Cholinerges System - alexander

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Pharmakologie und Toxikologie
Cholinerges System
M und N-Cholinozeptoren
M-
Acetylcholin als Transmitter
Acetylcholin ist einer der wichtigsten Neurotransmitter des Menschen. Die quartäre
Ammoniumverbindung (Abb. 1) wird durch das Enzym Cholinacetyltransferase aus dem
Aminoalkohol Cholin und dem Acetyl-CoA
CoA im Cytosol der Nervenendigungen gebildet
und anschließend über einen Protonen/Acetylcholin-Antiporter
Protonen/Acetylcholin
in neurosekretorische
Speichervesikel aufgenommen. Durch das Enzym Acetylcholinesterase kann
extrazelluläres Acetylcholin nach Freisetzung in den synaptischen Spalt
S
und
Abb.1: Strukturformel Acetylcholin
Rezeptorbindung hydrolytisch in einen Acetyl-Rest
Acetyl
und Cholin gespalten werden. Cholin
+
wird über einen Na /Cholin-Kotransporter
Kotransporter in die präsynaptische Endigung
aufgenommen und zur Neusynthese von Acetylcholin wiederverwendet. Die Wiederaufnahme von Cholin aus dem
Extrazellularraum ins Axoninnere kann durch Hemicholinium-3 gehemmt werden.
Acetylcholin ist der Transmitter aller präganglionären Neurone des Sympathikus und Parasympathikus sowie der
postganglionär-parasympathischen Neurone des Vegetativums. Cholinerg sind außerdem zahlreiche Neurone des enterischen
Nervensystems und die sympathische Innervation der Schweißdrüsen, während alle anderen postganglionären Neurone des
Sympathikus Noradrenalin als Transmittersubstanz verwenden. Die Zellen des Nebennierenmarks
Nebennierenmarks werden direkt von
präganglionären Neuronen versorgt und somit cholinerg innerviert. Auch die Erregungsübertragung
Erregungsübertragung an den neuromuskulären
Endplatten wird von Acetylcholin vermittelt. Zwei weitere zentrale cholinerge Systeme sind das Corpus striatum
s
mit cholinergen
Interneuronen, welche normalerweise durch nigro-striatale
nigro striatale Dopaminneurone gehemmt werden, und cholinerge Fasersysteme,
die vom Nucleus basalis Meynert zur Großhirnrinde und von der Formatio septalis medialis zum Hippocampus ziehen und
un an
Lernen und Gedächtnis Beteiligung finden.
Nicotinischer Acetylcholinrezeptor
Abb.2: Aufbau des nikotinischen
Acetylcholinrezeptors
Seit 1914 unterscheidet man zwei Gruppen von Cholinozeptoren, die nach ihren selektiven
Agonisten benannt werden: Nicotinrezeptoren (Nicotin als Alkaloid der Tabakpflanze
Nicotiana tabacum) und Muscarinrezeptoren (Muscarin als Gift in Pilzen der Gattung
Inocybe).
Nikotinische
Acetylcholinrezeptoren
sind
membranständige
Rezeptoren
mit
Ionenkanalfunktion in Skelettmuskel- und Nervenzellen und werden zu den ionotropen
Rezeptoren (= ligandengesteuerte Ionenkanäle) gezählt, welche in drei Klassen eingeteilt sind:
sin
• pentamere Rezeptoren der nikotinischen Acetylcholin-Rezeptor
Acetylcholin Rezeptor-Superfamilie
• tetramere ionotrope Glutamatrezeptoren
• trimere ATP-Rezeptoren
ATP
der P2X-Familie
Für die Nicotinrezeptoren können folgende Strukturmerkmale
Strukturmerkmale (Abb. 2) beschrieben werden:
• Pentamere mit fünf Proteinuntereinheiten:
Proteinuntereinheiten: für den Muskeltyp (α1)2β1δε (Hinweis: fetale
Nikotinrezeptoren enthalten anstelle der ε-Untereinheit
heit die γ-Untereinheit) und für den
Neuronentyp (α4)
( 2 (β2)3
• jede dieser
dieser Untereinheiten besteht aus einem integralen Membranprotein mit vier
Transmembranhelices (M1-M4)
(M1
• die M2-Transmembrandomänen
M2 Transmembrandomänen (rot) der fünf Untereinheiten (UE) bilden eine Pore
• zwei Acetylcholinmoleküle (blau) binden zwischen den α-- und γ-UE sowie zwischen
den α- und δ-UE des Rezeptors
• N- und C-Terminus liegen extrazellulär
Nicotinische Acetylcholinrezeptoren findet man an den Muskelendplatten quergestreifter Muskulatur (muskulärer Typ), in den
autonomen Ganglien, im ZNS und im Nebennierenmark (neuronaler Typ) . Nach Bindung zweier Acetylcholinmoleküle kommt
es durch Ladungsverschiebungen und allosterische Formveränderungen zu einer Weitung der Kanalpore auf 0,65 nm und der
+
+
+
unspezifische Kationenkanal wird für Na - und K -Ionen
Ionen durchgängig. Da das Gleichgewichtspotential für Na -Ionen bei +55 mV
liegt und das Membranpotential der postsynaptischen Zelle zwischen -60 mV und -80
80 mV beträgt, besteht eine starke treibende
+
Kraft für Na -Ionen
Ionen ins Zellinnere zu strömen und die Zelle zu depolarisieren. Gleichzeitig wird der Kaliumausstrom der
Depolarisation leicht entgegenwirken. Dennoch überwiegt netto der Einstrom positiver Ladungen und generiert ein
exzitatorisches postsynaptisches Potential
otential (EPSP),
(EPSP), welches an der neuromuskulären Endplatte als Endplattenpotential
bezeichnet wird. Erreicht das EPSP durch passive elektrotonische Ausbreitung den Axonhügel oder wird das
d Schwellenpotential
+
erreicht, öffnen spannungsabhängige Na -Kanäle
Kanäle und die Zelle bildet ein Aktionspotential aus, welches bei einer Muskelzelle
eine Kontraktion in Form einer Einzelzuckung auslöst.
Der ligandenbesetzte Rezeptor kommt in zwei Konformationszuständen vor: geschlossen und offen. Die geschlossene Form
kann dabei vorübergehend in eine inaktivierte Konformation übergehen, bis die Acetylcholinmoleküle abdiffundiert sind.
sind Nach
Absinken der Acetylcholinkonzentration durch die Aktivität der Acetylcholinesterase regeneriert der Rezeptor zur
ursprünglichen, aktivierbaren Konformation. Cholinesterase-Inhibitoren bilden entweder nur einen Komplex (nicht(
veresternde Inhibitoren,, wie Donepezil) oder carbamylieren (Physostigmin, Neostigmin, Rivastigmin) und phosphorylieren
darüber hinaus das Enzym (Organophosphate, wie Parathion
Parathion = E605, Sarin, Tabun), womit die Acetylcholinkonzentration im
synaptischen Spalt ansteigt. Diese Wirkung nutzt man therapeutisch bei der Autoimmunerkrankung Myasthenia gravis,
gravis bei der
Autoantikörper gegen den nicotinischen Acetylcholinrezeptor zu einer fortschreitenden
fortschreitenden Muskelschwäche führen.
© November 2009
200 by Alexander Jörk
Friedrich--Schiller-Universität Jena
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Pharmakologie und Toxikologie
Cholinerges System
M und N-Cholinozeptoren
M-
Neuromuskulär blockierende Stoffe
Nicotinischer Acetylcholinrezeptor
Die nikotinischen Acetylcholinrezeptoren können kompetitiv durch das nicht-depolarisierende Muskelrelaxans d-Tubocurarin
gehemmt werden, wobei die Herztätigkeit und das ZNS aufgrund
aufgrun der undurchlässigen Blut-Hirn--Schranke für das lipophobe dTubocurarin unbeeinflusst bleiben. Aufgrund ungünstiger Nebenwirkungen (Histaminfreisetzung,
(Histaminfreisetzung, Ganglienblockade) werden in
der Anästhesie anstelle des Tubocurarins Nachfolgersubstanzen, wie Atracurium, Vecuronium oder Mivacurium verabreicht.
Das Schlangengift α-Bungarotoxin hemmt irreversibel die Anlagerung von Acetylcholinmolekülen an den Nicotinrezeptor. Als
depolarisierendes Muskelrelaxans ist Suxamethonium bekannt, welches sich als Agonist an den
de Nicotinrezeptor bindet, ihn
+
aktiviert und die postsynaptische Membran depolarisiert. Aufgrund der Inaktivierung spannungsabhängiger Na -Kanäle wird das
Sarkolemm unerregbar. Dieser Depolarisationsblock lässt sich mit Cholinesterase-Inhibitoren
Cholinesterase Inhibitoren nicht aufheben.
aufh
Eine
Muskellähmung induziert auch Botulinumtoxin,
Botulinumtoxin, welches insbesondere das Synaptobrevin als Protein des VesikelfusionsVesikelfusions
Apparates spaltet und die Exozytose der transmittergefüllten Vesikel in den synaptischen Spalt verhindert.
Agonisten und -Antagonisten
Neuronal wirkende Nicotinrezeptor-Agonisten
Nikotin, Coniin (Alkaloid des Schierlings), Cystisin und Lobelin sind Agonisten und das Hexamethonium als Ganglienblocker
Antagonist des Nikotinrezeptors vom neuronalen Typ.
Muskarinischer Acetylcholinrezeptor
Cholinerge Rezeptoren in den postsynaptischen
postsynapt
Membranen der parasympathisch innervierten Erfolgsorgane sowie der
sympathisch innervierten Schweißdrüsen sind muskarinische Acetylcholinrezeptoren.
Acetylcholinrezeptoren Diese membranständigen
Rezeptorproteine stellen selbst keinen Ionenkanal dar und zählen somit zu den metabotropen Rezeptoren.
Rezeptoren Bindungsstellen für
die Transmitter und Effektorproteine liegen getrennt lokalisiert und sind über eine G-Protein
Protein-vermittelte Signalkaskade
miteinander verknüpft (Abb. 3). Für die Muskarinrezeptoren vom Typ M1 bis M5 können folgende
folgen
Strukturmerkmale und
Funktionscharakteristika beschrieben werden:
• G-Protein-gekoppelte
gekoppelte Rezeptoren, die die Plasmamembran mit sieben Transmembrandomänen durchspannen und
daher als heptahelikale oder Serpentin-Rezeptoren
Serpentin
bezeichnet werden
• der N-Terminus liegt
iegt extrazellulär, der C-Terminus
C
intrazellulär
• desweiteren eine große intrazelluläre Schleife zwischen der 5. und 6. Transmembrandomäne
• am Signaltransduktionsmechanismus sind immer heterotrimere (α,β,γ)
(
G-Proteine
Proteine beteiligt, die mittels kovalenter
Verknüpfung
pfung mit hydrophoben Molekülen (Myristoylierung, Palmitoylierung) in der Zellmembran verankert sind
• der ligandenaktivierte Rezeptor dient als guanine nucleotide exchange factor (GEF) und bewirkt GDP->GTP
GDP
an α-UE
• das aktivierte G-Protein
Protein zerfällt in seine α- und βγ-Untereinheit,
Untereinheit, welche mit den Effektorproteinen assoziieren
Die Ligandenbindung des first messengers an extrazelluläre Regionen muss über Konformationsänderungen in ein
cytoplasmatisches Signal übersetzt werden, womit eine Signalkaskade initiiert wird:
• M1, M3, M5: Gq-gekoppelt ->
> Stimulation der Phospholipase C-β, welche PIP2 in IP3 und DAG spaltet
• M2 und M4: Gi-gekoppelt ->
> Öffnen von K-Kanälen
K Kanälen und Hemmung der Adenylatcyclase, wodurch die cAMPKonzentration abfällt und die Aktivität der Proteinkinase
Proteinki
A und der CNG-Kationenkanäle
Kationenkanäle herunterreguliert werden
Abb.3: Signaltransduktion trimerer G-Proteine
Proteine
Muskarinerge Rezeptoren vom Typ M1 kommen typischerweise auf Neuronen
uronen des Corpus striatum vor, während die M2Rezeptoren die negativ dromo-, chrono-- und
d inotropen Wirkungen am Herzen vermitteln und an den postganglionärpostganglionär
sympathischen
pathischen Vasokonstriktoraxonen die Freisetzung von Noradrenalin und seinen Cotransmittern hemmen. M3-Rezeptoren
findet man an glatten Muskelzellen, Drüsenzellen und Gefäßendothelien,
Gefäßendothelien, wo sie speziell die Synthese von NO anregen. Die
Wirkung des M2-Rezeptorsubtyps
Rezeptorsubtyps in den Schrittmacherzellen des Herzens wird über zwei Mechanismen erreicht: Die Gβγ-UE
öffnet GIRK-Kaliumkanäle
Kaliumkanäle und führt neben einer schnelleren Repolarisation zur Stabilisierung
Stabilisierung und Negativierung des
diastolischen Potentials. Die Gα-UE
UE hemmt die Adenylatcyclase und der geringe cAMP-Spiegel
cAMP
verringert die
Offenwahrscheinlichkeit der HCN-Kanäle,
Kanäle, wodurch der Schrittmacherstrom gehemmt wird.
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Pharmakologie und Toxikologie
Cholinerges System
M und N-Cholinozeptoren
M-
M-Cholinozeptoragonisten
Muskarinischer Acetylcholinrezeptor
Da die Muskarinrezeptor-Agonisten die Wirkungen des Parasympathikus nachahmen, nennt man sie
Parasympathomimetika. Zu den Agonisten gehören Acetylcholin,, welches aber einem schnellen Abbau unterliegt, und die
Carbaminsäureester Carbachol und Bethanechol,
Bethanechol welche gegen die Acetylcholinesterasen resistent sind. Neben Muscarin als
Hauptgift des ziegelroten
iegelroten Risspilzes gehören das schweißtreibende und speichelflussanregende Alkaloid Pilocarpin und das
euphorisierende und halluzinogene Wirkung ausübende Arecolin der Betelnusss zur Agonistengruppe.
M-Cholinozeptorantagonisten
Diese als Parasympatholytika wirkenden Substanzen haben keine intrinsische Aktivität und sind kompetitive Antagonisten
gegen freigesetztes Acetylcholin. Atropin und Scopolamin sind natürliche Alkaloide der
er Tollkirsche, des Bilsenkrauts und des
Stechapfels. Aufgrund der lang andauernden mydriatischen Wirkung des Atropins bedient man sich in der Augenheilkunde an
den kürzer wirkenden Mydriatika Cyclopentolat und Tropicamid. Neben den nicht subtypselektiven Antagonisten
Butylscopolamin und Ipratropium hat Pirenzepin eine Präferenz für den M1-Rezeptortyp und Darifenacin und Tiotropium für den
M3-Rezeptortyp.
Zusammenfassung der cholinergen Signaltransduktion
Hemmung der Freisetzung
von Acetylcholin durch
Calcium-Mangel,
Magnesium-Überschuss,
Lokalanästhetika und
Botulinusneurotoxine
Blockade der
Cholin-Carrier durch
Hemicholinium-3
führt zur Verarmung
an Acetylcholin
Hemmung der Anlagerung
von Acetylcholin-Molekülen
an den Nicotin-Rezeptor
durch α-Bungarotoxin
Blockade der
Cholinesterasen
durch Donepezil,
Physostigmin oder
Alkylphosphate
Aktivierung der
nicotinischen AcetylcholinRezeptoren durch Nicotin
und Suxamethonium
Blockade der nicotinischen
Acetylcholin-Rezeptoren
durch d-Tubocurarin und
Hexamethonium
Aktivierung der muskarinische
Acetylcholin-Rezeptoren durch
Muskarin, Carbachol,
Bethanechol, Pilocarpin und
Arecolin
Blockade der
Muskarinrezeptoren
durch Atropin und
Scopolamin
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