Dezimaldarstellung ganzer Zahlen - Hu

Werbung
Berufsfeldbezogenes Fachseminar - Zahlentheorie
Lisa Laudan
Prof. Dr. Jürg Kramer
Wintersemester 2014/2015
Dezimaldarstellung ganzer Zahlen
(Division mit Rest)
1
1.1
Division mit Rest in der Hochschule
Die natürlichen Zahlen in der Hochschule
In der Hochschule gibt es verschiedene Möglichkeiten, die natürlichen Zahlen
zu definieren. Wir definieren sie mit Hilfe von Axiomen, den sogenannten
Peano-Axiomen, benannt nach G. Peano.
Definition 1.1 (Peano-Axiome). Die Menge N der natürlichen Zahlen wird
durch die folgenden Axiome charakterisiert:
(i) Die Menge N ist nicht leer: Es gibt ein ausgezeichnetes Element 0 P N.
(ii) Zu jedem n P N gibt es ein wohlbestimmtes Element n˚ P N mit n˚ ‰ n,
das Element n˚ heißt der (unmittelbare) Nachfolger von n, n wird der
(unmittelbare) Vorgänger von n˚ genannt.
(iii) Es gibt kein Element n P N mit n˚ “ 0.
(iv) Besteht für zwei natürliche Zahlen n1 , n2 P N die Gleichheit n1 ˚ “ n2 ˚ ,
so folgt n1 “ n2 , d.h. die Nachfolgerbildung induziert eine injektive
Abbildung von N nach N.
(v) Prinzip der vollständigen Induktion: Ist T eine Teilmenge von N mit
der Eigenschaft, dass 0 P T gilt (Induktionsanfang) und dass mit t P T
(Induktionsvoraussetzung) auch t˚ P T (Induktionsschritt) ist, so muss
T “ N gelten.
Bemerkung. Wir legen die folgende Bezeichnung fest:
1 :“ 0˚ , 2 :“ 1˚ “ 0˚˚ , 3 :“ 2˚ “ 1˚˚ “ 0˚˚˚ , ....
Wir erhalten somit die Menge der natürlichen Zahlen als
N “ t0, 1, 2, 3, ...u.
1
Definition 1.2. Addition bzw. Multiplikation natürlicher Zahlen m, n werden
wie folgt induktiv definiert.
Addition:
n ` 0 :“ n
n ` m˚ :“ pn ` mq˚ ,
bzw. Multiplikation:
n ¨ 0 :“ 0
n ¨ m˚ :“ pn ¨ mq ` n.
Lemma 1.1. Es seien n, m, p beliebige natürliche Zahlen. Dann gelten die
folgenden Rechengesetze:
• Assoziativgesetze:
n ` pm ` pq “ pn ` mq ` p,
n ¨ pm ¨ pq “ pn ¨ mq ¨ p.
• Kommutativgesetze:
n ` m “ m ` n,
n ¨ m “ m ¨ n.
• Distributivgesetze:
pn ` mq ¨ p “ pn ¨ pq ` pm ¨ pq,
p ¨ pn ` mq “ pp ¨ nq ` pp ¨ mq.
Der Beweis erfolgt mittels vollständiger Induktion, wird hier aber nicht
ausgeführt.
Bemerkung (Subtraktion natürlicher Zahlen). Die Gleichung m ` x “ n ist in
den natürlichen Zahlen genau dann lösbar, wenn m ď n gilt. Die Lösung x
bezeichnen wir dann mit n ´ m.
Während die Addition und die Multiplikation natürlicher Zahlen uneingeschränkt möglich ist, ist die Subtraktion nur eingeschränkt ausführbar.
2
Lemma 1.2 (Prinzip des kleinsten Elements). Ist M Ď N eine nichtleere Teilmenge, so besitzt M ein kleinstes Element m0 , d.h. für alle m P M
gilt die Beziehung m ě m0 .
Auf den Beweis wird ebenfalls verzichtet.
Definition 1.3. Eine natürliche Zahl b ‰ 0 teilt eine natürliche Zahl a, falls
ein c P N existiert mit
a “ b ¨ c.
Wir sagen: b ist Teiler von a (in Zeichen b|a). Weiter heißt b P N gemeinsamer
Teiler von a1 , a2 P N, falls c1 , c2 P N existieren mit
aj “ b ¨ cj pj “ 1, 2q.
Beispiel 1.1. 2 ist ein Teiler von 6 (2|6), da 6 “ 2 ¨ 3.
Ohne den Beweis zitieren wir folgendes Lemma.
Lemma 1.3 (Teilbarkeitsregeln). Für a, b, c, a1 , a2 , b1 , b2 , c1 , c2 P N gelten die
folgenden Regeln.
(i) a | a
pa P N; a ‰ 0q.
(ii) a | 0
pa P N; a ‰ 0q.
(iii) 1 | a
pa P Nq.
(iv) c | b, b | a ñ c | a
pa, b, c P N; b, c ‰ 0q.
(v) b | a ñ b ¨ c | a ¨ c
pa, b, c P N; b, c ‰ 0q.
(vi) b ¨ c | a ¨ c ñ b | a
pa, b, c P N; b, c ‰ 0q.
(vii) b1 | a1 , b2 | a2 ñ b1 ¨ b2 | a1 ¨ a2 pa1 , a2 , b1 , b2 P N; b1 , b2 ‰ 0q.
(viii) b | a1 , b | a2 ñ b | pc1 ¨ a1 ` c2 ¨ a2 q pa1 , a2 , b1 , b2 P N; b1 , b2 ‰ 0q.
(ix) b | a ñ b | a ¨ c pa, b, c P N; b ‰ 0q.
(x) b | a, a | b ñ a “ b pa, b P N; a, b ‰ 0q.
Bemerkung. Nach Lemma 1.3 hat jedes a P N, a ‰ 0, die Teiler 1 und a.
Wir nennen diese Teiler triviale Teiler von a. Die nicht-trivialen Teiler von a
heißen echte Teiler von a.
3
1.2
Division mit Rest
Es seien a, b natürliche Zahlen. Wir nehmen an, dass b ď a gilt. Man betrachtet
nun die Vielfachen (1 ¨ b, 2 ¨ b, 3 ¨ b, . . .) von b. Nach endlich vielen Schritten
gelangen wir zu einem Vielfachen von b, welches echt größer als a ist. Das
bedeutet das vorhergehende Vielfache ist entweder kleiner oder gleich a. Fassen
wir das Ganze mit Hilfe einer Formel zusammen, bedeutet dies, dass sich
natürliche Zahlen q, r finden, so dass
a“q¨b`r
mit 0 ď r ă b gilt. Man spricht von der Division von a durch b mit dem Rest
r. Gilt speziell r “ 0, so ist b ein Teiler von a.
Satz 1.4 (Division mit Rest). Es seien a, b P N mit b ‰ 0. Dann existieren
eindeutig bestimmte natürliche Zahlen q, r mit 0 ď r ă b, so dass die Gleichheit
a“q¨b`r
(1)
besteht.
Beweis. Wir müssen die Existenz und die Eindeutigkeit der natürlichen Zahlen
q, r zeigen.
Existenz: Für alle natürlichen Zahlen q mit der Eigenschaft q ¨ b ď a
definieren wir die natürliche Zahl rpqq :“ a ´ q ¨ b. Damit betrachten wir die
Menge der natürlichen Zahlen
Mpa, bq :“ trpqq | q P N, q ¨ b ď au.
Für q “ 0 gilt rp0q “ a, d.h. a P Mpa, bq und somit ist Mpa, bq eine nichtleere
Menge. Nach dem Prinzip des kleinsten Elements (Lemma 1.2) existiert ein
q0 P N derart, dass r0 :“ rpq0 q das kleinste Element von Mpa, bq ist. Es gilt
r0 “ a ´ q0 ¨ b ðñ a “ q0 ¨ b ` r0 .
(2)
Wir zeigen nun, dass 0 ď r0 ă b gilt, d.h. dass (2) die gesuchte Darstellung
ist. Im Gegensatz dazu nehmen wir an, dass r0 ě b gilt, d.h. es existiert ein
r1 P N mit r0 “ b ` r1 . (Beachte: r1 ă r0 , da b ‰ 0 und somit b ą 0). Es gilt
dann
b ` r1 “ r0 “ a ´ q0 ¨ b ðñ r1 “ a ´ pq0 ` 1q ¨ b.
4
Es folgt, dass r1 P Mpa, bq. Dies führt zu einem Widerspruch, da r1 ă r0 .
Somit muss 0 ď r0 ă b gelten. Dies beweist die gewünschte Existenz.
Eindeutigkeit: Es seien q1 , q2 P N und r1 , r2 P N mit 0 ď r1 ă b, 0 ď r2 ă b
und so dass
a “ q 1 ¨ b ` r1
a “ q 2 ¨ b ` r2
(3)
(4)
gilt.
O. B. d. A. nehmen wir r2 ě r1 an. Dann gilt
0 ď r2 ´ r1 ă b.
(5)
Wenn wir anschließend die Gleichungen (3) und (4) subtrahieren, liefert dies
r2 ´ r1 “ pa ´ q2 ¨ bq ´ pa ´ q1 ¨ bq “ pq1 ´ q2 q ¨ b.
Wäre q1 ‰ q2 , so wäre q1 ´ q2 ě 1 also würde
r2 ´ r1 “ pq1 ´ q2 q ¨ b ě b
gelten. Dies wäre allerdings ein Widerspruch zu (5). Somit muss q1 “ q2
gelten, woraus r1 “ r2 folgt. Damit ist die Eindeutigkeit bewiesen.
Abschließend noch ein paar Beispiele.
Beispiel 1.2 (Beispiel für natürliche Zahlen). Sei a “ 7 und b “ 2, dann gilt
für
q
q
q
q
“ 0 ùñ rp0q “ 7 ´ 0 ¨ 2 “ 7
“ 1 ùñ rp1q “ 7 ´ 1 ¨ 2 “ 5
“ 2 ùñ rp2q “ 7 ´ 2 ¨ 2 “ 3
“ 3 ùñ rp3q “ 7 ´ 3 ¨ 2 “ 1
Somit gilt 0 ď r ă b und die Menge der natürlichen Zahlen beträgt Mp7, 2q “
t7, 5, 3, 1u.
.
5
Beispiel 1.3 (weitere Beispiele für Division mit Rest). Für folgende Paare
soll die Division mit Rest durchgeführt werden: 773 und 337, 25 ¨ 34 ¨ 52 und
23 ¨ 32 ¨ 53 , sowie 232 ´ 1 und 48 ` 1.
773 “ 2 ¨ 337 ` 99,
25 ¨ 34 ¨ 52 “ p22 ¨ 32 q ¨ p23 ¨ 32 ¨ 52 q “ p5 ¨ 7 ` 1q ¨ p23 ¨ 32 ¨ 52 q “
7 ¨ p23 ¨ 32 ¨ 53 q ` p23 ¨ 34 ¨ 52 q,
232 ´ 1 “ p216 ´ 1qp48 ` 1q ` 0, da 216 ` 1 “ 48 ` 1 gilt.
Beispiel 1.4. Heute ist Montag. Welcher Wochentag ist in einer Million
Tagen?
Wegen 1.000.000 “ 142857 ¨ 7 ` 1 wird es ein Dienstag sein, denn eine Woche
hat sieben Tage und wenn wir Montag + 1 Tag „rechnen “, erhalten wir den
Dienstag.
Hinter dieser Aufgabe verbirgt sich ein interessanter Sachverhalt.
1 “ 0 ¨ 7`1
10 “ 1 ¨ 7`3
100 “ 14 ¨ 7`2
1.000 “ 142 ¨ 7`6 “ 143 ¨ 7 ´ 1
10.000 “ 1428 ¨ 7`4 “ 1429 ¨ 7 ´ 3
100.000 “ 14285 ¨ 7`5 “ 14286 ¨ 7 ´ 2
1.000.000 “ 142857 ¨ 7`1
...
Wir stellen fest, wenn man eine Zehnerpotenz durch 7 dividiert, bleiben
folgende Reste: 1, 3, 2, 6, 4, 5, . . ..
Mit diesem Wissen, hätte man also Beispiel 1.4 auch ohne zu rechnen lösen
können.
6
1.3
Dezimaldarstellung
Die Division mit Rest ist der Schlüssel zur Dezimaldarstellung natürlicher
Zahlen.
Ist n P N, n ‰ 0, so existiert ein maximales l P N derart, dass
n “ ql ¨ 10l ` rl
mit eindeutig bestimmten natürlichen Zahlen 1 ď ql ď 9 und 0 ď rl ă
10l gilt. Wir können nun einen Algorithmus ausführen um die eindeutige
Dezimaldarstellung zu erhalten. Es gilt
n “ ql ¨ 10l ` rl
rl “ ql´1 ¨ 10l´1 ` rl´1
...
r1 “ q1 ¨ 101 ` r0
r0 “ q0 ¨ 100 ` 0
mit eindeutig bestimmten natürlichen Zahlen 0 ď qj ď 9 pj “ 0, ..., lq und
ql ‰ 0. Setzt man nun jeweils die Reste ein, so erhält man die eindeutige
Dezimaldarstellung
n “ ql ¨ 10l ` ql´1 ¨ 10l´1 ` ... ` q1 ¨ 101 ` q0 ¨ 100
mit 0 ď qj ď 9 pj “ 0, ..., lq und ql ‰ 0. Dies führt zur Dezimaldarstellung
n “ ql ql´1 ...q1 q0 .
Bemerkung. Es sei a eine von Null verschiedene Zahl. Wir haben a bereits
mit Hilfe mehrfacher Division mit Rest eindeutig in der Form
a“
l
ÿ
qj ¨ 10j
j“0
mit natürlichen Zahlen 0 ď qj ď 9 pj “ 0, ..., lq und ql ‰ 0 dargestellt. Für
die Summe haben wir die Dezimaldarstellung
a “ ql ql´1 ...q1 q0
7
eingeführt. Die Dezimalschreibweise überträgt sich unmittelbar auf den Bereich der ganzen Zahlen. Ist die ganze Zahl a nämlich negativ, so gilt a “ ´|a|.
Mit der Dezimaldarstellung der natürlichen Zahl |a| erhalten wir die Dezimaldarstellung von a in der Form
a “ ´ql ql´1 ...q1 q0 ,
wiederum mit natürlichen Zahlen 0 ď qj ď 9 pj “ 0, ..., lq und ql ‰ 0.
Beispiel 1.5. Ein Beispiel für n=343.
n “ 343 “ q2 ¨ 102 ` r2 “ 3 ¨ 102 ` 43
r2 “ 43 “ q1 ¨ 101 ` r1 “ 4 ¨ 10 ` 3
r1 “ 3 “ q0 ¨ 100 ` 0 “ 3 ¨ 100 ` 0
1.4
Die ganzen Zahlen in der Hochschule
Wir wollen nun diese Thematik der natürlichen Zahlen auf die ganzen Zahlen
übertragen. In Analogie zu Definition 1.3. legt man fest, dass die ganze Zahl
b ‰ 0 die ganze Zahl a teilt, wenn eine ganze Zahl c mit a “ b ¨ c existiert.
Außerdem übertragen sich die Teilbarkeitsregeln (siehe Lemma 1.3) ebenso
auf die ganzen Zahlen mit der Ergänzung, dass ˘1 und ˘a die trivialen Teiler
der ganzen Zahl a sind. Weiterhin nennen wir zwei ganze Zahlen a, b, welche
sich nur um ein Vorzeichen voneinander unterscheiden, d.h. für die a “ ˘b
gilt, zueinander assoziiert. Liegt keine Teilbarkeitsbeziehung vor, so kann man
wie im Bereich der natürlichen Zahlen eine Division mit Rest vornehmen.
Satz 1.5 (Division mit Rest, revisited). Es seien a, b ganze Zahlen mit
b ‰ 0. Dann finden sich eindeutig bestimmte ganze Zahlen q, r mit 0 ď r ă |b|,
so dass die Gleichung
a“q¨b`r
besteht.
8
(6)
2
Division mit Rest in der Schule
Im Gegensatz zur Hochschule werden in der Schule nach der Einführung der
natürlichen Zahlen zunächst die Bruchzahlen behandelt. Erst danach behandelt man die ganzen Zahlen. Die Schüler haben dann oft Schwierigkeiten mit
den negativen Zahlen. Außerdem verbinden die Schüler mit einer Dezimalzahl
häufig die Darstellung eines Bruches als „Kommazahl“, weniger ist ihnen
bewusst, dass auch 343 eine Dezimalzahl ist (siehe Beispiel 1.2.). Betrachten
wir einmal ein Beispiel zur Division mit Rest:
Beispiel 2.1. Eine Aufgabe könnte lauten: Geben Sie das ganzzahlige Ergebnis der Division von 3562:5 an. Die Lösung würde wie folgt aussehen:
3562 “ 712 ¨ 5 ` 2.
(7)
Also wäre q “ 712 und r “ 2. In der Schule schreibt man auch
“3562 : 5 “ 712 Rest 2”.
Das sieht allerdings wie eine Gleichung aus, ist aber keine. „712 Rest 2“ ist
mehrdeutig, daher vermeiden wir diese Schreibweise.
Betrachten wir das obige Beispiel, dann stellt man sich in der Schule die
Frage, wie oft passt die 5 in die 3562, man überlegt also, wie oft passt die
Zahl b in die Zahl a hinein. Hingegen wir in der Hochschule die Zahlen q und
r finden wollen, sodass die Gleichheit a “ q ¨ b ` r besteht.
9
Herunterladen