NahruNgs ergäNzuNgs mittel 2015

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Nahrungs
ergänzungs
mittel 2015
15 . E U R O F O R U M - J a h re s t a g u n g
D er Ne w s l e t t er
z um B r a n c h e n t reff
www.euroforum.de/nem
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Sehr geehrte Damen und Herren,
Der Verordnungsvorschlag der Kommission
zu neuartigen Lebensmitteln und dessen Bedeutung
für Nahrungsergänzungsmittel die Mischung macht´s!
Das gilt nicht nur für die Herstellung von
Nahrungsergänzungsmitteln, sondern auch für
unseren jährlichen Newsletter zur Sommerzeit:
Um Ihnen die Wartezeit auf die kommende
15. EUROFORUM-Jahres­t agung Nahrungser­
gänzungsmittel zu verkürzen, bieten wir Ihnen
in der Zwischenzeit eine kurzweilige Lektüre.
Bringen Sie sich auf den neuesten Stand
zum Verordnungsvorschlag der Kommission zu
neuartigen Lebensmitteln, der Rechtsprechung
zu Health Claims und vielen weiteren
spannenden Themen!
Seite 3
Peter Loosen,
Geschäftsführer, Leiter Büro Brüssel, Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde
Health Claims & was Gerichte daraus machen Seite 5
Prof. Dr. Alfred Hagen Meyer,
Rechtsanwalt und Partner, meyer.rechtsanwälte
Das BELFRIT-Projekt aus Sicht der deutschen
Nahrungsergänzungsmittelindustrie Seite 8
Michael Weidner,
Rechtsanwalt und Partner, Dr. Schmidt-Felzmann & Kozianka, Hamburg
Vitamine des B-Komplexes –
die biologische Aktivität ist entscheidend Seite 10
Susanne Kurth,
Sientific Marketing, K.-W. Pfannenschmidt GmbH
Viel Spaß beim Lesen!
Aktuelle Mikronährstoffinformationen online Seite 13
Peter Engel, PhD,
Head of Communications Human Nutrition & Health Europe, Middle East, Africa,
DSM Nutritional Products Europe Ltd.
Elke Schneider
Senior-Konferenz-Managerin Recht
EUROFORUM Deutschland SE
Vitaminpillen & Co. –
Schützen Nahrungsergänzungsmittel das Herz? Seite 14
PD Dr. med. Oliver Weingärtner,
Universitätsklinikum des Saarlandes, Klinik für Innere Medizin III, Abteilung
für Kardiologie, Angiologie und internistische Intensivmedizin, Homburg/Saar
Zur Wirksamkeit von NEMs: mit Modellen der
Stressforschung zu einer personalisierten Ernährung?
∙ Von klinischen Studien zur Anwendung
∙ Modelle zu akutem und chronischem Stress
∙ Wege zur personalisierten Ernährungssubstitution Juliane Hellhammer & Monica Mota,
Forschungsinstitut daacro GmbH & Co. KG
Vitamin D – aktueller Sachstand
der ernährungswissenschaftlichen Forschung Seite 16
Seite 18
Axel Turowski,
Manager Regulatory Affairs, Diapharm GmbH & Co. KG
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Der Verordnungsvorschlag der Kommission
zu neuartigen Lebensmitteln und dessen Bedeutung
für Nahrungsergänzungsmittel
Peter Loosen,
Geschäftsführer, Leiter Büro Brüssel,
Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde
Am 18. Dezember 2013 hat die Europäische Kommission ihren Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des
Rates über neuartige Lebensmittel vorgestellt. Ausweislich der Begründung der Kommission soll der Vorschlag der Lebensmittelsicherheit,
dem Schutz der Öffentlichen Gesundheit und dem Funktionieren des
Binnenmarktes dienen und zugleich Innovationen im Lebensmittelbereich fördern. Hierzu soll vor allem das Zulassungsverfahren gestrafft
und seine Effizienz und Transparenz erhöht werden und für traditionelle Lebensmittel aus Drittländern, die in ihrem Ursprungsland eine sichere Verwendungsgeschichte als Lebensmittel haben, soll eine schnellere
und angemessenere Sicherheitsbewertung zugestanden werden.
Die neue Verordnung soll an die Stelle der Verordnung (EG) Nr.
258/97 über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten, die so genannte Novel Food-Verordnung, aus dem Jahre
1997 treten, die seinerzeit vor allem mit dem Ziel der Unterwerfung
gentechnisch veränderter Lebensmittel unter ein Zulassungserfordernis erlassen worden war. Nachdem bereits im Jahre 2003 diese
gentechnisch veränderten Lebensmittel aus der Verordnung (EG) Nr.
258/97 in ein eigenes Zulassungsregime in der Verordnung (EG) Nr.
1829/2003 überführt worden waren, steht nun die Überarbeitung
der Novel Food Verordnung im Übrigen an, die in der Tat mit nun
schon mehr als 17 Jahren zu den „Urgesteinen“ des aktuellen Europäischen Lebensmittelrechts gehört.
Hierzu hatte die Europäische Kommission bereits am 4. Januar 2008
einen Vorschlag gemacht, der dann allerdings im März 2011 im
Vermittlungsausschuss zwischen Europäischem Parlament und Rat
gescheitert ist, weil man sich insbesondere über das Thema Klonen
nicht hatte einigen können.
Auf der Grundlage der seinerzeitigen, im Wesentlichen zwischen Kommission, Europäischen Parlament und Rat bereits abgestimmten neuen
Vorschriften, hat die Kommission nunmehr ihren neuen Regelungsvorschlag vorgelegt, der, anders als zu erwarten gewesen wäre, zunächst
auf Ratsebene und nunmehr auch im Europäischen Parlament zu heftigen Diskussionen geführt hat, die sich mit den sehr grundlegenden
Fragen der Verhältnismäßigkeit des Regelungsansatzes, der Tauglichkeit der neuen Begriffsbestimmung für neuartige Lebensmittel, der
Verfahrensdauer für die Zulassungsverfahren, der Tauglichkeit der
Datenschutzregelung analog Claims-Verordnung, der Zulässigkeit und
Praktikabilität der vorgesehenen rückwirkenden Anwendung der neuen
Verordnung und vielen anderen Fragen mehr beschäftigt.
Die Diskussionen haben nunmehr im Europäischen Parlament dazu
geführt, dass ein Impact Assessment in Auftrag gegeben worden
ist, in dem diese und andere Fragen mehr geprüft werden, weil man
der Überzeugung ist, dass sie im Impact Assessment zum Regelungsvorschlag aus dem Jahre 2008, das die Kommission nun auch dem
neuen Vorschlag zugrunde gelegt hat, weil sie die Durchführung eines erneuten Impact Assessment für nicht erforderlich gehalten hat,
nicht ausreichend behandelt worden sind. Es binnen kurzer Zeit das
zweite mal, dass das Europäische Parlament ein eigenes Impact Assessment durchführt und es wird abzuwarten sein, welche Bedeutung
dies dann für die weitere Beratung haben wird.
Wann mit der Verabschiedung der Verordnung zu rechnen ist, ist derzeit nur schwer zu prognostizieren. Wenn die erste Lesung im Europäischen Parlament bis Mitte 2015 abgeschlossen ist und der Gemeinsame Standpunkt des Rates dann anschließend rasch formuliert wird,
könnte eine Einigung zwischen Parlament und Rat bis Ende 2015/
Anfang 2016 gelingen. Im Hinblick auf die vorgesehene zweijährige
Übergangfrist bis zum Geltungsbeginn der neuen Verordnung wäre
dann Ende 2015/Anfang 2018 mit der Anwendung des neuen Rechts
zu rechnen.
Die wichtigsten Änderungen im Verhältnis zum derzeit geltenden
Recht, die dann auch Gegenstand des Impact Assessment des Europäischen Parlaments sind, sollen nachfolgend kurz skizziert werden.
Dass diese Fragen gerade auch für Nahrungsergänzungsmittel und
deren funktionelle Inhaltsstoffe und Zutaten von Bedeutung ist, seien es Botanicals oder andere Stoffe, liegt auf der Hand.
Zentraler Diskussionspunkt war bislang auf Ratsebene die neue Begriffsbestimmung für neuartige Lebensmittel, die sich wesentlich
von der derzeit geltenden Begriffsbestimmung unterscheidet. Zwar
behauptet die Kommission in ihrer Begründung des Regelungsvorschlags, die Kriterien für die Definition von Neuartigen Lebensmitteln
blieben unverändert, denn neuartige Lebensmittel seien solche, die
in der EU vor dem Inkrafttreten der derzeit geltenden Verordnung
noch nicht in nennenswertem Umfang verzehrt worden seien, allerdings ist zwischenzeitlich allgemein anerkannt, dass diese Annahme
der Kommission in mehrerer Hinsicht unzutreffend ist und deshalb
insbesondere eine Vielzahl von Rechtsfragen auslöst.
Grundlegender Unterschied der neuen Begriffsbestimmung im Verhältnis zur alten ist, dass bislang zwei Kriterien kumulativ vorliegen
mussten, zunächst der nicht nennenswerte Verzehr in der Europäischen Union vor dem 15. Mai 1997 und sodann die Zugehörigkeit zu
einer Kategorie von Lebensmittel, die die Verordnung abschließend
aufzählt. Nach dem Vorschlag der Kommission soll zukünftig allein
entscheidend sein, ob ein Lebensmittel vor dem 15. Mai 1997 in nen-
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nenswertem Umfang verzehrt worden ist, das kumulative Erfordernis
der Zugehörigkeit zu einer Lebensmittelkategorie ist hingegen aufgegeben worden, denn die im Vorschlag aufgeführten Kategorien sind
nur illustrative Beispiele neuartiger Lebensmittel, nicht aber abschließende Definitionen von Kategorien neuartiger Lebensmittel.
die wenigen neuen Lebensmittel zu beschränken, die sich „etwa in
Bezug auf ihren Nährwert, die Art der Verstoffwechselung oder ihren
Gehalt an unerwünschten Stoffen“ derart von etablierten Lebensmitteln unterscheiden, dass zumindest potentiell eine Gesundheitsrelevanz erkennbar ist. Ob es dazu kommt, bleibt abzuwarten.
Dieser vermeintlich kleine Unterschied führte aber dazu, dass im Wesentlichen alle bislang nicht verzehrten und deshalb zugleich neuen
und neuartigen Lebensmittel der Zulassungsverpflichtung der Verordnung unterfielen, zumindest wenn man dem Wortlaut der Regelung
folgt. Dies ist, auch ausweislich der Begründungserwägung Nr. 13
zum Verordnungsvorschlag, zwar nicht die Absicht der Kommission,
es fehlen jedoch die erforderlichen Kriterien zur rechtssicheren Beschränkung der Begriffsbestimmung und damit des Anwendungsbereichs der Verordnung auf solche Lebensmittel, die wirklich neuartig
und nicht nur neu sind.
Zwischen den Mitgliedstaaten wird deshalb zwischenzeitlich die
Rückkehr zum „alten“ Regelungsansatz mit neu formulierten Kategorien neuartiger Lebensmittel diskutiert, noch gibt es aber auch hierzu
keine eindeutige Auffassung, so dass Diskussion in Parlament und
Rat sicher bis zum Jahresende fortgeführt werden wird.
Weitere Fragen und Diskussionspunkte zur neuen Begriffsbestimmung, zum Anwendungsbereich der Verordnung und zu den weiteren
neuen Regelungsansätzen des Verordnungsvorschlags betreffen die
Beibehaltung der Bezugnahme auf den 15. Mai 1997 als Zeitpunkt
für die Bestimmung der Neuartigkeit, die Vor- und Nachteile des neuen zentralisierten Zulassungsverfahrens, die Anforderungen an die
für den Nachweis der Sicherheit zu liefernden Informationen und Unterlagen, die Bedeutung der zukünftig generischen Zulassungen für
den Antragsteller (bislang erfolgten diese antragstellerbezogen), die
Angemessenheit der vorgesehenen Datenschutzklausel, die in Anlehnung an die Vorschriften der Claims-Verordnung formuliert worden
ist, die zu erwartenden Kosten für einen Zulassungsantrag und damit
verbunden die Auswirkungen auf kleine und mittlere Unternehmen.
Die zukünftige Rolle der nationalen Lebensmittelsicherheitsbehörden
und der Mitgliedstaaten im europäischen Zulassungsverfahren, das
Vereinbarkeit der neuen Verordnung mit bestehenden Regelungen,
etwa der Verordnung (EG) Nr. 1925/2006 über den Zusatz von Vitaminen, Mineralstoffen und bestimmten anderen Stoffen zu Lebensmitteln und insbesondere deren Regelungen zu anderen Stoffen, oder den
Regelungen der Claims-Verordnung mit der Frage, ob die jeweiligen
Zulassungsverfahren nicht auch parallel laufen könnten, und ebenso
die Frage der Sinnhaftigkeit der Zulassung etwa neuer Vitamin- oder
Mineralstoffverbindungen ebenfalls nach zunächst der Verordnung
über neuartige Lebensmittel und dann auch der Verordnung (EG) Nr.
1925/2006, werden ebenso diskutiert, wie schließlich auch die Frage
nach der potentiellen Bedeutung der neuen Verordnung for Pflanzen
und Pflanzenstoffe, den so genannten Botanicals, wenn für diese dann
ggf. ein eigenes Regelungsregime geschaffen werden sollte.
Eine Vielzahl von Fragen, die nun zunächst im Impact Assessment des
Europäischen Parlaments und anschließend dann im weiteren Gesetzgebungsverfahren diskutiert und letztlich dann auch beantwortet
werden müssen. Es wäre an der Zeit, erste Lehren aus den nunmehr
17 Jahren Erfahrung mit der Novel Food-Verordnung einerseits und
den dann auch schon acht Jahren der Anwendung der Claims-Verordnung ziehen und deshalb insbesondere das Zulassungserfordernis auf
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Health Claims & was Gerichte daraus machen
Prof. Dr. Alfred Hagen Meyer,
Rechtsanwalt und Partner,
meyer.rechtsanwälte
Die Anwendung und Auslegung der Regelungen der Verordnung über
gesundheitsbezogene Angaben 1924/2006 durch die Gerichte machen aus der VO mehr denn je was sich schon bei ihrer Veröffentlichung andeutete, ein „Monster“, nicht nur seit der „Monsterbacke“
(BGH, Beschluss vom 5. 12. 2012 - I ZR 36/11, GRUR 2013, 189 =
WRP 2013, 180 – Monsterbacke). Drei Aspekte greife ich nachfolgend kurz auf, die „gesundheitsbezogenen“ Angaben in Abgrenzung
zu denen des „Wohlbefindens“ sowie Übergangsfristen und Beweislast, unter besonderer Berücksichtigung der „Vitalpilz“-Entscheidung
des Bundesgerichtshofs.
„Gesundheitsbezogen“
Ausgehend von der Begriffsdefinition des „gesundheitsbezogenen“
(Art. 2 Abs. 2 Nr. 1) versteht der EuGH (6. 9. 2012, Rechtssache
C-544/10, GRUR 2012, 1161 = WRP 2012, 1368 - Deutsches Weintor; “bekömmlich“; EuGH, 18. 7. 2013 – C-299/12, GRUR 2013, 1061
= WRP 2013, 1311 - Green - Swan Pharmaceuticals) den Begriff „Zusammenhang“ weit, obgleich angesichts des strikten Erlaubnisvorbehalts eine restriktive Auslegung verfassungsrechtlich eher geboten
wäre (OLG Frankfurt, WRP 2010, 498; vgl. BGH WRP 2011, 344 =
Erbersdobler/Meyer Functional Food Bd. 2 II Recht 5.2.22 – Gurktaler Kräuterlikör – unter Berufung auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz; BVwG WRP 2011, 103 unter Berufung auf die Charta der Grundrechte der EU; Meisterernst, wrp 2010, 481, 487; Hagenmeyer, WRP
2012, 414).
Der Begriff „gesundheitsbezogene Angabe“ dürfe dabei nicht nur
für einen Zusammenhang gelten, der eine Verbesserung des Gesundheitszustands dank des Verzehrs eines Lebensmittels impliziert
(EuGH, GRUR 2012, 1161 Rn. 35 = Erbersdobler/Meyer Functional
Food Bd. 2 II Recht 5.1.20 - Deutsches Weintor; BGH, Beschluss vom
5. 12. 2012 - I ZR 36/11, GRUR 2013, 189 Rn. 9 = WRP 2013, 180
- Monsterbacke; BGH, GRUR 2013, 958 Rn. 10 – Vitalpilze), sondern
müsse auch jeden Zusammenhang erfassen, der impliziert, dass für
die Gesundheit negative oder schädliche Auswirkungen, die in anderen Fällen mit einem solchen Verzehr einhergehen oder sich ihm
anschließen, fehlen oder geringer ausfallen, also die bloße Erhaltung
eines guten Gesundheitszustands trotz eines potenziell schädlichen
Verzehrs. Zum anderen soll sich nach den Vorgaben des EuGH der Begriff „gesundheitsbezogene Angabe“ nicht nur auf die Auswirkungen
des punktuellen Verzehrs einer bestimmten Menge eines Lebensmittels beziehen, die normalerweise nur vorübergehender oder flüchtiger
Art sein können, sondern auch auf die Auswirkungen eines wiederholten, regelmäßigen oder sogar häufigen Verzehrs eines solchen Lebensmittels, die nicht zwingend nur vorübergehend und flüchtig sind.
Des Weiteren sind sowohl die vorübergehenden und flüchtigen Auswirkungen als auch die kumulativen Auswirkungen des wiederholten
und längerfristigen Verzehrs eines bestimmten Lebensmittels auf den
körperlichen Zustand zu berücksichtigen (EuGH, GRUR 2012, 1161
Rn. 34-38 - Deutsches Weintor).
Die Vorgabe des EuGH des „Implizierens“, also des gleichzeitigen Beinhaltens verschiedener Deutungen einer Angabe, setzt aber zumindest
voraus, dass eine Werbeangabe oder ein Slogan aus sich heraus einen
Effekt des Verzehr eines Lebensmittel auf die Gesundheit nahelegt; dieser darf nicht hineingelesen werden. Eine gesundheitsbezogene Angabe kann aber auch dann vorliegen, wenn nach dem Verständnis des
Durchschnittsverbrauchers, das naturgemäß auch durch Vorerwartungen und Kenntnisse geprägt wird, ein Zusammenhang zwischen dem
Bestandteil eines Lebensmittels und dem Gesundheitszustand des Konsumenten suggeriert wird (BGH WRP 2011, 344 Rn. 9 – Gurktaler Kräuterlikör), wie bei „Praebiotik“ (BGH ZR 178/12, 26. 2. 2014; hierzu bereits EU-Kommission, Guidance on the Implementation of Regulation
(EC) No 1924/2006 on nutrition and health claims made on foods, in
der dem Ständigen Ausschuss am 14. 12. 2007 vorgelegten Fassung)
oder „mit prebiotischen Ballaststoffen“, nicht jedoch bei Kunstwörtern
wie ‚Combiotik‘ (OLG Frankfurt LRE 66, 189 = WRP 2013, 1382).
Auf dieser Basis stufte der Bundesgerichtshof jüngst mit der
„Vitalpilze“-Entscheidung (BGH I ZR 5/12, 17. 1. 2013, Rn 13, in: Erbersdobler/Meyer Functional Food Bd. 2 II Recht 5.2.25– Vitalpilze)
folgende Angaben als von Art. 13 erfasst ein: „unterstützt die Neubildung von gesundem kräftigem Haar“, „Vorbeugung gegen natürlichen
Haarausfall“, „gesteigerte Lebensqualität und unterstützende Fähigkeit
für eine gesunde Libido“ und „unterstützende Vorbeugung gegen Wassereinlagerungen“.
„gesundheitsbezogenen Wohlbefinden“
Von den zulassungspflichtigen, spezifischen sind die unspezifischen
und daher nicht zulassungspflichtigen Angaben zu unterscheiden (Art.
10 Abs. 3). Die HCVO 1924/2006 erklärt jedoch nicht, was sie unter
Angaben „gesundheitsbezogenen Wohlbefindens“ versteht. Ein in der
Praxis schwerlich umsetzbares Abgrenzungskriterium zeigt der BGH
in der „Vitalpilz“-Entscheidung auf (Kritik von Hagenmeyer, wrp 2014,
403, 405); nach seiner Vorgabe sind unspezifische gesundheitsbezogene Angaben beispielsweise solche, bei denen die Aussagen zwar auf
das durch die Einnahme des Mittels zu unterstützende bzw. zu steigernde gesundheitliche Wohlbefinden Bezug nehme, wie „zur Unterstützung einer optimalen Leistungsfähigkeit“ oder „erhöht die Ausdauer
und Leistungsfähigkeit“; spezifisch seien dagegen die, welche zu „fördernde Funktionen des Körpers“ zum Ausdruck bringen bzw. nahelegen
(BGH, GRUR 2013, 958 Rn. 13 – Vitalpilze). Auf die „Leistung“ bezogen
sind ‚spezifisch‘ sicherlich die nach der VO 432/2012 zugelassenen
Angaben wie „Kohlenhydrat-Elektrolyt-Lösungen tragen zur Aufrechterhaltung der Ausdauerleistung bei längerem Ausdauertraining bei“
oder „Pantothensäure trägt zu einer normalen geistigen Leistung bei“
(zugelassen gem. Verordnung (EU) Nr. 432/2012 vom 16. 5. 2012 zur
Festlegung einer Liste zulässiger anderer gesundheitsbezogener Angaben über Lebensmittel als Angaben über die Reduzierung eines Krankheitsrisikos sowie die Entwicklung und die Gesundheit von Kindern ABl.
L 136/1, 25. 5. 2012).
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Art. 10 Abs. 3 kann (derzeit allerdings) nur vollzogen werden in Bezug auf die bislang individuell (Art. 13 Abs. 5 und Art. 14) oder in
Bezug auf das Sammelverfahren (vor allem mit VO 432/2012) zugelassenen health claims (Generalanwalt Wathelet, EuGH, SA 14. 11.
2013 – C-609/12, BeckRS 2013, 82168, Rn. 65; Orientierungserlass
öster. Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend, GZ
BMGFJ-75 100/0018-IV/B7/2007, Nr. 3, Ernährung/Nutrition, 2007,
333); anderer Auffassung dagegen der BGH, der davon ausgeht,
mit der VO 432/2012 hätte sich die Rechtslage nicht maßgeblich
verändert, demnach fände Art. 10 Abs. 3 auch bzgl. der mit der VO
432/2012 zugelassenen health claims keine Anwendung (BGH, GRUR
2013, 958 Rn. 16 – Vitalpilze; Kritik Hagenmeyer, wrp 2014, 403, 405).
Übergangsfristen und Beweislast
Gesundheitsbezogene Angaben i.S.d. Art. 13 Abs. 1 lit. a über die Bedeutung eines Nährstoffs oder einer anderen Substanz für Wachstum,
Entwicklung und Körperfunktionen dürfen/durften seit Inkrafttreten
der VO (18. 1. 2007) bis zur Annahme der in Art. 13 Abs. 3 genannten Liste nach Maßgabe nationalen Rechts verwendet werden (insbesondere – bis 13. 12. 2014 - § 11 und § 12 LFGB; jetzt Art. 7 LMIV
1169/2011), sofern die Angaben der HCVO 1924/2006 entsprechen
(Art. 28 Abs. 5), wozu auch die Kennzeichnungsvorgaben des Art. 10
Abs. 2 HCVO 1924/2006 zählen (EuGH, 10. 4. 2014, Rs C-609/12;
BGH, GRUR 2013, 958 Rn. 16 – Vitalpilze). Dem Privileg der Weiterverwendung genügt nicht die bloße Anmeldung einer Angabe (OLG
Düsseldorf MD 2011, 503, 516 – Collagen-Lift-Drink; OLG Hamm MD
2012, 57; a.A. Meisterernst wrp, 2012, 405, 410).
einbezogen worden seien (BGH, GRUR 2013, 958 Rn. 20 – Vitalpilze). Der Nachweis hinreichend wissenschaftlicher Absicherung muss
demzufolge nicht mit Humanstudien erbracht werden (anders als bei
der Zulassung derselben). Die hinreichende wissenschaftliche Absicherung kann sich schon aus einer einzelnen Arbeit ergeben, sofern
diese auf überzeugenden Methoden und Feststellungen beruht (BGH
I ZR 23/07, LMRR 2010, 42 = GRUR 2010, 359 – Vorbeugen mit
Coffein „Alpezin“ unter Bezugnahme auf Reinhart, in Meyer/Streinz,
Kommentar, § 27 LFGB Rn 41; OLG Düsseldorf LMRR 2011, 38 –
Collagen-Lift-Drink). Die einem „on hold“ gesetzten claim bzw. damit
zum Ausdruck gebrachte Wirkung muss nicht Gegenstand einer allgemeinen wissenschaftlichen Diskussion geworden sein (BGH GRUR
2010, 359 Egr. 18 – Vorbeugen mit Coffein; OLG Hamm LMRR 2011,
58 – Collagen-Lift-Drink). Mit Erlass der VO (EU) Nr. 432/2012 vom 16. 5. 2012 erließ die Kommission allerdings – entgegen der Vorgabe in Art. 13 Abs. 3 HCVO
1924/2006 – lediglich eine Teilliste ‚zulässiger anderer gesundheitsbezogener Angaben über Lebensmittel als Angaben über die Reduzierung eines Krankheitsrisikos sowie die Entwicklung und die Gesundheit
von Kindern‘. Die Übergangsfrist des Art. 28 Abs. 5 gilt mit Erlass der
VO 432/2012 nur noch für von der Kommission als „on hold“ gesetzten, also im Sammelverfahren (Art. 13 Abs. 3) noch nicht abschließend
geklärten health claims; dies sind solche, bei denen weitere Prüfungen erforderlich sind, vor allem “botanical substances” betreffend
(Pflanzen und Kräuter bzw. Extrakte hieraus; zusammengefasst in einem ‚Supporting Working Document‘ des Standing Committee of the
Food Chain and Animal Health, 12. 6. 2013, Agenda Item B.1, SANCO/11074/2013). Gesundheitsbezogene Angaben, die nicht am Sammelverfahren teilnahmen, also neu sind, bedürfen einer Zulassung nach
Art. 13 Abs. 5 HCVO 1924/2006; das Privileg des Art. 28 Abs. 5 gilt
für diese nicht (unzutreffend insofern BGH „Vitalpilze).
Solche „on hold“ gesetzten health claims dürfen aber nur dann (noch
weiter) verwendet werden, „sofern die Angaben dieser Verordnung
und den einschlägigen einzelstaatlichen Vorschriften entsprechen“
(Art. 28 Abs. 5). Ausgehend davon, dass der Unionsgesetzgeber die
Verwendung nährwert- und gesundheitsbezogener Angaben einem
grundsätzlichen Verbot unterworfen hat, muss deshalb der Verwender die Zulässigkeit ihrer Verwendung darlegen und im Bestreitensfall
auch beweisen (BGH, GRUR 2013, 958 Rn. 18 – Vitalpilze). Daran
sind allerdings nicht dieselben Anforderungen zu stellen wie an den
Nachweis der Wirksamkeit eines Arzneimittels oder einer bilanzierten
Diät, so dass dann, wenn sich der Nachweis der wissenschaftlichen
Anerkennung nicht anders belegen ließe, regelmäßig randomisierte
und placebokontrollierte Doppelblindstudien vorzulegen wären, die
durch ihre Veröffentlichung in den Diskussionsprozess der Fachwelt
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Das BELFRIT-Projekt aus Sicht der
deutschen Nahrungsergänzungsmittelindustrie
Michael Weidner,
Rechtsanwalt und Partner,
Dr. Schmidt-Felzmann & Kozianka, Hamburg
Das BELFRIT-Projekt ist ein zwischenstaatliches Projekt von BELgien,
FRankreich und ITalien zur Implementierung inhaltlich harmonisierter nationaler Rechtsvorschriften für die Verwendung von Pflanzenstoffen (sog. Botanicals) in Lebensmitteln, insbesondere Nahrungsergänzungsmitteln. Diese Liste enthält zahlreiche Pflanzenstoffe, die
auch und gerade typischerweise in Arzneimitteln vorkommen und für
die es teilweise auch Monographien der europäischen Arzneimittelzulassungsbehörde EMA gibt. Ziele sind die Vereinfachung der Verwaltungstätigkeit und der gegenseitigen Anerkennung sowie die Vermeidung von wissenschaftlicher Doppelarbeit in diesen Ländern. Die
BELFRIT-Liste als solche ist weder rechtlich verbindlich noch inhaltlich
abschließend. Es ist aber angestrebt, die Liste in den drei Mitgliedstaaten gesetzlich zu verankern.
Das BELFRIT-Projekt berührt unmittelbar die drei auf Unionsebene
teilweise harmonisierten Rechtsbereiche der angereicherten Lebensmittel, der neuartigen Lebensmittel sowie der Arzneimittel, und das
Recht der gesundheitsbezogenen Angaben zumindest mittelbar.
Im Grundsatz ist die Verwendung von Pflanzenstoffen in Lebensmitteln, mithin auch in Nahrungsergänzungsmitteln, zu ernährungsphysiologischen Zwecken frei. Es gibt also – wie in den meisten Bereichen
des Lebensmittelrechts, aber anders als z.B. im Arzneimittelrecht
– keine vorherige Zulassungspflicht bestimmter Zutaten oder Rezepturen. Auch das Recht der angereicherten Lebensmittel, namentlich
die sog. Anreicherungsverordnung (EG) Nr. 1925/2006, steht dem
BELFRIT-Projekt nicht entgegen. Denn andere ernährungsphysiologisch bedeutsame Stoffe als Vitamine und Mineralstoffe fallen mangels unionsrechtlicher Detailregelungen, insbesondere nach Art. 8
i.V.m. Anhang III der Anreicherungsverordnung, weiterhin in die Regelungszuständigkeit der Mitgliedstaaten. D.h. insoweit dürfen die Mitgliedstaaten nationale Regelungen zu Botanicals treffen, ohne gegen
höherrangiges europäisches Recht zu verstoßen.
Im Hinblick auf den Bereich der neuartigen Lebensmittel (sog. Novel
Food-Verordnung (EG) Nr. 258/97) trifft die BELFRIT-Liste zu einer
entsprechenden Einordnung als neuartig/nicht neuartig keine direkte Aussage. Ein möglicher Kollisionspunkt zwischen Novel FoodVerordnung und den im Rahmen des BELFRIT-Projekts abgestimmten
verbindlichen nationalen Stofflisten ergibt sich daraus, dass die Zusammenstellung der BELFRIT-Liste maßgeblich auf Unterlagen über
die jahrzehntelange (traditionelle) Verwendung eines Pflanzenstoffs
als bzw. in Lebensmittel(n) bzw. Nahrungsergänzungsmitteln beruht.
Nach Aussagen der projektverantwortlichen Experten sollte für die
Aufnahme in die BELFRIT-Liste eine derartige Verwendung über mindestens 25 Jahre nachgewiesen sein.1 Folglich muss bei allen in der
BELFRIT-Liste aufgeführten Stoffen grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass sie als „nicht-neuartig“ im Sinne der Novel Food-
Verordnung einzustufen und deshalb (im jeweiligen BELFRIT-Land) in
Lebensmitteln verkehrsfähig sind. Dies ist insoweit zwar nicht als verbindlicher Beleg in die eine oder andere Richtung zu werten, zumal
für eine verbindliche Einordnung die Kommission zuständig ist. Dennoch weisen die Kriterien für die Novel Food-Einordnung und die BELFRIT-Listung gewisse Schnittmengen auf, weshalb der BELFRIT-Liste
zumindest eine Indizwirkung für die fehlende Novel Food-Eigenschaft
zugesprochen werden kann.
Einen weiteren Berührungspunkt hat das BELFRIT-Projekt mit dem
Arzneimittelrecht. Auf der BELFRIT-Liste sind viele sogenannte Dualuse-Stoffe verzeichnet, die sowohl in Nahrungsergänzungsmitteln
als auch in Arzneimitteln Anwendung finden oder finden könnten.
Zu einem erheblichen Teil sind die Pflanzenstoffe in Arzneimonographien beschrieben, die pharmakologisch wirksame Dosierungen benennen. Das BELFRIT-Projekt ist daher für die Abgrenzung zwischen
Lebensmitteln und Arzneimitteln ebenfalls von Bedeutung.
So soll zum Beispiel für die bekannte Arzneipflanze Echtes Johanniskraut der zu kennzeichnende Gehalt an Hypericin 0,7 mg täglich
nicht überschreiten. Nach der Aufbereitungsmonographie des EMAAusschusses für pflanzliche Arzneimittel (HMPC) zu Johanniskraut
(Well-established use) weist die niedrigste pharmakologisch wirksame Dosierung einen Hypericingehalt von ca. 4,0 mg auf, also wesentlich mehr. Selbst im Traditional use ist für eine pharmakologische
Wirkung noch mindestens der doppelte Hypericingehalt erforderlich.
Der Abstand zur nachgewiesen pharmakologischen Wirkung beträgt
also mindestens 100 %.
Das Beispiel zeigt, dass die BELFRIT-Liste nicht in offenem Widerspruch zu den Gemeinschaftsmonographien steht. Insoweit sind offenbar entsprechende Sicherheitsabstände gewählt worden, sodass
die Einhaltung der explizit angegebenen Dosierungen die Einordnung
als Arzneimittel weitgehend ausschließen dürfte.
Daneben sind auf der BELFRIT-Liste zahlreiche Pflanzenstoffe ohne
Dosierungsvorgaben oder Höchstgehalte aufgeführt, für die gleichwohl Gemeinschaftsmonographien mit entsprechenden pharmakologischen Dosierungen existieren. Beispielhaft seien hier nur Gemeine
Schafgarbe und Wermutkraut genannt. Ein sachlicher Grund dafür,
dass die BELFRIT-Liste für einige monographierte Stoffe Höchstgehalte festsetzt, für andere hingegen nicht, ist nicht ersichtlich.
Vor diesem Hintergrund besteht bei vielen gelisteten Pflanzenstoffen
ein Risiko, dass ihre Verwendung trotz ihrer Zulässigkeit gemäß der BELFRIT-Liste zu einer Einstufung des Endprodukts als Arzneimittel führen
kann. Dasselbe Risiko besteht freilich für diejenigen Pflanzenstoffe mit
Höchstgehalten, wenn die arzneilichen Dosierungen abgesenkt werden.
8
Im Übrigen kann sich die Arzneimitteleigenschaft neben der Dosierung auch aus anderen Kriterien ergeben, insbesondere wenn es um
die Eigenschaft als Präsentationsarzneimittel geht. So haben z. B.
Baldrian und Johanniskraut in Deutschland eine starke arzneiliche
Tradition mit einer entsprechenden Verkehrsprägung, was leicht zu
einer Einstufung als (Präsentations-)Arzneimittel führen kann.
Auf die Abgrenzung der Lebensmittel von den Arzneimitteln hat die
BELFRIT-Liste damit zwar keine unmittelbaren Auswirkungen. Die
gelisteten Stoffe sind nicht bedingungslos für den Einsatz in Lebensmitteln bzw. Nahrungsergänzungsmitteln zugelassen, sondern es verbleibt bei den bisherigen Abgrenzungskriterien. Von den betroffenen
Unternehmern bleibt – zumal in Deutschland – weiterhin in voller Eigenverantwortung zu überprüfen, ob das konkret eingesetzte Produkt
pharmakologische Wirkungen entfaltet. Die BELFRIT-Liste entfaltet
diesbezüglich auch keine Indizwirkung. Es ist aber zumindest davon
auszugehen, dass das aufgrund der BELFRIT-Liste rechtssicherere Inverkehrbringen von Pflanzenstoffen in Nahrungsergänzungsmitteln
in den BELFRIT-Teilnehmerstaaten zu Veränderungen auch auf dem
deutschen Arzneimittelmarkt führen dürfte.
Den Rechtsbereich der gesundheitsbezogenen Angaben berührt das
BELFRIT-Projekt nur mittelbar, da dieses an sich nur die stoffliche Verkehrsfähigkeit betrifft. Das intergouvernementale Harmonisierungsprojekt könnte aber dem derzeit unterbrochenen Bewertungsprozess
gesundheitsbezogener Angaben für Pflanzenstoffe in Lebensmitteln
neue Impulse verleihen. Denn einer der wesentlichen Gründe dafür
ist, dass zwischen den Mitgliedstaaten keine Einigkeit über den anzulegenden wissenschaftlichen Maßstab hergestellt werden konnte,
was bislang auch der weiteren Harmonisierung der stofflichen Verkehrsfähigkeit entgegensteht.2 Wenn nun aber gewichtige Mitgliedstaaten wie Belgien, Frankreich und Italien – gegebenenfalls sogar
noch weitere Staaten – in multilateralen Bemühungen wie dem BELFRIT-Projekt zu einer Übereinkunft hinsichtlich der Verkehrsfähigkeit
von Pflanzenstoffen in Lebensmitteln finden, besteht zumindest eine
Chance, dass dies auch im Bereich der gesundheitsbezogenen Angaben für Pflanzenstoffe möglich ist.
Für die Unternehmen birgt das BELFRIT-Projekt Chancen und Risiken
gleichermaßen, wobei für die Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln eher die Chancen überwiegen dürften.
9
Vitamine des B-Komplexes –
die biologische Aktivität ist entscheidend
Susanne Kurth,
Sientific Marketing,
K.-W. Pfannenschmidt GmbH
Eine Nahrungsergänzung mit Vitaminen kann für den Körper immer
nur so viel Nutzen haben, wie die angelieferten Vitamine tatsächlich
bioverfügbar sind. Der menschliche Organismus ist von der Natur darauf programmiert, Vitamine so wie sie natürlich in Lebensmitteln vorkommen, unmittelbar zu verwerten. Synthetische Vitaminverbindungen
müssen dagegen im Körper erst noch in ihre biologisch aktiven Formen gebracht werden, bevor sie genutzt werden können. Ungeachtet
dessen werden die verschiedenen natürlichen und synthetischen Verbindungen eines Vitamins häufig synonym verwendet. So wird bei der
Bezeichnung Vitamin B1 zwischen freiem Thiamin, den natürlichen
phosphorylierten Formen und den rein synthethischen Thiaminverbindungen meist kein Unterschied gemacht. Tatsächlich liegt aber fast der
gesamte Körperbestand an Vitamin B1 in Form biologisch aktiver phosphorylierter Verbindungen vor, also als Thiaminmono-, -di- oder triphosphat. Auch freies Thiamin kommt natürlich im menschlichen Organismus vor. Verbindungen aus synthetischen Vitamin-B1-Präparaten, wie
etwa Thiaminmononitrat oder Thiaminhydrochlorid kennt der Körper
dagegen nicht, da sie nicht natürlich in Lebensmitteln vorkommen. Es
liegt daher auf der Hand, dass die Verwertung der natürlichen Formen
von Vitaminen im Organismus leichter und effizienter ablaufen kann
als die körperfremder Vitaminverbindungen. Wissenschaftliche Forschungen bestätigen diese Annahme. (1, 2) So war die Absorption von
natürlichem Vitamin B1 in einer wissenschaftlichen Studie um den Faktor 1,38 höher als die von synthetischem Thiaminhydrochlorid, die Speicherung in der Leber 1,27 mal höher. Von natürlichem Vitamin B2 und
Vitamin B9 wurde sogar rund doppelt so viel in der Leber verwertet wie
von ihren synthetischen isolierten Pendants, und die Absorption von
natürlichem Vitamin B3 war fast viermal höher als die von synthethisch
hergestelltem Vitamin B3. In der Studie zeigte sich auch, dass neben
der biologischen Aktivität die geeignete biologische Matrix für die Bioverfügbarkeit wichtig zu sein scheint. Ein Vitamin mit identischem Molekülaufbau wurde aus einer Lebensmittelmatrix besser aufgenommen
als in Form eines isolierten Supplements. (2)
die Konzentration des Homocysteins im Blutplasma gesundheitsschädliche Ausmaße annehmen. Der Körper ist deshalb bemüht, den Homocysteinspiegel auf einem möglichst niedrigen Niveau zu halten. Dazu
sind die Vitamine B2, B6, B9 und B12 erforderlich.
Häufig sind mehrere B-Vitamine gleichzeitig an einem Stoffwechselprozess beteiligt und damit in ihrer Aktivität voneinander abhängig,
so zum Beispiel bei der Homocystein-Entgiftung. Homocystein ist eine
Zwischenprodukt im Stoffwechsel der Aminosäure Methionin, das eine
Gefäß schädigende Wirkung entwickeln kann, wenn es nicht schnell
unschädlich gemacht wird. Homocystein gilt als unabhängiger Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und steht im Verdacht, die
Entwicklung von Demenz und Alzheimer zu begünstigen. Läuft die
Homocystein-Entgiftung nicht ordnungsgemäß ab, weil eins der beteiligten B-Vitamine nicht in ausreichender Menge vorhanden ist, kann
Wie an diesem Beispiel deutlich wird, ist für eine optimale Versorgung
mit B-Vitaminen die bedarfsgerechte Zufuhr sowohl in qualitativer als
auch in quantitativer Hinsicht entscheidend. Ideal ist eine mengenmäßig bedarfsdeckende Aufnahme aller B-Vitamine in ihrer biologisch aktiven Form. Liegen die Vitamine dann noch konzentriert in einer hochwertigen Lebensmittelmatrix vor, kann sich die Bioverfügbarkeit weiter
erhöhen. Damit sind ideale Voraussetzungen geschaffen, um nicht nur
Gesundheit, Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit zu optimieren, sondern gleichzeitig auch eine unnötige Belastung von Leber und Nieren
mit unphysiologisch hohen Dosen zu vermeiden.
Die Entgiftung von Homocystein kann je nach den aktuellen Erfordernissen des Organismus auf zwei Wegen geschehen. (3) Homocystein
kann zu der schwefelhaltigen essentiellen Aminosäure Methionin regeneriert oder irreversibel über Cystein zu Glutathion und Sulfat abgebaut werden. Damit der Organismus den passenden Stoffwechselweg
nach seinem tatsächlichen aktuellen Bedarf wählen kann, müssen für
beide Wege die notwendigen Cofaktoren in ausreichendem Maße zur
Verfügung stehen.
So ist die aktive Vitamin-B12-Verbindung Methylcobalamin als Cofaktor des Enzyms Methionin-Synthase daran beteiligt, die Aminosäure
Methionin aus Homocystein zu regenerieren. Vitamin B9 (Folsäure)
überträgt in seiner reduzierten, tetrahydrierten Form als Tetrahydrofolsäure Einkohlenstoffverbindungen (Methylgruppen) in Stoffwechselreaktionen. Beim Methionin-Recycling re-methyliert es das Homocystein
zu Methionin, arbeitet also direkt synergistisch mit dem Vitamin B12
zusammen. Vitamin B2 ist als Riboflavin indirekt ebenfalls am Methionin-Recycling beteiligt, indem es als Cofaktor des Enzyms MTHFR
(Methylentetrahydrofolat-Reduktase) dabei hilft, verbrauchte Folsäure
zurück in ihre aktive Form zu bringen. Daneben greift Vitamin B2 auch
in den Stoffwechsel von Vitamin B6 und Niacin ein. So katalysiert es
als Flavinmononukleotid im Vitamin-B6-Stoffwechsel die Umwandlung
von Pyridoxaminphosphat zu Pyridoxalphosphat.
Für den zweiten Stoffwechselweg der Homocystein-Entgiftung wird Pyridoxalphosphat, eine aktive Form von Vitamin B6 benötigt. Es unterstützt als Cofaktor des Schlüsselenzyms Cystathionin-ß-Synthase einen
entscheidenden Schritt beim Abbau von Homocystein zu Glutathion.
Literatur
(1) Thiel RJ. (2000): Natural vitamins may be superior to synthetic ones. Med Hypotheses. 2000 Dec;55(6):461-9.
(2) V inson JA, Bose P, Lemoine L et al. (1989): Relative bioavailability of trace elements and vitamins found in commercial supplements. Bioavailability studies. Nutrient Availability: Chemical
and Biological Aspects. Cambridge (UK): Royal Society of Chemistry, 1989:125–127
(3) Stanger O, Herrmann W, Pietrzik K, Fowler B, Geisel J, Dierkes J, Weger M (2003): Konsensuspapier der D.A.CH.-Liga Homocystein über den rationellen klinischen Umgang mit Homocystein,
Folsäure und B-Vitaminen bei kardiovaskulären und thrombotischen Erkrankungen – Richtlinien und Empfehlungen. Clin Chem Lab Med. 2003 Nov;41(11):1392-403. Review.
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Aktuelle Mikronährstoffinformationen online
Peter Engel, PhD,
Head of Communications Human Nutrition & Health Europe, Middle East, Africa
DSM Nutritional Products Europe Ltd.
Regelmäßig wird in der Öffentlichkeit sowie in Fachkreisen darüber
diskutiert, ob Nahrungsergänzungsmittel sinnvoll sind oder nicht.
Einige Studien legen sogar nahe, dass die Zufuhr von Vitaminen und
Mineralstoffen in hoher Dosierung die Lebensdauer verkürzen könnte.
Dies wird von Medien gerne aufgegriffen. Deren Beiträge haben oft
reißerischen Charakter und warnen nicht selten vor dem Konsum von
Nährstoffen als Bestandteile von Nahrungsergänzungsmitteln und angereicherten Lebensmitteln. Es werden dabei fragwürdige Hypothesen
als angebliche Fakten verkauft. Solche Horror-Stories steigern zwar
Leser- und Zuschauerzahlen, führen aber dazu, dass viele Verbraucher
Produkten mit zugesetzten Mikronährstoffen gegenüber unnötig misstrauisch sind. Problematisch ist das vor allem vor dem Hintergrund zahlreicher nationaler Ernährungserhebungen, denen zufolge bestimmte
Bevölkerungsgruppen in Industrieländern nicht ausreichend mit Mikronährstoffen versorgt sind.
Zwar wird hierzulande oft behauptet, dass „im statistischen Mittel“
nahezu alle gut versorgt seien. Eine genaue Analyse nationaler Verzehrsstudien zeigt jedoch, dass der Anteil der Bevölkerung, die unzureichend versorgt sind, alles andere als gering ist. Hierbei muss zwischen
einem hierzulande vergleichsweise seltenen Mikronährstoffmangel mit
offensichtlicher Krankheitssymptomatik und einer weit verbreiteten
unzureichenden (insuffizienten) Zufuhr ohne erkennbare Symptome unterschieden werden. Man nimmt an, dass eine Insuffizienz langfristig
die Entstehung chronischer Erkrankungen fördern kann. Hinzu kommt,
dass der Mikronährstoffbedarf von Mensch zu Mensch unterschiedlich
ist und vom Alter, vom Geschlecht, vom Leistungsniveau, von der körperlichen und geistigen Verfassung sowie vom genetischen Profil des
Einzelnen abhängt. Fakt ist, dass zahlreiche Menschen z. B. der Empfehlung, pro Tag mindestens fünf Portionen Obst und Gemüse sowie
ein- bis zweimal in der Woche Fisch zu essen, nicht nachkommen. Hier
können mit Mikronährstoffen angereicherte Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel die Ernährungslücken schließen.
Es gibt zahlreiche Beweise dafür, dass Mikronährstoffe – sowohl natürliche als auch naturidentische – der Aufrechterhaltung vieler lebenswichtiger Funktionen im menschlichen Körper dienen. Dennoch liefern
Studien zur Erforschung ihrer Wirksamkeit in der Prävention und auch
Behandlung von Krankheiten Ergebnisse, die weniger eindeutig sind als
erwartet oder gar allen Erwartungen widersprechen. Dies ist letztlich
gar nicht so überraschend, denn die Beziehungen zwischen Ernährung,
Gesundheitszustand und insbesondere chronischen Krankheiten (wie
z.B. Herz-Kreislauf-Krankheiten und Krebs) sind extrem komplex und
multifaktoriell. Dementsprechend schwierig ist es, diese Beziehungen
nachzuweisen und zu beeinflussen. Man geht heute davon aus, dass eine
Minderung des Risikos, chronische Erkrankungen zu entwickeln, durch
das Zusammenspiel einer Reihe von unterschiedlichsten Faktoren des
gesamten Lebensstils zustande kommt. Zu den präventiven Maßnahmen
gehört – als ein wichtiger Faktor – auch eine ausgewogene Mischkost mit
ausreichend Mikronährstoffen. Eine angemessene Zufuhr von Vitaminen
& Co. ist also für die Gesundheit essenziel, kann aber selbstverständlich
nicht einen ansonsten ungesunden Lebensstil kompensieren.
Die Wirkungen und Nebenwirkungen von Mikronährstoffen sind – wie
die aller bioaktiver Substanzen – dosisabhängig. Darum haben die Gesundheitsbehörden „obere tolerierbare Zufuhrwerte“ für manche Vitamine und Mineralstoffe definiert. Diese Werte orientieren sich an der
höchsten täglichen Aufnahmemenge, für die auch bei langfristiger Zufuhr mit keinem negativen Einfluss auf die Gesundheit zu rechnen ist.
Generell sollte man sich an die in den Produktbeschreibungen angegebenen Zufuhrempfehlungen halten. Produkte mit höheren Dosierungen
sind apotheken- oder gar verschreibungspflichtig.
Ernährungsfachkräfte sollten sich bei ihren Empfehlungen nicht von
emotional gesteuerten Urteilen über Nährstoffquellen (Nahrungsmittel
kontra Nahrungsergänzungsmittel) leiten lassen. Stattdessen sollten
sie sich auf das eigentliche Ziel konzentrieren – Lücken in der Nährstoffversorgung auszugleichen, um die Versorgungslage zu optimieren und
damit langfristig die Gesunderhaltung zu fördern. Gesundheit hängt
vom Nährstoffversorgungsstatus ab, nicht von der Frage, woher die
Nährstoffe stammen.
Um das durch die Massenmedien geprägte einseitige negative Bild
zu korrigieren und eine objektive Informationsquelle zur Verfügung zu
stellen, hat DSM Nutritional Products die Website www.nutri-facts. org
installiert. Bei NUTRI-FACTS handelt es sich um ein nicht kommerzielles
Informationsportal, das ausgewogene und wissenschaftlich fundierte
Informationen zu den gesundheitlichen Auswirkungen, zum Bedarf und
zur Sicherheit von essenziellen Mikronährstoffen bietet. Neben den
neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen, Theorien und gesicherten
Fakten zu Mikronährstoffen, sind auf der Website u.a. Hintergrundinformationen zu Studienergebnissen und Meinungen unabhängiger Expertenmeinungen zu finden. Alle Inhalte sind mit Quellennachweisen
und Zitaten belegt und geben, im Gegensatz zu den meisten anderen
Portalen in diesem Bereich, nicht einfach die Meinung eines Unternehmens wieder. Deshalb hat die Website die HONcode-Zertifizierung
erhalten, den höchsten und zuverlässigsten ethischen Standard für
medizinische und gesundheitsbezogene Informationen, die im Internet
verfügbar sind. Dabei ist es ein großes Plus, dass die Inhalte in den
Sprachen Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch, Russisch und Japanisch verfügbar sind.
Im Moment wird NUTRI-FACTS hauptsächlich als B2B-Informationsquelle genutzt, vor allem von Ernährungsexperten der Lebensmittelindustrie, Fachkräften des Gesundheitswesens, Bildungseinrichtungen
und Medienvertretern. Viele nutzen den Newsletter-Service und lassen
sich kostenlos jeden Monat automatisch per E-Mail informieren. Zudem
kann kostenlos ein RSS-Feed-Service abonniert werden, durch den man
automatisch über das Erscheinen neuer Einträge (z. B. tagesaktueller
News) auf NUTRI-FACTS informiert wird. Hinzu kommen zahlreiche
Interessenten, die NUTRI-FACTS auf twitter und facebook folgen. Die
Inhalte der Website werden von den Nutzern gerne für die Kommunikation mit Konsumenten verwendet.
13
Vitaminpillen & Co. –
Schützen Nahrungsergänzungsmittel das Herz?
PD Dr. med. Oliver Weingärtner,
Universitätsklinikum des Saarlandes, Klinik für Innere Medizin III, Abteilung für Kardiologie,
Angiologie und internistische Intensivmedizin, Homburg/Saar
Lisa Treptow wartete im Café Südstern auf ihren Mann. Er war gerade beim Arzt, um Untersuchungsergebnisse zu besprechen. Endlich!
Schon bevor sich Frank zu ihr setzte, fragte sie: „Wie war’s?“ „Nicht
so toll“, antwortete Frank. „Dr. Merck war nicht zufrieden. Mein Blutdruck ist viel zu hoch, das Cholesterin hoch. Mein Bauch gefällt ihm
nicht. Mein Herz sei gefährdet, sagt er. Natürlich hat er mir Medikamente aufgeschrieben. Aber damit nicht genug: Das Wichtigste sei,
sagte er, dass ich mein Leben ändere: viel regelmäßige körperliche
Bewegung und gesundes Essen. Vor allem Gemüse, Salat, Obst statt
Fleisch, Schinken und Wurst, die wir ja so gerne essen.“
Lisa unterbrach ihn: „Das scheint mir übertrieben. Die Lebensgewohnheiten ändern! Das Herz kann man auch auf andere Weise schützen.
In jeder Apotheke, in jeder Drogerie, ja sogar im Supermarkt gibt es
Vitamine und Mineralpräparate, die genau auf das Herz ausgerichtet
sind. Auch von Fischölpräparaten hört man viel Gutes. Ebenso von
Margarinen, die durch einen Zusatz das Cholesterin senken. Wenn du
dich so versorgst, hast du alles, was dein Herz braucht und genug für
deine Gesundheit getan.“ Hat Lisa Recht?
Rund 20 Millionen Bundesbürger greifen regelmäßig zu Nahrungsergänzungsmitteln, seien es Pillen, Brausetabletten oder Zusätze in Lebensmitteln wie zum Beispiel Pflanzensterine in Margarine. Die Werbung verspricht viel und fällt auf fruchtbaren Boden bei Menschen,
die sich um ihre Gesundheit sorgen.
Was viele nicht wissen: Medikamente müssen zugelassen werden. Die
Aufsichtsbehörden, z. B. die European Medicines Agency, verlangen,
dass durch wissenschaftliche Studien die Wirkungen und Nebenwirkungen dokumentiert sind, sodass der Nutzen eines Medikaments
beurteilt werden kann. Bei Nahrungsergänzungsmitteln fehlt diese Kontrolle, sie können beworben und verkauft werden, ohne dass
nachgewiesen ist, dass sie wirksam sind. Daher stellt sich die Frage:
Können Nahrungsergänzungsmittel vor Herzinfarkt und Schlaganfall
schützen?
Vitamine
Lange Jahre erhofften sich viele von Vitaminen wahre Wunder – nicht
nur eine Senkung der Krebsrate, sondern auch eine positive Wirkung
auf das Herz-Kreislauf-System, die Vorbeugung von Infektionen und
viele andere Effekte mehr.
Große Aufmerksamkeit löste eine Untersuchung aus, die in den 90ern
durchgeführt und bei Bekanntwerden der Ergebnisse abgebrochen
wurde: In der CARET-Studie (Beta-Carotene and Retinol Efficacy Trial) stieg nicht nur die Lungenkrebsrate, sondern auch die Häufigkeit
für Herz-Kreislauf-Erkrankungen an bei Patienten, die diese Vitamintabletten eingenommen hatten, statt wie vermutet zu sinken 1.
Seitdem ist die Anwendung des bei der Studie eingesetzten Provitamins Beta-Carotin, eine Vorstufe von Vitamin A, und seiner chemischen Verwandten in fast allen Ländern streng reglementiert: Das
Bundesinstitut für Risikobewertung verlangt in Deutschland von allen
Vitaminherstellern, die Beimischung von Carotinen zu begrenzen.
Auch für das Hinzufügen von Carotinen zu Lebensmitteln oder selbst
zu Arzneimitteln gibt es zum Schutz der Verbraucher inzwischen
Höchstgrenzen 2.
2002 wurde die Heart Protection Study veröffentlicht. In dieser Studie wurde die Hälfte von über 20 000 Studienteilnehmer 5 Jahre lang
mit einer Vitaminmischung aus 600 mg Vitamin E, 250 mg Vitamin C
und 20 mg Beta-Carotin behandelt. Das Ergebnis war enttäuschend:
Es gab keine positiven Effekte im Vergleich mit den Studienteilnehmern, die keine Vitamine erhalten hatten, weder bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen noch bei Krebs. Andere Studien, z. B. GISSI-Prevenzione
(1999), HOPE (2000), HATS (2001), Miller et al. (2005), bestätigen
diesen Befund.
2007 erschien im JAMA Journal of the American Medical Association
eine Analyse von insgesamt 68 Studien zur Wirkung sogenannter Antioxidantien, darunter Beta-Carotin, die Vitamine A, C, E und Selen.
Insgesamt konnten die Daten von mehr als 230 000 Studienteilnehmern ausgewertet werden. Auch hier zeigte sich keiner der erhofften
günstigen Effekte. Im Gegenteil: In der Gruppe der Studienteilnehmer,
die Vitamin A und E oder Beta-Carotin einnahmen, war eine höhere
allgemeine Sterblichkeitsrate zu finden als in der Gruppe, die keine
Präparate verwendete. Ursächlich hierfür ist ein Anstieg der Krebserkrankungen sowie eine höhere Rate an Herz-Kreislauf-Erkrankungen 3.
Immer mehr große Studien kommen zu einem ähnlichen Ergebnis: Derzeit gibt es keinen Hinweis, dass Vitaminpräparate das Herz schützen 4,
5, 6, 7, 8
. Die günstigen Wirkungen von Gemüse, Salat, Obst auf die Herzgesundheit können Vitaminpräparate nicht ersetzen.
Phytosterine
Ein hoher Cholesterinspiegel ist ein Risikofaktor für Herz-KreislaufErkrankungen 9. Früher (2001) empfahlen internationale Fachgesellschaften den Einsatz von Phytosterinen als Nahrungsmittelzusatz,
um den Cholesterinspiegel zu senken 10. Die Empfehlungen der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (2004) sowie die aktualisierten Leitlinien des National Institute of Health and Clinical
Excellence (NICE, 2008) in Großbritannien stehen einer generellen
Empfehlung einer Lebensmittelergänzung mit Phytosterinen jedoch
kritisch gegenüber 11, 12. Auch die neuen Leitlinien der Europäischen
Gesellschaft für Kardiologie (2011) kommen zu dem Urteil, dass Langzeitstudien nötig wären, um die Sicherheit von Lebensmitteln mit
Pflanzensterinzusatz bei regelmäßiger Einnahme zu garantieren 13.
14
Hintergrund für die derzeit kontrovers geführte wissenschaftliche Diskussion sind die Phytosterine selbst 14, 15, 16. So belegen klinische Studien zwar, dass Phytosterine eine wünschenswerte bis zu 15 %ige Senkung des LDL-Cholesterins erreichen können 17. Neuere Studien zeigen
jedoch, dass dieser Effekt nicht immer eintritt und dass Phytosterine
bei einigen Menschen auch zu einer paradoxen Erhöhung des Cholesterinspiegels führen können 18.
Die Bedeutung erhöhter Phytosterinkonzentrationen im Blut ist unklar und wird derzeit strittig diskutiert 14, 15, 16, 21. Die Aufklärung der
seltenen Erbkrankheit Phytosterinämie hat die Aufmerksamkeit
darauf gelenkt, dass Phytosterine ein möglicher Risikofaktor für
22
Herz-Kreislauf-Erkrankungen sein könnten . Erhöhte Phytosterinkonzentrationen, Xanthome (knotenartige Fettablagerungen) und
eine frühzeitige, häufig tödlich verlaufende Arteriosklerose sind die
wesentlichen Befunde bei Patienten mit homozygoter Phytosterinämie 23. Verantwortlich hierfür sind bestimmte genetische Veränderungen mit der Folge einer erhöhten Aufnahme und verminderten
Ausscheidung von Phytosterinen 24, 25. Die Tatsache, dass Patienten
mit diesem Krankheitsbild bei nahezu normalen Cholesterinwerten
einen aggressiven Verlauf der Arteriosklerose entwickeln, lässt vermuten, dass Phytosterine selbst Potential besitzen, eine Arteriosklerose
hervorzurufen.
Neuere Ergebnisse experimenteller Untersuchungen sowie Daten
einzelner epidemiologischer und klinischer Studien unterstützen
diese Hypothese 26, 27, 28, 29. Vor dem Hintergrund sich mehrender Hinweise, dass Phytosterine als Nahrungsmittelzusatz möglicherweise
schädlich sein könnten, hat das Bundesinstitut für Risikobewertung
zunächst 2008 gefordert, dass diese Produkte nur Menschen mit erhöhten Cholesterinwerten empfohlen werden 30. Im Dezember 2011,
nachdem weitere Ergebnisse klinischer und experimenteller Studien
vorlagen 28, 31, 18, 32, 33, forderte das Bundesinstitut für Risikobewertung,
dass die Verwendung von Phytosterinen als Lebensmittelzusatz auf
europäischer Ebene generell zu hinterfragen und durch die European
Food and Safety Authority (EFSA) neu zu bewerten sei 34.
Omega-3-Fettsäuren
Auch langkettigen Omega-3-Fettsäuren aus Fischöl werden gesundheitsfördernde Eigenschaften zugeschrieben 35. Omega-3-Fettsäuren
sind Gegenstand diverser Leitlinien internationaler Fachgesellschaften 36. Fischöl wird daher in Nahrungsergänzungsmitteln angeboten
sowie zur Anreicherung von Lebensmitteln verwendet. Allerdings
zeigen einzelne Studien durchaus auch bedenkliche Effekte einer
Nahrungsmittelergänzung mit Omega-3-Fettsäuren wie beispielsweise eine Erhöhung des Serumcholesterinspiegels 37, eine Beeinträchtigung der Immunabwehr bei älteren Menschen 38, eine erhöhte
Blutungsneigung 39 und es gibt Hinweise auf ein erhöhtes Risiko für
Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Langzeitanwendung 40. Eine aktuelle
Metaanalyse, d. h. eine statistische Zusammenfassung von insgesamt
89 klinischen Studien 41, kommt insgesamt zu dem Schluss, dass es
keine klare wissenschaftliche Evidenz gibt, dass eine Nahrungsmittelergänzung mit Omega-3-Fettsäuren das Risiko für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung tatsächlich vermindert. Darüber hinaus zeigte sich in
der erst kürzlich veröffentlichten Alpha-Omega-Studie, dass mit Statinen behandelte Patienten nach Herzinfarkt das Risiko eines erneuten
Herzinfarkts oder eines Schlaganfalls durch Omega-3-Fettsäuren-Präparate nicht verringern können 42, 43. Eine neue große Zusammenfassung von Studien mit mehr als 68 000 Patienten (Rizos et al. 2012)
kam zu dem Ergebnis, dass Präparate mit Omega-3-Fettsäuren weder
die Sterblichkeit noch das Risiko für Herztod, Herzinfarkt oder Schlaganfall verringern konnten. „Unsere Ergebnisse rechtfertigen nicht den
täglichen Gebrauch dieser Nahrungsergänzungsmittel“, schreiben die
Autoren dieser Studie 44. Dagegen gelten Fischmahlzeiten weiterhin
als günstige Bestandteile einer herzschützenden Mittelmeerküche.
Festzuhalten bleibt, dass die hochdosierte Einnahme von Omega3-Fettsäuren Triglyceride senkt, die als potentieller Risikofaktor für
kardiovaskuläre Erkrankungen zunehmend diskutiert werden. Hierzu
stehen aber Studien aus, die klären, was damit für die Patienten erreicht werden kann 45.
Andere Nahrungsergänzungsmittel
Auch für andere Nahrungsergänzungsmittel, die zur Vorbeugung von
Herz- und Gefäßerkrankungen eingesetzt werden, liegen keine Studiendaten vor, die ihre Wirksamkeit überzeugend dokumentieren. Das
gilt z. B. für lösliche Ballaststoffe (Guar, Pektine, Hafer oder Psyllium),
Q10, Berberin, Knoblauchextrakt, Granatapfel- oder Rotweinkonzentrate und vieles mehr.
Ein weiteres Problem: Infolge der weichen Zulassungsbedingungen
sind Wechselwirkungen einzelner Nahrungsergänzungsmittel unter­
einander oder mit Medikamenten nur unzureichend untersucht. Diese
empfindliche Lücke betrifft besonders den Einsatz bei älteren und
gebrechlichen Patienten, bei Kindern und bei chronisch Kranken mit
Leber- und Nierenerkrankungen, Hochrisiko-Patienten und Patienten
mit vielen unterschiedlichen Medikamenten.
Fazit
Positive Änderungen im Lebensstil durch regelmäßige körperliche
Aktivität und vermehrten Konsum von frischen Gemüsen, Früchten und Fisch zeigen einen hohen gesundheitlichen Nutzen. Das ist
durch viele Studien belegt. Die Weltgesundheitsorganisation (2002)
und die neuen Europäischen Leitlinien zur Vorbeugung gegen HerzKreislauf-Krankheiten (2012) stellen fest, dass etwa zwei Drittel der
Todesfälle durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch einen gesunden
Lebensstil vermieden werden könnten 46.
Anders bei Nahrungsergänzungsmitteln: Hier gibt es keinen Nachweis
für eine herzschützende Wirkung. Einzelne Studien zeigen, dass Nahrungsergänzungsmittel sogar eine schädliche Wirkung haben könnten.
Das heißt, im Einzelfall können sie mehr schaden als nützen. Deshalb
kann man für diese Produkte keine Empfehlung aussprechen.
Wer sich auf Nahrungsergänzungsmittel verlässt, wiegt sich in falscher
Sicherheit. Man meint, nicht mehr auf einen gesunden Lebensstil achten zu müssen. Manche Patienten setzen sogar die verordneten Medikamente ab, weil sie sich durch die Nahrungsergänzungsmittel geschützt fühlen. Eine solche Einstellung kann fatale Folgen haben.
Die numerischen Verweise beziehen sich auf eine Literaturliste, die bei der Deutschen
Herzstiftung angefordert werden kann.
15
Zur Wirksamkeit von NEMs: mit Modellen der
Stress­forschung zu einer personalisierten Ernährung?
∙ Von klinischen Studien zur Anwendung
∙ Modelle zu akutem und chronischem Stress
∙ Wege zur personalisierten Ernährungssubstitution
Juliane Hellhammer,
Institutsleitung
Forschungsinstitut daacro GmbH & Co. KG
Dr. Monica Mota,
Laborleitung - Speichellabor
Forschungsinstitut daacro GmbH & Co. KG
Die Abgrenzung zwischen Nahrungsergänzungsmitteln (NEM) und
Arzneimitteln kann im Einzelfall schwierig sein. Hier spielen neben
dem inhaltlichen Aspekt (Krankheitsbezug oder Gesundheitsförderung) auch strategische Überlegungen der Hersteller eine entscheidende Rolle. Jenseits dieser Diskussion verspricht sich der Verbraucher
von NEMs neben einem ernährungsphysiologischen Nutzen immer
mehr eine Linderung von Symptomen, Befindlichkeitsstörungen und
Krankheiten sowie Hilfe bei Gewichtsproblemen. Die Wirksamkeit
von NEMs soll hier, wie auch bei Arzneimitteln, durch klinische Studien belegt werden. Doch zwei Dinge erschweren häufig klinische Studien mit NEMs: erstens haben sie in aller Regel kleinere Effekte, und
zweitens ist der Nachweis bei gesunden Probanden schwer. Hier stellt
sich die Frage, unter welchen Umständen man Wirksamkeitsstudien
mit NEMs an gesunden Menschen ökonomisch durchführen kann.
Für alle oben genannten Strategien können standardisierte Provoka­
tionstests wichtige Instrumente sein. Diese bewirken eine Belastungssituation, in der sich zum Beispiel die protektive Wirksamkeit eines
NEMs gegenüber eines Placebos zeigen lässt. Hier hat sich u.a. der
Trier Social Stress Test (kurz TSST; 15 minütiger Stresstest) in den letzten 20 Jahren als ausgesprochen zuverlässiges Verfahren etabliert.
Unterschiedliche, durch Stress beeinflussbare Zielkriterien werden je
nach erwarteter Wirkweise und Fragestellung ausgewählt und in das
Studienprotokoll integriert: Zielkriterien können psychische Reaktionen (z.B. Wohlbefinden, Angst), kognitive Faktoren (z.B. Gedächtnis,
Aufmerksamkeit), Biomarker (z.B. Blutdruck, Stresshormone, Immunparameter) und vieles mehr sein. Eine Vielzahl von TSST-Studien in
den letzten 20 Jahren sorgt für eine einmalige Datensammlung (Hellhammer et al. 2008).
Unterschiedliche Strategien bieten sich hier an:
Modelle aus der Stressforschung, sowohl zu akutem wie auch zu
chronischem Stress, haben sich in den vergangenen Jahren als sehr
sinnvolle Bestandteile von klinischen Studien mit NEMs erwiesen. So
haben wir beispielsweise eine Reihe von Studien zur Wirksamkeit von
Phosphatidylserin auf kognitive Prozesse und Belastungsreaktionen
durchgeführt (wissenschaftliche Publikationen dazu finden sich unter
www.daacro.de). Erfreulicherweise lassen sich heute auch eine Reihe
von Biomarkern nicht nur im Blut, sondern auch im Speichel messen.
Dieses non-invasive Verfahren erleichtert in Klinischen Studien die
Messung von Hormonen.
Eine Möglichkeit besteht in der Untersuchung von Probanden mit
unterschwelligen Gesundheitsstörungen (beispielsweise Nervosität, Reizbarkeit, Schlafstörungen). So hilfreich dieser Ansatz ist, so
schwer ist jedoch häufig eine klare Charakterisierung der zu unter­‑
suchenden Subgruppe. So können beispielsweise Schlafstörungen
sehr unterschiedliche Ursachen haben und die Selektion eines homo­­‑
genen Studienkollektivs ist sehr schwer bzw. wird sehr aufwändig.
Eine weitere Möglichkeit liegt in der Betrachtung älterer Studienkollektive. Hier können natürliche Abbauprozesse und interindividuelle Unterschiede in den Fokus gerückt werden. So gilt es
herauszufinden, welche Faktoren die natürlichen Abbauprozesse
im Alter bei dem einen schneller und bei dem anderen langsamer
ablaufen lassen. In Bezug auf Nahrungsergänzungsmittel sind
hier mögliche protektive, also gesundheitserhaltende Wirkungen
von Interesse. Eventuell sind auch Wirkungen nur bei bestimmten
Subgruppen zu erwarten.
Auch eignen sich Studienkollektive mit hoher dauerhafter Belastung, um die Wirksamkeit einzelner NEMs zu belegen. Chronischer Stress bringt den Organismus in eine Art dauerhaften
Workmodus. Wenn Pausen fehlen, um Ressourcen zu mobilisieren, kommt es nicht selten zu einer Überforderung des Organismus und somit wird vielen psychischen (z.B. Depression, Angststörungen) und körperlichen Erkrankungen (z.B. Diabetes II)
Vorschub geleistet. Hier können NEMs einen normalisierenden
oder protektiven Einfluss haben.
Ergänzt werden diese Methoden seit kurzem um eine neuartige
Stressdiagnostik, welche eine personalisierte Zustandsdiagnostik
unter Einbezug von psychischen, symptomatischen und biologischen
Informationen vornimmt. Diese Stressdiagnostik basiert auf der Betrachtung dreier wesentlicher Stressachsen eines Organismus: dem
Arbeitssystem, dem Erholungssystem und dem Energieversorgungssystem. Je nach Dysregulationen des Organismus können Personen 13
neuronalen Mustern (NeuropatternTM) zugeordnet werden, aus welchen sich personalisierte Strategien der Behandlung ableiten lassen,
so auch Empfehlungen für einzelne Lebensmittelbestandteile, wie
beispielsweise Tryptophan oder Tyrosin. Ein personalisierter Einsatz
von NEMs wäre somit möglich.
In den letzten Monaten wird zunehmend gefordert, dass bei aller
Berücksichtigung von etablierten Voraussetzungen an eine gute klinische Studie auch zunehmend Wert auf Mechanismen orientierte
Vorgehensweisen gelegt wird. D.h. es wird immer weniger ausreichen,
signifikante Zusammenhänge in Studien zu belegen, sondern man
16
wird darüber hinausgehend auch begründen müssen, wie und warum
etwas wirkt, und wie sich die Wirkvorgänge physiologisch darstellen
lassen. Auch hier bieten Modelle aus der Stressforschung eine zunehmend solide Basis für Studien zur Wirksamkeit von NEMs.
Hellhammer, J., Hero, T., Hellhammer, K. (2008). The TSSTplus: A new modulary protocol
fort he assessment of stress and social anxiety. The International Journal of Neuropsychopharmacology, 11, Suppl 1: 286.
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Vitamin D – aktueller Sachstand
der ernährungswissenschaftlichen Forschung
Axel Turowski,
Manager Regulatory Affairs,
Diapharm GmbH & Co. KG
Vitamin D ist seit einigen Jahren wohl mit das interessanteste ernährungswissenschaftliche Forschungsgebiet. Zahlreiche Studien und
Fachgesellschaften haben sich in den letzten Jahren mit der Wirkung
und Empfehlungen für eine sinnvolle Zufuhr beschäftigt.
Nunmehr sind jüngst zwei Übersichtsarbeiten veröffentlicht worden.
In einer Metaanalyse hat eine Arbeitsgruppe um Evropi Theodoratou
von der Universität Edinburgh 268 Arbeiten, die ihrerseits schon Metaanalysen darstellen, untersucht (1). Die Wissenschaftler kamen zu
dem Schluss, dass dem Vitamin D 137 positive Wirkungen auf alle
möglichen Erkrankungen zugeschrieben werden. Allerdings wurde
der unterstellte Nutzen nur in zehn Fällen in Studien rigoros überprüft. Eine Ergänzung der Nahrung mit Vitamin D-Präparaten kann
möglicherweise Karies bei Kindern senken, die Blutspiegel bestimmter Hormone bei Dialyse-Patienten regulieren und die Vitamin D-Spiegel gegen Ende der Schwangerschaft erhöhen, was schließlich mit
einem höheren Geburtsgewicht des Kindes einhergeht. Für die vielfach nachgesagten günstigen Wirkungen hinsichtlich eines Zusammenhangs mit Krebserkrankungen, kardiovaskulären Erkrankungen
sowie Diabetes mellitus fehlt dagegen eine ausreichende Evidenz.
Zu diesem Schluss kam kürzlich auch die Deutsche Gesellschaft für
Ernährung (DGE), welche in einer Stellungnahme eine Evidenzbewertung des Zusammenhangs zwischen Vitamin D und der Prävention
von chronischen Krankheiten vornahm (2). Die DGE kam zu dem Ergebnis, dass mit überzeugender Evidenz eine Supplementation von
Vitamin D bzw. ein guter Vitamin D-Status bei Älteren mit einem verringerten Risiko für Stürze und Frakturen einhergeht. Zu dem gleichen
Ergebnis kommt auch eine Stellungnahme der Europäischen Sicherheitsbehörde (EFSA) (3). Mit wahrscheinlicher Evidenz verringert eine
gute Vitamin D-Versorgung bei Älteren das Risiko für Funktionseinbußen des Bewegungsapparates und senkt das Risiko für vorzeitigen
Tod. Diese Beurteilung stützt sich auf Ergebnissen von Meta-Analysen von Interventionsstudien (2).
Diese Auffassung vertritt auch die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie, die valide Daten nur zur Vorbeugung bei älteren Menschen,
die Osteoporose- und sturzgefährdet sind, insbesondere bei Heimbewohnern, sieht. Weiterhin gesichert ist die Wirkung von Vitamin D
zur Vorbeugung von Rachitis bei Säuglingen sowie für Menschen mit
einer Knochen erweichenden Osteomalazie und chronischer Niereninsuffizienz und Nebenschildrüsenschwäche (4).
Eine weitere aktuell veröffentlichte Studie einer Arbeitsgruppe um
Rajiv Chowdhury von der Universität Cambridge in England kam zu
dem Ergebnis, dass bei Personen, die Vitamin D als Nahrungsergänzungsmittel einnehmen, die Mortalität um elf Prozent geringer ist.
Aufgrund der Datenanalysen, die insgesamt fast 900.000 Teilnehmer
einbezog, konnte ebenfalls festgestellt werden, dass eine Einnahme
von Vitamin D zudem das Risiko senkt, an einer Krebserkrankung
oder einer kardiovaskulären Erkrankung zu sterben. Analog zu den
diesbezüglichen o.g. Ergebnissen der Fachgesellschaften weisen aber
die Wissenschaftler darauf hin, dass weitere laufende Studien hierzu abgewartet werden müssten (5). In der Tat laufen derzeit zwei
große Studien zur Wirksamkeit einer Vitamin D-Zufuhr an je 20.000
Personen in den USA und UK, deren Ergebnisse frühestens 2016 zu
erwarten sind.
Die evidenzbasierte Auswertung der vorliegenden Studien zeigt,
dass vor übertriebenen Erwartungen an die Wirkung von Vitamin
D gewarnt werden muss. Eine bedenkenlose Supplementierung aller Personen ist schon deswegen nicht induziert, da es durchaus bei
unkontrollierter Einnahme von Vitamin D zu Überdosierungen mit
einer Gesundheitsgefährdung kommen kann. Gleichwohl führten
die schlechte Versorgungslage bei Älteren und die nachgewiesen erwünschten positiven Effekte zur Prävention von Funktionseinbußen
des Bewegungsapparates, Stürzen, Frakturen und vorzeitigem Tod bei
älteren Personen zu einer Anhebung der Empfehlungen der Zufuhr
von der DGE von 20 µg pro Tag (6). Vergleichbare Empfehlungen
kommen auch von anderen Fachgesellschaften wie der International
Osteoporose Foundation (7) sowie vom Institute of Medicine in den
USA (8). Zur Beurteilung der Versorgungslage dient dabei die Serum25(OH) D-Konzentration. Deren optimaler Wert ist Gegenstand der
wissenschaftlichen Diskussion.
Vitamin D ist ein typisches Beispiel für die Wichtigkeit einer angemessenen und individuell angepassten Supplementierung.
Literatur
(1) T heodoratu E et al.: Vitamin D and multiple health outcomes:
umbrelle reviw of systematic reviews and meta-analyses of oberservational studies
and randomized trials; BMJ 2014;348:g 2035
(2) L inseisen et al: Vitamin D und Prävention ausgewählter chronischer KrankheitenD Stellungnahme, Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE) Hrsg., Bonn,
2011 http://www.dge.de/pdf/ws/DGE-Stellungnahme-VitD-111220.pdf
(3) European Food Safety Authority (EFSA): Scientific opinion on the substantiation of
a health claim to vitamin D and the risk of falling pursuant to Article 14 of Regulation (EC) No 1924/2006. EFSA Journal 2011; 9 (9): 2813
(4) Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie: Stellungnahme:
Wirkung einer Vitamin D-Gabe nur bei bestimmten Personengruppen und Patienten
gesichert, http://www.endokrinologie.net/presse_120125.php
(5) Chowdhury R et al.: Vitamin D and risk of cause specific death: systematic review
and meta-analysis of observational cohort and randomised intervention studies;
BMJ 2014; 348:g 1903
(6) Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE): Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr
Vitamin D, Neuer Umschau Buchverlag, 1. Auflage, 5. korrigierter Nachdruck 2013
(7) Dawson-Hughes B et al.: IOF position statement: vitamin D recommendations for
older adults. Osteoporos Int 2010;21:1151-4
(8) IOM (Institute of Medinine). Dietary References Intakes for Calcium and Vitamin D.
Washington, DC: The National Academies Press (2011)
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