14.01.15 Erkältungszeit

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ARD-MORGENMAGAZIN – SERVICE 15.01.2014
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ERKÄLTUNGSZEIT
Uschi Müller
MOHSEN RADJAI
Allgemeinmediziner
Trotz der milden Temperaturen zum Jahreswechsel steigt die Zahl der Patienten mit Erkältungskrankheiten. Nach Karneval nehmen die Erkrankungen erfahrungsgemäß meistens nochmal zu. Im Gegensatz zur Grippe sind Erkältungen nicht meldepflichtig, so dass man nicht genau sagen kann, wie viele Krankheitsfälle es mittlerweile gibt.
Fakt ist: In der kalten Jahreszeit fängt man sich schnell einen grippalen Infekt – im Volksmund
auch Erkältung genannt- ein. Eine Erkältung ist selten wirklich schlimm, aber man fühlt sich ein
paar Tage abgeschlagen und antriebsschwach. Schnupfen, Husten und manchmal auch Kopfschmerzen machen einem das Leben schwer. Apotheken und Drogerien verkaufen in dieser
Zeit erfolgreich Vitaminpräparate und ähnliche Mittel, von denen sich die Leute erhoffen, dass
sie ihre Abwehrkräfte stärken. Viel besser wirken aber ein paar einfache Vorsichtsmaßnahmen
und ein bisschen Rücksicht auf den Körper. Der grippale Infekt ist die häufigste Erkrankung der
Welt und schon die Ägypter litten darunter. Forscher haben errechnet, dass ein 75-Jähriger
rund vier Jahre seines Lebens hustend und schniefend verbringt. Doch bis heute weiß niemand
so genau, warum der eine vier Mal im Jahr mit einer laufenden Nase kämpfen muss und andere verschont bleibt. Wahrscheinlich weil vieles noch unklar ist, halten sich wohl hartnäckig einige Mythen rund um dieses Leiden, das zwar nicht gefährlich aber doch ziemlich nervig ist. Zum
Beispiel hört man immer wieder, dass nur dann die Nase läuft, wenn wir vorher kalte Füße bekommen haben. Doch so einfach ist es nicht, das haben die Forscher mittlerweile herausgefunden und dabei ziemlich skurrile Experimente zur Hilfe genommen. Aber wirklich weitergekommen ist man in 100 Jahren Erkältungsforschung auch nicht. Aufgrund der Tatsache, dass
es sehr viele verschieden Erkältungsviren gibt und diese sich durch Mutation permanent verändern, ist es unmöglich eine Impfung gegen Erkältungen zu entwickeln.
Harmlose Erkältung oder doch Grippe?
Husten, Schnupfen, Heiserkeit, Halsschmerzen, eventuell mäßiges Fieber, Kopf-, Glieder- und
leichte Muskelschmerzen sowie Mattigkeit - anfangs gleichen sich die Beschwerden bei beiden
Krankheiten sehr. Wir fühlen uns schon etwas krank, meistens gehen wir aber trotzdem arbeiten und schonen sich nicht. Das ist ein Fehler, denn um eine an sich harmlose Erkältung auszukurieren, benötigt unser Körper Ruhe und Schonung.
Auslöser von Erkältungen sind Viren und wenn die unser Körper nicht ausreichend bekämpfen kann, gelangen sie mit dem Blutstrom in unseren Körper und die inneren Organe. Dort können sie beispielsweise den Herzmuskel befallen und eine Entzündung verursachen, die die
Herzleistung dramatisch verschlechtert.
Die Symptome einer Grippe sind von Beginn an dramatischer: die Betroffenen fühlen sich
richtig krank, die Beschwerden setzen oft so plötzlich und heftig ein, dass die Patienten sogar
die Uhrzeit nennen können. Hinzu kommen plötzliche Kopf- und Gliederschmerzen, Schüttelfrost und trockener, schmerzhafter Husten. Der Patient fühlt sich abgeschlagen, müde und
schwach. Oft treten auch Halsschmerzen, Schluckbeschwerden auf.. Bei den ersten Anzeichen
sollte unbedingt der Arzt aufgesucht werden. Denn nur die sofortige richtige medikamentöse
Behandlung kann den Krankheitsverlauf mildern und Komplikationen verhindern.
Wann zum Arzt?
• Wenn ich mich kranker fühle als sonst üblich und mich meiner Aufgaben nicht mehr
gewachsen fühlen
• Wenn ich mich nach zwei, drei Tagen statt besser eher schlechter fühle
• Wenn das Fieber länger als 3 Tage dauert
• Wenn Medikamente, die sonst wirken, nicht helfen
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Ansteckung mit Grippeviren
Die Grippeviren werden in der Regel über Tröpfcheninfektion von einem Menschen auf den
anderen übertragen, z .B. durch Niesen oder Husten. Auch eine Übertragung durch Kontakt der
Hände ist möglich, daher ist häufiges Händewaschen unbedingt erforderlich.
Zwischen Ansteckung und Ausbruch der Krankheit liegen ein bis drei Tage. Infizierte können in
dieser Zeit schon andere Menschen anstecken. Eine Woche nach Krankheitsbeginn endet die
Infektionsgefahr für andere.
Folgeerkrankungen
Es kann wochenlang dauern, bis der Patient sich wieder von der Krankheit erholt hat. Währenddessen leiden viele an einem quälenden Reizhusten. Dabei wird das Immunsystem so
stark geschwächt, dass der Körper für weitere schwere Infektionen anfälliger wird. Die häufigste Komplikation einer Grippe ist eine Beteiligung der Bronchien und Lunge. Sie tritt etwa bei
einem Fünftel aller Erkrankungsfälle auf. Die Grippeviren selbst oder Bakterien, die den geschwächten Patienten zusätzlich infizieren, können auch eine Lungenentzündung auslösen.
Behandlung
• Gegen Fieber, Husten und Schnupfen gibt es zahlreiche Medikamente, die zum großen Teil
rezeptfrei in den Apotheken verkauft werden. Diese sollten aber zurückhaltend angewendet
werden, da die Reaktionen des Körpers auf die Infektion teilweise sinnvolle Abwehrmechanismen darstellen. Nur wenn das Fieber sehr hoch steigt (über 39 Grad Celsius) empfiehlt
es sich, etwas dagegen zu tun. Aber auch dann müssen es nicht unbedingt Medikamente
(z.B. Acetylsalicylsäure- oder Paracetamolpräparate) sein. Lauwarme Wadenwickel wirkenebenso gut und sind frei von Nebenwirkungen. Kinder sollten bei fiebrigen Erkrankungen
nicht mit Medikamenten behandelt werden, die Acetylsalicylsäure oder ähnliche Substanzen
enthalten. Diese erhöhen die Gefahr eines so genannten Reye-Syndroms, einer schweren
Erkrankung von Gehirn und Leber, die tödlich verlaufen kann. Das Risiko ist zwar gering,
lässt sich aber durch den Verzicht auf derartige Medikamente weiter reduzieren.
• Viele Menschen greifen zur Vorbeugung zu Vitamin-C-Tabletten. Doch die Forschung hat
gezeigt, dass vitaminhaltige Nahrungsergänzungsmittel längst nicht so gut schützen wie zum
Beispiel häufiges Händewaschen - und dass hohe Dosierungen auch schaden können. Das
Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat dazu in der
Vergangenheit Informationen veröffentlicht, die den Nutzen von Vitamin C und anderen so
genannten Antioxidantien wie Vitamin A, E und Betakarotin in Frage stellt. Es handelt sich
um Forschungsergebnisse, die gezeigt haben, dass Vitamin C eine Ansteckung nicht verhindert, und hohe Dosierungen sogar schädlich sein können.
• Es gibt viele einfache, aber wirksame Möglichkeiten, um das Ansteckungsrisiko für Atemwegserkrankungen zu senken. Dazu gehört, sich in der Grippesaison die Hände häufig mit
normaler Seife zu waschen und sich nicht ins Gesicht zu fassen. Wer sich schon angesteckt
hat, kann andere Menschen vor Ansteckung schützen, indem er es vermeidet, anderen die
Hand zu geben, und benutzte Taschentücher schnell entsorgt.
• Eine neue US-amerikanische Studie liefert nun den wissenschaftlichen Beweis, dafür, dass
wer regelmäßig Sport treibt und sich fit hält, im Herbst und Winter seltener eine Erkältung
bekommt. Auch die Symptome sind nicht so stark ausgeprägt, wenn es einen gut trainierten
Menschen dann doch einmal erwischt. Allerdings muss man sich für diesen Effekt an fünf
oder mehr Tagen in der Woche ausreichend bewegen - und zwar mindestens zwanzig Minuten und so, dass man leicht ins Schwitzen gerät. Das schließen die Forscher aus einer Untersuchung von über 1000 Versuchspersonen, bei denen sie Erkältungssymptome dokumentierten. Die Personen, die sich häufig bewegten, waren nur halb so oft erkältet wie Menschen, die nur an einem Tag in der Woche oder noch seltener Sport trieben. Die Wissen-
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schaftler führen diesen Effekt auf eine Aktivierung des Immunsystems zurück. (David Nieman (Appalachian State University, Kannapolis) et al.: British Journal of Sports Medicine,
doi: 10.1136/bjsm.2010.077875)
Vermehrte Schleimbildung und Husten stellen wichtige Abwehrmechanismen dar, durch die
Schadstoffe aus den Atemwegen abtransportiert werden. Der Hustenreflex sollte also nicht
unterdrückt werden, da er der Heilung dient. Nur der so genannte „trockene Reizhusten“
sollte behandelt werden. Leider enthalten viele Erkältungsmedikamente Hustenblocker
(meist Codein), oft in Kombination mit anderen Wirkstoffen. Sinnvoller ist die Verflüssigung
des Schleims mit geeigneten Medikamenten, die das Abhusten erleichtern. Eine ausreichend tägliche Trinkmenge sowie Dampfinhalationen wirken unterstützend.
Nasensprays oder -tropfen gegen Schnupfen können sehr erleichternd wirken. Da sie die
Nasenschleimhaut abschwellen, indem sie die Blutgefäße verengen, kann man besser atmen und die Schleimproduktion wird verringert. So lässt sich auch das Risiko von Komplikationen wie Nebenhöhlen- oder Mittelohrentzündungen verringern. Allerdings müssen diese
Mittel nach spätestens einer Woche abgesetzt werden, da sie die Schleimhaut extrem schädigen können: Eine regelrechte Abhängigkeit kann entstehen, im Extremfall sogar die so
genannte „Stinknase“, bei der die Schleimhaut praktisch verwest.
Aber auch die guten alten Hausmittel sind sehr wirksam und dazu noch preiswert: Heiße
Getränke und Gurgeln mit Salzlösung lindern Entzündungen und Schwellungen im Rachenraum. Auch die berühmte Hühnersuppe bekommt Patienten sehr gut. Studien haben gezeigt, dass in einer Hühnersuppe Inhaltstoffe stecken, die das Immunsystem unterstützen
und so den Verlauf der Erkrankung günstig beeinflussen können. Am Besten ist natürlich eine Suppe aus frischen Zutaten, aber selbst die Hühnersuppe aus der Tüte zeigt noch ähnliche Wirkung.
Durch das hohe Fieber verliert der Körper Flüssigkeit – daher ist es wichtig, viel zu trinken
(Wasser, Kräutertee, Saft). Ideal: Hagebuttentee, er liefert bei Grippe reichlich Vitamin C.
Kaffee, schwarzer Tee und Alkohol sind nicht geeignet, da sie harntreibend wirken.
Leicht verdauliche Kost mit Obst und Gemüse, , um auf natürlichem Wege für eine ausreichend Vitaminzufuhr zu sorgen.
Sollten die Beschwerden nach zwei Tagen noch nicht abgenommen haben oder trotz Behandlung heftige Ohren- oder Halsschmerzen, schmerzender Husten, eitriger Auswurf, Fieber über 39 Grad Celsius und Atembeschwerden auftreten, informieren Sie umgehend Ihre
Ärztin oder Ihren Arzt.
Grippeschutzimpfung - schützt nicht vor Erkältungen
Lassen Sie sich auf jeden Fall impfen, wenn Sie zu folgenden Risikogruppen zählen:
• Alle Menschen über 60 Jahren;
• Patienten, die an einer Immunschwäche leiden sowie Organempfänger;
• Chronisch kranke Menschen wie Lungen-, Herz-Kreislauf-Erkrankte und Diabetiker;
• Menschen, die in Pflegeheimen leben;
• Menschen, die an ihrem Arbeitsplatz mit dem Virus in Berührung kommen können (z.B. medizinisches Personal oder Busfahrer).
• Schwangere ab dem zweiten Schwangerschaftsdrittel
Erkältungsmythen:
1. Wer friert, wird anfällig gegen Erkältungen
Falsch: Frieren und Frösteln zu Beginn einer Erkältung zeigen bereits einen leichten Anstieg der
Körpertemperatur. Dann haben wir uns den Virus bereits eingefangen und unser Abwehrsystem
versucht ihn, mit höheren Temperaturen zu bekämpfen.
2. Nasensprays können Schnupfen heilen
Falsch: Nasensprays lindern kurzfristig die Beschwerden. Zu oft und zu lange angewandt aber
schwillt dann die Nasenschleimhaut wieder an. Weshalb erneut das Nasenspray benutzt wird und
so zu einer Abhängigkeit führen kann. Auf Dauer wird die empfindliche Nasenschleimhaut irreversibel geschädigt.
3. Kräftiges Schnäuzen macht die Nase frei und sorgt für einen klaren Kopf
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Falsch: Beim Schnäuzen gelangen Viren und Bakterien in unsere Nebenhöhlen, nisten sich dort
ein und können zu einer Nasennebenhöhlenentzündung führen. Besser: Nase mit einem Tuch
vorsichtig ausdrücken und maximal etwas verstärkt ausatmen.
4. Wer eine Erkältung hat, sollte in der Sauna die Krankheit ausschwitzen.
Falsch: Wenn man bereits erkältet ist, ist eine Sauna sehr kreislaufbelastend und schwächt das
Immunsystem. Wer aber gesund regelmäßig sauniert, stärkt seine Abwehrkräfte und beugt Erkältungen vor.
WEITERE INFORMATIONEN:
• Arbeitsgemeinschaft Influenza, Grünes Kreuz, Schuhmarkt 4, 35037 Marburg
• www.gesundheitsinformation.de
LITERATURHINWEIS:
• (David Nieman (Appalachian State University, Kannapolis) et al.: British Journal of
Sports Medicine, doi: 10.1136/bjsm.2010.077875)
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Sven-Jörg Buslau: Grippe ade! Husten, Schnupfen, Heiserkeit vorbeugen und heilen,
Heyne Verlag, München 1999, ISBN 3453163761, Euro 2,55
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