feindlichen Übernahmen ständige Wechsel von Markennamen und -strategien oder gar das Verschmelzen ehemals konkurrierender Marken stand und steht dabei primär unter dem Vorzeichen des externen Wachstums. Im Kern geht es um die Beschleunigung des Unternehmenswachstums durch übernahmebedingte Kundenakquisitionen, um auf diesem Wege schnellstmöglich zu internationaler Größe zu gelangen. Die mit dieser „fröhlichen Fusionitis“65 einhergehenden Strukturveränderungen des Dienstleistungsmarktes verändern dabei ebenso die vom Konsumenten wahrgenommene, dachmarkendominierte Markenlandschaft.66 Inwieweit der zielgerichtete Aufbau von Marken in solchen Situation überhaupt sinnvoll und möglich ist oder seitens der Unternehmensführung tatsächlich als relevant eingestuft wird, ist dabei ebenso kritisch zu hinterfragen wie die Überlegung, ob das in den Köpfen der Nachfrager aufgebaute „junge“ Markenkapital hinsichtlich der langfristigen strategischen Ausrichtung eines Telekommunikationskonzerns entscheidungsrelevant sein sollte. Aus Sicht des Nachfragers jedenfalls dürfte der branchenweite rasche Markenwandel Irritationen auslösen (s. Fallbeispiel o.tel.o), die zu einem nachhaltigen Glaubwürdigkeitsverlust der Marke als solche führen kann, zumal auf einem Markt, auf dem das „Denken in Marken“ konsumentenseitig erst gelernt werden muss.67 Fallbeispiel o.tel.o: Erfolgreiche Marke als Bauernopfer einer Fusion Der Festnetzanbieter o.tel.o, der 1997 mit Blick auf die Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes als gemeinsame Tochterunternehmung der Stromkonzerne Veba und RWE gegründet wurde, hat sich mit einer nachhaltigen Werbestrategie in kurzer Zeit den Ruf des sympathischen Dienstleisters erarbeitet: „o.tel.o wird in den Augen der Kunden als freundlicher, menschlicher, netter Anbieter „von nebenan“ wahrgenommen. o.tel.o-Kunden legen starken Wert auf preisgünstiges Telefonieren, während technische Aspekte eine sehr geringe Rolle spielen.“68 Kunden, die Anfang 1999 bei o.tel.o einen Festnetzvertrag abgeschlossen haben, waren kurze Zeit später Vertragspartner des Konkurrenzunternehmens Mannesmann-Arcor. Dieses hat im April 1999 den kleineren Konkurrenten mit der Zielsetzung übernommen, den 64 65 66 67 68 Vgl. Arthur Andersen 2001, S. 35 Schwarz 1998. Im Unterschied hierzu nehmen Kunden Fusionen und Übernahmen im Konsumgüterbereich nur indirekt wahr, da Produktmarken i.d.R. weiterhin und unverändert am Markt angeboten werden. Vgl. hierzu Kapitel B 3.1. Kögler 1999, Expertengespräch. 54 Kapitel B Festnetzmarkt mit den zwei Marken Arcor (für Geschäftskunden) und o.tel.o (für Privatkunden) unter Druck zu setzen: „Seit der Übernahme von o.tel.o durch Mannesmann Arcor wird im Festnetzbereich sehr bewusst eine Zwei-Marken-Strategie verfolgt. Die Marke o.tel.o ist eine sehr starke Marke im Privatkundengeschäft, was sich in zahlreichen Analysen herausgestellt hat. Diese Analysen zeigen auch, dass wir mit beiden Marken tatsächlich unterschiedliche Zielkunden ansprechen: o.tel.o ist auf den echten, durchschnittlich telefonierenden Privatkunden ausgerichtet, während Arcor bereits das obere Segment des Vieltelefonierers anspricht. Arcor gilt in dieser Zielgruppe als hochwertiger, technisch perfekter und ausgereifter Anbieter.“69 Anfang 2000 erfolgte unter hohem öffentlichen Interesse die Übernahme von Mannesmann-Arcor durch Vodafone Airtouch. o.tel.o-Kunden gehörten damit - abermals ohne Vertragswechsel zum ehemaligen britischen Rivalen. Ende 2001 gab Arcor-Chef Harald Stöber bekannt, dass die Tochtergesellschaft als eigenständige Marke eingestellt werde. Die Aufgabe der ZweiMarken-Strategie und die Einstellung der Marke sei dabei „eine rein emotionale Entscheidung“70. Arcor übernimmt dabei alle Preselection-Kunden von o.tel.o, die Tarife bleiben aber bestehen, d.h. Preselection-Kunden von o.tel.o telefonieren auch weiterhin ohne Mindestumsatz. Noch im Juni 2001 belegte o.tel.o im Rahmen einer Langzeitstudie in Sachen Service und Kundenbindung den ersten Platz. Abgeschlagen auf Rang 16 landete die Telefonmarke der Mutter Arcor. „Das Resultat dieser Umfrage soll Arcor- Chef Stöber sehr geärgert haben, denn es belegte, dass o.tel.o am Telefonmarkt die bekanntere, sympathischere und leistungsfähigere Marke im Vergleich zu Arcor ist“.71 2.1.4 Markenprofilierung in Pattsituation Eine weitere Folge aus Liberalisierung, Hyperwettbewerb und Internationalisierung besteht in der Homogenisierung des Dienstleistungsangebots. Einerseits ist ein breites Angebotsspektrum die Vorrausetzung, um auf einem liberalisierten Markt überhaupt Fuß zu fassen. Deshalb verfügen die großen Anbieter über ähnliche Angebotspaletten. Andererseits unterscheiden sich die Dienstleistungsangebote in der Wahrnehmung der Telekommunikationskunden kaum in Qualität und funktionaler Ausgestaltung. Hohe Qualität ausgereifter Leistungen wird vom Konsumenten nicht nur erwartet, sondern gefordert. Differenzierung über objektive und funktionale Dienstleistungseigenschaften ist schwierig, weshalb eine Alleinstellung in erster Linie über die Marke und der mit ihr verbundenen Assoziationen des Konsumenten möglich ist. Allerdings ist bei diesem Trend, vom Leistungswettbewerb hin zum Kommunikationswettbewerb, vielfach eine hohe Ähnlichkeit der kommunikativen Auftritte zu verzeichnen.72 In der Folge scheint besonders in vielen Dienstleistungsbereichen eine Verlagerung von der Austauschbarkeit der Leistungen hin zur Austauschbarkeit der Marken stattzufinden, was sich exemplarisch anhand der 69 70 71 72 Kögler 1999, Expertengespräch. Schwarz 2001. Ebenda. Vgl. Esch/ Wicke 2001, S. 19. Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld 55 inhaltlichen Unverbindlichkeit der Marken- bzw. Werbeclaims, der Beliebigkeit eingesetzter Testimonials und der Ähnlichkeit der Werbeträger - vor allem im Sport-Sponsoring - zeigen lässt (Abb. B-12). Unternehmen Claims Testimonials Sport-Sponsoring Arcor Enjoy communication. Hier bin ich richtig. Hertha BSC Berlin debitel Kommunikation ist alles. Felix Magath VfB Stuttgart E-Plus So nah als wär‘ man da! Mobile in mind. Ein Plus verbindet Franz Beckenbauer Claudia Schiffer Rudi Völler DFB Nationalmannschaft o.tel.o For a better understanding. O2 O2 can do. Franz Beckenbauer Anke Engelke Veronica Ferres Dieter Bohlen Bayer 04 Leverkusen BMW Williams F1 Team T-Com Zukunft wird aus Ideen gemacht. Manfred Krug Günther Jauch FC Bayern München T-Mobile Get more. For a better world for you. Stefanie Graf André Agassi Catherine Zeta-Jones Mika Häkkinen Til Schweiger Team T-Mobile T-Online Ich leb Online mit T-Online. Michael Steinbrecher Cosma Shiva Hagen Klaus J. Behrendt Enie van de Meiklokjes Vodafone D2 How are you? Michael Schumacher Hertha BSC Berlin Ferrari F1 Team Manchester United Abb. B-12: Austauschbarkeit der Markenauftritte: Auswahl an Claims, Testimonials und Werbeträgern in der Kommunikation deutscher Telekommunikationsdienstleister (1998-2004)73 2.1.5 Innovationsgeschwindigkeit und Markenpositionierung Ein weiteres Kennzeichen der technikdominierten und hochstandardisierten Branche ist die hohe Innovationsgeschwindigkeit bei der Entwicklung von Leistungen und Leistungsbündeln. Gleichzeitig werden erfolgreiche Innovationen rasch nachgeahmt. Dies gilt zwar auch für viele Bereiche klassischer Marken. Allerdings ist die „Rezeptur“ einer innovativen Dienstleistung, anders als beispielsweise die „Coca-Cola-Formel“, patentrechtlich nicht schutzfähig. Aus dem Umfang und der enormen Geschwindigkeit technologischer Entwicklungen resultiert eine doppelte Problematik für das Service Branding von Tele73 Quelle linke Spalte (Claims): Satelliten Media Design 2003. 56 Kapitel B kommunikationsunternehmen. Hohe Innovationsgeschwindigkeit erschwert die strategische Fokussierung einer Marke auf eine konkrete Markt-LeistungsKombination, weil Telekommunikationsdienstleistungen und -sortimente eine gewisse Variabilität bzw. Heterogenität aufweisen. „Leistungsbezogene dauerhafte Markenabgrenzungen sind in vielen Dienstleistungsbereichen kaum möglich, da die Zeitfenster des Wettbewerbsvorteils durch (technische) Leistungsinnovationen sehr klein sind.“74 Demgegenüber erfordert hohe Innovationsgeschwindigkeit einen - aus leistungsbezogener Sicht - flexiblen Markenkern, der mit der Produktentwicklung „mitwachsen“ kann. Die Reduktion eines vielfältigen Dienstleistungsspektrums auf einen gemeinsamen Nenner führt damit allerdings zur Problematik einer nicht fokussierten Markenpositionierung, die lediglich ein allgemeines Sympathie- und Vertrauensdach für das Leistungssortiment bildet.75 2.2 Markenumfeld Konsumenten Auf der Nachfragerseite des Telekommunikationsmarktes sind, wie auf zahlreichen dynamischen Märkten mit qualitativen Pattsituationen, zwei wesentliche und divergierende Tendenzen zu beobachten: Im Kampf um den Kunden wird dieser immer stärker kommunikativ umworben, gleichzeitig ist er immer weniger zur Informationsaufnahme bereit. Sein Konsumverhalten ist zudem kaum noch prognostizierbar. Auf liberalisierten Märkten kommt erschwerend hinzu, dass sich Konsumenten an den neuen Wettbewerb und das Markenangebot gewöhnen müssen. 2.2.1 Markendenken entwickeln Anders als auf klassischen Markenmärkten können Konsumenten in der Startphase eines liberalisierten Marktes über keine langjährige Markenerfahrung bzw. -konditionierung verfügen. Aus ihren Erfahrungen des Monopolmarktes heraus ist Markenwettbewerb ungewohnt, weshalb Nachfrager das „Denken in Marken“76 zunächst erlernen bzw. sich hieran gewöhnen müssen. Solange Marktleistungen für die Mehrzahl der Konsumenten unproblematische Selbstverständlichkeiten darstellen, ist dieser Entwicklungsprozess nicht abgeschlossen. Man kann davon auszugehen, dass die vollkommene „Markenreife“ liberalisierter Märkte grundsätzlich erst dann erreicht ist, sobald ein Markenmanagement auf das Entscheidungsverhalten derjenigen Konsumentengeneration abzielen kann, für die der Markenwettbewerb - und nicht primär die Leistung - eine Selbstverständlichkeit darstellt. Aus dieser Sicht hat die Relevanz der Marke auf dem Telekommunikationsmarkt noch nicht ihr volles Ausmaß erreicht. 74 75 76 Ohnemus 1999, Expertengespräch. Vgl. hierzu Tomczak 1999, S. 28. Kögler 1999, Expertengespräch. Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld 57 2.2.2 Mangelnde Wechselbereitschaft, geringe Markenbindung Wie die Historie liberalisierter Märkte zeigt, wurde der konsumentenseitige Leidensdruck im monopolistischen und die Wechselbereitschaft im postmonopolistischen Markt vielfach überschätzt. Wie auch im Strommarkt besteht seitens der Nachfrager ein enormes Beharrungspotential. „Schimpfen aber bleiben“ scheint die Devise zu lauten (s. Fallbeispiel Wechselbereitschaft).77 Die neuen Anbieter stehen vor der Herausforderung überproportionaler Anstrengungen, um die Nachfrager zu bewegen: „Nach meiner Hypothese liegt dies auch daran, dass der Deutsche - anders als in anderen Ländern - eine Entscheidung nicht stufenweise, sondern „optimal“ treffen möchte: Wenn er sich entscheidet, muss er das Gefühl haben, sich nicht nur „gut“ im Sinne eines kurzfristigen Vorteils entschieden zu haben, sondern sich „richtig“ entschieden zu haben. Und da es schwierig ist, die optimale Entscheidung zu treffen, wenn man sich nicht intensiv mit dem Thema auseinandersetzt und es sicherlich sinnvolleres für den Kunden gibt, als am Wochenende Mondscheintarife zu vergleichen, besteht die Hauptaufgabe in der Aktivierung der Menschen für die Sache.“78 Fallbeispiel Wechselbereitschaft: Kunden bleiben der Telekom treu79 Der verschärfte Wettbewerb auf dem Festnetz-Markt mit immer neuen Tarifangeboten hat die Mehrheit der Deutschen nicht aus der Ruhe gebracht. Das zeigt eine von Forsa [...] durchgeführte Umfrage. Danach gaben 65 Prozent an, die neuen Möglichkeiten überhaupt noch nicht genutzt zu haben. 30 Prozent haben bereits über andere Anbieter telefoniert. Eine feste Neubindung sind aber nur drei Prozent eingegangen, der Rest machte keine Angaben. Die „Connect“-Studie zeigt auch Wachstumsgrenzen für die Wettbewerber. Mehr als die Hälfte der Deutschen (55%) will nämlich der Deutschen Telekom bis auf weiteres treu bleiben. Während mangelnde Wechselbereitschaft primär den Festnetzmarkt kennzeichnet, zeigt sich im Mobilfunkmarkt ein gegenteiliges Bild. Nach einer Zeit, in der potentielle Kunden von den Mobilfunkkonkurrenten über subventionierte Mobiltelefonpreise gelockt wurden, hat sich bei den Anbietern die Erkenntnis durchgesetzt, dass die lukrative Zielgruppe des umsatzstarken Kunden bereits im Markt ist. „Wer jetzt noch kein Mobilfunknutzer ist, wird in Zukunft voraussichtlich auch nicht zu den attraktivsten, also umsatzstärksten Kunden zählen.“80 Umgekehrt formuliert: Lukrative Neukunden können nur noch von der Konkurrenz abgeworben werden, lukrative Bestandskunden müssen durch kundenbindende Maßnahmen gehalten werden. Im Unterschied zum Festnetzmarkt zeichnet sich der Mobilfunkkunde durch eine hohe Wechselbereitschaft bzw. geringe Markenbindung aus. Nach einer TNS EMNID-Studie tendiert die Hälfte aller befragten Mobilfunkkunden zu einem Anbieterwechsel zum 77 78 79 80 Vgl. Ohnemus 1999, Expertengespräch. Zur Wechselbereitschaft im Strommarkt vgl. GFK 2000. Ohnemus 1999, Expertengespräch. Aus: Der Tagesspiegel vom 22.03.1999 (o.V. Tagesspiegel 1999). Zütphen 2002, S. 22. 58 Kapitel B nächstmöglichen Zeitpunkt, während durchschnittlich nur 11 Prozent der Befragten überzeugte Markenkunden sind. Als besonders signifikant zeigt sich die überdurchschnittliche Höhe wechselbereiter Kunden von Service Providern, während die Netzanbieter - mit Ausnahme von Vodafone - über einen überdurchschnittlich hohen Anteil markentreuer Kunden verfügen (Abb. B-13).81 Gesamt 49% O2 54% T-D1 52% Vodafone 40 36 16 30 10 8 hoch Abb. B-13 3 54% 12 58% 15 47 25 50% 15 43 30 48% 11 42 32 46% 25 10 28% Kunden sind . . . 21 37 38% Mobilcom 39 51% 15 39 42% debitel 36 13 46% Talkline 37 15 50% E-Plus 11 44 28 verbunden schwankend 72% gering Markenbindung verwurzelt 62% 15 wechselbereit Stärke der Markenbindung im deutschen Mobilfunkmarkt82 2.2.3 Information Overload durch hohen Werbedruck Seit Marktöffnung wird der Kunde mit Werbung für Telekommunikationsdienstleistungen regelrecht überhäuft. Innerhalb weniger Jahre hat sich der Telekommunikationsmarkt zu einer der vier werbeintensivsten Branchen im Bereich der klassischen Medien entwickelt, die gemeinsam rund ein Drittel der Gesamtwerbeausgaben in Deutschland ausmachen (Abb. B-14). Der Werbedruck geht dabei nicht nur von neuen Anbietern zur Etablierung neuer Marken und Produkte aus, sondern ebenso bzw. überproportional von der Deutschen Telekom. Nach bereits drastischen Kürzungen gegenüber dem Vorjahr verfügte der Konzern in 2001 über einen Gesamtwerbeetat von 2 Milliarden EUR.83 Hiervon entfielen etwa ein Drittel auf Werbekampagnen in klassischen Medien, zwei Drittel waren für nicht-klassische Marketingaktionen, wie Direktmarketing, Sponsoring und Events bestimmt.84 Die Werbeausgaben für klassische Medien der Deutschen Telekom einschließlich T-Online und T-Mobile machten damit 81 82 83 84 Vgl. Zütphen 2002, S. 23. Quelle: in Anlehnung an TNS emnid, zitiert nach Zütphen 2002, S. 23. Vgl. Delbrouck 2002. Vgl. o.V. Handelsblatt 2002. Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld 59 knapp ein Viertel der Gesamtwerbeausgaben der Telekommunikationsbranche aus.85 Den größten Werbeetat unter den Einzelunternehmen stellte mit 130 Millionen EUR Vodafone D2, gefolgt von Deutsche Telekom (Festnetz, 86 Millionen EUR), O2 und T-Mobile (jeweils knapp 72 Millionen EUR) und E-Plus (70 Millionen EUR).86 Werbeinvestitionen in klassische Medien 2001 (in Millionen Euro) 1750 1692 1692 1542 1500 1250 1055 1000 848 750 603 592 574 535 500 395 395 363 250 0 Massenmedien Abb. B-14 Automobil Handel Tele- Süßwaren Spezial- Pharma Finanz- Finanz- Unterkommuverdienst- anlagen nehmensnikation sender leistungen werbung Die Telekommunikationsindustrie als Top-Werbebranche87 Damit liegt die Telekommunikationsbranche voll im Trend. Denn „Viel hilft viel!“ scheint die Devise zahlreicher Marketing- und Kommunikationsexperten zu lauten, nach welcher der Erfolg einer Marke hauptsächlich von der Höhe der Werbeausgaben abhängt. Beleg hierfür ist die in den vergangenen Jahren allgemeine drastische Zunahme von Werbekampagnen in klassischen Medien sowie das enorme Wachstum der Medienbranche selbst. Neben Radio- und Fernsehsender, Tageszeitungen und Plakatanschlagstellen ist die intensive kommunikative Nutzung des Mediums Internet gerückt. Ferner fließt ein Großteil von Kommunikationsinvestitionen in so genannte, die klassischen Kommunikationsmaßnahmen ergänzende „Below-the-line-Aktivitäten“ wie etwa Events, Sponsoring oder Product Placement.88 Dass die inflationäre Ausweitung von Kommunikationsmaßnahmen nicht automatisch mit einer besseren Wirkung der Marke beim Konsumenten einhergeht, belegt eine Gemeinschaftsstudie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) 85 86 87 88 Vgl. Connect 2002, S. 109. Vgl. Connect 2002, S. 109. Quelle: A.C.Nielsen Marktforschung zitiert nach Connect 2002, S. 107. Vgl. Esch/ Wicke 2001, S. 15. 60 Kapitel B sowie dem Gesamtverband Kommunikationsagenturen (GWA). Hieraus geht hervor, dass sich durch eine hundertprozentige Steigerung des Werbedrucks lediglich eine durchschnittliche Marktanteilssteigerung von 3,5 Prozent erzielen lässt.89 Gleichzeitig wird, wie der Telekommunikationsbereich sehr plastisch verdeutlicht, durch höheren Werbedruck auch der Gegendruck der Konkurrenz verstärkt. Dies führt zu weiteren Effizienzeinbußen der Werbewirkung90 und leistet dem zunehmenden Information Overload des Konsumenten Vorschub.91 Nach einer Studie des Instituts für Konsum- und Verhaltensforschung aus dem Jahre 1987 gingen damals bereits 98 Prozent der dargebotenen Informationen ungenutzt am Konsumenten vorüber bzw. wurden lediglich zwei Prozent der Informationen aufgenommen.92 2.2.4 Geringes Involvement für Dienstleistungsangebote Geringes Involvement der Konsumenten für Telekommunikationsdienstleistungen stellt eine weitere erschwerende Rahmenbedingung der Markenführung dar.93 Grundsätzlich kann die wettbewerbsbedingte hohe Ähnlichkeit konsumtiver Dienstleistungen aus der subjektiven Sicht des Nachfragers - trotz der spezifischen Unsicherheitsprobleme des Produkts Dienstleistung - eine relative Reduktion ökonomischer und psychosozialer Risiken bewirken, die mit dem Abschluss eines Dienstleistungsvertrages verbunden sind.94 Hieraus resultiert grundsätzlich ein geringes kognitives und emotionales Involvement der Konsumenten für die angebotene Dienstleistung,95 das sich beispielsweise in Form geringer Zeitaufwendungen für die Betrachtung von Werbung oder Angeboten niederschlägt. So werden einseitige Zeitungsanzeigen nicht länger als zwei Sekunden betrachtet.96 Mit Blick auf die Marktsegmente des Telekommunikationsmarktes können bezüglich des Involvement durchaus Unterschiede festgestellt werden: Der Mobilfunkmarkt verfügt hier über eine gewisse Eigendynamik, da er von der Hardware dominiert wird. „Kunden kaufen kein Netz und keine Telefonkarten, sie kaufen Handys. Diese Handys [...] werden nach wie vor ohne Netzpräferenz erworben. Der Handymarkt wird von Nokia dominiert und Anbieter, die diese Handys nicht anbieten, haben keine Chance.“97 Im Unterschied hierzu spielt im Festnetzbereich die Hardware keine Rolle, da der Verbundcharakter der Produktkombination „Telefon-Telefonnetz“ kaum vorhanden ist. Und hier haben die 89 90 91 92 93 94 95 96 97 Vgl. Gesamtverband Kommunikationsagenturen 2000a. Vgl. Buchholz/ Wördemann 1998, S. 18. Diese Situation stellt aus spieltheoretischer Sicht ein „Gefangenendilemma“ dar. Vgl. Esch/ Wicke 2001, S. 17 f. Das Involvementkonzept wurde 1965 durch Krugman in die Marketingtheorie eingeführt und hat sich seitdem zu einem grundlegenden Ansatz des Konsumentenverhaltens entwickelt. Vgl. Rossiter/ Percy 1997, S. 166 f. Vgl. Haedrich/ Tomczak/ Kaetzke 2003, S. 57 f. Vgl. Esch 2004, S. 32. Brasch 1999, Expertengespräch. Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld 61 Kunden sehr schnell verstanden, „dass die Wahl der Telefongesellschaft im Festnetzmarkt nur über den Preis geht.“98 Das Involvement richtet sich daher primär auf Tarife und Preisstrukturen. 2.2.5 „Irrationales“ Konsumentenverhalten Eine generelle und wesentliche Rahmenbedingung und Herausforderung für die Markenführung ergibt sich aus den veränderten Konsumgewohnheiten des „neuen“ Konsumenten. Waren Verbraucher früher noch relativ einfach über klare Präferenzmuster greifbar, „so ist ihr Konsumverhalten heute komplex, bipolar, ja in vielerlei Hinsicht sogar widersprüchlich geworden“99. Der Verbraucher befindet sich zunehmend „in Bewegung“ und verhält sich wie ein „Fisch“100. Die Beschreibungen dieses Verhaltens, sie reichen von situativ, hybride oder multioptional bis hin zu paradox und schizophren,101 sind ebenso vielschichtig wie die Kategorien der neuen Käufersegmente (System Beater, Smart Shopper, Schnäppchenjäger etc.)102. Zahlreiche Sozial- und Konsumentenforscher sehen die Ursachen des modernen Konsumentenverhaltens im Wandel,103 Pluralismus104 und in der Synthese105 gesellschaftlicher Werte und Normen. Die heutigen Wertestrukturen manifestieren sich beispielsweise in Form zunehmender Erlebnisorientierung, in Umwelt-, Natur- und Gesundheitsbewusstsein, in Freizeitorientierung, internationaler und multikultureller Ausrichtung, Hedonismus und individueller Selbstentfaltung.106 Wenngleich durch diese Entwicklung die potentiellen Zugangsmotive zu Marken heute sehr viel breiter sind als noch vor einigen Jahren,107 hat die Marke ihre grundsätzlichen Funktionen der Orientierung und Differenzierung nicht eingebüsst. Insbesondere auf Märkten, auf denen die Marke als Garant eines relevanten Qualitätsvorsprungs oder als Ausdruck eines individuellen Lebensstils wahrgenommen wird, sind Markenkaufbereitschaft und Markenbewusstsein der Konsumenten unverändert hoch.108 2.3 Markenumfeld Lieferanten und Absatzmittler In Bezug auf Lieferanten und Absatzmittler weist der Telekommunikationsmarkt in seiner Eigenschaft als Netzeffektmarkt eine aus markenstrategischer 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108 Brasch 1999, Expertengespräch. Herrmann 1999, S. 63. Vgl. Horx 1995, S. 60. Vgl. Schmalen/ Lang 1998, S. 5; Schüppenhauer 1998, S. 5; Liebmann 1996, S. 41. Vgl. Esch/ Wicke 2001, S. 23 ff. Vgl. Inglehart 1995 sowie 1998. Vgl. Bismarck/ Baumann 1996, S. 76. Vgl. Herbert 1993, S. 2. Vgl. zusammenfassend Esch/ Wicke 2001, S. 21 ff. Vgl. Buchholz/ Wördemann 1998, S. 29 ff. Vgl. Esch/ Wicke 2001, S. 27 ff. 62 Kapitel B Sicht wesentliche Besonderheit auf. Die aus der regulierungstechnisch bedingten Trennung von Netz und Leistung entstandenen Schlüsselanbieter Netzbetreiber und Service Provider stehen nicht nur untereinander im Markenwettbewerb, sondern sind gleichzeitig über eine Lieferanten-/Vertriebsbeziehung eng miteinander verbunden. So sind Netzbetreiber als Produzenten eigenvermarkteter Leistungen gleichzeitig Zulieferer für Service Provider, während Service Provider als Konfigurator fremder Netzleistungen zugleich Konkurrenz und Vertriebskanal für Netzbetreiber darstellen. Diese Konstellation bedingt eine insbesondere für Service Provider grundsätzliche Wettbewerbs- und Differenzierungsproblematik, die auch anhand der bereits dargestellten Wertschöpfungskette109 deutlich wird. Netzbetreiber, die auf die gesamte Wertschöpfungskette Zugriff haben, verfügen besonders mit breitbandigen Netzen über „essential facilities“, die für den gesamten Leistungserstellungsprozess von fundamentaler Bedeutung sind.110 Zwar können Service Provider diese Fähigkeiten regulationsbedingt ebenfalls nutzen, doch besitzen sie keinerlei eigenständige technische Differenzierungsmöglichkeiten, die nicht ebenfalls von einem Netzbetreiber kurzfristig aufgebaut werden könnten. Die einzige sich aus der Marktstellung des Service Providers ergebende Alleinstellungsmöglichkeit (gegenüber Netzbetreibern) besteht in der netzübergreifenden Kundenberatung im Vorfeld eines Vertragsabschlusses, einer Leistung also, die der Kunde auch ohne Kaufvertrag in Anspruch nehmen oder gleichermaßen mit Hilfe von Fachzeitschriften oder Internetrecherchen abfragen kann. Eine leistungsbezogene Differenzierung gegenüber anderen Service Providern kann primär über die Konfiguration attraktiver Preis-LeistungsBündel oder über die Entwicklung intelligenter Mehrwertdienste erfolgen. Aufgrund der Dynamik und der Vielzahl von Innovationen in diesem Sektor ist die Strategie der meisten Anbieter bis heute von einem kreativen „Trial-and-Error“Verhalten bestimmt, was sowohl die Angebote als auch die Unternehmensstrukturen betrifft. 109 110 Vg. Abb. B-8 Vgl. Büllingen/ Stamm 2001, S. 38. Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld 3. 63 Unternehmensinterne Faktoren des Markenumfelds Um das unternehmerische Erfolgspotential des Service Branding zu realisieren, sind seitens des markenführenden Unternehmens eine Vielzahl operativer Anforderungen zu erfüllen, die sowohl finanzielle, personelle, juristische als auch organisatorische Aspekte umfassen. Faktisch aber erfolgt das Markenmanagement der Telekommunikationsdienstleister oftmals unter Voraussetzungen, die zu enormen Problemen in der strategischen und operativen Umsetzung führen. Da operative Aspekte nicht Gegenstand dieser Arbeit sind, werden nachfolgend nur einige kritische unternehmensinterne Faktoren beziehungsweise Problemfelder des Service Branding exemplarisch erörtert. 3.1 Brand Excellence als Kernbedingung Aufbau und Führung starker Marken ist ohne Brand Excellence in markenführenden Unternehmen unmöglich. Brand Excellence umfasst neben hoher Markenkompetenz, dem Verständnis um das Funktionieren von Marken, ebenso klare Markenverantwortlichkeit, d.h. eine klare zu- und übergeordnete Führungs- und Richtlinienkompetenz für strategische und operative Markenentscheidungen. Brand Excellence erfordert eine feste Verankerung auf TopManagement-Ebene, weil ohne „Leadership [...] die volle Ertragskraft einer Marke nicht ausgeschöpft werden“111 kann. Gleichzeitig müssen Markenkonzepte derart manifestiert sein, dass sie Führungswechsel unbeschadet überstehen können, ohne Gegenstand persönlicher Profilierung zu werden.112 Die Frage nach der Brand Excellence konnten zahlreiche Unternehmen des Telekommunikationsbereichs lange Zeit nur sehr dürftig beantworten, einige bis heute nicht. Auch hier lassen sich Probleme auf die Markt- und jeweilige Unternehmenshistorie zurückführen: Denn in der Start-up-Phase des deregulierten Marktes,113 aber auch zahlreicher neugegründeter Telekommunikationsunternehmen spielte Technik die dominierende Rolle (s. Fallbeispiel VIAG Interkom). „In dieser Phase wird das Thema Vermarktung als zweitrangig angesehen: Es dominiert die Sichtweise der Ingenieure. Und dabei wird schlicht vernachlässigt, dass sich auf der Kundenseite eben keine Ingenieure befinden.“114 In der Folge bestimmten und bestimmen in zahlreichen Unternehmen Vertrieb und Handelsmarketing die Werbeinhalte. 111 112 113 114 Vgl. Mei-Pochtler 1998, S. 77. Vgl. hierzu das folgende Kapitel B 3.2. Vgl. Abb. B-10. Ohnemus 1999, Expertengespräch. 64 Kapitel B Fallbeispiel VIAG Interkom: Von der Technikdominanz zum Markenmanagement115 Bis 1998 wurden unter dem Markenzeichen VIAG Interkom (Schrifttyp, gelb-weiß) verschiedene Produkte angeboten, „die irgendetwas mit Telekommunikation (Festnetz, Mobilfunk, Internet) zu tun hatten, aber weiter keine Gemeinsamkeiten aufwiesen“. Danach hat sich VIAG Interkom intensiv mit Marke beschäftigt: Es erfolgte die systematische Suche nach und Definition von Gemeinsamkeiten des heterogenen Leistungsspektrums und die Beantwortung der Frage, wofür die Marke stehen soll. Auf inhaltlicher Ebene sollte VIAG Interkom für Innovation und Telekommunikation, auf emotionaler Ebene für „Herz und Motor der Telekommunikation“ stehen. Des weiteren sollte - auch in Abgrenzung zur Deutschen Telekom - das Unternehmen die Konnotation „frech und pfiffig“ erhalten. „Allerdings müssen wir hierbei beachten, nicht unseriös zu wirken und nicht pfiffig in dem Sinne zu sein, den Markt abzuschöpfen, wie dies bei bestimmten Konkurrenten zu beobachten ist.“ Für VIAG Interkom bedeutete dies im Umkehrschluss, alle Maßnahmen und Leistungen, die diese Dimensionen nicht unterstützen, konsequent aus der Markenkommunikation zurückzunehmen. In der Konsequenz wurde die Call-by-Call-Nummer als günstige Gelegenheit zum Telefonieren kommuniziert. Vor dem Markenauftritt lautete die Botschaft: „VIAG Interkom bietet mit 01090 eine günstige Gelegenheit zu telefonieren.“ Hier hat sich die Gewichtung der Kommunikationsinhalte zu Gunsten der Marke verlagert. Gleichzeitig grenzte sich VIAG Interkom von Konkurrenten ab, die in ihrem Werbeauftritt primär die Preisdimension dramatisieren. „Wenn wir heute als Marke VIAG Interkom mit dem Verbraucher sprechen, tun wir dies über Produkte mit wirklich innovativen Komponenten, die damit unsere Markeninhalte unterstützen. Hier setzen wir das Produkt GENION quasi mit der Marke VIAG Interkom gleich.“ Organisatorisch wurde der Schritt von Technikfokussierung zum Markenmanagement durch Aufteilung in die Funktionen Brand Management und Product Management begleitet: Der Aufgabenbereich des Product Management umfasst die Entwicklung von Produktkonzepten (technische Umsetzung, Preisspannen etc.). Aufgabe des Brand Management ist, diese Produkte kommunikativ umzusetzen und sie am Markt entsprechend anzubieten und zu verkaufen. Beide Bereiche arbeiten eng zusammen und stimmen sich ab - hinsichtlich der technischen Möglichkeiten („Was können wir?“) und der marktlichen Erfordernisse („Was brauchen wir?“). 3.2 Kurzfristiger Erfolgsdruck vs. langfristiger Markenerfolg Ein Gütekriterium der organisatorischen und institutionellen Verankerung und Umsetzung des Markenmanagements besteht in der Kompatibilität zwischen kurzfristigem Erfolgsdruck bzw. Erfolgsdenken des Managements sowie der erforderlichen Ausdauer und Langfristigkeit bei Markeninvestitionen.116 Ursächlich für die Dominanz des kurzfristigen Managementfokus können anreizinkompatible Entlohnungsmechanismen sein. Sie sind dadurch gekennzeichnet, dass die Höhe des variablen Gehaltsanteils von Markenmanagern an 115 116 Ohnemus 1999, Expertengespräch. Das Fallbeispiel bezieht sich auf die Zeit vor der Umfirmierung von VIAG Interkom in O2 Germany Anfang 2002. Vgl. Aaker 1996, S. 34. Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld 65 Ziel- und Erfolgsgrößen (wie z. B. die jährliche Umsatzveränderung) gekoppelt ist, in denen sich langfristige Unternehmensziele oder Markenkennziffern nicht widerspiegeln. Vor diesem Hintergrund verhalten sich Markenmanager durchaus ökonomisch rational und systemkonform, wenn sie die Mitarbeit an einer Marke zur kurzfristigen Profilierung der eigenen Vita oder als Karrieresprungbrett nutzen. Langfristige Auswirkungen ihrer Entscheidung auf die Marke werden dann vernachlässigt.117 Anreizkompatibilität würde hier den Einsatz von Erfolgsgrößen erfordern, die gleichzeitig zur Beurteilung der eigentlichen Markenführungsqualität geeignet sind.118 Ähnliche temporale Inkompatibilitäten kann auch die einseitige Orientierung auf den Shareholder Value bewirken, dessen Fokus ebenfalls auf eine kurzfristige Optimierung der (Quartals-)Gewinne anstatt auf die langfristige Unternehmensentwicklung ausgerichtet ist.119 So können Maßnahmen wie preis- und konditionenpolitische Verkaufsaktionen, die etwa aufgrund ihrer quantitativen Umsatzwirkung durchaus zu kurzfristigen Aktienkurssteigerungen führen, im Gegenzug auf mittlere bis lange Perspektive das Markenkapital ruinieren. Insgesamt verdeutlichen diese Beispiele nicht nur die Notwendigkeit der organisatorischen und institutionellen Verankerung des Markenmanagements, sondern ebenso die Erfordernis eines professionellen Markencontrollings, das den immateriellen Wert der Marke als verhaltensbeeinflussendes Vorstellungsbild im Gedächtnis der Verbraucher auch in finanzwirtschaftlichen Konzepten berücksichtigt bzw. integriert. 3.3 Markenverantwortung und die Rolle der Werbeagenturen Im Zusammenhang des Markenauftritts stellt sich die Frage nach der Rolle der Werbeagenturen. Der Kern einer Agenturleistung, die visuelle Umsetzung und Dramatisierung einer Markenstrategie, ist ein höchst kreativer, künstlerischschöpferischer Prozess. Erfolgreiche Markenumsetzung erfordert daher zwingend das Zusammenspiel zweier Kräfte: des markensensitiven Managements und der kreativen Werbeagentur. Dabei gilt allerdings, dass auch die beste Agentur keine Marke nachhaltig etablieren kann, wenn dem Auftraggeber das Verständnis und die Sensibilität für Marke fehlt. Und umgekehrt ist auch die beste Markenstrategie eines Auftraggebers erfolglos, wenn die Agentur keine hervorragende Kreativleistung erbringt. Das markenführende Unternehmen befindet sich hier in der Bringschuld einer klaren Markenvision und -strategie, an denen die Kreativleistung der Agentur ansetzen muss.120 117 118 119 120 Vgl. Esch 2004, S. 56. Zu Anforderungen an anreizkompatible Entlohnungssysteme vgl. Laux 1990. Vgl. Tomczak/ Coppetti 2004, S. 287. Brasch 1999, Expertengespräch. 66 Kapitel B Dienstleistungsunternehmen Projektspezifische Kooperation Eigener Geschäftszweck Fehlende oder unvollständige Markenstrategie Unvollständige Aufgabenstellungen und Briefingunterlagen Zeitdruck Erfolgsdruck Abb. B-15 Werbeagentur Eigener Geschäftszweck Mangel an erforderlichem Kooperationsprobleme leistungs- und unternehmensspezifischem Know-how Erfolgsdruck „Agenturstempel” prägt Marke Ursachen für Kooperationsprobleme mit Werbeagenturen Dieser Zusammenhang verdeutlicht nochmals, dass Markenführung eine nicht delegierbare Unternehmensaufgabe ist. „Man kann sich Hilfestellungen, Anregungen usw. holen, muss aber am Ende selbst entscheiden, welche Markengrundsatzstrategie aus der Vielzahl möglicher Alternativen gewählt wird und muss diese - auch in Zusammenarbeit mit Agenturen - konsequent verfolgen.“121 Fehlende oder mangelnde Brand Excellence des Markeninhabers, Unsicherheit oder Unvermögen in der Frage, was Marke ist und wie man Marke führt, dürfte daher, neben der „falschen“ Agenturwahl, eine der häufigsten Ursachen zentraler Kooperationsprobleme und erfolgloser Markenumsetzungen sein (Abb. B-15). Denn jede Werbeagentur hat den Geschäftszweck, Werbung zu verkaufen. Hieraus generiert sie Umsatz und Ansehen, weshalb es für sie und ihre Mitarbeiter oftmals das wichtigste Ziel ist, auffallende und ungewöhnliche Werbung zu kreieren. „Dies hilft nicht zwingend der Positionierung einer relevanten, starken Marke. Insofern sind Agenturen sicher wichtig, aber Firmen, die nicht über eine interne starke Steuerung verfügen, sind verloren. Und gerade das oftmals fehlende Markenverständnis von Dienstleistern macht diese Firmen zu einem Eldorado für Agenturen und Berater, die sich ja dieser Situation bewusst sind: Und was man dann zum Teil angeboten bekommt, ist wirklich eine Frechheit.“122 121 122 Ohnemus 1999, Expertengespräch. Ebenda. Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld 4. 67 Anwendungsorientierte Implikationen als Zwischenfazit Die Betrachtung unternehmensexterner und -interner Umfeldfaktoren von Marken für Telekommunikationsdienstleistungen hat gezeigt, dass diese in vielfältiger Form Einfluss nehmen auf Notwendigkeiten und Möglichkeiten der strategischen Markenführung. Dabei resultieren die multikausalen Problemund Wirkungszusammenhänge aus dem Zusammenwirken allgemeiner Anforderungen an das Markenmanagement sowie situativer Rahmen- und Leistungsbedingungen des Telekommunikationsmarktes. Im Folgenden sollen das Spektrum umfeldbedingter Herausforderungen aus problemorientierter Sicht interpretiert sowie markenrelevante Implikationen als realitätsorientierte Grundlage der weiteren Untersuchung abgeleitet werden. 4.1 Umfeldbedingte Herausforderungen Betrachtet man die skizzierten Faktoren des Markenumfelds vor dem Hintergrund der forschungsleitenden Frage bzw. Zielsetzung dieser Arbeit (Stichwort: Aufbau innerer Markenbilder zur Steigerung der Präferenzbildung), lassen sich hieraus als besondere Schwerpunkte Herausforderungen in der strategischen Markenabgrenzung, der nachhaltigen Markenprofilierung sowie der Wirkungseffizienz der Markenkommunikation ableiten. Strategische Markenabgrenzung Vorbei sind die Zeiten, in denen man „einfach nur telefonieren“123 konnte und wollte: Telekommunikationsdienstleistungen entwickeln sich seit der Öffnung des Marktes in einer Aufwärtsspirale aus technologischer Innovation und veränderten Konsumentenbedürfnissen zu komplexen Leistungspaketen, die für den Kunden immer schwieriger zu überschauen sind. Gleichzeitig weisen die Sortimente der einzelnen Anbieter eine wettbewerbs-, technologie- und innovationsbedingt hohe Veränderungsdynamik (Variabilität) und Heterogenität auf. Vor diesem Hintergrund ergeben sich für das Service Branding von Telekommunikationsdienstleistern Herausforderungen bei der strategischen Markenabgrenzung (Abb. B-16), in deren Mittelpunkt die Gestaltungsentscheidung steht, unter welchen und wie vielen Marken der Anbieter welche und wie viele Dienstleistungen vermarktet.124 Für Telekommunikationsdienstleister erweist sich ei123 124 „Ich will doch einfach nur telefonieren!“: Werbespruch eines Mobilfunkanbieters in den 90er Jahren. Aus klassischer Sicht begründet diese Entscheidung die Wahl einer Dach-, Programm-, oder Einzelmarkenstrategie bzw. deren Kombination. Im Falle einer Mehrmarkenstrategie umfasst das markenstrategische Gestaltungsfeld auch die Architektur der Marken und ihrer Beziehungen zueinander. Mehrmarkenstrategien können horizontal (z. B. zwei Programmmarken) und vertikal (z. B. Dachmarke mit Programm- und Einzelmarken) ausgerichtet sein (vgl. Esch 2004, S. 391). 68 Kapitel B ne langfristige Markenabgrenzung auf Leistungsebene als kaum möglich, da die Zeitfenster des Wettbewerbsvorteils durch (technische) Leistungsinnovationen sehr klein sind.125 Die Beziehung zwischen Programm- bzw. Leistungsmarke und den jeweils zugrunde liegenden Dienstleistungen ist somit einem ständigen Veränderungsprozess ausgesetzt, der zwangsläufig zum Problem der Anpassungsnotwendigkeit und Kontinuität des Markensystems führt. Zudem bewirkt die zunehmende Konvergenz der Telekommunikations-Teilmärkte die immer stärkere Vernetzung von zuvor eigenständigen Leistungen. Gerade bei den auf die Teilmärkte Festnetz, Mobilfunk oder Internet ausgerichteten Marken führt dies in der Folge zu Störungen in der Markenwahrnehmung der Konsumenten, sowohl in der Trennschärfe als in der Anordnungslogik der Markenarchitektur.126 Die Aufgabe der Entwicklung von Markenstrategien für Telekommunikationsdienstleistungen muss demzufolge in einem Spannungsfeld zwischen notwendiger Kontinuität und gleichzeitig erforderlicher Anpassung gelöst werden,127 was auch ein gewisses Dilemma des klassischen Ansatzes (Dachmarke versus Programmmarke) offenbart. Ursachen Wettbewerbs- und technologisch bedingte hohe Innovations- und Veränderungsdynamik des Dienstleistungsangebots Konvergenz der Teilmärkte/ Marktsegmente Hohe Variabilität einzelner Dienstleistungen Hohe Variabilität einzelner Dienstleistungssortimente Markendehnung: Ausweitung und Veränderung des Leistungskatalogs unter bestehendem Markendach Hohe Heterogenität des Dienstleistungsangebots im Gesamtmarkt Hoher Abstraktionsgrad der Gesamtmarke Herausforderungen Problem der Gestaltung kontinuierlicher Leistungsmarken Problem der Gestaltung kontinuierlicher Sortimentsmarken Mangelnder Fit zwischen Marke und Dienstleistungen Problem der nicht integrierten Markenwahrnehmung durch den Konsumenten Schwache Wahrnehmung der Markenidentität durch den Konsumenten ("leere" Marke) Abb. B-16: Herausforderung strategische Markenabgrenzung Die Interdependenz dieser Aufgabe mit Fragen der Markenpositionierung und -profilierung verdeutlicht, dass Entscheidungsabläufe bezüglich Markenstrategie und -inhalt nicht isoliert, sondern integriert stattfinden sollten. Dennoch trägt eine sachlogische Trennung zum besseren Problemverständnis sowie zur (internen) Strukturierung und Ordnung des komplexen Entscheidungsprozesses im Service Branding bei. Der strategischen Gestaltung der Marke-LeistungsRelation kommt so, als Gerüst der Markenführung, eine Schlüsselrolle im Service Branding zu. 125 126 127 Ohnemus 1999, Expertengespräch. Vgl. hierzu Esch 2004, S. 403. Vgl. Jenner 1999, S. 151. Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld 69 Nachhaltige Markenprofilierung Während also die strategische Markenabgrenzung unter anderem die Grundsatzentscheidung über die Anzahl der Marken umfasst, kommt der Markenprofilierung bzw. Markenpositionierung die Aufgabe der inhaltlichen Ausgestaltung der jeweiligen Marke sowie des Aufbaus eines positiven, differenzierenden und relevanten Markenimages zu.128 In diesem Zusammenhang erweisen sich die Möglichkeiten der Gestaltung eines differenzierten Markenprofils auf inhaltlicher und objektiver Leistungsebene für Telekommunikationsanbieter aufgrund zahlreicher umfeldbedingter Ursachen als schwierig (Abb. B-17). Ursachen Austauschbarkeit/ Ähnlichkeit der Leistungen Hohe Nachahmungsgeschwindigkeit Hohe Innovationsgeschwindigkeit Liberalisierung Herausforderungen Leistungspatt Mangel an objektiven Differenzierungsmöglichkeiten Kurzfristigkeit objektiver Differenzierungsvorteile Schneller Wandel des Leistungssortiments Hoher Abstraktionsgrad des Markenkerns Problem der dauerhafter Leistungsdifferenzierung im Wettbewerb Problem der Bestimmung der Markenidentität David/Goliath-Situation Gefahr der Austauschbarkeit von Marken Schwache Wahrnehmung der Marke durch den Kunden Eigenständige Differenzierung im Wettbewerb Überwindung von Wechselbarrieren Low Involvement Intensiver Preiswettbewerb Gestaltung langfristiger Profilierung trotz Preiskampf Konsumenten sind noch nicht an Marken "gewöhnt„ Schaffung von Markenakzeptanz Überwindung Low Involvement Überwindung der geringen Wechselbereitschaft von Kunden Evaluierung relevanter Differenzierungsmerkmale Hohe Preissensibilität der Kunden Abb. B-17: Herausforderung nachhaltige Markenprofilierung Der von Konsumgütermärkten sattsam bekannten hohen Austauschbarkeit und Ähnlichkeit der Leistungen begegnen diese oftmals mit einer Markenkerngestaltung von hoher Beliebigkeit (innovativ, sympathisch, nett etc.), die zu einer Wiederholung der Austauschbarkeit und Ähnlichkeit auf Positionierungsund Imageebene führt. Eine telekommunikationsmarktspezifische Ursache nicht differenzierter Markenpositionierung und -wahrnehmung liegt auch in liberalisierungsbedingten Umständen. Unter den neuen Wettbewerbern bestand und besteht teilweise noch die Tendenz, den ehemaligen Monopolisten zum Bezugspunkt eigener Positionierungsstrategien zu machen.129 Auch hieraus er128 129 Vgl. hierzu Kapitel C 2.2.2. Zum Zusammenhang zwischen Markenprofilierung und -positionierung sowie Markenidentität und Markenimage vgl. Haedrich/ Tomczak/ Kaetzke 2003, S. 29 ff. sowie Esch 2004, S. 87. Ohnemus 1999, Expertengespräch. 70 Kapitel B klärt sich die häufige Verwendung allgemeiner Positionierungsziele wie Kompetenz, Kundenfreundlichkeit oder Sympathie. Eine aus Konsumentensicht eindeutige, geschweige denn relevante Profilierung, die eine nachhaltige inhaltliche Markenverankerung im Wahrnehmungs- und Bedeutungshaushalt zur Folge hat, kann unter diesen Prämissen kaum erzielt werden. Im Ergebnis kommt es häufig zu dem Phänomen „leerer Marken“, die zwar bekannt sind, aber keine Assoziationen generieren.130 Die Profilierung von Dienstleistungsmarken, insbesondere die Gestaltung des Markenkerns sowie die Suche nach relevanten Positionierungsdimensionen, erweist sich somit als eine schwierige und zentrale Herausforderung des Service Branding. Wirkungseffizienz der Markenkommunikation Eine weitere wesentliche Herausforderung für die Markenführung von Telekommunikationsdienstleistern besteht hinsichtlich der Wirksamkeit der Markenkommunikation beziehungsweise der Vermittlung relevanter Markeninhalte (Abb. B-18). Auf dem Hintergrund eines bestehenden Hyper-Kommunikationswettbewerbs befinden sich die Anbieter im Kampf um die Aufmerksamkeit eines Kunden, dessen Möglichkeiten, aber auch dessen Bereitschaft zur Informationsaufnahme objektiv-physisch und subjektiv-willentlich stark limitiert sind. Telekommunikationsdienstleister stehen somit vor der Herausforderung, Markeninhalte beziehungsweise differenzierende Positionierungseigenschaften innerhalb kleiner Zeitfenster kommunizieren zu müssen, in denen der Konsument die Marke kontaktiert. Ursachen Hyperwettbewerb in Kommunikation Information Overload des Konsumenten Herausforderungen Hohe Kommunikationskosten Geringe Kommunikationseffizienz Wettbewerb um Werbekontaktzeiten Low Involvement Geringe werbliche Aufmerksamkeit Kurze Werbekontaktzeiten Abb. B-18: Herausforderung wirkungseffiziente Markenkommunikation In diesem Zusammenhang werden die Versuche zwar verständlicher, Aufmerksamkeit um jeden Preis durch die Einbeziehung von Testimonials oder durch den Einsatz von Sport- und insbesondere Fußballsponsoring erzielen zu wollen. Was bis heute - im Falle von Testimonials - zu einem regelrechten Kampagnen-Tourismus zwar allseits bekannter, aber durchaus austauschbarer Prominenter geführt hat. Inwieweit diese Maßnahmen im Rahmen des beschriebenen Umfelds allerdings zur Schaffung oder Unterstützung eines eigen130 Brasch 1999, Expertengespräch. Vgl. hierzu ausführlicher Kapitel C 1.1.4. Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld 71 ständigen, originären Markenbildes geeignet sind, kann bezweifelt werden. Denn aus Sicht der Konsumenten können diese zwar durchaus unterhaltsam sein, führen aber aufgrund ihrer Häufigkeit und Beliebigkeit nicht notwendigerweise zum gewünschten Imagetransfer bzw. zum nachhaltigen Aufbau profilierter Gedächtnisstrukturen. Herausforderung operative Umsetzung Dass neben wettbewerbs-, konsumenten-, lieferanten- und absatzmittlerseitigen Umfeldbedingungen ebenso Gegebenheiten und Wirkungszusammenhänge des unternehmensinternen Markenumfelds Herausforderungen an das Service Branding und insbesondere dessen operativer Umsetzung implizieren, hat die Betrachtung verdeutlicht (Abb. B-19). Ursachen Shareholder-ValueOrientierung/ Anreizinkompatible Entlohnungssysteme Mangelnde Brand Excellence Herausforderungen Inkompatibilität: kurzfristiger Kontinuierliche Durchsetzung langfristiger Markenziele Erfolgsdruck kontra langfristige Markeninvestitionen Aufbau und Führung eines Markencontrollings sowie Integration in finanzwirtschaftliche Erfolgsrechnung Schwächen und Fehlende oder unvollständige Markenstrategie Unsicherheit in der Markenführung Markenadäquate Mitarbeiterauswahl und -führung Markenadäquate Leistungsinnovation und -pflege Koordination und Integration markenrelevanter Prozessabläufe Mangelndes oder fehlendes Markenkontrollsystem Kompensation durch "Outsourcing": Marke wird zum "Spielball" von Werbeagenturen Problem der "richtigen" Agenturauswahl Auftraggeberspezifische Kooperationsprobleme Fehlende oder unvollständige Markenstrategie Auftraggeber- und agenturspezifische Kooperationsprobleme mit Werbeagenturen (s.u.) Mangelnde Kontinuität durch häufige Agenturwechsel Unvollständige Aufgabenstellung und Briefings Zeit- und Erfolgsdruck Agenturspezifische Kooperationsprobleme Mangel an erforderlichem leistungs- und unternehmensspezifischem Know-how "Agenturstempel" prägt Marke Zeit- und Erfolgsdruck Schnelles Wachstum Schnelle Ressourcenanpassung Markenadäquate Qualitätsgewährleistung Abb. B-19: Herausforderung operative Umsetzung Als Dreh- und Angelpunkt fungiert hier die Brand Excellence, d.h. die erforderliche hohe Markenkompetenz und klare Markenverantwortlichkeit im Unternehmen, da erfolgreiches Service Branding das „Gespür“ für die komplexen 72 Kapitel B Funktions- und Wirkweisen der Marke erfordert. Allein die Investitionskostenhöhe für klassische Kommunikationsmaßnahmen und der mögliche Beitrag der Marke zum Unternehmenserfolg unterstreichen die Bedeutung und Auswirkungen „guter“ bzw. „schlechter“ strategischer Grundsatzentscheidungen des Managements. Und nicht nur auf den Märkten für konsumtive Dienstleistungen gilt, dass „jedes Unternehmen, das die Frage, was Marke ist und wie man Marke führt, nicht kompetent beantworten kann, keine Chance hat.“131 Ähnlich wie die erforderliche Qualität eines Markenprodukts stellt somit die Ressource Brand Excellence eine notwendige Voraussetzung jeder strategischen und operativen Markenführung dar, von deren Existenz im Folgenden ausgegangen wird. Da die Zielsetzung der Arbeit auf die strategische Gestaltung des Service Branding ausgerichtet ist, werden Einzelaspekte operativer Umsetzungsprobleme im weiteren Verlauf der Arbeit nicht weiter vertieft. 4.2 Anwendungsorientierte Implikationen für das Service Branding Im Rahmen der Problemstellung der Arbeit wurde formuliert, dass Telekommunikationsdienstleister vor der Herausforderung stehen, Marken als assoziationsbildende Wahrnehmungsanker für intangible, abstrakte und komplexe Leistungen zu etablieren. Dieser Sachverhalt, dessen detaillierte Analyse Gegenstand des folgenden Kapitels C sein wird, kann nach der erfolgten Betrachtung des situativen Kontexts der Markenführung auf dem Markt für Telekommunikationsdienstleistungen präzisiert werden. Als Implikation der Analyse des Markenumfelds können für Dienstleistungsunternehmen des Telekommunikationsmarktes folgende ergänzenden Aufgaben und Funktionen abgeleitet werden, welche das Service Branding beziehungsweise die Marke in ihrer Rolle als assoziationsbildender Wahrnehmungsanker zu erfüllen hat: Dienstleistungsmarke als dynamische Schnittstelle Die für Telekommunikationsanbieter bestehenden Schwierigkeiten, eine langfristige Markenabgrenzung auf Leistungsebene vorzunehmen, implizieren die Notwendigkeit einer gewissen Flexibilität der Dienstleistungsmarke. Die Maßnahmen des Service Branding sollten daher unter anderem darauf ausgerichtet sein, dass Marken als dynamische Schnittstellen zwischen Unternehmung und Konsument den situativ bedingten Innovations- und Veränderungsprozess begleiten und „umrahmen“ können, ohne die erforderliche inhaltliche Kontinuität zu verlieren. Dienstleistungsmarke als Instrument kreativer Profilierung Die beschriebenen Schwierigkeiten, Telekommunikationsdienstleistungen nachhaltig auf leistungsbezogener Basis zu differenzieren, begründen den Einsatz der Marke als Instrument zur kreativen Profilierung. Im Service 131 Ohnemus 1999, Expertengespräch. Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld 73 Branding sollten daher die Potentiale der Marke als Instrument kreativer Profilierung umfassend genutzt werden, um einen eigenständigen Beitrag der Marke zur Profilierung des Dienstleistungsangebots im Wettbewerb zu leisten. Dienstleistungsmarke als Kommunikationskatalysator In Anbetracht des Aufmerksamkeitswettbewerbs um kurze Kontaktzeiten kommt der Marke die wichtige Funktion zu, dem Konsumenten einen einfachen, schnellen und wirkungsvollen kognitiven Zugang zum Angebot des Dienstleistungsanbieters zu ermöglichen. Dem Konsumenten müssen sich die Inhalte einer Marke, das also, wofür die Marke steht, in kürzester Zeit erschließen. Eine wesentliche Aufgabe des Service Branding besteht deshalb darin, Marken kommunikationseffizient132 zu gestalten. Diese sich aus den geschilderten Faktoren des Markenumfelds ergebenden anwendungsorientierten Implikationen stellen begleitende Anforderungen an die Markenführung von Telekommunikationsdienstleistern in der Praxis dar. Im weiteren Verlauf der Arbeit steht zunächst die konzeptionelle Analyse der Zusammenhänge von Marke und Dienstleistung und den daraus entstehenden Herausforderungen vor dem Hintergrund des Aufbaus innerer Markenbilder im Mittelpunkt. Gemeinsam mit den dort zu entwickelnden konzeptionellen Implikationen werden die Erkenntnisse aus der hier vorgenommenen Umfeldanalyse in die Ableitung theoriegeleiteter Hypothesen für das Service Branding einfließen. 132 Zu einer näheren Erläuterung dieses Begriffs vgl. Kapitel C 4.3. 74 Kapitel B C Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding Die Hauptaufgabe dieses Kapitels besteht in der theoretischen Fundierung des Forschungsfeldes sowie der Evaluierung seiner Besonderheiten und Implikationen. Ausgehend von einem kurzen Abriss über die zentralen, in Marketingtheorie und -praxis stets sehr kontrovers diskutierten Begriffe Marke und Dienstleistung wird zunächst ein theoretisch-systematischer Zugang zum Thema Dienstleistungsmarke und Service Branding entwickelt. Ziel dieses Abschnittes ist es, diese ebenfalls heterogen verwendeten Begriffe aus Sicht verschiedener Dienstleistungs- und Markenansätze integriert zu erfassen und als Forschungsobjekt „greifbar“ zu machen, ohne dabei die Kompatibilität zum Markenverständnis von Brand Managern und Marketing-Führungskräften zu vernachlässigen. Der definitorische Teil schließt mit der Betrachtung von Aufgaben, Zielen und Gestaltungsvariablen des Service Branding. Vor diesem Hintergrund geht die Arbeit anschließend der Frage nach, welche spezifischen Herausforderungen sich für das Service Branding ergeben, insbesondere im Hinblick auf kognitionspsychologische Aspekte der konsumentenseitigen Wahrnehmung und Verankerung von Dienstleistungsmarken. Unter anderem geht es darum, den Aufbau innerer Markenbilder als eine zentrale Aufgabe in der Markenführung abstrakter Dienstleistungen abzuleiten. Hierzu erfolgt zunächst auf Basis verschiedener Theorien des Dienstleistungsmarketing und des Konsumentenverhaltens eine vertiefte Analyse von Gestaltungsvariablen, Manifestationsmechanismen und Wirkungsdeterminanten von Dienstleistungsmarken sowie die Entwicklung eines integrierten Wirkungsansatzes, der die Dienstleistungsmarke als gestalt- und wahrnehmbare Schnittstelle zwischen Markendienstleistungsunternehmen und Markenkonsumenten beschreibt und die komplexen Entscheidungssysteme beider Ebenen miteinander verknüpft. Hieran schließt sich eine systematische Analyse markentechnischer Besonderheiten des Service Branding an, welche schließlich die Herausforderungen für Telekommunikationsdienstleister aus konzeptioneller Sicht im Rahmen einer praxisnahen, dienstleistungstypenorientierten Darstellung evaluiert. In Anbetracht dessen sowie vor dem Hintergrund der Implikationen markenrelevanter Rahmenbedingungen der Telekommunikationsbranche (Kapitel B) werden theoriegeleitete Hypothesen zum erfolgreichen Aufbau innerer Markenbilder für intangible und abstrakte Leistungen beziehungsweise Telekommunikationsdienstleistungen formuliert. Sie bilden die Grundlage der weiteren empirischen Untersuchung (Kapitel D). 76 1. Kapitel C Marke und Dienstleistung: Objekte des Marketing 1.1 Das Marketingobjekt Marke Die Marke ist kein ökonomisches Phänomen der Moderne. Sie besitzt eine jahrhundertealte entstehungs- und entwicklungsgeschichtliche Tradition.1 Bereits in der ägyptischen und griechisch-römischen Antike wurden Visualisierungsmethoden in Form optischer Markierungen zur Kennzeichnung von Handelsgütern, wie beispielsweise Keramiken und Amphoren, verwandt. Zu den wesentlichen Epochen der Markenhistorie zählt das europäische Mittelalter. Es gilt als Wurzel des heutigen Markenzeichenrechts.2 Infolge der strengen, durch Zünfte und Kommunalverwaltungen überwachten Marktordnung der Städte verpflichtete der Gesetzgeber Handwerker und Kaufleute, jede angebotene Ware mit Haus-, Meister-, Zunft- oder Städtemarken zu versehen.3 Diese historischen Markenformen, die sich im Zuge des Untergangs des Merkantilismus und der Auflösung der Zünfte in der Zeit des ausgehenden 18. Jahrhunderts wieder zurückbildeten, sollten die Stadtbürger standesgemäß versorgen und vor Betrug durch minderwertige Qualität schützen.4 Einen neuen Impuls erhält das Markenwesen durch die neuzeitliche Industrialisierung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Infolge der durch Massenproduktion und Massenkonsum bedingten Anonymisierung der Marktteilnehmer gerät die Marke zu einem Ersatzinstrument der ehemals direkten Kommunikation zwischen Hersteller und Nachfrager. Die Konstanz der Leistungseigenschaften markierter Industrieprodukte ermöglicht und rechtfertigt ein Sachvertrauen der Konsumenten in die nunmehr eigenständig werdende „Persönlichkeit“ des Markenprodukts. Dieses ist losgelöst vom Personenvertrauen, das sich auf nicht anonymen Märkten direkt auf die Fähigkeiten des Herstellers und somit indirekt auf dessen Produkte bezieht.5 Die Marke entwickelt sich zu einer kognitiven Orientierungshilfe, die dem Konsumenten in der zunehmend unübersichtlicheren Fülle des Angebots Unterstützung bei der Identifizierung, Einschätzung und Auswahl der Ware bieten soll.6 Inzwischen hat das Markenwesen einen tiefgreifenden Wandel vollzogen, der sich auch anhand der Entwicklungsphasen der Marke im Zeitablauf ablesen lässt (Abb. C-1). Wie bereits am Beispiel des Telekommunikationsmarktes 1 2 3 4 5 6 Zur Entwicklungs- und Entstehungsgeschichte des historischen Markenwesens vgl. beispielhaft Dichtl 1978, Leitherer 1994. Zur Darstellung der Entwicklungsphasen des modernen Markenwesens vgl. Bruhn 1994, S. 10 ff. So wurden bereits im 13. Jahrhundert die ersten Markenregister und Zeichenrollen durch Zünfte eingerichtet und geführt; vgl. Mellerowicz 1963, S. 4. Vgl. ebenso Busse/ Starck 1990, S. 27. Vgl. hierzu Leitherer 1994, S. 141. Vgl. Mellerowicz 1963, S. 4. Vgl. Leitherer 1994, S. 146. Vgl. hierzu Berekoven 1978, S. 44 f. Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding 77 ausgeführt, sind aggressiver Hyperwettbewerb, multioptionales bis paradoxes Käuferverhalten und die fortschreitende Verschmelzung von Konsum und Kultur beispielhafte Kennzeichen eines elementar veränderten Umfeldes, in dem die postmoderne Marke eine Vielzahl neuer Formen und Funktionen erfüllen muss und erfüllt.7 Inhaltlicher Fokus der Marke/ des Marketing Stadt-/ lokale/ Personenmarken Individualorientierung Öko-/ internationale/ DL-/ IG-Marken Umweltorientierung/ Internationalisierung Wettbewerbsorientierung Luxus-/ Billigmarken Handelsmarken Handelsorientierung Distributions- und Verbraucherorientierung Kennzeichnung Herstellermarken Zunft-, Eigentumszeichen Mittelalter Abb. C-1: t 1950er 1960er 1970er 1980er 1990er 2000er Stufen der Markenentwicklung8 Die zunehmende Ausdifferenzierung der modernen Konsumgesellschaft9 findet sich in der enormen Diversifikation des Markenwesens wieder. Waren Marken ursprünglich ein Phänomen klassischer Ge- und Verbrauchsgütermärkte, so werden sie heute zur Vermarktung sämtlicher Leistungen, Institutionen, Personen, Nationen und sonstiger Objekte, die sich als Markenträger eignen und in irgendeiner Weise von der öffentlichen Meinung abhängig sind, eingesetzt. Neben den mittlerweile klassischen Konsumgüter- und Handelsmarken finden sich Konzern-, Dienstleistungs- und Investitionsgütermarken wie Thyssen, Lufthansa oder Airbus, Komponenten- und Non-Profit-Marken wie Intel oder Greenpeace, Szene- und Personenmarken wie Thommy Hilfiger oder Boris Becker, ebenso wie Marken für TV-Formate (Harald-Schmidt-Show), Diskjockeys (Sven Väth), Städte (das „neue“ Berlin), Aktien (T-Aktie) oder Politiker. Auf der anderen Seite haben sich mit dieser zunehmenden Markenvielfalt auch die Zielgruppen der Markenkommunikation erweitert: Die postmoderne Marke richtet sich an sämtliche (Teil-)Gruppen jener Öffentlichkeit, deren Meinungen 7 8 9 Vgl. Bruhn 1994, S. 15 f. Quelle: in Anlehnung an Bruhn 1994, S. 13. Vgl. Luhmann 1985. 78 Kapitel C und Verhaltensweisen den Erfolg des Markenträgers direkt oder indirekt beeinflussen. Bei den modernen Markenkonsumenten kann es sich neben den klassischen Käufern ebenso um Wähler, Zuschauer, Besucher oder Fans handeln. Zum erweiterten Kreis der Kommunikationszielgruppe gehören Mitarbeiter, Banken und Privatanleger, öffentliche Institutionen, Medien etc.10 Die Marke des 21. Jahrhunderts erfüllt damit auch weiterhin ihre klassischen Basisfunktionen wie Herkunftsbestimmung, Identifizierung und Qualitätssicherung. Doch die hochwertige Qualität des Leistungsangebots, das auf zunehmend gesättigten Märkten durch technisch ausgereifte, funktional ähnliche bis austauschbare Markenträger geprägt ist - hier spricht man von Brand Parity11 -, avanciert auf Seiten des „neuen“ Konsumenten zur Selbstverständlichkeit. Anstelle materiell-physischer Aspekte dominieren immer stärker mental-psychische Bedürfnisse dessen Markenwahlentscheidungen.12 In das Zentrum des Anforderungsspektrums der postmodernen Marke rücken somit zunehmend emotional-symbolische Bedeutungs- und Wirkungsfunktionen, die weit über die verbale funktional-rationale Mitteilbarkeit hinausgehen.13 In der marketingwissenschaftlichen Analyse ist diesem Phänomen durch eine stärker pragmatisch orientierte Interpretation der postmodernen Marke aus der Sicht des Markenkonsumenten Rechnung zu tragen. Trotz - oder gerade wegen - des breiten Raums, der dem Thema Marke bereits seit Beginn des letzten Jahrhunderts in der Betriebswirtschaft, insbesondere aber im Marketing, eingeräumt wird, erfährt der Begriff in der Literatur keine einheitliche Definition.14 Vergleicht und kombiniert man die terminologischen Ansätze15 verschiedener Autoren, so führt dies zu der „unbrauchbaren, die wissenschaftliche Realität aber in vielfacher Hinsicht zutreffend beschreibenden Gedankenkette ‘Marke = Markenartikel = Markierung = Warenzeichen = Markenzeichen = Markenname’“16. Dass das Markenverständnis auch in der Wirtschaftspraxis äußerst heterogen ist, zeigt eine empirische Untersuchung von 134 deutschen Unternehmen der Ver- und Gebrauchsgüterbranchen zu der Frage: „Was verstehen Sie unter einer Marke?“ (Abb. C-2). 10 11 12 13 14 15 16 Vgl. hierzu beispielhaft Bieger 2002, S. 42 ff. Vgl. hierzu beispielhaft Muncy 1996, S. 411 ff; Becker 2001, S. 187 f. Vgl. Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 25. Vgl. hierzu Leitherer 1994, S. 137. Aus etymologischer Sicht entstammt „Marke“ dem mittelhochdeutschen Wort „marc“ (Grenze, Grenzland, Grenzlinie zur Unterscheidung) und dem französischen Begriff „marque“ („auf der Ware angebrachtes Zeichen“); vgl. Bruhn 1994, S. 5. Bruhn unterscheidet zwischen merkmalsorientierten, intensitätsbezogenen, herkunftsstrukturierenden, instrumentalen, absatzorientierten, erfolgsorientierten und wirkungsbezogenen Erklärungsansätzen zur Marke (1994, S. 7 ff.). Grösser 1991, S. 45. Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding 79 Was verstehen Sie unter einer Marke? Kennzeichen 51,9% 12,4% Kennzeichen und markiertes Produkt 35,7% Markiertes Produkt Abb. C-2: Markenverständnis deutscher Unternehmen17 Natürlich ist mit der Auslegung des Markenbegriffs auch die Interpretation des Begriffs Markenmanagement eng verbunden. Auch in diesem Punkt bestehen in der wissenschaftlichen Literatur - aber auch in der Praxis - kontroverse Ansätze. Hier wird Markenmanagement entweder als übergeordnetes Marketingkonzept, als kommunikations- oder produktpolitisches oder eigenständiges Marketinginstrument oder - die provokanteste Auffassung - lediglich als Synonym des Begriffs Marketing dargestellt. Abbildung C-3 gibt anhand beispielhaft ausgewählter Literatur einen Einblick über unterschiedliche und interessante Interpretationen der beiden Begriffe. Da definitorische Begriffsbestimmungen grundsätzlich nicht „falsch“ oder „richtig“ sein können, entscheiden letztlich Erklärungsziel und Zweckmäßigkeit über die Güte einer Definition. Und so unterschiedlich diese teleologischen Zugangsweisen zur Marke sind, so unterschiedlich sind auch die Markendefinitionen, die man - etwa neben soziologisch inspirierten18, systemischen19, psychoanalytischen20, mythischen21 oder kulturanthropologischen22 Ansätzen, in der Marketingtheorie und -praxis antrifft.23 Aus dieser Sicht erscheint es - auch zur Ordnung der „babylonischen Sprachverwirrung“24 - sinnvoll, in der Betrachtung marketingrelevanter Markenansätze zwischen formalen und funktionalen,25 aber auch zwischen hersteller- und kundenorientierten Aspekten zu unterscheiden. 17 18 19 20 21 22 23 24 25 Quelle: Günther/ Kriegbaum 1999, S. 6. Vgl. bspw. Bolz 1997; Gerken 1996; Horx/ Wippermann 1995. Vgl. Otte 1993. Vgl. Halstenberg 1996. Vgl. Bismarck/ Baumann 1996. Vgl. Karmasin/ Karmasin 1997. Vgl. Herrmann 1999, S. 35 und 43. Schenk 1970, S. 125. Zusätzliche Verwirrung entsteht zudem durch die Doppeldeutigkeit des häufig nicht konsistent verwendeten Begriffs der „Markierung“, der sich sowohl auf die Tätigkeit des Markierens (Bsp.: die Markierung [= das Markieren] des Produkts) als auch auf das Ergebnis des Markierens (Bsp.: die Markierung [= das Zeichen] auf dem Produkt) beziehen kann. Vgl. hierzu beispielhaft Matt 1988, S. 5; Hätty 1989 S. 6 ff., Sander 1994, S. 5 ff; BekmeierFeuerhahn 1998, S. 12 ff. 80 Kapitel C Marke Karl Marx „Eine Ware scheint auf den ersten Blick ein selbstverständliches, triviales Ding. Ihre Analyse ergibt, dass sie ein sehr vertracktes Ding ist, voll metaphysischer Spitzfindigkeiten und theologischer Mucken. Soweit sie Gebrauchswert, ist nichts mysteriöses an ihr [...] aber sobald sie als Ware auftritt, verwandelt sie sich in ein übersinnliches Ding“ (1867/1957). David Ogilvy „A brand is a complex symbol. It is the intangible sum of a product's attributes, its name, packaging, and price, its history, reputation, and the way it's advertised. A brand is also defined by consumers' impressions of the people who use it, as well as their own experience" (1955, zitiert nach Otto/Bois 2001, S. 4). John M. Murphy „A brand is the product or service of a particular supplier which is differentiated by its name and presentation“ (1990, S. 1). Philip Kotler „A brand can be defined as a name, term, sign, symbol, or design or combination of them which is intended to identify the goods and services of one seller or a group of sellers and to differentiate them from those of competitors“ (1991, S. 442). David A. Aaker „Brand equity is a set of assets (and liabilities) linked to a brand‘s name and symbol that adds to (or subtracts from) the value provided by a product or service to a firm and/or that firm‘s customers. The major asset categories are (1) brand name awareness, (2) brand loyalty, (3) perceived quality and (4) brand associations“ (1996, S. 7 f.). Heribert Meffert Marke ist „ein in der Psyche des Konsumenten verankertes, unverwechselbares Vorstellungsbild von einem Produkt oder einer Dienstleistung“ (vgl. 2000, S. 847). Markenmanagement /-politik Dominique von Matt „Markenpolitik umfasst die Gesamtheit von Problemen, die gelöst werden muss, wenn das grundlegende Verhalten der Unternehmung in Bezug auf die Verwendung von Marken als Marketinginstrument bestimmt wird. Markenpolitik ist eine Teilpolitik der Marketingpolitik“ (1988). David Arnold „Richtig verstanden ist Markenpolitik das gleiche wie Marketing“ (1992, S. 45). Manfred Bruhn Markenpolitik i.e.S. umfasst sämtliche, mit der Markierung von Produkten verbundene Maßnahmen und Entscheidungen. Markenpolitik i.w.S. ist ein übergreifendes und integriertes Marketingkonzept für Markenartikel. Es umfasst Markenaufbau, Markenpflege und den spezifischen Markenartikelvertrieb (vgl. 1994, S. 17 f.). Günther Haedrich/ Torsten Tomczak Strategische Markenführung ist die kontinuierliche und systematische Pflege eingeführter Marken. Eine Marke kann dabei als Strategische Geschäftseinheit verstanden werden, d.h. als Produkt-Markt-Kombination mit eigenständigen strategischen Erfolgsfaktoren (vgl. 1996, S. 27 ff.). Markus Irmscher Markenmanagement bedeutet zum einen, überlegene Produkte anzubieten und zum anderen, dafür zu sorgen, dass die Nachfrager diese Überlegenheit wahrnehmen und von ihr überzeugt werden können (vgl. 1997, S. 87). Christian Belz “Markenführung = Marketing.” Marken sind das Ergebnis des gesamten Marketing. Die häufige Gleichsetzung von Markenführung und Kommunikation ist weder notwendig noch ergiebig (vgl. 1998, S. 38 ff.). Abb. C-3: Interpretationen der Begriffe Marke und Markenmanagement anhand beispielhaft ausgewählter Literatur Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding 81 Im Ergebnis lassen sich in der Marketingtheorie drei Hauptgruppen, nämlich formale, konstitutive und integrative Erklärungsansätze feststellen (Abb. C4), auf deren wichtigste Vertreter im Folgenden detaillierter eingegangen wird. Kundenorientierung Integrative Ansätze Marke als Wahrnehmungskonstrukt Marktperspektive Formale Ansätze Marke Marke als als Zeichen Konstitutive Ansätze Marke als Markenartikel Herstellerorientierung formal Interpretationsschwerpunkt Abb. C-4: funktional Zentrale Erklärungsansätze zur Marke in der Marketingtheorie 1.1.1 Formale Erklärungsansätze: Marke als Zeichen Formale Erklärungsansätze, die in der Praxis primär im Rahmen der Gesetzgebung Anwendung finden, verstehen Marke aus primär herstellerorientierter Sicht im Sinne eines (Marken- bzw. Kenn-) Zeichens: „Eine Marke ist ein Kennzeichen, das geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von den Waren oder Dienstleistungen eines anderen Unternehmens zu unterscheiden.“26 Die, kraft Eintragung in ein nationales bzw. das internationale Markenregister27 rechtswirksame Marke stellt für den Markeneigentümer ein 26 27 Deutsches Patent- und Markenamt 2002b, S. 1. Fast deckungsgleich ist die Markeninterpretation der American Marketing Association (AMA), die ebenfalls der formalen Sichtweise folgt. In ihrer Definition ist Marke „ein Name, ein Begriff, ein Zeichen, ein Symbol oder Design oder eine Kombination dieser Elemente, die dazu dienen, die Produkte oder Dienstleistungen eines Anbieters oder einer Anbietergruppe identifizierbar zu machen und sie von der Konkurrenz abzuheben“ (Alexander 1960, S. 10). Das Madrider Markenabkommen (MMA) ermöglicht Inhabern national angemeldeter bzw. eingetragener Marken die zusätzliche internationale Registrierung beim Internationalen Büro der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO/OMPI) in Genf (vgl. Deutsches Patent- und Markenamt 2002c, S. 1). 82 Kapitel C Schutzrecht28 dar, das sich - im Gegensatz zu Patenten, Gebrauchsmustern, Topographien oder Geschmacksmustern - nicht auf die technische Seite eines Produktes oder eines Verfahrens bezieht, sondern auf die Marke bzw. Markierung einer Leistung. Als Marken kommen, nach der zum 01.01.1995 in Kraft getretenen Novellierung des deutschen Markengesetzes, eine Reihe von teilweise bislang nicht schutzfähigen - Kennzeichnungsformen in Betracht, soweit sie dazu „geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden“:29 Wortmarken, bestehend aus einem oder mehreren Wörtern (z. B. Allianz, Deutsche Bahn), Namen (z. B. McDonalds) oder einprägsamen Werbeslogans (z. B. „Keine Sorge, Volksfürsorge“), Bildmarken, bestehend aus Bildern, Emblemen oder anderen graphischen Gestaltungen (z. B. Schrägstrich im Quadrat als Bildmarke der Deutschen Bank), Wort-Bild-Marken, bestehend aus einer Kombination aus Wort- und Bildbestandteilen, Formen, Farben und Figuren, Form-Marken, d.h. dreidimensionale Formen von charakteristischen Werbefiguren (z. B. „Michelinmännchen“), Produkten (z. B. Design eines Rasierapparates) und Verpackungen (z. B. Odol-Mundwasserflasche), Hörmarken, bestehend aus Tonfolgen (Intel-Jingle) oder Melodien (Radiosender), Buchstaben, hauptsächlich in Form von Abkürzungen oder Monogrammen (z. B. ADAC, RTL), Zahlen (z. B. „4711“, „8x4“) und Farben und Farbkombinationen (z. B. Magenta für die Deutsche Telekom oder Rot-Gelb für Maggi). Formale Erklärungsansätze trennen gedanklich zwischen Marke und Produkt und heben somit auf den Prozess der Markierung (Design) als eigentliche Grundlage der Markenentwicklung ab. 28 29 In Deutschland beträgt die Schutzdauer einer eingetragenen Marke 10 Jahre und kann vom Markeneigentümer um jeweils 10 weitere Jahre auf Antrag und gegen Gebühr verlängert werden (vgl. § 47 Markengesetz, in: Mühlendahl 1995). Vgl. hierzu und zum Folgenden § 3, Abs. 1 Markengesetz, in: Mühlendahl 1995. Dagegen sind Kennzeichnungen vom Markenschutz ausgenommen, wenn diesem Schutzhindernisse entgegenstehen. Die wichtigsten absoluten Schutzhindernisse sind (1) fehlende Unterscheidungskraft der Marke, (2) für die allgemeine Benutzung freizuhaltende beschreibende Angaben, (3) ersichtliche Irreführungsgefahr, (4) in der Marke enthaltene Hoheitszeichen, (5) Verstoß gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung (z.B. anstößige Kennzeichnungen). Vgl. hierzu § 8 Markengesetz, in: Mühlendahl 1995 sowie Deutsches Patent- und Markenamt 2002b, S. 4. Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding 83 1.1.2 Konstitutive Erklärungsansätze: Marke als Markenartikel Im Gegensatz zu formalen Markendefinitionen sind konstitutive oder merkmalsorientierte Erklärungsansätze stärker ökonomisch geprägt. Sie gehen davon aus, dass Markierung zwar die notwendige Voraussetzung, nicht aber der eigentliche Kern des Markenmanagements ist. Im Zentrum dieser Ansätze steht daher nicht die Marke als formales Zeichen, sondern die Marke - und hier insbesondere ihre Eigenschaften und Funktionen - als Produkt-ZeichenKombination, als deren vollkommenste Ausprägung der Markenartikel gesehen wird30. Dabei wird versucht, den Markenartikel über die Aufzählung konstitutiver Bestimmungsfaktoren zu definieren.31 Nach dem wohl bekanntesten, von MELLEROWICZ (1963) stammenden Merkmalskatalog sind „Markenartikel für den privaten Bedarf geschaffene Fertigwaren, die in einem größeren Absatzraum unter einem besonderen, die Herkunft kennzeichnenden Merkmal in einheitlicher Aufmachung, gleicher Menge sowie in gleichbleibender oder verbesserter Güte erhältlich sind und sich dadurch sowie durch die für sie betriebene Werbung die Anerkennung der beteiligten Wirtschaftskreise (Verbraucher, Händler, Hersteller) erworben haben (Verkehrsgeltung)“ . 32 Nach wie vor verdeutlicht dieser Definitionsklassiker die Erscheinung des traditionellen Markenartikels recht anschaulich, wird aber den vielschichtigen Formen und Anforderungen der modernen Marke nicht gerecht: Beliebigkeit der Kriterien, fehlende Dynamik und Vernachlässigung der Konsumentensicht sind zentrale Kritikpunkte.33 Zudem schließt die konstitutive - wohl für die Entstehungszeit des Ansatzes typische, aber nicht zwingende - Einschränkung, dass nur Fertigwaren für den Privatkonsum Markenartikel sein können, Dienstleistungen, Investitionsgüter oder Vorprodukte von der Markenbildung aus. 30 31 32 33 Vgl. hierzu Mellerowicz 1963, S. 8. Der erste Versuch, Markenartikel über charakteristische Eigenschaften zu klassifizieren, wird allgemein Findeisen (1924) zugeschrieben. In seiner „nomistischen Markendefinition“ unterscheidet er aufgrund des kennzeichnenden Charakters der Marke zwischen markierter Ware (=Markenartikel) und anonymer Ware. Leitherer (1955) spezifiziert den merkmalsorientierten Ansatz und unterscheidet bei markierter Ware - unter Berücksichtigung des absatzwirtschaftlichen Erfolgs - zwischen Markenware und Markenartikel. Mellerowicz 1963, S. 39. Zur umfangreichen Kritik am merkmalsorientierten Ansatz vgl. bspw. Meffert 2000, S. 846 f.; Hätty 1989, S. 15; Matt 1988, S. 31; Berekoven 1978, S. 40. 84 Kapitel C 1.1.3 Integrative Erklärungsansätze: Marke als Wahrnehmungskonstrukt Im Unterschied zu formalen oder konstitutiven Erklärungsansätzen nähern sich integrative Definitionen der Marke bzw. dem Markenartikel aus der Perspektive des Kunden. Im Zentrum steht die Frage nach den Funktionen und Wirkungen des Konstrukts Marke in der Wahrnehmung des Rezipienten. Für den Markeninhaber ergibt sich daraus die wichtige Frage, wie eine Marke beschaffen sein muss, um die Wahrnehmung dieser Funktionen in der Verbrauchersicht zu erzielen.34 Insofern ist diese Sichtweise integrativ und ganzheitlich, da sie sich am Endpunkt der Absatzkette orientiert und von hier die Wirkung der konkreten Marke zurückverfolgen kann.35 Wirkungsbezogene Markendefinitionen Eine derartige traditionelle Marken(artikel)interpretation, die den Konsumenten in den Mittelpunkt der Betrachtung stellt, nimmt der wirkungsbezogene Ansatz vor. Entscheidendes Kriterium dafür, ob es sich bei einem markierten Produkt um einen Markenartikel handelt oder nicht, ist die Reaktion des Konsumenten und damit der Markenerfolg. Alle Dienstleistungen und Waren, die dieser Konsument als Markenartikel bezeichnet oder wahrnimmt, sind Markenartikel.36 Diese, zeitgleich und voneinander unabhängig von THURMANN (1961) und BEREKOVEN (1961) entwickelte, Sichtweise rückt damit völlig von der herstellerzentrierten Markeninterpretation ab und stellt das Vorstellungsbild sowie die subjektive Wahrnehmung durch den Nachfrager in den Vordergrund.37 Allerdings führt die wirkungsbezogene Begriffsbestimmung über das singuläre Kriterium Erfolg der Marke beim Konsumenten nicht notwendigerweise zu einer Vereinfachung des Markenverständnisses.38 Erforderlich ist eine differenzierte Betrachtung von Erfolgsgrößen, die den generellen unternehmerischen Erfolgsgrößen wie Marktanteil oder Umsatz vorgeschaltet sind. Aus verhaltenswissenschaftlicher Sicht ist ein Abgleich von relevanten Bedürfnissen und Erwartungen der Konsumenten einerseits sowie deren Kenntnisse über und Einstellungen zu bestimmten Marken andererseits notwendig, um den Wirkungsgrad von Marken bzw. deren Auswirkung auf die Reaktion zu ermitteln (Zweck-MittelAnalyse).39 In dieser Tradition schlägt HÄTTY (1989) als Erfolgsmaßstab den Erfüllungsgrad konsumentenorientierter Markenfunktionen beim Nachfrager (z. B. Identifikationsfunktion, Vertrauensfunktion, Nutzenfunktion) vor, der sich anhand der Ausprägungen bestimmter Indikatoren (z. B. Bekanntheitsgrad, wahrgenommenes Kaufrisiko und Konsumenteneinstellung) ableiten lässt.40 34 35 36 37 38 39 40 Vgl. Meffert 2000, S. 847. Vgl. Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 20. Vgl. Berekoven 1978, S. 43; Meffert 1979, S. 23 f. Vgl. Thurmann 1961, S. 16; Berekoven 1961, S. 145 ff. Vgl. Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 20. Vgl. Kroeber-Riel 1992. Vgl. Hätty 1989, S. 18 ff. Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding 85 Semiotische Markendefinitionen Ein interdisziplinärer, in den Marketingwissenschaften aber mittlerweile verbreiteter Ansatz41 zur Erklärung zentraler Funktions- und Wirkungsweisen der modernen Marke lässt sich aus der Semiotik, der Wissenschaft von den Zeichen, ableiten.42 In der Sprache der Semiotik sind Gegenstände, Personen oder Handlungen, d.h. alle in irgendeiner Art sinnlich wahrnehmbaren Objekte über ein Zeichensystem mit einer bedeutenden Vorstellung, dem so genannten Signifikant, verbunden:43 OBJEKT Î ZEICHEN Î BEDEUTUNG Das die Wahrnehmungs- und die Bedeutungsebene verbindende Zeichen übernimmt somit die Funktion des Mediums zur intersubjektiven Botschaftsübermittlung. Das Zeichen kann dabei nicht nur in visueller Form, sondern ebenso beispielsweise in Form von Text, Sprache oder Musik auftreten. Die Bedeutung des Objektes wiederum, die über das Zeichen vermittelt wird, erschließt sich dem Zeichenbetrachter auf zwei unterschiedlichen, sich ergänzenden Bedeutungsebenen: der Denotation und der Konnotation.44 Die Bedeutung ist denotativ, wenn sie auf das mit dem Zeichen gemeinte Objekt direkt - etwa in lexikalischer Form - hinweist. Sie ist dagegen konnotativ, wenn sie subjektive Assoziationen beinhaltet, welche die eigentliche Grundbedeutung des Zeichens begleiten bzw. ergänzen. Dieses semiologische Basismodell geht also zunächst nur von einem Einzelbetrachter aus. Unterstellt man erweiternd eine kollektive Betrachtergemeinschaft, richtet sich also ein Zeichen an mehrere Rezipienten, so können auf der konnotativen - also der eigentlich subjektiven - Bedeutungsebene sehr wohl kollektive als auch subjektive Konnotationen ausgelöst werden.45 Bei kollektiven Konnotationen handelt es sich um - eigentlich subjektive - Assoziationen, die aber in der Gesamtheit oder zumindest in einem Teil des Betrachterkollektivs gleichförmig ausgelöst werden und somit intersubjektiver Art sind. Ursache dieser subjektiven, aber kollektiv geteilten Assoziationen sind in aller Regel bestehende, kollektiv geteilte Wertesysteme der Betrachtungsgemeinschaft. Subjektive Konnotationen stellen dagegen intrasubjektive Assoziationen dar, die vor dem persönlichen Erfahrungs- und Entwicklungshintergrund des individuellen Rezipienten entstehen und von dem zeichenbetrachtenden Kollektiv nicht geteilt werden. 41 42 43 44 45 Zur Verwendung der Semiotik im (allgemeinen) Marketingkontext vgl. beispielsweise Werner 1999; Holbrook/ Hirschman 1993; Umiker/ Sebeok 1997. Zur Verwendung der Semiotik im Markenkontext vgl. beispielsweise Schütz 2001; Bekmeier-Feuerhahn 1998; Esch 1993; Hätty 1989; Kelz 1989; Vgl. Kehrer 2001. Vgl. hierzu Eco 1972. Vgl. Bismarck/ Baumann 1996, S. 87. Bismarck/ Baumann (1996, S. 87 ff.) sprechen in diesem Zusammenhang von „objektiven“ bzw. „subjektiven“ Konnotationen. 86 Kapitel C Die Übertragung dieses Mitteilungs- und Bedeutungssystems auf Markenebene zeigt, dass sich das dreidimensionale semiologische Grundschema ebenso in der Funktions- und Wirkungsweise moderner Marken wiederfinden lässt: MARKENTRÄGER Î MARKENZEICHEN Î BEDEUTUNG Bild-, Wortbild- oder Hörmarken weisen als Zeichen - oder Zeichenbündel - auf das bedeutete Objekt „Markenträger“ (bspw. Unternehmen, Produktsortiment, Person, Dienstleistungsangebot) hin und können in der Psyche des Rezipienten (Nachfrager, Aktionär, Mitarbeiter etc.) Bedeutung auf denotativer und kollektiv-konnotativer bzw. subjektiv-konnotativer Ebene generieren. Aus dieser Sicht stellt Marke kein Objekt dar, sondern vielmehr eine Weise des Bedeutens, die sich in der Psyche des individuellen Nachfragers aufgrund objektiver, kollektiv-geteilter sowie subjektiver Informationen, Erfahrungen, Werte etc. manifestieren kann. Abbildung C-5 fasst dieses semiotische Markenschema in einer Übersicht zusammen. Objekt (Signifikat) Markenträger Unternehmen, Produktsortiment, Einzelprodukt, Dienstleistung Zeichen Markenzeichen Logo, Markenname, Jingle, Produktdesign Bedeutung (Signifikant) Abb. C-5: Markenbedeutung Objektive Denotationen Objektive Bedeutungsinhalte (rational) Kollektive Konnotationen Kollektiv geteilte konnotative Bedeutungsinhalte (emotional) Subjektive Konnotationen Individuelle, konnotative Bedeutungsinhalte (emotional) Sachinformationen, Erlerntes Kollektives Wertesystem Individuelle Erfahrungen Semiotisches Markenschema Mit Hilfe der Semiotik kann die Marke somit in ihrer Beziehung zu den Nachfragern, in ihrer Verwertbarkeit, in ihrer Nützlichkeit und ihrem Aufforderungscharakter untersucht werden. Im Vergleich zu den traditionellen Markenansätzen knüpft die semiotische Markenbetrachtung an der wirkungsbezogenen Markendefinition an, integriert aber zugleich die anbieter- und nachfragerorientierte Perspektive. Die Wahrnehmung der Marke wird nicht als Resultante des Markierungsprozesses aufgefasst, sondern spiegelt als Potentialgröße die unternehmerische Wertschätzung der Markierung wider.46 Da die Bedeutungen von Marken jedoch nicht nur dem volitiven Handeln wertoptimierender Markenmacher unterliegen, sondern auch in Form kol46 Vgl. Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 27 ff. Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding 87 lektiver Manifestationen im gesellschaftlichen Diskurs ausgehandelt werden, markiert die semiotische Markenbetrachtung gleichzeitig den Übergang zu kognitionspsychologischen, aber auch soziologischen Markendefinitionen47. Kognitionspsychologische Markendefinitionen Einen weiteren zentralen Ansatz zur Marke bieten kognitionspsychologische Definitionen. Ähnlich dem semiotischen Verständnis kommt auch hier der Marke die Funktion als Träger zentraler Eigenschaften und Bedeutungen zu, allerdings werden „Marken hier nicht in der realen Welt, sondern im Kopf des Konsumenten verortet“48. Diese Sichtweise findet sich bereits bei DOMIZLAFF (1939/1982) wieder, der die Zielsetzung der Markentechnik in der „Sicherung einer Monopolstellung in der Psyche des Verbrauchers“49 sieht, aber auch in der weitverbreiteten Markendefinition, nach der die Marke „ein in der Psyche des Konsumenten verankertes, unverwechselbares Vorstellungsbild von einem Produkt oder einer Dienstleistung“50 ist. Die Marke stellt somit ein produktspezifisches inneres Bild51 dar, welches das Marken- bzw. Kaufverhalten des Konsumenten entscheidend steuert. In der Marketingtheorie werden diese „Abbilder“ in unterschiedlichsten Formen gefasst und verarbeitet. Die Methoden reichen von einfachen Markenschemata, über multiattributive Vektorenmodelle und Imageansätze bis hin zu komplexen kognitiven Netzwerken. Im weiteren Sinne können auch involvementgeprägte Markenansätze52 zu den kognitiven Markendefinitionen gezählt werden. Das verbindende Element dieser Ansätze besteht in dem Verständnis der Marke als „kognitivem Filter“, der auf abgespeichertem Markenwissen beruht und beim Kaufverhalten intervenierend zwischen Stimulus und Reaktion tritt.53 So hält es ESCH (2003) für sinnvoll, zur Erfassung der mit einer Marke verbundenen Vorstellungsbilder „an dem in den Köpfen der Konsumenten gespeicherten Markenwissen anzusetzen. Hier werden Gefühle, Bilder, Vorstellungen, Sachinhalte, Eigenschaften, Verwendungszusammenhänge und andere Inhalte zur Marke archiviert“54. Als Grundmodell zur Beschreibung und Erklärung der kognitionspsychologischen Markenauffassung wird häufig auf das neobehavioristische StimulusOrganism-Response-Modell (S-O-R-Modell) der Konsumentenforschung zurückgegriffen. Im Vordergrund dieses Forschungsansatzes steht die Beschreibung und Erklärung der Wirkung bestimmter reizauslösender Signale (Stimuli) 47 48 49 50 51 52 53 54 Vgl. Herrmann 1999, S. 39. Herrmann 1999, S. 40. Domizlaff 1939/1982, S. 76. Meffert 2000, S. 847. Vgl. auch Keller 1997. Kroeber-Riel 1993, S. 40 ff. Vgl. bspw. Haedrich/ Tomczak/ Kaetzke 2003, S. 57 f. Vgl. Herrmann 1999, S. 40. Esch 2004, S. 24. 88 Kapitel C sowie das daraus resultierende Konsumentenverhalten.55 Das S-O-R-Modell wurde zur Erklärung dieser Reiz-Reaktions-Vorgänge entwickelt, welches neben den direkt sinnlich wahrnehmbaren Variablen des Stimulus (Beispiel: rote Ampel) und des Verhaltens (Beispiel: Fußgänger bleibt stehen) auch Aussagen über die nicht beobachtbaren, innerpsychischen Verarbeitungsvorgänge beim Betrachter macht (Beispiel: Rot = Gefahr). Die Größen dieser inneren Vorgänge stellen aus analytischer Sicht hypothetische Konstrukte dar, die somit lediglich indirekt über Indikatoren messbar sind. Neuere verhaltenswissenschaftlich orientierte Arbeiten zur Markenforschung zeigen, dass sich der Wirkungsprozess der reizauslösenden Marke und des daraus resultierenden Markenverhaltens anschaulich und empirisch nachvollziehbar im Rahmen des S-O-RModells beschreiben und erklären lässt. BEKMEIER-FEUERHAHN (1998) bezeichnet dabei das zu erklärende innerpsychische Konstrukt als Markenstärke bzw. Markenwert.56 Abbildung C-6 zeigt das S-O-R-Modell in seiner Funktion als Grundmodell kognitionspsychologischer Markendefinitionen. Abb. C-6: Stimulus Organism Response Markenname Markenzeichen Produktdesign Werbung Empfehlung etc. Markenwissen Markenbilder Markenstärke Markenwert Markenmodelle etc. Kaufinteresse Aufpreisbereitschaft Markentreue Sympathie Interesse etc. Das S-O-R Paradigma als Grundmodell kognitionspsychologischer Markenansätze 1.1.4 Fazit: Die Marke als Repräsentation mit Verhaltenswirkung Als Fazit der bisherigen Ausführungen ist festzustellen, dass aufgrund der Vielzahl von Interpretationen keine einheitliche Auffassung darüber existiert, was unter einer Marke bzw. einem Markenartikel zu verstehen ist.57 Gleichzeitig verdeutlicht die Vielfalt möglicher Sichtweisen den multidimensionalen und interdisziplinären Charakter des Phänomens Marke. Dabei deuten die rechtlichen, ökonomischen, kommunikativen oder soziologischen Aspekte darauf hin, dass Interpretationen über Marken vor allem als Modelle zur Erklärung wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und kultureller Sachverhalte herangezogen werden.58 55 56 57 58 Vgl. Kroeber-Riel 1992, S. 3 f. Vgl. Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 111 ff. Vgl. Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 14. Vgl. Herrmann 1999, S. 43. Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding 89 Allerdings erscheint es wenig zweckmäßig und marketingwissenschaftlich äußerst fragwürdig, eine - auch aus Sicht des Nachfragers nicht nachvollziehbare - willkürliche Trennung der Begriffe Marke und Markenartikel vorzunehmen.59 Im Folgenden wird daher der Begriff Marke als Synonym für den Begriff Markenartikel verwendet - und damit nicht (nur) im Sinne eines Markenzeichens: Marke ist die positiv verhaltenswirksame Repräsentation eines markierten Objektes im Gedächtnis eines Rezipienten (Konsument, Mitarbeiter, Aktionär etc.), die in Form eines inneren Vorstellungsbildes sämtliche Eigenschaften und Verknüpfungen umfasst, die dem Träger der Marke (Produkt, Dienstleistung, Unternehmen, Person etc.) kognitiv zugeordnet werden. Das Markenverhalten, das sämtliche aufgrund der Repräsentation induzierten Reaktionen des Rezipienten gegenüber dem Träger der Marke umfasst, stellt das eigentliche Gütekriterium der Marke dar. Aus Sicht des Managements ist Markenverhalten somit die eigentliche und finale Zielgröße der Markenführung. Der „Kopf des Rezipienten“ wird damit - ausgelöst durch den Stimulus Objekt und/oder Zeichen - zum eigentlichen Ort der Markenentstehung, die dortige Bekanntheit der Marke zur notwendigen, aber nicht hinreichenden Bedingung. Denn die entscheidende Auslösung von Markenverhalten und damit letztlich die Existenz einer Marke ist von der Frage abhängig, ob und in welchem Ausmaß sie die multidimensionalen objektiv-funktionalen und subjektivpsychologischen Bedürfnisse der Zielperson berühren und befriedigen kann oder - aus Sicht des Markenrezipienten formuliert - welche inhaltlichen Assoziationen mit der Marke verknüpft werden, kurzum: welche Bedeutung die Marke für die Zielperson hat. Die in Abbildung C-7 dargestellte Markentreppe veranschaulicht schematisch diese Entwicklung vom unmarkierten Produkt bis hin zur Marke als Stufenprozess.60 Diese Sichtweise findet sich u.a. in dem Postulat von BRUHN (1994) wieder, den Begriff Marke - bei synonymer Verwendung zum Begriff Markenartikel - strikt von nur markierten Dienstleistungen und Waren zu unterscheiden, „die lediglich durch Namen und Symbole gekennzeichnet wurden“.61 KAMBLY (1991) formuliert, dass die Stärke einer Marke nicht allein in ihrer Bekanntheit 59 60 61 Vgl. hierzu Bruhn 1994, S. 9. Aus dieser Sicht ist der Bekanntheitsgrad einer Marke ein - aber eben nur ein - wichtiger Indikator des Markenwerts (zu weiteren Ausführungen vgl. Kapitel C 3.1.1). Gerade in der Praxis wird häufig mittels der einfachen Erhebung von aktiven oder passiven Markenrecalls eine (implizite) Gleichsetzung von Markenbekanntheit und Markenerfolg vorgenommen, die aber lediglich eine unzulässige und wenig zielführende Verkürzung der Markensituation darstellt. Damit soll jedoch nicht bestritten werden, dass bekannte, aber bedeutungslose („leere“) Marken gegenüber unbekannten markierten Produkten durchaus im Vorteil sein können und bereits eine Art Markenverhalten auslösen können. Auch insofern ist die obige Abbildung lediglich schematisch zu sehen. Bruhn 1994, S. 6; vgl. ebenso Mellerowicz 1963, S. 12 f. 90 Kapitel C liegt, „sondern vor allem in der Eindeutigkeit der Vorstellungen, die mit ihr verbunden werden. Der heutige Konsument will nicht das Beste, sondern das Beste für eine bestimmte Situation“.62 Stimuli Markenerfolg Marke “leere” Marke markiertes Produkt „No Name“Produkt + + + + Markenverhalten Bedeutung Bekanntheit Markierung Produkt (Leistung) Abb. C-7: Markentreppe: schematische Entwicklungsstufen vom Produkt zur Marke Die Komplexität der Wirkungszusammenhänge zwischen Bekanntheit, Bedeutung und Markenverhalten zeigt die Praxis: Wie am Beispiel des Telekommunikationsmarktes bereits gezeigt wurde,63 existieren auf zahlreichen Märkten „leere“ Marken, die aufgrund ihrer Bekanntheit dem Rezipienten zwar möglicherweise vertraut sind, jedoch keinerlei inhaltliche Assoziation wecken.64 Insbesondere unter jungen Marken sind zudem zahlreiche „irrelevanten“ Marken zu beobachten, die trotz hoher Bekanntheit und - sogar positivem - Bedeutungswert (noch) kein Markenverhalten auslösen.65 Wie groß aber letztlich der Einfluss der Marke auf die Kaufentscheidung ist, hängt neben der konkreten Gestaltung des Markenstimulus auch von verschiedenen Rahmenbedingungen der Markenführung ab.66 Zu den wesentlichen Einflussfaktoren zählen etwa die Produktart bzw. Branche, das Konsumentenverhalten und der Wettbewerb. 62 63 64 65 66 Kambly 1991, S. 10. Vgl. hierzu insbesondere Kapitel B 4.1. Zur Bekanntheit von Marken vgl. Kapitel C 3.1.1. Exemplarisches Beispiel Automobilmarkt: Obwohl in der Einführungsphase des Smart dem bekannten Kleinwagen sehr hohe Sympathiewerte zuteil wurden, blieben die Absatzzahlen deutlich unter den Erwartungen zurück. Mittlerweile stellt sich der Smart als Erfolg dar. Vgl. beispielhaft Haedrich/ Tomczak/ Kaetzke 2003, S. 18 ff. Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding 91 Insgesamt ergeben sich durch die Verwendung dieser wirkungsbezogenen, konsumentenorientierten Markeninterpretation wesentliche Vorteile, da diese kompatibel ist mit dem ziel- und ergebnisorientierten Markenverständnis vie- ler Brand Manager und Marketing-Führungskräfte („Marke muss verkaufen!“). Andererseits kann damit der Begriff Marke nicht mehr, wie beispielsweise im Rahmen der merkmalsorientierten Ansätze, „aus der subjektiven Beurteilung oder dem Wunschdenken des jeweiligen Markeneigners“ 67 abgeleitet werden, da Marke als objektivierbare Ausprägung auf einem Erfolgskontinuum zu verstehen ist;68 ermöglicht, die Veränderungen bzw. die Dynamik von Marken in der Wahrnehmung der Nachfrager zu erfassen;69 dennoch zulässt, die Marke mit allen charakteristischen Besonderheiten aus einer integrierten Perspektive über die gesamte Absatzkette hinweg zu betrachten. Wenngleich diese Kette „von hinten“ aufgerollt wird, werden herstellerorientierte Kriterien (z. B. „Eindeutigkeit der Markierung“) berücksichtigt, sofern sie sich in wirkungsbezogenen Kriterien (z. B. „Identifikationsfunktion“) niederschlagen.70 1.2 Das Marketingobjekt Dienstleistung Ebenso wie der Markenbegriff ist auch der Begriff der Dienstleistung mit zahlreichen Definitions- und Abgrenzungsproblemen verbunden. Die langjährige wissenschaftliche Auseinandersetzung, worin die Charakteristika von Dienstleistungen liegen und welche Bereiche der Dienstleistungssektor umfasst, hat zu einer Fülle von verschiedenen, teils sehr kontroversen, teils sich ergänzenden Ansätzen zur Definition und Typologisierung von Dienstleistungen geführt. So entwickelt SCHEUCH einen institutionellen Klassifikationskatalog mit über 300 Betriebsbeziehungen,71 CORSTEN beschreibt 28 eindimensionale Systematisierungsansätze mit insgesamt 69 Erscheinungsformen von Dienstleistungen.72 Aber selbst diese umfangreiche Auflistung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.73 Und letzten Endes zeigt diese Diskussion, dass es nicht möglich ist, „die in der Marktrealität vorhandenen Güter und komplexen Angebotsbündel eindeutig den Sachgütern oder Dienstleistungen zuzuordnen“74. 67 68 69 70 71 72 73 74 Berekoven 1992, S. 44. Vgl. hierzu Irmscher, der zusätzlich und treffend anmerkt, dass die erfolgsorientierte Sichtweise vieldiskutierte Fragen wie „Sind Handelsmarken ungleich Markenartikel?“ oder „Was unterscheidet „echte“ von „unechten“ Marken?“ schlichtweg überflüssig macht (1997, S. 14). Vgl. Bruhn 1994, S. 9, der an anderen bestehenden Ansätzen die vergangenheitsbezogene Betrachtungsweise kritisiert. Vgl. Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 20. Vgl. Scheuch 1982, S. 27 ff. Vgl. Corsten 1988, S. 24 f. Vgl. Meffert/ Bruhn 2003, S. 40 f. Stauss 1998, S. 11. 92 Kapitel C Gerade wegen der in der Alltags- und Wissenschaftssprache oftmals unterschiedlichen Begriffsverwendung aber ist es erforderlich, Dienstleistung - als Forschungsobjekt der vorliegenden Untersuchung - terminologisch zweckmäßig zu beschreiben. Aus dem Blickwinkel des Markenmanagements kann dabei - ähnlich den Erklärungsansätzen zur Marke - auch in der Dienstleistungsdiskussion zwischen formalen und inhaltlichen (marketingwissenschaftlichen) Begriffsverwendungen differenziert werden. 1.2.1 Formale Definitionsansätze: Dienstleistung als Klassifikationsobjekt Formale Definitionsansätze von Dienstleistungen, die vorrangig in der Gesetzgebung und der amtlichen Statistik Anwendung finden, dienen primär der normativen Klassifikation und (Zu-)Ordnung marktlicher Leistungen. Das internationale Markenrecht stützt sich auf eine enumerative Definition der W ELTORGANISATION FÜR GEISTIGES EIGENTUM (WIPO)75, nach der sämtliche Waren und Dienstleistungen in einem detaillierten Verzeichnis in insgesamt 45 Klassen eingeteilt sind. Dienstleistungen werden dabei den Klassen 35 bis 45 zugeordnet (Abb. C-8, linke Spalte). Bei der Anmeldung zur Eintragung einer Dienstleistungsmarke muss der Antragsteller die Dienstleistung(en), für welche die Eintragung beantragt wird, so bezeichnen, dass die Klassifizierung dieser Dienstleistung(en) in eine Klasse der Klasseneinteilung möglich ist.76 Die Dienstleistungsklassifizierung dient dabei in erster Linie der Gebührenberechnung und ist ein Hilfsmittel für die Recherche.77 Für eine Beurteilung der Ähnlichkeit der Dienstleistungen hat sie dagegen keine Bedeutung.78 Ein vergleichbarer Definitionsansatz liegt der Wirtschaftszweigklassifikation der Europäischen Gemeinschaft zugrunde, die dazu dient, sämtliche wirtschaftlichen Tätigkeiten von Unternehmen, Betrieben und anderen statistischen Einheiten in den amtlichen Statistiken der EG-Länder einheitlich zu erfassen.79 Als Ergebnis ist eine hierarchisch gegliederte Wirtschaftszweigklassifikation mit 17 Abschnitten (A bis Q), 31 Unterabschnitten, 60 Abteilungen, 222 Gruppen, 503 Klassen und 1062 Unterklassen entstanden, die eine statistische Zuord75 76 77 78 79 Vgl. World Intellectual Property Organization WIPO 2001: Dieses Werk dokumentiert das »Nizzaer Klassifikationsabkommen«, bei dem erstmals 1957 - in Zusammenarbeit aller zuständigen nationalen Patent- und Markenämter - die „Internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken“ beschlossen wurde. Das Abkommen wurde 1967 in Stockholm revidiert und 1977 in Genf international vertraglich festgelegt. Vgl. Markenverordnung § 14 Abs. 1 sowie Markengesetz § 32 Abs. 2, Nr. 3 in: Mühlendahl 1995. Darüber hinaus ist sie aber auch ein Kriterium für die spätere Auslegung der Waren- und Dienstleistungsangaben, z.B. bei der Subsumtionsprüfung im Zusammenhang mit den Fragen einer rechtserhaltenden Benutzung der Marke. Vgl. hierzu Deutsches Patent- und Markenamt 1998, S. 1. Vgl. Statistisches Bundesamt 2002. Die Wirtschaftszweigklassifikation der Europäischen Gemeinschaft baut auf der durch EG-Verordnungen verbindlich eingeführten statistischen Systematik der Wirtschaftszweige auf. An der Erarbeitung dieser Klassifikationen waren zahlreiche Wirtschaftsverbände, fachlich zuständige Behörden und andere Institutionen beteiligt. Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding 93 nung aller wirtschaftlichen Tätigkeiten ermöglicht. Dabei werden im Rahmen einer Negativdefinition sämtliche Wirtschaftszweige dem (tertiären) Dienstleistungssektor (Abb. C-8, rechte Spalte) zugeordnet, die nicht dem primären Sektor (Urproduktion) oder dem sekundären Sektor (Weiterverarbeitung) zugerechnet werden (3-Sektoren-Theorie).80 Dienstleistungskla ssen des Markenrechts Klasse 35 Klasse 36 Klasse 37 Klasse 38 Klasse 39 Klasse 40 Klasse 41 Klasse 42 Klasse 43 Klasse 44 Klasse 45 Abb. C-8: Werbung Geschäfts führung Unternehmensverwaltung Büroarbeiten Versicherungs - und Finanzwesen Geldgeschäfte Immobilienwesen Bau- und Reparaturwesen Installationsarbeiten Telekommunikation Transportwesen Verpackung/ Lagerung von Waren Verans taltung von Reisen Materialbearbeitung Erziehung Aus bildung Unterhaltung Sportliche/ kulturelle Aktivitäten Wiss enschaftliche und techn. Dienstleistungen Forschungsarbeiten industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen Entwurf und Entwicklung von Computerhardware und – software Rechts beratung und -vertretung Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen Medizinische und veterinärmedizinische Dienstleistungen Gesundheits- und Schönheits pflege für Mens chen und Tiere Dienstleistungen im Bereich der Land-, Garten- oder Forstwirtschaft Persönliche und s oziale Dienstleistungen betreffend individuelle Bedürfnisse Sicherheitsdienste zum Schutz von Sachwerten oder Personen Dienstleistungskla ssen der amtlichen Statistik Abschnitt G Abschnitt H Abschnitt I Abschnitt J Abschnitt K Abschnitt L Abschnitt M Abschnitt N Abschnitt O Abschnitt P Abschnitt Q Handel Instandhaltung und Reparaturen von Kraftfahrzeugen und Gebrauchsgütern Gastgewerbe Verkehr Nachrichtenübermittlung Kredit- und Versicherungs gewerbe Grundstücks- und Wohnungs wesen Vermietung beweglicher Sachen Erbringung von wirtschaftlichen Dienstleistungen (anderweitig nicht genannt) Öffentliche Verwaltung Verteidigung Sozialvers icherung Erziehung Unterricht Gesundheitswesen Veterinärwesen Sozialwes en Erbringung von sonstigen öffentlichen und pers önlichen Dienstleistungen Private Haushalte mit Hauspersonal Exterritoriale Organisationen und Körperschaften Formale Dienstleistungsdefinitionen und Klasseneinteilungen im internationalen Markenrecht und in der internationalen amtlichen Statistik81 Insgesamt also stellt die Systematik formaler Dienstleistungsdefinitionen eine dem Alltagsverständnis nahekommende und - aus markenrechtlicher und statistischer Sicht - zweckmäßige deklaratorische Übersicht unterschiedlicher Dienstleistungen dar. Diese Auflistungen umreißen so gesehen das Spektrum 80 81 Der primäre Sektor umfasst die Abschnitte A (Land- und Forstwirtschaft), B (Fischerei und Fischzucht); der sekundäre Sektor die Abschnitte C (Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden), D (verarbeitendes Gewerbe), E (Energie und Wasserversorgung) sowie F (Baugewerbe). Quellen: World Intellectual Property Organization WIPO 2001 (linke Spalte); Statistisches Bundesamt 2002 (rechte Spalte). 94 Kapitel C der in der Marktrealität existierenden (Dienst-)Leistungen und damit das (formale) Anwendungs- und Aufgabengebiet des Service Branding in der Praxis. Zur Ableitung problemorientierter Handlungsempfehlungen ist allerdings - gerade angesichts der enormen Heterogenität dieses Spektrums - eine inhaltliche Bestimmung des Dienstleistungsbegriffs unumgänglich. 1.2.2 Inhaltliche Erklärungsansätze: Dienstleistung als Vermarktungsobjekt Im Mittelpunkt inhaltlicher, marketingwissenschaftlicher Ansätze zur Erklärung von Dienstleistungen steht die Frage, durch welche vermarktungsrelevanten Charakteristika sich diese auszeichnen und damit von Sachgütern unterscheiden. Die Zielsetzung, welche die meisten der Ansätze verfolgen, ist die Entwicklung dienstleistungsspezifischer Vermarktungskonzepte, die diesen Besonderheiten und den hieraus resultierenden Implikationen in besonderem Maße Rechnung tragen. In der Fachliteratur kann dabei zwischen definitorischen und typologisierenden Erklärungsansätzen unterschieden werden. Die Gemeinsamkeit beider Ansätze besteht darin, dass sie, mehr oder weniger explizit und mit unterschiedlichen Ergebnissen, Bezug nehmen auf die Phasen der Dienstleistungsproduktion: die Potentialphase (Input), die Prozessphase (Throughput) sowie die Ergebnisphase (Output).82 Die zahlreichen Versuche der Ableitung einer allgemeingültigen Dienstleistungsdefinition bemühen sich dabei um die Identifikation konstitutiver Merkmale (Abb. C-9).83 Die zentralen, in der Literatur diskutierten Merkmale sind die Bereitstellung von Leistungsfähigkeiten und -bereitschaften (Leistungsversprechen) durch den Dienstleistungsanbieter (Potentialphase),84 die Integration eines externen Faktors im Leistungserstellungsprozess (Prozessphase)85 sowie die Immaterialität (Intangibilität) des Leistungsergebnisses (Ergebnispha- se). 86 Diese Merkmale beinhalten und implizieren weitere Dienstleistungscharakteristika, wie etwa die Singularität des Leistungserstellungsprozesses, das UnoActu-Prinzip87, die Nichtlagerfähigkeit der Leistung oder die Nichtexistenz eines 82 83 84 85 86 87 Vgl. hierzu Hilke 1992, S. 15. Engelhardt/Kleinaltenkamp/Reckenfelderbäumer kritisieren, dass der Begriff „Phase“ insofern irreführend ist, als dass er eine - im vorliegenden Fall nicht zwingend vorhandene - chronologische Abfolge unterstellt und sprechen fortan von „Dimensionen“. Gleichzeitig stellen sie fest, dass sich diese Dimensionen bei jeder Marktleistung finden lassen und insofern nicht konstitutiv für Dienstleistungen sind (1993, S. 398 ff.). Übersichten über die zahlreichen Definitionsansätze finden sich beispielsweise bei Bowen 1990, S. 43 ff.; Rosada 1990, S. 9 ff.; Köhler 1991, S. 8 ff. Vgl. hierzu bspw. Corsten 1989, S. 24; Hilke 1992, S. 11; Meyer 1991, S. 197. Vgl. hierzu bspw. Meyer/Mattmüller 1987, S. 189; Rosada 1990, S. 17 f. Vgl. hierzu bereits Berekoven 1966, S. 320 f. Vgl. Cowell 1980, S. 230. Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding 95 Transferobjektes zum Kaufzeitpunkt88. Die Aufzählung von Merkmalen, die von verschiedenen Autoren jeweils für konstitutiv erachtetet werden, ist sehr wohl in der Lage, spezifische Probleme und Herausforderungen für das Dienstleistungsmarketing aufzuzeigen. Allerdings wurde in der wissenschaftlichen Diskussion, zuvorderst in der Kritik von ENGELHARDT/ KLEINALTENKAMP/ RECKENFELDERBÄUMER (1993) und - in deren Folge - von MEFFERT (1994), sachlogisch und methodisch zwingend nachgewiesen, dass die durch die Definitionsansätze verfolgte primäre Zielsetzung, eine allgemeingültige und verbindliche Abgrenzung zwischen Sach- und Dienstleistungen zu entwickeln, verfehlt wird. Denn die Versuche, Dienstleistungen durch konstitutive Merkmale zu definieren, offenbaren bei näherer Betrachtung ein sachlogisches Dilemma, da sie in Zirkelschlüssen enden.89 Produktionsphasen Beschreibung Input (Potential) Erstellung der Leistung unter Einbeziehung des externen Faktors Kunde bzw. Kundenobjekt Leistung als Verspre- Uno Actu: simultane Leis- Intangibilität bzw. Imma- Abb. C-9: 88 89 90 Output (Ergebnis) Bereitstellung von Leistungsfähigkeiten in Form personeller immaterieller oder sachlicher Ressourcen zentrale Implikationen Throughput (Prozess) chen Notwendigkeit eines Dienstleistungsvertrags Nichtexistenz eines Transferobjekts zum Kaufzeitpunkt Asymmetrische Informationsverteilung zwischen Kunde und Anbieter Erhöhtes Kaufrisiko Zeitpunkt des Vertragsabschlusses als „Beziehungswendepunkt“ Ergebnis der immateriellen Leistungserstellung in Form immaterieller und/oder materieller Elemente tungserstellung/ -abgabe terialität der Leistung des Prozesses und Leistungsmessung/ -zuordnung Problem der Wiederholbarkeit Singularität/ Individualität Probleme der Qualitäts Problem der Leistungs- standardisierung Nichtlager-/ Nichttransportfähigkeit der Leistung Erfordernis der Filialisierung/ Mobilität Koordinations- und Flexibilitätsbedarf Kundeneinfluss auf Prozess/ Qualität Probleme der LeistungsVertrags- messung/ -zuordnung zeitpunkt Übersicht über produktionsphasenbezogene Charakteristika von Dienstleistungen aus verschiedenen Definitionsansätzen90 Zum Vertragsabschluss als Wendepunkt im Beziehungs- und Abhängigkeitsverhältnis zwischen Anbieter und Nachfrager vgl. Williamson (1990, S. 70-72). Er bezeichnet diesen Übergang von der „ex-ante-Konkurrenz“ in die „ex-post-Konkurrenz“ als „fundamentale Transformation“. Zu den Einzelheiten der Argumentationslogik vgl. Engelhardt/ Kleinaltenkamp/ Reckenfelderbäumer 1993, S. 398 ff. sowie Meffert 1994, S. 521 f. In Anlehnung an Hilke 1992, S. 15. 96 Kapitel C Erfolgversprechender und logisch stringenter ist der in Folge dieser Kritik von ENGELHARDT/ KLEINALTENKAMP/ RECKENFELDERBÄUMER (1993) entwickelte und später durch MEFFERT (1994) ergänzte Typologisierungsansatz zur Identifikation spezifischer Leistungstypen. Die Darstellung von als relevant erachteten Leistungsmerkmalen erfolgt in Form von Dimensionen, die sich als Kontinuen zwischen Extremausprägungen darstellen und infolgedessen „Unschärfebereiche zwischen den Reinformen bestimmter Absatzobjekte abzubilden“91 vermögen. In der erweiterten Typologisierung von MEFFERT (Abb. C-10) entsteht im Ergebnis eine dreidimensionale Leistungstypologisierung mit den Dimensionen Immaterialitätsgrad, Interaktionsgrad sowie Individualisierungsgrad. 92 Customized Integrativ VersicherungsIndividualipaket sierungsgrad (Potential-, Prozess-, Ergebnisdimension) Gütertransport Unternehmensberatung Gruppensprachkurs Sondermaschine Unternehmensberatung Reproduziertes Teil Datenbankdienst Integrationsgrad Standardisiert Unabhängig Interaktionsgrad (Prozessdimension) Interaktiv Autonom Materiell Immaterialitätsgrad (Ergebnisdimension) Immateriell Abb. C-10: Typologisierung von Absatzobjekten nach ENGELHARDT/ KLEINALTENKAMP/ RECKENFELDERBÄUMER und deren Erweiterung durch MEFFERT93 Dabei bezieht sich der Immaterialitätsgrad wiederum auf das Leistungsergebnis. Der Interaktionsgrad beschreibt das Ausmaß der Einbeziehung externer Faktoren in den Leistungserstellungsprozess. Der Individualisierungsgrad umfasst die kundenbezogene Spezifität der Bereitstellungsleistung und wirkt sich damit auch auf die Prozess- und Ergebnisphase aus. Interaktions- und Individualisierungsgrad können dabei als Teildimensionen des Integrationsgrades aufgefasst werden. 91 92 93 Meffert 1994, S. 522. Vgl. Meffert 1994, S. 525. Quelle: Meffert 1994, S. 524. Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding 97 1.2.3 Fazit: Eine anwendungsorientierte Dienstleistungsterminologie Wenngleich auch auf Basis dieser Typologisierungsansätze eine eindeutige Abgrenzung zwischen Dienstleistungen und Sachgütern sachlogisch erfolglos bleibt, soll und kann hier nicht der wissenschaftstheoretischen Auffassung gefolgt werden, auf den Begriff Dienstleistung zu verzichten.94 Die anwendungsorientierte Marketingforschung hat - neben den Erkenntnissen theoriebildender Forschung - ebenso die in der Praxis geprägten Begriffsrealitäten zur Kenntnis zu nehmen. In diesem Sinne können Dienstleistungen aus anwendungsorientierter Sicht wie folgt beschrieben werden: Unter dem Begriff Dienstleistungen sind Marktleistungen zu verstehen, die in der praktischen Begriffsverwendung als solche bezeichnet werden und ein hohes Ausmaß an Intangibilität, Interaktion und/oder Individualisierung aufweisen. Dagegen werden Marktleistungen, die beispielsweise von einigen Autoren als „veredelte“ Dienstleistung95 bezeichnet werden, aber eine Nullausprägung sämtlicher Eigenschaften aufweisen, von dieser Dienstleistungsauffassung ausgeschlossen.96 Die wissenschaftstheoretisch kritisierbare Unschärfe, dass sich in umgekehrter Argumentation die Eigenschaftsdimensionen nicht zur Verwendung als konstitutive, sondern lediglich als typische Charakteristika von Dienstleistungen eignen, wird dabei zugunsten praxisorientierter Forschungsergebnisse bewusst in Kauf genommen. Die im Mittelpunkt dieser Arbeit stehenden konsumtiven Kerndienstleistungen respektive Telekommunikationsdienstleistungen können infolge dessen zweckmäßig beschrieben werden als in hohem Maße immaterielle und interaktiv erbrachte Kernleistungen institutioneller (Telekommunikations-)Anbieter für den Massenmarkt.97 Da ein hoher Individualisierungsgrad für 94 95 96 97 Vgl. Engelhardt/ Kleinaltenkamp/ Reckenfelderbäumer 1993, S. 398 ff. Zur Veredelung von Dienstleistungen vgl. bspw. Meyer 1984, S. 119-121 sowie 1994, S. 119 ff. Vgl. kritisch hierzu Engelhardt/ Kleinaltenkamp/ Reckenfelderbäumer 1993, S. 398 f., ebenso bereits Berekoven 1974, S. 63. Softwarehäuser, die sich auf die Herstellung von Standardsoftware konzentrieren, sind demnach - entgegen bspw. der amtlichen Statistik - in ihrem Kern keine Dienstleister. Ebenso gut könnte ansonsten ein serienmäßig produziertes Automobil als veredelte Ingenieursdienstleistung verstanden werden. In diesem Zusammenhang sei nochmals auf das „Phänomen“ McDonald’s eingegangen: Begreift man das Unternehmen als Handelsunternehmen (zum Vertrieb primär eigenproduzierter Ware), tritt die Dienstleistungskomponente deutlicher zum Vorschein. Andererseits aber kann McDonald’s ebenso als industrieller Produzent verzehrbarer Fertigware gesehen werden. Insofern handelt es sich um einen Mischtypus, der nicht als Kerndienstleister bezeichnet werden kann. Dennoch weist das Markenmanagement dienstleistungsspezifische Herausforderungen auf, da die Wahrnehmung der Marke McDonald’s durch den Konsumenten auch durch das Auftreten des Servicepersonals bestimmt wird. Dieser Aspekt wird in Kapitel C 3 (Besonderheiten des Service Branding) vertieft. (Fortsetzung der Fußnote auf der nächsten Seite) 98 Kapitel C konsumtive Dienstleistungen eher untypisch ist, kommt dieser Dimension eine nur ergänzende Funktion zu. Grundsätzlich gilt, dass die „Serviceness“ einer konsumtiven Dienstleistung mit zunehmender Ausprägung dieser Charakteristika ebenfalls zunimmt. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass der anglizistische Begriff Service im Rahmen dieser Arbeit synonym zum Begriff Dienstleistung verwendet wird. Vielfach wird der Servicebegriff im deutschsprachigen Raum - anders als im angloamerikanischen Wortgebrauch - lediglich für Zusatzdienstleistungen verwendet, was weder sachlich noch sprachlich erforderlich ist.98 98 Vgl. zu einer kritischen Diskussion dieses Themas auch Meyer, der den Fast-Food-Anbieter, obwohl dieser in der Theorie und Praxis oftmals als „Paradebeispiel einer Dienstleistungsmarke“ angesehen wird, „nüchtern betrachtet [als] eine Meisterleistung seiner Kommunikationsverantwortlichen“ bezeichnet. Meyer argumentiert, dass bei McDonald’s zahlreiche kommunikationspolitische Besonderheiten nicht vorlägen, die für den Fall einer Dienstleistung postuliert werden, wie z.B. ein hohes wahrgenommenes Kaufrisiko aufgrund begrenzter Reversibilität von Dienstleistungen, die Notwendigkeit umfangreicher Prozesse der Informationsbeschaffung, die große Bedeutung der Komponente Zeit oder die Kommunikationsarmut der Leistung bei gleichzeitig hohem Informationsinteresse der Nachfrager (vgl. Meyer 1993; Meyer/ Tostmann 1995, S. 11 f.). Diese Sichtweise vertreten auch Meffert/ Bruhn 2003, S. 30. Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding 2. 99 Dienstleistungsmarke: Objekt des Service Branding 2.1 Das Konstrukt Dienstleistungsmarke 2.1.1 Perspektiven auf die Dienstleistungsmarke Vergleicht und kombiniert man die formalen und inhaltlichen Erklärungsansätze zu Marke und Dienstleistung, eröffnen sich vier mögliche Perspektiven (Abb. C-11), in deren jeweiligem Mittelpunkt die Dienstleistungsmarke verstanden wird als Eigentums- und Schutzrecht (juristische Perspektive), Zeichen für immaterielle und interaktive Leistungen (operative Marketingperspektive), Repräsentation für Dienstleistungen (formale Marketingperspektive) bzw. Repräsentation für immaterielle und interaktive Leistungen (integrierte Marketingperspektive). Formaler Markenansatz Integrativer Markenansatz Formale Dienstleistungsbestimmung Inhaltliche Dienstleistungsbestimmung Juristische Perspektive Operative Marketingperspektive Dienstleistungsmarke als Eigentums- und Schutzrecht Dienstleistungsmarke als Zeichen für immaterielle und interaktive Leistungen Formale Marketingperspektive Integrierte Marketingperspektive Dienstleistungsmarke als Repräsentation für „Dienstleistungen“ Dienstleistungsmarke als Repräsentation für immaterielle und interaktive Leistungen Abb. C-11: Grundsätzliche Perspektiven auf die Dienstleistungsmarke Die juristische Perspektive99 beschreibt die Dienstleistungsmarke als Eigentums- und Schutzrecht, in deren Mittelpunkt die formalrechtlichen Möglichkeiten und Bedingungen der Kennzeichnung von Marktleistungen stehen, die nach ebenfalls formaljuristischer Definition eine Dienstleistung darstellen. Demnach entsteht Markenschutz durch Eintragung des Zeichens in das Markenregister (eingetragene Marke/ Registermarke) oder durch Benutzung eines Zeichens im geschäftlichen Verkehr, sofern das Zeichen als Marke Verkehrsgeltung erlangt hat (Benutzungsmarke) oder durch notorische Bekanntheit der Marke (Notoritätsmarke).100 Mit der Eintragung der Marke erlangt der Anmelder bzw. Inhaber 99 100 Zur juristischen Perspektive der Dienstleistungsmarke vgl. Schreiner 1983; Landolt 1993. Vgl. § 4 Markengesetz, in: Mühlendahl 1995. 100 Kapitel C der Marke ein ausschließliches Recht an dieser. Im Falle einer Verletzung des Schutzrechts bietet es ihm die Möglichkeit, Schadensersatzansprüche oder Unterlassung geltend zu machen.101 Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass der Begriff Dienstleistungsmarke, ebenso wie der früher verwendete Begriff Warenzeichen, mit Inkrafttreten des Markengesetzes 1995 in Deutschland durch den Begriff Marke als Sammelbegriff für die Kennzeichnung102 von Waren und Dienstleistungen ersetzt wurde. Die operative Marketingperspektive fokussiert die Dienstleistungsmarke als optisches, haptisches oder akustisches Kennzeichen für immaterielle und interaktive Leistungen. Als Hauptvertreter dieser Richtung ist GRAUMANN zu sehen, nach dessen vielzitierter und -übernommener Definition103 man unter Dienstleistungsmarke ein Zeichen versteht, „das der Kennzeichnung von Gütern dient, deren Produktion die unmittelbare raum-zeitliche Integration eines externen Faktors in Form der Person des Leistungsnehmers oder seines Verfügungsobjektes erfordert und die daher ausschließlich im Rahmen eines synchronen Kontakts zwischen Leistungsgeber und Leistungsnehmer bzw. deren Verfügungsobjekte produziert werden können“104. Im Mittelpunkt dieser Betrachtung stehen Fragen hinsichtlich der erforderlichen Voraussetzungen von Dienstleistungen als Markenware (wie z. B. Qualitätskonstanz, Standardisierung etc.)105, aber auch hinsichtlich kreativ-gestalterischer Aspekte des eigentlichen Markenzeichens (wie z. B. Form- und Farbgebung, Schrifttypen oder Klangmuster). Ferner geht es um operative Problemstellungen wie etwa die Frage, mit Hilfe welcher Markentechniken die Markierungsproblematiken bei immateriellen Dienstleistungen überwunden werden können, da das Markenzeichen nicht auf dem „Produkt“ Dienstleistung selbst oder seiner Verpackung angebracht werden kann.106 Ansätze, die hierin eine zentrale Herausforderung für das Management von Dienstleistungsmarken sehen, verweisen dabei häufig auf die Systematisierung interner (unternehmerischer) und externer (kundenseitiger) Kontaktobjekte bzw. -subjekte (Abb. C-12).107 Auch wenn die markierungstechnische Frage der Gestaltung und Anbringung der Dienstleistungsmarke als Zeichen eine nicht unwesentliche operative Problemstellung umfasst, beleuchtet diese Perspektive lediglich einen nachgelagerten Teilaspekt des strategischen Service Branding. Zwar können mit Hilfe der Systematisierung von Kontaktträgern Suchfelder eröffnet und kreative Ansätze zur eigentlichen „Markierung“ von Dienstleistungen und zur Lösung dieser 101 102 103 104 105 106 107 Vgl. § 14 Markengesetz, in: Mühlendahl 1995. Zu den grundsätzlichen Möglichkeiten der Kennzeichnung vgl. Kap. C 1.1.1. Vgl. bspw. Meffert/ Bruhn 2003, S. 395. Graumann 1983, S. 144 ff. Zur Dienstleistungsqualität und -standardisierung vgl. Zeithaml/ Parasuraman/ Berry 1990; Berry/ Parasuraman 1992, S. 16; Meffert/ Bruhn 2003, S. 400; Bieger 2002, S. 165 ff. Vgl. bspw. Stauss 1998, S. 15. Vgl. Graumann 1983, S. 144 ff. Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding 101 technischen „Visualisierungsproblematik“108 abgeleitet werden, doch werden hiervon die zentralen Funktions- und Wirkungszusammenhänge bei der Entstehung innerer Markenbilder beim Konsumenten nicht tangiert. Kontaktträger Extern Kontaktsubjekte Externe Kontaktobjekte Externe Kontaktsubjekte Schild an Kleidungsstück nach einer Stempelaufdruck beim Besuch einer Textile Merchandising-Artikel Textilreinigung Hänger am Autospiegel nach einer Reparatur Interne Kontaktobjekte Intern Verfügungsbereich Kontaktobjekte Diskothek (z.B. T-Shirt „Euro-Disney“) Interne Kontaktsubjekte Markierung von Gebäuden, Flugzeugen, Einheitliche Bekleidung mit einer Zügen, Mietwagen etc. Markierung bei Fluggesellschaften Abb. C-12: Operative Ansätze zur Markierung von Dienstleistungen109 Diesen Aspekt der Dienstleistungsmarke fokussiert die formale Marketingperspektive. Allerdings liegt dieser Betrachtung eine formale Dienstleistungsauffassung zugrunde, in der die relevanten Implikationen charakteristischer Dienstleistungseigenschaften unberücksichtigt bleiben. Wie die Ausführungen in Kapitel B 1 dieser Arbeit gezeigt haben, ist zur ganzheitlichen Erfassung der sich aus dem Schnittstellenthema Marke und Dienstleistung ergebenden Herausforderungen aber sowohl eine integrative Sicht der Marke als auch eine inhaltliche Interpretation der Dienstleistung erforderlich. Die sich hieraus ergebende integrierte Marketingperspektive auf die Dienstleistungsmarke, in deren Mittelpunkt Fragen zu dienstleistungstypischen Herausforderungen und Lösungsansätzen zur Marke als Repräsentation im Gedächtnis des Verbrauchers stehen, wird im folgenden Kapitel näher betrachtet. 2.1.2 Dienstleistungsmarke aus integrierter Marketingperspektive Die integrierte Marketingperspektive nimmt einen problemorientierten Blickwinkel ein, der sowohl der modernen Auffassung von Marke als Träger zentraler Eigenschaften und Bedeutungen als auch der anwendungsorientierten Interpretation der Dienstleistung als Leistung mit besonderen Vermarktungsanforderungen Rechnung trägt. Hiernach kann Dienstleistungsmarke bzw. Service Brand wie folgt präzisiert werden: 108 109 Vgl. Meffert/ Bruhn 2003, S. 400 f. Quelle: Meffert/ Bruhn 2003, S. 401. 102 Kapitel C Dienstleistungsmarke (Service Brand) ist die positiv verhaltensbeeinflussende Repräsentation eines markierten Dienstleistungsangebots im Gedächtnis des Rezipienten (Konsument, Mitarbeiter, Aktionär etc.), die in Form eines inneren Markenbildes die wichtigsten Eigenschaften und Verknüpfungen umfasst, die einer in hohem Maße immateriellen und interaktiv erbrachten Marktleistung eines institutionellen Dienstleistungsanbieters kognitiv zugeordnet werden. Dieser integrierte kognitionspsychologische Ansatz findet sich auch in der Sicht der Markenpraktiker wieder, wie das folgende Zitat belegt: „Marke ist ein Vorurteil im Kopf des Verbrauchers. Marke existiert nur beim Verbraucher: Sie hat weniger was mit der Objektivität des Dienstleistungsangebots, als vielmehr mit dem subjektivem Empfinden zu tun. Sie umfasst damit den Gesamteindruck, den der Verbraucher hinsichtlich des Angebots hat. Marke ist nicht nur Logo, sondern letztendlich das Gefühl, die Emotion, die der Verbraucher abruft, wenn man ihm ein Stichwort gibt. [...] Unsere Aufgabe ist dabei, viele gleichlautende Vorurteile zu erhalten. Faktisch liegt damit eine Dienstleistungsmarke erst dann vor, wenn ein Großteil der Zielgruppe die Marke als gleichförmig erlebt.“110 2.1.3 Service Branding als Prozess der Wahrnehmungssteuerung Entsprechend der integrierten Definition der Dienstleistungsmarke kann der Begriff des Service Branding, der im Rahmen der Arbeit bislang als die professionelle Entwicklung und Einführung von Dienstleistungsmarken umschrieben wurde, präzisiert werden. Der Begriff des Branding selbst, der etymologisch der nordamerikanischen Viehwirtschaft des 18. Jahrhunderts entstammt und die Brandmarkung von Kälbern und Rindern bezeichnete,111 wird heute in Literatur und Praxis unterschiedlich aufgefasst. Die Definitionen reichen von der Gleichsetzung des Branding für die reine Namensgebung112 bis hin zur abgestimmten Gestaltung aller Marketing-Mix-Instrumente113. Im Umkehrschluss der oben entwickelten Definition der Dienstleistungsmarke kann Service Branding als Forschungsbereich dieser Arbeit wie folgt definiert werden: Service Branding bezeichnet das Management sämtlicher Maßnahmen zur Entwicklung und Einführung eines Markenauftritts für Dienstleistungen oder Dienstleistungsunternehmen, die dazu geeignet sind, im Gedächtnis des Rezipienten ein positiv verhaltensbeeinflussendes Vorstellungsbild über das in hohem Maße immaterielle und interaktiv erbrachte Leistungsangebot zu generieren. 110 111 112 113 Ohnemus 1999, Expertengespräch. Vgl. Grant 1999, S. 20. Vgl. Gotta 1989, S. 16; 1994, S. 775. Vgl. Murphy 1990, S. 4. Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding 103 Service Branding kann aus dieser Sicht als ein Managementprozess verstanden werden, dessen Hauptaufgabe im weiteren Sinne in der Steuerung der Markenwahrnehmung durch den Rezipienten, und hier vor allem der des Konsumenten, besteht. Hieraus leitet sich die zentrale Fragestellung ab, wie ein markiertes Dienstleistungsangebot als Stimulus zu gestalten ist, um sich in der subjektiven Wahrnehmung des Konsumenten als Marke verankern zu können. MEFFERT (1998) bemerkt hierzu, dass es auf diese Frage keine allgemeingültige Antwort geben könne, „da die Wahrnehmung und Interpretation der Marke immer auch von situativen Bedingungen abhängig ist“114. Doch sollte dieser Einwurf weniger als Kritik, sondern vielmehr als Hinweis auf die generelle Problematik des Phänomens Marke gewertet werden. Die wirkungsorientierte und kundenzentrierte Auffassung des Service Branding impliziert zudem eine grundsätzliche Besonderheit des Managements von Dienstleistungsmarken und öffnet einen neuen Blickwinkel auf die Phasen der Dienstleistung. Während - wie in den Ausführungen des Kapitel B 1.2.2 dargestellt - inhaltliche Erklärungsansätze des Dienstleistungsmarketing an den Phasen der Dienstleistungsproduktion aus Unternehmenssicht (Potential-, Prozess-, Ergebnisphase) ansetzen, stehen beim Service Branding die Phasen der Dienstleistungswahrnehmung aus Kundensicht im Mittelpunkt. Aus dieser Perspektive stellt sich die Phase des unternehmensseitigen Leistungsversprechens (Potentialphase) für den Kunden als Leistungserwartung dar, die Phase der Leistungserstellung als Leistungserlebnis. Die Phase nach Leistungserstellung bzw. nach Vorliegen des Dienstleistungsergebnisses stellt sich dem Kunden aufgrund der Immaterialität und Interaktivität der Dienstleistung als Phase der Leistungserinnerung dar. Leistungserwartung, Leistungserlebnis und Leistungserinnerung umreißen somit die grundsätzlichen Wahrnehmungsphasen, in denen der Konsument mit einem Dienstleistungsmarken-Stimulus konfrontiert werden kann, auf dessen Grundlage sich ein inneres Vorstellungsbild manifestiert (Abb. C-13). Potentialphase Prozessphase Nach-Prozessphase Dienstleistungsmarken-Stimulus Leistungserwartung Leistungserlebnis Leistungserinnerung Abb. C-13: Potentielle Wahrnehmungsphasen eines Dienstleistungsmarken-Stimulus aus Kundensicht 114 Meffert 2000, S. 847. 104 Kapitel C Aus der integrierten Definition der Dienstleistungsmarke bzw. des Service Branding ergeben sich für das weitere Vorgehen folgende Themenfelder, die im weiteren Verlauf der konzeptionellen Grundlagenarbeit zu vertiefen sind: Manifestation innerer Markenbilder bei Dienstleistungen: Analyse und Darstellung der kognitionspsychologischen Verarbeitungs- und Speicherungsprozesse von inneren Markenbildern bei Dienstleistungen. Determinanten der Markenwirkung: Analyse und Darstellung konsumentenbezogener Wirkungsdeterminanten von Dienstleistungsmarken. Integration der Entscheidungsebenen: Entwicklung eines integrierten Ansat- zes, welcher der integrierten Definition der Dienstleistungsmarke als gestaltund wahrnehmbare Schnittstelle zwischen Anbietern und Nachfragern Rechnung trägt. Spezifische Herausforderungen des Service Branding: Analyse und Darstellung grundsätzlicher Herausforderungen, die sich aufgrund spezifischer Dienstleistungscharakteristika für den Aufbau und die Verarbeitung innerer Vorstellungsbilder ergeben. Entwicklung von Hypothesen zum Aufbau innerer Markenbilder: Formulie- rung vorläufiger, theoretisch-konzeptionell entwickelter Aussagen über Erfolgsfaktoren des Service Branding. Als Grundlage werden in diesem Kapitel zunächst Voraussetzungen, Ziele, Aufgaben und Gestaltungselemente des Service Branding als Entscheidungsvariablen der markenführenden Dienstleistungsunternehmung betrachtet. 2.2 Voraussetzungen, Ziele und Aufgaben des Service Branding 2.2.1 Voraussetzungen und Rahmenbedingungen Die Umsetzung des Service Branding ist an gewisse unternehmensinterne und -externe Voraussetzungen und Rahmenbedingungen geknüpft. Als Indikatoren interpretiert, bilden sie den situativen, unternehmensindividuellen Kontext für das Service Branding, aus dem heraus sich die generelle Bedeutung der Markenführung als kritischer Erfolgsfaktor für das Unternehmen ableitet.115 Während unternehmensinterne Voraussetzungen als Determinanten des internen Markenpotentials gleichzeitig Entscheidungs- und Gestaltungsvariablen des Managements darstellen, sind unternehmensexterne, aber auch leistungsimmanente Rahmenbedingungen nicht - oder zumindest nicht kurzfristig - be115 Ähnlich Kühn, in dessen Dominanz-Standard-Modell die Frage, ob ein bestimmtes Marketinginstrument die Funktion eines kritischen Erfolgsfaktors einnimmt, von externen und internen (variablen) Einflussfaktoren abhängig ist (vgl. 1985 S. 19-21; 1986 S. 4ff.). Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding 105 einflussbare Größen. Ihre situativen Ausprägungen lassen zunächst nur Rückschlüsse auf die externe, marktbezogene Relevanz von Dienstleistungsmarken zu und bestimmen damit maßgeblich die grundsätzlichen Chancen und Möglichkeiten des Service Branding. Abbildung C-14 verdeutlicht diese Zusammenhänge anhand exemplarisch ausgewählter Indikatoren, deren jeweilige Ausprägungen Idealkonstellationen für die Markenführung beziehungsweise die Markenrelevanz darstellen. Anforderungs- und Rahmenbedingungen niedrig internes Markenpotential hoch gering nein gering gering gering gering gering gering Komparative Leistungsstärke Total Quality Management Mitarbeiterqualifizierung Leistungsdifferenzierung Innovationsstärke Brand Excellence Langfristorientierung Finanzkraft hoch ja hoch hoch hoch hoch hoch hoch niedrig externe Markenrelevanz gering gering hoch gering gering gering gering gering Marktreife Wettbewerbsintensität Nachahmungsgeschwindigkeit Transaktionshäufigkeit Involvement Spezifität der Leistung Vertrauenseigenschaften Erfahrungseigenschaften Bedeutung des Service Branding hoch dominant externe Markenrelevanz hoch hoch hoch gering hoch hoch hoch hoch hoch marginal niedrig niedrig internes Markenpotential hoch Abb. C-14: Interne und externe Voraussetzungen für das Service Branding 2.2.2 Service-Brand-Power als Zielgröße Wirkungsvolles Service Branding leistet durch Erhalt oder Steigerung des Unternehmenswertes einen Beitrag zur Erreichung des unternehmerischen Globalziels der langfristigen Existenzsicherung.116 Dies unterstreicht den grundsätzlich derivativen Charakter des Zielsystems, da sämtliche Ziele auf Markenebene in hierarchischer Beziehung zu übergeordneten Unternehmenszielen stehen und aus diesen abzuleiten sind.117 Gleichzeitig sind die Markenziele mit dem ebenfalls derivativen Marketing-Zielsystem eng verknüpft. Durch die der Dienstleistungsmarkendefinition immanente Zielsetzung der positiven Verhaltensbeeinflussung potentieller und tatsächlicher Kunden leistet Service Branding primär einen Beitrag zur Erfüllung von zwei Kernaufgaben des Marketing: der Kundenakquisition und der Kundenbindung.118 Ebenso kann Markenführung 116 117 118 Vgl. Hahn/ Hungenberg 2001, S. 13. Vgl. Haedrich/ Tomczak 1996a, S. 76. Der Aufgabenorientierte Marketingansatz sieht in Kundenakquisition und Kundenbindung sowie in Leistungspflege und Leistungsinnovation die Kernaufgaben des Marketingmanagements. Das Konzept des Ansatzes besteht in der Integration von strategischen Marketingzielen, -instrumen (Fortsetzung der Fußnote auf der nächsten Seite) 106 Kapitel C durch Erhöhung kundenseitiger Akzeptanzbereitschaft für neue Angebote positive Impulse bezüglich der Kernaufgabe Leistungsinnovation bewirken.119 Die Spezifität des Erfolgsbeitrags der Marke zu übergeordneten Unternehmens- und Marketingzielen spiegelt der Begriff des Markenwerts wider: „Brand Equity is the 'added value' with which a given brand endows a product“120. Die betriebswirtschaftlichen Zugänge zum Markenwert sind allerdings ebenso zahlreich und heterogen wie diejenigen zum Markenbegriff selbst. Das seit den 80er Jahren sehr hohe Interesse an der Markenwertdiskussion121 entstand zum einen aus der zunehmenden ökonomischen Bedeutung von Marken im Rahmen von Fusionen und Firmenverkäufen, von Markentransfers und Markenlizenzierung.122 Zum anderen resultiert es aus der gestiegenen Bedeutung des Markencontrolling und dem damit verbundenen Wunsch, „Marken wie andere Erfolgsgrößen im Unternehmen kennzahlenorientiert planen, steuern und kontrollieren zu können“123. Entsprechend können, wie IRMSCHER in einem umfangreichen Klassifikationsansatz zeigt, finanzorientierte und marketingorientierte Markenwertmodelle unterschieden werden.124 Während finanzorientierte Modelle mittels ökonomischer Ergebnisgrößen wie Umsatz, Gewinn oder Deckungsbeitrag eine „echte“ Wertauffassung des Markenwerts in Geldeinheiten verfolgen, orientieren sich marketingspezifische, und hierunter häufig verhaltenswissenschaftliche Markenwertkonzepte auf die Untersuchung des Markenwerts aus Konsumentensicht. Aus der kognitionspsychologischen Auffassung der Marke im Rahmen dieser Arbeit, nach der die Marke als inneres Vorstellungsbild im Kopf des Konsumenten entsteht, folgt demnach, dass „auch der Markenwert in den Köpfen der Konsumenten“125 entsteht. Die Service-Brand-Power bezeichnet diesen Wert als Stärke der Dienstleistungsmarke im Kopf des Konsumenten oder präziser: als Qualität des inneren Vorstellungsbildes eines Konsumenten über relevante Eigenschaften und Verknüpfungen, die er einer in hohem Maße immateriellen und interaktiv erbrachten Dienstleistung kognitiv zuordnet. Die 119 120 121 122 123 124 125 ten und -aufgaben und begreift Marketingmanagement als prozessorientierte Schnittstellenfunktion im Unternehmen (vgl. hierzu Tomczak/ Reinecke 1996). Zu einer ausführlichen Darstellung verhaltensbezogener Indikatoren des Markenwerts vgl. Kapitel C 3.1.2. Farquhar 1989, S. 24. Vgl. hierzu auch Jones 1986. Dass der Wert der Marke somit eine Nettogröße darstellt, verdeutlicht folgendes Szenario: Sollten von heute auf morgen sämtliche Produktions- und Abfüllanlagen, Warenlager und Geschäftsimmobilien, Finanzanlagen und Forderungen, Wertpapiere und Kassenbestände, kurzum: das gesamte materielle Anlage- und Umlaufvermögen der Coca-Cola Company untergehen, würde der Wert des Unternehmens, der sich dann ausschließlich aus dem Recht zur zukünftigen Nutzung des Markennamens ableitet, geschätzte 70 Mrd. US-$ betragen (vgl. Abb. A-3 dieser Arbeit). Vgl. hierzu bspw. Irmscher 1997; Schlaberg 1997; Sander 1994. Vgl. Kaas 1990a, S. 48. Herrmann 1999, S. 53. Vgl. Irmscher 1997. Vgl. Kapferer 1992, S. 9. Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding 107 Optimierung der Service-Brand-Power kann also als unmittelbare Zielsetzung sämtlicher Maßnahmen des Service Branding bezeichnet werden. Sie ist damit ebenfalls eine derivative Ziel-, Steuer- und Kontrollgröße, die sich in Form direkt beobachtbaren Markenverhaltens auf den ökonomischen Markenerfolg und damit auf das Globalziel der Unternehmung auswirkt. Die Service-Brand-Power stellt ein innerpsychisches Konstrukt dar, das aufgrund der reizauslösenden Signale der Dienstleistungsmarke entsteht und im Idealfall positives Konsumentenverhalten bewirkt. In Übertragung auf das bereits vorgestellte Grundmodell kognitionspsychologischer Markendefinitionen, dem neobehavioristischen Stimulus-Organism-Response-Modell, lässt sich der Prozess der Wahrnehmung und Verarbeitung einer Dienstleistungsmarke durch den Konsumenten schematisch, wie in Abbildung C-15 gezeigt, darstellen. Für die markenführende Unternehmung stellt somit die Erfüllung kognitionspsychologischer Ziele die Grundvoraussetzung für die Erreichung ökonomischer Ziele dar. Erfolgreiches Service Branding sollte daher die Gestaltung des Stimulus Dienstleistungsmarke unter dem Aspekt der bestmöglichen kognitionspsychologischen Zielerreichung durchführen. Stimulus Organism Response Dienstleistungsmarke ServiceBrandPower Markenverhalten Abb. C-15: Service-Brand-Power als Zielgröße des Service Branding Durch welche operationalen Verhaltens- und Wirkungsvariablen sich ServiceBrand-Power manifestiert und wie sich die Prozesse zur Entstehung der Service-Brand-Power darstellen lassen, ist Gegenstand des Kapitels C 3. 2.2.3 Positionierung als strategischer Ausgangspunkt Das zweite Element des Service-Branding-Zielsystems umfasst Positionierungsziele.126 Wurden in den bisherigen Ausführungen die solitären Repräsentationen zu einer Marke betrachtet, ergänzt die Sichtweise der Positionierung das System Marke um das Spektrum der Konkurrenzmarken. Denn entscheidend dafür, ob sich eine reizauslösende Marke tatsächlich als relevantes und 126 Vgl. Haedrich/ Tomczak/ Kaetzke 2003, S. 57 ff. 108 Kapitel C eigenständiges inneres Vorstellungsbild im Gedächtnis der Zielpersonen manifestieren kann und letztlich markenspezifisches Verhalten auslöst, ist das relative Verhältnis zu den Repräsentationen über andere Marken. Die Aufgabe der Positionierung besteht in der „Ausrichtung der Leistung auf einen Zielmarkt und ihre Ausstattung mit entsprechenden Eigenschaften mit dem Ziel der Differenzierung zur Konkurrenz“127. Im Einzelnen werden Aussagen getroffen über Kunden eines Unternehmens (Marktsegmente, Zielgruppen), deren Bedürfnisse (Probleme, Wünsche, Zufriedenheit), die Konkurrenz (angestrebte Allein- bzw. Vorteilsstellung) sowie das jeweilige Leistungsangebot (Problemlösung).128 Aus den Positionierungszielen resultieren Positionierungsmaximen, die (auch) für das Service Branding gelten, nach denen relevante Bedürfnisse bzw. Probleme einer bestimmten, ausreichend großen Kundengruppe mit einem maßgeschneiderten Angebot in der subjektiven Wahrnehmung der Kunden (Erst- und Wiederkäufer) dauerhaft und besser als von der Konkurrenz zu befriedigen bzw. zu lösen sind. 129 Positionierung liefert somit den Ausgangspunkt der Konzeption und Umsetzung eines Markenimages: Sie beschreibt die strategische Leitidee, an der sich die qualitative und quantitative Gestaltung aller Marketing-Mix-Instrumente, insbesondere der Markenstimuli und der Markenkommunikation, auszurichten hat.130 Sie definiert damit gleichzeitig die Soll-Positionierung der Marke in der subjektiven Wahrnehmung des Konsumenten,131 d.h. die aus Sicht der markenführenden Unternehmung gewünschte Ausgestaltung des inneren Vorstellungsbildes im Gedächtnis des Konsumenten. Inwieweit diese mit der IstPositionierung, also den tatsächlichen Gedächtnisinhalten über eine konkrete Marke übereinstimmt, ist somit eine zentrale Frage der Umsetzung verhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse, aber auch der individuellen Leistungserfahrung.132 Auch hier gilt: wahr ist, was wahrgenommen wird. Die strategische und zugleich kreative Herausforderung besteht dabei im Auffinden geeigneter 127 128 129 130 131 132 Bieger 2002, S. 112. Vgl. Tomczak/ Ludwig 1998, S. 54. Vgl. Tomczak/ Reinecke 1995, S. 503; ähnlich Kaas 1990b, S. 541. Vgl. hierzu Haedrich/ Tomczak 1996b, S. 136. Zur subjektiven Wahrnehmung als Maßstab für die erfolgreiche Umsetzung eines Positionierungskonzeptes vgl. beispielhaft Wind 1982, S. 75; Albers 1989; Kroeber-Riel 1992, S. 205. Zu Kernproblemen der Positionierung vgl. Esch 2001c, S. 250. Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding 109 Positionierungsdimensionen bzw. Positionierungsräume, zu deren systematischer Evaluierung grundsätzlich zwei Suchfelder zur Verfügung stehen:133 Denotative Suchfelder: 134 Hier zielt das Finden von Positionierungsdimensionen auf Möglichkeiten der Dramatisierung vorwiegend funktional-sachlicher Unique Selling Propositions der Marke ab. Aus klassischer Sicht bestehen auf dieser Ebene drei mögliche angebotsorientierte Normstrategien, aus denen sich entsprechende Alternativen und Ansätze zur Markenpositionierung ableiten lassen:135 Preisbezogene Strategie, d.h. Differenzierung durch kontinuierliche Dramatisierung eines Preisvorteils gegenüber Konkurrenzmarken; Leistungsbezogene Strategie, d.h. Differenzierung durch Dramatisierung inhaltlich-qualitativer Leistungsvorteile gegenüber Konkurrenzmarken; Segmentbezogene Strategie, d.h. Differenzierung durch Dramatisierung eines Preis- oder Leistungsvorteils gegenüber Konkurrenzmarken innerhalb eines spezifischen Marktsegments bzw. einer Marktnische. Konnotative Suchfelder: Das Finden von Positionierungsdimensionen auf konnotativer Ebene zielt auf Möglichkeiten der Dramatisierung vorwiegend emotional-intuitiver Unique Selling Propositions der Marke ab. Im Mittelpunkt stehen subjektive Assoziationen, welche die Öffentlichkeit - oder Teile von ihr - kollektiv mit der Marke verbinden sollen. Auf diesem Feld spiegelt die Positionierung auch Eigenschaften wider, die im Rahmen identitätsorientierter Ansätze der Persönlichkeit oder dem Charakter einer Marke zugeordnet werden (z. B. Jugendlichkeit, Seriosität, Vertrauenswürdigkeit, Tradition etc.).136 Die Idee der Positionierung wird häufig durch zwei- oder mehrdimensionale Positionierungsmodelle visualisiert (Abb. C-16). Die Achsen des Positionierungsmodells beschreiben die Positionierungseigenschaften der Marke und spannen den Positionierungs- oder Wahrnehmungsraum auf. Hierin wird, je nach Ausprägung der Eigenschaften, die stark vereinfachte, von der Zielgruppe intersubjektiv wahrgenommene Stellung der zu positionierenden Marke, der Konkurrenzmarken sowie einer oder mehrerer Idealpunkte (Idealvorstellungen) vorgenommen. Aus den räumlichen Distanzen zwischen den Marken untereinander und den Idealpunkten können auf diese Art beispielsweise Rückschlüsse über Erfolg oder Defizite der Markenkommunikation, über den wahrgenomme- 133 134 135 136 Ähnlich Esch (2004, S. 124), der sachlich/funktionale und emotionale Ansätze zur Suche und Auswahl geeigneter Positionierungseigenschaften unterscheidet. In einem anderen Ansatz, der ebenfalls Anhaltspunkte zur Evaluierung relevanter Positionierungsdimensionen aufzeigt, spricht Heskett (1986, S. 31) von den „drei C’s“: The Company, the Customer, and the Competitor: „How do they relate to one another on dimensions considered important to the customer?“ Vgl. hierzu die semiotische Markendefinition (Kapitel C 1.1.3). Vgl. hierzu Porter 1996, S. 23. Vgl. hierzu bspw. D.A. Aaker 1996, S. 78 f.; J. Aaker 1997, S. 350 f.; Kapferer 1992; 1998. 110 Kapitel C nen Alleinstellungscharakter einer Marke oder erforderliche Änderungen der Positionierungsziele abgeleitet werden. Spezialisierung (Spezialisierungsgrad) Mitarbeiteranzahl in Strategieberatung ADL SPA Booz-Allen Informalität (Formalisierungsgrad) BCG Formalität Braxton A.T. Kearny McKinsey & Company Bain & Company Generalisierung Abb. C-16: Visualisierung der Positionierung am Beispiel ausgewählter US-Unternehmensberatungsfirmen137 Inwieweit „klassische“ Positionierungsmodelle in der Lage sind, über die stark vereinfachte Darstellung wirklich entscheidungsrelevante Hinweise auf das komplexe Konstrukt Marke zu geben, ist immer wieder Gegenstand kritischer Betrachtungen.138 Andererseits liegt gerade in dieser Vereinfachung eine Stärke, da sich ein Markenimage nicht auf der Grundlage von zu vielen Faktoren oder Motiven aufbauen lässt.139 Hierdurch würde „die Markenbildung beim Verbraucher zerstört, da dieser nicht in der Lage ist, ein Markenimage aus 30 Komponenten zu begreifen“140. 2.2.4 Markenstimuli als Gestaltungsvariablen Die Gestaltungsvariable markierte Dienstleistung, die im Rahmen der kognitionspsychologischen Definition der Dienstleistungsmarke als Auslöser der Repräsentation verstanden wurde, umfasst als Markenstimuli sowohl die Elemente der Dienstleistungsmarke als Zeichen 141 als auch die der Marke zugrunde lie137 138 139 140 141 Quelle: Payne 1986, zitiert nach Meffert/ Bruhn 2003, S. 169. Vgl. hierzu beispielhaft Haedrich/ Tomczak/ Kaetzke 2003, S. 50 ff. Vgl. hierzu Kroeber-Riel/ Esch 2004, S. 51; Esch 2001c, S. 238. Ohnemus 1999, Expertengespräch. Vgl. Kapitel C 1.1.1. Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding 111 gende(n) Dienstleistung(en). Aufgrund der Immaterialität ist dabei insbesondere die verbale (Markenname) und visuelle (Markenzeichen) Markierung der Dienstleistung von Bedeutung. Für sie gilt, dass, je besser sie gestaltet ist, d.h. je besser sie zur Vermittlung der Positionierung beiträgt, „desto schneller kann Markenaufbau erfolgen und desto geringer muss der kommunikative Einsatz zum Markenaufbau sein.“142 Nach ESCH muss Markengestaltung holistisch innerhalb des „magischen Branding-Dreiecks“ erfolgen, da sich für die Zielperson der Gesamteindruck einer Marke aus der ganzheitlichen Wirkungsbeziehung - und nicht aus der Addition - der zentralen Brandingelemente Markenname, Markenzeichen und Produkt/Verpackungsgestaltung ergibt.143 Aus der Übertragung dieses Gedankens auf das Service Branding resultiert die „Service-Branding-Triade“ (Abb. C-17), in deren Mittelpunkt Markenname, Markenzeichen und Dienstleistung als zentrale Gestaltungsvariablen und Stimuli der Dienstleistungsmarke stehen. Diese Schlüsselsignale sind als grundsätzliche Gestaltungselemente des Service Branding zu verstehen, unabhängig von der konkreten, der Markenbildung zugrunde liegenden Dienstleistung. Markenname Markenzeichen Dienstleistung Abb. C-17: Service-Branding-Triade: Schlüsselsignale der Dienstleistungsmarke144 Positionierungsziele und Schlüsselsignale gehören damit zu den zentralen unternehmerischen Gestaltungselementen des Service Branding. Die geeignete Positionierung ist eine hinreichende, ihre Vermittlung durch Schlüsselsignale die notwendige Bedingung der Service-Brand-Power. Die das innere Vorstellungsbild der Zielperson auslösenden Markenstimuli stellen somit ein „Interface“145 dar. Sie sind gleichzeitig Schnittstelle und verbindende Ober- 142 143 144 145 Esch 2004, S. 159. Vgl. Esch 2004 (S. 157), der zur Verdeutlichung dieser These auf eine Erkenntnis der Gestaltpsychologie zurückgreift, nach der das Ganze (hier: die Gesamtwahrnehmung von Markenname, Markenzeichen und Produktverpackung) mehr ist als die Summe seiner Teile, d.h. die Summe der Einzelwahrnehmung von Markenname, Markenzeichen und Produktverpackung. Zur ganzheitlichen versus additiven Wahrnehmung vgl. Arnheim 1982. Quelle: in Anlehnung an Langner 2003, S. 27 zitiert nach Esch 2004, S. 157. Herrmann 1999, S. 22. 112 Kapitel C fläche zwischen zwei strukturell gekoppelten Systemen:146 der Unternehmensentscheidungen auf der einen sowie der Konsumentenentscheidungen auf der anderen Seite, aber auch von Entscheidungen anderer Bezugsgruppen.147 Die im Zusammenhang mit dieser Markenschnittstelle bestehende Herausforderung bezeichnet LEVERMANN als Implementationslücke zwischen der Konzeptund Realisationsebene der Markenpositionierung.148 Um die Anforderungen und Möglichkeiten beider Systeme adäquat zu erfassen, empfiehlt sich im Rahmen der strategischen Positionierungsplanung die Anwendung einer TopDown- und Bottom-Up- bzw. Inside-Out- und Outside-In-Betrachtung.149 2.2.5 Ableitung der strategischen Kernaufgabe des Service Branding Vor dem Hintergrund der bisherigen Ausführungen zu Service-Brand-Power, Positionierung und Gestaltungsvariablen sowie unter Bezugnahme auf die Definition des Service Branding150 kann die Kernaufgabe des Service Branding wie folgt abgeleitet werden: Die Aufgabe des strategischen Service Branding besteht darin, auf Basis der Planung, Entwicklung und Kontrolle einer Erfolg versprechenden Positionierungsstrategie die Planung, Durchführung und Kontrolle sämtlicher Maßnahmen zur Gestaltung von Schlüsselsignalen für Dienstleistungen oder Dienstleistungsunternehmen vorzunehmen, die dazu geeignet sind, ein positionierungsadäquates inneres Markenbild im Gedächtnis des Konsumenten zu generieren und dadurch zu einer Maximierung der Service-Brand-Power beizutragen. Die Präzisierung verdeutlicht, dass es sich bei strategischem Service Branding um einen iterativen Managementprozess handelt, der einer ständigen Wirkungskontrolle der Ergebnisse (Soll-Ist-Vergleich bzw. Veränderungen des inneren Markenbilds, Veränderung Service-Brand-Power) durchgeführter Maßnahmen (Positionierung, Gestaltung Schlüsselsignale) sowie deren eventueller Anpassung bzw. Optimierung bedarf. Bereits der Planungsprozess des strategischen Service Branding sollte daher sowohl unter Berücksichtigung unternehmensinterner Möglichkeiten und Ressourcen (Inside-Out) als auch unter Berücksichtigung kognitiver Manifestationsprozesse der Konsumenten (Outside-In) stattfinden, auf deren Systematik im folgenden Kapitel C 3 eingegangen wird. 146 147 148 149 150 Vgl. Luhmann 1997, S. 100 ff. Vgl. Haedrich/ Tomczak/ Kaetzke 2003, S. 17; Bieger 2002, S. 42 ff. Vgl. Levermann 1994. Vgl. auch Kroeber-Riel/ Esch 2004, Tomczak/ Esch/ Roosdorp 1997. Vgl. hierzu Haedrich/ Tomczak/ Kaetzke, die in der kombinierten Anwendung der Inside-Out- und Outside-In-Orientierung im Rahmen der strategischen (Marken-)Planung den Erfolgsfaktor für die Umsetzung einer Positionierungsstrategie sehen (2003, S. 56). Vgl. Kapitel C 2.1.2. Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding 3. 113 Besonderheiten des Service Branding Während im vorangegangenen Kapitel Definitionen zu Service Branding und Dienstleistungsmarke aus integrierter Marketingperspektive entwickelt und grundsätzliche Aufgaben, Ziele und Gestaltungsvariablen aus Unternehmenssicht dargestellt wurden, steht im Mittelpunkt dieses Kapitels nunmehr die Frage der markentechnischen Besonderheiten und Implikationen aus Konsumentensicht, insbesondere im Hinblick auf kognitionspsychologische Aspekte der Wahrnehmung und Verankerung von Dienstleistungsmarken. Hierzu erfolgt auf Basis verschiedener Theorien des Dienstleistungsmarketing und des Konsumentenverhaltens eine vertiefte Analyse von Gestaltungsvariablen, Manifestationsmechanismen und Wirkungsdeterminanten von Dienstleistungsmarken, in deren Zentrum die Service-Brand-Power als Ziel- und Steuergröße steht. Ferner werden im Rahmen eines integrierten Wirkungsansatzes die Dienstleistungsmarke als gestalt- und wahrnehmbare Schnittstelle zwischen Markendienstleistungsunternehmen und Markenkonsumenten erfasst und die komplexen Entscheidungssysteme beider Ebenen miteinander verknüpft. Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse wird ein Ansatz zur Systematisierung markentechnischer Besonderheiten entwickelt, auf dessen Basis die Wirkungszusammenhänge zwischen Determinanten der Service-Brand-Power und spezifischen Eigenschaftsdimensionen von Dienstleistungen analysiert und die Herausforderungen für Telekommunikationsdienstleister aus konzeptioneller Sicht im Rahmen einer praxisnahen, dienstleistungstypenorientierten Darstellung evaluiert werden. 3.1 Service Branding als kognitionspsychologischer Prozess Wie bereits gezeigt, stellt die Service-Brand-Power als Stärke der Dienstleistungsmarke im Gedächtnis des Rezipienten die Zielgröße sämtlicher Maßnahmen des Service Branding dar. Aus verhaltenswissenschaftlicher Sicht kann Service-Brand-Power als innerpsychisches, hypothetisches Konstrukt des Rezipienten151 sowie als Antriebskraft beschrieben werden, die aus der subjektiven Wertschätzung der Schlüsselsignale erfolgt. Wie im Rahmen der Aufgabendefinition des strategischen Service Branding erörtert,152 sollte die Ausrichtung unternehmerischer Gestaltungsvariablen demnach stets unter Berücksichtigung konsumentenorientierter Entstehungs- und Wirkungsprozesse der Markenstärke stattfinden. Zur Analyse und Operationalisierung dieser Prozesse wird im Folgenden untersucht, welche innerpsychischen Variablen (Generatoren) die Service-Brand-Power bestimmen und durch welche Verhaltensund Wirkungsvariablen (Indikatoren) sich Service-Brand-Power manifestiert. 151 152 Vgl. Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 34 f. Vgl. Kapitel C 2.2.4. 114 Kapitel C 3.1.1 Konsumentenorientierte Generatoren der Service-Brand-Power Die wesentlichen konzeptionellen Modelle zur Entstehung von Markenstärke aus Konsumentensicht lassen sich in Anlehnung an KROEBER-RIEL153 in antriebsbezogene sowie kognitionspsychologische Ansätze unterscheiden. Antriebsorientierte Generatoren der Markenstärke Antriebsorientierte Erklärungsansätze, zu deren bekanntesten Vertretern KAPFERER154 und AAKER155 gehören, stellen auf innere, aus einem psychischen Bewertungsprozess resultierende Antriebskräfte ab. In einer Modifikation dieser Ansätze durch BEKMEIER-FEUERHAHN 156 kann Service-Brand-Power erklärt werden durch die Konstrukte (primär produkt-beeinflusste) Markenwahrnehmung: Die Markenwahrneh- mung umfasst das Erkennen der Marke durch Verarbeitung aufgenommener Reize, ihre Entschlüsselung und Beurteilung.157 Sie kann in Markenkenntnis, dem inhaltlich-qualitativen Umfang der Markenbekanntheit158, sowie in Markenbeurteilung, der inhaltlich-qualitativen Einschätzung der Marke, differenziert werden. (primär personen-beeinflusstes) Markenbewusstsein: Markenbewusstsein kann als Aktiviertheit einer Person bei der Markenwahrnehmung beschrieben werden und umfasst die Komponenten Involvement (innere IchBeteiligung) sowie (subjektives) Kaufrisiko.159 (primär sozial-beeinflusster) Geltungsnutzen: Der Geltungsnutzen beschreibt das prestigeorientierte Konsumverhalten, das sowohl direkte (Markendokumentation) als auch indirekte (Persönlichkeitsdokumentation durch Markenkonsum) Komponenten umfasst (Abb. C-18). Die These, nach der die antriebsorientierte Wertschätzung der Marke und somit die Markenstärke um so größer ist, je positiver und deutlicher personenorientierte, produktorientierte und soziale Faktoren in der Psyche des Konsumenten ausgeprägt sind, weist BEKMEIER-FEUERHAHN erstmals in einer kausalanalytischen Studie nach.160 Die Studie kommt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass sich für die Bildungsfaktoren in Abhängigkeit der untersuchten Produkte und Marken sehr unterschiedliche Einflussstärken ergeben, wodurch antriebsorientierte Ansätze - im Gegensatz zu kognitionspsychologischen Mo- 153 154 155 156 157 158 159 160 Vgl. Kroeber-Riel 1992, S. 140 f.; ebenso Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 39 f. Vgl. Kapferer 1992. Vgl. Aaker 1992. Vgl. Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 117 f. Vgl. Kroeber-Riel 1992, S. 273 f. Vgl. Behrens 1991, S. 201 f. Die Einführung der Theorie des subjektiven Entscheidungsrisikos in die verhaltenswissenschaftliche Konsumentenforschung geht zurück auf Bauer (1967) und Cox (1967). Vgl. Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 117 ff. Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding 115 dellen - zur Ableitung eines universellen Erklärungsmodells der Markenstärke als nicht geeignet erscheinen.161 Markenwahrnehmung Markenkenntnis Markenbeurteilung Markenbewusstsein Kaufrisiko Involvement Geltungsnutzen direkter Geltungsnutzen indirekter Geltungsnutzen Service-Brand-Power Abb. C-18: Antriebsorientierte Generatoren der Service-Brand-Power162 Markenbekanntheit und Markenimage als Generatoren der Markenstärke Im Mittelpunkt kognitionspsychologischer Erklärungsansätze zur Markenstärke stehen Lernprozesse163 zum Aufbau von Markenwissen, das aus der Wahrnehmung der Markenstimuli bzw. Schlüsselsignale resultiert. Da Markenstärke ein zeitlich stabiles psychisches Konstrukt darstellt, ist sie an die Speicherung von Gedächtnisstrukturen und deren Reproduzierbarkeit gebunden.164 In einer Operationalisierung des Markenwissens durch ESCH165 und in Übertragung auf das Forschungsobjekt Dienstleistungsmarke bilden Markenbekanntheit und Markenimage die zentralen Generatoren der Service-Brand-Power. Die aktive, ungestützte (brand recall) und passive, gestützte (brand recognition) Bekanntheit der Marke wird dabei als notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung von Markenstärke verstanden.166 Sie ist die erforderliche Voraussetzung dafür, dass mit einer Marke überhaupt spezifische Assoziationen und Bilder verknüpft werden können. Die hinreichende Bedingung des Markenerfolgs stellt das Markenimage dar,167 das sich aus einer Vielzahl von Assoziationen über die Marke, die in einem semantischen Netzwerk miteinander verflochten sind, bildet. Die Markenstärke leitet sich dabei vor allem aus der innerpsychischen Vorteilhaftigkeit, Stärke, Einzigartigkeit und Relevanz der mit der Marke verbundenen Assoziationen ab (Abb. C-19).168 Als spezielles Merk- 161 162 163 164 165 166 167 168 Vgl. Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 161 f. sowie 193 f. Quelle: in Anlehnung an Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 117 f. Lernen kann dabei definiert werden als die Veränderung der Wahrscheinlichkeit, auf einen Reiz mit einer bestimmten Reaktion zu reagieren, vgl. Kroeber-Riel 1992, S. 323. Vgl. Keller 1993, S. 7 ff. sowie Esch/ Andresen 1994, S. 229. Vgl. hierzu Esch 1998, S. 107 sowie 1993; Keller 1993. Vgl. hierzu auch Kapitel C 1.1.4. Vgl. Esch 2004, S. 71 sowie S. 75. Vgl. hierzu auch Keller 1993, S. 5. 116 Kapitel C mal der Markenstärke ist dabei die Entwicklung eigenständiger Markenassoziationen zu sehen, die nicht mit anderen Marken geteilt werden.169 Markenimage Markenbekanntheit Aktive Markenbekanntheit: Markenrecall Passive Markenbekanntheit: Markenrecognition Art der Markenassoziationen Stärke der Markenassoziationen Repräsentation der Markenassoziationen Zahl der Markenassoziationen Einzigartigkeit der Markenassoziationen Relevanz der Markenassoziationen Richtung der Markenassoziationen Zugriffsfähigkeit der Markenassoziationen Service-Brand-Power Abb. C-19: Markenbekanntheit und Markenimage als Generatoren der Service-Brand-Power170 Visuelles und verbales Markenwissen als Generatoren der Markenstärke In einem ebenfalls kognitionspsychologischen und empirisch getesteten Markenmodell unterscheidet BEKMEIER-FEUERHAHN verbale und visuelle Elemente der Markenspeicherung bzw. des Markenwissens (Abb. C-20).171 Verbales Markenwissen umfasst verbalisierbare Assoziationen wie etwa Preis- oder Nutzenassoziationen, die eine Zielperson nach Reizaufnahme eines Markenstimulus abrufen kann. Verbale Markenassoziationen können dabei innerhalb eines semantischen Netzwerks in Form von Knoten und Kanten abgebildet werden.172 Knoten stehen für die im Gedächtnis gespeicherten repräsentierten Konzepte wie z. B. Objekte, Personen oder Ereignisse, die Kanten zwischen den Knoten für die Relationen, die zwischen den repräsentierten Konzepten bestehen.173 Knoten und Kanten können nach ihren Eigenschaften hinsichtlich Qualität, Intensität und Einzigartigkeit unterschieden werden. Mit zunehmender Ausprägung dieser Dimensionen nimmt das interne Aktivierungspotential des Netzwerks und folglich auch die Markenstärke zu.174 Damit zielt der auf QUILLIAN175 zurückgehende Ansatz des semantischen Netzwerks 169 170 171 172 173 174 175 Vgl. Keller 1993, S. 7ff; Esch/ Andresen 1994, S. 223. Quelle: in Anlehnung an Esch 1998, S. 107. Vgl. Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 163 f. Nachfolgende Abbildung C-26 stellt ein semantisches Netzwerk am Beispiel der Marken Lufthansa und debitel dar. Vgl. Wender 1988, S. 60. Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 169. Vgl. Quillian 1968. Zur weiteren Entwicklung der Netzwerktheorie als allgemeiner Modellansatz der modernen Psychologie vgl. Collins/ Quillian 1972 sowie Smith/ Shoben/ Rips 1974. Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding 117 vor allem auf die Erklärung psychologischer Entstehungs- und Wirkungsprozesse des Langzeitgedächtnisses ab. Die mit der Marke verbundenen Gedächtnisinhalte können dabei sowohl denotativer als auch konnotativer Natur sein. visuelles Markenwissen Zugriffsfähigkeit des inneren Bildes Einzigartigkeit des inneren Bildes Intensität des inneren Bildes Qualität des inneren Bildes verbales Markenwissen Zugriffsfähigkeit der Markenassoziation Einzigartigkeit der Markenassoziation Intensität der Markenassoziation Qualität der Markenassoziation Service-Brand-Power Abb. C-20: Visuelles und verbales Markenwissen als Generatoren der Service-Brand-Power176 In Ergänzung hierzu richtet sich visuelles Markenwissen auf die bildhaften inneren Vorstellungen, die eine Zielperson mit einer Marke verbindet und die ebenfalls im Langzeitgedächtnis abgespeichert werden.177 Diese Auffassung wird gestützt durch das Imagery-Konzept und der hieraus entstandenen Forschung. Nach KROEBER-RIEL ist unter Imagery die Entstehung, Verarbeitung, Speicherung und Verhaltenswirkung innerer Bilder (mental images) zu verstehen. „Diese Vorgänge finden in einem eigenständigen Gedächtnissystem statt.“178 Innere Bilder lassen sich unterscheiden in Wahrnehmungsbilder, die sich aus der direkten sinnlichen Reizaufnahme etwa eines Markenprodukts oder -zeichens ergeben, und Gedächtnisbilder, die als erinnerte Bilder in Abwesenheit des Gegenstandes langfristig gespeichert werden.179 Gedächtnisbilder sind somit das Ergebnis eines Lernprozesses, der als Reaktion auf die visuelle Wahrnehmung eines Objektes ausgelöst wird.180 Sie sind gleichzeitig ungenauer als Wahrnehmungsbilder,181 da der Rezipient eher die konnotative Bedeutung eines Bildes, nicht aber dessen genaue Einzelheiten memoriert.182 Die - mittlerweile nicht mehr strittige183 - Trennung in ein verbales und bildliches Gedächtnissystem geht auf die von PAIVIO entwickelte Theorie der dualen Kodierung zurück.184 Danach werden verbale und bildliche Informationen in 176 177 178 179 180 181 182 183 184 Quelle: in Anlehnung an Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 193. Vgl. Ruge 1988, S. 27. Kroeber-Riel 1993, S. 25. Vgl. Kroeber-Riel 1993, S. 41. Vgl. Langner 2003, S. 32. Vgl. Kroeber-Riel 1992, S. 353. Vgl. Anderson 2001, S. 106. Zu den Kritikern des Ansatzes dualer Kodierung gehören vor allem Vertreter der so genannten propositionalen Theorien (vgl. hierzu beispielhaft Pylyshyn 1973 sowie Kosslyn 1980). Vgl. v.a. Paivio 1971. 118 Kapitel C funktional unabhängigen, aber miteinander verbundenen Wissenssystemen verarbeitet und gespeichert. Eine weitere Annahme dieser Theorie besteht darin, dass die verbale Informationsspeicherung in einem sequentiellen Verarbeitungsmodus erfolgt, während die nonverbale Informationsspeicherung auf analoger Basis arbeitet und räumliche Strukturen höherer Ordnung abbildet.185 Hieraus resultiert die wohl wichtigste These des Imagery-Konzepts, der so genannte Bildüberlegenheitseffekt (picture superiority effect, vgl. Abb. C-21). Recallfähigkeit (in Prozent) Kurzfristig: 5 Minuten nach Darbietung Langfristig: eine Woche nach Darbietung 35 30 25 20 15 10 5 0 Bilder Konkrete Wörter Abstrakte Wörter Abb. C-21: Vergleich der Recallfähigkeit bei visueller und verbaler Stimulation186 PAIVIO führt diesen Effekt auf referentielle Prozesse zurück, die zwischen dem verbalen und nichtverbalen System ablaufen.187 Während bildhafte Repräsentationen aufgrund ihrer Konkretheit auch ein verbales „Etikett“ erhalten und somit dual gespeichert werden, wird verbalen Repräsentationen nur dann ein entsprechendes inneres Bild zugeordnet, wenn sie konkret genug sind.188 Vereinfacht formuliert: Im Unterschied zu verbalen Stimuli erfolgt die Speicherung von bebildertem Material immer in doppelt-modaler Kodierung. Somit bleibt bebildertes Material dauerhafter und besser in Erinnerung (Code-Redundanz-Hypothese). Dies lässt den Rückschluss zu, dass die Existenz eines inneren Vorstellungsbildes von einer Dienstleistungsmarke gute Recognitions- und Recallfähigkeiten impliziert. KROEBER-RIEL spricht in diesem Zusammenhang von einer tiefen gedanklichen Verarbeitung der Markenassoziationen,189 die freilich gleichzeitig als Indikator der Markenbekanntheit interpretiert werden kann. 185 186 187 188 189 Vgl. Paivio 1990, S. 63. Quelle: in Anlehnung an Paivio 1971, S. 201 f. Vgl. Paivio 1971, S. 367 f. Vgl. hierzu Ruge 1988, S. 33. Vgl. Kroeber-Riel 1993, S. 62. Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding 119 Unterstützt und ergänzt wird der Imagery-Ansatz von der Hemisphärenforschung, welche ebenfalls von einer - anatomisch und physiologisch bedingten Bilateralität beider Großhirnhälften (Hemisphären) ausgeht. Demnach werden analytische und sequentielle Verarbeitungsprozesse in der linken Hemisphäre verortet, während bildhaft-analoge und emotionale Prozesse in der rechten Gehirnhälfte stattfinden.190 Insofern vermutet KROEBER-RIEL, dass die Prozesse der Imagery-Verarbeitung eher rechtshemisphärisch ablaufen, da emotionale Wirkungen „die eigentliche Wirkungsdomäne von inneren Bildern sind“191. Zugleich ist deren Verhaltenswirksamkeit gewährleistet, da sich vor allem emotionale Ausstrahlungen von Gedächtnisbildern stärker auf das Verhalten auswirken als abstraktes sprachliches Wissen.192 3.1.2 Verhaltensorientierte Indikatoren der Service-Brand-Power Unabhängig von der bisher beschriebenen Art und Weise der Entstehung stellt Service-Brand-Power aus verhaltenswissenschaftlicher Perspektive ein innerpsychisches, hypothetisches Konstrukt dar, welches sich auf zahlreiche beobachtbare Variablen (Indikatoren) auswirkt. Zur besseren Übersichtlichkeit können diese Indikatoren der Service-Brand-Power nach ihren marketingpolitischen Einflussbereichen geordnet werden. Als Grundlage kann hier der für das Dienstleistungsmarketing diskutierte und erweiterte „7-P“-Ansatz193 dienen, der den klassischen „4-P“-Marketingmix194 um die Komponenten Personalpolitik, Prozesspolitik und Ausstattungspolitik ergänzt.195 Mit Ausnahme der Ausstattungspolitik, die eher als Steuerungs- denn als Wirkungsvariable der Markenstärke zu sehen ist, kann Service-Brand-Power positive Auswirkungen auf folgende Bereiche des Dienstleistungsmarketing haben (Abb. C-22): Preisresponse: Zahlreiche empirische und konzeptionelle Studien belegen, dass Konsumenten starker Marken tendenziell bereit sind, einen Aufpreis gegenüber nicht oder anders markierten Leistungen zu zahlen (Aufpreisbereitschaft).196 Kommunikationsresponse: Starke Marken implizieren oft eine erhöhte Wahr- nehmungssensibilität der Konsumenten und bewirken einen höheren Wirkungsgrad des Marketingbudgets bzw. der Kommunikationsinvestitionen.197 Leistungsresponse: Zunehmende Markenstärke bewirkt eine erhöhte Markentreue sowie eine erhöhte Akzeptanz von Markentransfers und -erweite- 190 191 192 193 194 195 196 197 Vgl. Federsel-Lieb 1992, S. 123. Vgl. Kroeber-Riel 1993, S. 42. Vgl. Kroeber-Riel 1993, S. 95. Vgl. hierzu bspw. Cowell 1993, S. 99 ff. Vgl. zur Verwendung des „4-P“-Ansatzes im Dienstleistungsmarketing Heskett 1986. Bekmeier-Feuerhahn nimmt ebenfalls eine Gliederung nach absatzwirtschaftlichen Instrumentarien vor, allerdings in Bezug auf den klassischen „4-P“-Ansatz (vgl. 1998, S. 40ff). Vgl. bspw. Aaker 1992, S. 19. Vgl. bspw. Keller 1993, S. 9. 120 Kapitel C rungen198 durch den Konsumenten. Die Marke stellt hier zwischen einer Folge von abgeschlossenen sowie zukünftigen Dienstleistungsverträgen über gleiche oder andere Leistungen des Markenträgers eine innere Verbindung her (Kundenbindung).199 Service-Brand-Power Preisresponse Kommunikationsresponse Leistungsresponse höhere erhöhte Marken- Preisakzeptanz Aufpreisbereitschaft Wahrnehmungssensibilität höherer Wirkungsgrad von Marketingmaßnahmen HaloEffekte- treue Höhere Akzeptanz von Transferleistungen und Markenerweiterungen Distributionsresponse PullEffekte Personalresponse höhere Attraktivität als Arbeitgeber effizientere Mitarbeiterakquisition Prozessresponse höhere Mitarbeitereffizienz durch höhere Motivation Zukunftspotential Aktienkurse Abb. C-22: Verhaltensorientierte Indikatoren der Service-Brand-Power Distributionsresponse: Ebenfalls zeigen empirische Untersuchungen, dass Markenstärke - insbesondere bei Konsumgütermarken - in einem unmittelbaren und engen Zusammenhang mit Pull-Effekten beim Handel steht.200 Diese Effekte sind ebenfalls bei multidistributiv vertriebenen Dienstleistungen (wie z. B. Mobilfunk- oder Energiedienstleistungen) zu vermuten. Personalresponse: Service-Brand-Power stärkt die Attraktivität des Dienst- leistungsunternehmens als Arbeitgeber und bewirkt dadurch eine effizientere Mitarbeiterakquisition.201 Zugleich sind positive Auswirkungen auf die Zufriedenheit der Mitarbeiter festzustellen. Diese Markenresponse steht in indirektem oder erweitertem Zusammenhang mit unmittelbaren Verhaltenswirkungen des Konsumenten, da sie sich erst über die verhaltenswirksame Wertschätzung der Marke seitens der Nachfrager manifestiert. Prozessresponse: Service-Brand-Power erhöht damit ebenso die Mitarbei- termotivation202 und führt zu effizienteren Arbeits- und Prozessabläufen im Rahmen der Dienstleistungserstellung. Auch aus Sicht des Konsumenten kann Markenstärke den Erstellungsprozess bzw. dessen Wahrnehmung, 198 199 200 201 202 Vgl. hierzu Weinberg 1993, S. 2682; Hätty 1989, S. 74. Vgl. Plinke 1989, S. 308. Vgl. bspw. Feige 1996, S. 201 u.a.a.O. Vgl. bspw. Demuth 1999, S. 33. Vgl. bspw. Demuth 1999, S. 33. Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding 121 aber auch die Beteiligungsbereitschaft am Erstellungsprozess positiv beeinflussen.203 Die dienstleistungsspezifische Response auf Prozessebene verdeutlicht die Spezifität der Service-Brand-Power gegenüber der Stärke traditioneller Markenartikel, bei denen keine Beeinflussung des Leistungserstellungsprozesses stattfindet. Zukunftspotential: Service-Brand-Power beinhaltet - neben den Auswirkun- gen auf marketingpolitische Bereiche - ebenso eine zukunftsorientierte Potentialwirkung,204 die sich beispielsweise auf moderne Kapitalmärkte auswirken kann.205 Die dortigen Entscheidungsvorgänge von Aktionären hinsichtlich des Kaufs oder Verkaufs von Unternehmensanteilen sind durchaus mit dem Kauf- und Markenwahlverhalten eines Konsumenten im Supermarkt vergleichbar.206 Die Ausführungen verdeutlichen, dass moderne Markenführung generell auf erweiterte Kommunikationszielgruppen abzielt, welche neben der traditionellen Zielgruppe (potentielle und tatsächliche Kunden) in einer 360-GradPerspektive sämtliche relevante Anspruchsgruppen im engeren und erweiterten Markenumfeld umfassen (Mitarbeiter, Kapitalmarkt, Öffentlichkeit, Wettbewerb etc.).207 Im Rahmen der weiteren Analyse werden jedoch weiterhin potentielle und tatsächliche Kunden fokussiert, die als Wachstums- und Ertragsgeneratoren208 sowie als „Engpassfaktor“ der Markenwirkung im Zentrum des verhaltensorientierten Service Branding stehen. 3.1.3 Kognitionspsychologisches Wirkungsmodell des Service Branding Auf der Grundlage der bisherigen Erkenntnisse zu den Wahrnehmungsphasen in der Kommunikation von Dienstleistungsmarken, den konsumentenorientierten Generatoren sowie den verhaltensorientierten Indikatoren der ServiceBrand-Power kann nun ein kognitionspsychologisches Wirkungsmodell des Service Branding abgeleitet werden (Abb. C-23). Aus Gründen der genannten Immaterialitätscharakteristik von Dienstleistungen wird dabei auf das dual-kodierte Modell der visuellen und verbalen Erklärung der Markenstärke Bezug genommen. Wie die Ausführungen des folgenden 203 204 205 206 207 208 Bspw. werden starke Turbulenzen während eines Fluges mit einer markenschwachen Airline tendenziell auf schlechten Service oder Sicherheitsmängel (vgl. Bieger 2002, S. 174) - und damit letztlich auf die eigene Markenwahl - zurückgeführt (negative Wahrnehmungsverzerrung), während der Kunde das gleiche Erlebnis mit einer markenstarken Airline tendenziell als schicksalhaft und ohne Hinterfragung der eigenen Markenwahlentscheidung hinnimmt (positive Wahrnehmungsverzerrung). Vgl. hierzu Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 148 f. Vgl. hierzu McKinsey & Company/ MCM Marketing Centrum Münster 2002, S. 9. Vgl. bspw. Demuth 1999, S. 33. Vgl. hierzu Haedrich/Tomczak/ Kaetzke 2003, S. 17 f.; Will 2000, S. 46 f.; Tomczak et al. 2001, S. 3; Will/ Wolters 2001. Vgl. hierzu Tomczak/ Reinecke 1996, S. 5. 122 Kapitel C Kapitels zeigen werden, scheint dieser Erklärungsansatz besonders gut geeignet, die aus den spezifischen Charakteristika von Dienstleistungen resultierenden besonderen Herausforderungen für das Service Branding anschaulich und problemorientiert zu analysieren. Stimulus Organism Response Dienstleistungsmarke ServiceBrandPower Markenverhalten Preis Leistungserwartung Kommunikation visuelles Markenwissen Leistungserlebnis Leistung Distribution verbales Markenwissen Leistungserinnerung Personal Prozess Zukunft Abb. C-23: Kognitionspsychologisches Wirkungsmodell des Service Branding Das Wirkungsmodell stellt Service Branding als integrierten, kognitionspsychologischen Prozess dar und veranschaulicht im Einzelnen, dass die gestaltungsvariablen Schlüsselsignale der Marke grundsätzlich in drei Phasen der Dienstleistungswahrnehmung von einer Zielperson aufgenommen werden können und sich aufgrund kognitionspsychologischer Verarbeitung innerhalb eines verbalen und visuellen Wissenssystems dauerhaft in einer Gedächtnisrepräsentation manifestieren, deren Stärke sich über spezifisches Markenverhalten auf den Feldern Preis, Kommunikation, Leistung, Distribution, Personal, Prozess und Zukunft zeigt. Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding 123 Das Wirkungsmodell leistet somit unabhängig von der einer Marke zugrunde liegenden konkreten Dienstleistung einen konzeptionellen Beitrag zur Strukturierung und Veranschaulichung des komplexen kognitionspsychologischen Prozesses des Service Branding, indem es die bisherigen zentralen Aussagen miteinander in Verbindung bringt und die unternehmens- und konsumentenbezogenen Entscheidungssysteme miteinander verknüpft. Es kann damit gleichzeitig als strukturelle Grundlage zu der im weiteren vorzunehmenden Ableitung theoriegeleiteter Hypothesen für das erfolgreiche Service Branding dienen, dessen Schlüsselsignale unternehmerische Entscheidungsvariablen und Inputfaktoren des Wirkungsmodells darstellen. 3.2 Systematisierung kognitionspsychologischer Besonderheiten In den bisherigen Ausführungen zu Marke und Dienstleistung wurde bereits angedeutet, dass typische Charakteristika von Dienstleistungen diverse Herausforderungen an das Service Branding stellen, die zu spezifischen Implikationen bei der praktischen Konzeption und Implementierung von Dienstleistungsmarken führen. Im folgenden Kapitel werden diese grundsätzlichen markentechnischen Besonderheiten auf Basis eines integrierten kognitionspsychologischen Systematisierungsansatzes konzeptionell-analytisch abgeleitet und dargestellt. Hierzu werden die beschriebenen dienstleistungstypischen Dimensionen den dual-kodierten, kognitionspsychologischen Generatoren der Service-Brand-Power gegenübergestellt (Abb. C-24). Dienstleistungstypische Dimensionen Generatoren der Service-Brand-Power Grad der Immaterialität Grad der Interaktion Grad der Individualisierung visuelles Markenwissen verbales Markenwissen Abb. C-24: Ansatz zur Systematisierung markentechnischer Besonderheiten des Service Branding In den hieraus entstehenden Forschungsfeldern werden Dienstleistungsbesonderheiten systematisch aus kognitionspsychologischer Perspektive analysiert mit dem Ziel, grundsätzliche Implikationen hinsichtlich der Entstehung und 124 Kapitel C Verarbeitung visuell-verbalen Wissens über Dienstleistungsmarken und damit grundsätzliche Implikationen für das Service Branding zu evaluieren. 3.2.1 Dienstleistungstypische Einflüsse auf das visuelle Markenwissen Aus den Erkenntnissen der Theorie der dualen Kodierung und deren Übertragung auf die Wirkungsweise des Service Branding lässt sich folgern, dass - vor allem aufgrund des Bildüberlegenheitseffekts - in der deutlichen visuellen Wahrnehmbarkeit einer Dienstleistungsmarke die wesentliche Voraussetzung zur Entstehung von Service-Brand-Power besteht. Wie beschrieben, kann die Wahrnehmung eines Schlüsselsignals (Markenname, Markenzeichen, Dienstleistung) ein inneres Markenbild erzeugen, das sich in Form direkter Wahrnehmungsbilder oder erinnerter Gedächtnisbilder manifestiert. Gleichzeitig werden deutliche innere Markenbilder auch im verbal-kodierten Wissenssystem gespeichert.209 Aus konzeptionell-analytischer Sicht stellt sich somit die Frage, welchen Einfluss die Dienstleistungsdimensionen Immaterialität, Interaktivität und Individualität auf den Aufbau und die Verarbeitung visuellen Wissens über Dienstleistungsmarken haben. Immaterialität und visuelles Markenwissen Die Ausprägung des konsumentenseitigen visuellen Wissens über eine Dienstleistungsmarke wird nachhaltig durch den Grad und die Art der Immaterialität der Leistung bestimmt. Bei traditionellen Konsum- und Gebrauchsgütermarken ist das tangible Produkt integraler Bestandteil der visuellen Markenwahrnehmung und damit des inneren Markenbildes.210 Aufgrund der dualen Kodierung zeichnen sich starke Markenbilder dieser Produkte dadurch aus, dass - ausgelöst durch einen äußeren visuellen (Markenzeichen) oder verbalen Reiz (Markenname, z. B. Coca-Cola) - eine assoziativ-bildhafte Verknüpfung mit dem Produkt und seinen Eigenschaften (z. B. Coca-Cola-Flasche) stattfindet. In der höchsten Ausprägung des Markenwissens wird mit der visuellen Wahrnehmung eines Gattungsproduktes (z. B. Papiertaschentuch) sogar ein Markenname (Tempo) verbal assoziiert. Eine derartige assoziativ-bildhafte Verknüpfung ist bei Dienstleistungsmarken aufgrund des Immaterialitätsgrades mit besonderen Schwierigkeiten verbunden. Wie gezeigt, wird der Immaterialitätsgrad in der Dienstleistungsdiskussion insbesondere auf Ebene der Ergebnisdimension thematisiert.211 Je stärker die Ergebnisimmaterialität ausgeprägt ist, um so weniger steht das Dienstleistungsprodukt als Anker der visuellen Markenwahrnehmung zur Verfügung. Dies begründet gleichzeitig das Problem der mangelnden differenzierten Markenwahrnehmung: Mit zunehmender Ergebnisimmaterialität wird es schwieriger, 209 210 211 Vgl. Kapitel C 3.1.1. Vgl. Langner 2002, S. 41 f. Vgl. Engelhardt/ Kleinaltenkamp/ Reckenfelderbäumer 1993, S. 398 ff. sowie Meffert 1994, S. 521 f. Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding 125 unterschiedliche Dienstleistungen eines Anbieters als Einzelmarken wahrzunehmen bzw. wahrnehmbar zu machen.212 Um die leistungsbezogene visuelle Wahrnehmung zu ermöglichen, muss der Markenname bzw. das Markenzeichen mit visuellen Surrogaten (wie z. B. der stilisierte Kranich im Logo der Lufthansa, der die Assoziationen „fliegen“ und „Flugzeug“ auslöst) verknüpft werden, die eine möglichst geringe assoziative Distanz zum Dienstleistungsprodukt, d.h. zum Prozessergebnis - oder auch zum Erstellungsprozess - aufweisen. verbale Reizauslösung leistungsbezogenes visuelles Markenwissen „Coca-Cola“ „Lufthansa“ „debitel“ ? Abb. C-25: Beispielhafte produkt- bzw. leistungsbezogene visuelle Elemente innerer Markenbilder in Abhängigkeit von der Immaterialität des Markenprodukts Besondere Schwierigkeiten ergeben sich dann, wenn nicht nur das Ergebnis, sondern auch der Erstellungsprozess und damit auch die Einsatzfaktoren des Dienstleisters einen in der Wahrnehmung des Konsumenten hohen Immaterialitätsgrad aufweisen, wie im Falls des Forschungsfeldes Telekommunikationsdienstleistungen. Wahrnehmungssurrogate für das unmittelbare Dienstleistungsergebnis, wie zum Beispiel der haptische Einsatzfaktor „Flugzeug“ für die ergebnisimmaterielle Dienstleistung „Flugreise“,213 stehen hier nicht oder nur begrenzt zur Verfügung. Der kognitionspsychologische Aufbau visuellen Markenwissens, d.h. der Aufbau direkter leistungsbezogener Wahrnehmungs- sowie Gedächtnisbilder ist aufgrund des wahrgenommenen Immaterialitätsgrads der Leistung erschwert bzw. unmöglich (Abb. C-25). Aus diesen Überlegungen wird deutlich, dass weniger die Ergebnisimmaterialität als vielmehr 212 213 Vgl. hierzu auch Berry/ Lefkowith/ Clark 1988, S. 28. Vgl. hierzu Mittal 1999, S. 99. 126 Kapitel C der durch den Konsumenten wahrgenommene Immaterialitätsgrad der Dienstleistung spezifische Herausforderungen an das Service Branding stellt, die weit über die Frage der Markierungsmöglichkeiten hinaus gehen.214 Interaktion und visuelles Markenwissen Dem entgegen wirkt sich der Interaktionsgrad einer Dienstleistung nur auf die Stärke der unmittelbaren visuellen Leistungswahrnehmung innerhalb des Erstellungsprozesses aus. Während aus der Perspektive des Konsumenten die Wahrnehmung eines klassischen Markenartikels nicht - oder nur bei Produktionsmängeln - in Verbindung mit dem eigentlichen Produktionsprozess steht, spielt gerade der interaktive, vom Konsumenten miterlebte Erstellungsprozess eine mitentscheidende Rolle beim Aufbau visuellen Markenwissens. Auch hier kommt es also grundsätzlich auf die Ausprägung des vom Konsumenten wahrgenommenen Interaktionsgrades an. Allerdings kann beispielsweise eine hoch interaktive und gleichzeitig - in der Wahrnehmung des Konsumenten - hoch immaterielle telefonische Kundenbetreuung eines Telekommunikationsanbieters keinen Beitrag zum Aufbau eines direkten Wahrnehmungsbildes der Marke leisten. Dies verdeutlicht, dass sich der konsumentenseitig wahrgenommene Interaktionsgrad lediglich in Kombination mit einem geringen wahrgenommenen Immaterialitätsgrad auf das visuelle Markenwissen auswirkt. Individualisierung und visuelles Markenwissen Auch der Individualisierungsgrad einer Dienstleistung hat nur in Kombination mit einem geringen wahrgenommenen Immaterialitätsgrad direkte Auswirkungen auf das visuelle Markenwissen. Solange sich ein hoher Individualisierungsgrad auf die kundenbezogene - aber für den Kunden nicht wahrnehmbare - Spezifität materieller Einsatzfaktoren oder technischer Leistungserstellungsabläufe bezieht, leistet der Individualisierungsgrad ebenfalls keinen Beitrag zum Aufbau eines direkten Wahrnehmungsbildes, anders als im Falle einer visuell wahrnehmbaren Individualisierung, wie etwa in Form einer personalbedingten Individualisierung (z. B. Einzellehrer in Sprachschule). Der Individualisierungsgrad impliziert aus dieser Sicht keine eigenständige Herausforderung, sondern verstärkt in Kombination mit einem hohen visuell wahrnehmbaren Interaktionsgrad die Herausforderungen in Bezug auf den Aufbau eines markenadäquaten inneren Vorstellungsbildes (mitarbeiterorientiertes Service Branding). 214 In der Literatur zum Dienstleistungsmarketing begegnen beispielsweise Meffert/ Bruhn 2003 (S. 400 f.) sowie Stauss 1998 (S. 15 f.) der bezeichneten Immaterialitätsproblematik mit der Aufzählung interner und externer Kontaktsubjekte bzw. -objekte (vgl. Kap. C 2.1.1 sowie Abb. C-12). Zwar stellt sich diese markentechnische Frage bei hochgradig intangiblen Dienstleistungen, trifft aber nach Ansicht des Autors nicht das Kernproblem des Service Branding. Beispielsweise wird sich eine starke Profilierung und Wahrnehmung einer Direktbank kaum durch die alternative Markierung eines „Textil-Merchandising-Artikel“ erzielen lassen. Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding 127 Den mitunter komplexen Wirkungszusammenhang zwischen visuell wahrgenommenem Immaterialitätsgrad sowie Interaktions- und Individualitätsgrad verdeutlicht das folgende Beispiel. Denn der - mit einem hohen wahrgenommenen Immaterialitätsgrad einhergehende - schwierige Aufbau visuellen Markenwissens erschwert bzw. unterbindet eine Markenfunktion, die vor allem im Bereich exklusiver und langlebiger Konsum- bzw. Gebrauchsgüter markenstrategische Anwendung findet: die Funktion des demonstrativen Konsums.215 Demonstrativer Konsum bezieht sich hauptsächlich auf Marken, die über einen hohen sozialen Geltungsnutzen verfügen und nach dem Prinzip der „gezielten Verknappung“ vermarktet werden (z. B. Luxusuhren). 216 Die „Zielgruppen“ der Dokumentation sind zum einen die Nutzer (Identifikationsprinzip) als auch die Nicht-Nutzer (Ausschlussprinzip) der Marke. Während der Konsument weder physische Eigentumsrechte noch physischen Besitz an immateriellen Dienstleistungen erlangen kann, besteht lediglich im Rahmen einer visuell wahrnehmbaren, interaktiven und individuellen Handlung innerhalb des unmittelbaren Leistungserstellungsprozesses die Möglichkeit direkter demonstrativer Leistungsnutzung (Beispiel: Priority-Check-In für Fluggäste der First-Class; Bezahlen der Restaurantrechnung mit goldener Kreditkarte). Im Falle einer visuell nicht wahrnehmbaren Interaktion verbliebe lediglich die (theoretische) Möglichkeit, die visuelle Dokumentationsfunktion außerhalb des Erstellungsprozesses mit Hilfe tangibler Ersatzkommunikatoren zu erfüllen, denen damit eine quasi eigenständige Produktfunktion zukommt. Dieser indirekten Form der Konsumdokumentation sind allerdings Glaubwürdigkeitsgrenzen gesetzt, solange der Einsatz der Ersatzkommunikatoren nicht ebenfalls dem Prinzip der „gezielten“ Verknappung folgt. Geschieht dies nicht, entfallen maßgebliche Motive zur Ausübung dokumentativen Konsums, was Kunden - vermutlich ergänzend zu anderen Ursachen - von einer indirekten Dokumentationsform abhalten würde. 3.2.2 Dienstleistungstypische Einflüsse auf das verbale Markenwissen Wie bereits beschrieben, deuten verschiedene Erklärungsansätze darauf hin, dass sich informatorische Reize über eine dual-modierte Speicherung im Gehirn des Rezipienten manifestieren. Insbesondere bei hoher Konkretheit eines Reizes verstärken sich visuelle und verbale Manifestationsprozesse gegenseitig.217 Der Aufbau verbalen Wissens kann durch eine konkrete Reizsituation verursacht werden, aber auch aufgrund der Verbalisierung eines inneren Markenbildes. Umgekehrt kann sich konkretes verbales Markenwissen ebenso in Form eines inneres Bild abspeichern. 215 216 217 Zur detaillierten Beschreibung dieser Funktion vgl. Bekmeier-Feuerhahn 1996, S. 133 f. Aus kognitionspsychologischer Sicht besteht das Prinzip der gezielten Verknappung von Luxusmarken darin, über den Aufbau verbalen und visuellen Markenwissens innerhalb eines Gesamtkollektivs Sehnsüchte und Begeisterung für eine Marke zu wecken. Gleichzeitig wird - in der Regel über den Preis - die Mehrheit dieses Kollektivs von der Nutzung der ersehnten Marke ausgeschlossen. Dies impliziert für den „erlauchten“ Kreis der Markenuser die Möglichkeit, den Konsum der Marke wirkungsvoll zu dokumentieren (vgl. Kehrer 2001, S. 198 und 214). Zur empirischen Validierung dieses Zusammenhangs vgl. Bekmeier-Feuerhahn 1996, S. 212. 128 Kapitel C Markenstarke Leistungen zeichnen sich demnach - ähnlich der dualen Kodierung starker innerer Markenbilder - dadurch aus, dass aufgrund eines äußeren Reizes oder innerer Suchvorgänge eine assoziativ-verbale Verknüpfung mit dem Produkt und seinen Eigenschaften stattfindet. Hier wird - in der höchsten Ausprägung des verbalen Markenwissens - mit der verbal-kodierten Wahrnehmung eines Gattungsproduktes (z. B.: „Haben Sie ein Papiertaschentuch?“) der Name einer Marke (z. B. „Tempo“) ebenfalls verbal sowie das Markenprodukt (z. B. die Verpackung) oder das Markenzeichen bildhaft assoziiert. Hinsichtlich des Effektes der verbalen Manifestation visuellen Markenwissens (Doppelspeichereffekt) ist bei Dienstleistungen grundsätzlich davon auszugehen, dass sich - in Abhängigkeit des vom Konsumenten wahrgenommenen Immaterialitätsgrades der Dienstleistung - die Problematik der Bildspeicherung ebenso auf die Qualität des verbalen Markenwissens auswirkt. Die Zusammenhänge zwischen visuell wahrgenommenem Immaterialitäts-, Interaktions- und Individualitätsgrad auf der einen sowie visuellem Markenwissen auf der anderen Seite sind daher auch bezüglich verbaler Speicherprozesse anzunehmen. Lufthansa debitel Sonne Komfort Fax Sommer Business Urlaub Flugzeug Flughafen Termine Telefonieren Büro Gespräch Fernweh Karibik Kollegen Kosten Freunde Oma Arbeit Hektik schnell Rückruf Handy Reisen Triebwerk Kraft Klingeln Jubiläum Opa Abb. C-26: Beispielhafter Vergleich leistungsbezogener Ansatzpunkte zum Aufbau verbalen Markenwissens in Abhängigkeit von dem wahrgenommenen Immaterialitätsgrad der Leistung Abbildung C-26 zeigt mit Hilfe des semantischen Netzwerks leistungsbezogene verbale Assoziationen in Abhängigkeit von dem vom Konsumenten wahrgenommenen Immaterialitätsgrad der Leistung. Daher ist zu vermuten, dass sich bei einem geringer wahrgenommenen Immaterialitätsgrad (linkes Beispiel: Lufthansa - Flugzeug) schneller und konkreter als im Falle eines hohen Immaterialitätsgrads (rechtes Beispiel: debitel - Telefonieren) leistungsbezogene verbale Anknüpfungspunkte finden lassen, die zudem einfach visualisierbar sind. Hieraus folgt, dass insbesondere hinsichtlich der Zugriffsfähigkeit, Intensität und Qualität verbaler Markenassoziationen die Schwierigkeiten der kognitionspsychologischen Manifestierung von Dienstleistungen mit zunehmendem wahrgenommenen Immaterialitätsgrad steigen. Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding 129 3.2.3 Zwischenfazit: Leistungswahrnehmung und Service Branding Die konzeptionell-analytische Betrachtung im Rahmen des kognitionspsychologischen Systematisierungsansatzes hat gezeigt, dass dienstleistungstypische Eigenschaftsdimensionen - je nach Grad ihrer Ausprägung - wesentliche Einflüsse auf kognitionspsychologische Generatoren der Service-Brand-Power ausüben können (Abb. C-27). Dabei hat sich ferner gezeigt, dass diese Einflüsse weniger von dem objektiven, als vielmehr von dem konsumentenseitig wahrgenommenen Ausprägungsgrad der jeweiligen Dimension abhängen: Der wahrgenommene Immaterialitätsgrad sowie der wahrgenommene Interaktionsgrad stellen aus dieser Sicht die zentralen dienstleistungstypischen Eigenschaftsdimensionen dar, welche die nachhaltigsten Konsequenzen für die Markenbildung implizieren. Der durch den Konsumenten potentiell in den drei dienstleistungsspezifischen Kommunikationsphasen (Leistungserwartung, Leistungserlebnis, Leistungserinnerung) wahrgenommene Immaterialitätsgrad bezieht sich primär auf physische, d.h. visuell wahrnehmbare Inputfaktoren bzw. Stimuli-Elemente (Mitarbeiter, Gebäude, Maschinen, Materialien etc.) im gesamten Produktionsprozess der Dienstleistung (Input-, Throughput- und Output-Phase). Der vom Konsumenten wahrgenommene Interaktionsgrad bezieht sich dagegen auf die vor allem visuell wahrgenommene Kontaktintensität in der Phase der Leistungserstellung (Throughput-Phase).218 Dienstleistungstypische Dimensionen Generatoren der Service-Brand-Power Grad der Immaterialität visuelles Markenwissen verbales Markenwissen Grad der Interaktion Grad der Individualisierung Einflüsse auf das innere Markenbild, insbesondere bezüglich Konstanz Individualisierungsgrad verstärkt Effekte Zugriffsfähigkeit des Interaktions Intensität grades Differenzierung Qualität Manifestation Zugriffsfähigkeit Intensität Differenzierung Qualität Manifestation Zugriffsfähigkeit Intensität Differenzierung Qualität Einflüsse auf die Markenassoziationen, insbesondere bezüglich Konstanz Individualisierungsgrad verstärkt Effekte Zugriffsfähigkeit des Interaktions Intensität grades Differenzierung Qualität Abb. C-27: Markentechnische Besonderheiten des Service Branding aus kognitionspsychologischer Perspektive In Bezug auf die Service-Brand-Power bedeutet dies, dass die Möglichkeiten des Aufbaus von visuellem und verbalem Markenwissen von der jeweiligen 218 Vgl. hierzu auch Abb. C-9. 130 Kapitel C Ausprägung der vom Kunden wahrgenommenen dienstleistungstypischen Dimension abhängen. Dabei gestaltet sich der Manifestationsmechanismus innerer Markenbilder um so schwieriger, je weniger der Konsument die eigentliche Dienstleistungserstellung materiell und interaktiv erleben kann. Anders formuliert: Je abstrakter sich die der Marke zugrunde liegende Dienstleistung dem Konsumenten darstellt, um so schwieriger ist es, im Gedächtnis des Rezipienten ein positiv verhaltensbeeinflussendes Vorstellungsbild über die Dienstleistung zu generieren. Dienstleistungen stellen daher in Abhängigkeit von ihren jeweiligen, vom Konsumenten wahrgenommenen Dimensionsausprägungen spezifische Anforderungen an das Service Branding, was im folgenden Kapitel näher zu untersuchen ist. 3.3 Ableitung dienstleistungstypologischer Herausforderungen Folgt man den bisherigen Ausführungen, so variieren die markenspezifischen Herausforderungen mit dem Grad der dienstleistungsspezifischen Eigenschaftsdimensionen. Da jede Dienstleistung zugleich über ein bestimmtes Set an Dimensionsausprägungen verfügt, unterliegen die konkreten Herausforderungen des Service Branding somit den jeweiligen situativen Leistungsdeterminanten. Angesichts dessen sowie vor dem Hintergrund der Zielsetzung der Arbeit, einen Beitrag zur Konzeption und Implementierung von Marken für Dienstleistungen und insbesondere für Telekommunikationsdienstleistungen zu leisten, erfordern die bisherigen konzeptionellen Überlegungen daher eine anwendungsbezogene Transformation, um die gewonnenen Erkenntnisse auf das Forschungsfeld Telekommunikationsdienstleistungen zu fokussieren. Zu diesem Zweck wird im Rahmen dieses Kapitels eine grundsätzliche markenbezogene bzw. problemspezifische Typologisierung konsumtiver Dienstleistungen auf Basis der evaluierten Dimensionen wahrgenommener Immaterialitätsgrad und wahrgenommener Interaktionsgrad vorgenommen, woraus sich vier Grundtypen des Service Branding mit jeweils unterschiedlichen konstitutiven Herausforderungen ergeben (Abb. C-28). In diesem Zusammenhang sind Dienstleistungen des Telekommunikationsmarktes, die sich überwiegend als Leistungen zur Bereitstellung von Netzwerken und Konfiguration von Technologien beschreiben lassen,219 durch einen hohen wahrgenommenen Immaterialitätsgrad (bzw. einen geringen Grad an wahrnehmbarer Materialität) sowie einen geringen wahrgenommenen Interaktionsgrad gekennzeichnet und stellen einen idealtypischen Repräsentanten des Dienstleistungstypus „unsichtbare Dienstleistungen“ dar. Die entwickelte kognitionspsychologische Dienstleistungstypologie dient dabei nicht nur der Fokussierung konzeptioneller Überlegungen auf die Telekommu219 Vgl. hierzu u.a. die Kapitel A 2.2 sowie B 1. Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding 131 nikationsbranche, sondern trägt darüber hinaus auch zu einer generellen Strukturierung bisheriger Erkenntnisse und deren Übertragung auf andere Forschungsfelder bei. Markenrelevante Dienstleistungstypen hoch Interaktive Dienstleistungen Hybride Dienstleistungen Konsumgüterähnliche Dienstleistungen TK-Dienstleistungen: wahrgenommener Interaktionsgrad Unsichtbare Dienstleistungen niedrig niedrig wahrgenommener Immaterialitätsgrad hoch Abb. C-28: Dienstleistungstypologie aus kognitionspsychologischer Perspektive 3.3.1 Konsumgüterähnliche Dienstleistungen Konsumgüterähnliche Dienstleistungen zeichnen sich durch eine niedrige Ausprägung beider Eigenschaftsdimensionen aus: Der Grad der Immaterialität sowie der Interaktion werden vom Konsumenten als gering wahrgenommenen. Als klassisches Beispiel können hier Schnellrestaurantketten angeführt werden. Die wahrgenommene Interaktion bezieht sich auf das Betreten, das Bestellen bzw. Bezahlen und - eventuell - Verzehren eines Burgers innerhalb der Verkaufsräume des Anbieters. Eine derart geringe Interaktionsintensität erlebt der Konsument ebenfalls beim Kauf und Konsum einer Dose Coca-Cola an einer Tankstelle. Der wahrgenommene Immaterialitätsgrad, die sich aus Dienstleistungssicht im Zusammenhang mit einer Schnellrestaurantkette vor allem auf den Prozess der Zubereitung und des Verkaufs des Fast-FoodProdukts beziehen würde, ist ebenfalls sehr gering. Ähnlich dem Verpackungsdesign eines Softdrinks kann auch hier um das harte Produkt Burger eine sichtbare „Markenverpackung“ in Form der eigentlichen Produktverpackung, 132 Kapitel C der Verkaufsraumgestaltung, der Personaluniformen etc. gestaltet werden. Anders formuliert: Hinsichtlich des Aufbaus einer visuellen und verbalen Markenrepräsentation im Gedächtnis des Konsumenten haben McDonalds und Coca-Cola - als Beispiel für das „traditionelle“ Markenmanagement - höhere Gemeinsamkeiten als beispielsweise Coca-Cola und Lufthansa oder Telekom. Dass die aus der „Serviceness“ konsumgüterähnlicher Dienstleistungen entstehenden markenspezifischen Schwierigkeiten aus dieser Sicht nicht nur als äußerst gering, sondern - im Gegenteil - sogar als generelle Chance für die Markenführung zu bewerten sind, zeigt die Praxis. Diese Chancen bestehen zum einen in der kurzfristig hohen Flexibilität des hoch standardisierten Produktangebots. Leistungsvariationen, ob aus Gründen einer Angebotsaktion oder einer Verbesserung der Prozesseffizienz, sind kurzfristig plan- und realisierbar. Die zweite, wahrscheinlich wesentlichere Chance besteht in der „Erlebbarmachung“ eines physischen Produkts. Im Falle der Schnellrestaurantkette hat der Konsument die Möglichkeit, das Fast-Food-Produkt innerhalb einer sichtbaren Markenwelt „zu erleben“, was sich aus kognitionspsychologischer Sicht insbesondere auf die Nachhaltigkeit des visuellen, aber auch des verbalen Markenwissens positiv auswirkt. Die konsumgüterähnliche Dienstleistung ist daher nicht nur als Eigenschaft eines Anbieters, sondern als markenstrategische Option zu verstehen. Dies zeigen die vielfältigen Versuche traditioneller Markenartikler, über die (ergänzende) Positionierung als konsumgüterähnlicher Dienstleister die sich hieraus ergebenden Chancen zu nutzen und das physische Markenprodukt im Rahmen eines Erlebniskonzepts zu vermarkten (z. B. „Maggi-Kochstudio“, „Nutelleria“). 3.3.2 Interaktive Dienstleistungen Im Unterschied hierzu zeichnen sich interaktive Dienstleistungen durch einen höheren wahrgenommenen Interaktionsgrad bei gleichzeitig hohem wahrnehmbaren Materialitätsgrad aus. Dies manifestiert sich dadurch, dass der Kunde als Person notwendiger und integrativer Bestandteil des Leistungserstellungsprozesses ist. Als typisches Beispiel können hier Fluggesellschaften angeführt werden. Während sich also der Konsument im Falle einer konsumgüterähnlichen Dienstleistung beispielsweise das Dienstleistungsprodukt FastFood von einer dritten Person mit nach Hause bringen lassen kann, ist dies bei interaktiven Dienstleistungen nicht möglich. Für das Markenmanagement von interaktiven Dienstleistungen stellen sich besondere Herausforderungen bei der Schaffung eines konsistenten Markenbildes im Interaktionsprozess zwischen dem Anbieter und dem Kunden (interaktives Service Branding). Hier kommt insbesondere dem Kundenkontaktpersonal (z. B. Flugbegleiterin), aber auch materiellen Einsatzfaktoren (z. B. Flugzeug) sowie der direkten und indirekten Prozessgestaltung Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding 133 und -kontrolle (z. B. Kabinenreinigung bzw. Mitarbeiterschulung) eine wesentliche Funktion in der Vermittlung visuellen und verbalen Markenwissens zu. Der Kundenkontaktprozess vollzieht sich entlang einer multielementaren Line-ofVisibility, deren Gestaltungsziel in der Vermittlung der Markenpositionierung liegt. Die Schaffung einer zu lebenden „Markenkultur“, die gleichzeitig als zentrales Koordinationsinstrument des Service Branding fungiert, wird daher zur zentralen Herausforderung der internen Markenführung, die Bewältigung dieser Aufgabe zum zentralen Erfolgsfaktor des Service Branding. 3.3.3 Unsichtbare Dienstleistungen Einen Kontrapunkt zu interaktiven Dienstleistungen stellen unsichtbare Dienstleistungen dar. Sie sind gekennzeichnet durch einen hohen wahrgenommener Immaterialitätsgrad (bzw. einen geringen Grad an wahrnehmbarer Materialität) sowie einen geringen wahrgenommenen Interaktionsgrad. Wie bereits beschrieben, stellen Telekommunikationsdienstleistungen hier einen quasi idealtypischen Beispielfall dar. Der Kunde kann Leistungen dieses Typus visuell oder haptisch nicht wahrnehmen,220 weder mittelbar noch unmittelbar: Im Gegensatz zu physischen Produkten kann er keine Größe, Form, Oberflächenstruktur, Farbe oder Qualität der Funktionserfüllung wahrnehmen, im Unterschied zu interaktiven Dienstleistungen existieren nicht einmal visuelle oder haptische Ersatzkommunikatoren (wie z. B. ein Flugzeug). Unsichtbare Dienstleistungen können daher im Vorfeld ihrer direkten Erfahrbarkeit nicht für sich „sprechen“. Während der Leistungserstellung wird häufig nur das NichtFunktionieren wahrgenommen. Für das Service Branding stellt sich damit insbesondere die Herausforderung der Schaffung eines dauerhaft konsistenten Markenbildes bzw. der assoziativen Markenverankerung ohne wahrnehmbare Leistung (virtuelles Service Branding). Da der Leistungserstellungsprozess aufgrund seiner „Unsichtbarkeit“ für den Konsumenten hierzu keinerlei Grundlage bietet, müssen infolgedessen die zu gestaltenden Markenstimuli außerhalb des eigentlichen Leistungserstellungsprozesses die Manifestation visuellen und verbalen Markenwissens ermöglichen. Einen Beitrag zur Kompensation dieses Visualisierungsnachteils können Schlüsselbilder in der Markenkommunikation leisten, die ergänzend zur Vermittlung eines inneren Markenbildes zum Einsatz kommen. Nach KROEBER-RIEL sind Schlüsselbilder, neben dem Markensignal Logo, ein weiteres physisches Abbild der Marke zum Aufbau visuellen Markenwissens.221 Schlüsselbilder bestehen in einem im Kern konstanten Bildmotiv, welches das visuelle Extrakt der Positionierungsbotschaft vermittelt.222 Strategisch geplante Schlüsselbilder hinterlassen durch die Vermittlung 220 221 222 Vgl. Brasch 1999, Expertengespräch. Vgl. Kroeber-Riel 1993, S. 193 f. Vgl. Esch 2004, S. 240. 134 Kapitel C emotionaler und informativer Assoziationen zur Marke Gedächtnisspuren über die Markenpositionierung. Im Unterschied zu traditionellen Markenprodukten können Schlüsselbilder bei unsichtbaren Dienstleistungen allerdings ausschließlich im Rahmen der Markenkommunikation und nicht (auch) zur Markierung des „Produkts“ Dienstleistung eingesetzt werden, beispielsweise im Rahmen der Verpackungsgestaltung.223,224 Auch aus konzeptioneller Sicht erweist sich damit für diesen Dienstleistungstypus die Identifikation von Markenträgern, wie beispielsweise die Gesamtunternehmung, bestimmte Leistungsbündel oder Einzelleistungen und die hiermit verbundene Festlegung einer geeigneten Markenstrategie als besonders schwierig. Grundsätzlich gilt es zu prüfen, inwieweit bei diesen Leistungen traditionelle markenstrategische Optionen wie Einzelmarken, Mehrmarken, Dachmarken etc. überhaupt anwendbar und zielführend sind, oder ob der Wahrnehmungszugang eines Konsumenten hinsichtlich immaterieller, quasi virtueller Dienstleistungsmarken über neue, innovative Service-Branding-Ansätze erklärt und gesteuert werden muss. Service Branding für Telekommunikationsdienstleister kann vor dem Hintergrund dieser theoretisch-konzeptionellen Erkenntnisse als exemplarisches Beispiel für das Service Branding für unsichtbare Dienstleistungen gesehen werden. Branchenübergreifende Lösungsansätze dürften daher insbesondere für Dienstleistungstypen interessant sein, die über eine ähnliche Ausprägung situativer Leistungsdeterminanten verfügen, wie beispielsweise Energiedienstleistungen. 3.3.4 Hybride Dienstleistungstypen Hybride Dienstleistungstypen mit hohem wahrgenommenen Interaktionsgrad und hohem wahrgenommenen Immaterialitätsgrad stellen eine Mischform zwischen unsichtbaren und interaktiven Dienstleistungstypen dar. Als Beispiel können etwa Direktbanken oder -versicherer (mit Beratungsfunktion) angeführt werden. An die Stelle einer Line-of-Visibility rückt hier die Line-of-Perceptibility, da sich der Kundenkontaktprozess entlang einer nicht-visuellen Wahrnehmungslinie (z. B. bei einem telefonischen Beratungsgespräch) vollzieht. Insbesondere für die Entstehung visuellen Markenwissens treten hiermit ähnliche Schwierigkeiten auf wie im Falle unsichtbarer Dienstleistungen. Gleichzeitig muss die Positionierung durch das nicht sichtbare Kundenkontaktpersonal vermittelt werden. Hinsichtlich der Gestaltung der Line-of-Perceptibility beste223 224 Vgl. hierzu Kroeber-Riel 1993, S. 309 f. Als exemplarisches Beispiel für die unzähligen Fälle, in denen ein Schlüsselbild ebenfalls zur Verpackungsgestaltung beiträgt, sei die Waschmittelmarke Spee genannt: Hier wird der SpeeFuchs als Schlüsselbild der Positionierungsbotschaft „Die schlaue Art zu waschen!“ sowohl in der Werbung wie auch auf der Produktverpackung eingesetzt (vgl. Langner 2002, S. 33f). Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding 135 hen somit ähnliche Herausforderungen wie bei interaktiven Dienstleistungen, jedoch primär auf Ebene des verbalen Markenwissens. Aufgrund des beschriebenen Bildüberlegenheitseffekts dürfte jedoch in der Schaffung eines konsistenten Markenbildes außerhalb des Leistungserstellungsprozesses - wie bei unsichtbaren Dienstleistungen - der zentrale Zugang für ein erfolgreiches Service Branding des Mischtyps liegen. 3.3.5 Exkurs: Wahrnehmungsgrade als Variable strategischer Entscheidung Wie bereits im Falle der konsumgüterähnlichen Dienstleistungen angedeutet, fungieren die konkreten Ausprägungen dienstleistungsspezifischer Eigenschaftsdimensionen nicht alleine als typologisierende Charakteristik des konkreten Dienstleistungsanbieters, sondern stellen zugleich auch eine Variable markenstrategischer bzw. positionierungsrelevanter Entscheidungen dar. Auf diese Weise können die Eigenschaftsdimensionen zur Veranschaulichung markenstrategischer Basisalternativen dienen. Abbilddung C-29 verdeutlicht diesen Zusammenhang am Beispiel von Bankdienstleistungen. hoch Filialbank Direktbank mit Beratung Strategisches Feld wahrgenommener Interaktionsgrad Direktbank ohne Beratung niedrig niedrig wahrgenommener Immaterialitätsgrad hoch Abb. C-29: Markenstrategische Basisalternativen am Beispiel von Bankdienstleistungen Die Praxis zeigt auch, dass Dienstleister etwa einen originär geringen wahrnehmbaren Interaktionsgrad durch das Angebot interaktiver Ergänzungsleistungen erhöhen und hierdurch einen Zusatznutzen schaffen, um letztlich die Kundenbindung zu intensivieren und den Umsatz pro Kunde zu steigern. Als Beispiel kann etwa das Internetwarenhaus Amazon.com angeführt werden, bei 136 Kapitel C dem sich die vom Kunden wahrgenommene Interaktion im Rahmen eines gewöhnlichen Bestellvorgangs auf die Auswahl, die Bestellung und Bezahlung eines Produktes beschränkt. Der Online-Anbieter jedoch erhöht die Kontaktintensität, indem er aus den Bestellungen eines Käufers ein individuelles Interessenprofil generiert, das eine präferenzspezifische Ansprache ermöglicht. Der Kunde wird individuell auf für ihn mit hoher Wahrscheinlichkeit interessante weitere Produkte oder Neuerscheinungen hingewiesen und so zum zielgerichteten Stöbern eingeladen. 3.4 Konzeptionelle Implikationen als Zwischenfazit Im Rahmen der bisherigen Arbeit wurde Service Branding aus integrierter Marketingperspektive betrachtet. Im Mittelpunkt des strategischen Service Branding stehen aus Sicht des markenführenden Dienstleisters die Planung, Durchführung und Kontrolle sämtlicher Maßnahmen zur Gestaltung von Schlüsselsignalen für Dienstleistungen oder Dienstleistungsunternehmen, die dazu geeignet sind, ein positionierungsadäquates inneres Markenbild dauerhaft im Gedächtnis des Konsumenten zu generieren. In Ergänzung hierzu wurde der komplexe Manifestationsmechanismus innerer Markenbilder aus Sicht des Konsumenten analysiert. Auch hier fungiert, im Zentrum des entwickelten kognitionspsychologischen Wirkungsmodells, die Service-Brand-Power als zentrale Zielgröße, operationalisiert durch die innerpsychischen Variablen (Generatoren) visuelles und verbales Markenwissen. Dabei wurde, unter Bezugnahme auf verschiedene Konzepte und Theorien der Kognitionspsychologie, der zentrale Einfluss visuellen Markenwissens auf die Service-Brand-Power verdeutlicht. Gleichzeitig wurde aufgezeigt, dass gerade der Manifestationsprozess visuellen Markenwissens in Abhängigkeit von der Ausprägung dienstleistungstypischer Dimensionen besonderen Schwierigkeiten unterliegt. Als Zwischenfazit dieser konzeptionellen Ausführungen lassen sich aus kognitionspsychologischer Sicht somit folgende zentralen Implikationen für das Service Branding ableiten: Der Aufbau dauerhafter innerer Markenbilder für Dienstleistungen spielt im Service Branding eine zentrale Rolle. Die konkreten Herausforderungen im Aufbau innerer Markenbilder werden nachhaltig vom situativen Dienstleistungstypus bestimmt. 3.4.1 Aufbau innerer Markenbilder als zentrale Herausforderung Die Relevanz innerer Markenbilder für das Konsumentenverhalten wurde anhand der zentralen Rolle des visuellen Markenwissens bei der Manifestation positiv verhaltensbeeinflussender Markenrepräsentationen verdeutlicht. Folgt man diesen Ausführungen, so stellt der kognitive Zugang zur Dienstleistungsmarke den zentralen Prozess der Markenentstehung im Kopf des Konsumenten dar. „Ein lebendiges inneres Bild ist im Gedächtnis schnell und leicht Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding 137 verfügbar. Damit stellt sich auch die mit einem solchen Bild verbundene Einstellung zur Firma oder zum Produkt schnell im Gedächtnis ein.“225 Leistungserwartung Leistungserlebni s Leistungserinnerung Aufbau eines inneren Markenbildes entlang aller Wahrnehmungspha sen durch Überwindung dienstleistungsspezifischer Visualisierungsp roblematik Aufbau eines inneren Markenbilds (Wahrnehmungsbild) durch Visualisierung von Dienstleistung und Positionierung Visuelles und verbales Markenwissen aufbauen Ausbau des inneren Markenbildes (Wahrnehmungsbild) entlang der Line-of-Visibility oder Bestätigung des inneren Markenbildes (Gedächt nisbild) durch Gewährleistung positi ver (bz w. nicht-negativer) Leistungserl ebnisse Visuelles und verbales Markenwissen bestätigen Stärkung des inneren Markenbilds durch systematische Pflege des Konsumenten-MarkenKontakts Reaktivierung des inneren Markenbilds ehemaliger Kunden Visuelles und verbales Markenwissen erneuern Abb. C-30: Aufbau innerer Markenbilder als zentrale Aufgabe des Service Branding Der Aufbau dauerhafter innerer Markenbilder durch Überwindung der dienstleistungstypischen Visualisierungsproblematik kann somit als zentrale konstitutive Aufgabe und als Schlüsselerfolgsfaktor des Service Branding gewertet werden. Visuelles Markenwissen wird zu einer wesentlichen MetaZielgröße, auf welche die strategische Planung, Gestaltung und Steuerung der Markenstimuli, oder kurz: der unternehmerische Gestaltungsprozess des Service Branding, auszurichten ist. Abbildung C-30 zeigt diese Implikationen und Zusammenhänge im Rahmen des konsumentenseitigen Wahrnehmungsprozesses noch einmal im Überblick. 3.4.2 Der Dienstleistungstyp bestimmt die Herausforderungen Als weitere Implikation lässt sich festhalten, dass die konkreten Herausforderungen im Aufbau innerer Markenbilder nachhaltig vom situativen Dienstleistungstypus bestimmt werden. In Ergänzung der Ausführungen zur problemspezifischen Typologisierung konsumtiver Dienstleistungen können dabei zwei zentrale Themenschwerpunkte identifiziert werden, die sich für das konkrete Service Branding in Abhängigkeit der jeweiligen Dimensionsausprägung ergeben (Abb. C-31): 225 Kroeber-Riel 1993, S. 86. 138 Kapitel C Zentrale Herausforderungen Interaktives Service Branding Interaktives und virtuelles Service Branding Konsumgüterorientiertes Service Branding Virtuelles Service Branding wahrgenommener Interaktionsgrad niedrig wahrgenommener Immaterialitätsgrad hoch Abb. C-31: Situative Schwerpunktthemen des Service Branding aus kognitionspsychologischer Sicht Im Service Branding für interaktive Dienstleistungen bzw. im interaktiven Service Branding stellen sich wesentliche Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Ausbau visuellen Markenwissens innerhalb des Leistungserstellungsprozesses (vgl. Abb. C-30). Aufgrund der kundenseitig hohen Wahrnehmbarkeit der Dienstleistungserstellung trägt hier die Gestaltung der Line-ofVisibility maßgeblich zur Manifestation des inneren Markenbildes bei. Eine weitere Schwierigkeit ergibt sich aus der Notwendigkeit, die Konsistenz des erzeugten Markenbildes über die Phasen des kundenseitigen Wahrnehmungsprozesses zu gewährleisten. Dies stellt besondere Anforderungen an die koordinierte Planung, Durchführung und Kontrolle sämtlicher Maßnahmen zur Gestaltung der Markenstimuli Marke, Zeichen und Dienstleistung bzw. Dienstleistungsprozess.226 Dagegen stellt sich Service Branding für unsichtbare Dienstleistungen bzw. Telekommunikationsdienstleistungen als virtuelles Service Branding dar, weil bei Dienstleistungen dieses Typs in Ermangelung einer kognitiv wahrnehmbaren Markenleistung der Aufbau visuellen Markenwissens nur außerhalb des Leistungserstellungsprozesses (und somit nur virtuell) stattfinden kann. Anders als beim interaktiven Service Branding kann hier der Dienstleistungs226 Vgl. hierzu die Service-Branding-Triade (Kapitel C 2.2.3). Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding 139 prozess als eigentlicher „Markenartikel" keinen direkten Beitrag zum visuellen Markenwissen leisten und steht daher nicht als tatsächlicher Markenträger und Gestaltungsvariable des Service Branding zur Verfügung. Aufgrund des hohen wahrgenommenen Immaterialitätsgrads sowie des geringen wahrgenommenen Interaktionsgrads des Leistungserlebnisses kann die Phase der Leistungserstellung primär auf die Bestätigung verbalen, d.h. nicht-visuellen Markenwissens ausgerichtet werden (vgl. Abb. C-30). Vor diesem sowie dem Hintergrund des Forschungsfelds der Arbeit konzentriert sich die weitere Untersuchung auf das virtuelle Service Branding, d.h. auf den Aufbau innerer Markenbilder für unsichtbare Dienstleistungen am Beispiel des Telekommunikationsmarktes. 140 4. Kapitel C Hypothesen zum virtuellen Service Branding Als wesentliche Implikation der konzeptionellen Ausführungen wurde der Aufbau innerer Markenbilder als zentrale Aufgabe und wichtiger Erfolgsfaktor des interaktiven und virtuellen Service Branding abgeleitet. Hieraus lässt sich folgende Hypothese ableiten: H 0 [Basishypothese]: Dienstleistungsmarken sind um so erfolgreicher, je besser es ihnen gelingt, über den Aufbau visuellen Markenwissens dauerhaft relevante innere Vorstellungsbilder im Gedächtnis des Konsumenten zu generieren. Von dieser Basishypothese ausgehend und vor dem Hintergrund der Zielsetzung dieser Arbeit werden zum Abschluss des konzeptionell-analytischen Grundlagenteils Gestaltungshypothesen zum erfolgreichen Aufbau innerer Markenbilder für unsichtbare Dienstleistungen und respektive Telekommunikationsdienstleistungen227 formuliert, die sich aus den konzeptionellen Erkenntnissen sowie den Ergebnissen der Markenumfeldanalyse im Telekommunikationsmarkt deduzieren lassen. Das Kapitel dient somit der Zusammenfassung und Fokussierung wesentlicher Überlegungen wie auch als Grundlage der weiteren Untersuchung, in der die explizierten Hypothesen im Rahmen empirischer Fallstudienanalysen zu evaluieren228 sind. 4.1 Markenpositionierung als strategischer Ausgangspunkt Eine wesentliche Aufgabe des virtuellen Service Branding besteht darin, ein Markenbild positionierungsadäquat zu vermitteln. Die Positionierung stellt somit den strategischen Ausgangspunkt für die Entwicklung und Einführung des Markenauftritts dar. Sie beschreibt die strategische Leitidee, unter deren Berücksichtigung die Gestaltung der Schlüsselsignale sowie weiterer Maßnahmen der Markenkommunikation vorzunehmen ist. Sie definiert damit gleichzeitig die Soll-Positionierung der Marke in der subjektiven Wahrnehmung des Konsumenten, d.h. die aus Sicht der markenführenden Unternehmung gewünschte Ausgestaltung des inneren Vorstellungsbildes im Gedächtnis des Konsumenten. Neben der Berücksichtigung von Bedürfnissen der Kunden und den Positionierungen der Konkurrenzmarken sind dabei insbesondere auch 227 228 Im Folgenden wird der Terminus „unsichtbare Dienstleistung“ aus Vereinfachungsgründen als Oberbegriff benutzt, der den Ausführungen in Kapitel C 3.3. entsprechend damit immer auch Telekommunikationsdienstleistungen umfasst. Die hier aufgestellten Hypothesen können aufgrund der forschungsmethodischen Ausrichtung dieser Arbeit nicht in streng statistischem Sinne getestet werden, da hierzu ein quantitativer Forschungsaufbau und größere Fallzahlen erforderlich wären. Insofern kann im Rahmen dieser Arbeit anhand der qualitativ-empirischen Erkenntnisse lediglich eine qualitativ-interpretative Beurteilung der aufgestellten Hypothesen vorgenommen werden, die damit einer wissenschaftlich-logischen Bewertung entspricht. Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding 141 Entscheidungen über die Dienstleistungen zu treffen, die unter der Marke angeboten werden sollen. Entsprechend kann folgende Gestaltungshypothese formuliert werden: H 1 [Leitidee]: Erfolgreiche Marken für unsichtbare Dienstleistungen basieren auf einer strategischen Leitidee in Form einer relevanten Positionierung. 4.2 Virtuelle Markenbildwelten als kognitive Verpackung Unsichtbare Dienstleistungen können, wie bereits ausgeführt, im Unterschied zu physischen Produkten vom Kunden weder mittelbar noch unmittelbar haptisch oder visuell wahrgenommen werden. Und im Unterschied zu interaktiven Dienstleistungen verfügen sie über keine visuellen und haptischen Ersatzkommunikatoren. Der eigentliche Markenträger bietet daher weder einen Ansatzpunkt zum Aufbau einer Markenbildwelt, noch eine Möglichkeit der - wie der Vergleich mit anderen Markenleistungen zeigt - wichtigen designtechnischen Differenzierung. Um dem Konsumenten unter diesen Umständen überhaupt einen Wahrnehmungszugang zu ermöglichen, muss die Marke selbst die Funktion einer „kognitiven Verpackung“ der Markenleistung übernehmen: Als alleiniger visueller Wahrnehmungsanker ist es die Aufgabe der Marke, ohne Unterstützung des Markenträgers eine virtuelle Markenbildwelt aufzuspannen, die dessen assoziative Verankerung in Form eines inneren Markenbildes im Gedächtnis des Konsumenten ermöglicht. Als zentrale Gestaltungs- und Visualisierungselemente einer solchen Markenbildwelt wurden im Rahmen der dargestellten Service-Branding-Triade229 zunächst - unabhängig von der der Markenbildung zugrunde liegenden Dienstleistung - Markenname, Markenzeichen und Dienstleistung beschrieben. Da allerdings aus den genannten Gründen die Möglichkeit entfällt, eine unsichtbare Dienstleistung für den Kunden wahrnehmbar zu gestalten, kann diese auch nicht als Schlüsselsignal der Marke fungieren. Wie ebenfalls gezeigt, können an dieser Stelle strategisch geplante Schlüsselbilder eine zentrale Funktion zum Aufbau innerer Markenbilder übernehmen, die durch die Vermittlung emotionaler und informativer Assoziationen zur Dienstleistung Gedächtnisspuren über die Markenpositionierung hinterlassen.230 Folgt man diesen Ausführungen, so sind Markenname, Markenzeichen und Schlüsselbild die zentralen Schlüsselsignale des virtuellen Service Branding, die langfristig den Gesamteindruck des Konsumenten über die Dienstleistung und damit dessen Repräsentation in Form des inneren Markenbildes prägen (vgl. hierzu die zusammenfassende Abbildung C-32). Hieraus lässt sich folgende Gestaltungshypothese ableiten: 229 230 Vgl. Abschnitt C 2.2.4. Vgl. Abschnitt C 3.3.3. 142 Kapitel C H 2 [Markenbildwelt]: Marken für unsichtbare Dienstleistungen sind um so erfolgreicher, je besser es ihnen gelingt, durch den Einsatz strategisch geplanter Schlüsselsignale (Markenname, Markenzeichen, Schlüsselbild) virtuelle Markenbildwelten zu erzeugen. 4.3 Gestaltungskriterien für virtuelle Markenbildwelten Aus den bisherigen konzeptionellen Überlegungen, insbesondere aber auch aus der Markenumfeldanalyse im Telekommunikationsmarkt lassen sich verschiedene Anforderungskriterien für die Gestaltung virtueller Markenbildwelten ableiten. Da der komplexe Manifestationsmechanismus innerer Markenbilder sowie der Aufmerksamkeitswettbewerbs um kurze Kontaktzeiten eine kognitionspsychologisch hochwirksame Gestaltung der Schlüsselsignale erfordern, kann die Kommunikationseffizienz231 als zentrales Gütekriterium virtueller Markenbildwelten angenommen werden. Und weil der unsichtbare Markenträger keinen Beitrag zum Aufbau visuellen Markenwissens leisten kann, ist es Aufgabe der virtuellen Markenbildwelt und deren Komponenten, die angestrebte Positionierung in kürzester Zeit in Form eines inneren Vorstellungsbildes im Gedächtnis des Konsumenten zu verankern. Für die Entwicklung der Markenbildwelt bzw. deren Schlüsselsignale kann die Notwendigkeit der Kommunikationseffizienz in Form der folgenden Gestaltungshypothesen präzisiert werden: H 3a [Integrationsgrad]: Virtuelle Markenbildwelten für unsichtbare Dienstleistungen sind um so kommunikationseffizienter, je höher der inhaltliche und formale Integrationsgrad der Schlüsselsignale ist. H 3b [Positionierungsbeitrag]: Virtuelle Markenbildwelten für unsichtbare Dienstleistungen sind um so kommunikationseffizienter, je höher der Beitrag der einzelnen Schlüsselsignale zur Vermittlung der Positionierung ist. H 3c [Selbsterklärungsgrad]: Virtuelle Markenbildwelten für unsichtbare Dienstleistungen sind um so kommunikationseffizienter, je höher der Selbsterklärungsgrad der einzelnen Schlüsselsignale ist. Gleichzeitig implizieren die wettbewerbsbedingten Schwierigkeiten des Erreichens einer leistungsbezogenen Alleinstellungsposition sowie die raschen Innovations- und Veränderungsprozesse außerhalb und innerhalb des marken- 231 Eine virtuelle Markenbildwelt ist dann kommunikationseffizient, wenn es ihr gelingt, a) in kürzerer Zeit als eine andere Markenbildwelt ein relevantes inneres Markenbild im Gedächtnis des Rezipienten zu generieren oder b) in gleicher Zeit ein nachhaltigeres inneres Markenbild als eine andere Markenbildwelt zu generieren. Vgl. hierzu Langner 2003, der (Kommunikations-)Effizienz als kognitiven Zeitaufwand eines Rezipienten zur Interpretation einer Positionierung bezeichnet (S. 14 sowie S. 146). Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding 143 führenden Dienstleistungsunternehmens die Notwendigkeit sowohl der kreativen Gestaltung wie auch der flexiblen Einsatzmöglichkeiten virtueller Markenbildwelten.232 Entsprechend lassen sich für die Entwicklung der Markenbildwelt bzw. der Schlüsselsignale folgende ergänzenden Gestaltungshypothesen formulieren: H 3d [kreative Profilierung]: Virtuelle Markenbildwelten für unsichtbare Dienstleistungen sind um so kommunikationseffizienter, je höher der eigenständige Beitrag der Markenbildwelt zu einer kreativen Profilierung ist. H 3e [Flexibilität]: Virtuelle Markenbildwelten für unsichtbare Dienstleistungen sind um so kommunikationseffizienter, je flexibler ihre Einsatzmöglichkeiten im Rahmen der Markenkommunikation sind. 4.4 Markenbildwelt und Markenkommunikation Abschließend stellt sich die Frage nach der Rolle und Funktion (ergänzender) Maßnahmen der Markenkommunikation sowie nach den Anforderungskriterien für ihre Gestaltung. Zu den traditionellen Maßnahmen der Markenkommunikation gehören Slogans, Werbekampagnen, der Einsatz von Testimonials, Sponsoring-Aktivitäten und ähnliche Maßnahmen, die neben der Markenbildwelt zu einer Verstärkung des Markeneindrucks beitragen können. Auch in diesem Zusammenhang bewirkt die Unsichtbarkeit der Markenleistung eine wesentliche Problematik hinsichtlich der markenbildbezogenen Wirkungseffizienz dieser Maßnahmen, da etwa Testimonials in der Werbung nicht als An- oder Verwender eines physischen Produkts gezeigt werden können.233 Um unter diesen Umständen eine nachhaltige Markenverankerung zu unterstützen, ist eine formale und inhaltliche Integration in die virtuelle Markenbildwelt erforderlich. Daher lässt sich für die Planung, Gestaltung und den Einsatz ergänzender Kommunikationsmaßnahmen folgende Gestaltungshypothese formulieren: H 4a [Integration der Markenkommunikation]: Maßnahmen der Markenkommunikation sind um so kommunikationseffizienter, je besser sie formal und inhaltlich in die virtuelle Markenbildwelt integriert sind. Eine weitere Konsequenz aus der Unsichtbarkeit von Dienstleistungen besteht darin, das "Design" der Leistung nicht kommunikationswirksam variieren zu können. Während etwa Umgestaltungen von traditionellen Markenprodukten 232 233 Vgl. hierzu Kapitel B 4.2. Die Wirkungseffizienz des Einsatzes von Testimonials oder Slogans in der Werbung ist etwa dann zu hinterfragen, wenn der Konsument bei getrennter Wahrnehmung der Markenleistung und des Testimonials (oder Slogans) dem Testimonial (oder Slogan) nicht die beworbene Markenleistung zuordnen kann und vice versa. 144 Kapitel C oder deren Verpackungen häufig dem Zweck dienen, einen Kommunikationsanlass zu kreieren und bestimmte Facetten der Positionierung zu dramatisieren (beispielsweise den Selbstanspruch der Innovationsfähigkeit), bieten unsichtbare Dienstleistungen hierzu keine Gelegenheit. Es ist daher davon auszugehen, dass die notwendige Aktualisierung und Dramatisierung der Marken beziehungsweise der Markenbildwelt durch den thematisch zielgerichteten Einsatz ergänzender Kommunikationsmaßnahmen erfolgen muss. Hieraus lässt sich abschließend folgende Gestaltungshypothese ableiten: H 4b [Funktion der Markenkommunikation]: Virtuelle Markenbildwelten für unsichtbare Dienstleistungen sind um so kommunikationseffizienter, je mehr die Maßnahmen der Markenkommunikation zur Aktualisierung und Dramatisierung konnotativer und denotativer Positionierungsattribute beitragen. Stimulus Organism Response Marke für unsichtbare Dienstleistungen ServiceBrandPower Markenverhalten Preis Virtuelle Markenbildwelt Markenname Markenzeichen visuelles Markenwissen Leistung Distribution Schlüsselbild Maßnahmen der Markenkommunikation Kommunikation verbales Markenwissen Personal Prozess Zukunft Abb. C-32: Kognitionspsychologisches Wirkungsmodell des virtuellen Service Branding Zusammenfassend zeigt Abbildung C-32 die Gestaltungsvariablen des Service Branding im Rahmen des kognitionspsychologischen Wirkungsmodells für unsichtbare Dienstleistungen. Die Darstellung verdeutlicht nochmals die inner- Konzeptionelle Grundlagen des Service Branding 145 halb des Hypothesengerüsts beschriebene Funktion der virtuellen Markenbildwelt sowie der ergänzenden Maßnahmen der Markenkommunikation als Inputfaktoren des Modells, die auf Basis einer entsprechenden Positionierungsstrategie sowie unter Berücksichtigung der Kriterien der Kommunikationseffizienz mit dem Ziel des Aufbaus innerer Markenbilder zu entwickeln sind. Im Vergleich zum allgemeinen Wirkungsmodell des Service Branding234 entfällt hierbei die Darstellung der Wahrnehmungsphasen, da unsichtbare Dienstleistungen in der Phase der Leistungserstellung aus den genannten Gründen keinen Beitrag zum Aufbau visuellen Markenwissens leisten und die virtuelle Markenbildwelt daher als Stimulus nur außerhalb der Leistungserstellung in den Phasen der Leistungserwartung und Leistungserinnerung wirkt. Die Überprüfung der Frage, inwieweit diese hypothetisch beschriebenen Elemente, Funktionen und Zusammenhänge in der Praxis eine Rolle spielen, wird Aufgabe der folgenden empirischen Fallstudienforschung sein. 234 Vgl. Abb. C-23. 146 Kapitel C D Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis Am Beispiel des deutschen Telekommunikationsmarktes fokussiert das Kapitel als empirisch-prüfender Teil der Arbeit die Umsetzung des virtuellen Service Branding in der Praxis. Im Mittelpunkt steht die qualitativ-empirische Untersuchung der Markenauftritte ausgewählter Telekommunikationsdienstleister sowie - als branchenübergreifende Beispiele für weitere Vertreter unsichtbarer Dienstleistungen - zweier Energiedienstleister, die vor dem Hintergrund der zuvor evaluierten Hypothesen strukturiert und analysiert werden. Neben der Gewinnung von ergänzenden, auch zur situativen Relativierung geeigneten Erkenntnissen besteht die Zielsetzung der Mehr-Fallforschung darin, die konzeptionell entwickelten Gestaltungshypothesen auf Basis einer abschließenden fallübergreifenden Cross-Case-Analyse zu beurteilen, um eine solide Grundlage für die Ableitung anwendungsorientierter Handlungsempfehlungen zu schaffen. 1. Auswahl und Aufbau der Fallstudien Die Auswahl der acht Fallobjekte (Abb. D-1) erfolgte nach verschiedenen Kriterien. Zunächst wurden durch die Wahl der sechs neuen1 Telekommunikationsdienstleister die drei Anbietergruppen des Telekommunikationsmarktes (Festnetzbetreiber, Mobilfunknetzbetreiber, Service Provider)2 umfassend abgedeckt und in den jeweiligen Segmenten zugleich die marktführenden unter den alternativen Anbietern ausgewählt (Arcor, Vodafone, debitel). Ein weiteres Kriterium bestand in der Berücksichtigung der unterschiedlichen Historie der jeweiligen Marken: Während einige Anbieter bereits seit der Öffnung ihres jeweiligen Segments operativ tätig waren und zum Teil erst in der Entfaltung des späteren Massenmarktes als Marke aufgebaut wurden (debitel, E-Plus, mobilcom), stand der Eintritt anderer Anbieter in den deutschen Telekommunikationsmarkt bereits unter dem Vorzeichen des bewussten Markenaufbaus (Arcor, Vodafone, O2). Dabei stehen Vodafone und O2 zugleich als exemplarische Beispiele für Markenmigrationen3 durch Firmenübernahmen, deren Analysen zugleich interessante Erkenntnisse bezüglich des Aspekts der Internationalisie1 2 3 Unter neuen oder alternativen Anbietern sind auf liberalisierten Märkten die Herausforderer des Ex-Monopolisten zu verstehen. Aufgrund zahlreicher Besonderheiten, die den Ex-Monopolisten zwar als Einzelfall, nicht aber als Beispielfall zur Ableitung übergreifender Handlungsempfehlungen interessant erscheinen lassen, wird auf dessen Betrachtung verzichtet (vgl. Kapitel B 2.1.1). Vgl. Kapitel B 1.4. Vgl. Esch 2004, S. 211. 148 Kapitel D rung versprechen. Während die übrigen Anbieter auf den deutschen Markt ausgerichtet sind oder waren, wurden die Marken Vodafone und O2 im Rahmen eines globalen bzw. europaweiten Service Branding auf den deutschen Markt übertragen. Zur Analyse branchenübergreifender Fallbeispiele wurde der hart umkämpfte Markt für Energiedienstleistungen fokussiert. Vor dem Hintergrund der Problemstellung sowie der konzeptionellen Ergebnisse stellt sich dieser Markt ebenfalls als interessanter Kontext zur Untersuchung des Service Branding für unsichtbare Dienstleistungen dar. Mit den Unternehmen Yello Strom und E.ON wurden dabei zwei Anbieter mit unterschiedlicher Ausgangssituation gewählt, die in jüngster Zeit mit aggressiven Service-Branding-Strategien für Aufsehen sorgten. Die Struktur der Fallstudien orientiert sich an den evaluierten Gestaltungshypothesen (Abb. D-1): Einem jeweiligen Kurzporträt des Unternehmens schließt sich die Analyse der strategischen Positionierung als Ausgangsbasis des virtuellen Service Branding an, gefolgt von der Analyse der Markenbildwelt sowie exemplarischer Maßnahmen der Markenkommunikation. Die Fallstudien schließen mit einer Kurzbeurteilung, die im Rahmen der anschließenden fallübergreifenden Cross-Case-Analyse anhand einzelner Aspekte der Kommunikationseffizienz weiter vertieft wird. Fall Unternehmen Branche 1 Arcor TK 1 Kurzporträt Unternehmen 2 debitel TK 2 Analyse Markenpositionierung 3 E-Plus TK 3 4 mobilcom TK Analyse virtuelle Markenbildwelt Fallweise Darstellung der Entwicklung und des Einsatzes virtueller Markenbildwelten und deren Kernelemente 5 O2 TK 4 Analyse Markenkommunikation Fallweise Darstellung exemplarischer Maßnahmen 6 Vodafone TK 5 Kurzbewertung 7 Yello Strom Energie 8 E.ON Energie Abb. D-1: Struktur der Fallstudien Auswahl und Aufbau der Fallstudien Fallübergreifende Cross-Case-Analyse Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis 2. 149 Erhebung der Fallstudien 2.1 Arcor: Markenpionier im Festnetzsegment 2.1.1 Das Unternehmen im Kurzprofil Die heutige Arcor AG & Co, 1997 als Mannesmann Arcor von CNI Communications Network International und der Bahn-Tochter DBKom gegründet, startet nach der Liberalisierung des deutschen Telekommunikationsmarktes am 1. Januar 1998 in das Privatkundengeschäft. Seitdem trägt Arcor seinen heutigen Namen. Arcor Kurzprofil Unternehmen Gesellschafter Marktstart Tochterunternehmen/ Beteiligungen Geschäftszweck Zielgruppe Geschäftsfelder/ Dienstleistungsangebot Arcor AG & Co., Eschborn Vodafone Group Plc (74%) Deutsche Bahn AG (18%) Deutsche Bank AG (8%) Januar 1998 (als Mannesmann Arcor) ISIS Multimedi a Net GmbH & Co. KG Netcom Kassel Gesellschaft für Telekom munikation mbH Festnetzbetreiber: Anbieter von Sprach-, Internet- und Datendienstleistungen über ein eigenes, bundes weit flächendeckendes Sprach- und Datennetz (ca. 22.000 km Glasfaserkabel) Privat- und Geschäftskunden Privatkunden: Arcor-ISDN/ DSL Arcor-Preselect (feste Voreinstellung) und Arcor-Call by Call Arcor-Internet by Call Onlinedi enste (arcor.de) Video on Demand Arcor JuniorNet (Internetzugang für Kinder) Telefonauskunft 11 888 Geschäftskunden: ISDN Telefonkonferenzen und Servicerufnummern flexible Bandbreiten für Internet-Zugänge komplexe Internet- und Intranet- Lösungen für Unternehm en. Kennzahlen 2003/2004 Umsatz: 1,4 Mrd. EUR Kunden: 7,2 Mio. Mitarbeiter: 3.930 Vertrieb Abb. D-2: Direktvertrieb: Eigener Vertrieb über 9 Regionen (Berlin, Dresden, Hamburg, Hannover, Essen, Köln, Frankfurt am Mai n, Stuttgart, München) Indi rekter Vertrieb: Kooperationen mit Distributoren, Fachhändlern etc. Arcor: Kurzprofil Nach der Übernahme und späteren Integration des Festnetzbetreibers o.tel.o 1999 bzw. 2001 wird Mannesmann seinerseits 2001 von Vodafone übernommen. Über ein eigenes bundesweit flächendeckendes Sprach- und Datennetz bietet das Unternehmen seinen 7,2 Millionen Privat- und Geschäftskunden ein 150 Kapitel D breites Spektrum an Telekommunikationsdienstleistungen im Festnetz- und Internetzugangsbereich (Abb. D-2). Mit einem Gesamtumsatz von ca. 1,4 Milliarden EUR (2003) und einem Marktanteil von 5,4 Prozent hat sich die VodafoneTochter mittlerweile als erfolgreichster Herausforderer der Deutschen Telekom im Festnetzbereich etabliert.4 2.1.2 Entwicklung der strategischen Positionierung der Marke Arcor Die Entwicklung und der Aufbau der Anfang 1997 entstandenen Marke Arcor erfolgt im Rahmen einer unternehmensstrategischen Gesamtplanung im Auftrag des Vorstands: „Wir brauchen schnellstens einen neuen Namen für das Joint-Venture von DBKom und CNI, der kundenorientiert ist, glaubwürdig und kompetent klingt und die neue Dienstleistung „greifbar“ macht. Darüber hinaus muss der Name international einsatzfähig und juristisch schutzfähig sein.“5 In der Gründungsphase verfügt Mannesmann mit D2 bereits seit 1991 über einen „hervorragend eingeführten Brand, der für hohe Qualität und Zuverlässigkeit im Mobilfunk steht.“ Das Festnetz solle mit einer neuen, eigenständigen und ergänzenden Marke angegangen werden, die sich damit eindeutig auf ein Segment konzentriert, zugleich aber durch eine formale Anlehnung an D2 Synergieeffekte in Form eines positiven Imagetransfers nutzt. Die ZweiMarken-Strategie diene dabei zur effizienteren Bearbeitung unterschiedlicher Zielgruppensegmente. In der Gründungsphase fokussiert D2 intensiv die Zielgruppe „Youngster“, die im Bereich Festnetz noch keine Rolle spielt. „Hier sind also unterschiedliche Marketingfokussierungen bzw. Geschäftsausrichtungen erforderlich, die durch separate Unternehmen bzw. Konzerneinheiten einfach besser zu leisten sind.“6 Auch nach der Übernahme des MannesmannKonzerns durch Vodafone wird diese Doppelstrategie mit den Marken Vodafone (D2) und Arcor beibehalten. Arcor ist positioniert als engagierter Anbieter von kunden- und zukunftsorientierten Telekommunikationsdienstleistungen und steht damit gleichermaßen für Kompetenz, Größe, Dynamik und Kundennähe im deutschen Festnetz.7 2.1.3 Entwicklung der virtuellen Arcor-Markenbildwelt8 Der Ausgangspunkt des Markenauftritts ist die Entwicklung eines geeigneten Markennamens gewesen. Mit dieser Aufgabe wurde eine Namensagentur9 betraut, die mit Hilfe von Computerprogrammen und Datenbanken über 10.000 Markennamen ableitete, von denen in einem mehrstufigen Auswahlverfahrens schließlich der Kunstname Arcor ausgewählt wurde. Mit der völlig neuen Namenskreation werde das Ziel verfolgt, eine Marke neu aufladen und mit Image 4 5 6 7 8 9 Vgl. Arcor 2004; Fiutak 2003. Nomen International Deutschland 2004. Kögler 1999, Expertengespräch. Vgl. Mihatsch 1997, S. 1. Vgl. zu diesem Kapitel Arcor 1997; Kögler 1999, Expertengespräch. Die Entwicklung des Markennamens erfolgte durch die Düsseldorfer Namensagentur Nomen. Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis 151 besetzen zu können, um die Einzigartigkeit und Unverwechselbarkeit der Marke zu sichern. Neben formalen Anforderungen wie internationale Einsatzfähigkeit, Internetfähigkeit (Domain-Name) oder markenrechtliche Schutzfähigkeit solle der Name aus nicht mehr als drei Silben bestehen und Assoziationen zu Partnerschaft, Leistung und Kommunikation wecken. Auf einen typischen „Telekommunikationsnamen“, etwa mit den Silben „tel“, „kom“ oder „com“, wird ebenso bewusst verzichtet wie auf die Benutzung des Buchstaben T (Telekom). Der harte, aber harmonische Wortklang soll die Markenattribute Dynamik, Stärke und Größe unterstützen. Inhaltlich ist der Name an das französische arc d’or angelehnt, symbolisiert und spannt somit auch „den goldenen Bogen zum Kunden“. Bei der Gestaltung des Markenzeichens (Abb. D3) stand die damalige Markenschwester D2 Pate. Die gewünschte Anlehnung an die zum Zeitpunkt der Entwicklung Arcor’s bereits seit sieben Jahren bestehende Marke erfolgt formal über die gleiche Farbgebung im Rahmen der Wortmarke sowie der Werbung: Die Grundfarbe beider Markenschriften ist blau, die Wiedererkennung zur D2 Wortmarke wird durch die Verwendung des „roten Telefonhörers“ über dem Buchstaben „R“ der Wortmarke Arcor (bzw. der Ziffer „2“ der Wortmarke D2) gewährleistet. Das Arcor-Markenzeichen bleibt auch nach der Trennung von D2 und der Übernahme durch Vodafone bis heute unverändert. Arcor „the telephone people“ Abb. D-3: Arcor: Schlüsselsignale der Marke (Name, Zeichen, Schlüsselbild („Rotschopf“), Claim) 152 Kapitel D 2.1.4 Kommunikation der Marke Ein Schlüsselbild für Arcor ist erst in einem weiteren Schritt, nämlich im Rahmen der ersten Markenkommunikation und damit unabhängig von der Entstehung und Gestaltung des Namens und des Logos, entwickelt worden: Rothaarige telephone people werden seit der Einführungsphase prägnant als Erkennungszeichen der Marke eingesetzt (Abb. D-3, D-4).10 Formal angelehnt an den roten Telefonhörer des Markenzeichens sollen sie für Kundennähe und Kompetenz des Anbieters stehen und damit einen assoziativen Gegenpol zum anonymen Ex-Monoplisten schaffen. Abgerundet wird die Markenbildwelt durch den langzeitigen Einsatz des Claims „Arcor the telephone people“, der nochmals die kundenorientierte Ausrichtung der Marke verbal unterstreicht. Abb. D-4: Arcor: Werbekampagnen1998 (oben: Markteinführung), 2001 (DSL), 2003 (DSL-Flatrate) Während die Markensignale in den Kampagnen der Markeneinführung primär zur Vermittlung differenzierender Imageeigenschaften eingesetzt worden sind, dienen die telephone people in weiteren Kampagnen vorrangig als Wiedererkennungsfaktor und Kommunikationsplattform zum Transport leistungs- beziehungsweise nutzenorientierter Werbeaussagen (Abb. D-4). Seit dem Jahr 2000 wird zudem der Claim „enjoy communication“ eingesetzt, der ebenfalls auf leistungsnutzenbezogene Aspekte der Positionierung abhebt. 10 Die Entwicklung der „Rotschopf-Kampagne“ erfolgte durch die Hamburger Werbeagentur Töpfer Grenville Crone. Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis 153 Neben der klassischen Werbung (Print, TV, Hörfunk) sowie der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit spielen Below-The-Line-Maßnahmen eine weitere Rolle in der Markenkommunikation. Seit seiner Gründung ist das Unternehmen vor allem im Sportsponsoring aktiv und fungiert, neben Engagements im Automobilsport und Eishockey, seit September 2001 als Hauptsponsor des FußballBundesligisten Hertha BSC Berlin. Aufgrund der publikumsbreiten Wirkung sowie der Eigenschaften als dynamische und wettbewerbsorientierte Sportart genießt Fußball eine allgemein hohe Attraktivität als Werbeträger und Kommunikationsvermittler.11 In einer offiziellen Begründung hat Arcor-Vorstandsmitglied THIEMANN darauf hingewiesen, dass Arcor (blau-rot) und Hertha (blauweiß) von ihren Farben her sehr gut zusammenpassten und sich die „Teams“ als größter Konkurrent der Telekom im Festnetz bzw. als Verfolger der Bundesliga-Spitze jeweils in der Rolle des Herausforderers befänden.12 2.1.5 Kritische Kurzbewertung Arcor gehört - neben dem in Arcor aufgegangenen Festnetzanbieter o.tel.o - zu den Markenpionieren der Telekommunikationsbranche. Eine Bewertung des Arcor-Service Branding aus heutiger Sicht sollte daher auch unter Berücksichtigung der Umfeldsituationen zum Zeitpunkt der Entwicklung erfolgen. Vor diesem Hintergrund baut die Marke Arcor auf einer weitgehend integrierten und innovativen Markenbildwelt auf: Vor allem das langzeitig eingesetzte Schlüsselmotiv „Rotschopf“ sowie der unterstützende Claim „telephone people“ verkörpern mit visueller Kraft zentrale emotionale Werte der Positionierung und leisten einen nachhaltigen Beitrag zum Aufbau eines inneren, differenzierenden Markenbilds. Allerdings ist aus Sicht der konzeptionellen Überlegungen dieser Arbeit zu kritisieren, dass sich dieses visuelle Kernelement der Markenbildwelt nicht aus der Marke bzw. einer Markenidee selbst heraus ergibt, sondern erst im Rahmen einer kreativen Kommunikationsidee entwickelt wurde: Insofern ist eine mangelnde inhaltliche Integration von Markennamen und -zeichen auf der einen und Schlüsselbild auf der anderen Seite festzustellen, wenngleich diese Elemente aufgrund der Farbgebung eine formale Beziehung zueinander aufweisen. Im Ergebnis aber verkörpert der Markenname Arcor originär weder eine Idee, noch unterstützt er den Aufbau eines inneren Markenbildes, sondern wird erst durch eine kreative, nicht zwingend vorhandene Kommunikationsidee aufgeladen. Mit anderen Worten: Nicht die Marke, sondern die Markenkommunikation bestimmt den visuellen Markenauftritt. Wenngleich dies im vorliegenden Fall erfolgreich gelungen scheint, bleibt festzuhalten, dass es sich hierbei nicht um das Resultat eines integrierten Branding Prozesses handelt, was unter dem in den Hypothesen postulierten Aspekt der Kommunikationseffizienz einer Marke mit gewissen Risiken behaftet sein kann (defizitäre Markenwirkung, Abhängigkeit von Werbeagentur etc.). 11 12 Kicker Sportmagazin 2002, S. 18. Vgl. Thiemann 1999. 154 Kapitel D 2.2 debitel: Vom Unternehmensnamen zum Markennamen 2.2.1 Das Unternehmen im Kurzprofil debitel wird 1991 als Gemeinschaftsunternehmen der heutigen DaimlerChrysler-Services (debis) sowie der Metro Holding AG gegründet, um als private und netzunabhängige Telefongesellschaft Mobilfunkdienste zu vermarkten.13 Seit der Liberalisierung des deutschen Festnetzmarktes im Januar 1998 bietet debitel ergänzend innovative Dienste und Anwendungen im Festnetz- und Internet an. Mit rund 10 Millionen Kunden und eigenen Gesellschaften in Frankreich, Dänemark, Slowenien und den Niederlanden ist debitel der größte netzunabhängige Service Provider Europas und der drittgrößte Mobilfunkanbieter Deutschlands.14 debitel Kurzprofil Unternehmen debitel AG, Stuttgart Gesellschafter Marktstart Tochterunternehmen/ Beteiligungen Geschäftszweck Zielgruppe Geschäftsfelder/ Dienstleistungsangebot Permira (96%) free float (4%) Januar 1992 debitel Nederl and B.V. debitel France S.A. debitel Danmark A/S debitel Telekomunikacije, d.d. Ljubljana debitel Espana S.A debitel Austria Kommunikationstechnik GmbH debitel Vertriebs GmbH debitel Multimedia GmbH Dangaard Telecom Holdi ng A/S Midray GmbH paybox.net AG jamba! AG Service Provider (ohne eigenes Netz) Privat- und Geschäftskunden Konvergenzprodukte aus Mobilfunk Festnetz Internet Kennzahlen 2003/2004 Umsatz: 3,0 Mrd. EUR Kunden: 10,3 Mio. Mitarbeiter: 3.100 Vertrieb Abb. D-5: Direktvertrieb über ca. 100 debitel-Center Ca. 6000 Verkaufsstellen über Vertriebspartner in Fachhandel und Großfläche (Media Markt, Saturn, METRO, Kaufhof etc.) debitel: Kurzprofil Nach dem Börsengang 1999 wird debitel im gleichen Jahr von der Swisscom AG durch Erwerb der Aktienmehrheit übernommen. Im April 2004 wiederum 13 14 Vgl. debitel 1999b, S. 17. Vgl. debitel 2003a, S. 5 f. Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis 155 kauft die luxemburgische, von dem europäischen Private Equity-Unternehmen Permira gesteuerte Telco Holding S.à.r.l. die Swisscom-Anteile und ist seitdem mit 96 Prozent Mehrheitsaktionär. Als selbständig agierendes Unternehmen nutzt debitel die Kapazitäten der Netzbetreiber D1, D2 und E-Plus, um deren Produktpalette anzubieten und eigene Produkte und Dienste zu entwickeln. debitel investiert nicht in Netze, sondern konzentriert sich auf seine Kernkompetenzen: das Angebot mobiler und multimedialer Dienste über ein mit rund 6000 Verkaufsstellen außerordentlich dichtes Vertriebsnetz. Heute sieht sich das Unternehmen als Enhanced Service Provider (ESP), als „Anbieter ausgereifter Mehrwert-Dienstleistungen rund um die Telekommunikation“.15 Ziel ist es, dieses bei der Mobilfunkgeneration GSM erfolgreiche Geschäftsmodell weiter auszubauen und auf UMTS zu übertragen. Damit sichere sich das Unternehmen seine Teilnahme an diesem Zukunftsmarkt, ohne die erheblichen finanziellen Belastungen für Lizenzgebühren und Netzinfrastruktur tragen zu müssen. Mit den wichtigsten deutschen UMTS-Netzbetreibern Vodafone D2, T-Mobile und E-Plus hat debitel Verträge abgeschlossen, die den Zugang zu UMTS langfristig gewährleisten.16 2.2.2 Entwicklung der strategischen Positionierung der Marke debitel Die Marke debitel gehört - ähnlich wie Arcor auf dem Festnetzmarkt - zu den Pionieren des Mobilfunksegments. Gegründet als strategisches Geschäftsmodell, vereint das Unternehmen in der Anfangsphase die exzellente Managementkompetenz des damaligen Daimler-Benz-Konzerns mit der umfassenden Vertriebskompetenz der Metro-Gruppe und profitiert von dieser entscheidenden Weichenstellung bis heute. In dieser frühen Marktphase, in der mobile Kommunikation noch keine Selbstverständlichkeit ist, fokussiert das Unternehmen primär das Business-Segment. Die Themen Marke und Positionierung spielen daher noch bis Ende der 90er Jahre eine gänzlich untergeordnete, von debitel möglicherweise unterschätzte Rolle. Vor dem Hintergrund einer bis dahin undifferenzierten und unklar positionierten Marke mit geringer Bekanntheit ändert debitel „im Hinblick auf zukünftige Marktveränderungen“ im Jahr 2000 seine Positionierungsstrategie.17 Das Ziel bestehe darin, aufgrund der zunehmenden Sättigungstendenzen des Mobilfunkbereichs und des hieraus entstehenden Verdrängungswettbewerbs neben 15 16 17 debitel 2003a, S. 5. Vgl. Swisscom 2003, S. 38 f. debitel 2001, S. 11. Nach eigenen Angaben verfügte debitel Ende 2000 noch immer über einen „sich stabilisierenden“ Bekanntheitsgrad von 50 Prozent in der Gesamtbevölkerung und von rund 66 Prozent in der fokussierten Zielgruppe der 14 bis 49jährigen (vgl. a.a.O.). Nach einer Untersuchung von TNS emnid verfügen die Netzbetreiber bei deutschen Mobilfunknutzern ab 14 Jahren über eine signifikant höhere Bekanntheit (gestützte Erinnerung T-D1: 97%; Vodafone D2: 97 %; E-Plus: 96%; Viag Interkom: 88%) als Service Provider (gestützte Erinnerung Talkline: 50%). Vgl. hierzu Zütphen 2002, S. 23. 156 Kapitel D der Akquisition lukrativer Kunden die emotionale Bindung bestehender Kunden zu erhöhen. Nach Angaben ihres Vorstandsvorsitzenden Peter Wagner investiere debitel folglich „massiv in den Aufbau einer differenzierenden und klar positionierten Marke“18. Im Ergebnis solle debitel als Dienstleistungsmarke etabliert und im Wettbewerb, insbesondere unter den Netzbetreibern, differenziert wahrgenommen werden können. Diese Differenzierung solle über die Positionierung der debitel als „objektiver Kommunikationsexperte“ erreicht werden, welche die Marktstellung als netzunabhängiger Anbieter unterstreiche. Entsprechend wird die Soll-Positionierung debitels auf die leistungsbezogenen Attribute unabhängig, kompetent („best in class“), objektiv und international, aber auch auf die emotionalen Konnotationen kundenorientiert und sympathisch ausgerichtet.19 2.2.3 Entwicklung des Auftritts der Marke debitel Zur Umsetzung dieser Repositionierung wird im September 2000 eine neue Kommunikationsstrategie entwickelt. Der Ausgangspunkt des Markenauftritts bleibt der unveränderte Markenname sowie das bestehende Markenzeichen, dass nunmehr farblich konstant kommuniziert wird. Der Markenname resultiert aus der Gründungsphase und gibt mit den Silben „debi“ (debis) und „tel“ einen Hinweis auf Herkunft und Branche des Unternehmens. Zur werblichen Inszenierung und zur Vermarktung von debitel-Dienstleistungen kommt die schwarzgrüne Wortbildmarke mit dem Claim „Kommunikation ist alles“ zum Einsatz. Zur Präsentation des Unternehmens, beispielsweise auf Messen, in Halbjahresversammlungen oder auf Geschäftspapieren, kommt allein das Logo zum Einsatz. Das Markenzeichen ist seit Unternehmensgründung nahezu unverändert, wurde aber in der Vergangenheit formal flexibler kommuniziert, beispielsweise auf blauem Grund.20 Als Schlüsselbild der neuen Markenkommunikation fungiert eine Schlüsselsituation, in der sich jeweils in schwarzweiß zwei oder mehr Personen in einer stilisierten Bildwelt mit grünem Bildvordergrund unterhalten (Abb. D-6): Das Schlüsselbild wird somit zum zentralen visuellen Element des Markenauftritts und stellt aufgrund der Farbwahl eine formale Verbindung zur Wortmarke her. Die Positionierung der debitel soll so „mit kurzen, klaren, sympathischen und humorvollen Dialogen vermittelt werden. Denn, wenn es um Kommunikation geht, solle auch das Gespräch im Mittelpunkt der Werbung stehen.“21 Vorherige Visualisierungsversuche gehören damit der Vergangenheit an: Hier wurden die Wortbildmarke auf einer Telefonkarte abgebildet oder Menschen, insbesondere Mitarbeiter, mit einer debitel-Telefonkarte gezeigt 18 19 20 21 debitel 2001, S. 6. Vgl. debitel 2001, S. 11. Vgl. hierzu exemplarisch debitel 1999b; 1999c. debitel 2003b. Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis 157 debitel „Kommunikation ist alles“ Abb. D-6: debitel: Schlüsselsignale der Marke Die durch die Schlüsselsignale Namen, Zeichen, Schlüsselbild entstehende Markenbildwelt ist somit gleichzeitig der Kern der Markenkommunikation (Abb. D-7). Werbeanzeigen und TV-Spots sind auf Dialoge innerhalb des dargestellten Schlüsselbilds reduziert, die in einfacher Form wechselnde leistungsbezogene oder emotionale Botschaften vermitteln sollen. Die formale Integration des Kommunikationsauftritts setzt sich darüber hinaus in der Gestaltung von Online-Werbeformen (Homepage, Banner, Trailer etc.) fort, die farblich konsequent auf die Grundfarben abgestimmt sind und somit den Wiedererkennungseffekt der Marke unterstützen. Außerhalb der klassischen Werbung erfolgt die Markenkommunikation im Rahmen von Sportsponsoring (Fußball, Inlineskating) und gesellschaftlich-sozialen Engagements (z. B. „PCs für Förderschulen”). Die Auswahl der Sponsoringund Förderungsinitiativen soll dabei in engem Bezug zum Claim der Marke stehen und die Positionierung des Unternehmens stützen. Als Haupt- und Trikotsponsor des Bundesligisten VfB Stuttgart sieht debitel diese Gemeinsamkeit auch bei Telekommunikation und Fußball: „Beide fördern die Kommunikation. Der Fußball bringt Menschen zusammen - im Stadion, vor dem Fernseher, am Stammtisch, in den Familien. debitel bringt Menschen zusammen - über die mobile Kommunikation und über das Internet.“22 22 debitel 2003c. 158 Kapitel D ; Abb. D-7: debitel: Werbekampagne (Print) 2002, 2004 2.2.5 Kritische Kurzbewertung debitel ist ein exemplarisches Beispiel dafür, dass ein bestehender Unternehmensname zu einem Markennamen ausgebaut werden soll: Nicht der Marke als solcher, sondern vielmehr der Markenkommunikation kommt in dieser Situation eines nachgebesserten Markenauftritts die Funktion zu, Inhalt und Werte der Marke bzw. der Positionierung zu vermitteln. Im Ergebnis gelingt debitel jedoch nur eine hohe formale Integration der Schlüsselsignale. Das Schlüsselbild hat aufgrund der formalen Geschlossenheit hinsichtlich Farbgebung und Schriftwahl einen hohen Wiedererkennungseffekt, besitzt gleichzeitig einen hohen Variabilitätsgrad und einen gewissen Unterhaltungswert. Das Bindeglied zwischen den Schlüsselsignalen Markenzeichen und Schlüsselbild sowie den ergänzenden Kommunikationsmaßnahmen ist das konsequent standardisierte, farbliche Erscheinungsbild der debitel: grün-weiß. Für diese Leistung erhielt debitel 2002 eine Auszeichnung im Rahmen des Deutschen Preises für Wirtschaftskommunikation.23 Die Schwächen der Markenkommunikation offenbaren sich aus kognitionspsychologischer Perspektive an anderer Stelle, nämlich in Bezug auf die mangelnde inhaltliche Integration der Markenbildwelt: Weder der Markenname 23 Vgl. Deutscher Preis für Wirtschaftskommunikation 2002. Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis 159 noch das Markenzeichen sind aufgrund ihrer Abstraktheit und technischen Kälte geeignet, ein nachhaltiges inneres Vorstellungsbild über die Marke entstehen zu lassen. Name und Zeichen sind daher auch nicht in der Lage, einen originären Beitrag zur Vermittlung der angebotsbezogenen oder emotionalen Positionierung zu leisten. Diese Problematik findet sich regelmäßig bei Anbietern wieder, deren Name in einer frühen Marktphase aus der Notwendigkeit entstanden ist, ein Unternehmen benennen zu müssen. Sofern nicht im Rahmen einer strategischen Markenneuausrichtung der Name durch eine kreative Leitidee in einen neuen Kontext24 gestellt oder ein neuer Markenname25 etabliert wird, stellen sich nachträgliche Kommunikationsstrategien als reine Aufladungskampagnen dar, ohne eben - wie im vorliegenden Fall - eine inhaltliche Integration der Markenbildwelt bewirken zu können. So ist das debitel-Schlüsselbild „Kommunikation“ - ähnlich wie bei Arcor, aber bei weitem nicht so kreativ und prägnant umgesetzt26 - nur formal an die Schlüsselsignale Name und Zeichen angehängt, ohne eine ein- oder wechselseitige inhaltliche Beziehung aufzubauen. So bleibt der Markennamen debitel als Markenhülle bestehen, ohne eine kreative Markenidee vermitteln zu können. Ein weiterer Kritikpunkt scheint bei der Positionierung angebracht: Positionierungstechnisch ist debitel sowohl in der Leistungsbreite wie auch in der Zielgruppenausrichtung auf den Gesamtmarkt Telekommunikation ausgerichtet und daher wenig fokussiert. Leistungs- und zielgruppenbezogen stellt sich die Positionierung daher als eine „Alles für jeden“-Strategie dar, die sich schließlich in dem beliebigen und daher austauschbaren Claim „Kommunikation ist alles“ manifestiert. Als leistungsbezogenes Differenzierungsargument dramatisiert debitel als Service Provider vor allem seine Marktposition im Wettbewerb: Objektivität durch Netzunabhängigkeit. Hier darf bezweifelt werden, inwieweit eine Beratungsleistung im Vorfeld eines standardisierten Dienstleistungsvertrags ein tatsächliches und relevantes Nutzenversprechen - zumal auf dem zunehmend gesättigten Mobilfunkmarkt - darstellt, das sich zur Profilierung und Alleinstellung der Marke eignet. 24 25 26 Vgl. hierzu die Fallstudie zu E-Plus im folgenden Kapitel. Vgl. hierzu Kapitel E 1.3.2. Zwar gelingt es debitel, mittels der beschriebenen formalen Strenge eine Bildwelt aufzubauen, ihre Bedeutung erhält sie allerdings erst im konkreten Zusammenwirken mit textlich präsentierten Dialoginhalten. Als rein visuelle Komponente scheint das Schlüsselbild „Gespräch“ daher auch zu wenig konkret, um für den effizienten Aufbau visuellen Markenwissens geeignet zu sein. 160 Kapitel D 2.3 E-Plus: Repositionierung und Relaunch der Markenbildwelt 2.3.1 Das Unternehmen im Kurzprofil Als erster E-Netzbetreiber mit Markstart im Jahre 1994 ist E-Plus einer der Pioniere und „Traditionsunternehmen“ des deutschen Telekommunikationsmarktes. Der Mobilfunkanbieter gehört seit Februar 2000 zur niederländischen KPNGruppe, einem international aufgestellten Telekommunikations-Dienstleister, der in sämtlichen Segmenten des Marktes vertreten ist.27 Die Marke E-Plus bleibt von dieser Übernahme unberührt. Mit mehr als 8 Millionen Kunden und einem Marktanteil von etwa 13 Prozent zählt E-Plus nach T-Mobile und Vodafone zu den Main Playern des deutschen Mobilfunkmarktes. Etwa Dreiviertel des Bundesgebietes werden über die mehr als 12.000 Sendestationen des engmaschigen GSM-1800-Mobilfunknetzes abgedeckt, womit 98,7 Prozent der Gesamtbevölkerung erreicht werden.28 E-Plus Kurzprofil Unternehmen E-Plus Service GmbH & Co.KG, Potsdam Gesellschafter KPN Mobile N.V. Marktstart Geschäftszweck Zielgruppe 1993 (als E-Plus Mobilfunk GmbH) Netzbetreiber Mobilfunk: Errichtung und Betrieb eines bundes weiten digitalen zellularen Mobil funknetzes (E-Netz) auf der Basis von GSM 1800 (High Quality Netzstandard), GPRS und UMTS Privat- und Geschäftskunden Geschäftsfelder/ Dienstleistungsangebot Voice/ Non-Voice-Services Business Solutions Wholesale Mobile Advertising Kennzahlen 2003 Umsatz: 2,5 Mrd. EUR Betriebsergebnis: 620 Mio. EUR Kunden: 8,2 Mio. Mitarbeiter: 2.950 Vertrieb Abb. D-8: Direktvertrieb über ca. 140 E-Plus-Shops deutschlandweit sowie Internet Indi rekter Vertrieb über Service Provider (Alphatel, debitel, mobilcom, Talkline, Telco, The Phone House, VictorVox) E-Plus: Kurzprofil29 2.3.2 Strategische Repositionierung der Marke E-Plus Seit seiner Gründung zeichnet sich die Marke E-Plus stets durch hohe Sympathiewerte aus, übte aber in der Vergangenheit als „Hausfrauen- und Studen27 28 29 Vgl. KPN 2003, S. 14. Vgl. KPN 2003, S. 22. Vgl. hierzu KPN 2003. Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis 161 tennetz“ wenig Anziehungskraft auf profitable Mobilfunknutzer aus.30 Vor diesem Hintergrund entscheidet sich E-Plus Anfang 2003 zu einer Neupositionierung der Marke, in deren Mittelpunkt vier Grundaussagen stehen: „(1) Wir bieten unseren Kunden Produkte an, die einfach zu verstehen sind. (2) Wir versuchen, immer ein wenig mehr für's Geld zu bieten und liefern, was wir versprechen. (3) Wir wollen menschlicher, sprich näher am Kunden sein und erfahren, was unsere Kunden wünschen. (4) Und wir suchen die Herausforderung, indem wir den Markt und unsere Kunden mit innovativen Produkten überraschen.“31 Durch diese Leitwerte solle sich die Marke emotional und dienstleistungsbezogen gegen die etablierten Wettbewerber (T-Mobile, Vodafone) wie auch gegen den ambitionierten „Nachzügler“ O2 abgrenzen.32 Gleichzeitig sollen die Kunden E-Plus als noch sympathischer, ansprechender und „anfassbarer“ erleben. „Die Neupositionierung der Marke untermauert unsere Strategie, die starke Marktposition von E-Plus weiter auszubauen. Dabei geht es darum, bestehende Kunden zu binden und neue Kunden zu überzeugen.“33 Entsprechend werden als Zielgruppe alle potentiellen E-Plus-Kunden (Kunden der Wettbewerber) sowie alle E-Plus-Bestandskunden angesprochen, wobei potentiell profitable Privatkunden (technikbegeisterte Medienpioniere, pragmatische Vieltelefonierer, „Handyjugendliche“) im Mittelpunkt des Interesses stehen. Die Umsetzung der Positionierung basiert auf der Markenidee „Ein Plus verbindet“, die den Urgedanken von Kommunikation formuliert.34 Diese kreative Leitidee soll zum Ausdruck bringen, dass die „neue“ Marke - im Unterschied zu diversen Wettbewerbern - nicht primär für den „aufgeregten“ Umgang mit neuer Technik und Produkten um der Innovation willen steht, sondern stärker eine emotionale Seite der mobilen Kommunikation betont: „E-Plus will nicht nur Handys und Tarife verkaufen. E-Plus ermöglicht es den Menschen zusammenzukommen, Spaß zu haben, Probleme und Glück zu teilen.“35 Kundenbedürfnisse, an denen sich Technologien und Innovationen auszurichten haben, rücken ins Zentrum des eigenen Markenverständnisses. 2.3.3 Relaunch der virtuellen E-Plus-Markenbildwelt Die Umsetzung der Markenidee erfolgt durch einen Relaunch der E-PlusMarkenbildwelt (Abb. D-9) mit der Zielsetzung, die neue Positionierung von EPlus zu kommunizieren und das Image der Marke in genau definierten Facetten deutlich zu profilieren.36 Im Mittelpunkt steht dabei ein Pluszeichen als 30 31 32 33 34 35 36 Vgl. Gesamtverband Kommunikationsagenturen (GWA) 2004, S. 383 f. E-Plus 2004a. GWA 2004, S. 384. Uwe Bergheim, Chief Executive Officer von E-Plus, zitiert nach E-Plus 2003a. Der neue Markenauftritt wurde von der Hamburger Werbeagentur KNSK entwickelt. GWA 2004, S. 385. GWA 2004, S. 384. 162 Kapitel D Schlüsselsymbol der Marke, das als verbindendes Element die Kommunikationsidee visualisiert und grundsätzlich ein „Mehr“ symbolisiert: mehr Kundennähe, mehr Leistung, mehr Neues oder kurz: 37 „Mehr als Andere“. Im Rahmen des Relaunch wird das Pluszeichen gleichzeitig in das Markenzeichen integriert und stellt so den bestehenden Markennamen, der historisch bedingt die Eigenschaft des Anbieters als Betreiber des so genannten E-Netzes beschreibt, in einen neuen Kontext. E-Plus „Ein Plus verbindet“ Abb. D-9: E-Plus: Schlüsselsignale der Marke 2.3.4 Kommunikation der Marke Die kommunikative Umsetzung der Markenidee erfolgt seit April 2003 in einem breit angelegten Kommunikationsmix aus Plakat-, Anzeigen-, TV- und sonstiger Werbung. Den Schwerpunkt der ersten Kampagne bilden Printmotive und ein TV-Spot, die bildstark und emotional die Qualität und Kompetenz der Marke E-Plus verdeutlichen sollen: Der TV-Spot zeigt, unterlegt mit dem BeatlesSong "Hello, Goodbye", Menschen, die in unterschiedlichen Situationen durch ein vignettenhaftes Pluszeichen verbunden werden. Auch die Printmotive, die in Publikumszeitschriften und überregionalen Tageszeitungen geschaltet werden, zeigen jeweils zwei Personen, die durch ein Plus verbunden sind (Abb. D- 37 GWA 2004, S. 385. Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis 163 10, oben links). Damit transportiert die Kampagne die Markenidee, dass der Mobilfunk inzwischen zu einem wichtigen sozialen Bindeglied geworden ist: „Es verbindet die Menschen nicht nur technisch, sondern auch sehr emotional.“38 Die Integration des Pluszeichens als Schlüsselsymbol sowie der Claim "Ein Plus verbindet" sollen dabei für die Rolle der Marke stehen, Menschen durch mobile Kommunikation miteinander zu vernetzen und ihr Leben damit zu bereichern. Abb. D-10: E-Plus: Werbekampagnen Print (oben links), Internet (unten links), TV (rechts) Das Schlüsselsymbol steht auch im Mittelpunkt weiterer Kampagnen,39 in denen Menschen wiederum durch ein Pluszeichen verbunden oder im unmittelbaren Umfeld eines Pluszeichens gezeigt werden. Das Zeichen erscheint allerdings nicht mehr als Vignette im Rahmen eines collagierten Alltagsmotivs, sondern entsteht abstrahiert als dramatisierte Form unmittelbar aus dem konkreten Bildzusammenhang: So werden etwa Fensterkreuze, Straßenkreuzun38 39 BBDO Germany 2004. Vgl. E-Plus 2003b, 2004b. 164 Kapitel D gen oder sonstige kreuzähnliche Formen als Pluszeichen interpretiert, die Menschen umgeben oder verbinden. Das originäre E-Plus-Pluszeichen erscheint lediglich innerhalb des Claims und der Wortbildmarke (Abb. D-10, rechts). Diese Kampagne betont noch einmal stärker die Motive Mensch, Emotion und Leidenschaft und präsentiert die Marke als Selbstverständlichkeit im Alltagskontext. Während im Rahmen der Kampagne „unter dem Jahr“ primär neue Tarife kommuniziert werden, wird der Werbeeinsatz in der vertriebsstarken Weihnachtszeit auf imagewirksame Botschaften konzentriert.40 Durch die anlassbezogene Nutzung von zeitgemäß interpretierten und im kollektiven Wahrnehmungshaushalt verankerten Bildmotiven (etwa ein Paar vor einem Weihnachtsbaum) trägt die Kampagne so deutlich zur Emotionalisierung und Aktualisierung der Marke bei (Abb. D-10, unten links). 2.3.5 Kritische Kurzbewertung Vor dem Hintergrund der konzeptionellen Ergebnisse dieser Arbeit zeigt die Repositionierung der Marke E-Plus und deren Umsetzung interessante Aspekte mit Blick auf den Aufbau innerer Markenbilder: Die Entwicklung der die NeuPositionierung verbalisierenden Leitidee „Ein Plus verbindet“ kann dahingehend interpretiert werden, dass ausgehend von einem eher technisch besetzten Markennamen Anknüpfungspunkte zu dessen Visualisierung gesucht und gefunden wurden. Im Ergebnis entsteht eine Markenbildwelt, in deren Zentrum das Pluszeichen als das alles verbindende Schlüsselsymbol steht. Die Korrektur bzw. Ergänzung des Markenzeichens durch das Pluszeichen bewirkt eine integrierende, sich gegenseitig unterstützende Wirkung der drei Schlüsselsignale Markenname, Markenzeichen und Schlüsselbild. Die Qualität dieses Service-Re-Branding ist dabei um so höher einzuschätzen, da es an einem bestehenden Markennamen ansetzt, der durch eine neue Interpretation in einen innovativen Gesamtkontext gestellt und zu einem integralen Bestandteil einer neuen, virtuellen Markenbildwelt wird. Diese Bewertung wird durch den empirisch nachgewiesenen Erfolg der Marken-Repositionierung und ihrer Umsetzung bestätigt:41 Im Rahmen einer psychologischen Marktstudie des Instituts IFM im April 2004 ist eine deutliche Stärkung des Images von E-Plus in Richtung der gewünschten Dimensionen festgestellt und dem neuen Markenauftritt im Wettbewerbsvergleich die positivste Wirkung zugeschrieben worden. Auf quantitativer Ebene manifestiert sich der Erfolg in verschiedenen Bereichen: So stieg seit Beginn des neuen Markenauftritts die spontane Werbeerinnerung auf 27 Prozent und liegt damit deutlich vor den Wettbewerbern T-Mobile (17 Prozent) und Vodafone (21 Prozent). Die Effizienz des Markenauftritts bestätigt sich vor dem Hintergrund des Budgets: So musste etwa Vodafone für die gleiche durchschnittliche Werbeer40 41 Vgl. GWA 2004, S. 385. Vgl. zum Folgenden GWA 2004, S. 385 ff. Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis 165 innerung 2003 47 Prozent mehr investieren. Gleichzeitig gelang E-Plus als einzigem Mobilfunkanbieter in 2003 eine Steigerung der Kaufbereitschaft: Sowohl der „Relevant Set“ als auch die „Forced Choice“ konnten gegenüber den Konkurrenzmarken signifikant gesteigert werden. E-Plus stellt damit ein interessantes Beispiel für die Möglichkeit dar, von einem vorhandenen Markennamen ausgehend durch die Entwicklung einer herausragenden kreativen Leitidee und der entsprechenden Gestaltung und Korrektur der Schlüsselsignale eine erfolgreiche, virtuelle Markenbildwelt zu generieren, die konsumentenseitig die nachhaltige Verankerung eines inneren Markenbildes unterstützt . 2.4 mobilcom: Service Branding in der Krise 2.4.1 Das Unternehmen im Kurzprofil42 Trotz einer noch nicht allzu langen Historie blickt die mobilcom AG auf eine bewegte Vergangenheit zurück. Im Jahre 1991 von Gerhard Schmid in Schleswig als mobilcom Communicationstechnik GmbH „aus dem Nichts“43 gegründet, tritt das Unternehmen am Markt zunächst als reiner Mobilfunk Service Provider auf. Nach der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft 1996 erfolgt im März 1997 der Börsengang: mobilcom gehört damit zu den Pionieren und anfänglichen Outperformern des Neuen Marktes. mobilcom Kurzprofil Unternehmen Marktstart Geschäftszweck Zielgruppe mobilcom AG, Rendsburg-B üdelsdorf 1991 (als mobilcom Communicationstechnik GmbH) Service Provider (ohne eigenes Netz): Konzentration auf die Vermarktung von Mobilfunk verträgen für di e Netzbetreiber T-Mobile, Vodafone, E-Plus und O2. Privat- und Geschäftskunden Geschäftsfelder/ Dienstleistungsangebot Voice/ Non-Voice-Services Business Solutions Wholesale Mobile Advertising Kennzahlen 2003 Umsatz: 1,8 Mrd. EUR Betriebsergebnis: 160 Mio. EUR Kunden: 4,2 Mio. Mitarbeiter: 2.970 Vertrieb Besonderheiten Direktvertrieb: Shopkette (Franchise-System) Indi rekter Vertrieb: Vertriebspartnerschaften mit Fachhändlern Im Geschäftsbereich Festnetz/Internet ist die 76prozentige Tochtergesell schaft freenet.de AG akti v. Abb. D-11: mobilcom: Kurzprofil 42 43 Vgl. zum Folgenden SES Research 2003; mobilcom 2003. Dreykluft 2002. 166 Kapitel D Der Einstieg in das Festnetz- und Internetgeschäft erfolgt 1998 und nur ein Jahr später wird das Tochterunternehmen freenet.de AG ebenfalls an den Neuen Markt gebracht. Als weiteres Tochterunternehmen wird der Service Provider Cellway, ursprünglich entstanden aus einer Fusion der Unternehmen Proficom, Martin Dawes und Axicon, von France Telecom übernommen und als eigenständige Fachhandelsmarke aufgebaut. Im Jahr 2000 beteiligt sich der französische Staatskonzern France Telecom zu 28,5% an der mobilcom AG mit der Absicht, gemeinsam gegen den Konkurrenten Deutsche Telekom in das UMTS-Geschäft einzusteigen. Entsprechend ersteigert die gemeinsam gegründete mobilcom Multimedia GmbH im August 2000 eine UMTS-Lizenz auf dem deutschen Markt zu einem Preis von 8,4 Mrd. EUR. Das Jahr 2002 wird zum Jahr der Krise und des Neubeginns: Aufgrund von Meinungsunterschieden über UMTS-Geschäftspläne kündigt die hochverschuldete France Telecom überraschend und einseitig den Vertrag mit mobilcom auf und es folgt die Abberufung von Gerhard Schmid als Vorstandsvorsitzendem. Kurz darauf stellt France Telecom die Zahlungen an mobilcom ein. Nur durch eine Soforthilfe der Kreditanstalt für Wiederaufbau wird die drohende Insolvenz abgewendet, die Unterstützung eines Bankenkonsortiums ermöglicht schließlich die Einleitung einer Konzernsanierung. Im Jahr 2003 gelingt die Rückkehr des angeschlagenen Providers in die schwarzen Zahlen: Anfang 2003 befreien die France Telecom-Aktionäre die mobilcom AG von der Last der UMTS-Schulden. Ebenfalls wird durch die Platzierung von 3,75 Millionen freenet-Aktien weiterer Gestaltungsspielraum gewonnen, der die Tilgung der Rettungskredite sowie die Rückgabe von Bundes- und Landesbürgschaften ermöglicht. Mit einer ertragsorientierten Wachstumsstrategie und strenger Kostendisziplin belegt mobilcom 2004 - nach debitel - Platz zwei unter den Service Providern. 2.4.2 Entwicklung der strategischen Positionierung der Marke mobilcom Nach Höhenflug, Absturz und Sanierung steht die aktuelle Positionierung mobilcoms ganz im Zeichen der Konsolidierung: Es gilt vor allem, verlorenes Vertrauen der Anleger und Kunden zurückzugewinnen, um eine Basis für weitere Aktivitäten zu schaffen. Das Image der Marke wird dabei allerdings noch nachhaltig von der wechselhaften Unternehmensvergangenheit beeinflusst: In den 90er Jahren verfolgte mobilcom eine klare, wenn auch nicht ganz unabhängige Markenstrategie: Bezugspunkt war die Deutsche Telekom, zu welcher der Unternehmensgründer einen Gegenpart schaffen wollte. Mit preisaggressiven Marktbearbeitungsstrategien und Aufsehen erregenden Werbescharmützeln mit dem Ex-Monopolisten44 sollte mobilcom dem Bekunden Schmids zufolge 44 Während etwa der Schauspieler Manfred Krug als Testimonial für die Deutsche Telekom aktiv war, präsentierte mobilcom in einer Kampagne Telefonrechnungen von Manfred Krug, die den Eindruck erwecken sollten, dieser telefoniere privat über mobilcom (vgl. Abb. D-13 links). Erst ge(Fortsetzung der Fußnote auf der nächsten Seite) Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis 167 zum „Mobilfunk-Aldi“ der Branche werden.45 Unter dem Claim „Preise verändern die Welt“ galt die 01019-Vorwahlnummer bald darauf als Synonym für günstiges Telefonieren, selbst wenn mobilcom bald teurer war als mancher Konkurrent.46 Gleichzeitig aber wurde das Unternehmensimage immer auch durch einen Touch der Unseriosität belastet, der sich schließlich in den Verwicklungen um die UMTS-Geschäfte und die Beinahe-Insolvenz bestätigte. Vor diesem Hintergrund steht mobilcom vor der Herausforderung der strategischen Neuausrichtung. Die Unternehmensführung hat dazu in einem ersten Schritt die Zwei-Marken-Strategie aufgegeben und nutzt seit Ende 2003 den ehemaligen Cellway Fachhandel zum Vertrieb der identischen Dienstleistungen von mobilcom. Diese Konzentration vermeidet die Notwendigkeit doppelter Kampagnen und ermöglicht, dass sämtliche Werbemaßnahmen auch dem Fachhandel zugute kommen.47 Inhaltlich will sich mobilcom als seriöser Anbieter positionieren und auf Kundennähe durch Beratung und Service zurück besinnen. Eine von mobilcom in Auftrag gegebene, repräsentative Studie des Marktforschungsinstituts FORSA hatte ergeben, dass 93 Prozent der Mobilfunkkunden Wert auf kompetente Beratung legen und 86 Prozent auf einen Verkäufer, der sich Zeit nimmt. 78 Prozent erwarten, dass Produkte und Dienste vor Ort getestet werden können und der Verkäufer sie zu Tarifen berät.48 „Die Ergebnisse der Befragung sind für uns eine Verpflichtung, im deutschen Markt einen neuen Standard zu etablieren, der verbesserte Beratung und Service mit Kundennähe und innovativen Produkten verknüpft.“49 Man setze nun nicht mehr auf hohe Stückzahlen, sondern auf Qualität. Die neue strategische Ausrichtung sei entsprechend auf Wert gerichtet, das heißt auf höhere Umsätze pro Kunde und mehr Gewinn.50 2.4.3 Der neue Auftritt der Marke mobilcom Als „ein Signal nach außen und innen sowie als Startschuss der neuen Positionierung“51 wird unter Beibehaltung des Markennamens Anfang 2003 zunächst ein neues Markenzeichen vorgestellt: Farblich formal an die vorherige Wortmarke angelehnt (rot-weiß), erscheint die typografische Gestaltung des neuen Logos einfacher und moderner. Gegenüber der alten Schreibweise wird der Firmenname nun klein geschrieben: mobilcom statt MobilCom. Im Unterschied zu früher tritt die Marke bislang ohne wirkliches Schlüsselbild und Claim auf. 45 46 47 48 49 50 51 gegen Ende der Kampagne wurde ein namensgleicher „Manfred Krug, Architekt“ vorgestellt. In einer Gegenkampagne des Ex-Monopolisten prägte der „richtige“ Manfred Krug dann den Begriff der „MogelCom“, der dem Unternehmen lange Zeit als Spitzname anhaftete. Vgl. Gajek 2004. Vgl. Nicolai 2002. Vgl. Gajek 2004. Vgl. mobilcom 2004. mobilcom 2004. Vgl. Winter 2004. Thorsten Grenz, CEO mobilcom AG, zitiert nach o.V. Heise 2003. 168 Kapitel D Schlüsselbild: nicht vorhanden Mobilcom Claim: nicht vorhanden Abb. D-12: mobilcom: Schlüsselsignale der Marke Die Kommunikation der Marke erfolgt bisher ohne starken Werbedruck. In der Print-Kampagne wird versucht, die Positionierung der Kundennähe mit Hilfe konstanter Bildmotive („Menschen unter blauem Himmel“) zu vermitteln und das Nutzenversprechen einer individuellen Beratung in den Vordergrund zu rücken (Abb. D-13). Außerhalb der werblichen Markenkommunikation bildet der Ende 2004 eröffnete Flagship-Store am KaDeWe in Berlin das Kernstück des Markenauftritts: In diesem Mobilfunk-Shop der neuen Generation können Apparate an einer Test-Theke ausprobiert werden, die Produktinformationen werden automatisch auf moderne Plexiglasträger projiziert. Mit dem neuen Konzept will mobilcom seinen Kompetenzanspruch im Bereich Service und Beratungskompetenz unter Beweis stellen.52 52 Vgl. mobilcom 2004. Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis 169 Abb. D-13: mobilcom: Werbekampagnen in der Startphase (links) und nach Sanierung des Unternehmens 2.4.4 Kritische Kurzbewertung Dem Auftritt der Marke mobilcom, der im Vergleich zur „alten MobilCom“ tendenziell versachlicht ist, ist deutlich anzumerken, dass er (noch) unter starkem Kosten- und Veränderungsdruck stattfindet. Insofern erscheint es nicht sinnvoll, zum jetzigen Zeitpunkt eine abschließende Beurteilung vorzunehmen. Dennoch aber offenbart der bisherige Markenauftritt vor dem Hintergrund der Unsichtbarkeit der Marktleistungen zentrale Mängel und wirft - gerade im situativen Kontext - kritische Fragen auf: Ähnlich wie im Falle debitel stellt der technisch-konstruierte Markenname mobilcom lediglich eine Unternehmensbezeichnung dar, die keinerlei Ansatzpunkte zum Aufbau eines inneren Markenbildes bietet oder originär zur Vermittlung einer nachhaltigen Markenidee beiträgt. Vor dem Hintergrund der konzeptionellen Überlegungen zum virtuellen Service Branding ist der Markenname daher tendenziell als kommunikationsineffizient zu bewerten. Angesichts der völligen strategischen Umpositionierung der Marke und dem Bemühen um ein seriöseres Erscheinungsbild stellt sich die Frage, wieso der Name, zumal er durch die Vorgänge der Vergangenheit stark belastet ist, beibehalten wurde. Sicherlich hat man mit der Übernahme des Namens den erworbenen Bekanntheitsgrad retten können und Kosten eines Markenwechsels vermieden. Inwieweit dies allerdings vor dem Hintergrund der zur Vermittlung der neuen Positionierung erforderlichen Kommunikationsmaßnahmen bei gleichzeitiger Ineffizienz des Namens der vorteilhaftere Weg ist, bleibt fraglich. Aus dieser Sicht verspricht die Beobachtung der weiteren Entwicklung des mobilcom-Markenauftritts sowie des Gesamtunternehmens einige Spannung. 170 Kapitel D 2.5 O2: Markenbildwelt als internationale Kommunikationsplattform 2.5.1 Das Unternehmen im Kurzprofil O2 Germany ist im Mai 2002 aus dem Mobilfunkanbieter VIAG Interkom53 hervorgegangen und damit - quasi als Nachzüglerin - die jüngste Marke des deutschen Mobilfunkmarktes. „O2“ steht für mehrere europäische Gesellschaften, die sich seit dem Jahr 2001 unter dem Dach der britischen Mobilfunk Holding mmO2 plc. zusammengeschlossen haben.54 O2 Kurzprofil Unternehmen O2 (Germany) GmbH & Co. oHG, München Gesellschafter mmO2 plc. (Holding) Marktstart Geschäftszweck Zielgruppe Geschäftsfelder/ Dienstleistungsangebot 1996 (als Viag Interkom) Mai 2002 (als O2) Netzbetreiber Mobilfunk: Errichtung und Betrieb eines bundes weiten digitalen zellularen Mobil funknetzes (E2-Netz) auf Basis von GSM 1800 (High Quality Netzstandard), GPRS und UMTS, Roaming mit T-M obile. Privat- und Geschäftskunden Privatkunden: Mobile Telefonie Internet Dienste per Handy Location Based Services (LBS) Infodienste über SMS, MMS, WAP und Sprache UM TS Geschäftskunden: Mobile Telefonie Business-Tarife O2 Multicard Mobile Business Solutions WLAN-Service UM TS Kennzahlen 2003/2004 Umsatz: k.A. Betriebsergebnis: k.A. Kunden: 6,7 Mio. Mitarbeiter: 3600 Vertrieb Besonderheiten Direktvertrieb: ca. 470 Shops deutschlandweit Indi rekter Vertrieb: ca. 9.000 Fachhändler, Großmärkte u.a. Bis 2004 kein Vertrieb über Service Provider. Abb. D-14: O2: Kurzprofil 53 54 VIAG Interkom wurde im Jahre 1995 durch ein Joint- Venture der VIAG, Telenor und British Telecommunications gegründet. Nach Erhalt der 4. Deutschen Mobilfunklizenz und als Spätstarter in den Markt entwickelte VIAG Interkom sein erstes Telekommunikationsprodukt Genion 1999. Im Januar 2001 erwarb das Unternehmen eine UMTS Lizenz. Kurz darauf wurde British Telecommunications Alleinaktionär der VIAG Interkom und spaltete das Festnetz vom Mobilfunknetz ab. Durch diese Trennung entstanden zwei unabhängige Unternehmen: VIAG Interkom übernahm das Mobilfunkgeschäft. Im November 2001 ging mm O2 an die Börse und wurde aus dem British Telecommunications Konzern ausgegliedert. Seit Mai 2002 firmiert VIAG Interkom als O2 Germany. Vgl. O2 (Germany) 2004a, S. 2. Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis 171 Die Holding selbst entstand im September 2001 durch Ausgründung der Mobilfunksparte des Konzerns British Telecom, deren strategische Zielsetzung im Aufbau einer neuen, europaweit agierenden Marke bestand.55 Mit etwa 6,7 Millionen Kunden (2004), die bislang ohne Vertrieb über Service Provider gewonnen wurden,56 hat sich O2 Germany in einer enormen Aufholjagd als feste Größe im Mobilfunkmarkt etabliert und ist im Wettbewerb um Platz drei der deutschen Anbieter stärkster Konkurrent von E-Plus. 2.5.2 Strategische Positionierung der Marke O2 Die Entwicklung der Marke O2 erfolgt im Auftrag der British Telecom mit der Zielsetzung, den europäischen Mobilfunkmarkt „Like no other Brand“57 zu bearbeiten. Vor dem Hintergrund eines weitgehend gesichtslosen und unübersichtlichen Marktauftritts europäischer Anbieter solle eine frische, emotionale Marke mit modernem Namen und neuer Identität entstehen, die das Leben der Kunden mit maßgeschneiderten und spannenden Telekommunikationsdienstleistungen bereichert und als Fundament einer dauerhafter Verbindung zum Kunden dient.58 Mit den zentralen Werten Ehrgeiz („We are fresh, surprising and distinctive.“), Klarheit („We make highly complex technology simple to understand and easy to use.“), Offenheit („We are candid in communications - we tell it like it is.”) und Vertrauenswürdigkeit („We understand customers. We are accurate and truthful and never over-claim. We are helpful, supportive and responsive. We listen to customers.“) solle die Marke offensiv den Selbstanspruch des Unternehmens verkörpern, in der Rolle des spät gestarteten TopInnovators „frischen Wind“ in die europäische Mobilfunklandschaft zu bringen.59 2.5.3 Entwicklung der virtuellen O2-Markenbildwelt Der kreative Aufbau der neuen Markenbildwelt (Abb. D-15) durch die Londoner Agentur LAMBIE-NAIRN beginnt mit der Entwicklung des Markennamens. Ausgehend von der Überlegung, worin der zentrale Wert von (mobiler) Kommunikation liegt, entsteht die kreative Leitidee „essential for living“60. Die Weiterentwicklung dieser Idee führt die Agentur schließlich zu dem chemischen Element Sauerstoff und dessen Zeichen O2, das am Ende zum Markennamen und Markenzeichen wird: Denn Sauerstoff ist für den Menschen essentiell, universell, unverzichtbar und unsichtbar, ebenso wie Kommunikation.61 Entsprechend der 55 56 57 58 59 60 61 Vgl. mmO2 2001. Bislang hatte sich O2 als einziger deutscher Mobilfunknetz-Betreiber gegen einen Vertrieb seiner Angebote über so genannte Reseller zur Wehr gesetzt. O2 war mit den Konditionen von Anbietern wie mobilcom oder debitel nicht einverstanden. Nun aber kann mobilcom als erstes Unternehmen Produkte von O2 ins Programm nehmen (vgl. Ihlenfeld 2004). „O2 is like no other brand“ (vgl. Gesamtverband Kommunikationsagenturen (GWA) 2003, S. 315). Vgl. Peter Erskine, Chief Executive Officer mm O2 plc. (mmO2 2001). Vgl. mmO2 2004. Vgl. Lambie-Nairn 2004. Vgl. O2 (Germany) 2004b. 172 Kapitel D strategischen Zielsetzung und der Vorgabe des internationalen Einsatzes wird der Name vorab in jedem Zielland erfolgreich auf seine Relevanz und Assoziationskraft getestet. O2 „O2 can do“ Abb. D-15: O2: Schlüsselsignale der Marke O2 Der zweite Schritt gilt der Visualisierung des Markennamens bzw. des Sauerstoffs: „As an invisible element, we felt we had to capture it to see it. So we decided to use water as a vehicle to illustrate O2 in the form of bubbles. This became one of the most significant brand properties and once again researched extremely well in all territories.”62 Das zum Markennamen komplementäre Schlüsselbild „Luftblasen“ bestimmt damit die Markenfarbe Blau. 2.5.4 Kommunikation der Marke Die O2-Markenbildwelt dient als europaweite Kommunikationsplattform, deren Umsetzung dezentral in den jeweiligen Ländern Deutschland, Niederlande, Irland und Großbritannien unter der Vorgabe konkreter Gestaltungs- und DesignRichtlinien erfolgt.63 So zeichnet sich auch in Deutschland der breit angelegte Kommunikationsmix seit Einführung der Marke durch den konsequenten Einsatz der Markenbildwelt 62 63 Vgl. Lambie-Nairn 2004. Vgl. Lambie-Nairn 2004. Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis 173 aus:64 Unterstützt durch den Claim „O2 can do“, der in seiner Einfachheit und Klarheit den Kompetenzanspruch der Marke als „The Enabler“ unterstreichen soll, werden sämtliche Leistungen, Produkte (Tarife, Handys) oder Handlungen (Testimonials) innerhalb der blauen Markenbildwelt präsentiert. Der lebendige, im TV-Format oftmals überraschende Einsatz des Schlüsselbilds „Bubble“ ist dabei - neben der Farbgebung - die wesentliche visuelle Konstante im Markenauftritt. Abb. D-16: O2: Werbekampagnen 2002 (Markenwechsel), 2003 (Genion, oben Mitte) Inhaltlich sind die einzelnen Kampagnen auf die Kommunikation spezifischer und aktueller Themen ausgerichtet, die jeweils das Markenversprechen dramatisieren oder unterstützen: So stand innerhalb der Einführungskampagne im Jahr 2002 die Umbenennung von VIAG Interkom in O2 im Mittelpunkt. Hier wird der Markenwechsel verbal („VIAG Interkom ist jetzt O2“) sowie unter Einsatz von Franz Beckenbauer beworben (Abb. D-16). Die Wahl des Prominen64 Der deutsche Markenauftritt erfolgt durch die Düsseldorfer Werbeagentur Grey Worldwide. 174 Kapitel D ten, der zuvor für E-Plus Werbung machte, ist medienwirksam durch den Claim „Die Mobile Generation wechselt zu O2“ unterstützt worden.65 Nach der Einführung wird die inhaltliche Ausrichtung der Kampagne nahtlos auf die Kommunikation leistungsbezogener Themen konzentriert: Im Mittelpunkt stehen nun Produkte und Services, die verschiedene Facetten des Markenversprechens untermauern sollen: unkompliziert, einfach, besser oder günstiger als die Wettbewerber. Eine weitere Kampagne Ende 2003, die vornehmlich in der Wirtschaftspresse geschaltet wurde, gilt der Dramatisierung der wirtschaftlichen Erfolge sowie der innovativen Stärke der Marke: Neben verschiedenen Prominenten zeichnet ein Trainee sowie der CEO des Unternehmens mit einem leuchtenden Handydisplay den Schriftzug „can do“ in die Luft.66 Mit dieser Kampagne wurde auch das Ziel verfolgt, die schnelle Identifikation der Marke auf Mitarbeiterebene zu gewährleisten. Bemerkenswert ist, das sich der O2Markenauftritt - im Gegensatz zum Wettbewerb - durch die Konzentration auf wenige Kampagnen mit längerer Laufzeit auszeichnet.67 2.5.5 Kritische Kurzbewertung Es scheint auf den ersten Blick geradezu paradox, dass es einer Marke ausgerechnet mit Hilfe der Formel des chemischen Elements Sauerstoff gelingt, Telekommunikationsdienstleistungen effektiv zu visualisieren und eine nachhaltige, die Positionierung vermittelnde Markenbildwelt zu erzeugen:68 Denn sowohl das Produkt als auch der ungewöhnliche Markenname können nicht direkt zum Aufbau eines inneren Markenbildes beitragen. Damit vermittelt die Namensgebung allerdings allein aufgrund ihrer Außergewöhnlichkeit (O2 = mobile Kommunikation) eine zentrale Positionierungsbotschaft, indem sie den Absender der Marke als ebenso außergewöhnlich und innovativ darstellt. Die eigentliche visuelle Stärke des O2-Markenauftritts ergibt sich somit zunächst nicht unmittelbar aus der Kommunikationsidee („Sauerstoff ist so essentiell wie Kommunikation“), sondern erst im Verbindung mit der Visualisierungsidee „Bubbles“. Die Luftblasen symbolisieren einerseits den Sauerstoff und verweisen damit eindeutig auf den Markennamen (Bubbles = O2), anderseits eröffnen sie eine Vielzahl möglicher Assoziationen (Frische, Aktivität, Transparenz, Klarheit etc.), die nachhaltig die angestrebte Positionierung unterstützen. Gleichzeitig erhalten Markenname bzw. Markenzeichen auch eine visuelle Bedeutung, indem sie mit dem ungewöhnlichen Schlüsselbild eine logische und daher eingängige Verbindung eingehen: O2 = Bubbles. Ebenso zwangsläufig, weil bildhaft-assoziativ naheliegend, ergibt sich hieraus die Markenfarbe: Blau = Bubbles = O2. Im Ergebnis entsteht so eine konsequente, 65 66 67 68 Vgl. Gesamtverband Kommunikationsagenturen (GWA) 2003, S. 317. Vgl. O2 (Germany) 2003. Vgl. GWA 2004, S. 392. Hierzu die Berliner Morgenpost: „Alberne Umbenennung – das wird ein Schlag ins H2O!“, zitiert nach GWA 2003, S. 315. Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis 175 formal und inhaltlich integrierte virtuelle Markenbildwelt, in der die Schlüsselsignale jeweils selbsterklärend zur Vermittlung der Positionierung beitragen und sich gegenseitig in ihrer assoziativen Kraft unterstützen und verstärken. Vor dem Hintergrund der konzeptionellen Überlegungen dieser Arbeit ist daher davon auszugehen, dass diese kreierte Markenbildwelt höchst effizient den Aufbau innerer Markenbilder im Gedächtnis der Konsumenten ermöglicht. Diese Beurteilung spiegelt sich auch im qualitativen und quantitativen Erfolg der Marke wider:69 Bereits fünf Monate nach der Einführung im Mai 2002 lag die gestützte Markenbekanntheit von O2 über der des Vorgängers VIAG Interkom und nur acht Monate nach Einführung erreichte O2 mit einer gestützten Bekanntheit von 85 Prozent nahezu das Niveau der etablierten Wettbewerber.70 Im Bereich Werbeerinnerung rangiert die Marke seit Ende 2002 auf Platz eins unter den Anbietern: Die ungestützte Werbeerinnerung liegt bei 38 Prozent (Nächstbester: 29 Prozent), die gestützte Werbeerinnerung liegt bei 78 Prozent (Nächstbester: 70 Prozent). Ebenso liegt O2 mit einer Claim-Ratio von 0,75 unangefochten an erster Stelle (Nächstbester: 0,52). Auch in der qualitativen Beurteilung des Markenauftritts erzielt O2 überdurchschnittliche Werte: So empfinden 47 Prozent der Betrachter den Auftritt als einzigartig (Wettbewerbsdurchschnitt: 32 Prozent), 43 Prozent der Betrachter halten O2 für den besseren Mobilfunkanbieter (Wettbewerbsdurchschnitt: 40 Prozent). Mit einer durchschnittlichen Likes-/Dislikes-Ratio von 2,05 liegen auch die Sympathiewerte deutlich über dem Branchendurchschnitt (1,49). Insgesamt erzielt O2 mit dieser Performance in 2003 - trotz einem gegenüber dem Vorjahr um 9 Prozent reduzierten Budget - unter den Netzbetreibern das stärkste MarktanteilsWachstum (+12 Prozent), das stärkste Kundenwachstum (+22 Prozent), den höchsten Vertragskundenanteil (58 Prozent) sowie den höchsten Umsatz pro Kunde (31 EUR). Damit ist der Markenauftritt von O2 der „präsenteste im Markt und setzt Effizienzmaßstäbe“71. 2.6 Vodafone: Globalisierung einer nationalen Marke 2.6.1 Das Unternehmen im Kurzprofil Die Vodafone D2 GmbH gehört zur britischen Vodafone-Gruppe und damit zum weltweit größten Mobilfunk-Unternehmen. Im Dezember 1989 erhält das Unternehmen als neu gegründeter Telekommunikationsbereich des diversifizierten Weltkonzerns Mannesmann die erste private Lizenz für den Aufbau und Betrieb eines digitalen Mobilfunknetzes, dessen kommerzieller Start im Juni 1992 unter dem Namen D2 Mannesmann Mobilfunk erfolgt. 69 70 71 Vgl. zum Folgenden: GWA 2003, S. 318 f.; GWA 2004, S. 393 f. Im Laufe des Jahres 2003 verbesserte sich die ungestützte Markenbekanntheit weiter auf 51 Prozent, die gestützte auf 91 Prozent (vgl. GWA 2004, S. 393). ICONBrand-Status zitiert nach GWA 2004, S. 393. 176 Kapitel D Vodafone D2 Kurzprofil Unternehmen Vodafone D2 Gm bH, Düsseldorf Gesellschafter Vodafone Group plc (100%) Marktstart Geschäftszweck Zielgruppe Geschäftsfelder/ Dienstleistungsangebot Juni 1992 (als Mannesmann D2) Januar 2001 (als Vodafone D2) Netzbetreiber Mobilfunk: Errichtung und Betrieb eines bundes weiten digitalen zellularen Mobil funknetzes (D2-Netz) auf Basis von GSM 1800 (Hi gh Quality Netzstandard), GPRS und UMTS. Privat- und Geschäftskunden Privatkunden: Vodafone li ve! Vodafone CallYa Vodafone Onli ne u.a. Geschäftskunden: Vodafone Mobile Office Vodafone-CorporateFleetManagement Vodafone Telematik und Telemetrie u.a. Kennzahlen 2003/2004 Umsatz: 7,8 Mrd. EUR Kunden: 26,1 Mio. Mitarbeiter: 9.300 Vertrieb Besonderheiten Dezentrale Vert riebsstruktur mit acht Niederlassungen und ei gener Filialkette (206 Filialen) sowi e Großkunden- und Mittelstands vertrieb. Indi rekter Vertrieb über ca. 4000 Geschäfte des Fachhandels und 6000 Outlets von 9 Service Providern. Weltweit größter Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen. Abb. D-17: Vodafone D2: Kurzprofil Der Düsseldorfer Netzbetreiber gehört somit zu den weltweit ersten Telekommunikationsdienstleistern, die der damals neuen GSM-Technologie zum Durchbruch verhalfen. Im Januar 2000 erfolgt die Übernahme der Aktienmehrheit am Mannesmann-Konzern durch Vodafone Group, der früheren Vodafone AirTouch, in deren Folge die gesamte Mannesmann AG in die VodafoneGruppe eingegliedert wird.72 Für die Vodafone Gruppe bedeutet die Übernahme einen wesentlichen Schritt auf dem eingeschlagenen Weg zum Global Player im Mobilfunk. Weltweit ist Vodafone heute das größte international vernetzte Mobilfunk-Unternehmen. „Als weltweit aktive Gruppe verfügt Vodafone über Möglichkeiten, die andere Telekommunikationsanbieter nicht haben. Mit rund 100 Millionen Kunden in 28 Ländern hat Vodafone weltweit die beste Positionierung, den »largest Footprint«. Aus dieser Ausgangssituation heraus können wir den Markt gestalten, anstatt uns vom Wettbewerb treiben zu lassen.“73 Mit dem Erwerb von UMTS-Lizenzen in den wichtigsten Ländermärkten 72 73 Parallel hierzu erfolgte der Verkauf von Atecs Mannesmann, in der die industriellen Aktivitäten von Mannesmann ausgegliedert waren, an die Siemens AG und die Übernahme des ehemaligen Stammgeschäfts, der Mannesmannröhren-Werke AG, durch die Salzgitter AG. Damit war der deutsche Traditionskonzern vollständig zerschlagen. Thomas Geitner, Chief Executive Products & Services Vodafone Group, zitiert nach o.V. Messetreff 2002. Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis 177 hat Vodafone die Weichen gestellt, um im neuen Zeitalter der dritten Mobilfunkgeneration ein global einheitliches, innovatives Dienstleistungsspektrum auf den nationalen Märkten anbieten zu können. Vodafone ist als globale Gruppe mit national agierenden Unternehmen strukturiert. In Deutschland kämpft Vodafone D2 (26,1 Millionen Kunden) gegen TMobile (27,4 Millionen Kunden) hart um Platz eins des Mobilfunkmarktes.74 Die Internationalisierung des Konzerns ermöglicht den Kunden über Deutschland hinaus bei 229 Netzbetreibern in 121 Ländern auf allen Kontinenten mobil zu telefonieren und dort unter ihrer Vodafone D2-Nummer erreichbar zu sein. 2.6.2 Strategische Markenausrichtung Im Vordergrund der Vodafone Markenstrategie steht der Aufbau eines Global Brand, der die Vermarktung eines weltweiten Dienstleistungsangebots unter einem einheitlichen Markendach ermöglicht. Hierzu migriert das Unternehmen in einem Prozess der schrittweisen Vereinheitlichung starke nationale Marken wie D2 zu einer globalen Dachmarke. Aus einem Mix unterschiedlicher Namen und Kulturen im gesamten Konzernverbund entsteht somit im Rahmen eines Transformationsprozesses ein einziger Brand: die erste Weltmarke im Mobilfunk. Hintergrund der Strategie ist die Überzeugung, mit Hilfe einer globalen Einzelmarke Kundenpotentiale besser ausschöpfen und gleichzeitig von Synergien und Kostendegressionseffekten im internationalen Markenauftritt profitieren zu können: „The initial positive acceptance of the Vodafone brand has meant that we have been able to introduce the single brand ahead of schedule in Portugal and Spain. A seamless, consistent Vodafone brand across Europe initially, will help drive our customers usage of Vodafone products and services when roaming or while in their home country. This will enhance ARPU as well as creating cost and revenue synergies.“75 Die Positionierung des Global Brand ist auf das Leistungsversprechen ausgerichtet, mit Vodafone als weltweitem Anbieter überall auf einfache Weise die gleichen Services in Anspruch nehmen zu können - Tarife, Dienste, Hilfestellungen, Mailbox-Funktionen, Menüführungen im Handy sind überall gleich, unabhängig vom Standort des Kunden. In seinen Grundsätzen beschreibt Vodafone seine Vision wie folgt: „To be the world's mobile communications leader - enriching customers' lives, helping individuals, businesses and communities be more connected in a mobile world. Our customers use mobile communications to make their lives richer, more fulfilled, more connected. They will prefer Vodafone because the experience of using Vodafone will be 74 75 Stand der angegebenen Zahlen: 30. September 2004. David Haines, Global Brand Director Vodafone Group Plc., zitiert nach o.V. EMEA News 2001. Mit dem Ex-Coca-Cola-Manager engagiert Christopher C. Gent in 2001 einen Markenspezialisten der klassischen Konsumgüterindustrie, um die Marke Vodafone zu einer führenden Weltmarke zu entwickeln (vgl. Baker/ Capell 2001). 178 Kapitel D the best they can find. We will lead in making the mobile the primary means of personal communications for every individual around the world. Through out leadership, our scale, our scope and our partnerships, we will bring online mobile services to the world.”76 2.6.3 Entwicklung der virtuellen Vodafone-Markenbildwelt Der Markenname Vodafone geht auf die Bezeichnung eines Mobilfunknetzes zurück. Die britische Racal Electronics Group ersteigerte 1982 die Lizenz zum Aufbau des ersten privaten, analogen Mobilfunknetzes in Großbritannien, das 1985 in Betrieb genommen wurde. In Anlehnung an seine Funktion, Sprachund Datendienste über Mobiltelefone (voice and data services over mobile phone) anzubieten, wurde das Netz Vodafone genannt.77 Vodafone „how are you?“ Abb. D-18: Vodafone D2: Schlüsselsignale der Marke In der Wortbildmarke erscheint der Markenname auf einer roten Telefonkarte (Abb. D-18). Der Buchstabe „o“ des Markennamens, der gleichzeitig ein stark umrandetes Anführungszeichen darstellt, dient in der Vergrößerung ebenfalls als Erkennungszeichen: Als Symbol für Kommunikation beziehungsweise wörtliche Rede unterstreicht es gemeinsam mit der Telefonkarte den Branchenbezug und Geschäftszweck der Marke. 76 77 Vodafone 2003a. Vodafone 2003b. Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis 179 Im internationalen Markenauftritt fungiert das „Anführungszeichen“ zudem als wiederkehrendes Schlüsselbild bzw. Schlüsselsymbol, das meist als Umrahmung für Menschen in unterschiedlichen Situationen eingesetzt wird. Das Symbol ist somit variabel verwendbar, schafft eine formale Verbindung zwischen beliebigen Bildmotiven und der Marke und unterstützt so den Wiedererkennungseffekt unterschiedlicher Werbemaßnahmen und -kampagnen. 2.6.4 Kommunikation der Marke Die Schlüsselsignale werden international als konstanter Kommunikationshintergrund verwendet, auf dem die jeweiligen nationalen (z. B. Print-Werbung), aber auch internationale (z. B. Formel 1) Kommunikationsmaßnahmen der Marke aufbauen. In Deutschland wurde der Übergang von der Marke D2 zur Marke Vodafone in mehreren Schritten kommuniziert, die sich am deutlichsten über die Veränderung des Markenzeichens aufzeigen lassen: Die Marke D2, 1992 als Mannesmann D2 auf den Markt gekommen und zuletzt - vor der Übernahme durch Vodafone - als „D2 privat“ vermarktet, wurde in einem stufenweisen Prozess durch die Wortbildmarke Vodafone überdeckt, die ehemals blau-weiße in eine rote Markenbildwelt überführt. Aus der Sicht des deutschen Kunden stellte sich somit ein Anbieter innerhalb von zehn Jahren in mindestens fünf verschiedenen Varianten vor (Abb. D-19). Mit dieser Überführungstechnik sollte gewährleistet werden, dass ein Teil des Kapitals der nationalen Marke D2 in den Global Brand Vodafone einfließen: Neben dem Bekanntheitsgrad galt es insbesondere, die in der deutschen Zielgruppe verankerten leistungsbezogenen und emotionalen Bedeutungsinhalte zu D2 auf die neue Marke zu übertragen. Begleitet wurde dieser Markenveränderungsprozess durch den Einsatz unterschiedlicher Claims: Nach „D2 live ist dabei“ und „Vodafone verbindet mobile Menschen weltweit. In Deutschland ist D2 live dabei“ markiert „How are you?“ nun den Abschluss des Markenübergangs. Abb. D-19: Von Mannesmann bis Vodafone: Entwicklung eines Markenzeichens (1992-2002) Unter den deutschen Telekommunikationsdienstleistern wendet Vodafone D2 gegenwärtig den höchsten Werbeetat zur Profilierung seiner Marke auf.78 Im leistungsbezogenen Mittelpunkt der Kampagnen steht die Einführung des - in 78 Mit Werbeinvestitionen in Höhe von 87,2 Millionen EUR (1.-3. Quartal 2002) gehört Vodafone zu den deutschen Top-20 Unternehmen im Bereich Werbeausgaben (Quelle: Nielsen Media Research, zitiert nach Bauer Media 2003, S. 17). 180 Kapitel D sieben europäischen Ländern lancierten - Services Vodafone live!, der den Kunden neben einem speziellen Handy mit integrierter Digitalkamera ein exklusives Leistungsbündel von Bildversand, Chat, eMail, Gaming und Content Services bietet. Nach E-Plus (i-mode) steigt somit auch Vodafone in den europäischen Markt für mobile Internetnutzung in Europa ein. Nach seiner Selbsteinschätzung eröffnet Vodafone den Kunden damit eine neue Kategorie mobiler Mehrwertdienste, welche die Marke in den Kernattributen Einfachheit und Innovation unterstützt.79 Bei der Markenkommunikation außerhalb der klassischen Werbung ist für Vodafone in Deutschland vor allem das nationale Sportsponsoring von Bedeutung. Das Unternehmen engagiert sich als Haupt-Sponsor der Deutschen Tourenwagen Meisterschaft (DTM-Serie) und unterstützt zudem das Team AMG Mercedes. Als Titelsponsor der deutschen Beach-Volleyball Tour (Vodafone-Masters/ Vodafone-Open) profiliert sich das Unternehmen mit Außenwerbung. Auf internationaler Ebene erfolgt die Markenkommunikation durch langfristiges Sportsponsoring europa- oder weltweit bekannter Werbeträger. Für die vierjährige Trikot-Sponsorschaft des Fußballclubs Manchester United investierte das Unternehmen rund 30 Millionen GBP.80 Einen besonderen Schritt zum Ausbau der Weltmarke sieht Vodafone im Sponsoring des Formel 1 Rennstalls der Scuderia Ferrari: „Through our Formula One sponsorship of Scuderia Ferrari, Vodafone has enjoyed tremendous benefits. In part the success is as a result of the way Vodafone has integrated the Ferrari sponsorship into the business, including local sales incentives and global advertising campaigns. By comprehensively exploiting this property, Vodafone has managed to maximise the benefits of brand awareness and brand preference. This sponsorship also provides an excellent platform to build a rapport with our customers and helps fulfil our philosophy of connecting people with their passions.“81 2.6.5 Kritische Kurzbewertung Wenngleich Vodafone weltweit der erfolgreichste Telekommunikationsanbieter ist, offenbart der Markenauftritt vor dem Hintergrund der konzeptionellen Überlegungen dieser Arbeit zentrale Schwächen: Im Mittelpunkt der Kritik steht dabei der technisch konstruierte Markenname aus der Frühzeit des (britischen) Telekommunikationsmarktes, der - ähnlich wie im Falle debitel oder mobilcom - originär bedeutungslos ist und weder eine Markenidee, noch ein Vorstellungsbild über die Marke transportiert. Gleiches gilt für Wortbildmarke und Schlüsselzeichen, die zwar formal integriert sind, jedoch ebenfalls keine inhaltliche Verbindung herstellen oder Idee vermitteln. Das abstrakte Markenzeichen, das vor allem zur Kennzeichnung austauschbarer Bildmotive im Rahmen 79 80 81 Vgl. hierzu Vodafone 2002. Im Vergleich hierzu zahlt Arcor für die Trikot-Sponsorschaft von Hertha BSC Berlin 6 Millionen EUR p.a., debitel (VfB Stuttgart) 3,3 Millionen EUR (vgl. WGZ Bank 2002, S. 14; S. 57). Thomas Geitner, Chief Executive Products & Services Vodafone Group (Vodafone 2003c). Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis 181 der Werbung sowie innerhalb von Below-the-Line-Maßnahmen ohne den Einsatz des Markennamens erfolgt, steht ohne inhaltlichen Bezug zu Markennamen und Positionierung. Seine Funktion und Bedeutung als Markenzeichen muss daher durch Markenkommunikation inhaltlich aufgeladen und vom Konsumenten - zumal außerhalb Großbritanniens - erlernt werden. Vodafone stellt sich somit als eine (ehemals) nationale Marke dar, die wie auch die oben genannten Beispiele, ohne Berücksichtigung von zentralen Anforderungen des Service Branding entstanden ist und trotzdem unverändert international multipliziert wurde. Vor diesem Hintergrund ist kritisch zu hinterfragen, warum nicht eine integrierte Neugestaltung der Marke vor ihrer weltweiten Expansion durchgeführt wurde - ähnlich im Falle von O2. 2.7 Yello Strom: Farbe als Schlüsselbild 2.7.1 Strommarkt: Vom Monopol zum Markenwettbewerb Die Entwicklung des deutschen Strommarktes zeigt zahlreiche Parallelen zur Telekommunikationsbranche.82 Mit Inkrafttreten des neuen Energiewirtschaftsgesetzes 1998 wurde auch dieser ehemalige Monopolmarkt83 vollständig liberalisiert: Alle Verbraucher können seitdem frei entscheiden, von welchem Energiedienstleister sie ihren Strom beziehen. Auch europaweit schreitet die Öffnung der Strommärkte voran: Neben Deutschland haben Ende 2004 sechs weitere Staaten der EU ihre Strommärkte vollständig liberalisiert. Außerdem wurde in allen 15 traditionellen Mitgliedsstaaten ab Juli 2004 der Wettbewerb für die Gewerbekunden eröffnet.84 In 2004 sind auf dem deutschen Strommarkt rund 1200 Unternehmen aktiv. Neben einigen Konzernen gibt es eine Vielzahl von kleinen und mittleren Stromversorgern. Zu den vertikal integrierten Stromversorgern, welche die komplette Wertschöpfungskette von der Stromerzeugung, über den Stromnetzbetrieb bis hin zum Stromvertrieb abdecken, kommen rund 200 neue, darunter viele ausländische Unternehmen dazu, die ausschließlich im Stromhandel und -vertrieb tätig sind.85 Obwohl sich damit die Zahl der im deutschen Strommarkt tätigen Unternehmen seit 1998 erhöht hat,86 hat die Liberalisierung der Energiemärkte in Deutschland nach Ansicht von Verbraucherschützern zu 82 83 84 85 86 Vgl. Kapitel B. Vor der Liberalisierung des Marktes hatten die Energieversorgungsunternehmen in ihren Versorgungsgebieten ein gesetzlich anerkanntes Monopol inne (vgl. vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit 2004). Bis 1998 bestand in Deutschland die so genannte dreistufige Versorgungsstruktur aus 8 überregionalen Verbundunternehmen, die 82 Prozent des Stroms erzeugten, ca. 80 regionalen Versorgungsunternehmen (7 Prozent der Stromerzeugung) und ca. 900 kommunalen Versorgungsunternehmen (11 Prozent der Stromerzeugung), die mehrheitlich im Eigentum von Städten und Gemeinden waren und sind (vgl. Optel Media Services 2004a). Vgl. Verband der Elektrizitätswirtschaft (VDEW) 2004a. Vgl. Optel Media Services 2004b. Vgl. envia Mitteldeutsche Energie AG 2004, S. 2 182 Kapitel D einer wettbewerbsfeindlichen Konzentration geführt: Infolge des anfänglich starken Preiskampfes wurden Überkapazitäten abgebaut, Unternehmen umgebaut, Strukturen rationalisiert. In der weiteren Folge fusionierten rund 80 größere Stromanbieter und rund 500 kleinere Unternehmen vereinbarten Kooperationen oder strategische Allianzen zur Sicherung von Marktanteilen. Die Zahl der großen Verbundunternehmen reduzierte sich von acht auf vier (E.ON, RWE, Vattenfall Europe und EnBW)87, die allerdings 90 Prozent des Marktes abdecken.88 Neben regulierungspolitischen und -technischen Themen89 beherrschen - mit Blick auf den Konsumenten - vor allem Strompreise und Energieträger90 die Themenlandschaft der Branche. So ermöglicht die Liberalisierung Energiedienstleistungsunternehmen unter anderem, Strom energieträgerspezifisch anzubieten und abzurechnen. Wünscht ein Kunde beispielsweise Haushaltsstrom aus Wasserkraft, so wird in der Höhe des jeweiligen Stromverbrauchs Wasserkraftstrom in das Stromnetz eingespeist. Das im Haushalt ankommende homogene Produkt Strom kann daher sowohl auf der Ebene des Preises wie auch auf der Ebene der Erzeugungsform variiert werden, was nunmehr eine zweidimensionale Angebotsdifferenzierung ermöglicht.91 Als Vermarktungskonzept im Verdrängungswettbewerb spielen seit der Liberalisierung auch in der Energiewirtschaft Marken eine zunehmend wichtige Rolle.92 Wie auf dem Telekommunikationsmarkt versuchen hier zahlreiche Anbieter, ihr Unternehmen oder ihre Leistungen als Marke zu profilieren und stehen dabei hinsichtlich der kognitionspsychologischen Anforderungen (Stichwort: unsichtbare Marktleistung93) in Sachen virtuellem Service Branding vor ähnlichen Herausforderungen. Ebenfalls ähnlich sind dabei auch die situativen Faktoren des Markenumfelds:94 Die Konsumentenseite ist geprägt durch geringes Involvement und mangelnde Wechselbereitschaft. So haben in der 87 88 89 90 91 92 93 94 E.ON entstand aus Preussen-Elektra und den Bayernwerken, RWE fusionierte mit VEW, aus Bewag, HEW, Laubag und VEAG wurde Vattenfall Europe. Vgl. Optel Media Services 2004a. Trotz Liberalisierung befindet sich der Strommarkt noch immer in einem Spannungsfeld zwischen Staat und Markt. Während die staatliche Regulierungspolitik im energiepolitischen Zieldreieck von Wirtschaftlichkeit, Versorgungssicherheit und Umweltverträglichkeit stattfindet (vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit 2004), zielen die Interessen der Branchenverbände auf die vollständige Deregulierung des Marktes unter Minimierung staatlicher Restriktionen (vgl. Verband der Elektrizitätswirtschaft (VDEW) 2004b, S. 6 f.). Ein Energieträger bezeichnet den Rohstoff, der für die Energiegewinnung nutzbar gemacht wird (wie z.B. Erdöl, Kernspaltung, Steinkohle, Windkraft). Nach der Richtlinie 2003/54/EG des Europäischen Parlaments zur Stromkennzeichnung soll zukünftig jeder Stromabnehmer im Rahmen seiner Verbrauchsabrechung über den jeweiligen Energieträgermix des bezogenen Stroms und die jeweiligen Auswirkungen auf die Umwelt informiert werden (vgl. Verband der Elektrizitätswirtschaft (VDEW) 2004c). Vgl. Optel Media Services 2004c. Vgl. Kapitel C 3.3.3. Vgl. Kapitel B 2. Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis 183 Zeit von 1998 bis 2004 lediglich vier Prozent der Kunden ihren Anbieter gewechselt,95 obwohl auch im aktuellen Umfeld wieder steigender Preise noch immer erhebliches Einsparpotential durch Tarifvergleiche besteht.96 2.7.2 Yello Strom im Kurzprofil Die Yello Strom GmbH wird im August 1999 als 100prozentige Tochter des Energiedienstleisters EnBW Energie Baden-Württemberg AG und erste eigenständige Marke des Energiemarktes gegründet. Die EnBW selbst ist - in strategischer Vorbereitung auf die Liberalisierung des Marktes - genau zwei Jahre zuvor aus der Fusion der Badenwerk AG und Energie-Versorgung Schwaben entstanden.97 Der Firmensitz der Yello Strom GmbH wird bewusst außerhalb des Schattens der schwäbischen Konzernmutter in das Stammland des Hauptkonkurrenten RWE gelegt.98 Yello Strom Kurzprofil Unternehmen Yello Strom GmbH, Köln Gesellschafter EnBW Energie Baden-Württemberg AG (100%) Marktstart Geschäftszweck Zielgruppe August 1999 Bundesweiter Vertrieb von Strom und weiterer Dienstleistungen rund um Haushalt und Familie Pri vat- und kleine Gewerbekunden Geschäftsfelder/ Dienstleistungsangebot Yello Strom YelloTel YelloInternet Kennzahlen 2003 Umsatz: k.A. Betriebsergebnis: k.A. Kunden: 1,0 Mio. Mitarbeiter: k.A. Vertrieb Besonderheiten Hotline 0800-19 000 19 E-Com merce (www.yellostrom.de) Vertriebskooperationen Yello Direkt vert rieb („Kam pfbienen“) Handels vertreter Yello Strom war die erste eigenständige Strom marke in Deutschland. Abb. D-20: Yello Strom: Kurzprofil 95 96 97 98 Rund 25 Prozent der privaten Verbraucher haben jedoch preiswertere Sonderverträge mit ihrem örtlichen Stromversorger abgeschlossen. Bei Gewerbekunden haben rund 50 Prozent ihren Stromanbieter bzw. den Tarif gewechselt, bei Industriekunden sogar 100 Prozent (vgl. Optel Media Services 2004b). Eine empirische Untersuchung des Instituts für Unternehmensentwicklung und Organisation an der Ludwig-Maximilians-Universität München ermittelte jetzt das generelle Desinteresse an der Wechselthematik als bedeutendste Ursache für die Kundenbindung. Demzufolge wird die Bindung der Stromkunden vor allem auf emotionaler Ebene durch die latente Wechselangst bestimmt, wenngleich ein Anbieterwechsel kinderleicht ist und keinerlei Risiken für den Verbraucher birgt. Faktoren wie Zufriedenheit oder Vertrauen zum jetzigen Stromanbieter spielen demnach nur eine untergeordnete Rolle (vgl. Optel Media Services 2004d). Vgl. EnBW Energie Baden-Württemberg AG 2004, S. 13. Vgl. Kreutz 2000, S. 228. 184 Kapitel D Das Kerngeschäftsfeld der Yello Strom GmbH ist der Vertrieb von EnBWStrom an Privatkunden. Inzwischen ist die Zielgruppe auf kleinere Gewerbekunden und das Sortiment um die Dienstleistungen YelloTel (Festnetzanschluss) und YelloInternet (Internetzugang) erweitert worden („Dienstleistungen rund um Haushalt und Familie“). Mit über einer Million Kunden und einer Markenbekanntheit von 98 Prozent in der Gesamtbevölkerung gehört Yello zu den erfolgreichsten Marken des Energiemarktes.99 Seit 2004 schreibt das Unternehmen schwarze Zahlen.100 2.7.3 Strategische Positionierung der Marke Yello Strom Die Entwicklung von Yello Strom im Jahre 1999 erfolgt im direkten Auftrag des Vorstands mit der Zielsetzung, mit einer neuen Strommarke des Energiedienstleisters EnBW in den neuen Wettbewerb um private Kunden einzusteigen.101 Die zentrale Positionierung der Marke besteht in der Kombination aus einem emotionalen Mehrwert und einem rationalen, vom Wettbewerb differenzierenden Produktvorteil:102 So soll Yello Strom in der Wahrnehmung der Kunden als frischer, frecher, fröhlicher und zuverlässiger Anbieter für günstigen Strom wahrgenommen werden, der den einfachen Wechsel vom alten Stromversorger ermöglicht. Interessanterweise erfolgt sowohl die eigentliche Positionierung auf Leistungsebene (günstiges Produkt, einfacher Wechsel) als auch die Entscheidung zur Gründung einer eigenständigen Firma erst am Ende der Entwicklung der Markenbildwelt und der Werbeidee.103 Am Anfang der Marke Yello Strom steht somit eine kreative Leitidee: „Yello. Strom ist gelb.“104 Erst im Nachgang wird diese Idee durch die leistungsbezogene Positionierung ergänzt und den Slogan „Gelb. Gut. Günstig.“ abgerundet. 2.7.4 Entwicklung der virtuellen Yello Strom-Markenbildwelt105 Die Leitidee bestimmt gleichzeitig das visuelle Schlüsselmotiv der Marke: die Farbe Gelb. Sie ist „eine der drei Primärfarben. Sie lässt sich nicht weiter zerlegen, ist selbst aber fast immer in anderen Farben enthalten. [...] Sie absorbiert erheblich weniger Licht als die beiden anderen Farben, und das macht ihre besondere Signalwirkung aus. [...] Mit Gelb verbinden sich unter anderem 99 100 101 102 103 104 105 Vgl. Yello Strom 2004. Vgl. o.V. Wirtschaftswoche 2004. Vgl. EnBW Energie Baden-Württemberg AG 2004, S. 13; Kreutz 2000, S. 80 f. Vgl. Kreutz 2000, S. 215 f. Vgl. Kreutz 2000, S. 215 f., S. 228. Über die Entstehung dieser Idee sagt Bernd Kreutz, Inhaber der gleichnamigen Werbeagentur und Erfinder der Marke Yello Strom: In der Marke musste „eine zentrale Kommunikationsidee verankert sein. Eine Idee, in der Werbung und Marke sich gegenseitig verstärken und nicht einfach beziehungslos nebeneinanderher vegetieren. Eine Marke, die unser Produkt eindeutig kennzeichnet und die gleichzeitig mit einem emotionalen Mehrwert aufgeladen ist“ (Kreutz 2000, S. 94). Die Zitate dieses Abschnitts beziehen sich auf „Grundlagen des Markenauftritts von Yello Strom“ in: Kreutz 2000, Anschauungsmaterial. Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis 185 Eigenschaften wie aktiv, fröhlich, frisch, frech, laut und ähnliches.“ Als Markenname wurde „Yello“, die um das „w“ verkürzte Form des englischen Wortes für „gelb“, mit dem „Nachnamen“ Strom106 gewählt. Der Name hat somit auch einen Aufforderungscharakter (engl. to yell), was den unkonventionellen Markenauftritt zusätzlich unterstützt. „Auch die Ähnlichkeit mit „Hello“ ist nicht unwillkommen.“ Schlüsselbild: Farbe „Gelb“ Yello „Gelb.Gut.Günstig.“ Abb. D-21: Yello Strom: Schlüsselsignale der Marke Als Markenzeichen (Abb. D-21) dient eine runde Buttonform, die durch eine waagerechte Sinuswelle107 in zwei Flächen geteilt wird. In der oberen Hälfte steht „Yello“ in gelb auf schwarzem Grund, in der unteren Hälfte „Strom“ in schwarz auf weißem Grund. Form und Farbe des Markenzeichens werden in den Grundlagen des Markenauftritts wie folgt begründet: „Der Kreis ist die vollkommenste, in sich geschlossene geometrische Form. Man kann, wenn man will, die Erdkugel damit assoziieren. Oder eine Steckdose. Man kann aber auch an die Sonne denken und an ihre Energie oder an das Gelbe vom Ei. Da106 107 Hierzu Bernd Kreutz: „Wir kommen neu auf den Markt. Mit einem Produkt, dass nicht greifbar und nicht visualisierbar ist. [...] Wir müssen den Leuten sagen, um was es bei Yello geht. Es geht um Strom. Wir brauchen diese Eindeutigkeit. Zumindest am Anfang. Wenn wir diese Eindeutigkeit nicht in der Marke verankern, müssten wir es mit anderen Mitteln tun. Die Risiken, die damit verbunden sind, möchte ich jedenfalls nicht eingehen“ (Kreutz 2000, S. 98). Im Erscheinungsbild der EnBW stellt die Sinuswelle das Kernelement dar, somit die Sinuswelle als formales Indiz auf die Anbindung an den Mutterkonzern hinweist. 186 Kapitel D durch entsteht eine fast selbstverständliche Übereinstimmung von Form und Farbe.“ Zur Farbe heißt es: „Auf einem schwarzen Fond kommen alle Farben besser zum Leuchten. Und mit der Zweiteilung lässt sich zum Beispiel Tag und Nacht assoziieren. Hell und dunkel. Plus und Minus. Warm und kalt. Licht an, Licht aus. Oder, warum denn nicht, in der Sinuswelle, dem Sinnbild für elektrische Energie, ist es ja zumindest angedeutet: Yin und Yan.“ 2.7.5 Kommunikation der Marke Seit dem ersten Markenauftritt im August 1999 betreibt Yello Strom einen breit angelegten Kommunikationsmix aus Werbung (Tageszeitungen, Magazine, Radio, Fernsehen, Großplakate, Bannerwerbung im Internet etc.), Internetportal (seit 2001 mit der virtuellen Kundenberaterin „Eve“), Direct Mailings, Promotions und Sponsoring.108 Die Gemeinsamkeit der Maßnahmen liegt darin, dass sämtliche Kommunikationsaktivitäten auf die Thematisierung und Aktualisierung der Marke ausgerichtet sind. Abb. D-22: Yello Strom: Print-Werbekampagnen 1999 (Markteinführung: Dramatisierung Markenidee), 2000 (Fußball-WM: Dramatisierung „einfacher Wechsel“) und 2004 (Dramatisierung „Preis“) In der Einführungsphase wurde zunächst die virtuelle Markenwelt durch Slogans wie „Also ich glaube, Strom ist gelb“ oder „Mein Strom ist gelb.“ thematisiert und die Idee der Marke kommuniziert (Abb. D-22, links). Der außergewöhnliche Werbespruch, der zunächst in ganzseitigen gelben Zeitungsanzeigen mit Markenzeichen, aber ohne Absenderhinweis beworben wurde, war in der ersten Augustwoche 1999 bundesweit Gesprächsthema. Flankiert wurde die Maßnahme durch innovative Fernsehspots und Radiowerbung, in denen Passanten nach der Farbe des Stroms gefragt wurden. Erst eine Woche später erschien mit Nennung einer Hotline-Nummer das Angebot „Ab heute gibt es gelben Strom. Yello Strom. Gelb. Gut. Günstig.“. Bereits fünf 108 Vgl. hierzu Kreutz 2000, S. 229. Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis 187 Monate nach Einführung der Marke erreichte Yello Strom als bekanntester Stromanbieter eine ungestützte Markenbekanntheit von 53,6 Prozent, weit vor dem Hauptkonkurrenten RWE Energie (28,3 Prozent)109. In einer Untersuchung im Februar 2000 gaben mehr als 60 Prozent wechselwilliger Stromkunden an, dass Yello Strom als Anbieter für sie in Frage käme (RWE: 12 Prozent).110 Yello Strom wurde in kürzester Zeit zu der Strommarke mit den höchsten Sympathiewerten.111 Bis heute stehen sämtliche Kommunikationsaktivitäten unter dem Vorzeichen, die leistungsbezogene Positionierung der Marke in der Yello-typischen Art in unterschiedlichsten Formen zu dramatisieren (Abb. D-22). Als Kommunikationsanlässe werden regelmäßig aktuelle Großereignisse (so etwa die Sonnenfinsternis 1999, die Fußball-Weltmeisterschaft 2000) gewählt, die dann - als kollektiver Reizauslöser genutzt - thematischer Bezugspunkt der konkreten Werbebotschaft sind (Abb. D-22 Mitte) und so zur Aktualisierung der Marke beitragen. 2.7.6 Kritische Kurzbewertung Wie nicht zuletzt der Erfolg Marke zeigt, initiiert die virtuelle Bildwelt der Marke Yello Strom ein nachhaltig verankertes, inneres Vorstellungsbild über das angestrebte Image sowie den Leistungsnutzen. Die erforderliche Visualisierung der unsichtbaren Leistung Strom erfolgt bereits in der Leitidee („Yello. Strom ist gelb.“) und setzt sich in der konsequenten, formalen und inhaltlichen Integration der virtuellen Markenbildwelt und ihrer Schlüsselsignale Markenname, Markenzeichen und Schlüsselbild fort. Jedes dieser Elemente ist selbsterklärend und transportiert die Kommunikationsidee. Durch die geschickte Forcierung der Markenidee („Welche Farbe hat Strom?“) sowie die Dramatisierung der Farbe Gelb im Rahmen der Einführungskampagne wird eine eineindeutige assoziative Verknüpfung (Strom ist Gelb und Gelb ist Strom = Yello Strom) verstärkt. In der Ergänzung mit dem ebenfalls einprägsamen alliterierten Markenslogan „Gelb. Gut. Günstig.“ verstärken sich alle Elemente gegenseitig in ihrer Assoziationswirkung. Im Ergebnis bildet die Triade gemeinsam mit dem Slogan eine in sich geschlossene Markenbildwelt, welche eigenständig zur Vermittlung der gewünschten Positionierung beiträgt, ohne auf eine Aufladung durch weitere Kommunikationsaktivitäten angewiesen zu sein. Letztere werden daher primär anlassbedingt zur Dramatisierung des Markennutzens sowie zur Aktualisierung der Marke eingesetzt, ohne zu einer Visualisierung der Marke beitragen zu müssen. 109 110 111 Quelle: Horizont 2000, zitiert nach Kreutz 2000, S. 288. Quelle: Forsa 2000, zitiert nach Mediagruppe München 2000. Durch den Erfolg von Yello Strom sahen sich die Hauptwettbewerber RWE, VEW und PreussenElektra genötigt, innerhalb kürzester Zeit ihre Marketingstrategien komplett zu wechseln und mit eigenen Marken in den Wettbewerb zu Yello Strom zu treten. Weder Avanza, Evivo, noch Elektra direkt konnten jedoch den Erfolg von Yello Strom auch nur annähernd erreichen (vgl. Gesamtverband Kommunikationsagenturen 2000b, S. 329). 188 Kapitel D 2.8 E.ON: Neuer Konzern, neue Marke 2.8.1 Das Unternehmen im Kurzprofil E.ON, im Juni 2000 aus der Fusion der traditionsreichen Industrieunternehmen Veba und Viag entstanden, ist mit einem Umsatz von mehr als 46 Mrd. EUR und rund 66.000 Mitarbeitern (2003) der weltweit größte private Energiedienstleister.112 Noch zum Zeitpunkt der Fusion ist der Konzern durch ein umfangreiches Beteiligungsnetz auf den unterschiedlichsten Märkten (Strom, Glas, Spezialchemie, Telekommunikation etc.) tätig. Heute ist E.ON nach einer intensiven Phase des Konzernumbaus mit fünf Tochterunternehmen auf die Kerngeschäftsfelder Strom und Gas fokussiert. Die E.ON AG bildet dabei das Corporate Center der E.ON Gruppe, die Führungsgesellschaften der fünf Market Units (Central Europe, Pan European Gas, UK, Nordic, US Midwest) sind verantwortlich für das integrierte Management der Zielmärkte. E.ON Kurzprofil Unternehmen E.ON AG, Düsseldorf Tochterge sellschaften/ E.ON Energi e AG, München (100%) Busine ss Uni ts E.ON Ruhrgas AG, Essen (100%) E.ON UK, Coventry (100% ) E.ON Nordic AB, Malmö (100% ) LG&E Energy LLC Louis ville/ US (100% ) Marktstart Geschäftszweck Zielgruppe Geschäftsfelder Kennzahlen 2003 Vertrieb Besonderheiten Juni 2000 Weltweiter Anbi eter von Energiedienstleistungen. Privat- und Gewerbekunden Strom Gas Umsatz: 46 Mrd. EUR Betriebsergebnis: 4,5 Mrd. EUR Mitarbeiter: 66.000 Ziel marktorientierter Vertrieb über Business Units und deren dezentrale Vertriebsstrukturen (Vertriebsbüros, regionale Tochtergesellschaften etc.). E.ON ist der weltweit größte pri vate Energiedi enstleister. Abb. D-23: E.ON: Kurzprofil 2.8.2 Hintergrund der markenstrategischen Entwicklung Bereits bei Ankündigung der Fusion von Veba und Viag im September 1999 ist die Entscheidung gefallen, dem neue Unternehmen auch einen neuen Namen zu geben. Durch den Zusammenschluss beider Konzerne entsteht zunächst der größte private Energiedienstleister Europas. Veba und Viag zählten mit ihren Tochtergesellschaften PreussenElektra und Bayernwerk schon vor der Fusion zu den "großen Drei" der deutschen Energiewirtschaft. Da beide Namen in 112 Vgl. hierzu und zum Folgenden E.ON 2004a. Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis 189 der breiten Bevölkerung kaum bekannt waren, wurde die Fusion als Chance genutzt, im Rahmen einer Ein-Marken-Strategie eine Marke zu entwickeln, die ebenso für das Unternehmen steht wie für seine Aktie und Produkte.113 2.8.3 Entwicklung der virtuellen E.ON-Markenbildwelt Am Anfang des Aufbaus der Markenbildwelt (Abb. D-24) steht die Suche nach einem geeigneten Markennamen. Schlüsselbild: Farbe „Rot“ EON „Neue Energie“ Abb. D-24: E.ON: Schlüsselsignale der Marke Unmittelbar nach der Ankündigung der Fusion werden hierzu externe Spezialisten beauftragt und Mitarbeiter aufgefordert, sich an diesem kreativen Prozess zu beteiligen. Die Kriterien für den neuen Namen: Er muss den Geist des Konzerns wiedergeben, für Anleger und Kunden im In- und Ausland leicht einprägsam sein, er darf keinen Anlass zu Verwechslungen geben. Außerdem müsse er sich grafisch in einer attraktiven Form darstellen lassen114 und solle möglichst kein Kunstname sein. In der Verwendung eines solchen Namens sah man die Gefahr der Gesichtslosigkeit und Austauschbarkeit.115 Nach Prüfung von Hunderten von Vorschlägen und Marktforschungen in Deutschland, Großbritannien und Frankreich kristallisiert sich der Name Eon als klarer Favorit un113 114 115 Vgl. o.V. Die Welt 2001. Vgl. E.ON 2004b. Vgl. a.a.O. 190 Kapitel D ter allen Namensalternativen heraus.116 E.ON ist nicht nur eine englische Variante des griechischen „Aeon" („Ewigkeit“, „Unendlichkeit“), sondern steht mit seiner modernen Schreibweise auch für Energie („E“) und Aufbruch („ON“) in die Welt von morgen.117 Die Kürze des Namens soll sich als Vorteil bei der Gestaltung des Markenzeichens erwiesen haben. Eng an markentechnischen Anforderungen wie Einzigartigkeit und Unverwechselbarkeit orientiert, entsteht in einer spielerischen Mischung aus runden und eckigen Elementen das Design der Wortmarke E.ON: leuchtend rot, fast organisch, kraftvoll, stark und ungewöhnlich.118 "Es wurde überall als Zeichen einer Firma empfunden, die sympathisch, frisch und unbürokratisch ist. Ein Logo für ein flexibles Unternehmen, das mit einer sich rasch verändernden Welt Schritt hält."119 Damit ruft das Zeichen jene Assoziationen hervor, die dem zuvor definierten Markencharakter entsprachen.120 Die Farbe Rot wird in der Folge zur Konzernfarbe und zum visuellen Schlüsselmotiv des Markenauftritts. 2.8.4 Kommunikation der Marke Auch E.ON betreibt seit dem ersten Markenauftritt einen breit angelegten Kommunikationsmix aus Werbung (Tageszeitungen, Publikumsmagazine, Radio, Fernsehen, Großplakate, Bannerwerbung im Internet etc.), Internetauftritt und Sponsoring. Die erste Kampagne im Sommer 2000 thematisierte - ohne Absenderangabe - die Schlüsselfarbe Rot: Zwei Wochen lang ist es fast nicht möglich, den roten Zeitungsseiten, Plakaten und TV-Spots zu entgehen: „Deutschland sieht rot.“121 Die anonyme Kampagne sollte für Neugier und Spannung sorgen, wer wohl dahinter stehe. Erst als die neue Konzernfarbe "gelernt" war, wird das Geheimnis gelüftet: Auf den roten Flächen sind das Logo und der Claim "Neue Energie" zu sehen (Abb. D-25, links).122 In weiteren Phasen galt es, E.ON als innovative und kundenorientierte Markenpersönlichkeit aufzubauen und mit konkreten Produkten zu füllen.123 Hier setzte E.ON auf den Aufmerksamkeitswert und die Beliebtheit von prominenter Persönlichkeiten: So spielte Götz George die Hauptrolle in einem TV-Spot und warb auf Großplakaten („Alles e.on zu Hause?“, Abb. D-25, Mitte), Veronica Ferres bewarb das Produkt E.ON AquaPower, Arnold Schwarzenegger stand für E.ON MixPower („Mix it, Baby!“). Die Motive, die der Verbraucher im Fern116 117 118 119 120 121 122 123 An der Gestaltung des Markennamens waren zwei Agenturen beteiligt: Der Vorschlag des Namens Eon stammt von der Agentur Citigate Demuth, die Schreibweise E.ON von der Londoner Agentur Wolff Olins (vgl. E.ON 2004b). Vgl. E.ON 2004b. Vgl. o.V. Die Welt 2001. Keshen Teo, Creative Director der Londoner Agentur Wolff Olins und Gestalter des Logos, zitiert nach E.ON 2004b. Vgl. o.V. Die Welt 2001. Zitat einer großen deutschen Tageszeitung. Vgl. o.V. Die Welt 2001. Vgl. E.ON 2004c. Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis 191 sehen sah, fand er auf Anzeigen in Zeitungen, Zeitschriften und auf Plakatwänden wieder. In Bezug auf den Bekanntheitsgrad war die Kampagne überaus erfolgreich: Zum Jahresende 2001 stieg die gestützte Markenbekanntheit auf 93 Prozent,124 nur knapp anderthalb Jahren nach Markteintritt war E.ON damit eine der bekanntesten Marken Deutschlands. Abb. D-25: E.ON: Print-Werbekampagnen 2000 (Markteinführung: Dramatisierung Markenname und Farbe), 2001 (Image und Produktwerbung) und 2003 (Schaffung einer „On-Community“) In einer weiteren multimedialen Kampagne (Plakate, Anzeigen, Funk- und Fernseh-Spots) stellte E.ON - erneut ohne Absenderangabe - Ende 2002 die Frage: „Sind Sie on?“. Unter der beworbenen Internetadresse www.ich-binon.de präsentierte E.ON ein Forum für jeden, „der sich in kreativen und interessanten Beiträgen selbst darstellen und seine persönliche On-Story erzählen wollte.“125 Mit dem Ziel der Gründung einer Marken-Community wurde neben attraktiven Gewinnen auch die Möglichkeit zur Mitwirkung an einer OnWerbekampagne in Aussicht gestellt. Zwischen November 2002 und Januar 2003 wurden ein paar Dutzend „On-People“ und ihre Projekte ausgewählt und standen im Mittelpunkt der nächsten Kampagnen-Phase. Vorgestellt wurden Frauen und Männer, die „entschlossen und zielstrebig ihren Weg gehen, dabei Hürden überwinden und nicht aufgeben. Menschen eben, die on sind“.126 Die Motive, die ab Mitte Oktober 2003 erschienen, schlossen den Kreis zu E.ON und rückten ausgewählte Mitarbeiter - stellvertretend für viele ihrer Kollegen aus dem Konzern - ins Zentrum der Kampagne (Abb. D-25, rechts). 2.8.5 Kritische Kurzbewertung Betrachtet man die Marke E.ON vor dem Hintergrund der Unsichtbarkeit der Marktleistungen, offenbart der Markenauftritt große Mängel. Versteht man 124 125 126 Vgl. McKinsey & Company/ MCM Marketing Centrum Münster 2002, S. 11 f. E.ON 2004d. A.a.O. 192 Kapitel D Markenzeichen und Schlüsselbild als zentrale Elemente der Markenbildwelt, so stehen diese im Falle E.ON - trotz einer möglicherweise als ansprechend zu bewertenden formalen Gestaltung - isoliert nebeneinander, ohne sich gegenseitig zu unterstützen. Zum einen stellt sich der Markenname als ebenso abstrakt dar wie die unter ihm verkauften Produkte, zum anderen geben Markenname, Wortmarke, Farbe und Claim („Neue Energie“) keinerlei Hinweis auf eine leistungsbezogene Positionierung der Marke. Die Markenbildwelt spiegelt so in ihrer Wirkung den Prozess ihrer Entstehung wider und weist eine gewisse Beliebigkeit auf, ohne eine kreative Idee oder eine relevante Positionierung unmittelbar zu transportieren. Den Maßnahmen zur Kommunikation der Marke kommt daher keine unterstützende, sondern eine grundsätzliche Funktion zu: Sie sind erforderlich, um die Marke mit Bedeutung und Inhalt aufzuladen. Der Aufbau eines relevanten inneren Vorstellungsbildes über die Marke selbst kann sich dadurch nicht einstellen. Die Problematik der nachhaltigen Visualisierung und Verankerung, deren Lösung aus kognitionspsychologischer Sicht die zentrale Aufgabe des virtuellen Service Branding darstellt, verlagert sich somit vom unsichtbaren Produkt auf die abstrakte Marke. Dieses Bewertungsergebnis auf Basis kognitionspsychologischer Implikationen deckt sich mit verschiedenen Beobachtungen, welche die mangelnde konsumentenseitige Verhaltenswirkung der Marke E.ON unterstreichen. So stehen die regionalen Tochtergesellschaften und Vertriebsgesellschaften - etwa E.ON Hanse oder E.ON Bayern - vor dem Problem, die Konzernmarke durch Korrektur der Positionierung dem Kunden näher bringen zu müssen. Für E.ON Bayern wurde eine Kampagne mit dem Aktionsclaim „Mit Sicherheit faire Preise“,127 für E.ON Hanse ein Konzept für einen stärkeren Regionalbezug entwickelt.128 Ein weiteres Beispiel für das Wirkungsdefizit der Marke E.ON stellt die „Mix it, Baby!“-Kampagne unter Einbindung des Testimonials Arnold Schwarzenegger dar: Bei geschätzten Werbeausgaben in Höhe von 22,5 Millionen EUR konnten laut Presseberichten129 gerade mal 1.100 Neukunden geworben werden. Somit betrugen die Akquisitionskosten pro Kunde rund 20.500 EUR. „Angesichts eines durchschnittlichen Jahresumsatzes von geschätzten 600 EUR pro Kunde dürften sich diese Ausgaben selbst über die Kundenlebenszeit kaum amortisieren.“130 Als ebenfalls gescheitert ist der Versuch zu werten, über die breit angelegte „On“-Kampagne eine Brand Community - etwa im Stile von Coca Cola, eBay oder anderer Top-Marken - zu etablieren. Am 1. März 2004 wurde die Community-Plattform geschlossen.131 127 128 129 130 131 Vgl. Portamundi 2004. Vgl. Seemann 2003. Vgl. o.V. Spiegel-Online 2002. McKinsey & Company/ MCM Marketing Centrum Münster 2002, S. 11 f. Vgl. E.ON 2004d. Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis 3. 193 Cross-Case-Analyse: Fallübergreifende Auswertung und Interpretation 3.1 Überblick Die acht Fallstudien zum virtuellen Service Branding in der Praxis zeigen, dass branchenübergreifend sämtliche Unternehmen - mit Ausnahme von mobilcom der Visualisierung von unsichtbaren Dienstleistungen und der damit verbundenen Möglichkeit, ein inneres Vorstellungsbild im Gedächtnis des Konsumenten zu verankern, einen hohen Stellenwert einräumen. Dieses Ergebnis stützt die konzeptionell abgeleitete Basishypothese H0,132 nach der ein genereller Wirkungszusammenhang zwischen visuellem Markenwissen und Markenerfolg vermutet wurde. Ferner zeigen die Fallstudien, dass fast ausnahmslos alle Anbieter auf unterschiedlichen Wegen und mit unterschiedlichem Erfolg versuchen, unsichtbare Dienstleistungen mit Hilfe virtueller Markenbildwelten im Sinne der Gestaltungshypothese H2133 zu visualisieren. Die Unterschiede bei der Entwicklung, Einführung und Durchführung der dargestellten Markenauftritte sind dabei auf unterschiedliche Ansätze und Vorgehensweisen zurückzuführen, die zum Teil auch durch die situative Ausgangsbedingung des jeweiligen Dienstleisters beeinflusst werden. So stellen sich - in Abhängigkeit von der situativen Variable Unternehmensalter bzw. Zeitpunkt des Markteintritts - einige aktuelle Markenauftritte als das Ergebnis einer neuen Markenkonzeption (Arcor, O2, E.ON, Yello Strom) dar, andere wiederum als das Ergebnis einer Repositionierung (debitel) oder völligen Neugestaltung (E-Plus) des bereits bestehenden Markenauftritts. Besonders gut lassen sich die verschiedenen Vorgehensweisen beim Aufbau virtueller Markenbildwelten im Zusammenhang mit der Entstehung und Funktion von Markennamen und -zeichen verdeutlichen: So entstanden einige Markennamen und -zeichen im Vorfeld des Markenauftritts und stellen formale oder auch inhaltliche Ausgangspunkte der Markenbildweltentwicklung dar (Arcor, debitel, Vodafone, E.ON beziehungsweise E-Plus), während andere das Ergebnis einer zentralen Positionierungs- oder Kommunikationsidee sind (O2, Yello Strom). Vor dem Hintergrund dieser unterschiedlichen Ansätze und Vorgehensweisen werden die Fallobjekte im folgenden Kapitel in ergebnisorientierte Cluster zusammengefasst und analysiert, um über die damit mögliche Abstraktion der Einzelfälle fallübergreifende Erkenntnisse zu gewinnen. 132 133 Vgl. Kapitel C 4. Vgl. Kapitel C 4.2. 194 Kapitel D 3.2 Fallübergreifende Auswertung Wie insbesondere die jeweiligen Kurzbewertungen der Fallstudien aufzeigen, resultieren aus den verschiedenen Ansätzen unterschiedlich stark integrierte Markenbildwelten. Das Kriterium Integrationsgrad, das entsprechend der Gestaltungshypothese H3a als zentrales Effizienzkriterium virtueller Markenbildwelten vermutet wird, dient nachfolgend zur Bildung der beiden Cluster hoch integrierte Markenbildwelten und gering integrierte Markenbildwelten. Sieben134 Einzelfallobjekte werden jeweils in Abhängigkeit des Kurzbewertungsergebnisses einem dieser Cluster zugeordnet und clusterspezifisch analysiert. Mit dieser übergreifenden Fallstudienauswertung wird das Ziel verfolgt, signifikante Gemeinsamkeiten innerhalb und signifikante Unterschiede zwischen den Clustern stärker herauszuarbeiten, um - entsprechend der realitätsorientierten Forschungsausrichtung dieser Arbeit - durch die Aggregation der einzelfallspezifischen Beobachtungsergebnisse übergeordnete und übertragbare Erkenntnisse im wissenschaftlichen Sinne gewinnen zu können. 3.2.1 Virtuelle Markenbildwelten mit hohem Integrationsgrad Ein Vergleich der einzelfallspezifischen Kurzbewertungen zeigt, dass die Markenbildwelten von E-Plus, O2 und Yello Strom den höchsten Integrationsgrad aufweisen, da die Schlüsselsignale in allen drei Fällen in formalem und inhaltlichem Beziehungszusammenhang stehen. Die formale Verbindung ergibt sich aus der durchgängigen Verwendung von Formen oder Farben: So ist im Falle von E-Plus das Schlüsselsymbol Pluszeichen visueller oder verbaler Bestandteil aller Markenelemente, die Farbe Grün dominiert das Markenzeichen und Schlüsselsymbol. Im Falle von O2 und Yello Strom sind ebenfalls die Farben (Blau bzw. Gelb) das formale Bindeglied zwischen Markenzeichen und Schlüsselsymbol („Bubbles“ bzw. Gelb als Schlüsselfarbe). Die inhaltliche Verbindung ergibt sich jeweils aufgrund des Bedeutungszusammenhangs von visuellen oder verbalen Elemente, welche die zugrunde liegende kommunikative Leitidee und leistungsbezogene Positionierung widerspiegeln: So verkörpert im Falle von E-Plus (Abb. D-25) das Pluszeichen als visueller und verbaler Bestandteil aller Schlüsselsignale die Leitidee „Ein Plus verbindet“ und ermöglicht die Assoziation positionierungsrelevanter Konnotationen (sympathisch, kundenfreundlich, leistungsorientiert etc.). Gleiches gilt für die Marken O2 und Yello Strom: Im ersten Fall stehen Markenname, 134 Wie die Fallstudie zum aktuellen Markenauftritt von mobilcom aufzeigt, hat der Service Provider - bedingt durch seine rudimentären Service-Branding-Aktivitäten - als einziger unter den analysierten Anbietern (noch?) keine Markenbildwelt entwickelt. Infolgedessen kann die weitere Betrachtung dieses Falls keinen Erkenntnisbeitrag zum virtuellen Service Branding leisten, weshalb die „Marke“ von der folgenden Analyse ausgeschlossen wird. Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis 195 Markenzeichen und Schlüsselbild („Bubbles“) als Ausdruck für die Markenidee „essential for living“, sie verkörpern gleichzeitig positionierungsrelevante Attribute (Transparenz, Frische, Aktivität, Innovation etc.) und stellen in der komplementären verbalen und visuellen Verknüpfung (O2 Bubbles Blau) ein in sich geschlossenes Bedeutungssystem dar. Auch im Falle von Yello Strom stehen alle Schlüsselsignale für eine Markenidee („Strom ist gelb“) und ermöglichen die Assoziation positionierungsrelevanter Bedeutungsinhalte (frisch, frech, fröhlich). Den drei Fallobjekten ist ferner gemein, dass sie Markenclaims zur Verbalisierung der Markenidee einsetzen. Als einzige Ausnahme verbindet Yello Strom über den alliterativen Claim „Gelb. Gut. Günstig.“ Markenidee und Leistungsnutzen. Ù Ù Bedeutungszusammenhang/ Bedeutungswirkung „E-Plus“ Kreati ve Leitidee: „Ein Plus verbindet“ Claim: Ein + verbindet Abb. D-26: Integrierte Markenbildwelt am Beispiel von E-Plus: Bedeutungszusammenhänge und -wirkungen der Schlüsselsignale Weitere Gemeinsamkeiten bestehen im Einsatz verschiedener Instrumente der Markenkommunikation: Die drei Fallobjekte nutzen klassische Werbung und sonstige Kommunikationsmedien als Instrument zur themenspezifischen Aktualisierung der Markenbildwelt beziehungsweise zur Dramatisierung positionierungsrelevanter Attribute. Die jeweiligen Markenbildwelten dienen dabei jeweils als integrierte Kommunikationsplattform, auf denen unterstützende nut- 196 Kapitel D zen- oder imagebezogene Botschaften präsentiert werden. Die hiermit vollzogene gedankliche Trennung von Markenbildwelt und Markenkommunikation und deren jeweiligen unterschiedlichen Funktionen werden besonders am Beispiel von O2 deutlich: Während die Markenbildwelt zentral im Auftrag der mmO2-Holding entwickelt und international vorgegeben wird, erfolgt die Ausführung der Markenkommunikation im Rahmen definierter Gestaltungsregeln in den einzelnen Zielländern. Hierdurch wird eine größere Nähe zum individuellen Konsumenten gewährleistet, da die Markenbildwelt jeweils landesspezifisch aktualisiert und thematisiert werden kann. Als zentrales Ergebnis der fallübergreifenden Auswertung dieses Clusters bleibt festzuhalten, dass integrierte virtuelle Markenbildwelten in der Praxis aus der Kombination selbsterklärender Schlüsselsignale bestehen, die - neben ihrer formalen Integration - durch einen unmittelbaren Bedeutungszusammenhang miteinander verbunden sind. Diese Gestaltungselemente sind das Resultat eines integrierten Service-Branding-Prozesses,135 in dessen Mittelpunkt eine alles vernetzende, kreative Leitidee zur Visualisierung überwiegend konnotativer Positionierungsattribute der Marke steht. Hoch integrierte virtuelle Markenbildwelten können daher auch als selbstreferentielles Bedeutungssystem beziehungsweise als selbstreferentielle virtuelle Markenbildwelt136 bezeichnet werden, die quasi „aus sich selbst“ heraus entsteht und sich selbst erklärt. Eine integrierte virtuelle Markenbildwelt stellt somit eine auf Kontinuität ausgerichtete Kommunikationsplattform dar, die durch ergänzende Maßnahmen der Markenkommunikation thematisch aktualisiert und dramatisiert wird. 3.2.2 Virtuelle Markenbildwelten mit Integrationsdefiziten Wie der Vergleich der einzelfallspezifischen Kurzbewertungen ferner zeigt, weisen die Markenbildwelten der übrigen vier Anbieter (Arcor, debitel, Vodafone, E.ON) unterschiedlich starke Integrationsdefizite insbesondere bezüglich der Bedeutungszusammenhänge zwischen den einzelnen Markenelementen auf. Hinsichtlich des formalen Beziehungszusammenhangs ist dagegen in den letzten Jahren eine zunehmende Professionalisierung festzustellen, die sich vor allem durch die integrierte Gestaltung von Kommunikationsmaßnahmen und Layouts bemerkbar macht. 135 136 Als situative Besonderheit der clusterspezifischen Auswertung kann festgehalten werden, dass der integrierte Service-Branding-Prozess im Falle von E-Plus an dem bestehenden Markennamen ansetzt (Repositionierung der Marke und Relaunch der Markenbildwelt), während die Marken O2 und Yello Strom jeweils das Ergebnis eines integrierten Service-Branding-Prozesses darstellen. Erläuterung: Selbstreferentielle Markenbildwelten sind immer dann auch virtuell, wenn sie sich visuell nicht - wie im Falle unsichtbarer Dienstleistungen - auf den der Markenbildwelt zu Grunde liegenden Markenträger beziehen oder beziehen können. Wenn im Folgenden vereinfachend von selbstreferentiellen Markenbildwelten gesprochen wird, sind daher immer selbstreferentielle virtuelle Markenbildwelten gemeint. Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis 197 Auf der Bedeutungsebene dieser Markenauftritte besteht eine zentrale Gemeinsamkeit in Bezug auf den Markennamen: Sämtliche Namen sind abstrakt und damit nicht in der Lage, konkrete bildhafte Bedeutungsinhalte zu vermitteln. Zwei Ursachen sind für diesen Sachverhalt verantwortlich: Im Falle von debitel und Vodafone resultieren die Markennamen, wie gezeigt, aus der Phase des frühen Markteintritts der Unternehmen, in der Namen primär zur Bezeichnung von Unternehmen und Geschäftszweck entwickelt und eingesetzt wurden. Während die Entstehungsgründe hier situativ begründet sind, resultieren die Entwicklung der Markennamen Arcor und E.ON auf dem zielgerichteten Kalkül, einen jeweils differenzierenden, unbesetzten und „klangvollen“ Markennamen für ein Unternehmen zu finden. Die originäre inhaltliche und visuelle Bedeutungslosigkeit der Namen in Kauf nehmend, sollten diese mit Hilfe der Markenkommunikation „aufgeladen“ werden, um Assoziationen über positionierungsrelevante Denotationen und Konnotationen zu ermöglichen. Bedeutungszusammenhang/ Bedeutungswirkung „Arcor“ Kein Bedeutungszusammenhang / keine Bedeutungswirkung Kreative Leitidee: „telephone people“ „debitel“ Kreative Leitidee: „Kommunikation ist alles“ Claim: „the telephone people“ Claim: „Kommunikation ist alles“ „Eon“ „Vodafone“ Kreative Leitidee: „Neue Energie“ Kreative Leitidee: Farbe „Rot“ Claim: „Neue Energie“ Claim: „how are you?“ Abb. D-27: Teilintegrierte Markenbildwelten im Vergleich: Bedeutungszusammenhänge und -wirkungen der Schlüsselsignale Wie sich an allen Beispielen aufzeigen lässt (Abb. D-27), stehen infolgedessen die beiden Gestaltungselemente Markenzeichen und Schlüsselbild allenfalls in einem formalen Beziehungszusammenhang zum Markennamen, während die 198 Kapitel D inhaltlichen Bedeutungszusammenhänge dieser Elemente jedoch mehr oder weniger starke Integrationsdefizite aufweisen. In der weiteren Folge müssen ergänzende Maßnahmen der Markenkommunikation, allen voran die klassische Werbung, die Aufgabe der Markenvisualisierung und Markenaufladung leisten. Dabei sind besonders Unterschiede in der Flexibilität und kreativen Umsetzung festzustellen: Während beispielsweise debitel mit der Rahmenszene „Kommunikation“ eine statische Kommunikationsplattform besitzt, verfügt Arcor mit den „Rotschöpfen“ über ein flexibel einsetzbares, kreatives Visualisierungselement. Im Kern also resultieren teilintegrierte Markenbildwelten aus einem fragmentarischen Service-Branding-Prozess, innerhalb dessen die Konzeption und Gestaltung der Schlüsselsignale getrennt erfolgt. Dies zeigt sich exemplarisch im direkten Vergleich der Marken E.ON und Yello Strom, die auf den ersten Blick einige Gemeinsamkeiten aufweisen: Beide Markennamen sind aus vorhandenen Begriffen („Äon“ vs. „Yellow“) abgeleitet, beide Marken besetzten als Schlüsselmotiv eine bestimmte Farbe („Rot“ vs. „Gelb“), beide Marken wollen ähnliche Attribute der emotionalen Positionierung vermitteln („sympathisch, frisch, unbürokratisch“ vs. „frisch, frech, fröhlich“). Während jedoch die Markenbildwelt von Yello Strom aufgrund ihrer virtuellen Selbstreferentialität eine Markenidee und eine eindeutige nutzenorientierte Botschaft vermittelt, stehen die Markenelemente E.ONs zwar formal integriert, aber inhaltlich isoliert und beliebig nebeneinander. Im Ergebnis zeigt die Auswertung dieses Clusters, dass gering integrierte Markenbildwelten in Ermangelung einer ganzheitlichen, kreativen Leitidee aus einer Kombination mehr oder weniger isolierter Schlüsselsignale besteht, die in der Regel keinen eigenständigen Beitrag zum Aufbau visuellen Markenwissens oder zur Vermittlung positionierungsrelevanter Attribute leisten können. Markenbildwelten mit hohen Integrationsdefiziten können daher auch als fragmentierte Markenbildwelten bezeichnet werden, da sie in der Regel keine eigenständige Markenidee verkörpern und daher auf die Aufladung durch Markenkommunikation angewiesen sind. Insbesondere der Werbung kommt hier, im Unterschied zur Situation selbstreferentieller virtueller Markenbildwelten und neben ihren eigentlichen Funktionen, die kampagnenübergreifende Daueraufgabe zu, die Marke zu visualisieren und/oder inhaltlich aufzuladen.137 3.2.3 Zwischenfazit Als ein zentrales Ergebnis der clusterspezifischen Fallstudienauswertung ist festzuhalten, dass die erfolgreiche Entwicklung und Einführung selbstreferentieller virtueller Markenbildwelten einen integrierten Service-Branding-Prozess 137 In diesem Fall führt ein Wechsel der Werbeagentur dann oftmals zu einer Veränderung des Markenauftritts. Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis 199 voraussetzt, in dessen Mittelpunkt eine alles vernetzende, kreative Leitidee zur Umsetzung der Soll-Positionierung der Marke steht. Dagegen spiegeln teilintegrierte beziehungsweise fragmentierte Markenbildwelten das Ergebnis eines Service Branding unter ungünstigen situativen Bedingungen oder unter Nichtberücksichtigung zentraler markentechnischer Anforderungen wider. Abbildung D-28 fasst diese Resultate der Betrachtung nochmals in einer vergleichenden Gesamtübersicht zusammen. Formaler Beziehungszusammenhang der Schlüsselsignale hoch selbstreferentielle Mark enbildwelten E-Plus Yello o2 Arcor debitel E.ON Vodafone mobilcom fragmentierte Mark enbildwelten niedri g Inhaltlicher Bedeutungszusammenhang der Schlüsselsignale hoch Abb. D-28: Übersicht: Vergleich der Markenbildwelten nach dem Grad ihrer Integration 3.3 Bewertung und Interpretation Insgesamt zeigt die vorgenommene Fallstudienforschung, dass sich in der Entwicklung und Einführung von virtuellen Markenbildwelten in der Praxis zentrale Aussagen der konzeptionell erarbeiteten Hypothesen widerspiegeln: Die untersuchten selbstreferentiellen Markenbildwelten sind jeweils das Ergebnis einer ganzheitlichen, kreativen Leitidee zur Visualisierung überwiegend konnotativer Positionierungsattribute (vgl. hierzu Gestaltungshypothese H1 [Leitidee]). 200 Kapitel D Sämtliche Anbieter unsichtbarer Dienstleistungen versuchen, über eine Kombination von Markennamen, Markenzeichen und Schlüsselbild eine virtuelle Markenbildwelt zu entwickeln, die den Aufbau visuellen Markenwissens in Form innerer Markenbilder im Gedächtnis des Konsumenten ermöglicht (vgl. hierzu Gestaltungshypothese H2 [Markenbildwelt] sowie Hypothese H0 [Basishypothese]). Die untersuchten selbstreferentiellen Markenbildwelten zeichnen sich durch starke Beziehungszusammenhänge (formaler Integrationsgrad) und Bedeutungszusammenhänge (inhaltlicher Integrationsgrad) der Schlüsselsignale aus (vgl. hierzu Gestaltungshypothese H3a [Integrationsgrad]). Die untersuchten selbstreferentiellen Markenbildwelten zeichnen sich durch einen hohen Beitrag zur Vermittlung insbesondere konnotativer Positionierungsattribute aus (vgl. hierzu Gestaltungshypothese H3b [Positionierungsbeitrag]). Denotative, nutzenorientierte Positionierungsattribute werden zum Teil durch Claims, in allen Fällen aber über die klassische Werbung kommuniziert. Die untersuchten selbstreferentiellen Markenbildwelten zeichnen sich durch einen hohen Selbsterklärungsgrad der Schlüsselsignale aus. Jedes Schlüsselsignal trägt einzeln zur teilweisen oder gesamten Vermittlung der Positionierungs- oder Markenidee bei (vgl. hierzu Gestaltungshypothese H3c [Selbsterklärungsgrad]). Die untersuchten selbstreferentiellen Markenbildwelten zeichnen sich durch eine hohe kreative Eigenständigkeit des Markenauftritts aus, die jeweils auf der Umsetzung einer kreativen Leitidee basiert (vgl. hierzu Gestaltungshypothese H3d [kreative Profilierung]). Insbesondere die untersuchten selbstreferentiellen Markenbildwelten zeich- nen sich durch eine hohe Flexibilität ihrer Gestaltungselemente aus, die einen variablen Einsatz im Rahmen ergänzender Kommunikationsmaßnahmen ermöglicht (vgl. hierzu Gestaltungshypothese H3e [Flexibilität]). Die untersuchten selbstreferentiellen Markenbildwelten dienen als Kommu- nikationsklammern, innerhalb derer die Konzeption und Durchführung jeweiliger Werbekampagnen und sonstiger Maßnahmen der Markenkommunikation stattfinden (vgl. hierzu Gestaltungshypothese H4a [Integration der Markenkommunikation]). Die untersuchten Werbekampagnen zeichnen sich insbesondere bei selbstreferentiellen Markenbildwelten dadurch aus, dass sie über die Dramatisierung konnotativer und denotativer Positionierungsattribute zu einer Aktualisierung der Marke beitragen (vgl. hierzu Gestaltungshypothese H4b [Funktion der Markenkommunikation]). Als ein Ergebnis der übergreifenden Fallstudienauswertung ist damit zu konstatieren, dass die gestaltungsbezogenen Kernaussagen der konzeptionell ab- Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis 201 geleiteten Hypothesen insbesondere durch die beobachtete Entwicklung und Einführung selbstreferentieller virtueller Markenbildwelten in der Praxis bestätigt werden. Um die Validität des in den Hypothesen postulierten Wirkungszusammenhangs zwischen Gestaltungsaussagen und Markenerfolg (Kommunikationseffizienz) zu bewerten, können insbesondere quantitative Messergebnisse über den spezifischen Markenerfolg herangezogen werden. Wie in den Kurzbewertungen der jeweiligen Fallstudien dargestellt, bestätigen zahlreiche psychologische und quantitative Studien den überdurchschnittlichen Erfolg der untersuchten Dienstleistungsmarken mit selbstreferentiellen virtuellen Markenbildwelten im Sinne der Auffassung dieser Arbeit: Diese erzielen jeweils nach Einführung der integrierten Markenbildwelt beispielsweise die höchste Werbeerinnerung aller Wettbewerber (E-Plus)138, das größte Wachstum trotz der geringsten Werbeaufwendungen im Markt (O2)139 oder trotz eines fünfmal geringeren Werbebudgets als der Hauptwettbewerber (E.ON) eine gleich hohe Werbeerinnerung (Yello Strom)140. Zusammenfassend können damit als Ergebnis der Fallstudienforschung folgende zentralen Erkenntnisse formuliert werden: Die Gestaltungshypothesen zum erfolgreichen Aufbau innerer Markenbil- der für unsichtbare Dienstleistungen, die aus den konzeptionell gewonnenen Erkenntnissen sowie den Ergebnissen der Markenumfeldanalyse im Telekommunikationsmarkt deduziert wurden, werden tendenziell beziehungsweise deutlich bestätigt (Abb. 29). Diese Beurteilung lässt sich vor dem Hintergrund der gewonnenen empirischen Forschungsergebnisse sowie aufgrund des offenbar deutlichen Wirkungszusammenhangs zwischen selbstreferentiellen virtuellen Markenbildwelten und dem Erfolg von Marken für unsichtbare Dienstleistungen vornehmen. Die Gestaltungshypothesen werden branchenübergreifend auf dem Tele- kommunikations- und dem Energiemarkt bestätigt. Der postulierte Zusammenhang zwischen der Unsichtbarkeit von Dienstleistungen und dem Aufbau innerer Markenbilder, der sich in der Formulierung der Hypothesen manifestierte, wird damit ebenfalls tendenziell bestätigt. Die Schlüsselsignale Markenname, Markenzeichen und Schlüsselbild haben sich als zentrale Elemente virtueller Markenbildwelten bestätigt. 138 139 140 Quelle: RSG Marketing Research, zitiert nach Gesamtverband Kommunikationsagenturen (GWA) 2004, S. 386. Vgl. Gesamtverband Kommunikationsagenturen (GWA) 2004, S. 391 f. Quelle: GFK Mindshare, zitiert nach Gesamtverband Kommunikationsagenturen (GWA) 2003, S. 72. 202 Kapitel D Markenclaims spielen als ergänzendes Element virtueller Markenbildwelten und damit als ergänzendes Markensignal für unsichtbare Dienstleistungen eine wichtige Rolle. Virtuelle Markenbildwelten sind kommunikationseffizient, wenn sie selbstre- ferentiell sind, das heißt ein hochintegriertes, in sich geschlossenes Bedeutungssystem darstellen, das „aus sich selbst“ heraus entsteht und sich selbst erklärt. Selbstreferentielle virtuelle Markenbildwelten sind somit auch dadurch charakterisiert, dass sie unabhängig von Maßnahmen der Markenkommunikation Bedeutung besitzen. Virtuelle Markenbildwelten sind kommunikationsineffizient, wenn sie nur teilintegriert beziehungsweise fragmentiert sind.141 Selbstreferentielle virtuelle Markenbildwelten sind stets das Ergebnis eines integrierten Service-Branding-Prozesses, dessen Ausgangspunkt eine kreative Leitidee darstellt. Die kreative Leitidee steht dabei in enger Wechselbeziehung zur strategischen Leitidee (Positionierung). Selbstreferentielle virtuelle Markenbildwelten tragen primär zur Differenzie- rung der Marke auf der Ebene konnotativer Attribute der Markenidee beziehungsweise der Markenpositionierung bei. Selbstreferentielle virtuelle Markenbildwelten bilden die Kommunikations- plattform sämtlicher weiterer Maßnahmen der Markenkommunikation (Werbung, Internetauftritt etc). Werbekampagnen für selbstreferentielle Markenbildwelten zeichnen sich durch eine hohe inhaltliche Integration aus, indem sie maßgeblich zur Dramatisierung und Aktualisierung konnotativer Positionierungsattribute beitragen. Denotative nutzen- oder leistungsbezogene Attribute der Marke werden primär durch Claims oder Werbekampagnen kommuniziert. Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse steht der Aufbau selbstreferentieller Markenbildwelten als Kernaufgabe des virtuellen Service Branding im Mittelpunkt anwendungsorientierter Gestaltungsempfehlungen, deren Formulierung im folgenden Kapitel vorgenommen wird. 141 Vgl. hierzu und zum nächsten Punkt Langner, der auf Basis experimenteller Untersuchungen von Wort-Bild-Kombinationen zu dem Ergebnis gelangt, dass durch die mangelnde Integration von Markenname und Markenbild „enormes Kommunikationspotential verschenkt wird“ (2003, S. 269). In el te t (fo gra rm tio al ns ) gr In ad te g (i n r a ha tio ltl ns ic g h) ra Po d si tio ni er un gs Se be lb st itr er ag kl är u ng Kr sg ea ra tiv d e Pr of il i Fl er ex un ib g il i tä t In te M gra a r ti ke on nk om Fu nk m M ti un ar o n ik ke at nk io n om m un ik at io n 203 nb ild w ke ar M Marke Le iti de e Fallstudien: Virtuelles Service Branding in der Praxis Gesamt Arcor o- ++ - ++ - o - o- o- + - +- + - +- + debitel o- ++ - ++ - o - o- - o - o- + - +- o E-Plus ++ + ++ + ++ + ++ + ++ + ++ + ++ + ++ + ++ + ++ + ++ Mobilcom --o -o -o -o -o -o -o -o -o -+ -- O2 ++ - ++ - ++ - ++ - ++ - ++ - ++ - ++ - ++ - ++ - ++ Vodafone --- ++ - +- --- - -- - +- + - +- - Yello Strom ++ - ++ - ++ - ++ - ++ - ++ - ++ - ++ - ++ - ++ - ++ -- ++ - +- --- - -- - +- + - +- - E.ON Legende/Lesart: Erfüllt die Marke (++) sehr gut, (+) gut, (o) mittel, (-) schlecht, (--) üb erhaupt nicht Grad der Unterstützung H 1 [Leitidee]: Erfolgreiche Marken für unsichtbare Dienstleistungen basieren auf einer strategischen Leitidee in Form einer relevanten Positionierung. tendenziell H 2 [Markenbildwelt]: Marken für unsichtbare Dienstleistungen sind um s o erfolgreicher, je besser es ihnen gelingt, durch den Einsatz s trategisch geplanter Schlüsselsignale (Markenname, Markenzeichen, Schlüsselbild) virtuelle Markenbildwelten zu erzeugen. deutlich H 3a [Integrationsgrad]: Virtuelle Markenbildwelten für unsichtbare Dienstleistungen s ind um so komm unikationseffizienter, je höher der inhaltliche und formale Integrationsgrad der Schlüsselsignale ist. deutlich H 3b [Positionierungsbeitrag]: Virtuelle Markenbildwelten für unsichtbare Dienstleistungen s ind um so komm unikationseffizienter, je höher der Beitrag der einzelnen Schlüsselsignale zur Vermittlung der Positionierung ist. deutlich H 3c [Selbsterklärungsgrad]: Virtuelle Markenbildwelten für unsichtbare Dienstleistungen s ind um so komm unikationseffizienter, je höher der Selbsterklärungsgrad der einzelnen Schlüsselsignale ist. deutlich H 3d [kreative Profilierung]: Virtuelle Markenbildwelten für unsichtbare Dienstleistungen s ind um so komm unikationseffizienter, je höher der eigenständige Beitrag der Markenbildwelt zu einer kreativen Profilierung ist. deutlich H 3e [Flexibilität]: Virtuelle Markenbildwelten für unsichtbare Dienstleistungen s ind um so komm unikationseffizienter, je flexibler ihre Einsatzmöglichkeiten im Rahmen der Markenkommunikation sind. deutlich H 4a [Integration der Markenkommunikation]: Maßnahmen der Markenkommunikation s ind um so kommunikationseffizienter, je besser sie formal und inhaltlich in die virtuelle Markenbildwelt integriert sind. deutlich H 4b [Funktion der Markenkommunikation]: Virtuelle Markenbildwelten für unsichtbare Dienstleistungen s ind um so komm unikationseffizienter, je mehr die Maßnahmen der Markenkommunikation zur Aktualisierung und Dramatis ierung konnotativer und denotativer Positionierungsattribute beitragen. tendenziell Abb. D-29: Gesamtübersicht: Bewertung der Fallobjekte und Beurteilung der Hypothesen 204 Kapitel D Implikationen für das virtuelle Service Branding E 205 Implikationen für das virtuelle Service Branding Die Aufgabe dieses abschließenden Kapitels besteht in der Formulierung von Implikationen, die sich als Quintessenz der gewonnenen Erkenntnisse für die Entwicklung und Einführung von Marken für unsichtbare Dienstleistungen bzw. für das virtuelle Service Branding ergeben. Entsprechend der Zielsetzung sowie der anwendungsorientierten Forschungsausrichtung liegt der Schwerpunkt dabei auf der Ableitung von Gestaltungsempfehlungen für die Praxis. Im Zentrum steht hier die Darstellung des grundsätzlichen Aufbaus und der Einführung selbstreferentieller Markenbildwelten, die, wie die Untersuchung gezeigt hat, aufgrund ihrer Kommunikationseffizienz am nachhaltigsten zur Erzeugung innerer Markenbilder im Gedächtnis des Konsumenten beitragen. Ferner werden in einem weiteren Schritt Maßnahmen zur Pflege vorhandener selbstreferentieller Markenbildwelten erörtert. Die anwendungsorientierten Empfehlungen werden abgeschlossen durch eine Diskussion über Handlungsoptionen für Dienstleister, die aus situativen Gründen über eine kommunikationsineffiziente beziehungsweise keine Markenbildwelt verfügen. Die Arbeit endet mit Implikationen für die Markenforschung, die auf dem Hintergrund der Ergebnisse und Forschungsmethodik dieser Arbeit formuliert werden. 1. Gestaltungsempfehlungen für die Praxis 1.1 Aufbau und Einführung selbstreferentieller Markenbildwelten Wie die Fallstudien verdeutlicht haben, sind selbstreferentielle virtuelle Markenbildwelten stets das Ergebnis eines integrierten Service-Branding-Prozesses aus den Kernelementen Leitidee, Schlüsselsignale und Markenkommunikation.1 Dieses Kapitel konzentriert sich daher auf die Diskussion dieser drei, in einem iterativen Beziehungszusammenhang stehenden Kernelemente. Aus Gründen der Zweckmäßigkeit erfolgt ihre Darstellung sequentiell. 1.1.1 Kreative Leitidee generieren Die Entwicklung einer selbstreferentiellen virtuellen Markenbildwelt ist - wie die Fallstudien gezeigt haben - stets das Ergebnis einer ganzheitlichen kreativen 1 Aus übergeordneter Sicht kann dieser Prozess auch als Bestandteil eines ganzheitlichen unternehmerischen Managementprozesses aufgefasst werden, dessen Ausgangspunkt in der Analyse interner und externer Anforderungsbedingungen (vgl. hierzu Kapitel C 2.2.1) sowie in der Ableitung derivativer Markenziele aus dem Globalziel der Dienstleistungsunternehmung (vgl. hierzu Kapitel C 2.2.2) besteht. Aus Gründen der problemorientierten Fokussierung wird auf eine derart erweiterte Darstellung jedoch verzichtet. 206 Kapitel E Leitidee, die zur Visualisierung konnotativer, aber auch denotativer Positionierungsattribute der Marke oder kurz: zur Visualisierung der strategischen Leitidee beiträgt.2 Strategische Leitidee und kreative Leitidee kennzeichnen dabei in der Regel auch die Schnittstelle zwischen Dienstleistungsunternehmen und Werbeagentur,3 was die enge Wechselbeziehung zwischen strategischer Positionierung und kreativer Umsetzung nochmals unterstreicht. Dabei gilt: Je präziser die strategische Leitidee zur Markenpositionierung formuliert ist, um so zielgerichteter kann die kreative Leitidee zur Markenbildwelt abgeleitet werden. Je unpräziser die strategische Leitidee zur Markenpositionierung formuliert ist, um so stärker muss die kreative Leitidee zu einer eigenständigen Profilierung der Dienstleistungsmarke beitragen. Wie die empirische Untersuchung gezeigt hat, bestehen auf den analysierten Dienstleistungsmärkten allerdings zentrale Schwierigkeiten in der Ableitung relevanter denotativer, d.h. leistungsbezogener Positionierungsdimensionen: Hier stehen zur dauerhaften Differenzierung lediglich Preis- oder Nischenstrategien zur Verfügung. Interessanterweise ist dieser für beide Branchen identische Sachverhalt auf völlig unterschiedliche situative Ursachen zurückzuführen: Auf dem Telekommunikationsmarkt haben konkrete leistungsbezogene Differenzierungsansätze aufgrund der hohen Veränderungsdynamik und Nachahmungsgeschwindigkeit des Marktes tendenziell nur kurzfristigen Bestand. Auf dem Energiemarkt hingegen unterliegt die Dienstleistung Stromlieferung einem geringen Innovations- und Veränderungsdruck: Hier ist aufgrund der Homogenität des Produkts eine marktweite leistungsbezogene Differenzierung kaum möglich. In beiden Fällen bleibt den Anbietern neben der Preisstrategie (z. B. „Aldi-Strom“ oder „Aldi-Tel“ als fiktive Positionierungsoptionen) der Gang in die Nische, etwa durch eine zielgruppenorientierte Markenpositionierungen (z. B. „Öko-Strom“4, „Mobilfunk für Senioren“). Für eine jeweils marktweite Markenpositionierung bleibt den Anbietern daher lediglich - neben der Preisstrategie - die Möglichkeit der Differenzierung auf konnotativer Ebene durch die Dramatisierung emotional-intuitiver Unique Selling Propositions. 2 3 4 Vgl. hierzu auch die Ausführungen in Kapitel C 2.2.3. Als „Gegenmodell“ zu einem zwischen Markeninhaber und Werbeagentur „geplanten“ Branding lassen sich in der Vergangenheit vor allem herausragende Eigentümerunternehmer finden, welche ihre Marken selbst und intuitiv entwickelt haben: so etwa Henri Nestlé (Nestlé, Vogelnest), Steve Jobs (Apple, angebissener Apfel) oder Phil Knight (Nike). Auch diese nicht zu verallgemeinernden, erfolgreichen Markenentwicklungsprozesse können letztlich auf die kreative Umsetzung einer Vision („intuitive Positionierung“) zurückgeführt werden. Die Positionierung „Öko-Strom“ bildet aufgrund der aktuellen Marktsituation gleichzeitig den Gegenpol zur Preispositionierung, da „Billigstrom“ in der Regel in Atomkraftwerken gewonnen wird und Strom aus regenerativen Energieträgern überdurchschnittlich teuer ist. „Öko-Strom“ ist daher (noch) als Nischenpositionierung zu sehen. Implikationen für das virtuelle Service Branding 207 Unter diesen schwierigen Kommunikationsbedingungen muss die kreative Leitidee also notwendigerweise die Hauptarbeit zur eigenständigen Profilierung der Dienstleistungsmarke leisten: Die hierzu erforderliche selbstreferentielle Markenbildwelt muss daher primär auf konnotativer Ebene eine differenzierende Wirkungskraft entfalten. Fasst man die konzeptionell entwickelten Erkenntnisse vor dem Hintergrund der Bewertung der qualitativempirisch ermittelten Ergebnisse zusammen, so lässt sich als ein zentrales Ergebnis der Arbeit die Aufgabe der kreativen Leitidee in folgender Maxime beschreiben: Maxime 1.1: Finde zum Aufbau einer selbstreferentiellen virtuellen Markenbildwelt einen einfach - in Form eines Schlüsselbildes - zu visualisierenden Markennamen oder ein einfach - in Form eines Markennamens - zu verbalisierendes Schlüsselbild, dessen Wahrnehmung beim Betrachter die für die Marke erwünschten konnotativen Assoziationen erzeugt. Um diese konnotativen Assoziationen zu gewährleisten, muss die gefundene komplementäre Wort-Bild-Kombination notwendigerweise auf einem bestehenden, sekundären semiotischen System aufbauen: Der Name beziehungsweise das Bild müssen eine über ihre eigentliche, denotative Bedeutung hinausgehende zweite Bedeutungsebene besitzen (Beispiel O2 /Sauerstoff: denotative Bedeutung: chemisches Element; mögliche konnotative Bedeutung: Frische). Um eine gleichförmige konnotative, also eigentlich subjektive Assoziation bei einer Zielgruppe zu gewährleisten, muss die Wort-Bild-Kombination zudem auf einem kollektiv geteilten Bedeutungssystem aufbauen. Mit anderen Worten: Der visualisierbare Markenname beziehungsweise das verbalisierbare Schlüsselbild lösen in einer Zielgruppe nur dann gleichförmige konnotative Assoziationen aus, wenn sie im kollektiv geteilten Wertesystem der Betrachtungsgemeinschaft verankert sind.5 Ist dies, wie etwa bei O2, länderübergreifend der Fall, ist die gefundene Wort-Bild-Kombination auch international als Schlüsselsignal einer virtuellen Markenbildwelt einsetzbar. Wie die Maxime ebenfalls verdeutlicht, ist es beim Aufbau einer neuen virtuellen Markenbildwelt egal, ob die Entwicklung beim Markennamen oder beim Schlüsselbild beginnt, da beide Schlüsselsignale im Rahmen der beschriebenen Technik simultan entstehen.6 Werden jedoch Marken5 6 Vgl. hierzu die Ausführungen in Kapitel C 1.1.3 (Semiotische Markendefinition). Im Unterschied hierzu sieht Langner die Namensentwicklung als Engpassfaktor des BrandingProzesses und empfiehlt daher, den Namen vor der Ableitung eines Markenbildes zu entwickeln: Grund sei „die juristische Eintragung des Markennamens, ohne deren erfolgreichen Abschluss der Name nicht genutzt werden sollte“ (2003, S. 296). Im vorliegenden Fall kann diese Argumentation aufgrund der simultanen Entstehung von Name und Schlüsselbild jedoch nicht zutreffen. Unabhängig davon ist ergänzend anzumerken, dass die (Fortsetzung der Fußnote auf der nächsten Seite) 208 Kapitel E name und Schlüsselbild sequentiell entwickelt, mündet dies, wie im Rahmen der Cross-Case-Analyse mehrfach gezeigt, in einer teilintegrierten und damit kommunikationsineffizienten Markenbildwelt.7 In diesem Fall besteht dann die Notwendigkeit zur sequentiellen Überprüfung von Optimierungsmöglichkeiten.8 Wie durch die Fallforschung ebenfalls bestätigt, sollte das Schlüsselbild aus der gefundenen Wort-Bild-Kombination dem Kriterium der flexiblen Darstellbarkeit genügen. Eine Überprüfung dieses Kriteriums sollte nicht nur in Bezug auf die bildhafte Darstellbarkeit (etwa im Rahmen von Print-Kampagnen) vorgenommen werden, sondern sollte ebenso die Möglichkeiten alternativer medialer Darstellungsformen berücksichtigen (z. B. Video, Audio, taktil, olfaktorisch): Je variabler und flexibler die Einsatzmöglichkeiten des Schlüsselbildes sind, um so mehr Ansatzpunkte bestehen für eine kreative Kommunikation der Marke.9 Als ein weiteres zentrales Ergebnis der Arbeit lässt sich das eigentliche Erfolgskriterium der kreativen Leitidee in folgender Maxime beschreiben: Maxime 1.2: Formuliere einen kreativen Bedeutungszusammenhang zwischen dem gefundenen visualisierbaren Markennamen (oder dem verbalisierbaren Schlüsselbild) und dem unsichtbaren Dienstleistungsangebot. Dieser Zusammenhang kann logischer Natur (wie die Leitidee „essential for living“ als Bedeutungszusammenhang zwischen Sauerstoff und Kommunikation), aber auch bewusst unlogischer Natur sein (wie die Leitidee „Strom ist Gelb“ als Bedeutungszusammenhang zwischen Strom und der Farbe Gelb): er sollte einprägsam und in wenigen Worten zu formulieren sein und sollte zum Reden und Denken10 anregen. Wesentlich ist, dass erst durch diesen Bedeutungszusammenhang gewährleistet wird, dass die Betrachter die durch den Markennamen bzw. das Schlüsselbild erzeugten kollektiven Assoziationen auf die unsichtbare Dienstleistung übertragen. Denn aufgrund der Unsichtbarkeit der Dienstleistung können die 7 8 9 10 von Langner empfohlene Abfolge den Prozess des Branding in dieser zentralen Phase der Markenentstehung unnötig zu Lasten kreativer Ideen und Vorschläge einschränken würde, da sie keine visuell-orientierte Namensentwicklung „vom Bild her“ erlaubt. Vgl. hierzu unter anderem die gruppenspezifische Cross-Case-Analyse zum Cluster Virtuelle Markenbildwelten mit Integrationsdefiziten (Kapitel D 3.2.2) sowie Langner 2003, S. 269. Vgl. hierzu die Ausführungen in Kapitel E 1.3. So wurde etwa im Rahmen der Entwicklung der Marke O2 das Schlüsselbild „Bubbles“ erfolgreich fotografiert, verfilmt und vertont und so dessen Einsatzmöglichkeiten getestet (vgl. LambieNairn 2004). Ähnlich Kreutz: „Markennamen sollten [...] zum Reden, möglicherweise auch zum Denken anregen“ (2000, S. 92). Implikationen für das virtuelle Service Branding 209 Schlüsselsignale als semiotische Bildzeichen nicht auf ein visuelles Objekt hinweisen. Markenname und Schlüsselbild sind daher zugleich semiotische Zeichen und bedeutetes Objekt (Signifikat), da sie in ihrer Funktion als Zeichen nur wechselseitig auf sich selbst verweisen können. Erst durch den in der kreativen Leitidee formulierten Bedeutungszusammenhang wird somit der unsichtbare Markenträger in ein sekundäres semiotisches Bedeutungssystem eingewoben und erhält dadurch eine über seine eigentliche, primär denotative Bedeutung hinausgehende konnotative Bedeutung.11 1.1.2 Schlüsselsignale integrieren Wie die Fallstudienforschung bestätigt hat, bestehen selbstreferentielle Markenbildwelten aus den Schlüsselsignalen Markenname, Markenzeichen und Schlüsselbild. Ferner wurde durch die empirische Untersuchung deutlich, dass Markenclaims eine wichtige Rolle als ergänzendes Element virtueller Markenbildwelten spielen. Folgt man der hier vorgenommenen sequentiellen Darstellung des Aufbaus selbstreferentieller Markenbildwelten, so besteht der nächste Schritt in der Integration dieser drei Schüsselsignale und des Claims. Wie die Ausführungen des vorigen Kapitels gezeigt haben, begründet bereits die kreative Leitidee eine Wort-Bild-Kombination, die den konzeptionell erarbeiteten und empirisch bestätigten Effizienzkriterien hoher Integrationsgrad, hoher Positionierungsbeitrag, hoher Selbsterklärungsgrad, kreative Profilierung sowie Flexibilität genügt.12 Die Aufgabe „Integration der Schlüsselsignale“ verkürzt sich somit auf die Entwicklung eines für die gefundene Wort-BildKombination geeigneten Markenzeichens, das ebenfalls den genannten Kriterien entsprechen muss. Hierzu kann folgende Maxime formuliert werden: Maxime 1.3: Entwickle eine kreative Wort- oder Wort-Bild-Marke, die formal an das gewählte Schlüsselbild angelehnt ist. Wie die Fallstudien zu Marken mit selbstreferentiellen Markenbildwelten zeigen, verfügen sämtliche Markenzeichen über formale Anknüpfungspunkte zum Schlüsselbild: so ist die Wortmarke O2 entsprechend dem Schlüsselbild „Bubbles“ blau, die Wort-Bild-Marke Yello Strom wiederholt die Schlüsselfarbe „Gelb“ und die Wort-Bild-Marke E-Plus integriert sogar das gesamte Schlüsselbild „Pluszeichen“. Mit diesem Schritt sind sämtliche Schlüsselsignale - ausgehend von der kreativen Leitidee - in der Form entwickelt, dass sie jeweils alle evaluierten Kriterien der Kommunikationseffizienz erfüllen und somit in ihrer Ge11 12 Vgl. hierzu Kehrer 2001, S. 207 f. Vgl. hierzu u.a. die unterstützten Gestaltungshypothesen H3a bis H3e in Abbildung D-29. 210 Kapitel E samtheit eine selbstreferentielle virtuelle Markenbildwelt darstellen. Abbildung E-1 stellt diesen Gesamtzusammenhang in einer Übersicht dar und zeigt vereinfachend, dass innerhalb einer selbstreferentiellen virtuellen Markenbildwelt im Ergebnis jedes Schlüsselsignal zur Visualisierung der kreativen Leitidee beiträgt (Visualität), jedes Schlüsselsignal aufgrund einer eigenständigen Bedeutung selbsterklärend ist (Reflexivität), jedes Schlüsselsignal in seiner Bedeutung auf das jeweils andere verweist (inhaltliche Redundanz)13, wobei die Schlüsselsignale Markenzeichen und Schlüsselbild dabei auch in formaler Wechselbeziehung stehen (formale Redundanz). 1 Visualität 2 Reflexivität 3 Inhaltliche (und formale) Redundanz 2 Markenname 1 3 3 kreative Leitidee 1 1 Markenzeichen 2 Schlüsselbild 3 2 Claim Thematisierung der kreativen Leitidee und/oder konnotativer und/oder denotativer Attribute Abb. E-1: 13 Vereinfachte Darstellung der Wirkungszusammenhänge zwischen den Kernelementen der selbstreferentiellen virtuellen Markenbildwelt Vgl. hierzu Langner, der zur Erzielung einer optimalen Kommunikationswirkung bei LowInvolvement-Marken ebenfalls eine Kombination von Markenbild und Markenname empfiehlt, die „semantisch redundant“ ist (2003, S. 280). Implikationen für das virtuelle Service Branding 211 Versteht man die Funktionen Visualität, Reflexivität und Redundanz als Anforderungskriterien an die Gestaltung von Schlüsselsignalen, so kann Abbildung E-1 auch als vereinfachtes Tool zur Ex-Post-Analyse der Kommunikationseffizienz bestehender Markenbildwelten genutzt werden.14 Wie in der Abbildung ebenfalls gezeigt, sollte der Markenclaim eine die Markenbildwelt unterstützende Aussage beinhalten. Für dessen Formulierung kann als Ergebnis der empirischen Untersuchung folgende allgemeine Maxime abgeleitet werden: Maxime 1.4: Formuliere den Markenclaim derart, dass er thematisch zur Vermittlung der kreativen Leitidee und/oder konnotativer Attribute und/oder denotativer Attribute der Markenbildwelt beiträgt. Grundsätzlich sollte der Claim auf die langfristig ausgerichtete Dramatisierung einer Thematik ausgerichtet sein. Um auf eine bessere Erinnerungs- und Zuordnungswirkung abzuzielen, sollten dabei sinnvolle Möglichkeiten zu Alliterationen oder Reimformen geprüft werden. 1.1.3 Assoziationen kontrollieren Aus operativer Sicht ist es nach Abschluss der Entwicklung der Schlüsselsignale erforderlich, die tatsächliche Wirkung der Markenbildwelt im Rahmen von Pre-Tests auf kognitiver Ebene zu überprüfen. Hierzu kann unter Bezug zu dem im konzeptionellen Grundlagenteil vorgestellten Konzept zur Messung des verbalen und visuellen Markenwissens folgende Maxime formuliert werden:15 Maxime 1.5: Kontrolliere und vergleiche gegenüber anderen, inwieweit die kreierte Markenbildwelt in der Zielgruppe tatsächlich die erwünschten konnotativen Assoziationen auslöst und überprüfe das „im Kopf des Konsumenten“ generierte innere Markenbild auf Zugriffsfähigkeit, Einzigartigkeit, Intensität und Qualität. Ein Vergleich kann dabei etwa zu alternativen Entwürfen oder Konkurrenzmarken vorgenommen werden. Das eigentliche Controlling der Markenwirkung erfolgt erst im Rahmen der Markenpflege.16 14 15 16 Vgl. hierzu die Ausführungen in Kapitel E 1.3. Vgl. Bekmeier-Feuerhahn 2001, S. 168 f. sowie die Ausführungen in Kapitel C 3.1.1. Vgl. hierzu die Ausführungen in Kapitel E 1.2.4. 212 Kapitel E 1.1.4 Markenbildwelt präsentieren Um die neue Markenbildwelt den Konsumenten erstmals zu präsentieren, ist eine strategisch geplante, multimediale und stufenweise Einführungskampagne erforderlich. Dies bestätigen die Untersuchungen der Dienstleistungsunternehmen mit selbstreferentieller Markenbildwelt. Für dessen Ausgestaltung kann als Ergebnis der empirischen Untersuchung folgende allgemeine Maxime abgeleitet werden: Maxime 1.6: Richte die Kampagne zur Einführung der selbstreferentiellen Markenbildwelt derart aus, dass sie thematisch zur Dramatisierung der kreativen Leitidee und/oder konnotativer Attribute und/oder denotativer Attribute der Markenbildwelt beiträgt. Empfehlungen zur spezifischen Ausrichtung der Einführungskampagne können ebenfalls aufgrund sehr unterschiedlicher Einflussfaktoren nur Tendenzcharakter haben. Hierzu folgende Beispiele: Wenn etwa der im Rahmen der kreativen Leitidee entwickelte Bedeutungs- zusammenhang zwischen Schlüsselbild und unsichtbarem Dienstleistungsangebot nicht unmittelbar verständlich, sprich: eigentlich unlogisch oder absurd ist, sollte im Rahmen der Einführungskampagne tendenziell die kreative Leitidee dramatisiert werden (Beispiel Yello Strom: „Strom ist gelb“). Die kreative Leitidee sollte ebenfalls dramatisiert werden, wenn ein neuer Bedeutungszusammenhang zwischen einem bestehenden Schlüsselelement und dem unsichtbaren Dienstleistungsangebot hergestellt werden soll (Beispiel E-Plus: „Ein Plus verbindet“). Wenn der Bedeutungszusammenhang mehr oder weniger evident ist, sollte dieser in der Einführungskampagne nicht unmittelbar „verraten“ werden, um dennoch eine gewisse Neugier und Spannung aufrecht zu erhalten (Beispiel O2). In Abhängigkeit von der strategischen Markenpositionierung sollte in der Einführungskampagne stets ein denotatives Attribut kommuniziert werden, um den Nutzenvorteil der Marke zu dramatisieren (Beispiel Yello Strom: „Gelb.Gut.Günstig.“). 1.1.5 Zusammenfassende Übersicht Wie dieses Kapitel nochmals verdeutlicht hat, steht die Entwicklung einer kreativen Leitidee im Zentrum des Aufbaus einer selbstreferentiellen Markenbildwelt. Gemeinsam mit der strategischen Leitidee bildet sie den Ausgangspunkt eines integrierten Service-Branding-Prozesses, der in die Entwicklung einer kommunikationseffizienten Markenbildwelt mündet. Die durch die wis- Implikationen für das virtuelle Service Branding 213 senschaftliche Untersuchung fundierten und in Form von Maximen vorgetragenen Handlungsempfehlungen, die Abbildung E-2 nochmals in einer Übersicht zusammenfasst, sollen jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es gerade in der Natur kreativer Ideen und Prozesse liegt, nicht „konstruierbar“ zu sein. Erfolgreiche Prozesse dieser Art können und sollten zudem nicht sequentiell ablaufen. Fast immer sind sie das Ergebnis aus kreativem Chaos, schöpferischer Zerstörung sowie aus sprunghaftem Assoziieren. Maxime 1.1: Finde zum Aufbau einer selbstreferentiellen virtuellen Markenbildwelt einen einfach - in Form eines Schlüsselbildes - zu visualisierenden Markennamen oder ein einfach - in Form eines Markennamens zu verbalisierendes Schlüsselbild, dessen Wahrnehmung beim Betrachter die für die Marke erwünschten konnotativen Assoziationen erzeugt. Maxime 1.2: Formuliere einen kreativen Bedeutungszusammenhang zwischen dem gefundenen visualisierbaren Markennamen (oder dem verbalisierbaren Schlüsselbild) und dem unsichtbaren Dienstleistungsangebot. Maxime 1.3: Entwickle eine kreative Wort- oder Wort-Bild-Marke, die formal an das gewählte Schlüsselbild angelehnt ist. Maxime 1.4: Formuliere den Markenclaim derart, dass er thematisch zur Vermittlung der kreativen Leitidee und/oder konnotativer Attribute und/oder denotativer Attribute der Markenbildwelt beiträgt. Maxime 1.5: Kontrolliere und vergleiche gegenüber anderen, inwieweit die kreierte Markenbildwelt in der Zielgruppe tatsächlich die erwünschten konnotativen Assoziationen auslöst und überprüfe das „im Kopf des Konsumenten“ generierte innere Markenbild auf Zugriffsfähigkeit, Einzigartigkeit, Intensität und Qualität. Maxime 1.6: Richte die Kampagne zur Einführung der selbstreferentiellen Markenbildwelt derart aus, dass sie thematisch zur Dramatisierung der kreativen Leitidee und/oder konnotativer Attribute und/oder denotativer Attribute der Markenbildwelt beiträgt. Abb. E-2: Maximen zu Aufbau und Einführung selbstreferentieller Markenbildwelten Insofern soll der hier suggerierte Prozessablauf primär als „gedankliche Leitplanke“ für ein erfolgreiches virtuelles Service Branding verstanden werden und einen Beitrag zum besseren Markenverständnis in der Dienstleistungspraxis leisten, insbesondere auf den Märkten für Telekommunikation und Energie. Auch wenn die Entwicklung einer Markenbildwelt in aller Regel in enger Zusammenarbeit zwischen Management und Agentur erfolgen wird, ist dieses bessere Verständnis nicht zuletzt deshalb von Vorteil, um mangelhafte Briefings zu vermeiden und eine bessere Sicht auf die „gekaufte“ Kreativleistung zu haben. Dies ist zudem, wie die überwiegende Anzahl der Fallstudien gezeigt hat, dringend erforderlich. 214 Kapitel E 1.2 Pflege selbstreferentieller Markenbildwelten 1.2.1 Markenbildwelt manifestieren Die Pflege der Markenbildwelt ist auf die langfristige Sicherung ihrer Kommunikationseffizienz ausgerichtet. Diese kann dauerhaft nur dann gewährleistet werden, wenn sich die kreative Leitidee über die Schlüsselsignale hinaus auch auf diejenigen Maßnahmen erstreckt, die eine direkte Kommunikationswirkung erzielen (Werbekampagnen, TV-Spots, Point of Sales, Sponsoring-Maßnahmen, Messestände, Internetauftritt, Geschäftspapiere, Werbegeschenke etc.). Dies kann als ein weiteres Ergebnis der empirischen Untersuchung abgeleitet werden, da die Hypothese zur Integration von Maßnahmen der Markenkommunikation unterstützt wurde. Hierzu kann folgende Maxime formuliert werden: Maxime 2.1: Manifestiere die kreative und strategische Leitidee in einem Marken-Code und stelle durch interne Kontrollsysteme sicher, dass sämtliche Maßnahmen, die zu einer Kommunikation der Marke beitragen, diesem Code entsprechen. Sämtliche untersuchten Anbieter mit selbstreferentiellen Markenbildwelten verfügen in unterschiedlicher Form über einen derartigen Code sowie entsprechende Kontrollsysteme, die vor allem in der Phase nach der Einführung von hoher Bedeutung sind: „Implementation is about controlling execution, not interpretation. The first year of O2’s existence is vital to its future growth. In order for O2 to realise its full potential it was vital to set up and manage control systems to ensure that the behaviour and the various manifestations of O2 are in line with its strategic goals.”17 Als Beispiel einer einfachen und effektiven Umsetzung dieser Maxime kann auf das „Marken-Ei“ von Yello Strom verwiesen werden (Abb. E-3): Hier wird, entsprechend der kreativen Leitidee sowie der Positionierung, über attributive Beschreibungen der den nutzenorientierten Markenkern „günstig“ ergänzenden, konnotativen Kerneigenschaften „pfiffig“, „einfach“, und „angriffslustig“ der strategische Code der Marke definiert, der als Planungs- und Abstimmungsgrundlage für sämtliche Kommunikationsmaßnahmen, aber auch für Leistungsveränderungen oder Vertriebsstrategien dient.18 Im Ergebnis erfolgt dann die Planung beziehungsweise das Briefing für eine Werbekampagne oder einen konkreten TV-Spot unter der Festlegung, in welchem konnotativen Kontext („pfiffig“ oder „einfach“ oder „angriffslustig“) der Markenkern „günstig“ zu dramatisieren ist. Der „Rest“ ist dann kreative Ausführungsarbeit einer Agentur. 17 18 Vgl. Lambie-Nairn 2004. Vgl. Vest 2004. Implikationen für das virtuelle Service Branding intelligent 215 unkompliziert clever einleuchtend wendig schnell transparent pfi ffi g einfach günstig selbstironisch kein Chi-Chi einfallsreich auf den Punkt angriffslustig antizipierend frech zugänglich fair unerwartet herausfordernd mutig Abb. E-3: übersichtlich rebellisch kühn Manifestation der kreativen und strategischen Leitidee in Form eines Marken-Codes am Beispiel Yello Strom19 1.2.2 Kommunikationsanlässe generieren Ein weiteres Ergebnis der Arbeit besteht in der Erkenntnis, dass Anlässe zur Kommunikation virtueller Markenbildwelten aufgrund der Unsichtbarkeit der Dienstleistung vergleichsweise schwieriger zu finden sind als im Falle interaktiver Dienstleistungen oder traditioneller Konsumgüter. Die Ursache ist unter anderem darin begründet, dass unsichtbare Dienstleistungen nicht in einem Verwendungszusammenhang gezeigt oder anlässlich einer designtechnischen Erneuerung präsentiert werden können. Um eine kontinuierliche Kommunikation der Markenbildwelt zu gewährleisten, müssen daher kreative Formen der „Anlassgestaltung“ genutzt werden, was sich in folgender Maxime beschreiben lässt: Maxime 2.2: Nutze zur kreativen Gestaltung von Kommunikationsanlässen die markengerechte Modifikation oder Innovation von Dienstleistungen, um durch deren Präsentation im Rahmen der Werbung zu einer Aktualisierung oder Dramatisierung bestimmter Attribute der Markenidee beizutragen. Die Umsetzung dieser Maxime ist damit an die situative Variable Innovationsgeschwindigkeit des Unternehmens beziehungsweise der Branche gekoppelt. Wie die empirische Untersuchung gezeigt hat, unterscheiden sich Telekommunikations- und Energiemarkt in diesem Punkt besonders: Modifikationen oder Innovationen der Dienstleistung Stromlieferung sind kaum möglich. Insofern 19 Quelle: in Anlehnung an Vest 2004. 216 Kapitel E entsteht insbesondere auf Märkten mit geringer Innovationsgeschwindigkeit die Notwendigkeit, kreative Kommunikationsanlässe außerhalb der Leistungspräsentation zu generieren. Hieraus lässt sich die folgende Maxime ableiten: Maxime 2.3: Nutze zur kreativen Gestaltung von Kommunikationsanlässen Ereignisse, die im kollektiven Bedeutungshaushalt der Zielgruppe gleichförmige, markengerechte Assoziationen auslösen und stelle einen kreativen Bedeutungszusammenhang zwischen diesem Ereignis und der selbstreferentiellen virtuellen Markenbildwelt her. Ähnlich den Maximen zum Aufbau der Markenbildwelt wird durch den kreativen Bedeutungszusammenhang die selbstreferentielle Markenbildwelt in ein weiteres sekundäres Bedeutungssystem eingewoben. Erst hierdurch kann gewährleistet werden, dass sich die durch das Ereignis (z. B. Olympiade, Opernpremiere, Sonnenfinsternis, Weihnachten etc.) ausgelösten kollektiven Assoziationen auf die Markenbildwelt übertragen können.20 Wie die Fallstudien ferner zeigen, kombinieren Telekommunikationsdienstleister häufig beide Techniken und präsentieren spezifische Dienstleistungen zum Zeitpunkt eines bestimmten Ereignisses.21 1.2.3 Leistungen modifizieren/ innovieren Ein wesentlicher Beitrag zur Pflege der Markenbildwelt muss durch die markengerechte Gestaltung und Pflege der angebotenen Dienstleistungen erbracht werden, was durch folgende Maxime zum Ausdruck gebracht wird: Maxime 2.4: Gewährleiste im Rahmen der Leistungspflege und Leistungsinnovation, dass sämtliche unter der Marke angebotenen Dienstleistungen mit der im Marken-Code manifestierten kreativen Leitidee kompatibel sind („service follows brand“). Auch hier kommt die branchenspezifische Veränderungs- und Innovationsgeschwindigkeit als situativer Einflussfaktor zum Tragen, da mit der zunehmenden Ausprägung dieses Faktors die Relevanz dieser Maßnahmen steigt. Hieraus ergeben sich insbesondere für Telekommunikationsdienstleister nachhaltige Konsequenzen für die inhaltlich-qualitative Ausgestaltung der Aufgabenstellungen Leistungsinnovation und Leistungspflege. 20 21 Vgl. hierzu exemplarisch Kapitel D 2.7.5 (Fallstudie Yello Strom). Vgl. hierzu exemplarisch Kapitel D 2.3.4 (Fallstudie E-Plus). Implikationen für das virtuelle Service Branding 217 So ist im Rahmen der Leistungspflege konsequent zu gewährleisten, dass sämtliche Dienstleistungen den Marken-Code widerspiegeln; sämtliche Dienstleistungen, die den Marken-Code nicht widerspiegeln können, nicht in Verbindung mit der Marke kommuniziert oder aus dem Sortiment eliminiert werden; Verbesserungen bestehender Dienstleistungen (z. B. erhöhte Datengeschwindigkeit im Internet) unter dem Postulat des Marken-Codes zu generieren sind. Der Kundennutzen dieser Verbesserung (Schnelligkeit) ist im Rahmen einer entsprechenden Werbekampagne derart zu dramatisieren, dass relevante Positionierungsattribute der Marke (z. B. „innovativ“) nachhaltig unterstützt werden. Entsprechend ist im Rahmen der Leistungsinnovation zu gewährleisten, dass jede Dienstleistungsinnovation (z. B. Integration von Internet- und Mobilfunk- diensten) unter dem Postulat des Marken-Codes generiert wird. Der Kundennutzen der Innovation (höherer Nutzen durch Mobilität) ist im Rahmen einer entsprechenden Werbekampagne ebenfalls derart zu dramatisieren, dass auch hier relevante Positionierungsattribute der Marke (z. B. „Modernität“) nachhaltig unterstützt werden; jede Dienstleistungsinnovation, die nicht den Marken-Code unterstützen kann oder soll (wie etwa Innovationen in technischen Bereichen, die zu Kosteneinsparungen führen), nicht - oder zumindest nicht vordergründig - kommuniziert wird, sofern der mögliche Kundennutzen (Preissenkung) bestimmten Positionierungsattributen der Marke (z. B. „Hochwertigkeit“) entgegensteht. 1.2.4 Markenwirkung kontrollieren Zur Überprüfung der Qualität und Erfolgsbeiträge der selbstreferentiellen Markenbildwelt bedarf es einer systematischen und kontinuierlichen Wirkungskontrolle. Hierzu kann vor dem Hintergrund konzeptioneller Erkenntnisse folgende Hypothese abgeleitet werden: Maxime 2.5: Überprüfe im Rahmen eines kontinuierlichen Markencontrolling die Qualität und Erfolgsbeiträge der Markenbildwelt sowie der Maßnahmen der Markenkommunikation auf kognitiver und verhaltensbezogener Ebene. Die spezifische Zielsetzung des integrierten virtuellen Service Branding besteht in der Optimierung der Service-Brand-Power, welche die Stärke des visuellen und verbalen Markenwissens der Konsumenten bezeichnet. Sie manifestiert sich durch die Zugriffsfähigkeit, Einzigartigkeit, Intensität und Qualität des 218 Kapitel E durch die selbstreferentielle Markenbildwelt ausgelösten inneren Vorstellungsbildes.22 Als Grundlage für ein Controlling der Marke für unsichtbare Dienstleistungen eignet sich daher das im Rahmen des analytisch-konzeptionellen Teils der Arbeit entwickelte kognitionspsychologische Wirkungsmodell. Durch die Integration von innerpsychischen, hypothetischen Konstrukten sowie beobachtbarer Wirkungsvariablen bietet das Modell einen Strukturierungsansatz, die Stärke der durch die Schlüsselsignale ausgelösten Wirkungen auf kognitiver und verhaltensbezogener Ebene - beispielsweise mittels Kausalanalysen empirisch zu überprüfen und entsprechende Rückschlüsse auf die Qualität des Service Branding zu ziehen (Abb. E-4). Stimulus Organism Response Marke für unsichtbare Dienstleistungen ServiceBrandPower Markenverhalten Virtuelle Markenbildwelt visuelles Markenwissen Markenname Zugriffsfähigkeit Einzigartigkeit Intensität Qualität Markenzeichen Schlüsselbild Maßnahmen der Markenkommunikation Abb. E-4: Preis Kommunikation Leistung Di stribution verbales Markenwissen Zugriffs fähigkeit Einzigartigkeit Intensität Qualität Personal Prozess Zukunft Wirkungsmodell des virtuellen Service Branding als Controlling-Tool 1.2.5 Zusammenfassende Übersicht Abbildung E-5 fasst die formulierten Maximen zur Pflege selbstreferentieller Markenbildwelten nochmals in einer Übersicht zusammen. An dieser Stelle sei angemerkt, dass die abgeleiteten und dargestellten Empfehlungen primär als 22 Vgl. hierzu die Ausführungen in Kapitel C 3.1.1. Implikationen für das virtuelle Service Branding 219 wichtige exemplarische Beispiele dafür dienen sollen, spezifische Aspekte in der Pflege von Marken für unsichtbare Dienstleistungen zu verdeutlichen. Maxime 2.1: Manifestiere die kreative und strategische Leitidee in einem Marken-Code und stelle durch interne Kontrollsysteme sicher, dass sämtliche Maßnahmen, die zu einer Kommunikation der Marke beitragen, diesem Code entsprechen. Maxime 2.2: Nutze zur kreativen Gestaltung von Kommunikationsanlässen die markengerechte Modifikation oder Innovation von Dienstleistungen, um durch deren Präsentation im Rahmen der Werbung zu einer Aktualisierung oder Dramatisierung bestimmter Attribute der Markenidee beizutragen. Maxime 2.3: Nutze zur kreativen Gestaltung von Kommunikationsanlässen Ereignisse, die im kollektiven Bedeutungshaushalt der Zielgruppe gleichförmige, markengerechte Assoziationen auslösen und stelle einen kreativen Bedeutungszusammenhang zwischen diesem Ereignis und der selbstreferentiellen virtuellen Markenbildwelt her. Maxime 2.4: Gewährleiste im Rahmen der Leistungspflege und Leistungsinnovation, dass sämtliche unter der Marke angebotenen Dienstleistungen mit der im Marken-Code manifestierten kreativen Leitidee kompatibel sind („service follows brand“). Maxime 2.5: Überprüfe im Rahmen eines kontinuierlichen Markencontrolling die Qualität und Erfolgsbeiträge der Markenbildwelt sowie der Maßnahmen der Markenkommunikation auf kognitiver und verhaltensbezogener Ebene. Abb. E-5: Maximen zur Pflege selbstreferentieller Markenbildwelten 1.3 Optionen für Marken mit fragmentierten Markenbildwelten Die bisherigen Implikationen haben sich auf den Aufbau neuer und die Pflege bestehender selbstreferentieller Markenbildwelten für unsichtbare Dienstleistungen bezogen. Wie die Praxis zeigt, verfügen zahlreiche Marken über kommunikationsineffiziente Markenbildwelten. Zur vereinfachten Überprüfung der Frage, inwieweit eine bestehende Markenbildwelt kommunikationsineffizient ist, kann folgende Maxime formuliert werden: Maxime 3.1: Prüfe, ob die Schlüsselsignale Markenname, Markenzeichen und Schlüsselbild der bestehenden Markenbildwelt dadurch integriert sind, dass jedes einzelne Schlüsselsignal dem Anspruch der Visualität und Reflexivität und jede wechselseitige Beziehung zwischen den Schlüsselsignalen dem Anspruch der inhaltlichen und formalen Redundanz genügt.23 Wie die vergleichende Fallstudienauswertung ergeben hat, liegt die zentrale Ursache für kommunikationsineffiziente Markenbildwelten regelmäßig in Mar23 Vgl. hierzu die Ausführungen in Kapitel E 1.1.2. 220 Kapitel E kennamen, die diesen Anforderungen des integrierten virtuellen Service Branding nicht gerecht werden (Arcor, E.ON, E-Plus, debitel, mobilcom, Vodafone). Die Entwicklung dieser Markennamen stellt stets das Ergebnis eines nicht integrierten Service-Branding-Prozesses dar, der in einigen Fällen auf unzureichende Briefings, in anderen Fällen auf die situative Variable Unternehmensalter zurückzuführen ist:24 Wie am Beispiel des Telekommunikationsmarktes gezeigt, müssen Unternehmen gerade in der Anfangsphase wachstumsstarker und dynamischer Märkte versuchen, durch den Aufbau operativer Kompetenz möglichst schnell Fuß zu fassen. Da Marken in diesen Marktphasen noch eine untergeordnete Rolle spielen, entstehen Unternehmens- bzw. Markennamen meist ohne Berücksichtigung markentechnischer Anforderungen. So erfreuten sich bei der Namensvergabe für Telekommunikationsdienstleister stereotype branchenbezogene („com“, „tel“) oder technische Kürzel („D1“, „D2“, „E-Plus“) ebenso großer Beliebtheit wie deren Kombination mit Herkunftskomponenten ohne Aussagekraft (VIAG Interkom, debitel).25 Im Ergebnis stehen diese Unternehmen - sofern sie in der späteren Marktphase des intensiven Wettbewerbs mit neuen Marken noch existieren - vor dem Dilemma, einerseits über einen gewachsenen Bekanntheitsgrad, andererseits aber über teilintegrierte beziehungsweise fragmentierte Markenbildwelten zu verfügen, die unter dem Aspekt der Effizienz zukünftiger Kommunikationsinvestitionen einer Veränderung bedürfen. Vor diesem Hintergrund werden im Folgenden verschiedene Optionen vereinfachend und kursorisch diskutiert, welche durch die empirischen Forschungserkenntnisse dieser Arbeit fundiert sind. 1.3.1 Markennamen visualisieren Sind Marken für unsichtbare Dienstleistungen kommunikationsineffizient, so liegt das an der mangelnden inhaltlichen und oder formalen Integration der Schlüsselsignale. Sofern der Markenname die Anforderungskriterien für das erfolgreiche virtuelle Service Branding erfüllt,26 sind wesentliche Voraussetzungen gegeben, um auf dem Namen aufbauend eine selbstreferentielle Markenbildwelt durch entsprechende Gestaltung des Markenzeichens und eines Schlüsselbildes zu kreieren. Die Konstellation eines solchen Markennamens in einer ineffizienten Markenbildwelt stellt jedoch eher eine theoretische denn eine in der Praxis anzutreffende Variante dar, da effiziente Markennamen wie Yello Strom oder O2 das Ergebnis der erfolgreichen Umsetzung einer kreativen Leitidee sind. Inneffiziente Markennamen wie E.ON oder debitel sind daher regelmäßig Bestandteile ineffizienter Markenbildwelten, in denen der Markenname weder eine Positionierung oder Markenidee transportiert, noch die Visualisierungs24 25 26 Vgl. hierzu die Ausführungen in Kapitel D 3.1. So ermittelten Schmitt/ Simonson, dass beispielsweise der Namensbestandteil „tel“ von 7909 Unternehmen genutzt wird (vgl. 1998, S. 52). Vgl. hierzu die Ausführungen in Kapitel E 1. Implikationen für das virtuelle Service Branding 221 komponenten Markenzeichen und Schlüsselbild einen inhaltlichen und/oder formalen Bezug zum Markennamen aufweisen und vice versa. Der erste Schritt, um aus dieser Situation heraus eine selbstreferentielle Markenbildwelt aufzubauen, kann in folgender Maxime formuliert werden: Maxime 3.2: Prüfe - unter Befolgung der Maximen 1.1 und 1.2, inwieweit erfolgversprechende Möglichkeiten zur kreativen Visualisierung des bestehenden Markennamens existieren. Wie E-Plus - als Beispiel einer auf einem bestehenden Namen entwickelten integrierten Markenbildwelt27 - gezeigt hat, ist durch die Entwicklung einer kreativen, positionierungsadäquaten Markenidee die Transformation eines ehemals ineffizienten Markennamens gelungen: Der originär techniklastige und positionierungsirrelevante Name E-Plus wird durch die Umsetzung der visualisierbaren Markenidee „Ein Plus verbindet“ zum Mittelpunkt einer neu entwickelten, selbstreferentiellen Markenbildwelt. In diesem neuen Kontext wird der unveränderte Markenname zu einem Wahrnehmungsanker, der den Aufbau eines positionierungsadäquaten inneren Markenbildes nachhaltig unterstützt - im Gegensatz zu vorher. 1.3.2 Re-Branding-Strategien evaluieren Ist eine kreative Visualisierung nicht möglich, muss vor dem Hintergrund der Kommunikationsineffizienz des aktuellen Markenauftritts der Aufbau einer neuen selbstreferentiellen Markenbildwelt mit Änderung des Markennamens erwogen werden. Die Einführung eines neuen Markennamens stellt dabei eine komplexe Trade-Off-Situation mit Gewinnen auf der einen und Verlusten auf der anderen Seite dar (z.B. Verbesserung der Kommunikationseffizienz versus Verlust des bestehenden Bekanntheitsgrades), in der eine Entscheidung nur unter Berücksichtigung zahlreicher situativer Determinanten erfolgen kann. Grundsätzlich gilt: Je schwächer die aktuelle Marke ist (Kundenbindungswirkung, Bekanntheitsgrad, Image etc.), um so eher sollte ein Wechsel erfolgen. Aufbau einer neuen Markenbildwelt unter Variation der Positionierung Im Falle der erwogenen Änderung des Markennamens sollte folgende Maxime befolgt werden: Maxime 3.3: Prüfe, inwieweit bei einer erwogenen Änderung des Markennamens Ansatzpunkte für eine erfolgreiche Repositionierungsstrategie bestehen. 27 Vgl. insbesondere die Ausführungen in Kapitel D 3.2.1. 222 Kapitel E Diese Überprüfung sollte insbesondere im Hinblick auf situative Variablen wie Unternehmensherkunft oder Unternehmenstradition erfolgen. So hätte beispielsweise im Falle der bis zum Jahr 2000 sehr schwach positionierten Marke debitel28 die Möglichkeit bestanden, über das Aufgreifen und Dramatisieren der (damaligen) Herkunft (Daimler-Benz) einen eigenständigen und glaubhaften Positionierungsansatz (z. B. „Wir sind der Mercedes unter den Providern“) abzuleiten, an dem dann die Entwicklung einer kreativen Leitidee (z. B. „Wir sind der Stern/ Star unter den Providern“) zum Aufbau einer selbstreferentiellen Markenbildwelt - entsprechend den Maximen 1.1 bis 1.6 - hätte ansetzen können. Aufbau einer neuen Markenbildwelt mit neuer Positionierung Sofern keine Ansatzpunkte für eine erfolgreiche Repositionierungsstrategie bestehen, resultiert aus dem Wechsel des Markennamens die Notwendigkeit des Aufbaus und der Einführung einer neuen selbstreferentiellen Markenbildwelt (Kapitel E 1.1). Als Beispiel hierfür kann die durch den Telekommunikationskonzern British Telecom veranlasste Entwicklung der Marke O2 angeführt werden. 1.3.3 Markenbildwelt modifizieren Extrem hohe Wechselkosten sprechen dagegen für die Beibehaltung des Markennamens: Ein Beispiel hierfür ist Vodafone, nachdem sich das Management entschieden hatte, die kommunikationsineffiziente Markenbildwelt international zu expandieren. Wird also trotz unzureichendem, kreativ nicht zu visualisierenden Markennamen - und einer damit implizit unzureichenden Markenbildwelt - der Name beibehalten, erfolgt dies zwangsläufig unter Inkaufnahme von Ineffizienzen. Auch modifizierte, durch nachträgliche Visualisierungsstrategien „verbesserte“ Markenbildwelten zeichnen sich gegenüber selbstreferentiellen Markenbildwelten durch ein geringeres Maß an inhaltlicher Geschlossenheit aus. Im Ergebnis handelt es sich dann oftmals um rein formale Markenbildwelten, die jedoch nicht in der Lage sind, ein nachhaltiges und starkes Markenbild im Kopf des Konsumenten zu generieren (Beispiel: debitel). Sollten Marken dieser Art dem Konsumenten dennoch vom Namen her vertraut sein, ist dies das Resultat aufwendigster Kommunikationskampagnen, was vor dem Hintergrund einer schwach visualisierten Marke ein Höchstmaß an Ineffizienz bedeutet (Beispiel: Vodafone). 1.3.4 Zusammenfassende Übersicht Wie das Kapitel verdeutlicht hat, stellt die Wahlmöglichkeit der Beibehaltung oder Veränderung eines Markenauftritts einen schwierigen Entscheidungsprozeß unter Unsicherheit dar. Weil im Rahmen dieses Prozesses eine simultane 28 Vgl. die Ausführungen in Kapitel D 2.2 (Fallstudie debitel). Implikationen für das virtuelle Service Branding 223 Überprüfung zahlreicher situativer Einzelfaktoren erforderlich ist, können die in Form von Maximen (Abb. E-6) dargestellten Empfehlungen lediglich in stark vereinfachender Weise dazu beitragen, grundsätzliche Handlungsoptionen aufzuzeigen und zu bewerten. Maxime 3.1: Prüfe, ob die Schlüsselsignale Markenname, Markenzeichen und Schlüsselbild der bestehenden Markenbildwelt dadurch integriert sind, dass jedes einzelne Schlüsselsignal dem Anspruch der Visualität und Reflexivität und jede wechselseitige Beziehung zwischen den Schlüsselsignalen dem Anspruch der inhaltlichen und formalen Redundanz genügt. Maxime 3.2: Prüfe unter Befolgung der Maximen 1.1 und 1.2, inwieweit erfolgversprechende Möglichkeiten zur kreativen Visualisierung des bestehenden Markennamens existieren. Maxime 3.3: Prüfe, inwieweit bei einer erwogenen Änderung des Markennamens Ansatzpunkte für eine erfolgreiche Repositionierungsstrategie bestehen. Abb. E-6: Maximen zur Evaluierung von Optionen für Marken mit fragmentierten Markenbildwelten 1.4 Abschließende Gesamtübersicht Die Zielsetzung dieses Kapitels bestand in der Formulierung von Gestaltungsempfehlungen für die Praxis, die sich als Implikationen aus den erarbeiteten, empirisch evaluierten Forschungserkenntnissen dieser Arbeit ergeben haben. Die Empfehlungen richteten sich dabei auf den Aufbau neuer, die Pflege bestehender und die Optimierung ineffizienter Markenbildwelten. Abbildung E-7 fasst diese unterschiedlichen Fokussierungen nochmals in Form einer Gesamtübersicht zusammen, in welcher die Maximen als Entscheidungen im Rahmen eines vereinfachenden sequentiellen Ablaufschema dargestellt sind. Hieran kann ferner veranschaulicht werden, dass die entwickelten Empfehlungen auf drei Stufen situationsspezifische Einflussfaktoren berücksichtigen: Auf Stufe eins erfolgt zunächst eine situative Differenzierung in Bezug auf konzeptionell evaluierte Dienstleistungscharakteristika. Ausgehend von dem Forschungsobjekt Telekommunikationsdienstleistung sowie insbesondere kognitionspsychologischer Markenaspekte wurde hierzu der Typus der unsichtbaren Dienstleistung als übergeordnetes Forschungsobjekt abgeleitet. Auf dieser Ebene wurde eine aus markentechnischer Sicht enge Verbindung zur vergleichend untersuchten Energiebranche hergestellt, die sich durch die Ergebnisse der Fallstudienforschung bestätigt hat. Mit anderen Worten: Aus konzeptioneller Sicht beziehen sich die abgeleiteten Implikationen auf Telekommunikations- und Energiedienstleister in ihrer Funktion als idealtypische Repräsentanten des evaluierten Dienstleistungstypus „unsichtbare Dienstleistungen“. Auf Stufe zwei erfolgt eine Berücksichtigung unternehmensspezifischer Determinanten, die im Rahmen der Maximen M 3.1 bis M 3.3 stark vereinfa- 224 Kapitel E chend in Form eines kursorischen Prozesses diskutiert wurden mit dem Ziel, spezifische Situationsmuster für bestehende Marken für unsichtbare Dienstleistungen zu erkennen und entsprechend zu empfehlende Basisoptionen (z. B. Aufbau neuer selbstreferentieller Markenbildwelt unter Beibehaltung des Markennamens) aufzuzeigen. Auf Stufe drei werden schließlich unternehmens- und wettbewerbsspezifi- sche Determinanten im Rahmen der Maximen zum Aufbau (M 1.1. bis M.1.6) und zur Pflege (M 2.1. bis M 2.5) selbstreferentieller Markenbildwelten diskutiert, um situationsgerechte Entscheidungsoptionen und -restriktionen im konkreten Anwendungsfall aufzuzeigen. Integriertes virtuelles Service Branding für eine ... neue Marke für unsichtbare Dienstleistungen bestehende Marke für unsichtbare Dienstleistungen... M 3.1 mit selbstreferentieller Markenbildwelt ohne selbstreferentielle Markenbildwelt... M 3.2 mit Ansatzpunkten zur kreativen Visualisierung des Markennamens ohne Ansatzpunkte zur kreativen Visualisierung des Markennamens... M 3.3 mit Ansatzpunkten für eine erfolgreiche Positionierungsstrategie ohne Ansatzpunkte für eine erfolgreiche Positionierungsstrategie Aufbau und Pflege Aufbau neuer Aufbau neuer Beibehaltung/ Aufbau neuer Einführung bestehender selbstreferentieller selbstreferentieller Modifikation selbstreferentieller selbstreferentieller selbstreferentieller Markenbildwelt Markenbildwelt bestehender Markenbildwelt Markenbildwelt Markenbildwelt mit bestehendem mit Variation der Markenbildwelt Markennamen Positionierung unter Inkaufnahme M 1.1- M 1.6 M 2.1- M 2.5 (Markenname neu) von Ineffizienzen (Markenname neu) Beispiel: EnBW (Yello) Abb. E-7: Beispiel: Yello Strom Beispiel: E-Plus fiktives Beispiel: debitel Beispiel: debitel Beispiel: Brit.Telecom (O2) Zusammenfassung: Integriertes virtuelles Service Branding als situativer Entscheidungsprozess Implikationen für das virtuelle Service Branding 2. 225 Implikationen für die Markenforschung Die vorliegende Arbeit liefert einen Beitrag zur Entwicklung und Einführung, aber auch zur Pflege von Marken für unsichtbare Dienstleistungen, insbesondere für Anbieter von Telekommunikations- und Energiedienstleistungen. Vor dem Hintergrund der bisherigen geringen theoretischen sowie praxisbezogenen Durchdringung des Themas Service Branding musste die Arbeit zunächst einen konzeptionellen Rahmen entwickeln und bediente sich dazu unter anderem der Fallstudienforschung. Mit den auf konzeptionell-analytischer und qualitativ-empirischer Basis abgeleiteten anwendungsorientierten Handlungsempfehlungen leistet die Arbeit einen Beitrag zur theoretischen Fundierung wie auch zur praxisbezogenen Professionalisierung des Themas und trägt damit gleichzeitig zu einer Integration von Markentheorie und -praxis bei. Eine Einschränkung dieser Arbeit besteht notwendigerweise darin, dass die konzeptionell abgeleiteten Hypothesen nicht in einem streng statistischen Sinne getestet wurden, da hierzu ein quantitativer Forschungsaufbau sowie größere Fallzahlen erforderlich sind. Insofern basieren die entwickelten Handlungsempfehlungen auf einer plausibilitätsorientierten Hypothesenevaluierung. Hieraus ergibt sich die Implikation, die Absicherung der gewonnenen Erkenntnisse und Empfehlungen im Rahmen weiterführender empirischer Untersuchungen vorzunehmen. Interessanterweise kommt LANGNER mit anderer Methodik und anderer inhaltlicher Vorgehensweise sowie bei einem anderen Anwendungsfall zu mit den Ergebnissen dieser Arbeit vergleichbaren Aussagen: So empfiehlt der Autor, wie gezeigt wurde, zur Erzielung einer optimalen Kommunikationswirkung bei LowInvolvement-Marken ebenfalls eine redundante Kombination von Markenbild und Markenname und kommt damit zu dem Resultat, das die isolierte Entwicklung von Markenname und Markenbild eine unterlegene Kommunikationswirkung impliziert.29 Die Übereinstimmung mit der Argumentationslinie der vorliegenden Arbeit ist als Konvergenzvalidierung der beiden Arbeiten anzusehen. Sie verleiht damit den in der vorliegenden Arbeit qualitativ hergeleiteten Rückschlüssen zusätzliche Glaubwürdigkeit, unterstreicht jedoch noch einmal die Relevanz der Forderung, sich in der weiteren Forschung auch quantitativ stärker um das Verständnis selbstreferentieller virtueller Markenbildwelten zu bemühen. Beispielhaft könnten folgende postulierte Wirkungszusammenhänge einer quantitativen Untersuchung unterzogen werden: So könnte das kognitionspsy29 Vgl. Langner 2003, Sn. 280, 295. 226 Kapitel E chologische Wirkungsmodells des virtuellen Service Branding (Abb. C-32) bevorzugt im Rahmen kausalanalytischer Untersuchungen getestet werden. Zur Überprüfung von implizierten Einzelhypothesen eignen sich verhaltenswissenschaftliche Laborexperimente, in denen beispielsweise die Zusammenhänge zwischen selbstreferentiellen virtuellen Markenbildwelten und Zahlungsbereitschaft für die betreffende Dienstleistung realitätsnah quantifiziert werden können. Auf praxisorientierter Ebene wäre es aufschlussreich und ergiebig, die theoretisch-konzeptionell begründeten Zusammenhänge zwischen selbstreferentieller virtueller Markenbildwelt und innerpsychischen Variablen, d.h. visuellem und verbalem Markenwissen, aber auch zwischen selbstreferentiellen virtuellen Markenbildwelten und Verhaltens- bzw. Wirkungsvariablen des Service Branding quantitativ-empirisch zu bestätigen. Interessant wären ebenso vergleichende Untersuchungen zwischen selbstreferentiellen und fragmentierten Markenbildwelten und deren jeweiligen Auswirkungen auf das Konsumentenverhalten. Auch hier bieten sich experimentelle Designs zur Überprüfung der Wirkungszusammenhänge an. Anhang 1. Interviewleitfaden Die Expertengespräche wurden persönlich vor Ort oder telefonisch im deutschsprachigen Raum durchgeführt. Die Interviews wurden in vier Problemkreise gegliedert. Die Experten erhielten vorab einen Gesprächsleitfaden (Abb. An-1), der jeweils an die spezifische Unternehmenssituation angepasst wurde. Expertenbefragung zum Thema „Markenmanagement für Dienstleistungen“ Interviewleit faden Der Begriff Marke wird in Theorie und Praxis oftmals sehr unterschiedlich verwendet. Bitte skizzieren Sie zu Beginn des Gesprächs kurz, was Sie unter Marke verstehen. Und welche Stellung Ihrer Meinung nach Markenmanagement im Dienstleistungsmarketing einnimmt. A 1. 2. Stellenwert der Marke bei Dienstleistern Wie wichtig sind Dienstleistungsmarken im Telekommunikationsmarkt? Welche Entwicklungen und Faktoren bestimmen diesen Stellenwert? 3. Für welche Dienstleistungen/ Märkte ist Markenmanagement nicht angebracht (besonders angebracht)? B 1. 2. 3. Typi sche Probleme des Markenmanagement für Dienstleistungen Was macht das Management von Dienstleistungsmarken so schwierig? Wo liegen die Unterschiede zu „klassischen“ Markenartikeln? Sehen Sie Fehler, die im Management von Dienstleistungsmarken häufig gemacht werden? C 1. 2. 3. Erfolgsfaktoren des Markenmanagement für Dienstleistungen Bitte nennen Sie die 3 besten (3 weniger gute) Dienstleistungsmarken aus Ihrer Sicht! Was macht diese Dienstleistungsmarken so erfolgreich (erfolglos)? Welche Grundvoraussetzungen müssen erfolgreiche Dienstleistungsmarken im allgemeinen (und speziell im Telekommunikationsmarkt) erfüllen? D 1. 2. 3. 4. Markenführung bei XY-Unternehmen Welche Markenziele und -strategien verfolgt XY -Unternehmen? Worin besteht der/die Markenkern(e)? Welche Instrumente setzen Sie zur Markensteuerung ein? Wie organisieren Sie Markenmanagement? Welchen Anteil übernehmen Werbeagenturen? Welche Informationen und Instrumente sollten zur Markenüberwachung vorhanden sein? Wie messen Sie Markenerfolg? Haben Sie Fragen an die Marketingforschung? Welche wissenschaftlichen Beiträge zum Thema Markenmanagement für Dienstleistungen würden Sie sich wünschen? Wo besteht aus Sicht der Praxis besonderer Problemlösungsbedarf bzw. wo liegen interessante Forschungsfelder? Abb. An-1: Interviewleitfaden Gemeinsam mit dem Interviewleitfaden erhielten die Interviewpartner vorab begleitende Informationen zum Projekt (Abb. An-2). 228 Anhang Expertenbefragung zum Thema „Markenmanagement für Dienstleistungen“ Allgemeine Informationen Projekt Die Expertengespräche finden im Rahmen des Dissertationsprojektes Markenmanagement für Dienstleistungen statt. Das Forschungsprojekt wird von Dipl.-Kfm. Rico Kehrer durchgeführt und von Prof. Dr. Torsten Tomczak, Forschungsinstitut für Absatz und Handel (FAH-HSG) der Universität St. Gallen, betreut. Inhalte Die Befragung richtet sich an Manager führender Dienstleistungsunternehmen unterschiedlicher Branchen, die sich aktiv mit Markenmanagement beschäftigen. Der empirische Untersuchungsteil des Projekts befindet sich in der Startphase. Es ist das Ziel, praxisnah Probleme und Herausforderungen des Managements von Dienstleistungsmarken zu erfassen und zu strukturieren. Der Interviewleitfaden dient der Vorabinformation und der groben Strukturierung des Gesprächs. Die Fragen haben explorativen Charakter und sind bewusst offen gehalten, um eine möglichst breite Abdeckung des Untersuchungsfeldes zu gewährleisten. Durchführung Das Einzelgespräch soll nach vorheriger Terminvereinbarung telefonisch oder persönlich durchgeführt werden. Die Gesprächsdauer sollte mindestens 30 Minuten betragen. Veröffentlichung Selbstverständlich und grundsätzlich werden alle A ngaben und Informationen vertraulich behandelt ! Die Untersuchungsergebnisse dienen ausschließlich wissenschaftlichen Forschungszwecken. Eine Veröffentlichung von (Teil-)Ergebnissen im Rahmen des Dissertationsprojekts erfolgt nur nach Absprache und mit Ihrer Zustimmung. Zu diesem Zweck erhalten Sie im Nachgang ein Gesprächsprotokoll. Managementorientierte Marketingforschung ist auf die aktive Unterstützung von Experten der Praxis angewiesen. Wir bitten Sie daher um eine möglichst offene Beantwortung der Fragen. Ebenso wären wir für die Bereitstellung ergänzenden Informationsmaterials dankbar. Vielen Dank für Ihre Bemühungen! Abb. An-2: Begleitende Informationen zum Interviewleitfaden 2. Ausgewählte Gesprächsprotokolle 2.1 Expertengespräch Thomas Brasch, debitel AG THOMAS BRASCH ist Leiter Marketing-Services debitel AG, Stuttgart. Das Gespräch fand am Mittwoch, den 19. Mai 1999, in der Zeit von 18:00 bis 22:00h in der debitel-Zentrale (Stuttgart, Schelmenwasenstr. 37-39) statt. Zum Begriff Marke Marke heißt in aller erster Linie, Vertrauen aufzubauen. Marken vermitteln Kunden das Gefühl, nicht über den Tisch gezogen zu werden. Dieser Vertrauensaufbau ist die Grundvoraussetzung jeder Marke. Ist diese erfüllt, folgt der zweite entscheidende Schritt: die Schaffung von Emotionen. Marke ist ein Statement. Marke muss dem Zielkunden ein gutes Gefühl vermitteln, der Kunde Anhang 229 muss sich mit der Marke identifizieren. Starke Marken zeichnen sich dadurch aus, dass der Kunde stolz ist, diese und keine andere Marke zu benutzen. Ich möchte irgendwann dahin kommen, dass das Logo „debitel“ auf Handys steht, nicht, um damit debitel ins Bewusstsein des Kunden zu rufen, sondern weil der debitel-Kunde dies zur Dokumentation seines Konsums wünscht. Hierzu bedarf es einer starken und konsequenten Positionierung im Markt und in den Köpfen der Kunden. Bedeutung des Service Branding in der Praxis Für Diensteanbieter im Telekommunikationsmarkt spielt die Marke noch eine untergeordnete Rolle. Dies hat zur Folge, dass hier der Leidensdruck für Managements hinsichtlich einer konsequenten Markenentwicklung noch gering ist. Dennoch kann aus meiner Sicht eine Differenzierung im Wettbewerb langfristig nur über Marke geschehen. Marke ist das Alles Entscheidende, da „rationale“ USPs in Märkten mit austauschbaren Produkten und Leistungen für den Käufer nicht entscheidungsrelevant sind. Denn „rational“ gesehen ist es völlig unerheblich, ob ein Girokonto bei einer Volksbank, einer Sparkasse oder einer Großbank geführt wird. Aber Kunden, die eine „richtige“ Bank wollen, gehen zu „der“ Bank: die Deutsche Bank. Hier entscheidet primär das Image, nicht die operative Kompetenz und Stärke. Im Telekommunikationsmarkt ist dies ähnlich, wenngleich dieser Markt und seine Teilmärkte (Festnetz, Mobilfunk, Internet) durch einige Besonderheiten auffällt. Der Mobilfunkmarkt hat eine Eigendynamik und ist Hardwaredominiert. Kunden kaufen kein Netz und keine Telefonkarten, sie kaufen Handys. Diese Handys, das hat eine aktuelle debitel-Studie ergeben, werden nach wie vor ohne Netzpräferenz erworben. Der Handymarkt wird von Nokia dominiert und Anbieter, die diese Handys nicht anbieten, haben keine Chance. Mobilfunknetze bzw. die Netznutzung stellen für den Kunden Selbstverständlichkeiten dar. debitel verkauft Selbstverständlichkeiten, was Markenmanagement nicht gerade vereinfacht. Anders im Festnetzbereich: Die Hardware, das Telefon, spielt hier überhaupt keine Rolle. Der Verbundcharakter der Produktkombination „Telefon-Telefonnetz“ ist hier wesentlich schwächer bzw. gar nicht vorhanden. Die Kunden haben sehr schnell verstanden, dass die Wahl der Telefongesellschaft im Festnetzmarkt nur über den Preis geht. Allerdings, und deshalb halte ich die Liberalisierung des Marktes für gescheitert, waren die Erwartungen über die Wechselbereitschaft der Kunden völlig überzogen. Der Leidensdruck der Telefonkunden war lange nicht so hoch wie angenommen. 230 Anhang Probleme des Service Branding in der Praxis Zunächst einmal sind zahlreiche Dienstleistungsbranchen junge Märkte mit jungen Unternehmen. Im Gegensatz zu den traditionellen Marken der gewachsenen Märkten für Konsumgüter geht es hier darum, von Grund auf ein Markenimage aufzubauen. Dies ist grundsätzlich schwierig. Zum anderen handelt es sich bei Dienstleistungen um nicht-haptische Produkte. Man kann sie weder schmecken, noch riechen, noch fühlen. Dienstleistungen können nur emotional erlebt werden. Und an diesem Punkt muss eine Dienstleistungsmarke ansetzen. Die Dienstleistungsmarke muss glaubhaft einen Mehrwert für den Kunden vermitteln. Und da viele Dienstleistungen in den Augen der Kunden jene angesprochene Selbstverständlichkeit darstellen, muss dieser Mehrwert nicht rationaler, sondern emotionaler Natur sein. Kurz gesagt: Starke Dienstleistungsmarken müssen einen emotionalen USP vermitteln. Nehmen wir an, Sie wollen ein wichtiges Paket von A nach B verschicken. Theoretisch könnte man irgendeinen Menschen auf der Straße ansprechen und fragen, ob er dies nicht erledigen könnte. Wen würde man also ansprechen? Doch wohl denjenigen, bei dem man das beste Gefühl hat, dessen Auftreten sympathisch, freundlich, korrekt und gepflegt ist. Und nach denselben Mustern wähle ich einen Paketdienst aus. Die Marke UPS vermittelt diese Eigenschaften. Natürlich muss UPS das Paket pünktlich und zuverlässig liefern. Aber ebenso wichtig - wenn nicht gar wichtiger - ist das Gefühl des Kunden, dass UPS pünktlich und zuverlässig liefert. Es geht also um die Frage, ob ich 10 Stunden lang bange, bis ich die Meldung bekomme, dass das Paket gut angekommen ist, oder ob ich mich nach der Paketübergabe in der Gewissheit zurücklehnen kann, das bestmögliche getan zu haben, damit das Paket gut ankommt. Dieses Gefühl, diesen emotionalen USP kann nur Marke vermitteln. Dienstleistung ist aus Unternehmenssicht ein Leistungsversprechen. Aus Markensicht ist der Standpunkt des Kunden einzunehmen. Hier stellt sich Dienstleistung als Leistungserwartung dar. Die Marke hat diese Leistungserwartung zu stützen. Bekanntheit ist hierfür die Basisvoraussetzung. Dies lässt sich auch an den Werbeetats der Dienstleister ablesen. Allerdings, und dies ist das Problem der meisten Dienstleistungsmarken, bedeutet Bekanntheit alleine noch gar nichts. Zahlreiche Dienstleistungsmärkte, hierzu zähle ich auch den Telekommunikationsmarkt, haben mehrheitlich schwache Marken. Dies liegt zum einen daran, dass die Leute zwar die Marken kennen, aber mit ihnen nichts verbinden können. Diese Dienstleistungsmarken sind „leere“ Marken. Oder es liegt daran, dass den Leuten das Produkt hinter der Marke einfach egal ist. Die Marke Ar- Anhang 231 cor ist bekannt und sympathisch, gut gemacht, aber sie ist den Menschen egal. Unter dem Strich bedeutet dies für die Marke also zweierlei: Die Dienstleistungsmarke muss einen USP visuell vermitteln können. Erfolgsfaktoren des Service Branding Starke Dienstleistungsmarken sind Sixt, American Express, UPS, McDonalds. Bei letzterem ist allerdings zweifelhaft, ob wir es mit einer Dienstleistung zu tun haben. Denn zu McDonalds gehe ich nicht wegen des Services, sondern wegen des harten Produkts „Hamburger“. Im Mobilfunkbereich hatte Mobilcom anfangs ein starkes Image. Mobilcom war der „David“, der antrat, um einen aussichtslosen Kampf gegen den „Goliath“ Deutsche Telekom zu führen. Dies brachte Mobilcom zahlreiche Sympathien ein. Jeder, der dem Tanker Telekom „eins auswischen“ wollte, ging zu Mobilcom. Allerdings ist diese Strategie, die nur darauf angelegt ist, eine Gegenposition zu beziehen, langfristig kaum durchzuhalten. Denn mittlerweile hat sich der Telekom-Tanker bewegt und baut systematisch Antipathien ab und Sympathien auf. Der anfangs angenommene Leidens- bzw. Wechseldruck der Telekommunikationskunden wurde und wird Schritt für Schritt abgebaut. Dies bedeutet für das Call-by-Call-Verfahren den sicheren Tod und letztlich auch - in diesem Bereich - das Scheitern der Liberalisierung. Der durchschnittliche deutsche Telefonkunde hat eine Gesamtrechnung von ca. DM 50 pro Monat und ist bequem. Und für eine Preisersparnis von vielleicht 5-10 Prozent macht er sich irgendwann nicht mehr die Mühe, bei jedem Gespräch über Tarifstrukturen, Gesprächszeiten, Gebührentaktungen usw. nachzudenken und die 01019 vorzuwählen. Abgesehen davon ist das Mobilcom-Image zwar witzig, aber nicht vertrauensvoll. Denn die Vermutung liegt nahe, dass derjenige - wie Mobilcom, der so mit seiner Konkurrenz umgeht, vielleicht auch irgendwann so mit seinem Kunden umgeht. Und wer würde mit einem solchen Unternehmen schon langfristige Verträge abschließen? Die Grundlage der erfolgreichen Markenführung ist eine eindeutige strategische Zielrichtung. Was soll die Marke aussagen, wofür steht sie? Marke bedarf einer eindeutigen Soll-Positionierung. Eine klare Positionierung für debitel wäre der „Stern“, der „Aldi“ oder der „Media-Markt“. Ich bin nicht sicher, ob eine Marke auf eine bestimmte Zielgruppe ausgerichtet werden muss. Was ist die Zielgruppe von Nutella? Dies sind alle! Operative Umsetzung des Service Branding: Markenführung bei debitel Die erfolgreiche Markenumsetzung erfordert zwingend das Zusammenspiel zweier Kräfte: des markensensitiven Managements und der kreativen Werbeagentur. Dabei gilt: auch die beste Agentur kann keine Marke etablieren, wenn dem Kunden „inhouse“ das Verständnis und die Sensibilität für Marke fehlt. Und umgekehrt ist auch die beste Markenstrategie eines Kunden erfolglos, 232 Anhang wenn die Agentur keine hervorragende Kreativleistung erbringt. Das Unternehmen hat hier ganz klar die Bringschuld einer klaren Markenvision und -strategie, an denen die Kreativleistung der Agentur andocken muss. Die Markenführung von debitel steht noch am Anfang. Dies hat vielfältige Gründe. Zum einen besteht noch kein spürbarer, wirklicher Leidensdruck, eine Marke zu entwickeln. Denn die Kernkompetenz von debitel besteht aus Vertriebsstärke (Metro etc.) und Operationsstärke (Managementorganisation etc.). Und als Marke spielt debitel dabei (noch) keine Rolle. Dies ist u.a. darauf zurückzuführen, dass Marken (von Service-Providern und Netzbetreibern) im Mobilfunkmarkt bislang nur eine untergeordnete Rolle im Kaufentscheidungsverhalten der Nachfrager spielen. Der mangelnde Leidensdruck bewirkt, dass im aktuellen Geschäft nicht in „Marke“ gedacht wird. Noch bestimmen Vertrieb und Handelsmarketing die Werbeinhalte und führen zu entsprechenden Ergebnissen. debitel will allerdings aus dieser Situation herauskommen, da der Rolle der Marke in der Zukunft eine wesentlich höherer Bedeutung beigemessen wird. 2.2 Expertengespräch Ralph Ohnemus, VIAG Interkom RALPH OHNEMUS ist Bereichsleiter Brand Management der VIAG Interkom GmbH & Co. KG, München. Das Telefoninterview fand am Donnerstag, den 14. Oktober 1999, in der Zeit von 13:00 bis 13:40h statt. Zum Begriff Marke Marke ist ein Vorurteil im Kopf des Verbrauchers. Marke existiert nur beim Verbraucher: Sie hat weniger was mit der Objektivität des Angebots, als vielmehr mit dem subjektiven Empfinden zu tun. Sie umfasst damit den Gesamteindruck, den der Verbraucher hinsichtlich des Gesamtangebots (Leistung und Markenzeichen) hat. Marke ist nicht nur Logo, sondern letztendlich das Gefühl, die Emotion, die der Verbraucher abruft, wenn man ihm ein Stichwort gibt. Was er damit beschreibt, ist Marke: ob er damit die „Fabrik VIAG“ abruft, eine bestimmtes Gefühl von Innovation etc. Unsere Aufgabe ist dabei, viele gleichlautende Vorurteile zu erhalten. Faktisch liegt damit eine Marke erst dann vor, wenn ein Großteil der Zielgruppe die Marke gleichförmig erlebt. Bedeutung des Service Branding in der Praxis Die zentrale Hebelwirkung der Marke besteht darin, eine Grundpräferenz aufzubauen. Starke Marken erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass Angebote am PoS genutzt werden. Gerade Telekommunikationsdienstleistungen brauchen einen regulären PoS, da die Dienstleistung Mobilfunk nur in Kombination mit einem physischen Produkt, dem Handy, genutzt werden kann. Marke muss den Verbraucher dazu bewegen, überhaupt erst mal in einen VIAG Interkom Shop zu kommen. Anhang 233 Probleme des Service Branding in der Praxis Grundsätzliche Problematik: Dienstleistungsmarken sind grundsätzlich schwieriger als Konsumgütermarken zu managen, da die Leistung als solche für den Kunden schwieriger nachvollziehbar, anfassbar, wahrnehmbar etc. ist. Problem der Kommunikation differenzierter Dienstleistungen: Bei einem breiten Dienstleistungsspektrum stellt sich für die Markenbildung die Frage nach den Gemeinsamkeiten: Was verknüpft diese verschiedenen Leistungen? Weisen die Dienstleistungen nur Unterschiede und keine Gemeinsamkeiten auf, zerstört dies die Markenbildung beim Verbraucher, da dieser nicht in der Lage ist, ein Markenimage aus 30 Komponenten zu begreifen. Zentrale Aufgabe der Markenbildung wird somit das Finden einer gemeinsamen Dimension. Denn wir reden schließlich mit denselben Menschen, mit gleichen Hirnen und gleichen Verhaltensweisen, die alle nur eine bestimmte Anzahl von Daten computen können. Ohne die Schaffung einer gemeinsamen Dimension sind diese Menschen für uns verloren. Alternativ kann man über andere Verkaufsprozesse mit anderen Funktionalitäten gehen, die nicht auf Wiederholungskauf aus sind und nicht über die Dimension Marke oder Bekanntheit verkaufen. Ein Beispiel hier wären Drückerkolonnen, die auch Dienstleistungen verkaufen können. Hier brauche ich keine Marke. Technischer Fortschritt schafft Probleme der Markenabgrenzung: Leistungsbezogene dauerhafte Markenabgrenzungen sind in vielen Dienstleistungsbereichen kaum möglich, da die Zeitfenster des Wettbewerbsvorteils durch (technische) Leistungsinnovationen sehr klein sind. Versagen bestehender Konzepte bei Dienstleistungen: Die Abgrenzung anhand traditioneller Markenkonzepte (Dach-, Unter-, Nebenmarken etc.) ist eher eine akademische Diskussion. Diese Konzepte helfen lediglich, Markenführung intern zu strukturieren und zu ordnen. Für den Verbraucher ist es aber meines Erachtens bei einer Dienstleistung nicht relevant und nicht nachvollziehbar, ob er es mit einer Dach- oder einer Produktmarke zu tun hat. Zwar taucht - bspw. wenn man sich mit Marketingberatern unterhält - dieses Thema („Dampfer“, „Schnellboot“) immer wieder auf, aber ich glaube, dass dieses Konzept im Gehirn des Verbrauchers nicht funktioniert. Schnelles Kundenwachstum: Schnelles Wachstum (im Telekommunikationsmarkt) führt zu Kapazitätsproblemen und damit zu Problemen der Markenwahrnehmung im direkten Kontakt des Kunden. Fehlendes Markenverständnis: Oftmals fehlt es unternehmensintern an dem erforderlichen Verständnis für die Funktion einer Marke und die sich hieraus ergebenden Konsequenzen. Die Hauptursache liegt darin, dass in der Start-upPhase eines Unternehmens (wie VIAG Interkom im Telekommunikationsmarkt) 234 Anhang sicherlich Technik die überdimensionale Rolle spielt. In dieser Phase wird das Thema Vermarktung als zweitrangig angesehen: Es dominiert die Sichtweise der Ingenieure. Und dabei wird schlicht vernachlässigt, dass sich auf der Kundenseite eben keine Ingenieure befinden. Liberalisierung: Die Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes impliziert spezifische Rahmenbedingungen für unsere Markenführung: Man kämpft mehr gegen die Deutsche Telekom als gegen andere Wettbewerber. Diese Situation hat Vor- und Nachteile. Vorteilhaft ist, dass die „große Mutter“ Deutsche Telekom den Bezugspunkt aller Positionierungsmaßnahmen darstellt. Hierdurch wird die Sicht vereinfacht, da weniger Faktoren zu berücksichtigen sind. Vorteilhaft ist ebenfalls, dass die nach wie vor bestehenden negativen Vorurteile, die mit der Marke Telekom verknüpft sind, sehr beständig sind: Trotz eines objektiven Quantensprungs in Qualität und Innovation lassen sich in der breiten Masse noch immer starke Vorurteile in Richtung Langsamkeit, Behäbigkeit, mangelnde Innovationsfähigkeit deutlich messbar nachweisen. Hier besteht für die Telekom das große Problem der Überprägung bestehender Assoziationen, was auch zu unserem Vorteil noch einige Zeit so bleiben dürfte. Nachteilig ist, dass Menschen mit dem Kopf flinker sind als mit Taten. Es besteht ein enormes Beharrungspotential im Markt im Sinne von „Schimpfen aber bleiben“ bzw. „Meckern aber nichts tun“. Für uns stellt sich die Herausforderung, sich überproportional anstrengen zu müssen, um diese Menschen zu bewegen, was allerdings allein durch Marke nicht zu lösen ist. Hier muss man die gesamte Klaviatur des Marketing-Vertriebs-Mix spielen. Eine Analogie besteht zum Strommarkt: Hier gibt’s schöne Preise und gute Angebote, aber nach meiner Schätzung werden in naher Zukunft höchstens zwischen 9-14 Prozent der Kunden wirklich wechseln. Nach meiner Hypothese liegt dies auch daran, dass der Deutsche - anders als in anderen Ländern - eine Entscheidung nicht stufenweise, sondern „optimal“ treffen möchte: Wenn er sich entscheidet, muss er das Gefühl haben, sich nicht nur „gut“ im Sinne eines kurzfristigen Vorteils entschieden zu haben, sondern sich „richtig“ entschieden zu haben. Und da es schwierig ist, die optimale Entscheidung zu treffen, wenn man sich nicht intensiv mit dem Thema auseinandersetzt und da es sicherlich sinnvolleres für den Kunden gibt, als am Wochenende Mondtarife zu vergleichen, besteht die Hauptaufgabe in der Aktivierung der Menschen für die Sache. Erfolgsfaktoren des Service Branding Kontinuität: Generell muss eine erfolgreiche Marke Kontinuität aufweisen. Im Dienstleistungsbereich kann diese Kontinuität nicht im einzelnen Produkt liegen, sondern in den Kommunikationsinhalten. Im Telekommunikationsbereich gibt es einige Kontinuitäten, die wichtig sind: Wenn jemand, wie für uns wichtig, Innovation haben will, muss man kontinuierlich Innovation bringen, auch wenn es der Wettbewerb nachher auch macht. Der Kunde muss wahrnehmen, Anhang 235 dass man innovativ ist, erster ist etc. Kontinuierliche Innovation kann nur über Produkte kommuniziert werden. Wir tun dies, indem wir dem Verbraucher neue „Kategorien“ anstelle von „Wir sind 10 Prozent besser“ kommunizieren: Wir stellen beispielsweise dar, dass es eine alte Generation Mobilfunk gibt und GENION. Zukunftssicherheit: Gerade im Telekommunikationsbereich ist die Assoziation „Zukunftssicherheit“ wichtig. Zukunftssicherheit ist ein Attribut, dass sich wiederum auch nur über die Kontinuität bestimmter Faktoren vermitteln lässt: hierzu gehören Seriosität, Größe und Potenz. Wir kommunizieren dies bspw. dadurch, dass wir versuchen, immer wieder in der Presse zu stehen („VIAG Interkom eröffnet neuen Call-Center“). Zentraler Faktor ist ebenfalls, dass der Kunde im direkten Kontakt mit unserer Firma Kompetenz und Seriosität erlebt. Hier haben wir derzeit ein Problem, da das Kundenwachstum sehr viel schneller ist (500.000 Kunden in weniger als einem Jahr) als erwartet und der Aufbau entsprechender Kapazitäten Zeit braucht (s.o.). Die Verantwortung der Qualitätssicherung liegt bei einem multifunktionalen Qualitätsmanagement-Team, an dem bereichsübergreifend verschiedene Bereichsleiter beteiligt sind. Grundvertrauen: Telekommunikation ist derart komplex, dass selbst technisch versierte Leute nur schwer übersehen können, wie das eigentlich funktioniert. Ich muss deshalb gerade hier vor Vertragsabschluß das Gefühl vermitteln, als Verbraucher nicht „übers Ohr gehauen“ zu werden, bspw. indem er nicht mehr aus einem Vertrag rauskommt. Andererseits braucht es das Vertrauen, dass eine Firma mit Zukunftssicherheit auch morgen noch da ist. Operative Umsetzung: Markenführung bei VIAG Interkom Organisation: VIAG Interkom ist in verschiedene Business Units aufgeteilt. Die im Sinne der Marktwirkung prägnantesten Units sind die Business Customer Unit und die Private Customer Unit. Der Bereich Brand Management ist organisatorisch der Private Customer Unit zugeordnet. Das Marketing bei VIAG Interkom ist aufgeteilt in die Funktionen Brand Management und Product Management. Der Aufgabenbereich des Product Management umfasst die Entwicklung von Produktkonzepten (technische Umsetzung, Preisspannen etc.). Aufgabe des Brand Management ist, diese Produkte in Kommunikation - im Rahmen der Brand - umzusetzen und sie am Markt entsprechend anzubieten und zu verkaufen. Beide Bereiche arbeiten eng zusammen und stimmen sich ab hinsichtlich der technischen Möglichkeiten („Was können wir?“) und der marktlichen Erfordernisse („Was brauchen wir?“). Der Bereichsleiter Brand Management ist a) bereichsübergreifend verantwortlich für Gestaltung und Inhalt des Firmen- auftritts, also für den Auftritt der Gesamtmarke VIAG Interkom, auch im Bereich Business Customer Unit; 236 Anhang b) bereichsintern verantwortlich für die konkrete werbliche Unterstützung von Produkten bzw. Dienstleistungen im Bereich Private Customer Unit (Belowthe-Line/ Above-the-Line, Sponsoring, Ausstattung des Handels mit Material etc.). Markenentwicklung bei VIAG Interkom: Bis vor kurzem wurden unter dem Markenzeichen VIAG Interkom (Schrifttyp, gelb-weiß) verschiedene Produkte angeboten, die irgendwas mit Telekommunikation (Festnetz, Mobilfunk, Internet) zu tun hatten, aber weiter keine Gemeinsamkeiten aufgewiesen haben. Heute beschäftigen wir uns intensiv mit Marke. Unsere Aufgabe konzentriert sich darauf, nach den Gemeinsamkeiten unserer Leistungen zu suchen bzw. Gemeinsamkeiten zu definieren: Wofür soll die Marke stehen? Auf der inhaltlichen Seiten soll VIAG Interkom für Innovation und Telekommunikation stehen. Auf der emotionalen Seite wollen wir „Herz und Motor“ der Telekommunikation sein, da wir - verglichen mit dem Riesen Deutsche Telekom - ein relativ kleines Unternehmen sind. Hier wollen wir die Konnotation frech und pfiffig mitbringen. Allerdings müssen wir hierbei beachten, nicht unseriös zu wirken, nicht pfiffig in dem Sinne zu sein, den Markt abzuschöpfen, wie dies bei bestimmten Konkurrenten zu beobachten ist. Im Umkehrschluss heißt das, alle Maßnahmen und Leistungen, die diese Dimensionen nicht unterstützen, konsequent aus der Markenkommunikation zurückzunehmen. Beispiel Call-by-Call (01090): Unsere Kommunikation früher war: VIAG Interkom bietet Euch mit 01090 eine günstige Gelegenheit zu telefonieren. Heute kommunizieren wir, dass - wer billig telefonieren will - die Nummer 01090 wählen soll. Nur nebenbei kommunizieren wir, das dieses Produkt von VIAG Interkom hergestellt wird. Hier haben sich also die Gewichtung der Kommunikationsinhalte deutlich zu Gunsten der Marke verlagert. Gleichzeitig grenzen wir uns damit von Konkurrenten ab, die in ihrem Werbeauftritt primär die Preisdimension dramatisieren. Hier bestehen Parallelen zur Markenführung im Konsumgüterbereich: Beispielsweise baut „Wrigleys“ eigene Marken und Erlebniswelten auf, die nicht mehr unter dem eigentlichen Markennamen „Wrigleys“ am Markt auftreten, sondern als „Airwave“, „Extra“ etc. Wenn wir heute als VIAG Interkom mit dem Verbraucher sprechen, tun wir dies über Produkte mit wirklich innovativen Komponenten, die damit unsere Markeninhalte unterstützen (Bsp. GENION). Hier setzen wir das Produkt GENION quasi mit der Marke VIAG Interkom gleich. Instrumente der Markensteuerung: Momentan fällt es uns leichter, den Wettbewerb zu messen als uns. Aber wir sind dabei und nehmen es ernst, Marke zu monitoren. Hierfür werden moderne Techniken wie GAP-Analysen, regelmäßige Imageanalysen, Werbetrekking etc. eingesetzt bzw. sind vorgesehen. Anhang 237 Anteil der Werbeagentur an der Marke: Rein theoretisch sollte die Werbeagentur einen hohen Anteil an einer guten Marke haben. Meine Erfahrung ist allerdings, dass jedes Unternehmen, das die Frage, was Marke ist und wie man Marke führt, nicht kompetent beantworten kann, keine Chance hat. Denn eine Werbeagentur hat einen Geschäftszweck, nämlich Werbung zu verkaufen. Hieraus generiert die Agentur Umsatz und Ansehen. Und daher ist es für Agenturen und ihre Mitarbeiter oftmals das wichtigste Ziel, auffallende und ungewöhnliche Werbung zu machen. Dies hilft nicht zwingend der Positionierung einer relevanten, starken Marke. Insofern sind Agenturen sicher wichtig, aber Firmen, die nicht über eine interne starke Steuerung verfügen, sind verloren. Und gerade das oftmals fehlende Markenverständnis von Dienstleistern macht diese Firmen zu einem Eldorado für Agenturen und Berater, die sich ja dieser Situation bewusst sind: Und was man dann zum Teil angeboten bekommt, ist wirklich eine Frechheit. Markenführung ist zuallererst eine Unternehmensaufgabe, die nicht delegierbar ist. Man kann sich Hilfestellungen, Anregungen etc. holen, muss aber am Ende selbst entscheiden, welche Markengrundsatzstrategie aus der Vielzahl möglicher Alternativen gewählt wird und muss diese - auch in Zusammenarbeit mit Agenturen - konsequent verfolgen. 2.3 Expertengespräch Barbara Kögler, Mannesmann Arcor BARBARA KÖGLER ist Leiterin der Abteilung Kommunikation der Mannesmann Arcor AG & Co., Eschborn. Das Telefoninterview fand am Freitag, den 19. November 1999, in der Zeit von 11:00 bis 11:40h statt. Bedeutung des Service Branding in der Praxis Marke spielt im Telekommunikationsgeschäft eine ungeheuer wichtige Rolle. Weil Telekommunikation nicht anfassbar ist, muss und wird die Dienstleistung Telekommunikation zu einem großen Teil über Image verkauft (werden). Zwar ist der Preis - gerade im Telekommunikationsmarkt - ein wichtiges Verkaufsargument; in unserem Haus herrscht aber die Überzeugung, dass die vordergründige Kommunikation von und über Preise mittel- und langfristig kein Überleben sichern kann. Erst eine gute Marke bestimmt und vermittelt die Seriosität eines Unternehmens und die gute Erfahrung. Und nur über die Marke kann eine echte Kundenbindung hergestellt werden. Dies gilt insbesondere für den Massenmarkt „Privatkunden“, während im Geschäftskundenbereich neben dem Markenimage zahlreiche weitere Faktoren den Erfolg bestimmen. Umgekehrt ist Markenmanagement entbehrlich, sofern man nicht die Zielsetzung der Kundenbindung verfolgt. Probleme des Service Branding in der Praxis Ob Dienstleistungsmarken im Telekommunikationsbereich relativ schwächer sind als traditionelle Marken des klassischen Konsumgüterbereichs, sollte 238 Anhang stets auch vor dem Hintergrund der jeweiligen Marktsituation beurteilt werden. Telekommunikation ist durch die Liberalisierung des Marktes als Konsumgut und schickes Trendprodukt überhaupt erst möglich geworden. Wir alle sind mit Marken wie Persil oder Mars aufgewachsen, infolgedessen ist hier eine starke erlernte Markenbildung bzw. ein Markenverständnis von Grund auf vorhanden und es wird nach Marken gekauft. Anders als auf traditionellen Konsumgütermärkten muss sich auf jungen Dienstleistungsmärkten dieses „Denken in Marken“ auf der Konsumentenseite erst entwickeln. Im heute zehnten Jahr des Mobilfunkmarktes haben die Kunden bereits ein großes Verständnis für Marken aufgebaut. Im jüngeren Festnetzbereich, der ja erst seit 2 Jahren liberalisiert ist, muss dies noch gelernt werden. Ich bin der Überzeugung, dass Kunden auch hier in Zukunft nach Marke kaufen werden. Letztlich ist also Markenverständnis und Markenstärke immer auch eine Frage des Entwicklungsstadiums eines Marktes. Im übrigen verfügt jeder Markt über eigene markentechnische Gesetzmäßigkeiten. Insofern glaube ich nicht daran, dass Markenstrategien 1 zu 1 adaptierbar sind. Wer markentechnisch im Telekommunikationsbereich erfolgreich ist, muss nicht notwendigerweise auch auf liberalisierten Strommärkten erfolgreich sein. Insofern sehe ich auch nicht die zwingende Notwendigkeit behaupten zu müssen, dass Experten für klassische Konsumgütermarken die besseren Markenmanager sind. Erforderlich sind Markenverständnis und Marktkenntnis. In unserem Haus ist beides vorhanden. Ich sehe es daher nicht als Manko, dass keiner unserer Mitarbeiter aus Marketing, Kommunikation und auch auf Vorstandsebene aus dem Bereich „klassischer“ Konsumgütermarken kommt. Herr Stöber, der Vorstandsvorsitzende, hat Mobilfunk mit aufgebaut und kennt den Mobilfunkmarkt exzellent. Operative Umsetzung: Markenführung bei Mannesmann Arcor Organisation des Markenmanagements bei Mannesmann Arcor: Die Bereiche Marketing und Kommunikation sind bei Arcor organisatorisch getrennt: Der Bereich Kommunikation befasst sich mit Presse und Öffentlichkeitsarbeit, organisiert Pressekonferenzen und TV-Auftritte/-Interviews, fungiert als interner Informationsdienst (Mitarbeiterzeitung). Ferner wird ein Business-to-BusinessKundenmagazin herausgegeben. Die Leiterin Kommunikation berichtet direkt an den Vorsitzenden des Vorstandes. Der Bereich Marketing ist verantwortlich für die gesamte Werbung (Kampagnen, TV, Print etc.), Sponsoring, Messen und Events. Der Bereichsleiter Marketing berichtet an den Vorstand Marketing und Vertrieb. Die eigentliche Entwicklung der Marke Arcor war und ist primär Aufgabe des Vorstandes. Darüber hinaus erfordert die Vielzahl der Instrumente, mit denen die Marke Arcor kommuniziert wird (Anzeigenmotive, TV-Auftritte, Sponsoring etc.), eine übergreifende Koordination all dieser Maßnahmen, um einen konsi- Anhang 239 stenten Auftritt nach außen zu gewährleisten. Auch der Einsatz dieser Instrumente, die in den einzelnen Bereichen geplant und operativ umgesetzt werden, wird in unserem Haus direkt vom Vorstand koordiniert und (mit-)entschieden. Entwicklung der Marke Arcor: Historisch bedingt baut die Anfang 1997 entwickelte Unternehmensmarke Arcor auf der bereits seit 1990 existierenden Unternehmensmarke D2 auf. Die Marke Arcor wurde dabei bewusst an den Superbrand D2 angelehnt, um einen positiven Imagetransfer zu ermöglichen. Formal geschieht dies über die gleiche Farbgebung im Rahmen der Wortmarke sowie der Werbung: die Grundfarben sind blau und rot, beide Logos haben einen roten „Telefonhörer“ (Buchstabe „R“ der Wortmarke Arcor bzw. Ziffer „2“ der Wortmarke D2). Der rote Telefonhörer wurde in der Werbung für Arcor und D2 prägnant durch rothaarige Köpfe der „telephone people“ fortgeführt. Diese Werbung ist auf das Segment der Privatkunden ausgerichtet. Der Name Arcor ist ein Kunstname, der mit Hilfe einer Namensagentur entwickelt und aus über 10.000 Vorschlägen ausgewählt wurde. Wir haben uns u.a. deshalb für den Namen Arcor entschieden, da dieser weder die bekannten Silben tel oder kom (com) enthält und damit zu 100 Prozent neu aufladbar und mit Image zu besetzen ist. Hierdurch sollte die Uniqueness und Unverwechselbarkeit des Markennamens gesichert werden. Der Name selbst lehnt sich an das französische arc d’or an. Strategische Ausrichtung der Marke Arcor: Der Aufbau einer MannesmannGesamtmarke zur Bearbeitung der TK-Sektoren Festnetz, Mobilfunk und Internet (wie etwa bei VIAG-Interkom) war nie ein Thema. Die bewusste Trennung zwischen der Festnetzmarke Arcor und der Mobilfunkmarke D2 hat marketingtechnische Ursachen, die wiederum maßgeblich durch Zeiteffekte bestimmt wurden: Die unterschiedlichen Zeitschienen beider Telekommunikationsbereiche bedingen unterschiedliche Notwendigkeiten im Angang zum jeweiligen Markt. Marketingtechnisch wurde der Mobilfunkmarkt in der Anfangszeit über Geschäftskunden aufgerollt, die in dieser Phase trotz der relativen Hochpreisigkeit der Produkte den größten Nutzen hatten. Erst im 5./6. Jahr des Bestehens wurde die Schwelle zum Massenmarkt, der Voraussetzung nachhaltiger Markenbildung, überschritten. Ein ähnliches Szenario gilt - zeitversetzt - auch für Arcor: Man kann nie sofort den Markt in der Breite erreichen, sondern es benötigt Bekanntheit, eine gewisse Durchdringung im Markt sowie ein bestimmtes Preisgefüge. Vor diesem Hintergrund unterschiedlicher marketingtechnischer Positionierungsbedingungen sowie vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Produkte Mobilfunk und Festnetz hätte es für uns keinen Sinn gemacht, Arcor unter dem Brand D2 laufen zu lassen. D2 war bereits zum Zeitpunkt des Arcor-Starts ein hervorragend eingeführter Brand, der für hohe Qualität und Zuverlässigkeit im Mobilfunk steht. Eine Zusammenführung beider Marken bzw. die Einführung der Marke Arcor unter dem Brand D2 hätte zu ei- 240 Anhang ner völligen Verwässerung geführt, welche die notwendige klare Dokumentation nach außen, welches Unternehmen was macht und für was steht, sehr erschwert hätte. Festnetz und Mobilfunk sind zwei unterschiedliche Produkte, die auch nach außen unterschiedlich kommuniziert werden müssen. Darüber hinaus kann man mit unterschiedlichen, separaten Unternehmen bzw. Marken wesentlich effizienter unterschiedliche Zielgruppensegmente bearbeiten. Mannesmann Mobilfunk fokussiert gegenwärtig sehr intensiv die Zielgruppe Teenie/Youngster, während diese Zielgruppe im Bereich Festnetz noch keine Rolle spielt. Hier sind also unterschiedliche Marketingfokussierungen bzw. Geschäftsausrichtungen erforderlich, die durch separate Unternehmen bzw. Konzerneinheiten einfach besser zu leisten sind. Hinsichtlich der viel diskutierten Konvergenz der drei Sektoren des Telekommunikationsmarktes sowie der Produkte halten wir es nicht für erforderlich, dies notwendigerweise nur über eine Marke bzw. ein Unternehmen abwickeln zu müssen. Unsere Konzernzugehörigkeit bietet den Vorteil, die Produkte der beiden Marken D2 und Arcor bündeln zu können. Der Kunde erhält also ISDN, Mobilfunk und Internetzugang aus einer Hand, er bekommt bei Arcor auch einen Mobilfunkvertrag, bei D2 auch einen Festnetzanschluss. Und der Kunde hat nach unserer Erfahrung keine Schwierigkeiten, dies zu verstehen. Konzeption und Kommunikation des Markenkerns von Arcor: Innovation, Zuverlässigkeit, hohe Qualität und attraktives Preis-Leistungs-Verhältnis sind die wesentliche Attribute des Arcor-Markenkerns. Wir unterscheiden uns dabei sehr deutlich von anderen Marken, da wir diesen Führungsanspruch durch unser Handeln untermauern. Dies wird auch in der Öffentlichkeit reflektiert und wird uns in Kundenbefragungen bestätigt. Wir waren beispielsweise die ersten, die Internet-by-Call angeboten und damit Innovation dokumentiert haben. Innovation muss ständig bewiesen werden, ebenso wie Qualität und Zuverlässigkeit: Der Kunde bekommt sehr schnell mit, welcher Carrier ständig besetzt ist und welcher nicht. Reine Preisprodukte wie Call-by-Call-Angebote sind allerdings aus markentechnischer Sicht sehr kritische Produkte. Wir überlegen, inwieweit im nächsten Jahr für Call-by-Call aktiv Werbung betrieben wird. Markenbildung ist dann eben wirklich wichtig, wenn man eine echte Kundenbindung schaffen will, was bei Call-by-Call nun mal nicht der Fall ist. In diesem Zusammenhang stimme ich der Aussage zu, dass die Produkte unter einer Dienstleistungsmarke (Dach- bzw. Unternehmensmarke) eine wesentliche Funktion bei der Kommunikation des Markenkerns/Markeninhalts besitzen: Unterschiedliche Produkte können dabei gezielt zur akzentuierten Kommunikation einzelner Attribute des Markenkerns beitragen und eingesetzt werden. Hier besteht ein Unterschied zu zahlreichen Marken des klassischen Konsumgüterbereichs, wo Marke und Produkt oftmals identisch sind. Im Bereich der Vorkontaktphase, der Phase des nicht direkten Erlebens der Marke Arcor, Anhang 241 kommunizieren wir die Marke über Werbung, Print, TV, Hörfunk, Presse und Öffentlichkeitsarbeit. Im Vertrieb setzen wir Fachhändler ein, die Kunden ansprechen und werben. Eine große Rolle spielt Sponsoring, das die Marke erlebbar macht. Arcor und o.tel.o: Koordination und Perspektive der Zweimarkenstrategie: Seit der Übernahme von o.tel.o durch Mannesmann Arcor wird im Festnetzbereich sehr bewusst eine Zweimarkenstrategie verfolgt. Die Marke o.tel.o ist eine sehr starke Marke im Privatkundengeschäft, was sich in zahlreichen Analysen herausgestellt hat. Diese Analysen zeigen auch, dass wir mit beiden Marken tatsächlich unterschiedliche Zielkunden ansprechen: o.tel.o ist auf den echten, durchschnittlich telefonierenden Privatkunden ausgerichtet, während Arcor bereits das obere Segment des Vieltelefonierers anspricht. Arcor gilt in dieser Zielgruppe als hochwertiger, technisch perfekter und ausgereifter Anbieter, während o.tel.o in den Augen der Kunden als freundlicher, menschlicher, netter Anbieter „von nebenan“ wahrgenommen wird. o.tel.o-Kunden legen starken Wert auf preisgünstiges Telefonieren, während technische Aspekte eine sehr geringe Rolle spielen. Wir werden diese Strategie der differenzierten Zielgruppenbearbeitung durch eigenständige Marken beibehalten und diese Marken konsequent penetrieren, was bislang einmalig im Festnetzbereich ist. Anteil der Werbeagentur an der Marke: Werbeagenturen haben einen großen Anteil am Markenerfolg, da sie für den kreativen Part der Markenkommunikation verantwortlich sind. Hier ist insbesondere die „Rotschopf-Kampagne“ hervorzuheben, die mit der Öffnung des Marktes zum 01.01.1998 zur Ansprache der Privatkunden eingeführt wurde. Vor diesem Zeitpunkt hat Arcor eine reine Geschäftskundenstrategie verfolgt. Die Kampagne wurde von Töpfer Grenville Crone Werbeagentur GmbH aus Hamburg - unabhängig von der Entwicklung des Arcor-Logos - entwickelt. Allerdings müssen die strategischen Aufgaben der Markenbildung und -steuerung intern gelöst werden. Wir entscheiden grundsätzlich inhouse, welche Produkte wir mit welcher Intensität pushen und welche Marke wie auf welche Märkte und Zielgruppen ausgerichtet wird. Die Werbeagentur kümmert sich dann um die kreative Umsetzung dieser Strategie. Literaturverzeichnis AAKER, DAVID A. (1992): Management des Markenwerts, Frankfurt am Main 1992. AAKER, DAVID A. (1996): Building Strong Brands, New York 1996. AAKER, JENNIFER (1997): Dimensions of Brand Personality, in: Journal of Marketing Research, Vol. 34, August 1997, S. 347-357. AHLERT, DIETER (2000): Markenmanagement im Handel: von der Handelsmarkenführung zum integrierten Markenmanagement in Distributionsnetzen; Strategien - Konzepte - Praxisbeispiele, 1. Aufl., Wiesbaden 2000. ALBERS, SÖNKE (1989): Gewinnorientierte Neuproduktpositionierung in einem Eigenschaftsraum, in: Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung, Jg. 41, 1989, Heft 3, S. 186-209. ALEXANDER, RALPH S. 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