dazu…

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DR. DANIEL KAPPES
Beschränkte Nutzung von Herstellermarken durch
Händler und Werkstätten
Bei dem Vertrieb und der Instandsetzung von Markenprodukten stellt
sich Händlern und Reparaturbetrieben regelmäßig die Frage, inwiefern sie
in der Werbung für ihre Dienste Marken der Hersteller verwenden dürfen.
Umgekehrt stellt sich den Herstellern die Frage, welchen Gebrauch ihrer
Marken durch Händler und Reparaturbetriebe sie hinnehmen müssen.
Insbesondere wenn die Händler oder Werkstätten aufgrund ihrer Preisgestaltung oder ihres Images eine Außenseiterstellung einnehmen, haben die Hersteller mitunter ein starkes Interesse an der größtmöglichen Einschränkung
einer Nutzung ihrer Marken. Zur Klärung dieses Spannungsverhältnisses von
Hersteller- und Händlerinteresse hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil
vom 14. April 2011 (Az. I ZR 33/10 – GROSSE INSPEKTION FÜR ALLE) beigetragen und dabei die Rechte der Markeninhaber gestärkt. Seit dem 29. September 2011 sind die Urteilsgründe nunmehr veröffentlicht und lohnen einen
vertieften Blick.
Die Beklagte des Verfahrens, die A.T.U. Auto-Teile-Unger Handels GmbH & Co. KG,
hatte in ihrer Werbung für Inspektionen die Bildmarke von Volkswagen, die das
VW-Zeichen in einem Kreis wiedergibt, im Fließtext blickfangartig verwendet.
Hiergegen wandte sich die Volkswagen AG. Die Verwendung der Bildmarke verletze die Werbefunktion der Marke. A.T.U. nutze den guten Ruf von Volkswagen
aus. Es sei für A.T.U. als Unternehmen mit mehreren hundert markenunabhängigen Reparaturbetrieben vollkommen ausreichend, in der Werbung die Wortmarke "Volkswagen" oder "VW" zu verwenden. Dieser Auffassung ist nunmehr
der Bundesgerichtshof beigetreten und hat das entsprechende Urteil des OLG
Hamburg bestätigt.
Der Tatbestand der Markenverletzung nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG war ohne
Zweifel gegeben, denn die Beklagte hatte ein identisches Zeichen im geschäftlichen Verkehr für identische Dienstleistungen ("Instandhaltung von Fahrzeugen") ohne Zustimmung des Markeninhabers verwendet. Aufgrund einer Reihe
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von Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus den vergangenen Jahren hat sich mittlerweile in der Rechtsprechung die Erkenntnis durchgesetzt, dass durch § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht nur die Hauptfunktion der
Marke, nämlich den Verbrauchern die Herkunft der Waren oder Dienstleistungen
zu garantieren, sondern auch ihre anderen Funktionen - z.B. die Gewährleistung
der Qualität der mit ihr gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung oder die
Kommunikations-, Investitions- oder Werbefunktion - geschützt werden. In dem
entschiedenen Fall sah der BGH zu Recht die Werbefunktion der Bildmarke beeinträchtigt. Der Aufmerksamkeitswert der Werbung liege nämlich deutlich höher,
wenn die Beklagte für ihre Inspektionsleistungen mit der Bildmarke werbe,
statt die zur Beschreibung der Dienstleistung ausreichenden Wörter "VW" oder
"Volkswagen" zu verwenden.
Die entscheidende Frage war demnach, ob sich A.T.U. auf § 23 Nr. 3 MarkenG
berufen konnte. Nach dieser Norm ist es Dritten im geschäftlichen Verkehr
gestattet, die Marke oder die geschäftliche Bezeichnung als Hinweis auf die
Bestimmung einer Ware, insbesondere als Zubehör oder Ersatzteil, oder einer
Dienstleistung zu benutzen, soweit die Benutzung dafür notwendig ist und nicht
gegen die guten Sitten verstößt. Grundsätzlich hielt der BGH die Benutzung
irgendeiner Marke von VW für notwendig, weil A.T.U. anders auf die Bestimmung
der speziell für VW-Fahrzeuge angebotenen Dienstleistungen in der beanstandeten Werbung nicht hinweisen konnte. Als Alternative zur Wiedergabe der
Bildmarke bot sich der Beklagten aber die Möglichkeit, die Bezeichnungen "VW"
oder "Volkswagen" zu verwenden. Die Verwendung der Bildmarke sah der BGH
aus diesem Grund als sittenwidrig im Sinne von § 23 Nr. 3 MarkenG an. Denn
wer sich auf die privilegierte Benutzung einer Marke nach § 23 Nr. 3 MarkenG
beruft, muss alles getan haben, um eine Beeinträchtigung der Interessen des
Markeninhabers nach Möglichkeit zu vermeiden. Grundsätzlich, so der BGH, sei
die Verwendung einer Bildmarke jedoch eine stärkere Beeinträchtigung für den
Markeninhaber als die Verwendung einer Wortmarke. Zumindest im konkreten
Fall komme der Bildmarke ein besonderer, über die Wortzeichen "VW" und
"Volkswagen" hinausgehender Aufmerksamkeitswert zu, den sich A.T.U. zunutze
gemacht habe. Im konkreten Fall kam noch ein farblicher Kontrast zwischen dem
blau/weißen Zeichen vor einem roten Hintergrund hinzu, so dass die Bildmarke
unweigerlich den Blick des Betrachters auf sich ziehe.
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Letztlich lag damit ein Versuch von A.T.U. vor, sich in den Bereich der Sogwirkung der Bildmarke zu begeben, um von ihrer Anziehungskraft, ihrem Ruf und
ihrem Ansehen zu profitieren.
Was bedeutet die Entscheidung nun für die Praxis? Der BGH hatte mit der
Verwendung des VW-Logos durch A.T.U. zunächst einen besonderen Fall zu
entscheiden, weil es sich bei diesem Logo um eine überragend bekannte Marke
handelt, die A.T.U. dazu noch im Blickfang verwendete. Allerdings hat der BGH
in seinen Entscheidungsgründen betont, dass regelmäßig die Verwendung einer
Wortmarke weniger einschneidend für den Markeninhaber ist als die Verwendung einer Bildmarke oder einer Wort-/Bildmarke. Die Bekanntheit der Marke
oder ihre blickfangmäßige Verwendung zog der BGH zwar in seiner Entscheidung in Abwägung des Markeninhaberinteresses mit ein. Beide Aspekte waren
aber keine Voraussetzung für die Versagung der Privilegierung nach § 23 Nr. 3
MarkenG. Händler und Werkstättenbetreiber sollten vor Verwendung einer Bildoder Wort-/Bildmarke des Herstellers in ihrer Werbung daher besonders sorgfältig prüfen, ob nicht eine Darstellung der Dienstleistung nur mit Worten – also
ggf. auch unter Verwendung einer reinen Wortmarke – möglich ist. Im Zweifelsfalle sollte die Zustimmung des Markeninhabers eingeholt werden. Für Hersteller
dürfte dagegen die Entscheidung eine willkommene Möglichkeit bieten, unliebsame Händler und Werkstätten in die Schranken zu weisen und zu ihnen wieder
einen größeren gedanklichen Abstand herzustellen.
[DR. DANIEL KAPPES • [email protected]]
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