Morgenrot im Abendland - Über die Vereinbarkeit von Islam und der

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Morgenrot im Abendland Über die Vereinbarkeit von Islam und der freiheitlich
demokratischen Grundordnung als Spiegel des Werteund Normenkomplexes der westlichen Welt
im Fachbereich Polizeivollzugsdienst
der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung
des Landes Nordrhein-Westfalen
Bachelorarbeit
vorgelegt von:
Nils Kramer
geboren am:
23. Februar 1992 in Arnsberg
Kurs: DO P 11 / 04
Einstellungsjahrgang: 2011
Einstellungsbehörde: PP Dortmund
Erstgutachter: Thomas Grumke
Zweitgutachterin: Liesa Doktorowski
Dortmund, den 23. Mai 2014
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Inhaltsverzeichnis
Seite
Abkürzungsverzeichnis
IV
A. Einleitung
1
I. Orient und Okzident – Utopie versus Wirklichkeit
1
II. Ziel der Arbeit und Herangehensweise
3
B. Die islamische Religion und die freiheitlich demokratische Grundordnung
5
I. Das historische Erbe des Konfliktes – Die Entzweiung
5
II. Der demokratische Okzident
7
1. Die westliche Welt als Wertegemeinschaft
7
2. Die freiheitlich demokratische Grundordnung
10
III. Der islamische Orient
12
1. Was ist der Islam? – Ein Kompendium
12
2. Die Grundwerte des Islam
14
IV. Statthaftigkeit der Frage nach Vereinbarkeit
15
1. Zwangsläufige Hypothesen eines Vergleichs
16
2. Das Fehlen gemeinsamer Eigenschaften
17
3. Zwischenbilanz
18
II
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C. Extremistischer Islam
20
I. Radikalisierung einer Religion und die Rolle des Westens
21
II. Varianten des Islams in Kollision mit der freiheitlich demokratischen
Grundordnung
23
1. Traditionalismus / Konservativismus
23
2. Islamischer Fundamentalismus / Islamismus
24
3. Salafismus
27
4. Dschihadimus / islamistischer Terrorismus
29
D. Fazit
32
I. Konklusion – Zwischen Feindbild und realer Gefahr
32
II. Über einen wünschenswerten Umgang mit dem Islam
34
Quellenverzeichnis
V
Eigenständigkeitserklärung
IX
Anhang
Der Arbeit liegt eine Compact-Disk bei, auf welcher sich die mitgeschnittenen
Tonspuren zweier Interviews befinden, welche der Verfasser im Rahmen der
Recherche geführt hat.
III
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Abkürzungsverzeichnis
a.a.O.
-
am angegebenen Ort
Abs.
-
Absatz
Art.
-
Artikel
BfV
-
Bundesamt für Verfassungsschutz
BVerfG
-
Bundesverfassungsgericht
BVerfGE
-
Bundesverfassungsgerichtsentscheid(e)
BVerfSchG
-
Bundesverfassungsschutzgesetz
bzw.
-
beziehungsweise
DDR
-
Deutsche Demokratische Republik
ebd.
-
ebenda
et al.
-
(lat. et aliter) und andere
e.V.
-
eingetragener Verein
f.
-
folgende
ff.
-
fortfolgende
GG
-
Grundgesetz der Bundesrepublik
Deutschland
Hrsg.
-
Herausgeber(innen)
lat.
-
lateinisch
LfV
-
Landesamt für Verfassungsschutz
n. Chr.
-
nach Christus
Nr.
-
Nummer
Rdn.
-
Randnummer
S.
-
Seite
sog.
-
sogenannt(e/en/er)
v. Chr.
-
vor Christus
vgl.
-
vergleiche
VSG NRW
-
Verfassungsschutzgesetz
Nordrhein-Westfalen
zit.
-
zitiert
IV
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A. Einleitung
I. Orient und Okzident – Utopie versus Wirklichkeit
„Gottes ist der Orient!
Gottes ist der Okzident!
Nord- und südliches Gelände
Ruht im Frieden seiner Hände.“1
Es ist ein friedseliges und einträchtiges Bild, das die lyrische Narration hier zu malen
vermag: Eine Welt, in der Menschen ungeachtet ihrer Differenzen – hier vordergründig
territorialer Art – in Gottes Namen und unter seinem Geleit harmonisch
zusammenleben.
Diese Worte stammen von keinem Geringen als dem wohl bekanntesten deutschen
Dichter Johann Wolfgang von Goethe. Er verfasste und publizierte diese Zeilen in einer
Zeit intensiver Beschäftigung mit der orientalischen Kultur und der islamischen
Religion. Der sonst wenig religiöse und eher pantheistische Goethe zeigte sich inspiriert
von der östlichen Welt und beobachtete einen positiven Einfluss auf Westeuropa, das
sich insbesondere im Hinblick auf seine Völker und deren nationale Identität in
turbulenten Zeiten befand. Der Glaube an Gott verbinde die Menschen und schlage
Brücken in alle Himmelsrichtungen, so eine wohl legitime Interpretation und mögliche
Weiterführung des Gedichtfragments. Doch an den Begrifflichkeiten der ersten beiden
Zeilen wird deutlich, dass auch Goethe eine grundsätzliche Unterscheidung zweier
größerer Gebiets- und Kulturkreise sieht: Dem Orient und dem Okzident, also der
östlichen und der westlichen Welt. Eine solche Darstellung suggeriert aus sich heraus
Verschiedenartigkeit. Auf welche Bereiche sich diese Verschiedenartigkeit erstreckt, ist
dem Gedicht zwar nicht zu entnehmen, jedoch spielt Goethe über den geographischen
Antagonismus hinaus mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch auf die
Unterschiedlichkeit der Religionen an. Während im Orient großflächig der Islam
vorherrscht, wird der Okzident landläufig mit christlicher Tradition konnotiert. Es
kollidieren zwei Weltreligionen. Macht dieser Umstand den Bau einer Brücke zwischen
West und Ost besonders dringend erforderlich und zugleich hinderlich kompliziert?
Schließlich solle, dem Gedicht zufolge, der Glaube an den einen Gott doch verbinden
anstatt zu entzweien.
1
zit. nach Mommsen, Katharina: Goethe und die arabische Welt. Frankfurt am Main 2001. S. 270
1
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Mittlerweile wird die Thematik hier in Deutschland sowohl im kleinsten Kreis in der
Eckkneipe im Zustand alkoholischer Inbrunst, als auch – und was die Emotionalität der
Argumente anbelangt oft ebenso wenig nüchtern - auf den großen Bühnen der Medien
und Politik kontrovers diskutiert.
Je länger und intensiver man derartigen Diskussionen folgt, desto mehr scheint sich
Goethes Vorstellung, sowohl global, als auch in Deutschland, als Utopie zu entpuppen,
dessen irdische Entsprechung und Wirklichkeit man vergeblich sucht. Um diese
Erfahrung zu machen, muss man nicht in den Nahen Osten und seine Kriegsschauplätze
reisen, oder den Ground Zero in New York besichtigen. Die offensichtliche
Unüberwindbarkeit der kulturellen Differenzen zwischen West und Ost ist längst zum
Selbstläufer geworden und ernährt sich von der Verhärtung der Fronten und der
Stagnation der Positionen. Auch kann die Historie, die ja ohnehin im Verdacht steht,
sich vorrangig auf kriegerische Auseinandersetzungen zu beschränken, nichts
grundlegend anderes lehren: Ob 732 n. Chr. in der Schlacht von Tours und Poitiers,
1099 bei der Erstürmung Jerusalems, oder 1683 vor Wien, stets hat es den Konflikt
zwischen Orient und Okzident gegeben. 1945/46 begünstigte die Irankrise den
Ausbruch des Ost-West-Konflikts (oder Kalter Krieg), in dem sich Kapitalismus und
Kommunismus als politische Systeme gegenüber standen. Kaum, dass die Sowjetunion
zerschlagen und der Eiserne Vorhang in Deutschland gefallen war, veröffentlichte der
amerikanische Politikwissenschaftler Samuel P. Huntington seine These vom „Kampf
der Kulturen“, der zufolge die kulturell-zivilisatorische Unterschiedlichkeit für die ostwestliche Bipolarität verantwortlich sei. Es scheint als bestünde bereits aus Tradition
eine Verpflichtung zu Xenophobie und Vorurteilen. Die Problematik ist alt, bloß
bekommt das Kind stets neue Namen.
Das Leben globalisiert sich, die Welt wird ein Dorf. Doch überträgt sich für die
besorgten Menschen das Problem nun regelrecht ins eigene Wohnzimmer, die
Bedrohung ist nah und sie fühlt sich real an. Im selben, nicht mehr sprichwörtlichen,
Wohnzimmer liegen literarische Werke, wie „Deutschland schafft sich ab“ oder seit
diesem Jahr auch „Deutschland von Sinnen“, in denen ehemalige Berliner
Finanzsenatoren und türkischstämmige Romanautoren gleichermaßen - mal mehr, mal
weniger sachlich, aber immer unmissverständlich – vor einem gesellschaftlich
maliziösen, demokratiefeindlichen Islam und einem, aus Gründen politischer
Überkorrektheit, toleranten Umgang mit demselben warnen. Die hohen Verkaufszahlen
sprechen eigene Bände über das offensichtliche Interesse an einer derartigen
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Auseinandersetzung mit der Thematik.
Immer wieder taucht im Diskurs der dystopische Begriff der „islamischen
Parallelgesellschaft“ auf, von der man befürchtet, sie versuche sich als Staat im Staat
mit eigenem Rechtsverständnis und -ordnungsprinzip in Deutschland zu installieren und
lehne gleichzeitig die demokratische Grundordnung mit all seinen verkörperten
freiheitlich demokratischen Werten und Normen ab2. Gesellschaftliche Parallelität birgt
übrigens im mathematischen Wortsinn auch eine interessante Zukunftsprognose
bezüglich der Vereinbarkeit, denn verlaufen zwei Objekte parallel, werden sie sich auch
in der (zeitlichen) Unendlichkeit nicht berühren, wird es keinen gemeinsamen
Schnittpunkt geben3. Die Situation stellt sich schon im Kern als aussichtslos dar.
Den vorangegangen benannten Befürchtungen und Konflikten liegt eine, mittlerweile
wohl eher zur axiomatischen Tatsache stilisierte, These zugrunde:
Der Islam und die westliche Welt sind grundsätzlich nicht miteinander vereinbar.
Dies wird daran deutlich, dass das Wesen des Islams mit dem, durch die freiheitlich
demokratische Grundordnung Deutschlands in concreto verkörperten, westlichen
Werte- und Normenkomplex nicht vereinbar ist.
II. Ziel der Arbeit und Herangehensweise
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit soll die Frage nach der Vereinbarkeit von Islam und
der freiheitlich demokratischen Grundordnung als exemplarische Verkörperung des
gängigen Werte- und Normenkonstruktes der westlichen Welt aufgeworfen werden. Die
oben
genannte
These
gerät
damit
zwangsläufig
auf
den
Prüfstand
ihres
Wahrheitsgehaltes und wird sich behaupten müssen.
Als Grundlage der Arbeit dient eine Erörterung der beiden „Parteien“ auf inhaltlicher
Ebene. Zunächst soll hier auf der einen Seite erörtert werden, was, sowohl
gesellschaftlich, als auch historisch unter der westlichen Welt zu verstehen ist und was
sich hinter dem Konstrukt der freiheitlich demokratischen Grundordnung verbirgt.
Ebenso bedarf es auf der anderen Seite einer Untersuchung, woraus sich der Begriff des
Orients speist und welche typischen Merkmale den Islam charakterisieren. Um beide
Seiten adäquat in ihren Merkmalen und ihrer Entzweiung zu erfassen, bedarf es einiger
2
3
dazu Dienstbühl, Dorothee: Paralleljustiz in Deutschland – Machtlose Polizei? In: Deutsche Polizei. Zeitschrift der Gewerkschaft der Polizei
(GdP). Nr. 10 Oktober 2013. S. 4 – 8
dazu u.a. Hassemer, Winfried: Religiöse Toleranz im Rechtsstaat. Das Beispiel Islam. In: Schriften der Juristischen Studiengesellschaft
Regensburg e.V.. Heft 28. München 2004. S. 13 ff.
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geschichtlicher Rückblicke. Mit der Darstellung von Entstehung und Entwicklung,
vervollständigt sich das Bild und es schärft sich das Bewusstsein, dass es sich bei
gesellschaftlichen Angelegenheiten immer um Prozesse handelt, die in einer
Momentaufnahme nicht ausreichend dargelegt werden können. Hier findet ein Bonmot
trefflich Anwendung, welches besagt, dass nur derjenige die Gegenwart verstehen kann,
der auch die Vergangenheit kennt.
Im öffentlichen Diskurs bedient man sich häufig der Methodik des Vergleichs. Dies
erscheint auf den ersten Blick auch sinnvoll, ja unumgänglich, da ein Vergleich die
offensichtlichen Widersprüche oder aber Gemeinsamkeiten zu indizieren vermag.
Hintergrund dessen mag die gefühlsmäßige Hypothese sein, dass Dinge, die
vergleichbar sind, gleichzeitig auch (besser) vereinbar seien, weil sie sich nicht
widersprechen. In einem platten Vergleich ausgedrückt, bedeutet die Annahme, dass
sich Boskoop und Gala als Apfelsorten besser in einen Apfelkorb legen lassen, als ein
Apfel und eine Birne.
Ein Vergleich soll auch in der vorliegenden Arbeit, im Hinblick darauf, ob der Islam
eine Bedrohung für die freiheitlich demokratischen Prinzipien darstellt, ihnen also
widerspricht, durchgeführt werden. Darüber hinaus soll auf einer Metaebene die
Methodik des Vergleichs der beiden Systeme infrage gestellt werden. Welche
Hypothesen liegen einem Vergleich und der Frage nach Vereinbarkeit zwangsläufig
zugrunde und wozu führt dies? Auch über eine Statthaftigkeit der Frage nach Vergleichund Vereinbarkeit wird zu sprechen sein. In dem Zuge kann sich der zugrundeliegenden
These der Arbeit partiell angenähert werden.
Der zweite Teil der Arbeit ist dem politischen Islamismus gewidmet. Hier wechselt der
Fokus auf das Phänomen der Politisierung des religiösen Islams und seine Entstehung
und soll informierend die Hintergründe dieser Erscheinungsform beleuchten. Seit im
Sprachgebrauch der Öffentlichkeit oftmals willkürlich Islam und Islamismus kongruent
verwendet wird und damit die essenzielle Differenz der Bedeutungen abhanden zu
kommen scheint, ist es von besonderer Bedeutung, auf diesem Gebiet Klarheit zu
schaffen. Nicht zuletzt, weil Unwissen und damit verbundene willkürliche sprachliche
Jonglage auch katastrophale Folgen für die (transportierte) Einstellung gegenüber der
Grundthese der Vereinbarkeit von Islam und Demokratie nach sich zieht. Sie ist, was
den politischen Islam anbelangt, von sensibler Bedeutsamkeit.
Die Arbeit soll weitestgehend von aller Subjektivität befreit sein und den ohnehin sehr
emotional geführten Dissens auf seine objektiv-sachlichen Grundlagen reduzieren. Das
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darauf folgende Fazit kann sich einer persönlichen Färbung des Autors wohl nicht
erwehren, obgleich es auf den vorangegangenen Arbeitsergebnissen eingängiger
Recherche und Beschäftigung mit dem Thema basiert. Es wird auch das Fazit sein,
welches den übergeordneten Wunsch und die zugrundeliegende Zielsetzung der Arbeit
enthüllt, um nicht durch Deduktion bereits im Intro die Resultate der Arbeit
vorwegzunehmen, sodass womöglich die hoffentlich interessante und aufschlussreiche
Auseinandersetzung mit der Thematik hinfällig werde.
In einer solch polarisierenden Debatte erscheint es sinnvoll, erst die Argumente, und
danach das Ergebnis zu offenbaren. Andernfalls besteht die Gefahr erst den
metaphorischen Stempel des Islamfeindes oder den des übertoleranten Gutmenschen
aufgedrückt zu bekommen, um anschließend in der gleichnamigen Schublade zu laden.
Auch um Stempel und Schubladen wird es in dieser Arbeit gehen.
Darüber hinaus wäre es sehr erfreulich, wenn für den Leser aus der Ausarbeitung einige
erhellende und aufschlussreiche Hintergrundinformationen rund um die Thematik
hervorgingen, die bestenfalls zu einem Perspektivwechsel anregen und eventuell ja
sogar eine Neupositionierung in der Debatte zur Folge haben.
B. Die islamische Religion und die freiheitlich demokratische Grundordnung
I. Das historische Erbe des Konfliktes – Die Entzweiung
Stellt man die Frage nach der historischen Entzweiung der beiden Elemente, bedarf es
zumindest einer marginalen Berücksichtigung des Zustandes der Einheit, um den Punkt
der Spaltung anzudeuten. Es sei gesagt, dass es ein ausgesprochen schwieriges
Unterfangen ist, die genaue Trennung zwischen Ost und West historisch auszumachen,
da sie nicht wie ein Messerschnitt in die Geschichte fuhr und plötzlich alles veränderte.
Vielmehr stellt sie einen hochkomplexen und langwierigen Prozess dar: Phasen des
Sich-auseinander-Entwickelns
und
kriegerische
Auseinandersetzungen,
sowie
gleichermaßen etwa übergreifende Ein- und Auswanderung und Bündnisse. Eine klare
Definition von Okzident und Orient existiert nicht: Selbst- und Fremdwahrnehmung
driften
auseinander,
identitätsstiftende
Merkmale
sind
zu
schwammig,
die
Zusammenhänge der Interdependenz sind zu komplex, und über allem schwebt das
Damoklesschwert der unberechtigten Pauschalisierung. Dennoch können in der
Pauschalität auch wahrheitsgemäße Tendenzen liegen, die – in aller Vorsichtigkeit
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angewandt – hilfreich für eine Annäherung an das Thema sind.
Die Frage nach Einheit und Entzweiung führt richtigerweise erschreckend weit zurück:
Vor der Sesshaftwerdung des Menschen herrschte ein Zustand territorialer Veränderung.
Das Individuum starb, wo Bedürfnisse, Witterung und feindliche Konfrontation es
hinführten. Erst um 9000 v. Chr., mit der Sesshaftigkeit des homo sapiens4, entstand
Zugehörigkeit, über Familie und lose Gefolgschaft hinaus. Mit Acker- und Städtebau
entstehen primitive Vorgänger der Hochkulturen.
Diese gediehen, wohl aufgrund der begünstigenden klimatischen und geographischen
Bedingungen, insbesondere im heutigen Mittelmeerraum. Und genau dieses
Mediterraneum sollte zur Wiege der ersten Grenzziehung zwischen Orient und Okzident
werden und auch in den folgenden Jahrtausenden bedeutsame Entwicklungen
geographisch beheimaten.
Mit der Zeit – an dieser Stelle viele andere vernachlässigend - kristallisierten sich zwei
größere Machtzentren im Mittelmeerraum heraus, die den Antagonismus des Orients
und des Okzidents wohl das erste Mal aufkommen ließen, wir befinden uns in der Zeit
um 500 v. Chr.5:
Die erste hier relevante Macht im mediterranen Raum waren die noch heute an
Geschichtsträchtigkeit kaum zu überbietenden Griechen. Seit etwa 700 v. Chr.
entwickelte sich im antiken Griechenland eine florierende Kultur mit einem neuartigen
stadtstaatlichen Regierungssystem, welches mehr und mehr geprägt wurde von den
großen Fortschritten - die ersten Gehversuche überhaupt - auf den Gebieten der
Philosophie (und damit auch Politik), Technik und Architektur. Im Zuge einer
weitreichenden Kolonialisierung expandierte das antike Griechenland an „den
Mittelmeerküsten und am Schwarzen Meer“6. Teile der ukrainischen Halbinsel Krim
und der Bosporus wurden ebenso, wie beispielsweise das italienische Neapel, das
französische Marseille und die nordafrikanische Küste griechisch bevölkert7.
Im östlichen Mittelmeerraum war das Persische Reich unter dessen König Dareios I. zur
Hegemonialmacht
geworden und expandierte in
seiner
Blütezeit
„von der
Mittelmeerküste bis nach Nordwestindien“8. Der stete Expansionswille des persischen
Reiches führte es in den westlichen Mittelmeerraum, wo es einige griechische Kolonien
4
5
6
7
8
Huf, Hans-Christian: Unterwegs in der Weltgeschichte. München 2011. S. 38
vgl. Wägner, Nack: Hellas. Land und Volk der alten Griechen. Wien 1975. S. 134
Huf 2011. S. 104
vgl. a.a.O. S. 103 f.
a.a.O. S. 114
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einnahm und regierte. Diese aber empfanden die Bürde der persischen Fremdherrschaft
zunehmend als nicht hinnehmbar - insbesondere im Angesicht der „politischen
Errungenschaften des Mutterlandes“9 Es kam zum Ionischen Aufstand, welcher die
anschließenden kriegerischen Auseinandersetzungen der beiden Mächte mitverursachte.
Besonders der Schlacht bei Marathon und ihres Ausgangs ist man sich noch heute im
Angesicht der olympischen Disziplin gewahr. Einer Legende zufolge soll ein
griechischer Soldat den Weg bis nach Athen gelaufen sein, um dort den griechischen
Sieg über die Perser zu verkünden.
Es trug sich der wohl erste große und zivilisierte Ost-West-Konflikt zu. Er war von
Islam und Christentum, in schierer Ermangelung derer, weit entfernt und frei von
vordergründig religiöser Aufladung. Dennoch wird die Abwendung der persischen
Unterwerfung retrospektiv als Verteidigung der griechischen Freiheit und Kultur und
der attischen Demokratie bewertet10. Die Meilensteine der antikgriechischen
Fortschrittlichkeit haben auch bis heute nichts an okzidentalischem Identifikationswert
eingebüßt.
Das war historisch erst der Anfang eines fortwährenden Spannungsverhältnisses, das
sich mit den Jahrhunderten stets weiterentwickelte.
Über die gesamte Geschichte lohnte es sich eine eigene Arbeit zu schreiben und ist im
Rahmen der hier zur Verfügung stehenden Kapazitäten nicht zu leisten.
II. Der demokratische Okzident
1. Die westliche Welt als Wertegemeinschaft
Was ist nun der Okzident und was charakterisiert ihn?
Der Okzident ist fest mit der westlichen Himmelsrichtung verbunden. Etymologisch ist
der Begriff auf das lateinische Verb occidere zurückzuführen, welches unter anderem
soviel wie untergehen bedeutet. Es spiegelt, dem geozentrischen Paradigma
entsprechend, die frühmittelalterliche Vorstellung wieder, dass der Westen das Land der
untergehenden Sonne (lat. sol occidens) sei.
Wenn wir heute von der westlichen Welt sprechen, beziehen wir uns nicht
vordergründig auf Territorien und Geographie, sondern wir sprechen von einer
kulturellen und zivilisatorischen Gemeinschaft, die sich insbesondere über ihre
9 Wägner 1975. S. 137
10 vgl. Huf 2011. S 122
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Vorstellungen über bestehende Werte und Normen manifestiert und erst über diese
Eigenschaft, wenn überhaupt, geographisch abgegrenzt werden kann.
Die geschichtliche Entstehung des Okzidents ist im vorangegangenen Kapitel
annähernd erörtert worden und kann an dieser Stelle das Verständnis erleichtern. Denn
die Errungenschaften des antiken Griechenlands und des Römischen Reiches
konstatieren, spätestens seit sie im 15. und 16. Jahrhundert mit Ende des Mittelalters
eine Renaissance, also eine Wiedergeburt, erlebten und sich im Selbstverständnis
verfestigten, die Grundlage der westlichen Identität. Dabei sind insbesondere die
Errungenschaften auf den Gebieten der Philosophie und Politik gemeint.
Die westlichen Werte und Normen haben ihren Ursprung in einem humanistischen
Weltbild11. Der Mensch steht im Mittelpunkt der Wahrnehmung und aller Bemühungen.
Er ist ein Individuum und besitzt als solches die Begabung vernünftig und in Benutzung
seines freien Willens selbstbestimmt zu handeln.
Diese Geisteshaltung etablierte sich und erfuhr in der vergleichsweise jüngeren
Geschichte des Abendlandes eine Progression. Exemplarische Zäsuren ereigneten sich
aus der amerikanischen Unabhängigkeit von der britischen Krone 1776, der
französischen Revolution gegen das feudalistische Regime ihres Monarchen 1789 und
der deutschen Märzrevolution gegen die Unterdrückung des aufkeimenden Gedankens
der nationalen Einheit 1848. In Westeuropa entwickelte sich, nicht zuletzt inspiriert
durch wegweisende Philosophen wie John Locke, Jean-Jaques Rousseau und Immanuel
Kant, ein Menschenbild, vor dem auch die Herrscher der Zeit des 18. und 19.
Jahrhunderts nicht mehr die Augen verschließen konnten. Der absolutistische Staat
verlor im Zeitalter der Aufklärung seine Existenzgrundlage, durch die er sich zu seinem
eigenen Wohl und Vorteil legitimierte12. Seitdem hat in der westlichen Welt der Staat für
seinen mündigen Bürger und zu dessen Schutz und Wohlergehen zu existieren. Die
demokratische Rechtsstaatlichkeit entstand und herrscht noch heute unabhängig von der
Staatsform, in Anerkennung der universellen Menschenrechte, in der westlichen Welt
vor13.
Auch das Christentum spielt für die Definition des Abendlandes eine nicht ganz
unwesentliche Rolle. Oftmals ist vom christlichen Abendland die Rede. Und in der Tat
war der Einfluss der Kirche auf das staatliche und politische Geschehen im Mittelalter,
der Zeit, in der das Abendland wohl erstmals als kulturelle Identifikation verstanden
wurde, war derartig groß, dass sogar Heinrich IV. als Kaiser des heiligen römischen
11 vgl. Mittelstraß, Jürgen (Hrsg.): Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie Band 2. H-O. Mannheim 1984. S. 137 ff.
12 vgl. Huber, Ernst Rudolf: Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789. Band I. Reform und Restauration 1789 bis 1830. Stuttgart 1975. S. 16 ff.
13 vgl. Reinhard, Wolfgang: Geschichte der Staatsgewalt. Eine vergleichende Verfassungsgeschichte Europas von den Anfängen bis zur Gegenwart.
München 1999. S. 410 ff.
8
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Reiches deutscher Nation, 1077 seinen sprichwörtlichen Bußgang nach Canossa antrat,
um unterwürfig die Aufhebung des kirchlichen Banns Papst Gregors VII. zu erbitten.
Die Kirche entwickelte mit päpstlicher Gesetzgebung, der römischen Kurie als
Verwaltungs- und Exekutivapparat und Gerichtshierarchien, die in systematischer
Gesetzesexegese kanonisches Recht sprachen, paradoxerweise vor allen weltlichen
Herrschaften Merkmale eines modernen Staates14. Aus dem mittelalterlichen (Investitur)Streit um die Hegemonie zwischen weltlicher und geistlicher Macht entstand als
Kompromisslösung ein bis heute anhaltender Dualismus, der eine gesellschaftliche
Säkularisierung ab dem späten 18. Jahrhundert überhaupt erst möglich machte15.
Dennoch war
gerade
die oben beschriebene Entwicklung der
universellen
Menschenrechte und der Demokratie nur „in konkreter Auseinandersetzung mit dem
Christentum“16 möglich. Erst im Zweiten Vatikanischen Konzil von 1962 bis 1965
sprach sich die katholische Kirche „eindeutig für Demokratie und Menschenrechte
aus“17 und kontrasitierte erst damit faktisch das päpstliche Unfehlbarkeitsdogma des
ersten Konzils von 1870. Und doch strahlt die christliche Lehre mithin bis in das
heutige Verständnis vom Abendland, auch wenn sie in einer säkularen Gesellschaft wie
die heutige an Einfluss verloren hat. Seit jeher gehörte der christliche Glaube – auch
nach dessen Reformation – zur westlichen Welt und stiftete auf ihre Weise Identität.
Dächte man sie hinweg, blieben zumindest wichtige Prozesse der gesellschaftlichen
Entwicklung zurückblickend nicht nachvollziehbar, auch wenn man trefflich darüber
streiten kann, ob man dem Abendland noch immer das Attribut der Christlichkeit
zuschreiben kann.
Es bedurfte einiger geschichtlicher Hintergründe, um den Okzident, das Abendland, die
westliche Welt als das herauszustellen, was es ist: Ein Theorem der Welteinteilung in
ein gedachtes Areal, welches grob umrissen, von Nordamerika bis Mittel- und
Südeuropa reicht und sich auf ein gemeinsames historisches und religiöses Erbe beruft.
Dieses Erbe geht bis auf die Strömungen des antiken Griechenlands und des römischen
Reiches zurück und entbehrt nicht den christlichen und kirchlichen Einfluss.
Vor deren Hintergrund hat sich eine Anthropologie entwickeln können, die den
Menschen als vernunftbegabtes und freies Individuum sieht.
Aus dieser Ansicht speist sich konkludent ein gemeinsames System von Werten und
14 vgl. Winkler, Heinrich August: Geschichte des Westens. Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert. München 2009. S. 57
15 vgl. a.a.O. S. 61
16 Uertz, Rudolf: Katholizismus und Demokratie. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament. 7/2005. 14.
Februar 2005. S. 22
17 Küng, Hans: Ist die Kirche noch zu retten? München 2011. S. 134
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Normen, die festlegen, wie sich einem solchen Menschen, insbesondere staatlicherseits,
genähert werden soll.
2. Die freiheitlich demokratische Grundordnung
Der Arbeit liegt die Annahme zugrunde, dass die freiheitlich demokratische
Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland ein veritabler Spiegel des Werte- und
Normenkomplexes der westlichen Welt darstellt. Nach dem zweiten Weltkrieg und der
deutschen Kapitulation lag der Umgang mit dem zerstörten Deutschen Reich in den
Händen der vier Besatzungsmächte. Drei von ihnen – nämlich Großbritannien,
Frankreich und die USA – hatten zu diesem Zeitpunkt bereits funktionierende
parlamentarische und konstitutionelle Regierungen in Verpflichtung ihres okzidentalgeschichtlichen Erbes18. Im Zusammenspiel mit der Sowjetunion beschloss man 1945
auf der Potsdamer Konferenz die Demokratisierung Deutschlands und die Westalliierten
waren mit Frankfurter Dokumenten und Ratifizierungsvorbehalt nicht unwesentlich an
der Grundgesetzgebung Deutschlands beteiligt. Die freiheitlich demokratische
Grundordnung entstand mithin als Gemeinschaftsprojekt Deutschlands mit den
Westmächten19. Die demokratisierenden Bestrebungen der Sowjetunion entpuppten sich
mit der Gründung der DDR ohnehin als Farce und prompt war ein neuer Ost-WestKonflikt geboren, der in den Kalten Krieg mündete.
Doch was ist die freiheitlich demokratische Grundordnung genau? Die freiheitlich
demokratische Grundordnung ist ein Abstraktum ohne feste, etwa gesetzliche,
Verkörperung. Sie ist das ubiquitäre „(Minimal-)Substra[t], auf dem alle westlichen
Demokratien aufbauen und das aus einer gemeinsamen Tradition hervorgegangen ist“20.
Die Tradition und der Wertekanon dieser Gemeinschaft wurde vorangehend erläutert.
Das macht die Grundordnung zur einer Wesensgarantie des Staates, in dem ein freies
und gleiches Volk von seiner Selbstbestimmung Gebrauch machen kann, um sich im
Willen seiner Mehrheit selbst zu regieren, und schließt totalitäre und willkürliche
Herrschaft damit aus21. Das Bundesverfassungsgericht konstatierte im Jahre 1952 „im
Verboturteil der neonationalsozialistischen Sozialistischen Reichspartei (SRP) acht
18 vgl. Winkler, Heinrich August: Was heißt westliche Wertegemeinschaft? In: Internationale Politik. Journal der Deutschen Gesellschaft für
Auswärtige Politik e.V. Ausgabe April 2007. S. 84
19 vgl. Eschenburg, Theodor: Elemente des Grundgesetzes. In: Schwarz, Hans-Peter: Die Ära Adenauer. Gründerjahre der Republik 1949-1957.
Stuttgart 1981. S. 7.
20 Lautner, Gerd: Die freiheitliche demokratische Grundordnung. Versuch einer Inhaltsklärung ihrer vom Bundesverfassungsgericht aufgeführten
Elemente. Kronberg 1978. S. 69
21 vgl. Lautner 1978. S. 3 unter Bezugnahme auf das SRP-Urteil des BVerfG
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Prinzipien als Kern der […] Grundordnung“22. Diese sind:
- die universellen Menschenrechte
- die Souveränität des Volkes und damit die Wahlfreiheit
- die Teilung der Staatsgewalt
- die Verantwortlichkeit der Regierung
- die Bindung der Verwaltung an Recht und Gesetz
- die Unabhängigkeit der Gerichte
- das Mehrparteienprinzip
- die Gleichheit der Chancen für Parteien inklusive Oppositionsfreiheit23.
In diesen acht Aspekten, den Kernprinzipien der freiheitlich demokratischen
Grundordnung, spiegelt sich also das Werte- und Normengebilde der westlichen Welt
wieder, welches ganz grundlegend die Aufgabe des Staates im Umgang mit seinem
Bürger regelt und besonders im Hinblick auf die Stellung des Menschen unbedingte
Verbindlichkeiten schafft.
Da sind zum einen die universellen und unveräußerlichen Menschenrechte, die die
Auffassung des Menschen vor dem Hintergrund westlicher Wertvorstellungen in
gesetzliche Normen hüllten und seinen Stand damit zementieren. Im Vordergrund steht
hierbei die besondere Würde, die jedem Menschen ontologisch – also seinsmäßig, qua
Existenz – und „unabhängig von […] Herkunft, Rasse, Staatsangehörigkeit usw.“24
inhärent ist. Sie bildet den Kern aller weiteren Menschenrechte und begründet damit
eine eigene, „grundrechtsgewordene Ethik“25, die sich in sozialen Werten und
staatlichen Normen niederschlägt, beispielsweise in den Verbotsnormen des
Strafgesetzbuches.
Ohnehin
müssen
sich
alle
erlassenen
Gesetze
an
ihrer
Verfassungsmäßigkeit messen lassen und materiell der Essenz der Menschenrechte und
-würde entsprechen, sodass kein Grundrecht durch ein formell korrektes Gesetz
ausgehöhlt wird, also in „seinem Wesensgehalt angetastet“26 wird. Auch wenn sich der
deutsche Staat durch sein Grundgesetz (in Art. 4 Abs. 1 GG) zu weltanschaulicher
Neutralität bekennt, so suggeriert er durch die bestehende Grundrechtsordnung sehr
wohl ein Bild27 des freien, selbstbestimmten und vernunftbegabten Menschen, der
22
23
24
25
26
27
Neugebauer, Gero: Einfach war gestern. Zur Strukturierung der politischen Realität in einer modernen Gesellschaft. In: Aus Politik und
Zeitgeschichte. Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament. 44/2010. 1. November 2010. S. 4.
vgl. ebd. bzw. Lautner 1978. S. 3
Hufen,Friedhelm: Staatsrecht II. Grundrechte. München 2009. S. 147 / § 10, Rdn. 17
Hufen 2009. S. 138 / § 10, Rdn. 1
Art. 19 Abs. 2 GG die sog. Wesensgehaltssperre und -garantie
vgl. Hufen 2009. S. 146 / § 10, Rdn. 16 mit Hinweis auf BVerfGE 4, 7, 15
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innerhalb eines Staatengebildes nicht zum Spielball willkürlicher Herrschaft werden
darf, weil er eo ipso einen Selbstzweck entfaltet, der ihm besondere Würde verleiht.
Es wird ihm grundsätzlich allgemeine Handlungsfreiheit gewährt, da er vernunftbegabt
ist. Er besitzt ein Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, ist grundsätzlich vom
Staat nicht zu behelligen und kann, frei von weltanschaulicher Indoktrination, glauben
wonach ihm der Sinn steht, weil der Mensch selbstbestimmt ist. Die Grundrechte
verifizieren also das Bild des Menschen, das die abendländische Geschichte
vorgezeichnet hat.
Zum anderen gehören zu den Kernelementen der freiheitlich demokratischen
Grundordnung die Prinzipien, die den demokratischen Rechtsstaat charakterisieren, der
die soziale Koexistenz und Interaktion zwischen den Menschen abendländischen
Verständnisses gesellschaftspolitisch regelt. Das Volk ist souverän und regiert sich
selbst28. Demokratie ist altgriechischen Wortursprungs und bedeutet soviel wie
Herrschaft des Volkes. Jeder deutsche Staatsbürger hat die Möglichkeit der politischen
Partizipation und die Regierenden handeln als „Vertreter des ganzen Volkes“29. Nur
durch die verbleibenden sieben Kernprinzipien kann die Theorie um den Menschen und
seine Stellung innerhalb der Gesellschaft praktisch auch umgesetzt werden.
III. Der islamische Orient
1. Was ist der Islam? – Ein Kompendium
Der Islam ist eine der drei großen monotheistischen Weltreligionen und hat seinen
Ursprung im 7. Jahrhundert n. Chr.. Der Begriff islam kommt aus dem Arabischen und
bedeutet zu Deutsch so viel wie Hingabe (an Gott)30. Die Anhänger der islamischen
Religion und derjenigen Glaubensrichtungen, die auf den Islam rekurrieren, werden
zusammenfassend als Muslime bezeichnet. Doch wie ist es überhaupt zur Entstehung
des (Ur-)Islams gekommen?
In der Stadt Mekka im heutigen Saudi-Arabien wurde um 570 n. Chr.31 ein Mann
geboren, der als Mohammed („Der zu Preisende“32) in die Geschichte einging. Als 40jähriger Mann soll er zum ersten Male durch den Erzengel Gabriel die Offenbarung des
28
29
30
31
vgl. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG
Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG
vgl. Krämer, Gudrun: Demokratie im Islam. Der Kampf für Toleranz und Freiheit in der arabischen Welt. München 2011. S. 14
vgl. Ohlig, Karl-Heinz: Zur Entstehung und Frühgeschichte des Islam. In: Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.). Aus Politik und
Zeitgeschichte. Beilage zur Wochenzeitung „Das Parlament“. 26-27/2007. 25. Juni 2007. S. 3
32 Knopp, Guido/Brauburger, Stefan/Arens, Peter: Der Heilige Krieg. Mohammed, die Kreuzritter und der 11. September. München 2011. S. 26
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einzig wahren Gottes Allah empfangen haben, der ihn anwies, die ihm übermittelte
göttliche Botschaft unter dem arabischen Volk zu verbreiten. Seine Überlieferungen
wurden bis zu seinem Tod im Koran, welcher als Botschaft Gottes die heilige Schrift der
Muslime darstellt, verschriftlicht. Mohammed predigte seine Vision in seiner
Heimatstadt Mekka, bis er vor der ihm entgegengebrachten Ablehnung nach Medina
floh, wo er schließlich religiöse „Autorität und […] Zuspruch“ 33, sowie vor allem
politische Macht erlangte. Mit seinem Rollenwechsel zum politischen und überdies
auch kriegerischen Strategen begann auch der Erfolgszug des Islam. Er eroberte Mekka
und unterwarf in der Folge „ganz Arabien seiner Herrschergewalt und seiner
Religion“34. Die Anhänger des Islam, eingenommen von der Überzeugung für den einen
Gott in den Krieg gegen die Un- und Andersgläubigen zu ziehen und im Falle des Todes
in diesem Dschihad („Kampf auf dem Wege Allahs“35) ins Paradies einziehen zu dürfen,
eroberten bis 750 ein Reich, das sich von Vorderasien, über Nordafrika bis ins
südwesteuropäische Spanien erstreckte36.
Nach dem Tod Mohammeds um 632 n. Chr.37 spaltete sich angesichts der Frage nach
dem rechtmäßigen Nachfolger Mohammeds als Führer der muslimischen Gemeinschaft,
der „Umma“, nachhaltig die selbige in Schiiten und Sunniten38. In Ermangelung klarer
Anweisungen im Koran orientierte man sich, was die Leitung der Gemeinde anbelangt,
an schriftlichen Überlieferungen, der „Hadithe“, die das Verhalten des Propheten
Mohammeds darlegten. Am Maßstab seines gottgefälligen Vorbilds, der „Sunna“, und
an der Frage wie der Prophet in bestimmten Situationen gehandelt hätte, bemisst sich
die islamische Ethik und mithin auch ein Teil ihrer Rechtsprechung.
Der Islam ist, anders als etwa das Christentum, nicht fest strukturiert, es gibt also keine
kirchliche Institution. Er wird in Glaubensgemeinschaften oder -gemeinden praktiziert,
die von einem Imam geleitet werden, welcher oft auch dem Gottes- und Gebetshaus, der
Moschee, vorsteht39. Das weltweit größte Exemplar ist die Al-Haram-Moschee in
Mekka, der heiligen Geburtsstadt des Propheten. In ihrem Innenhof befindet sich die
Kaaba, ein großes Gebilde in Form eines Würfels, das nach islamischer Auffassung vom
Vorfahren Mohammeds und arabischen Stammesvater Abraham persönlich errichtet
wurde. Die Kaaba ist Ziel und Zentrum der verpflichtenden jährlichen Wallfahrt, der
Haddsch, bei der Millionen von Muslime in ihre religiöse Heimat pilgern.
33
34
35
36
37
38
39
Behnam Shad, Klaus: Bedrohung durch den Islam. Fundamentalismus und Menschenrechte. Göttingen 2011. S. 5
Poller, Horst: Die Philosophen und ihre Kerngedanken. Ein geschichtlicher Überblick. 7. Auflage. Olzog Verlag. München 2011. S. 149
Knopp et al. 2011. S. 31
vgl. a.a.O. S. 48f.
vgl. Ohlig 2007. S. 3
vgl. Behnam Shad 2011. S. 6
Breuer, Rita: Fremdwörterlexikon Islam – Islamismus – Jihadismus. Heimerzheim 2013. S. 22
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Heute gibt es schätzungsweise 1,57 Milliarden Muslime auf der Welt, die auf einem
Gebiet von Indonesien bis zur Westsahara und von Mosambik bis Kasachstan zerstreut
leben. Das Konglomerat derjenigen Länder, in denen Muslime die absolute Mehrheit
der Bevölkerung darstellen, wird heute im allgemeinen Sprachgebrauch als islamische
Welt tituliert. Auch ist die Begrifflichkeit des Orients in steter Assoziation mit der
islamischen Religion. Obgleich Orient, analog zu seinem Antonym, wortursprünglich
das Land der aufgehenden Sonne (lat. sol oriens) bedeutet und somit auf die östliche
Himmelsrichtung anspielt, ist es insbesondere der Geschichte und der kulturellen
Entwicklung des Islam geschuldet, dass der östliche Mittelmeerraum, der Orient, um
seine religiöse Komponente reicher wurde. In Deutschland leben etwa 4,2 Millionen
Muslime40.
2. Die Grundwerte des Islam
Die Frage nach den Werten im Islam ist eine komplizierte. Sie ist Gegenstand
weitreichender
theologischer
Forschung
und
Auslegung
der
verschiedenen
Glaubensströmungen der islamischen Religion und damit nicht ohne Weiteres zu
beantworten. Dennoch lassen sich einige grundlegende Überzeugungen und Haltungen
herausarbeiten41.
Der Mensch ist „in seinem Wesen das Geschöpf Gottes“42 und ist als solches berufen
seinem Schöpfer zu dienen. Da der Mensch nach der islamischen Lehre ein
schwächliches und sündhaftes Wesen ist, ist er in gewisser Weise abhängig von der
Leitung Allahs43. Nur in Erfüllung der gottgegebenen Handlungsmaximen kann der
Mensch Gutes vollbringen. An ihnen misst sich mithin die islamische Ethik. Mit einem
islamischen Universalitätsanspruch als „einzige und endgültige von Gott gewollte
Religion für die Menschheit“44 stellt der Koran die ultimative Offenbarung Gottes dar
und schafft nicht bloß spirituelle Richtlinien, sondern regelt darüber hinaus auch nahezu
das gesamte weltlich-gesellschaftliche Leben. Damit sind die islamischen Werte
grundsätzlich auch (gottes-)gesetzliche Normen, nicht zuletzt eben fundamentiert in der
göttlichen Offenbarung. Daraus ergibt sich eine eigene islamische Jurisprudenz, die
40
41
42
43
44
vgl. Ceylan, Rauf/Kiefer, Michael: Salafismus. Fundamentalistische Strömungen und Radikalisierungsprävention. Wiesbaden 2013. S. 9
vgl. El-Gayar 2014. 00:02:40 – 00:02:50 min
Khoury, Adel Th.: Das Ethos der Weltreligionen. Freiburg im Breisgau 1993. S. 179
vgl. a.a.O. S. 180f.
Behnam Shad 2011. S. 57
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sogenannte fiqh: Zur Beurteilung der Güte einer Handlung oder Unterlassung ist
zunächst der Koran als oberste und erste Rechtsquelle zu konsultieren. Ist dem Koran
diesbezüglich explizit nichts zu entnehmen, beruft man sich auf die Sunna, das Vorbild
des Propheten Mohammeds. Die dritte Quelle islamischen Rechts ist die Ijma, der
„Konsens (der Gelehrten)“45. Hier agieren die „Ulama, [die] religiös Gebildeten“46 als
Beurteilungsinstanz, indem sie Sachverhalte in ihrem Verständnis auslegen. Die vierte
und letzte Rechtsquelle ist ein Vergleichsschluss, qiyas, der es erlaubt, Regelungen aus
dem Koran analog auf vergleichbare Lebenssachverhalte anzuwenden47. So entsteht ein
Fallrecht48, das sich auf die göttliche Gesetzgebung beruft und im Gesamten sowohl das
geistige, als auch das soziale Leben regelt: die sogenannte Scharia.
So sind schließlich alle Geisteshaltungen, Werte und Normen auf die Scharia und
letztlich auf den Koran zurückzuführen und werden durch sie bestimmt. Der
Anwendungsbereich der Scharia umfasst nicht etwa nur das Verhältnis zwischen dem
Menschen
und
seinem
Schöpfer,
Zivil-
und
Strafrecht,
sowie
alltägliche
Umgangsformen. „Die Scharia umspannt alle Aspekte der religiösen, moralischen,
sozialen und rechtlichen Normen“49 und ist dem gläubigen Muslim quasi ein göttliches
Vademekum. Einen Kanon allgemein gültiger Werte aus dem Koran herauszulesen, ist
eine Frage der Exegese und der subjektiven Interpretation. Die Scharia ist, nach einer
Auffassung, Garant fünf wesentlicher Grundgüter und -rechte: Glaube/Religion, Leben,
Nachkommen(schaft), Vermögen/Eigentum und Vernunft50. Über diese Güter hinaus,
und sie einbettend, existiert die Auffassung, dass die Scharia einen „festen Bestand an
[…] Normen und Werten – [nämlich] Gerechtigkeit, Freiheit, Gleichheit, Verantwortung
und Partizipation“51 aufweise.
Eine derartig kurze Darlegung der Grundzüge des religiösen Islams ist für die Zwecke
der vorliegenden Arbeit völlig ausreichend. Der Islam wird in einer anderen Facette zu
einem späteren Zeitpunkt erneut und eingängiger thematisiert.
IV. Statthaftigkeit der Frage nach Vereinbarkeit
In den beiden vorangegangenen Abschnitten sind also sowohl die freiheitlich
45
46
47
48
49
50
Breuer 2013. S. 22
Bugday 2014. 00:58:45 – 00:58:48 min
vgl. Breuer 2013. S. 37
vgl. Bugday 2014. 00:50:34 – 00:50:48 min
Heinisch, Heiko/Scholz, Nina: Europa, Menschenrechte und Islam – ein Kulturkampf? Passagen Verlag. Wien 2012. S. 260
vgl. Krämer 2011. S. 75 bzw. Idriz, Benjamin: Theologische Ausbildung an nichtstaatlichen Hochschulen. Voraussetzungen und Chancen.
21.06.2010. Auf: http://www.islam.de/16008.php (Stand 28.04.2014, 15:19 Uhr). beide mit Verweis auf die Lehren des Abu Ishaq ash-Shatibi,
Gelehrter des 14. Jahrhunderts
51 Krämer 2011. S. 74
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demokratische Grundordnung, als auch der Islam in ihren Grundzügen nebeneinander
dargestellt und mithin kontrastiert und parallelisiert worden. Diese Art der
Herangehensweise ist üblich und führt häufig zu der Konklusion, der Islam
widerspreche in seinem Wesen der freiheitlich demokratischen Grundordnung. Dabei
werden allerdings wesentliche Aspekte entweder bewusst unterschlagen oder sie
kommen durch unüberlegt-vorschnellen, also fahrlässigen Umgang mit der Thematik
abhanden. Es lohnt sich, die vorgenommene Parallelisierung auf der meta-komparativen
Ebene zu betrachten.
1. Zwangsläufige Hypothesen eines Vergleichs
Wenn zwei Komponenten verglichen werden sollen, bedarf es im Voraus einer
Definition des zu vergleichenden Materials. Einer solchen wurde sich oben versucht
anzunähern, mithilfe der gängigsten Auffassungen. Es spricht jedoch einiges dafür, die
Darlegung im Nachgang kritisch zu begutachten.
Es war die Rede von der westlichen Welt als Wertegemeinschaft. Dieser Wertekanon ist
derjenige, zu dem sich der Westen als von ihm hervorgebrachte Errungenschaft gerne
bekennt und derselbe den der Westen in seiner jüngeren Geschichte auch schon häufiger
massiv verletzt hat52. Minderheitenunterdrückung, Rassismus und Despotismus finden
ebenso Evidenz in der näheren Vergangenheit, wie auch Menschenrechtsbewegungen
und Humanismus. Über die Frage hinaus, inwieweit der Westen seinen eigens
reklamierten Werten selbst entsprechen kann, ist auch fraglich, ob diese Werte
überhaupt exklusiv westlicher Beschaffenheit sind. Waren es nicht vielmehr sogar die
muslimischen Gelehrten, die im sogenannten goldenen Zeitalter des Islam das
antikgriechische Welterbe fortführten, während der Westen im Mittelalter, seinem
dunklen Zeitalter, vergleichsweise stagnierte53? Selbst heute findet die Idee der
freiheitlich demokratischen Grundordnung, je nach Staat, unterschiedliche Umsetzung
und Auslegung54.
Doch auch eine Erfassung des Islams, die der Komplexität der Debatte gerecht werden
kann, ist ein grundsätzlich nicht zu leistendes Vorhaben, denn den Islam gibt es nicht!
Wie in anderen Glaubensrichtungen auch, haben sich im Laufe der geschichtlichen
52 vgl. Winkler 2007. S. 85
53 vgl. Bugday 2014. 00:11:30 – 00:11:57 min
54 Exemplarisch erwähnt seien an dieser Stelle das Minarettverbot in der Schweiz durch Referendum, die praktizierte Todesstrafe in einigen
Bundesstaaten in der USA und jüngst auch der NSA-Spionage-Skandal.
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Entwicklung mannigfaltige Strömungen innerhalb des Islam heraus gebildet55. Überdies
verhält es sich mit Islam nicht anders, als mit allen ideologischen Konstrukten auch:
Der Einzelne bestimmt, wie stark er an die religiöse Idee glaubt und wie sehr er sie in
seinen gesellschaftlichen Alltag integriert, oder ob er selektiv an bestimmte Elemente
mehr oder weniger glaubt56. Jeder konstruiert seine eigene religiöse Wirklichkeit in
Anlehnung an bestehende Glaubensformen und das Verständnis ihrer Auffassungen und
Schriften - oder in Ablehnung derer, wie etwa im Atheismus. Dies wird noch dadurch
forciert, dass im Islam, wie bereits erwähnt, keine feste kirchliche Institution existiert,
die zum einen mit gepredigten Vorgaben den Glaubensweg kanalisiert und zum anderen
ihre Mitglieder numerisch erfassen kann. Doch auch im Christentum bedeutet die
kirchliche Mitgliedschaft nicht gleich ein persönliches Glaubensbekenntnis.
Eine derartige Gegenüberstellung birgt folglich einige definitorische Schwierigkeiten,
weil notwendigerweise zusammengefasst und generalisiert werden muss, um sich auf
das „große Ganze“ zu beziehen. Es muss die berüchtigte imaginäre Schublade
aufgezogen und befüllt werden, doch ist in ihr nicht genügend Platz. Die
kategorisierende Methodik täuscht über die wahre Komplexität der Sache hinweg und
macht eine Gegenüberstellung überhaupt erst möglich. Hierbei werden sowohl die
innere Heterogenität, als auch die mannigfaltigen Facetten der beiden Konstrukte
vernachlässigt und regelrecht negiert. Es wird eine Starrheit der Komponenten
angenommen, die dem steten gesellschaftlichen Wandel und der dynamischen Prozesse
nicht gerecht werden kann und dies wahrscheinlich auch nicht intendiert, weil mit
gesteigerter Einfachheit des „Schubladen-Denkens“ auch die Materie einfacher
verdaulich wird.
2. Das Fehlen gemeinsamer Eigenschaften
Unter anderem im Bereich der Physik und der Wissenschaftstheorie existiert die
Begrifflichkeit der Inkommensurabilität, die auf das Lateinische zurückgeht und soviel
wie „nicht zusammen messbar“ bedeutet57. Sie beschreibt die Tatsache, dass zwei
Ergebnisse in gewisser Weise unvergleichbar sind, weil ihnen gemeinsame
Eigenschaften fehlen. Und dieser Begriff lässt sich trefflich auf die vorgenommene
55 vgl. Gemein, Gisbert Jörg/Redmer, Hartmut: Islamischer Fundamentalismus. Münster 2005. S. 140
56 vgl. a.a.O. S. 142
57 dazu Lueken, Geert-Lueke: Inkommensurabilität als Problem rationalen Argumentierens. Stuttgart 1992.
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Gegenüberstellung anwenden: Denn es ist hoffentlich bereits aus ihr selbst
hervorgegangen, dass es sich bei der freiheitlich demokratischen Grundordnung und
dem Islam um zwei sehr verschiedene Konstrukte handelt.
Die freiheitlich demokratische Grundordnung ist als unabänderliches Kernprinzip der
staatlichen Macht das Ergebnis einer gesellschaftspolitischen Entwicklung in
Auseinandersetzung und positiver Abgrenzung von totalitären Regimen und
Willkürherrschaft. Sie verpflichtet den Staat zu Schutz und Achtung der Rechte ihrer
Bürger und verleiht dem Staat damit seine Legitimation. Darüber hinaus schreibt sie
Mechanismen vor, die alle Staatsgewalt kanalisieren und gegenseitige Kontrolle
gewährleisten.
Der Islam hingegen ist eine Religion und somit ein jahrtausendealtes und
traditionsreiches Vehikel menschlicher Weltanschauung. Eine Religion kodifiziert
Wertvorstellungen, schafft damit eine eigene Ethik, sowie Metaphysik und prägt mit
gemeinschaftlichen Glaubenspraktiken und -riten das gesellschaftliche und kulturelle
Leben. Und zwar immer so stark, wie es der Einzelne für sich zulässt. Religion ist also
etwas sehr Individuelles und Abänderliches, eine Art und Weise die Welt und ihre
Kausalität durch das Wirken und Wollen höherer Mächte zu verstehen und in dem
Glauben zu Segen, Trost und Kraft zu gelangen.
Man spricht also von der Unvereinbarkeit einer traditionsbetonten Religion mit einem
staatlichen
Grundordnungsprinzip,
das
mit
wachsendem
Rationalismus
und
zunehmender Säkularisierung, also der Abwendung vom Religiösen, überhaupt erst
entstanden ist. So stellt sich die Differenz der beiden Konstrukte zusammengefasst am
anschaulichsten dar. Es wird deutlich, dass der Islam und die freiheitlich demokratische
Grundordnung
in
ihren
Eigenschaften
gänzlich
verschieden
sind,
sie
sind
wesensungleich58 und begegnen sich „auf verschiedenen Ebenen“59. Das macht sie
inkommsensurabel und ihre antizipierte Gegensätzlichkeit hinfällig.
3. Zwischenbilanz
Nach sorgfältiger Inrechnungstellung der obigen Gedanken zur Gegenüberstellung darf
im Hinblick auf die aufgeworfene Frage, ob der Islam und die freiheitlich
demokratische Grundordnung vereinbar seien, ein erstes Fazit gezogen werden.
Der Islam ist tatsächlich nicht mit der freiheitlich demokratischen Grundordnung
58 vgl. Bugday 2014. 01:26:09 – 01:26:12 min
59 a.a.O. 01:27:13 – 01:27:19 min
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vergleichbar, weil es sich um zwei in ihrem Wesen völlig unterschiedliche Konstrukte
handelt. Johann Wolfgang von Goethe wird zugeschrieben, in etwas anderem Kontext
gesagt zu haben, dass „nur Dummköpfe vergleichen“60. In diesem Zusammenhang
formuliert dies treffend die törichte Tendenz eine Unvereinbarkeit aus der
Unvergleichbarkeit herzuleiten. „Es gibt keine demokratischen Religionen“61 und es
kann sie auch nicht geben. Nicht ausschließlich etwa, weil sie sich in ihren heiligen
Schriften gezielt wider demokratische Bestrebungen aussprechen würden, sondern weil
sie gerade nicht vordergründig staatliche Belange zu regeln suchen. Auch die heilige
Schrift des Islam, der Koran, schreibt, in aller seiner Regelungsweite, keine bestimmte
Staatsform vor, spricht sich mithin auch nicht gegen die Demokratie aus. Das Gegenteil
ist der Fall, denn es ist nach islamischem Verständnis derjenige Staat islamisch, der die
Ausübung der Religion garantiert. Und das ist zweifelsohne auch – und insbesondere –
die Demokratie.
Dass man im Koran beispielsweise keine universelle Gleichbehandlung oder
gottgegebene Menschenrechte findet, ist nicht weiter verwunderlich, wenn man die Zeit
der Entstehung betrachtet. Es sind durchaus in den Texten und Überlieferungen Inhalte
zu finden, die eindeutig der freiheitlich demokratischen Grundordnung widersprechen.
So spiegelt der Koran die Vorstellungen einer archaischen Gesellschaft des siebten
Jahrhunderts n. Chr. wieder und kann folgerichtig nicht mit Errungenschaften der
postmodernen Gesellschaften des 21. Jahrhunderts konkurrieren. Mit der Bibel des
Christentums verhält es sich nicht anders. Gott oder Allah kann sich stets nur so
kultiviert und zivilisiert äußern, wie es die Gesellschaft, die ihn erschaffen hat auch
tatsächlich war62. Es kommt darauf an, auf welche Art und Weise die koranischen
Vorschriften heute auf die gesellschaftliche Ebene übertragen werden 63. Grundlegend ist
trennscharf zwischen der religiösen und der gesellschaftlichen und politischen Ebene zu
differenzieren64. Natürlich können religiöse Aspekte heute bis tief in das
gesellschaftliche Leben, oder gar in die Politik hinein reichen, doch der (zwanghafte)
Rückschluss von der Kausalität gesellschaftlicher Phänomene auf die Religion verzerrt
oftmals die Wirklichkeit. Immer wieder wird beispielsweise das gesellschaftliche
Gefälle in vielen islamischen Ländern auf den vermeintlich rückschrittlichen Islam
60
61
62
63
64
zit. nach Aarebrot, Frank H. / Bakka, Pal H.: Die Vergleichende Methode in der Politikwissenschaft. In: Berg-Schlosser, Dirk / Müller-Rommel,
Ferdinand (Hrsg.): Vergleichende Politikwissenschaft: Ein einführendes Studienhandbuch. Opladen 1992. S. 51
El-Gayar 2014. 00:31:48 – 00:31:51 min
vgl. Schmidt-Salomon, Michael 2012. In: Die 3Sat-Debatte. Passt der Islam zu unseren westlichen Werten? Auf:
http://giordanobrunostiftung.wordpress.com/2012/08/29/passt-der-islam-zu-unseren-westlichen-werten-mit-michael-schmidt-salomon-undhamed-abdel-samad/ (Stand 18.05.2014, 15:44 Uhr). 08:57 – 09:42 min
vgl. Krämer 2011. S. 106 ff.
vgl. Roy, Oliver: Heilige Einfalt. Über die politischen Gefahren entwurzelter Religionen. München 2010. S. 20 - 24
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zurückgeführt65. Daraus resultiert die lauter werdende Forderung, der Islam bedürfe nun
endlich einer Aufklärung. Doch der Islam bedarf keiner Aufklärung, er ist eine
Religion66. Die rationalen Strömungen müssen in der Gesellschaft in klarer Abgrenzung
zur Religion quellen, was von den Regierungen gern unterdrückt wird67, welche
wiederum (pseudo)religiös argumentieren – zu ihrem Vorteil und Machterhalt.
Aufklärung ist ein gesellschaftlicher Prozess, der Koran ist nicht rückschrittlicher als
die Bibel auch. Das wahre Kunststück der Säkularisierung liegt darin, den Spagat
zwischen Religion und Gesellschaft zu einem gefestigten Stand in liberalem Umgang
mit allem Göttlichen zu führen. Ausfluss dessen sind unter anderem die Trennung
zwischen Religion und Staat und die Freiheit zur Religion bzw. die Glaubensfreiheit,
welche sich in den demokratischen Gesellschaften wiederfinden.
Und das macht den religiösen Islam und die freiheitlich demokratische Grundordnung
auch vereinbar. Weil sie in ihrem Wesen völlig unterschiedlich sind, erheben sie
grundsätzlich nicht die selben Ansprüche und stehen in keinem Widerspruch zueinander.
Grundsätzlich bedeutet in diesem Kontext, dass sehr wohl die Möglichkeit besteht, den
Islam zu einer extremistischen Ideologie zu stilisieren. Denn Weltanschauung ist
Privatsache und vom persönlichen Umgang des Einzelnen mit derselben abhängig. Es
sei bilanziert, dass der religiöse Islam nicht zwangsweise und eo ipso der freiheitlich
demokratischen Grundordnung und den Werten der Westlichen Welt widerspricht.
Maßstab ist natürlich ein liberaler Umgang mit der Religion innerhalb der
Verfassungsmäßigkeit, der einer islamischen Lebensweise nicht entgegensteht.
C. Extremistischer Islam
Problematisch wird es immer dann, wenn der Islam, über seine religiöse Bestimmung
hinaus, missbräuchlich interpretiert68 und für politische Zwecke instrumentalisiert wird.
Die Tatsache, dass diese Zweckentfremdung in der heutigen Zeit auch vorkommt, trägt
in der breiten Öffentlichkeit nicht unwesentlich dazu bei, dass die Gesamtheit der
Muslime dämonisiert wird und in Misskredit gerät. Der fehlerhafte Pars-pro-TotoRückschluss liegt einfach zu nahe, die Angst vor der Bedrohung steuert ihr Übriges
65
66
67
68
vgl. El-Gayar 2014. 00:17:20 – 00:18:20 min
vgl. Bugday 2014. 00:09:47 – 00:10:07 min
vgl. El-Gayar 2014. 00:20:19 – 00:20:59 min
vgl. Senatsverwaltung für Inneres und Sport Berlin. Abteilung Verfassungsschutz: Zerrbilder von Islam und Demokratie. Argumente gegen
extremistische Interpretationen von Islam und Demokratie. Schriftenreihe Im Fokus. Berlin 2011. S. 3 im Folgenden zit.: Senatsverwaltung Berlin
2011.
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dazu bei. Genau in diesem Vorgehen wird der objektive und nuancierte Blick auf dem
Altar der Ressentiments und Vorurteile geopfert. Die Differenzierung zwischen dem
religiösen und dem gesellschaftlich-politischen Islam ist essenziell in der Debatte um
die Vereinbarkeit mit westlichen Werten und der freiheitlich demokratischen
Grundordnung. Doch so wichtig sie ist, so schwierig gestaltet sie sich im konkreten
Einzelfall. Denn „[m]an kann in einer Frage traditional, in einer anderen modern, in
einer dritten fundamentalistisch denken, ohne sich im Widerspruch mit sich selbst zu
fühlen“69. Sehr wohl kann eine Wertvorstellung aber in Widerspruch mit der freiheitlich
demokratischen Grundordnung geraten. Das gilt auch für die Übertragung der
archaischen Gesellschaftsordnung zur Zeit Mohammeds auf die heutige Gesellschaft.
Der folgende Abschnitt der Arbeit ist dem extremistischen und verfassungsfeindlichen
Islam gewidmet.
I. Radikalisierung einer Religion und die Rolle des Westens
Als extremistisch gilt eine Ideologie dann, wenn sie die durch die freiheitlich
demokratische Grundordnung gezogenen Grenzen der Verfassungsmäßigkeit verlässt
und die ideologischen Auffassungen auch tatsächliche Umsetzung finden70. Ein
Widerspruch mit der freiheitlich demokratischen Grundordnung ist dem extremistischen
Islam hier per definitionem immanent, er kann nicht mit dieser vereinbar sein, denn
sonst wäre er nicht extremistisch. Die verschiedenen Erscheinungsformen der mehr oder
weniger extremistischen Haltungen, die ihre ideologischen Wurzeln dem Islam
entlehnen, folgt in den nachfolgenden Abschnitten.
Doch wie kommt es dazu, dass religiös-islamisches Gedankengut bis an die Grenzen der
Verfassungskonformität und darüber hinaus radikalisiert wird?
Die islamisch geprägten Staaten der sogenannten islamischen Welt „bildet […] den
einzigen supranationalen Staatenverband, dessen Klammer […] einzig in der
gemeinsamen Religion besteht“71. Obgleich der Islam in seinen facettenreichen
Spielarten und Strömungen sehr verschiedenartig ist, rekurriert er auf eine gemeinsame
Basis „einigende[r] Komponenten“72. 1928 gründete sich in Ägypten die sogenannte
Muslimbruderschaft. Es war eine Zeit, die geprägt war von Kolonialisierung
insbesondere von britischer Seite. Neben Indien und dem Irak war unter anderem auch
69 Gemein/Redmer 2005. S. 142
70 vgl. Grumke, Thomas: Rechtsextremismus in Deutschland. Begriff – Ideologie – Struktur. In: Glaser, Stefan/Pfeiffer, Thomas (Hrsg.):
Erlebniswelt Rechtsextremismus. Menschenverachtung mit Unterhaltungswert. Hintergründe – Methoden – Praxis der Prävention. Schwalbach
2013. S. 25
71 Gemein/Redmer 2005. S. 139
72 ebd.
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Ägypten, über seine Unabhängigkeit im Jahre 1922 hinaus, britisches Protektorat73. Die
Muslimbrüder sahen den Koran als kernislamische Möglichkeit der staatlichen
Verfassungsgebung und in der heiligen Schrift in Kombination mit der Scharia eine
umfassende Lösung für Probleme im politischen und sozialen Bereich74. Die erklärte
Zielsetzung bestand in der Errichtung eines islamischen Staates vordergründig in
Ägypten und in der Wahrung der islamischen Werte und deren Schutz vor
„Verwestlichung“ und Akkulturation75. Der moderne Islamismus wurde folglich „im
Schatten des Kolonialismus […] und im Zeichen westlicher Dominanz“76 geboren. Es
sind gewisse Parallelen zu oft beobachteten Prozessen und Umständen der weltlichen
Nationwerdung
zu
verzeichnen.
Auch
diese
Bestrebungen
der
nationalen
Selbstbestimmung wider dem europäischen Joch hat es in der Zeit gegeben77. Bloß
bildeten für die Muslimbrüder die Kernelemente der Religion, über die in den meisten
Glaubensströmungen des Islam breiter Konsens besteht, hier den identitätsstiftenden
Rahmen. Das mobilisierte viele Muslime und ließ die Muslimbruderschaft zu einer
großen Bewegung erstarken, die noch heute existiert78.
So entstand der erste organisierte politische
Islam
aus
dem
Gefühl der
Fremdbeherrschung und kultureller Deprivation in Abgrenzung zur westlichen
Kolonialisierung. Am pauschalisierten westlichen Feindbild hat sich bis heute
grundlegend nichts verändert. Es wird mit einem paradoxen Spannungsverhältnis
argumentiert, welches sich daraus speist, dass der dekadente und eigentlich unterlegene
Westen den Islam unterdrücke, obwohl doch gerade die Muslime mit ihrer Religion im
Besitz der ultimativen Wahrheit und der göttlichen Offenbarung seien 79. Das stellt den
Islamismus als „Gegenmodell zum Westen [dar] und bietet eine alternative – reaktionäre
– Identität“80, die junge Muslime ebenso in ihren Bann zieht, wie sie junge Europäer zur
Konversion bewegt. Des Weiteren vergrößert ein Wechselspiel zwischen Angst und
Hass in einer Art reziproker Etikettierung die Kluft zwischen dem Islam(ismus) und
dem Westen81.
73
74
75
76
77
78
vgl. Wende, Peter: Das britische Empire. Geschichte eines Weltreichs. München 2008. S. 220/283
vgl. Knopp et al. 2011. S. 287
dazu Roy 2010. S. 210 - 217
Krämer 2011. S. 38
vgl. Knopp et al 2011. S. 287
zur jüngeren Geschichte der Entstehung des Islamismus siehe Kandel, Johannes: Islamismus in Deutschland. Zwischen Panikmache und Naivität.
Freiburg im Breisgau 2011. S. 15 - 27
79 vgl. Gemein/Redmer 2005. S. 170 f.
80 Sirseloudi, Matenia: Redikalisierungsprozesse in der Diaspora. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament.
44/2010. 1. November 2010. S. 41
81 dazu Murshed, Syed Mansoob / Pavan, Sara: Identität und Radikalisierung. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Beilage zur Wochenzeitung Das
Parlament. 44/2010. 1. November 2010. S. 45 f.
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II. Varianten des Islams in Kollision mit der freiheitlich demokratischen
Grundordnung
1. Traditionalismus / Konservativismus
Die Religion muss nicht unbedingt bis tief in politische Bereiche ragen, um mit der
freiheitlich demokratischen Grundordnung zu kollidieren.
Traditionalismus beschreibt eine Auslebung des Islams, die seine religiösen Elemente in
den Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens stellt und sich am Modell der
althergebrachten Ideale und natürlich unmittelbar am Koran orientiert. Simplifiziert
ausgedrückt handelt es sich um eine stark gläubige Lebenshaltung im Zeichen der
religiösen Vorschriften. In allen Religionen finden sich traditionalistische Anhänger.
Eine solche gesellschaftliche Lebensweise muss nicht zwangsläufig mit der freiheitlich
demokratischen Grundordnung in Konflikt geraten, aber man führe sich dennoch vor
Augen, dass der Koran, als auch die verschriftliche Prophetentradition sunna und die
Ansichten der ersten Gelehrten in längst überholten Verhältnissen im siebten
Jahrhundert n. Chr. entstanden und damit in ihren Regelungen mehr als obsolet sind.
Lebt man nun in traditionalistischer Manier nach ihren Vorschriften und rezipiert
insbesondere die des Koran wörtlich, kann man sehr wohl in Widerspruch mit der
modernen Grundordnung geraten. Oft umstrittene – und damit keineswegs
Alltäglichkeit entbehrende - Themen in diesem Zusammenhang sind der Umgang mit
Frauen und der Kopftuchpflicht82, die Polygamie und die Anwendung von Gewalt83.
Traditionalisten hegen grundsätzlich keine reformerischen Absichten. Sie leben in
einem Zustand des Sich-Begnügens mit der frühen Form der eigenen Religion und
intendieren darüber hinaus auch nicht, anderen ihre, als korrekt anerkannte,
Lebensweise
aufzuoktroyieren
und
missionarisch
tätig
zu
werden.
Verfassungsfeindlichkeit im aktiven Sinne ist von ihnen nicht zu erwarten. Ihre nicht
immer verfassungskonforme Haltung und Lebensweise spielt sich mithin in der eigenen
Gedanken- und Gefühlswelt und im privaten Bereich, zumeist außerhalb öffentlicher
Wahrnehmung ab und tritt eher selten zu Tage.
Gerade die traditionalistische
Lebensweise
erscheint
in
einer postmodernen
Industrienation wie Deutschland ein probates Mittel zur Erhaltung des heimatlichen
82 vgl. Heinisch/Scholz 2012. S. 181 - 199
83 vgl. Gemein/Redmer 2005. S. 210 - 222
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Brauchtums84. Dieses Rückbesinnen auf heimatliche Bräuche wird von Einheimischen
zwar nicht unbedingt als unmittelbare Bedrohung85, aber dennoch oft als
gesellschaftliche Abkapselung und Ablehnung der vorherrschenden Gebräuchlichkeiten
empfunden, was auf die Muslime wiederum ablehnend und xenophobisch wirkt und sie
in ihrer traditionalistischen Auffassung bestärkt. Es ist immer wieder der alte
Integrationsteufelskreis. Und doch ist der konservative Traditionalismus das
vergleichsweise seichteste Gewässer in der Reihe der verfassungsrechtlich bedenklichen
Ausprägungen des Islam.
2. Islamischer Fundamentalismus / Islamismus
Trotz öffentlicher Uneinigkeit über die genaue Staffelung und Bedeutung der
nachfolgenden Begrifflichkeiten, welche die Ausprägungen des extremistischen Islams
zu beschreiben versuchen, ist hier der Begriff des islamischen Fundamentalismus als
umfassender Oberbegriff gewählt worden, in späterer Abgrenzung zur Begrifflichkeit
des
Islamismus.
Der
Fundamentalismus
ist
allen folgenden Spielarten des
extremistischen Islams immanent und damit die ideologische Grundlage.
Der Begriff des Fundamentalismus hat seine Wurzeln in der Geschichte des
amerikanischen Protestantismus, der in etwa ab 1930 Bewegungen hervorbrachte, die
sich „gegen liberale Erneuerungen innerhalb der Theologie“86 wandten. Westliche
Beobachter übertrugen die Begrifflichkeit auf die Welt des Islams und bezeichneten
damit den oben angeführten Prozess der Rückbesinnung auf den religiösen Kern, um
auf dessen Fundament eine neue Gesellschafts- und Staatsordnung zu kreieren.
Die Beziehung zwischen Religion und Staat stellt für den Fundamentalisten keinen
Dualismus dar. Damit wendet er sich bewusst von der westlichen Konzeption der
Staatsorganisation ab und überträgt die koranischen Regelungen in seiner Auslegung auf
die politische Ebene. Als grundlegende Legitimation dessen wird die Vollkommenheit
der gottvermittelten Ordnung angeführt. Der Mensch ist als unvollkommenes und
mangelhaftes Wesen gar nicht imstande Gesetze zu schaffen und darf sich dies auch
nicht anmaßen, ohne in die religiöse Abtrünnigkeit zu geraten 87. Daraus folgt
logischerweise eine kategorische Pflicht zur Ablehnung und Aberkennung der
84
85
86
87
vgl. Tworuschka, Monika: Grundwissen Islam. Religion, Politik und Gesellschaft. Münster 2009. S. 194
vgl. Gemein/Redmer 2005. S. 16
a.a.O. S. 11
vgl. Senatsverwaltung Berlin 2011. S. 18
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weltlichen Gesetzgebung und der blasphemischen88 Souveränität des Volkes, denn nur
Allah allein besitzt Souveränität. In diesem Glauben entwickelt der Fundamentalismus
eine bewusst antiwestliche und antimoderne Attitüde, die wohl sein prägendstes
Wesensmerkmal darstellt. Ohne den westlich-modernen Antagonismus fehlte es dem
Fundamentalismus an Existenz und Identität, welche sich nämlich erst antithetisch
überhaupt konstituiert89. Diese Abgrenzung schafft, gepaart mit dem wahrheitlichen
Absolutheitsanspruch, eine Dualität, ein regelrechtes schwarz-weißes Weltbild, in dem
alles Wahre und Gute nur im Lichte des Islam stehen kann. Wo etwa Traditionalisten
zwar eine religiöse Suprematie empfinden mögen, geht bei Fundamentalisten mit ihrem
Glauben darüber hinaus eine Abwertung aller anderen Daseinsformen einher. Und diese
anderen Formen können auch durchaus islamischer Art sein. Denn der moderne und
liberale Islam, oft als Euro-Islam bezeichnet, sowie der gemeine Volksislam
verweichlicht in ihren Augen und wird dem göttlichen Anspruch nicht gerecht. Dies gilt
auch und insbesondere für Andersgläubige und demokratische Staatsformen. Nicht ein
Staat, der die Religionsausübung gewährleistet und schützt, ist ein islamischer Staat,
sondern derjenige, welcher ausschließlich mit islamischen Mechanismen funktioniert.
Und dennoch ist das fundamentalistische Verhältnis zur Moderne ein ambivalentes.
Denn bei aller normativer Reaktionarität ist die Bewunderung insbesondere für
technologische Errungenschaften des Westens groß90. Sie beabsichtigen in ihrer Weise
einen Fortschritt und adaptieren hierbei sehr wohl „politisch[e] Theorien des Westens“91
und pervertieren sie für ihre Zwecke.
Damit ist der islamische Fundamentalismus „[k]ein Aufstand gegen die Moderne,
sondern ein moderner Aufstand“92. Der „Missionseifer“93 unterscheidet sie ganz
wesentlich von den traditionalistischen Muslimen, die sich zwar die Kernelemente des
Islams zum Mittelpunkt ihres gesellschaftlichen Lebens gemacht haben und auch
Antipathie für modernistische Gesellschafts- und Staatsordnungen empfinden mögen,
aber keine allzu große reformerische Absicht hegen, mithin in ihrem konservierten UrIslam stagnieren.
88 vgl. Kandel 2011. S. 30
89 vgl. Gemein/Redmer 2005. S. 17 mit Verweis auf Lawrence, Bruce B.: Defenders of God. The Fundamentalist Revolt Against the Modern Age.
Chicago 1988.
90 vgl. Kandel 2011. S. 28
91 a.a.O. S. 29
92 Reuter, Christoph: Mein Leben ist eine Waffe: Selbstmordattentäter – Psychogramm eines Phänomens. Bertelsmann Verlag. München 2002. S. 56
93 Gemein/Redmer 2005. S. 16
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In der Haltung zur politischen und reformerischen Aktivität liegt auch der wesentliche
Unterschied zwischen islamischem Fundamentalismus und Islamismus, obgleich diese
häufig synonym verwendet werden. Während die Fundamentalisten ihre als defizitär
perzipierte religiöse Gemeinschaft und die weltliche Gesellschaft auf friedlichem Wege
(re-)islamisieren, wie zum Beispiel „durch die schrittweise Ausweitung islamkonformer
Lebensweisen“94, charakterisieren sich islamistische Bemühungen durch ihren
politischen Drive, der auch vor der gewaltsamen Durchsetzung der erstrebten
Gesellschaftsordnung nicht zurückschreckt. Hier heiligt nicht nur sprichwörtlich der
Zweck die Mittel, sondern Allah selbst tut dies durch die koranischen Passagen des
militärisch und politisch handelnden Propheten Mohammed95. Ihre Koranexegese zielt
bewusst auf die Abschnitte ab, in denen Allah die kriegerische Verbreitung des Islam
gebietet. Insgesamt verstehen sie den Koran als Aufruf zu subversiven Bestrebungen
und Handlungen. Ab einem gewissen Grad der aktiven Tätigkeit zur Umsetzung dieser
Bestrebungen ist nicht mehr nur die Rede von einer Unvereinbarkeit mit den
Grundwerten
der
Verfassung,
sondern
man
spricht
von
regelrechter
Verfassungsfeindlichkeit96, was in ihrer Aufgabenzuweisung die Behörden des Bundesoder Landesverfassungsschutzes aktiviert97. Man stimmt nicht nur nicht mit der
Verfassung überein, man hält ihr mit koranischer Legislatur und Scharia ein System
entgegen, was sie zu beseitigen sucht.
Während Fundamentalisten zwar die freiheitlich demokratische Grundordnung nicht in
ihrem Kern anerkennen, aber dennoch „aus taktischen Gründen“98 zu gegebenem Anlass
eine Anerkennung vorspiegeln, bekunden sich Islamisten offen und bewusst gegen die
Staatsordnung. Hierin liegt zusammengefasst die terminologische Differenz.
Diese Differenz ist staatlicherseits nicht einfach zu erfassen, denn gepredigt und
aufgerufen wird hinter verschlossener Tür. Etwa 1,5% der Moscheen in Deutschland
stehen im Verdacht Hort islamistischer Ideologien zu sein99. Der organisierte
Islamismus wird nach einhelliger Meinung in Deutschland durch den mitgliederstarken
Verein Islamische Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG) repräsentiert, auch wenn dieser
dahingehende Vorwürfe von sich weist100. In den letzten Jahren, nach einigen
Entwicklungen innerhalb der IGMG, lässt sich sagen, dass sich die wirklich
94 Kandel 2011. S. 9
95 vgl. Gemein/Redmer 2005. S. 207
96 vgl. Bundesamt für Verfassungsschutz: Lagebild zur Verfassungsfeindlichkeit salafistischer Bestrebungen. Köln 2010. S. 4
97 vgl. §§ 3 (1) i.V.m. 4 (1) BVerfSchG und §§ 1 i.V.m. 3 (1) VSG NRW
98 Gemein/Redmer 2005. S. 189
99 vgl. Kandel 2011. S. 69
100 vgl. a.a.O. 2011. S. 112 f.
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islamistische Ideologie innerhalb der Organisation verflüchtigt hat und durch
diejenigen, die sie noch immer vertreten außerhalb des Vereins neu organisiert wurde101.
Der harte ideologische Kern des Islamismus verliert also als kleine Splitter an größerer
Repräsentation und vor allem an Einnfluss. „[D]er eigentliche Islamismus spielt
gesellschaftlich […] keine Rolle mehr“102 und bedeutet deshalb auch keine akute Gefahr
für die Rechtsordnung oder den Bestand der freiheitlich demokratischen Grundordnung.
Doch ist damit das Thema des extremistischen Islam keineswegs abgehandelt.
3. Salafismus
Denn jüngst macht eine neue Bewegung, welche die islamische Religion in Beschlag
nimmt und in ihrem Namen Angst und Schrecken verbreitet, von sich Reden.
Der Salafismus ist ein Teilbereich des Islamismus in radikaler Form und existiert schon
wesentlich länger, als in Deutschland breite Kenntnis darüber besteht. Als
Reformbewegung im Ägypten des späten 19. Jahrhunderts begründet, könnte man den
Salafismus streng genommen sogar als „Vorläufer des Islamismus“ 103 bezeichnen. Das
Wort Salafismus hat seinen Ursprung in der arabischen Vokabel „al-salaf al-salih“, was
zu Deutsch soviel wie „die frommen Altvorderen“ bedeutet104. Unter diesen Personen
sind die ersten Muslime überhaupt zu verstehen, deren Besonderheit und
Anbetungswürdigkeit vordergründig darin liegt, dass sie unmittelbaren Kontakt zum
Propheten Mohammed hatten, oder ihn kannten105. Sie stellten die erste Generation von
Muslimen dar, die den Islam in unverfälschter Form am Vorbild des Propheten
praktizierten. Ihre zeitliche und räumliche Nähe zur Verkündung der islamischen
Botschaft macht sie zu rechtschaffenen Nachfolgern des Propheten und zu den Ikonen
der salafiyya-Bewegung. Der Koran und die sunna werden von Salafisten als göttliche
Offenbarung und islamische Religionsausübung in Reinkultur verehrt und zum
sprichwörtlichen Maß aller Dinge stilisiert. Der Koran muss wortwörtlich verstanden
und vor allem gelebt werden. Das führt zu dem erklärten Ziel einer Rückführung der
modernen gesellschaftlichen Ordnung zu einer selbigen im Geiste der Altvorderen106.
Hierbei werden alle Erneuerungen und modernen Einflüsse strikt als unislamisch
verteufelt, was wohl auch der Grund dafür ist, dass Salafisten überwiegend in langen
vgl. Bugday 2014. 01:09:05 – 01:09:20 min
a.a.O. 01:09:53 – 01:09:57 min
Tworuschka 2009. S, 74
Landesamt für Verfassungsschutz NRW: Salafismus – Entstehung und Ideologie. Eine Analyse der Ideologie durch den Verfassungsschutz
Nordrhein-Westfalen. Düsseldorf 2009. S. 2
105 vgl. Tworuschka 2009. S. 74
106 vgl. Thamm, Berndt Georg: Die Internationale der Salafia Djihadia. „Heilige Krieger“ der „frommen Altvorderen“ und ihre Strategie der
Gewaltanwendung gegen „Ungläubige“. In: Deutsche Polizei. Zeitschrift der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Nr. 9 September 2012. S. 5
101
102
103
104
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weißen Roben und langen Kinnbärten auftreten und in ihrer Umgebung nahezu
anachronistisch wirken. Ein Konservativismus in striktester Ausführung ist also das
prägende Bild des Salafismus. Das sind jedoch allesamt Gedanken und Prinzipien, die
bereits auch Fundamentalisten und Islamisten zugeschrieben wurden. Natürlich sind
Salafisten auch fundamentalistisch. Eine fundamentalistische Auffassung der Religion
ist die ideologische Grundlage aller weitergehenden Bestrebungen. Doch es stellt sich
berechtigterweise die Frage, worin der Unterschied zum Islamismus liegt. Und diese
Frage ist, aufgrund der diffusen Begrenzungen der theoretischen Begrifflichkeiten und
eben der sehr dynamischen Wirklichkeit der Praxis, nicht immer einwandfrei zu
beantworten. Doch ist festzuhalten, dass salafistische Bestrebungen vielmehr religiöser
Ausprägung sind, als die politischen Motivationen der Islamisten. Sie „pflegen ein
grundsätzliches Misstrauen gegenüber politischer Aktivität“107 und sind zuvörderst auf
religiöser und gesellschaftlicher Ebene aktiv. Gänzlich unpolitischer Ausdruck dessen
ist der puristische Salafismus. Puristisch zielt hier auf die Reinheit der islamischen
Lehre ab, unter dessen Vorgaben erst ein wirklich gottgefälliges Leben möglich ist.
Diese Spielart des Salafismus ist ein ultrakonservativer Traditionalismus, der wohl in
der rein gedanklichen Kernüberzeugung mit der freiheitlich demokratischen
Grundordnung in Konflikt gerät, aber über seine fundamentalistische missionierende
Tätigkeit hinaus nicht weiter negativ auffällt.
Nichtsdestotrotz existiert auch der politische Salafismus. Bei diesem wird eine
trennscharfe Differenzierung der treibenden Kräfte von Islamismus und Salafismus
schwierig. Vor allem das Ergebnis, oder vielmehr das Ziel der Bestrebungen ist
identisch, namentlich die Errichtung eines islamischen Staats auf Grundlage der
religiösen Kernprinzipien. Doch während man den Islamisten noch hätte unterstellen
können, die Religion lediglich zu missbrauchen und zu entlehnen und in der
eigentlichen Überzeugung politisch motiviert zu sein, folgen die politischen Salafisten
rein religiösen Antrieben und weiten diese auf die Politik aus – aus religiöser
Überzeugung.
Also
ist
im
Islamismus
die
islamische
Religion
lediglich
Legitimationsgrundlage und Mittel zum politischen Zweck.
Im politischen Salafismus ist der im Sinne der allerersten Gelehrten und konservativ
exegierte Islam die Grundlage und der Motor der erstrebten Umwälzungen108.
Logischerweise verschwimmen diese Grenzen, denn übergeordnetes identitätsstiftendes
Merkmal ist das Ziel, und nicht unbedingt der Weg dorthin. Die praktischen
107 Steinberg, Guido: Wer sind die Salafisten? Zum Umgang mit einer schnell wachsenden und sich politisierenden Bewegung. In: Stiftung
Wissenschaft und Politik (Hrsg.): SWP-Aktuell. 2012/A28. S. 2
108 vgl. Rösch, Annemarie: Salafisten in Deutschland – wie gefährlich sind sie? In: Badische Zeitung. 15.06.2012 mit Verweis auf Dr. Guido
Steinberg.
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Erscheinungs- und Mischformen, die aus subjektiven Überzeugungen und Motivationen
herrühren, lassen sich nicht ohne Weiteres verwissenschaftlichen. Die Aufteilung ist
eher akademischer und wissenschaftlicher Art.
Tatsache bleibt jedoch, dass es eine so definierte Bewegung überhaupt gibt und dass sie
nicht nur in ihren Ansichten, sondern auch in ihren Methoden und in der Bereitschaft
zur Gewaltanwendung sehr radikal sind109.
4. Dschihadimus / islamistischer Terrorismus
Eine weitere radikale Methode strahlt in aller Bedrohlichkeit bis in die heutige
Gegenwart und ist im öffentlichen Diskurs zur Reizvokabel avanciert, die
berechtigterweise unmittelbar auch mit dem religiösen Islam in Verbindung gebracht
wird,
dennoch
gleich
in
einem Atemzug
mit
globalem
Terrorismus.
Oft
fälschlicherweise mit dem Auftrag des heiligen Krieges übersetzt, determiniert der
Dschihad nicht unwesentlich das Bild der islamischen Religion in westlichen Augen.
Das Wort djihad rührt, wie alle koranischen Begrifflichkeiten, aus dem Arabischen und
bedeutet ursprünglich soviel wie Anstrengung und Mühe110. Überdies kann das Wort
nicht im Plural stehen, was es also zu einer „Art Charakteristikum islamischer
Lebensführung“111 macht, anstatt ein „räumlich und zeitlich abgegrenztes Ereignis“112
zu umschreiben. Dies, in Kombination mit der Tatsache, dass im theologischen
Verständnis des Islam ein Krieg nicht das Attribut „heilig“ tragen kann 113, entkräftet die
gängige Rezeption des Dschihad und unterschlägt gleichzeitig die historische und
gegenwärtige Wirklichkeit. Denn ein Wort lediglich nach seiner ursprünglich
intendierten Bedeutung zu beurteilen, bedeutet zwangsläufig ein Übersehen dessen, was
mit der Zeit aus dem Begriff gemacht wurde, welchen Bedeutungswandel er mit der
Zeit vollzog. So wäre es fatal, heute dankbar und unbekümmert eines Fremden Gift
entgegen zu nehmen, weil der mittelhochdeutsche Wortursprung eine „Gabe“ und damit
Harmlosigkeit suggeriert114. Die Beachtung der heutigen – toxischen – Bedeutung kann
regelrecht Leben retten. Ähnlich verhält es sich mit der Verharmlosung des Dschihad.
Es bedarf also eines etwas differenzierteren Blicks auf das islamische Phänomen
Dschihad.
vgl. Bugday 2014. 01:11:36 – 01:11:46 min
vgl. Tworuschka 2009. S. 163
Heinisch/Scholz 2012. S. 222
ebd. mit Verweis auf Noth, Albrecht: Heiliger Krieg und Heiliger Kampf in Islam und Christentum. Beiträge zur Vorgeschichte und Geschichte
der Kreuzzüge. Bonn 1966. S. 22
113 vgl. Gemein/Redmer 2005. S. 223
114 vgl. Heinisch/Scholz 2012. S. 222
109
110
111
112
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Das Problem liegt im Wesentlichen darin, dass der Koran selbst eine Ambivalenz
schafft, indem er das Wort in unterschiedliche Zusammenhänge stellt. 35 Male ist dort
von djihad die Rede, zweimal davon in friedlichem Kontext115. Der Grundtenor jedoch
ist geprägt von Gewaltaffinität, was wenig verwundert, da die Schrift geprägt ist von der
Expansion des arabischen Weltreiches. Das lässt im Grunde zwei Arten von djihad
entstehen, die auch heute noch Bestand haben:
Die eher aus Reihen des traditionellen Volksislam stammende Interpretation der steten
Bemühungen um ein gottgefälliges und rechtschaffenes Leben, sowie der sittlichen
Vervollkommnung – der sogenannte große Dschihad116. Diese Variante ist
weitestgehend unproblematisch und in keinem grundsätzlichen Widerspruch zur
freiheitlich demokratischen Grundordnung. Die Religionsausübung ist vorerst frei und
jeder kann auf seinem Wege, mit seinen Praktiken, persönliche Seligkeit erlangen. Dass
eine zu traditionalistische Auslegung dessen, was gottgefällig bedeutet, auch Probleme
bergen kann, wurde bereits erörtert.
Schon im Grundsatz problematisch und der freiheitlich demokratischen Grundordnung
eklatant widersprüchlich, ist allerdings die zweite Rezeption des Dschihads, der
sogenannte kleine Dschihad. Er impliziert eine gewaltsame Verbreitung des Islams in
einem bekehrenden Krieg gegen Ungläubige – darunter auch moderne Muslime – und
Andersdenkende, mit der Zielsetzung einer islamischen Weltherrschaft 117. Der kleine
Dschihad ist prädestiniert, als Legitimationsgrundlage für einen bewaffneten Kampf im
Namen Gottes von ideologischen Fanatikern adaptiert und für ihre Zwecke pervertiert
zu werden. Darunter können politische Bestrebungen ebenso subsumiert werden, wie
militärisch geführter Krieg und militante Haltungen. Das macht den Dschihadismus zu
der radikalsten Form von Islamismus und Salafismus. Die Tatsache, dass der Koran
denjenigen, die im bewaffneten Kampf um Gottes Willen ihr Leben lassen, für ihr
Martyrium jenseitige Belohnungen verspricht118, macht kriegerisches Engagement
besonders lohnenswert und ist überzeugender pull factor in der Rekrutierung neuer
Dschihadisten. Eine Rekrutierung muss nicht zwangsläufig nur geborene Muslime
betreffen, sondern richtet sich ebenso und umso mehr auch an europäische Konvertiten,
die sich ihrem neuen Glauben besonders verpflichtet fühlen und sich damit anfällig für
ideologische Indoktrination zeigen119. Längst ist auch der Dschihadismus zu einer
organisierten Bewegung geworden, die in vielen Zusammenschlüssen festen
115
116
117
118
119
vgl. ebd. mit Verweis auf Suren 22, 77-78; 29, 69
vgl. Kandel 2011. S. 47
vgl. ebd.
vgl. Kandel 2011. S. 48 mit Verweis auf Suren 9, 111; 47, 4-6
vgl. a.a.O. S 53
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hierarchischen Mustern unterliegt. Bekannt sind insbesondere diejenigen Netzwerke, die
den Dschihad zu einem transnationalen terroristischen Vorhaben gemacht haben.
Besonders zweifelhafter Prominenz erfreut sich die weltbekannte Al-Qaida, die mit
ihrer panislamischen Ideologie gleich mehrere Kontinente zu ihrem Kriegsschauplatz
im Kampf gegen ungläubige islamische Regierungen im Nahen Osten und gegen die
westliche Welt gemacht haben120. Ebenso wie etwa die Islamische Jihad Union (IJU)
unterhält Al-Qaida Trainingslager, die der paramilitärischen Ausbildung dienen und auf
den bewaffneten Kampf vorbereiten sollen. Auch die HAMAS (Bewegung des
islamischen Widerstandes121) ist mit ihren terroristischen Anschlägen, mit dem Ziel der
Zurückdrängung des Staates Israel und der Errichtung eines eigenständigen
palästinensischen Gottesstaates, im Gazastreifen zu einiger Bekanntheit gelangt. Dann
und wann taucht auch die libanesische Hizb Allah – oder auch Hisbollah, was übersetzt
soviel wie Partei Gottes bedeutet – mit gewaltverherrlichenden Bekundungen auf der
medialen Bühne auf.
Islamistischer und salafistischer Dschihadismus sind innerhalb ihrer Strömungen
minderheitliche Randphänomene122, allerdings aufgrund ihrer Militanz und der damit
einhergehenden Gefahr globaler terroristischer Anschläge nicht zu unterschätzen. Wie
bereits erwähnt ist Dschihadismus kein Äquivalent zu islamistischem Terrorismus, doch
letztgenannter stellt die logische Konsequenz eines radikalen Weiterdenkens des
dschihadistischen Auftrags dar. Immer, wenn es dazu kommt, ist nicht nur die
freiheitlich demokratische Grundordnung als zusammenfassendes Abstraktum von den
dschihadistischen Bewegungen bedroht, sondern ganz real das politische und
zivilisatorische Leben unter der Flagge derselben. Es handelt sich hier nicht nur um eine
theoretische Diskrepanz in einer Geisteshaltung, nicht ausschließlich um politische
Bestrebungen, islamische Prinzipien in Regierungen zu installieren, um damit etwa eine
Islamisierung Europas voranzutreiben, sondern um die radikalste Form, die religiös
begründeter Hass und Abneigung potenziell annehmen können. Und dieser richtet sich
nicht lediglich gegen politische Funktionäre, sondern zumindest theoretisch gegen alle
Menschen, die nicht denken, wie die islamistischen Terroristen selbst, was angesichts
ihrer Minderheit ein überwiegendes Gros der Weltbevölkerung darstellt. Vor dem
Hintergrund dieser real gewordenen Gefahr tröstet es wenig, dass von einigen Seiten in
der terroristischen Übersteigerung des Islamismus gleichzeitig ein Indikator für seine
120 vgl. Gemein/Redmer 2005. S. 255
121 Kandel 2011. S. 93
122 vgl. Bugday 2014. 01:12:08 – 01:12:15 min
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Schwäche und sein Untergang gesehen wird123 – mithin ein letztes aggressives
Aufbäumen vor dem endgültigen Dasein eines unerfolgreichen Randphänomens. Bis
dieser Zustand auch nachweislich eingetreten ist und niemand mehr um sein Leben
fürchten muss, nur weil er nicht einer der radikalsten Weltanschauungen teilt, darf der
islamistische Terrorismus nicht unterschätzt werden.
D. Fazit
I. Konklusion – Zwischen Feindbild und realer Gefahr
Der Versuch einer Beantwortung der Frage nach Vereinbarkeit von freiheitlich
demokratischer Grundordnung und Islam kann auf verschiedenen Wegen angestellt
werden und zieht, je nach Perspektive, Folgefragen nach sich. Muslime in den
islamisch-geprägten Ländern mögen fragen, ob die Adaption einer freiheitlichen
Grundordnung und die Installation einer demokratischen Staatsform in ihrem Land
möglich ist und ob sie eine solche Demokratisierung mit ihren religiösen Auffassungen
in Übereinstimmung bringen können. Bürger der westlichen Welt stellen die Frage,
inwieweit die islamische Religion unter das Dach ihrer durch freiheitliche Werte
bestimmte Grundordnung passt und wie viel Islamisierung ihr jeweiliges Land wohl
gefahrlos vertragen wird. Es bleibt allerdings ein Faktum, dass jedwede Formulierung
dieser Frage die Tatsache ignoriert, dass sich Religion und gesellschaftspolitische
Belange grundsätzlich auf unterschiedlichen Ebenen begegnen. Noch dazu wird die
tatsächliche und oft eklatant unterschiedliche Vielfalt, in der die islamische Religion
geglaubt und gelebt wird, negiert. Leider gibt es, wie im zweiten Teil der Arbeit
dargelegt wurde, auch Lebensweisen und Ideologien, die sich auf die islamische
Religion stützen und berufen und doch nicht ansatzweise mit der freiheitlich
demokratischen Grundordnung in Einklang zu bringen sind, ja sie sogar aktiv und brutal
bekämpfen. Ein durchaus nicht unberechtigter Argwohn, vermischt mit einiger
Ängstlichkeit, führt in selektiver Induktion zu einem verzerrten Bild der islamischen
Religion und folglich auch der muslimischen Mitbürger. Jede gesellschaftliche,
kulturelle und politische Dynamik wird dann deduktiv auf den Islam zurückgeführt und
jedes sich ergebende Problem trägt das Stigma religiöser Verschuldung. Dabei wird
doch die extremistisch-rassistische und nationalistische Attitüde eines niedersächsischen
Neonazis auch nicht an seiner protestantischen Konfession und den antisemitischen
123 vgl. Gemein/Redmer 2005. S. 96 unter Bezugnahme auf Prof. Dr. Dr. Gilles Kepel
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Zügen Martin Luthers festgemacht, obgleich dieser als Wegbereiter deutscher Nation
gilt. Man käme nicht mal auf diesen Gedanken, selbst wenn der selbe Neonazi
bekannterweise mehrfach in der Woche die Kirche besuchte und sich dort engagierte.
Eine solche Trennung von Extremistischem und Religiösem ist im Falle des Islam
trotzdem leider nicht gänzlich möglich. Zwar besteht „keine geschichtliche
Notwendigkeit, dass aus dem Islam Islamismus wird, aber es besteht die Möglichkeit.
Es kann also einen Islam ohne Islamismus, aber keinen Islamismus ohne Islam
geben“124. Und das Verständnis für genau diese fehlende Zwangsläufigkeit ist der
Schlüssel für die Wahrnehmung eines moderaten und kulturell bereichernden Islam.
Schon Friedrich der Große wusste: „Alle Religionen sind gleich und gut, wenn nur die
Leute, die sich zu ihnen bekennen ehrliche Leute sind“125.
„Die Welt urtheilt [sic!] nach dem Scheine“126, legt Johann Wolfgang von Goethe
Clavigo, der Titelfigur des gleichnamigen Trauerspiels in den Mund und greift trefflich
die menschliche Tendenz auf, sich mit Oberflächlichkeiten zufrieden zu geben. Das gilt
auch für das funktionierende westliche Feindbild Islam. Feindbilder sind ein uraltes
Phänomen der Identitätsstiftung und der Abgrenzung der eigenen Zugehörigkeit. Die
suggerierte Gefährlichkeit des Gegenübers wertet die eigene Sicht der Dinge auf und
legitimiert präventive Maßnahmen gegen den erklärten Feind. Menschen sind geneigt,
sich einem solchen Feindbild hinzugeben, weil es bequem ist und weitergehende
Beschäftigung mit dem Wesen des Opponenten erspart. Die Tragweite der islamischen
Religion und ihr Einfluss auf
gesellschaftspolitische Entwicklungen sind von
immenser, leider Gottes verkannter, Komplexität. Darüber hinaus möchte man sich
natürlich nicht mit einer agnostischen Haltung abfinden, die so recht keine Meinung
erlaubt. Also wird an der Fundiertheit der Meinung gespart und aus den vielen
Komponenten wird ein „monolithischer Block“127 Islam, der er tatsächlich gar nicht ist.
Das kreiert einen Dualismus in dem man sich, anstelle präziser Differenzierung, nur
noch für eine der beiden Möglichkeiten und gegen die jeweils andere entscheiden muss.
„Analyse wird so durch einen Gesinnungsakt ersetzt“128. Und eine solche Analyse sollte
die vorliegende Arbeit leisten. Keineswegs sollen dabei die brutalen und
extremistischen Varianten bagatellisiert werden, die sich auf den Islam stützen. Doch
immer wenn vom terroristischen Islam die Rede ist, kommt das rhetorisch auch den
124 Kandel 2011. S. 7
125 zit. nach Tworuschka 2009. S. 191
126 Goethe, Johann Wolfgang von: Clavigo. Ein Trauerspiel. Frankfurt und Leipzig 1774. S. 52 [digitalisiert durch Bayerische Staatsbibliothek am
22.04.2009. aufgerufen http://books.google.de/books/about/Clavigo.html?id=bE87AAAAcAAJ&redir_esc=y am 20.05.2014, 21:29 Uhr]
127 Hippler, Jochen / Lueg, Andrea: Feindbild Islam. Hamburg 1993. S. 14
128 a.a.O. S. 10
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Methoden der islamistischen Terroristen nahe, die ihrerseits vice versa mit
feindbildlicher Stimmungsmache agitieren und Novizen für einen etwaigen Kampf
gegen den gottesfeindlichen Westen begeistern. Insbesondere für einen Westen, der
Freiheitlichkeit und Gleichheit zum Grundsatz seiner Konstitutionen macht, ist
Feindseligkeit – bei allem Verständnis für die Angst vor dem globalen Terrorismus und
vor tatsächlich existierenden Missständen – keine glückliche Methode. Vor dem
Hintergrund selbsterfüllender Prophezeiungen und der Folgen einer Etikettierung, trägt
ein solcher Umgang nicht viel zu der Integration bei, nach der die fordernden Rufe
immer lauter werden. Das Verb integrieren ist nicht per se ein reflexives und erfordert
eine aktive und förderliche Haltung denjenigen gegenüber, von welchen man erwartet,
sich zu integrieren.
II. Über einen wünschenswerten Umgang mit dem Islam
Die Arbeit soll also, um die einleitende Zielsetzung wieder aufzugreifen, nicht nur auf
die falsch gestellte Frage nach Vereinbarkeit von einer Religion und einer Region eine
richtige Antwort liefern129, sondern darüber hinaus die mit der Fragestellung
verbundene Herangehensweise ihrerseits kritisieren.
Der Westen beruft sich gern auf die Fortschrittlichkeit des Zeitalters der Aufklärung:
Die Fähigkeit, der Umwelt und äußeren Einflüssen kritisch zu begegnen und darüber
hinaus zu Differenzieren und Konflikte von einer Metaebene aus zu beobachten, führt
zu einer Loslösung von vorgefertigten Denkmustern und war imstande eine ganze
Bewegung bürgerlicher Emanzipation auszulösen. Im Dissens um den Islam und seine
Kompatibilität mit westlichen Werten gilt es, nicht in voraufklärerische Muster zu
verfallen und den für sich reklamierten Ansprüchen selbst gerecht zu werden.
Im Angesicht der fortschreitenden Globalisierung wird ein differenzierter Umgang mit
den muslimischen Mitbürgern immer wichtiger, der davon absehen muss, Menschen auf
„ihre vermeintliche Religionszugehörigkeit [zu] reduzieren“130.
Der Dualismus sollte in einem pluralistischen Miteinander aufgelöst werden, in dem
irrationale Feindbilder einer rationalen und humanistischen Betrachtungsweise weichen.
Gala und Boskoop mögen als Äpfel besser zusammen in einen Apfelkorb passen, als ein
Apfel und eine Birne. Die Intention einen Apfelkorb zu schaffen, schließt allerdings
Birnen auch im Vorhinein aus. Anstatt zu fragen und zu differenzieren, an welcher Art
von Baum die Frucht gewachsen ist, muss ein bunter Obstkorb das Ziel sein in dem die
129 vgl. a.a.O. S. 188 f.
130 El-Gayar 2014. 00:46:19 – 00:46:23 min
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eigentliche Eigenschaft „Frucht“ im Vordergrund steht.
Johann Wolfgang von Goethe eröffnete die Arbeit mit seiner utopischen, aber nicht
unmöglichen Vorstellung von einem friedfertigen Zusammenleben. Die Weiterführung
seines Gedichts soll die Arbeit zu einem Abschluss führen, mit einem latenten Appell an
ein humanistisches Menschenverständnis und eine Menschenkenntnis, die von
Gleichheit und Einheit ausgeht. So kann auch die dringend benötigte metaphorische
Brücke von Ost nach West gebaut werden, dessen Errichtung nicht etwa aufgrund der
Verschiedenartigkeit von Religionen oder Kulturen tatsächlich erschwert wird, sondern
weil der Mensch – beiderseitig – antiquierte Feindbilder aufrecht erhält und sich selbst
im Wege steht.
„Wer sich selbst und andre [sic!] kennt
Wird auch hier erkennen:
Orient und Occident [sic!]
Sind nicht mehr zu trennen.“131
131 zit. nach Mommsen, Katharina: „Orient und Okzident sind nicht mehr zu trennen“. Goethe und die Weltkulturen. Göttingen 2012. S. 86 / 300
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(Stand: 18.05.2014, 15:44 Uhr).
Interviews
Bugday, Korkut: Persönliches Interview mit dem Verfasser. Düsseldorf. 28.02.2014.
11:23 – 12:56 Uhr.
dazu: Audiospur-Mitschnitt "Bugday. Düsseldorf. 28.02.14. 1123 - 1256 Uhr"
auf dem beigefügten Tonträger
El-Gayar, Wael: Persönliches Interview mit dem Verfasser. Düsseldorf. 08.04.2014.
14:02 – 14:50 Uhr.
dazu: Audiospur-Mitschnitt " El-Gayar. Düsseldorf. 08.04.2014. 1402 – 1450 Uhr"
auf dem beigefügten Tonträger
Anmerkung des Verfassers:
Die Herren Bugday und El-Gayar standen in großer Hilfsbereitschaft für ein Interview zur
Verfügung. Dafür möchte ich mich abermals herzlich bedanken!
Sie traten, ungeachtet ihrer Ämter des öffentlichen Dienstes, in ihrer Eigenschaft als
Islamwissenschaftler in Erscheinung. Keines der Interviews ist demnach auf eine öffentliche
Institution zurückzuführen. Sie spiegeln allein die subjektiven Ansichten der jeweiligen Person
wieder.
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