Elektrische und magnetische Felder von HGÜ

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Elektrische und magnetische
Felder
von
HGÜ-Freileitungen
Dr. Hannah Heinrich
2h-engineering & -research
Physikalische Grundlagen
Was ist ein „Feld“ ?
Physikalische Grundlagen
Feld:
Raumgebiet, in dem sich eine physikalische Größe als
Funktion der Raum- und Zeitkoordinaten darstellen lässt.
Fehlt die Zeitabhängigkeit, so spricht man von statischen
Feldern.
Physikalische Grundlagen
Elektrische Felder werden verursacht von:
 elektrischen Ladungen
 elektrischen Ladungsunterschieden
elektrischen Spannungen
Die Einheit der elektrischen Feldstärke ist Volt/Meter [V/m]
Magnetische Felder werden verursacht von:
 bewegten elektrischen Ladungen
elektrischen Strömen
Die Einheit der magnetischen Flussdichte ist Tesla [T]
Physikalische Grundlagen
HGÜ-Freileitungen
 die höchsten elektrischen Feldstärken und magnetischen Flussdichten treten
zwischen den Leiterseilen auf
 am Erdboden und mit zunehmender Entfernung von der Trassenachse nimmt
sowohl die elektrische Feldstärke als auch die magnetische Flussdichte rasch ab
 bei mehrsystemigen HGÜ-Freileitungen könnte durch eine Optimierung der
Leiteranordnung eine weitere Reduzierung der elektrischen Feldstärke und
magnetischen Flussdichte erreicht werden
Aber: Evtl. auftretende Koronaentladungen an den positiven Leiterseilen sind seltener,
aber lauter, deswegen ordnet man diese bevorzugt auf den oberen Mastebenen an
Physikalische Grundlagen
Verlauf des elektrischen Feldes einer 2-systemigen ±500-kV-HGÜ-Freileitung
© Fuchs, K. et. al.: Hochspannungsgleichstromübertragung – Eigenschaften des Übertragungsmediums Freileitung. Ilmenau: Universitätsverlag, 2014.
Physikalische Grundlagen
Verlauf des magnetischen Feldes einer 2-systemigen ±500-kV-HGÜ-Freileitung
© Fuchs, K. et. al.: Hochspannungsgleichstromübertragung – Eigenschaften des Übertragungsmediums Freileitung. Ilmenau: Universitätsverlag, 2014.
Physikalische Grundlagen
Natürliche elektrische und
magnetische Felder
Magnetisches Feld: 20 … 60 µT
Natürliche magnetische Felder
Ionosphäre
Elektrische Felder
 Schönwetter-Feldstärken: 0,1 - 0,5 kV/m
 Gewitter-Feldstärken:
3 - 20 kV/m
Natürliche elektrische Felder
Physiologie
Biologische Wirkungen elektrischer Felder:
 Die Normalkomponente des Verschiebungsstromes muss an der Oberfläche des
menschlichen Körpers stetig bleiben
 Für ein einfaches Ellipsoidmodell des Körpers ergibt sich folgende Beziehung
zwischen der ungestörten externen elektrischen Feldstärke E0 und der dadurch im
Körpergewebe hervorgerufenen elektrischen Feldstärke Ei bzw. der Stromdichte J:
E0  k   0  2  f    Ei  J
 Aus obiger Gleichung ergibt sich für statische elektrische Felder (f=0), dass die
elektrische Feldstärke im Gewebe Ei immer Null ist, unabhängig von der Höhe des
externen statischen elektrischen Feldes E0
 Das externe elektrische Feld bricht an der Oberfläche des menschlichen Körpers
vollständig zusammen; das Körperinnere ist vor jeder Wirkung des externen statischen
elektrischen Feldes abgeschirmt
Physiologie
Biologische Wirkungen elektrischer Felder:
Direkte Wirkungen statischer elektrischer Felder sind ohne Belang
Mittelbare Wirkungen (Berührungsspannungen, -ströme beim Berühren von
leitfähigen im Feld befindlichen Objekten) müssen jedoch berücksichtigt und
ggf. begrenzt werden
Physiologie
Biologische Wirkungen magnetischer Felder:
 Der Zusammenhang zwischen der elektrischen Feldstärke im Körpergewebe Ei und
der externen magnetischen Flussdichte B wird durch das Farady‘sche Induktionsgesetz beschrieben:

 
d  
Ei  dl  
B  dA
dt

 Die linke Seite der Gleichung beschreibt das Wegintegral über eine geschlossene Kurve
und die rechte Seite die zeitliche Ableitung des Flächenintegrals der Normalkomponente
der magnetischen Induktion
 Ergebnis ist das mittlere elektrische Feld im Körpergewebe in der gesamten Schleife
Physiologie
Biologische Wirkungen magnetischer Felder:

 
d  
Ei  dl  
B  dA
dt

 Für eine Schleife mit konstanten Abmessungen wird immer dann ein elektrisches Feld
im Körpergewebe induziert, wenn sich
 das Magnetfeld selbst mit der Zeit ändert:
d
0
dt
f>0
 die Schleife sich in einem Magnetfeld mit einem räumlichen Gradienten bewegt
 die relative Orientierung zwischen Schleife und Feldvektor sich verändert
Physiologie
Physiologie
 Externe elektrische und magnetische Felder können im Gewebe des menschlichen
Körpers elektrische Gewebefeldstärken erzeugen
 Diese (niederfrequenten) elektrischen Gewebefeldstärken können körpereigene
elektrische Signale überlagern und bei entsprechender Stärke die Funktion von
Sinnes-, Nerven- und Muskelzellen sowie die Herzaktion stören
 Damit eine solche (unerwünschte) Wirkung auftritt, muss ein Schwellenwert
überschritten werden
 „Alles oder Nichts“-Prinzip
 Wird der Schwellenwert nicht überschritten, tritt auch keine Wirkung auf
 Gilt auch für beliebig lange Aufenthaltszeiten
Physiologie
Physiologie
 Lage der Schwelle ist durch genaue Körper-, Zell-, Membran- und Molekülmodelle
sehr genau bekannt
Physiologie
Physiologie
 Lage der Schwelle ist durch genaue Körper-, Zell-, Membran- und Molekülmodelle
sehr genau bekannt
+
EM
10 nm
Physiologie
Physiologie
 Diese Erkenntnisse stellen die Grundlagen für die Festlegung von Basiswerten dar
 Körperinterne Größen werden anschließend mit Hilfe physikalischer Modelle und
feldtheoretischer Berechnungen in direkt messbare externe Feldgrößen umgerechnet
(abgeleitete zulässige Werte)
 Dabei kommen unterschiedliche Reduktionsfaktoren für
 berufliche Exposition
und
 Exposition der Allgemeinbevölkerung
zur Anwendung
Physiologie
Basiswerte und
abgeleitete zulässige Werte
un
h
sc
r
Fo
Studien
g
Po
lit
ik
Basiswerte
Physik
- Modelle
Feldtheorie
- Rechnung
abgeleitete
zulässige
Werte
Basiswerte und abgeleitete zulässige Werte
Festlegung zulässiger Werte
 Die internationale Kommission zum Schutz vor nicht-ionisierender Strahlung (ICNIRP)
gibt im Auftrag der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in regelmäßigen Abständen
Richtlinien zur Begrenzung der Exposition gegenüber elektromagnetischen Feldern
heraus
 Dazu sichtet und bewertet die ICNIRP Literatur und Studien und erarbeitet auf
dieser Basis Empfehlungen sowohl für die Festlegung von Basiswerten als auch von
abgeleiteten zulässigen Werten
 Das letzte ICNIRP-Dokument für statische magnetische Felder aus dem Jahre 2009
legt für die Allgemeinbevölkerung folgenden Expositionsgrenzwert fest:
Frequenz
Spitzenwert der
magnetischen
Flussdichte
0 Hz
400 mT
Basiswerte und abgeleitete zulässige Werte
Festlegung zulässiger Werte
 Für statische elektrische Felder wird kein Expositionsgrenzwert festgelegt, da
keine direkten Feldwirkungen auftreten (können) und sich die indirekten Feldwirkungen auf die Feldwahrnehmung (Sträuben der Haare) und das evtl.
Auftreten von Mikroschocks begrenzen [EHC 232: Static Fields. Geneva: WHO, 2006]
 Die ICNIRP-Dokumente sind die Basis vieler europäischer und weltweiter
Grenzwertfestlegungen
 Auch die 26. Verordnung zum Bundes-Immissionschutzgesetz (26. BImSchV)
beruht – im Wesentlichen – auf den Basiswerten und abgeleiteten zulässigen
Werten der ICNIRP
Basiswerte und abgeleitete zulässige Werte
Deutschland – 26. BImSchV
 In der Sechsundzwanzigsten Verordnung zur Durchführung des BundesImmissionsschutzgesetzes (Verordnung über elektromagnetische Felder 26. BImSchV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. August 2013
werden folgende Grenzwerte festgelegt:
Effektivwert der
Frequenz
elektrischen
Feldstärke
magnetischen
Flussdichte
0 Hz
-
500 µT
Gesetzliche Regelungen
Deutschland – 26. BImSchV
 Gleichstromanlagen (…) sind so zu betreiben, dass sie in ihrem Einwirkungsbereich
an Orten, die zum dauerhaften oder vorübergehenden Aufenthalt von Menschen
bestimmt sind, bei höchster betrieblicher Anlagenauslastung der (…) genannte
Grenzwert der magnetischen Flussdichte nicht überschritten wird, sowie
 Wirkungen wie Funkenentladungen auch zwischen Personen und Objekten, die zu
erheblichen Belästigungen oder Schädigungen führen können, vermieden werden
Gesetzliche Regelungen
Europa – Ratsempfehlung 1999/5/EG
 Die Empfehlung des europäischen Rates 1999/5/EG legt folgende zulässige Werte für
die allgemeine Bevölkerung fest:
Effektivwert der
Frequenz
elektrischen
Feldstärke
magnetischen
Flussdichte
0 - 1 Hz
-
40 mT
Frequenz
Effektivwert des maximal
zulässigen Berührungsstromes
0 Hz - 2,5 kHz
0,5 mA
Gesetzliche Regelungen
Diskussionspunkte in
Verbindung mit
HGÜ-Freileitungen
Elektrische und magnetische
Gleichfelder
Literaturstudien
 SSK (2013): Biologische Effekte der Emission von Hochspannungs-Gleichstromübertragungsleitungen (HGÜ)
 Elektrische Gleichfelder können nicht in das Körperinnere eindringen und daher dort keine
gesundheitlichen Beeinträchtigungen hervorrufen (…). Wirkungen an der Körperoberfläche,
z.B. Kraftwirkungen auf Haare oder Mikroentladungen sowie indirekte Wirkungen von
Funkenentladungen auf oder von Objekten sind jedoch bei elektrischen Feldstärken nachgewiesen, wie sie unter HGÜ-Leitungen zu erwarten sind
 Die Strahlenschutzkommission kommt zum Schluss, dass auch nach Bewertung der
neueren wissenschaftlichen Literatur durch die bei HGÜ-Leitungen anzunehmenden
magnetischen Gleichfelder keine direkten gesundheitlich relevanten Auswirkungen auf die
Allgemeinbevölkerung zu erwarten sind. Die Expositionen gegenüber magnetischen Gleichfeldern liegen selbst direkt in Trassenmitte im Bereich der in der Natur und in der Wohnumwelt auftretenden Werte. Die maximal zu erwartenden magnetischen Flussdichten
liegen somit um Größenordnungen unterhalb der bestehenden internationalen Grenzwertempfehlungen für die Allgemeinbevölkerung von 400 mT (ICNIRP 2009) bzw. 40 mT (EU
Rat 1999).
Forschung
Literaturstudien
 SSK (2013): Biologische Effekte der Emission von Hochspannungs-Gleichstromübertragungsleitungen (HGÜ)
 … Indirekte Wirkungen bei Herzschrittmacherpatienten durch Umschaltung des
Implantats in den festfrequenten Überprüfungsmode sind unter HGÜ-Leitungen nicht zu
erwarten, weil die magnetischen Immissionen mit großem Abstand unter der Immunitätsschwelle von 500 µT bleiben (DIN 2003).
Forschung
Aerosole und Korona-Ionen
Literaturstudien
 Henshaw (1996) stellt die Hypothese auf, dass geladene Aerosole oder Partikel
eine größere Lungengängigkeit besitzen als nicht geladene Partikel
 Fews (1999) und klinische Anwendungen scheinen dies zu bestätigen, jedoch sind
dafür sehr hohe Ionen- und Aerosolkonzentrationen und kurze Inhalationswege
erforderlich
 Trotzdem werden die meisten Partikel bereits in den oberen Atemwegen
abgeschieden
 Entsprechende Ionenkonzentrationen treten im Bereich von HGÜ-Freileitungen
außer in unmittelbarer Nähe der Teilentladungsstelle nicht auf, so dass die
Hypothese durch diese Befunde nicht gestützt wird
 Außerdem besitzt der von Henshaw gewählte Raumladungsansatz zur
Untermauerung seiner Hypothese im Bronchialbereich keine Gültigkeit mehr
Forschung
Literaturstudien
 Fews (1999) stellt die Hypothese auf, dass durch Freileitungen eine großräumige
Modulation des natürlichen elektrischen Feldes verursacht werden kann
 Allerdings erfüllen die vorgestellten Messungen nicht die selbst definierten Kriterien,
was die Vermutung nahe legt, dass der hypothetische Effekt nicht vorhanden oder
durch andere Einflussgrößen maßgeblich beeinflusst oder überdeckt wird
 Es ist allerdings anzumerken, dass in diesem Zusammenhang nur Drehstrom-Freileitungen untersucht wurden und es bei HGÜ-Freileitungen unter Umständen zu
ausgeprägteren Raumladungszonen kommen kann
 Gleichzeitig bleibt die Frage unbeantwortet, ob dieser Modulation des natürlichen
elektrischen Gleichfeldes irgendeine (gesundheitliche) Bedeutung zukommt
Forschung
Literaturstudien
 Durch die Meeresbrandung, im Bereich von Wasserfällen und Gewitterzellen sowie
durch alle leitfähigen Objekte (Berge, Täler, Bäume, Sträucher, Gebäude, Personen)
treten Beeinflussungen des natürlichen elektrischen Gleichfeldes auf, die z.T. weitaus
stärker ausfallen können als bei HGÜ-Freileitungen
Forschung
Literaturstudien
 23 Studien am Menschen bezüglich der Wirkung von positiven und negativen Ionen
auf die Atemfunktion lassen keine nennenswerten Wirkungen erkennen
 Insbesondere wird festgestellt, dass die Studien weder einen begünstigenden Effekt
von negativen Luft-Ionen auf die Atmung oder eine Erleichterung bei Asthma noch
einen schädlichen Effekt von positiven Luft-Ionen auf die Atemfunktion unterstützen
Forschung
Literaturstudien
 Eine Case-Control-Studie konnte keine schädlichen Effekte einer 500-kV-HGÜFreileitung auf die Nutztierproduktion oder -gesundheit nachweisen, obwohl die
Expositionswerte der Tiere unterhalb der Leitung um einen Faktor von 5 - 30
höher lagen als die Expositionen der Kontroll-Population
Forschung
Literaturstudien
 Sowohl der beratende Ausschuss für nicht-ionisierende Strahlung (AGNIR) als auch
die Weltgesundheitsorganisation WHO kommen zu dem Schluss, dass es unwahrscheinlich ist, dass Korona-Ionen mehr als einen geringen Einfluss auf die langfristigen
Gesundheitsrisiken haben, die von luftverunreinigenden Aerosolen ausgehen und das
sogar für Personen, die am stärksten betroffen sind
 Generell ist anzunehmen, dass ein durch Aerosole in der Umgebung von HGÜ-Freileitungen verursachtes Gesundheitsrisiko – wenn es überhaupt existiert – so gering ist,
dass es von anderen ständig vorhandenen und weitaus stärkeren Einflüssen des täglichen Lebens überdeckt wird und somit keine spezifischen Wirkungen nachzuweisen
sind
Forschung
Mikroentladungen
Literaturstudien
 Daten zur Beschreibung der Wirkungen von Mikroentladungen sind seit langem
gut bekannt
 Die physiologische Wirkung hängt weitgehend vom Ort und der Größe der Kontaktfläche, z.B. berührenden oder greifenden Kontakt, von der Höhe der Entladungsenergie und der übertragenen Ladung sowie der Amplitude und Frequenz des
Dauer-Kontaktstroms ab. Diese Wirkungen können belästigend oder schmerzhaft
sein oder können auch lebensbedrohliche Folgen haben
 Im Allgemeinen kann man zwischen zwei verschiedenen Phasen eines KontaktstromEreignisses unterscheiden:
 einem anfänglichen Entladungsstromimpuls, z.B. einer Funkenentladung
 einem Dauer-Kontaktstrom
Forschung
Literaturstudien
 Leider enthalten heutige Personenschutz-Vorschriften (EU-Ratsempfehlung,
26. BImSchV) entweder keine oder nur unvollständige Festlegungen zum Schutz
vor Kontaktströmen oder Mikroentladungen
 Durch technische Maßnahmen, z.B. Erdung, lassen sich unerwünschte Aufladungen
von Objekten und damit Kontaktströme und Mikroentladungen vermeiden
 Bei HGÜ-Freileitungen sind derartige Effekte nur unmittelbar im Bereich der
Leitungstrasse und insbesondere bei sehr geringen Luftfeuchtigkeiten zu erwarten
Forschung
Epiktet:
Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern die Meinung, die
wir von den Dingen haben.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit !
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