GBBK Biologie LK Dr. Tagrid Yousef EVOLUTION A Indizien für die Evolution von Organismen: Welche Indizien gibt es? I. Biochemische und cytologische Übereinstimmungen weisen auf den gemeinsamen Ursprung aller Lebewesen hin. II. Fossilien geben Auskunft über Lebewesen früherer Epochen. III. Übergangsformen weisen auf die Beziehungen großer Verwandtschaftsgruppen hin. IV. Übereinstimmungen in der Ontogenie sind ein Indiz für gemeinsame Abstammung. V. Die unterschiedliche Ausprägung homologer Merkmale lässt sich ebenso wie rudimentäre Organe oder Atavismen nur durch Evolution erklären. Zu I: Ursprung aller Lebewesen - Der gemeinsame Ursprung aller Lebewesen: Nukleinsäuren, genetische Code, trotz unzähliger Variation der Lebewesen, ähnliche Stoffwechselprozesse Zu II: Fosilien - - Lat. fossilis = ausgegraben; DEF: Fossilien sind Reste oder Spuren von Organismen früherer Erdzeitalter. Fossilien sind Belege für die Stammesgeschichte der Organismen, denn: o sie dokumentieren das Aussehen der Organismen in früheren Erdzeitaltern; o sie verdeutlichen durch den Vergleich mit heutigen Lebewesen den Formenwandel und die Verwandtschaftsbeziehungen der Organismen; o sie ermöglichen durch die Bestimmung ihres Alters Aussagen über den zeitlichen Ablauf der Evolution Entstehung von Fossilien: Tote Organismen müssen schnell von Sedimenten eingeschlossen werden, um den Sauerstoffzutritt und damit die Zersetzung zu verhindern. Nach der Art der Entstehung unterscheidet man mehrer Typen von Fossilien: Erhalt der Hartteile, Steinkern, Versteinerung, Abdruck Einschluss, Inkohlung, Mumifizierung, Eine Möglichkeit der radioaktiven Altersbestimmung ist die C14- Methode, die auch als Radiokarbonmethode bezeichnet wird und angewendet werden kann, wenn man das Alter organischer Stoffe ermitteln will. Echte Versteinerung entsteht, wenn organische Substanz von Lebewesen durch Mineralien ersetzt (substituiert) wird. Z.B. versteinert Knochen des Tambacher Liebespaares (Reptilien) und versteinertes Holz (z.B. in Chemnitz). Steinkerne: z.B. von Ammoniten oder einem Seeigel, entstehen dadurch, dass sich Hohlräume innerhalb der Schalen nach der Zersetzung des 1 GBBK Biologie LK Dr. Tagrid Yousef Weichkörpers mit Sediment füllen und erhärten. Die Steinkerne zeigen die inneren Abdrücke der Schalen. Abdruck: wenn Organismen in einem Sediment eingebettet werden und der Körper zersetzt, kann sein Abdruck erhalten bleiben, z.B. Federn des Archaeopteryx. Wird ein Abdruck erzeugt und dieser von einem Sediment ausgefüllt, entsteht ein Ausguss z.B. Saurierfährten. Hartteile sind: Zähne, Knochen, Panzer, Gehäuse. Z.B. Mammutzähne, Schneckengehäuse, Kalkfelsen. Kreidefelsen auf Rügen bestehen aus über 65 Mio. Jahre alten Fossilien Kugelschwämmchen. Inkohlung: unter bestimmten Bedingungen, wie hoher Druck, hohe Temperatur und Luftabschluss, entstanden durch Umwandlung organischer Verbindungen in Kohlenstoff aus Pflanzenresten Kohlelagerstätten. Meistens sind die Pflanzenstrukturen gut erhalten, weshalb man an diesen Fossilien die Zellstrukturen gut erkennen kann. Inklusien (Einschlüsse): Organismen waren in Harz, Salz oder Eis eingebettet. Z.B. der im sibirischen Dauerfrostboden eingebettete Mammut, der ca. 5000 Jahre im Eis eingeschlossene Ötzi und Insekten und Würmer, die vor 45 Mio. Jahren in Bernstein eingeschlossen wurden. Mumien: in sehr trockenen Gegenden, Organismen Austrocknung konserviert (z. B. Mumie Ritter Kahlbutz) werden durch Sedimentgesteine: älteste Fossilien, 3,5 Mrd. Jahre alt, als Stromatolithen z. B. vor der Westküste Australiens. Stromatolithen enthalten Mikrofossilien, die an Cyanobakterien erinnern. Sie sind durch Einfangen und Bindung von Sedimentpartikeln oder durch Fällung gelöster Stoffe oder durch beides in Folge des Wachstums und Stoffwechsels von Mikroorganismen in einem Gewässer entstanden. Sie bestehen überwiegend aus Kalkstein. Welche Erkenntnisse kann man aus der Fossiliengeschichte der Lebewesen gewinnen? 1. Fossilien zeigen, dass es früher Lebewesen gegeben hat, die es heute nicht mehr gibt, und dass nicht alle Lebewesen von Anfang an vorhanden waren. 2. Je weiter man in der Erdgeschichte zurückgeht, desto mehr weichen Flora und Faune von den heutigen Verhältnissen ab. 3. Die verschiednen Organismen treten nacheinander auf. Sie haben sie auf erreichte Entwicklungsstufen aufbauend weiter entwickelt. Z.B. Knorpelfische, Knochenfische 4. Wichtige Evolutionsschritte, z.B. vom Wasser- zum Landleben wurden erst von den Pflanzen vollzogen. 5. Entwicklungsvorgänge sind nicht mehr umkehrbar (dollosche Regel der irreversibilität der Entwicklung) Zu III: Übergangsformen der Evolution Def.: Übergangsformen sind Lebewesen, die Merkmale von Organismen in sich vereinen, die zwei unterschiedlichen systematischen Gruppen angehören. Sie sind sog. Bindeglieder und weisen auf gemeinsame Vorfahren hin. 2 GBBK Biologie LK Dr. Tagrid Yousef Brückentiere z.B. Archaeopteryx. Er zeigt Reptilien- und Vogelmerkmale; diese Übergangsformen sind nicht identisch mit den wirklichen Vorfahren, d.h. Archaeopteryx ist als ein Seitenzweig von Reptilien und Vögeln anzusehen. - Heutige Brückenorganismen: Schnabeltier (Kloakentier, Ornithorhynchus anatinus) vereint Reptilienmerkmale (Kloake, unvollständige Regulation der Körpertemperatur, Eier legend) mit Säugertiermerkmalen (Milchdrüsen, Haarkleid) Ginkobaum, einziger Vertreter einer im Erdmittelalter artenreiche Gruppe der Nacktsamer, hat sich seit 180 Mio. Jahren kaum verändert. IV. Hinweise aus der Ontogonie Ernst Haeckel – 1834 (Potsdam)-1919 (Jena); studiert erst Medizin, hört auf und widmet sich der Zoologie und Anatomie, lernt 1866 Charles Darwin kennen und wird großer Verfechter der Evolutionstheorie; in seinem Buch "Generelle Morphologie der Organismen" unterteilt Haeckel die Morphologie in Anatomie (als Strukturund Grundformengeschichte) und Morphogenie (als Entwicklungsgeschichte); formuliert das "biogenetische Gesetz", nach dem die Entwicklung des Individuums (Ontogenese) die seiner Gattung (Phylogenese) nochmals durchläuft. Die Frühstadien der Embryonalentwicklung teilt er in Morula, Blastula und Gastrula ein. In seinem Buch "Anthropogenie oder Entwicklungsgeschichte des Menschen" (1874) bezieht er den Menschen in den evolutionären Entwicklungsgedanken mit ein und formuliert dessen Abstammung von affenähnlichen Primaten. In zahlreichen Veröffentlichungen und auf Kongress- und Vortragsreisen stellt Haeckel seine "Gastraea"-Theorie vom einheitlichen Ursprung aller vielzelligen Tiere vor (ab 1874). Die Mannigfaltigkeit der organischen Formen in der Tierwelt führt er auf die selektive Wechselwirkung von Vererbung und Anpassung zurück. Die Ontogenie (Keimesentwicklung) ist eine verkürzte, schnelle Rekapitulation der Phylogenie (Stammesentwicklung). = biogenetische Grundgesetz V. Homologie und Analogie, rudimentäre Organe und Atavismen Ähnlichkeiten in: Gestalt – Morphologie Innerer Bau – Anatomie Stoffwechsel – Biochemie Erbgut – Genetik werden als Belege für die Verwandtschaft und die Evolution der Organismen herangezogen. In der Biologie unterscheidet man zwei Formen der Ähnlichkeit: Homologie und Analogie. Nur homologe Merkmalsausprägungen können als Argumente für die Verwandtschaft herangezogen werden. Def.: Analoge Organe sind Organe mit verschiedenen Grundbauplan, die in Anpassung an gleiche Funktionen Ähnlichkeiten aufweisen. Die stammesgeschichtliche Entwicklung ähnlicher Formen aus unterschiedlichen Ausgangsstrukturen in Anpassung an gleiche Funktionen (bei miteinander nicht verwandten Arten) wird als Konvergenz bezeichnet. z.B. Schädel von Wolf und Beutelwolf oder die Vorderextremitäten von Maulwürfen und Maulwurfsgrillen, die beide an das Graben im Erdreich angepasst sind. Flügel von Insekten und Vögeln, Strukturen von Sprossdorn, Blattdorn und Stachel. 3 GBBK Biologie LK Dr. Tagrid Yousef Analoge Organe entstehen nach der Systemtheorie der Evolution durch ein Wechselspiel von konvergentem Selektionsdruck und Entwicklungskorridoren. Sie stellen keine Verwandtschaftsbeziehungen dar, lassen aber durch Analogie Rückschlüsse auf ähnliche Umweltbedingungen und Lebensweisen zu. Häufig bilden Lebewesen mit analogen Organen ähnliche, überlappende ökologische Nischen. Def.: Homologe Organe sind Organe mit gleichem Grundbauplan und gleichen phylogenetischen Ursprungs. Sie können in Anpassung an unterschiedliche Funktionen spezifische Veränderungen aufweisen. Begriff wurde von Richard Owen definiert (1804-1892), der diesen vom Analogiebegriff abgrenzt. Der gleiche Grundaufbau lässt auf eine gemeinsame Abstammung schließen und wird das gleiche, für die verschiedenen Formen jedoch leicht abgewandelte genetische Programm zurückgeführt. z.B. Vordergliedmaßen verschiedener Wirbeltiere z.B. Arm des Menschen, der Vorderflügel, das Grabbein des Maulwurfes und die Flosse des Wales im Bau alle gleich. Adolf Remane (1898-1976) hat drei Homologiekriterien vorgeschlagen, auf die man sich beruft, um den Nachweis von Homologien und damit von Abstammungsverhältnissen nachzuweisen, denn Organe können im Laufe der Evolution einen Funktionswechsel durchlaufen. Homologiekriterien: 1. Kriterium der Lage 2. Kriterium der spezifischen Qualität 3. Kriterium der Verknüpfung durch Zwischenformen oder der Stetigkeit. Kriterium der Lage: Zwei Organe sind homolog, wenn sie gleiche Stellen im Gefügesystem verschiedener Organismen einnehmen. Brustflossen der Wale, die Vorderextremitäten der Wirbeltiere und der Vorderflügel homolog; Mundwerkzeuge der Insekten Kriterium der spezifischen Qualität: Komplex gebaute Organe, die während der Phylogenie die Lage im Gefügesystem verändert haben, können auch dann homologe Organe sein, wenn sie in zahlreichen Einzelheiten ihres Baues übereinstimmen. In der Regel kann man sagen, dass je komplexer und ähnlicher zwei vergleichbare Strukturen sind, desto unwahrscheinlicher ist es, dass sie sich unabhängig voneinander entwickelt haben. Hautschuppen des Haies mit Schneidezähnen der Säugetiere Kriterium der Verknüpfung durch Zwischenformen oder der Stetigkeit: Einander unähnliche und verschieden gelagerte Organe sind dann homolog, wenn sie sich durch eine Reihe von Zwischenformen miteinander verbinden lassen. Blutkreislauf zwischen den verschiednen Wirbeltierklassen homolog. Zwar ähnelt er Blutkreislauf der Fische dem der Säuger nur geringfügig, aber deutlich dem der Amphibien, dieser dem der Reptilien und dieser dem der Säuger. Teile des primären Kiefergelenkes der Knochenfische haben bei den Säugetieren einen Funktionswechsel erfahren und wurden zu den Gehörknöchelchen (Steigbügel, Amboss, Hammer). Übergänge findet man bei den Amphibien und Reptilien. 4 GBBK Biologie LK Dr. Tagrid Yousef Rudimentäre Organe Rudimentäre Organe sind rückgebildete Organe. Sie haben im Verlauf der Evolution ursprüngliche Funktion ganz oder teilweise verloren und sind nur noch als Organreste vorhanden. Stehen oft am Ende einer Regressionsreihe. Lassen sich durch die Reihung aus Strukturen voll funktionsfähiger Organe verwandter Arten ableiten. z.B. Urwal (fossiler Zahnwal) Delfin (rezenter Zahnwal) Bartenwal (rezent) Hier kommt es statt zur Ausbildung von Zähnen zur Neubildung von Barten (= Hornplatten im Oberkiefer statt Zähne, zum Filtern von Krill) z.B. Tapir Nashorn Pferd: Griffelbeine am Mittelfußknochen der Pferde haben keine erkennbare Funktion und gelten als Rudimente. Aufgrund ihrer Lage und der Verknüpfung durch Zwischenformen können die Griffelbeine als homolog zu den zehentragenden Mittelfußknochen angesehen werden. Dies gestattet die Annahme, dass die Pferde Vorfahren mit mehrstrahligen Extremitäten haben. Weitere Beispiele: Reste des Beckengürtels bei Walen, Nägel an den Flossen bei Seelöwen und Walross, Gehäusereste bei Nacktschnecken, Rückgebildete Augen bei Höhlentieren, Wurmfortsatz des Blindarms beim Menschen, Muskeln zur Ohrenbewegung des Menschen. Atavismen Atavismen sind nur gelegentlich bei einzelnen Individuen einer Art ausgebildete Strukturen, die an frühere stammesgeschichtliche Zustände erinnern. Sie gelten als Rückschläge in phylogenetisch frühere Stadien. Sie weisen darauf hin, dass die verantwortlichen Gene noch vorhanden, aber normalerweise unterdrückt sind, und werden daher gelegentlich als Folge zufällig bzw. versehentlich reaktivierter „eingeschlafener Gene“ angesehen. z.B. verlängertes Griffelbein mit Zehenknochen und Huf bei Pferden, schwanzartig verlängertes Steißbein beim Menschen, zwei Leisten zusätzlicher Brustwarzen, starke Behaarung und Halsfistel (offene Kiemenspalte) beim Menschen 5 GBBK Biologie LK B Dr. Tagrid Yousef Evolutionsfaktoren und ihre Wirkung I. II. III. IV. Die synthetische Theorie der Evolution ist eine Weiterentwicklung der darwinschen Selektionstheorie. Es werden die Evolutionsfaktoren Mutation und Rekombination, Anpassungsselektion, Gendrift (Zufallsselektion), Migration (Genfluss) und Isolation unterschieden. Die Isolation ist für die Bildung neuerer Arten verantwortlich. Die jüngsten Ergebnisse der Genetik und der Evolutionsforschung lassen erkennen, dass die Synthetische Theorie gewisser Ergänzungen bedarf. Zu I: Die synthetische Theorie der Evolution - Grundlagen der Theorie von Darwin: Überproduktion von Nachkommen, Variabilität und Selektion Synthet. Theorie hat bei der Erklärung des Evolutionsgeschehens Erkenntnisse aus verschiedenen Wissensgebieten miteinander verknüpft. Synthet. Theorie untersucht den Genpool einer Population und seine Veränderungen Moderne Evolutionstheorie, die alle Erkenntnisse der Naturwissenschaften mit einbezieht. Def.: Als Evolutionsfaktoren bezeichnet man die Ursachen, die für die Veränderung des Genpools einer Population verantwortlich sind. Die wichtigsten Faktoren sind Mutationen und Rekombination, Anpassungsselektion, Gendrift (Zufallsselektion), Migration (Genfluss) und Isolation. Zu II: Evolutionsfaktoren Mutation und Rekombination: Als Mutation bezeichnet man spontan auftretende Veränderungen im Genotyp, die durch physikalische oder chemische Einwirkungen ausgelöst werden können. Durch die Mutationen entsteht neues genetisches Material, welches wieder der Evolution unterliegt. Auch die Häufigkeit bestimmter Allele im Genpool einer Population wird verändert. Das Zusammenkommen mehrerer Mutationen kann dann zu Rekombinationen in einem Individuum führen. Dadurch wir die Vielfalt der Geno- und Phänotypen in einer Population vergrößert. Anpassungsselektion Dieser Evolutionsfaktor setzt an den Phänotypen an. Voraussetzung ist die genetisch bedingte Unterschiedlichkeit der Individuen (z. B. verschiednen Rassen der Haustaube und des Haushundes stammen alle von einer Wildform ab, und gehören trotz ihrer großen Unterschiede immer noch zu dieser Art – hat Darwin schon erkannt!). Anpassungsselektion kann sich unterschiedlich auswirken: Bei konstanter Umwelt werden durch Selektion vor allem die Extreme eliminiert. Variationsbreite der Genotypen und Phänotypen wird dadurch verringert. Sie wirkt deshalb in erster Linie beschränkend stabilisierende Selektion 6 GBBK Biologie LK Dr. Tagrid Yousef stabilisierend Ändert sich die Umwelt, so bewirkt die Selektion eine Verschiebung der Phänotypen und Genotypenhäufigkeit gerichtete Selektion (dynamische, transformiernde Selektion). (große Übereinstimmungen in Bau und Funktion von Vertretern ganz unterschiedlicher Verwandtschaftsgruppen) gerichtet Wenn es zur Aufgliederung einer Population kommt, dann spricht man von einer disruptiven Selektion (aufspaltende, divergierende Selektion). Das bedeutet, dass bestimmte Varianten, die in der Stammpopulation keine Chance haben, können aber in Teilräumen des Populationsareals einen Selektionsvorteil haben (z. B. durch Arealerweiterungen oder Veränderungen der Umweltbedingungen im ursprünglichen Verbreitungsgebiet). disruptiv Gendrift (Zufallsselektion) Änderung der Genfrequenz durch Zufallswirkungen in kleinen Populationen. Je kleiner die Population, desto größer ist der Einfluss zufälliger Ereignisse bei der Verteilung der Gene auf die Tochterpopulationen. Z.B. die Überwinterung von Tieren: Nur wenige Individuen überwintern, welche dann im nächsten Jahr die neue Population aufbauen. Sie bilden sog. „Stammväter“. Ihre Auswahl ist eher zufällig! Isolation und Artbildung Alle anderen genannten Evolutionsfaktoren führen zu Veränderungen innerhalb einer Population. Bei der Isolation ist die Ursache die Auftrennung der Arten. Dies wiederum ist die Voraussetzung für die Entstehung der Formenvielfalt der Lebewesen. Es gibt unterschiedliche Isolationsmechanismen: - geografische Isolation: (räumliche Isolation), führt zur allopatrischen Artbildung; Austausch der Gene zwischen Teilpopulationen wird verhindert durch Gebirge, Inselbildung, Meere. Z. B. Darwinfinken, Kleidervögel auf Hawaii 7 GBBK Biologie LK - - Dr. Tagrid Yousef ökologische Isolation: Artbildung innerhalb eines Lebensraumes, erfolgt also ohne räumliche Trennung; kann durch disruptive Selektion eingeleitet werden – es entstehen verschiedene Populationen mit Anpassungen an unterschiedliche ökologische Nischen; in der Regel treten keine Bastarde auf; warum weiß man nicht! fortpflanzungsbiologische Isolation: Einschränkung der Paarung zwischen Individuen einer Population – kann ausgelöst werden, z.B. durch Veränderung der Kontaktstoffe (Pheromone), Lautäußerungen, Färbungen, Balzverhalten (verhaltensbedingte Isolation), Paarungszeiten, tagaktiv oder nachtaktiv (aktivitätsbedingte Isolation) oder durch genetische Unverträglichkeit. Jahreszeitliche Isolation: = temporäre Isolation, d.h. Populationen von Lebewesen leben in derselben Gegend, sind aber zu verschiedenen Zeiten geschlechtsreif Damit ist die Isolation für die Entstehung neuer Arten verantwortlich! Zu IV: Weiterentwicklung der synthetischen Theorie: - - - Koevolution Konkurrenz Kooperation Kulturevolution Genomtheorien der Evolution hier wird die Wechselwirkung der Gene miteinander betrachtet (Exons und Introns), nicht die einzelnen Gene wie bei der Evolutionstheorie Vererbung erworbener Eigenschaften (Lamarckismus). Heute stellt dieser Zweig einen ganz wichtigen Punkt in der Forschung und heißt EPIGENETIK!!! Kreationismus („Intelligent-Design-Bewegung ist eine Variante davon) 8 GBBK Biologie LK C Dr. Tagrid Yousef Symbiogenese I. II. III. IV. Das Zusammenleben und die Wechselwirkungen über Grenzen hinweg sind ein wichtiges Charakteristikum des Lebens und der Lebensvorgänge. Die Wechselbeziehungen verschiedener Lebewesen werden durch Konkurrenz, Symbiose, Karpose (Parabiose) und Antibiose beschrieben. Symbiosen zwischen Organismen, die für die Evolution von Bedeutung sind, werden Symbiogenese genannt. Die Endosymbiontenhypothese beschreibt die Symbiogenese von Prokaryoten, die zur Bildung der Eucyte führte. Nach gängiger Definition kann die Konkurrenzsituation zwischen zwei Arten nicht auf Dauer bestehen. Es kommt entweder zur Verdrängung einer Art oder eine Art wandelt sich in ihren Ansprüchen um und es kommt zu einem räumlichen (allopatrisch) oder ökologischen (sympatrischen) Nebeneinander. Vorübergehende Beziehungen nennt man Allianz. Wenn eine Symbiose zur Entstehung einer neuen Art beiträgt, dann spricht man von einer Symbiogenese. Beispiele: Schlupfwespe (+) und Larve von Pflanzenwespe (-) Antibiose Clownfisch (+) und Seeanemone (0) Karpose Süßwasserpolyp (+) und Grünalge (+) Symbiose Bodenfinken (-/-) Konkurrenz [+ vorteilhaft; - schädigend; = weder noch] 9 GBBK Biologie LK D Dr. Tagrid Yousef Stammesgeschichte und Vielfalt der Lebewesen I. II. III. IV. Evolutionsprozesse auf dem Niveau der Populationen werden Mikroevolution genannt, als Makroevolution bezeichnet man die Stammesgeschichte höherer taxonomischer Einheiten (Taxonomie griech. Einordnung in ein bestimmtes System). Isolationsprozesse, aber auch Genomverschmelzungen sind die Ursache für die Neubildung von Arten. Beim Ablauf der Makroevolution kann man Allogenese (adaptive Radiation), Arogenese (Erreichen einer neuen adaptiven Zone) und Stasigenese unterscheiden. Für die Aufklärung der Verwandtschaft verschiedener Arten (Stambaumforschung) ist der Besitz gemeinsamer abgeleiteter Merkmale von besonderer Bedeutung. Panmixie: alle Individuen können sich paaren, jeder mit jedem! Zu I: Ablaufformen der Evolution Evolutionsprozesse, die sich auf dem Niveau der Populationen abspielen und die letztlich zur Artbildung führen, werden auch Mikroevolution genannt. Arten sind nach der biologischen Artdefinition geschlossene, genetische Systeme und umfassen alle Populationen oder Individuen die einer Fortpflanzungsgemeinschaft angehören. Aufgrund dieses gemeinsamen Genpools, besitzen die Individuen einer Art morphologische, physiologische, ökologische u. a. von allen anderen Fortpflanzungsgemeinschaften unterscheidbare Merkmale. Diese Unterschiede beruhen auf reproduktiver Isolation: Zu II: Isolationsprozesse - Geografische Isolation : wenn der Unterbrechung eine räumliche Trennung vorliegt, dann sagt man auch allopatrische Artbildung. Man kann hier unterscheiden zwischen reiner geografischer Trennung (d.h. zwei verschiedene Areale geografisch) wenn dieser Unterbrechung aber innerhalb eines Areals stattfindet und es dort zu einer Unterbrechung des Genflusses kommt (z.B. aufgrund von ökologischer Nischen, fortpflanzungsfähiger Isolation) dann spricht man von sympatrischer Artbildung. - Allopolyploidie Neubildung von Arten, insbesondere bei Pflanzen. Hier kommt es durch Verschmelzung von Genomteilen oder ganzen Genomen spontan zur Neubildung von Arten. z. B. Entstehung von Raps durch Allopolyploidie aus den Stammarten Rübsen und Gemüse-Kohl. Zu III: Makroevolution d.h. Herausbildung höherer taxonomischer Einheiten und die stammesgeschichtliche Entwicklung ganzer Organismengruppen (liegt oberhalb der Artbildung!); man unterscheidet drei Typen des Evolutionsablaufs: 1. adaptive Radiation (oder Allogenese) 2. Arogenese (sehr selten) 3. Stasigenese 10 GBBK Biologie LK Dr. Tagrid Yousef Zu 1: Entstehung zahlreicher nahe stehender Formen, die voneinander etwa denselben evolutiven Abstand haben. (d.h. Entstehung vieler neuer Arten aus einer Stammform durch Einnischung (neue ökologische Nischen)), also durch Aufspaltung einer Gründerart in viele Arten durch Anpassung an verschiedene Umweltbedingungen. (z.B. Entwicklung der Beuteltiere in Australien und Darwinfinken auf den Galapagos Inseln oder Kleidervögel auf Hawai-Inslen). Zu 2: Hier kommt es bei einer Art zum Übertritt aus einer adaptiven Zone in eine andere. Ausgelöst wird dies durch einen evolutiven Prozess. Dieser Übertritt erfolgt sehr schnell, wobei es dabei zu einem starken Verlust auf dem Weg dorthin geben kann. Bei der Gruppe, die das Ziel erreicht hat, erfolgt eine neue adaptive Aufspaltung. Diese Aufspaltung führt zu Schlüsselmerkmalen, die insgesamt einen bestimmten bauplan bewirken. (z.B. Entwicklung von Kieferbögen aus Kiemenbögen bei den frühen Fischen, Entwicklung von Samen aus Megasporen bei frühen Landpflanzen, Entwicklung von Eihüllen bei Landtetrapoden oder den Federn bei Vorfahren der Vögel) Zu 3: Als Stasigenese bezeichnet man eine Entwicklungsperiode mit großer Stabilität und Stagnation in der Artentwicklung. Beispiele für solche Ablaufformen findet man vor allem in Lebensräumen mit gleichbleibenden konstanten Bedingungen, wie z.B. in der Tiefsee oder in heißen vulkanischen Quellen. Diese Organismengruppen, die Merkmale längst ausgestorbener Arten tragen, heißen „lebende Fossilien“. (z.B. Tintenschnecke Nautilus, Schwertschwan Limulus, der Ginkgobaum oder die Brückenechse) Zu IV: Stammbaumforschung E Evolution des Menschen I. II. III. IV. V. VI. VII. Zu den heute lebenden Primaten gehört eine große Zahl sehr unterschiedlicher Formen und Funktionstypen. Anhand der Stammesgeschichte der Primaten lässt sich der Ursprung des Menschen verfolgen, der einen sehr jungen Zweig am Stammbaum der Wirbeltiere besetzt. Prädispositionen, Evolutionstrends und Schlüsselereignisse geben Aufschluss über die Evolution zum modernen Menschen. Die Paläoanthropologie beschäftigt sich mit der Fossiliengeschichte bzw. biologischen Evolution des Menschen. Für den Ursprung des modernen Menschen gibt es zwei Hypothesen: die „Out-of-Africa-Hypothese“ versus „Multiregionale Hypothese“. Anstelle des Begriffs „Menschenrassen“ sollte man von geografischen Gruppen sprechen. Die geistige und kulturelle Evolution des Menschen ist ein neues Phänomen in der Geschichte des Lebens. 11 GBBK Biologie LK Dr. Tagrid Yousef 12 GBBK Biologie LK Dr. Tagrid Yousef Def. Homologie: Bauplanähnlichkeit aufgrund von Verwandtschaft, d. h. aufgrund gemeinsamer genetischer Information. z. B. Die Homologie der Wirbeltier-Extremitäten: Homologe Organe müssen sich äußerlich nicht ähnlich sehen, z. B. Vorderbein des Pferdes und Vogelflügel, d. h. die Funktion kann völlig verschieden sein; Deshalb: Äußere Ähnlichkeit ist kein Beweis für Homologie! Zur Ermittlung von Homologien verwendet man 3 Kriterien (Entscheidungshilfen) 1) Kriterium der Lage 2) Kriterium der Stetigkeit/Kontinuität 3) Kriterium der spezifischen Qualität Kriterium der Lage Kriterium der Stetigkeit 13 GBBK Biologie LK Dr. Tagrid Yousef Kriterium der spezifischen Qualität Knochenschuppe eines Haifisches und unsere Zähne Def. Analogie: Funktionsähnlichkeit, die nicht auf Verwandtschaft beruht, sondern als Anpassung an ähnliche Lebensräume. oder: Anpassungsähnlichkeit Def. Konvergenz: Parallelentwicklung zweier nicht verwandter Arten zu großer Ähnlichkeit aufgrund von Anpassung an ähnliche Lebensräume Beispiele aus dem Tierreich: Grabschaufel von Maulwurf (Wirbeltier) und Maulwurfsgrille (Insekt) Flügel von Vögeln (Vorderextremität) und Insekten (Hautausstülpung) Torpedoform schneller Schwimmer: Wal, Hai, Pinguin, Robbe und Fischsaurier Inverses Wirbeltier-Auge (Ausstülpung des Zwischenhirns) und everses Tintenfisch-Auge (Einstülpung der Haut) Beispiele aus dem Pflanzenreich: Kaktusform (Sukkulenz) als Wasserspeicher bei verschiedenen Pflanzenfamilien in Wüsten. Sprossdornen (Stachelbeere) , Blattdornen (Berberitze) und Stachel (Rose) Sprossranken (Rebe) und Blattranken (Erbse) 14 GBBK Biologie LK Dr. Tagrid Yousef Übersicht über Evolutionsfaktoren Durch Mutation und Rekombination wird eine Vielzahl von unterschiedlichen Genotypen und Phänotypen geschaffen, die dann den Einwirkungen anderer Evolutionsfaktoren ausgesetzt sind. Die Anpassungsselektion bewirkt, dass Individuen mit einer besseren Eignung mehr Nachkommen haben als andere. Diese unterschiedliche Fitness kann sich z.B. beim Nahrungserwerb, beim Wettbewerb um einen Geschlechtspartner, bei der Flucht vor Fressfeinden oder der Resistenz gegenüber Krankheiten auswirken. Gendrift (Zufallsselektion) bewirkt die Veränderung von Genhäufigkeiten durch zufällige Auswahl. Rein zufällig überleben bestimmte Individuen Naturkatastrophen, wie z.B. Waldbrände, Überschwemmungen oder Erdbeben. Auch bei der Neubesiedelung eines Gebietes, z.B. einer neu entstanden Insel, bestehen die Gründerpopulationen aus einer zufälligen Genotypkombination. Migration (Genfluss) beschreibt die Veränderungen der Genfrequenzen in einer Population, die durch Wanderung von Individuen bewirkt werden. Unter Isolation versteht man die Trennung einer Population in Teilpopulationen, zwischen denen der Genaustausch eingeschränkt oder ganz unterbunden wird. Isolation ist die Voraussetzung für Artbildung. 15 GBBK Biologie LK EVOLUTION-Unterrichtssequenz.doc Dr. Tagrid Yousef 16