Programmheft - Gürzenich

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sinfoniekonzert
FOCUS
Camille Saint-Saëns
Tagung – Kammerkonzerte – Sinfoniekonzerte
Jean-François Heisser Klavier
Daniel Roth Orgel
Gürzenich-Orchester Köln
François-Xavier Roth Dirigent
First Global Partner
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Inhalt
Camille Saint-Saëns – Eine schwierige Biografie
Essay von Michael Kube ab Seite 6
Tagung Karl Rahner Akademie
09. Dezember 2016
Kölner Philharmonie, 11–13 Uhr
Karl Rahner Akademie, 15.30–18 Uhr
Informationen ab Seite 14
Saint-Saëns Suite 1
09. Dezember 2016, 20 Uhr
Wallraf-Richartz-Museum, Stiftersaal
Informationen ab Seite 14
Tagung Karl Rahner Akademie
10. Dezember 2016, 15–16.30 Uhr
Karl Rahner Akademie
Informationen ab Seite 15
Saint-Saëns Suite 2
10. Dezember 2016, 17–17.45 Uhr
Karl Rahner Akademie
Informationen ab Seite 15
sinfoniekonzert04
11. Dezember 2016, 11 Uhr
12./13. Dezember 2016, 20 Uhr
Kölner Philharmonie
Informationen zum Sinfoniekonzert ab Seite 28
5
FOCUS
Camille Saint-Saëns
Manchen Menschen scheint alles leicht zu fallen: Sei es das Ler­
nen einer neuen Sprache, sei es das Schreiben, sei es die wis­
sen­schaftliche Forschung oder sei es das Komponieren. Camille
Saint-Saëns war ein Universalgenie, das bereits mit dreieinhalb
Jahren erstmals komponierte und bis zu seinem sechsundachtzigsten Lebensjahr ununterbrochen Musik hervorbrachte, mit einer
Selbstverständlichkeit wie ein Baum seine Früchte hervorbringt.
Neben einem Abonnement-Konzert mit drei seiner bedeutendsten
Werke veranstaltet das Gürzenich-Orchester in Zusammenarbeit
mit der Karl Rahner Akademie eine Tagung über den »unbekannten
Bekannten«. Die Musiker des Gürzenich-Orchesters spielen darüber
hinaus im Stiftersaal des Wallraf-Richartz-Museum ein Kammerkonzert mit dem berühmten französischen Saint-Saëns-Inter­
preten Jean-François Heisser, der zudem mit der Uraufführung
von zwei ihm gewidmeten Klavieretüden von Philippe Manoury,
unserem Komponisten für Köln, einen kleinen zeitgenössischen
Kon­trapunkt setzt.
Aufgrund dieses besonderen Schwerpunktes ist das Programmheft dieses Mal umfangreicher als sonst gestaltet und soll Ihnen
neben einer Einführung in die Persönlichkeit von Saint-Saëns auch
die Orientierung an diesem Wochenende voll Musik ermöglichen.
Wir freuen uns sehr, dass WDR 3 und Deutschlandradio das vierte
Sinfoniekonzert mit der deutschen Erstaufführung der neu editierten
Orgelsinfonie im Rahmen ihrer Konzertübertragungen senden. Mit
­unserem Online-­Projekt GO PLUS übertragen wir am 13.12.2016
erstmals ein Konzert live in Ton und Bild ins Internet – wenige
­Tage später steht I­hnen das Konzert für ein Jahr gratis zum Nacherleben in Ton und Bild auf unserer Homepage zur ­Verfügung.
6
essay
Portrait Camille Saint-Saëns, Aufnahmedatum unbekannt
7
essay
Camille Saint-Saëns –
Eine schwierige Biografie
»Saint-Saëns ist der seltene Ruhm zuteil geworden, bereits zu
­Lebzeiten als Klassiker zu gelten.« Mit diesen zweifelsohne erhebenden Worten eröffnete der französische Literat und Musikkritiker
Romain Rolland 1901 einen dem Komponisten gewidmeten, schon
im retrospektiven Ton gehaltenen Essay – zu einer Zeit, als Camille
Saint-Saëns noch zwei Jahrzehnte leben und schöpferisch tätig
sein sollte. Zugleich wies Rolland aber auch darauf hin, wie schwer
sich die Kritiker mit der Musik von Camille Saint-Saëns getan hatten,
wie unversöhnlich sich in der »Société Nationale de Musique« auf
der einen Seite die Protagonisten der »Ars gallica«, der französischen
Schule, und auf der anderen die Wagnerianer um den Franck-Schüler
Vincent d’Indy gegenüberstanden. Umso bemerkenswerter ist das
Selbstbild des Komponisten, der sich in diesem Für und Wider
­immer seine eigene schöpferische wie stilistische Unabhängigkeit
bewahrte und auf verblüffend moderne Weise eine Produktions­
ästhetik formulierte:
»Ich bin wenig empfänglich für Kritik und für Lob, nicht aus
übersteigertem Selbstgefühl, was eine Dummheit wäre; doch
da ich Werke hervorbringe, um eine Funktion meiner Natur zu
erfüllen, so wie ein Apfelbaum Äpfel hervorbringt, brauche ich
mich um die Meinung, die man über mich ä
­ ußern mag, nicht
zu beunruhigen.«
Um den zahlreichen Anfeindungen zu widerstehen, bedurfte es so
einer Einstellung auch. Denn mit dem Komponieren von Kammermusik, Konzerten, Sinfonien und Sinfonischen Dichtungen stellte
sich Saint-Saëns nicht nur gegen eine ganze Phalanx meinungs­
bildender Stimmen, sondern auch gegen den Geschmack des breiten
Publikums – einen Geschmack, der vor allem durch den Stil der
italienischen Belcanto-Oper geprägt war und sich erst mit dem
­Erfolg der 1859 erstmals in Paris aufgeführten Oper »Faust«
(in Deutschland besser bekannt als »Margarethe«) von Charles
Gounod (1818–1893) zu verändern begann. So erinnert sich
­Saint-Saëns in seinen 1899 gedruckten »Portraits et Souvenirs«
mit einer gewissen Bitterkeit:
8
essay
»Die jungen Musiker von heute können sich den Zustand der
Musik in Frankreich beim Erscheinen von Gounods ›Faust‹
kaum vorstellen. Man gab sich dem Götzenkult der Melodie
hin – oder vielmehr dem kurzer Motive, die man als ›Melodien‹
etikettierte: Motive, die sich leicht ins Gedächtnis einprägten
und auf Anhieb zu verstehen waren. Eine schöne Periode (wie
des Adagios der vierten Sinfonie von Beethoven) galt nicht als
›Melodie‹, und ohne sich lächerlich zu machen, konnte man
behaupten, Beethoven sei ›musikalische Algebra‹«.
Mit Blick auf das französische Musikleben um die Mitte des
19. Jahrhunderts kann bereits der junge Saint-Saëns tatsächlich
als Revolutionär gesehen werden – doch nicht etwa als einer, der
bestehende Strukturen zerstört, sondern als Reformer, der diese
durch Neues und zugleich Altes ergänzt und erweitert. Am 9. Oktober
1835 in Paris geboren, zeigte er schon früh ein bedeutendes musikalisches Talent – der Junge eignete sich nicht nur selbstständig
das Repertoire der Klassiker Haydn und Mozart an, sondern komponierte bereits im Alter von drei Jahren und fünf Monaten ein
­erstes kleines Stück (am Klavier, es wurde von der Großtante aufgeschrieben). Das erste öffentliche Konzert in der Salle Pleyel folgte
im Alter von zehn Jahren mit Werken von Bach, Händel, Hummel
und Kalkbrenner sowie einem Klavierkonzert von Mozart und dem
»Klavierkonzert Nr. 3 c-Moll« von Beethoven. Obwohl die Mutter sorgsam darauf bedacht war, kein falsches Lob an den frühbegabten
Knaben heranzulassen, beantwortete sie selbst die Frage, was
­dieser wohl spielen werde, wenn er erst einmal zwanzig ist, recht
stolz: »Seine eigenen Werke.« Und so sollte es geschehen – doch
nicht etwa mit Liedern oder gefälligen Klavierstückchen, sondern
ausgerechnet mit einer als op. 2 gedruckten Sinfonie in Es-Dur.
Die Aufführung des zunächst anonym eingereichten Werkes wurde
ein so großer Erfolg, dass der Förderer Charles Gounod per Brief
bemerkte:
»Sie sind über Ihr Alter hinaus: machen Sie weiter so – und
denken Sie daran, dass Sie am Sonntag, dem 18. Dezember
1853 [dem Tag der Aufführung] einen Vertrag eingegangen
sind, der Sie dazu verpflichtet, ein großer Meister zu werden.«
9
essay
Der elfjährige Camille Saint-Saëns,
Zeichnung von 1846
Diese frühe Meisterschaft, verbunden mit einer gleichsam früh
ausgeprägten, eigenen musikalischen Sprache, stand Saint-Saëns
allerdings auch Zeit seines Lebens im Weg: Der begehrte, mit
­einem Reisestipendium verbundene »Prix de Rome« des Conservatoire wurde ihm weder 1853 für eine Kantate noch für die 1857
ein­gereichte Sinfonie »Urbs Roma« verliehen. Auch 1864 scheiterte
er abermals mit der Kantate »Ivanhoé«, und Hector Berlioz soll
­bemerkt haben: »Er weiß alles, aber es fehlt ihm an Unerfahrenheit.«
Zu diesen verletzenden Rückschlägen kamen weitere Enttäuschungen hinzu, die das eigene Wirken und schöpferische Vermögen
­infrage stellten: Den einen erschien Saint-Saëns mit seiner betont
eigenständigen Art als geradezu avantgardistisch, den anderen
­jedoch als reaktionär. Er verteidigte Wagners »Rheingold« in München
und fiel mit einem eigenen Klavierkonzert als »Neutöner« im Leipziger
Gewandhaus durch; am Théâtre-Lyrique wurde die zugesicherte
­Inszenierung eines ersten seiner insgesamt zwölf Bühnenwerke
immer wieder aufgeschoben. Das ästhetische Dilemma, in dem
sich Saint-Saëns mit seinem Œuvre befand, beschrieb er selbst
ebenso treffend wie sarkastisch:
»Die Tatsache, dass ich auch Werke schreiben konnte, die
nicht fürs Theater bestimmt waren, verschloss mir hier die
­Türen. Als Sinfoniker, Organist und Pianist hielt man mich
für unfähig eine Oper zu schreiben.«
10
essay
Portraitaufnahme von Camille Saint-Saëns mit exotischer
Kopfbedeckung
Diese Erlebnisse wie auch persönliche Schicksalsschläge haben
Saint-Saëns als Mensch still werden lassen, so dass man noch
heute kaum einen Zugang zu seiner Person und wirklich verlässliche
Einschätzungen gewinnt. So heiratet er 1875, doch hat nach dem
frühen Tod der beiden Kinder auch die Ehe nicht überlebt; das Paar
lebte gemeinsam mit der Mutter des Komponisten in einer Wohnung.
Nach deren Tod (1888) löste Saint-Saëns den Haushalt auf, lebte
in den folgenden 16 Jahren in Hotels und Pensionen, reiste, konzertierte und arbeitete, unter anderem als Mitherausgeber der RameauGesamtausgabe. Daneben betrieb er zahlreiche andere künstlerischwissenschaftliche Aktivitäten: vom literarischen Schreiben über
das Rezensieren bis hin zu Archäologie und Mathematik, die er
selbst als »divagations sérieuses« (ernsthafte Gedankenspiele)
­bezeichnete.
Am Ende seines langen Lebens – Saint-Saëns starb im Alter
von 86 Jahren am 16. Dezember 1921 in Algier – hatte er sich
schließlich nicht nur musikalisch, sondern auch in der Wahrnehmung der Zeitgenossen selbst überlebt: In Dieppe, der Heimatstadt seiner Familie, war bereits 1907 ihm zu Ehren ein Denkmal
enthüllt worden.
Michael Kube
12
essay
Frankreich und die Sinfonie
Fast könnte man aus heutiger Perspektive den Eindruck gewinnen,
das von Paris ausgehende französische Musikleben des 19. Jahrhunderts sei ausschließlich von der Oper und den großbürgerlichen
Salons bestimmt gewesen. Zu erinnern ist zunächst an die repräsentative Grand Opéra, deren Libretti gewichtige historische Stoffe
zugrunde lagen (wie etwa in Meyerbeers »Les Huguenots«). Dem
dramaturgischen wie musikalischen Aufwand stand eine luxuriöse
Ausstattung der Inszenierungen zur Seite. Eine breitere Öffentlichkeit erreichte die von Daniel Auber geprägte Opéra Comique, aus
der sich durch Jacques Offenbach die Operette herausbildete.
­Professionell ausgeführte sinfonische Musik konnte sich in Paris
nach einem Niedergang Ende des 18. Jahrhunderts aber erst
­wieder ab 1828 durch die Gründung der Société des concerts du
Conservatoire etablieren. Doch deren Programme, bei denen Werke
Beethovens dominierten, fanden zunächst nur eine begrenzte
­Zuhörerschaft von interessierten wie zahlungskräftigen Kennern.
Das Ansehen der rasch zur Institution aufsteigenden Reihe wurde
durch die damals noch seltene Praxis gesteigert, alle zur Aufführung anstehenden Werke gründlich zu proben. Geprägt wurde sie
zunächst von Hector Berlioz, der nicht nur über 200 Aufführungen
dirigierte, sondern auch mit seiner »Symphonie fantastique« (1830)
und der sinfonischen Dichtung »Harold en Italie« (1834) den von
Beethoven aufgespannten Horizont durch programmatische Ideen
und bahnbrechende Neuerungen in Fragen der Instrumentation
weitete. Direkte Nachfolger fanden sich in Frankreich jedoch nicht;
die Sinfonien von George Onslow und Louise Farrenc, von Georges
Bizet und Charles Gounod blieben mehr an der Wiener Klassik
­orientiert.
Dass die repräsentative Sinfonik (und mit ihr auch die intimere
Kammermusik) zu Beginn der 1870er Jahre plötzlich aufblühte, ist
allerdings nicht auf ein rein schöpferisches Interesse einzelner
Komponisten zurückzuführen. Vielmehr macht sich bei der signifikanten Rückkehr zu den großen instrumentalen Gattungen auch
ein erheblicher (musik-)politischer Impetus bemerkbar:
13
essay
Camille Saint-Saëns dirigiert
am 02.06.1896 in der Pariser Salle Pleyel
Von der sich im Krieg 1870/1871 gegen Preußen anbahnenden
Nieder­lage, die als nationale Katastrophe empfunden wurde, ging
eine kulturelle Widerstandskraft aus, die unter anderem zur Gründung der »Société Nationale de Musique« am 25. Februar 1871 führte
(mit Saint-Saëns als Vizepräsidenten), wenige Tage bevor die deutschen Truppen die Champs-Elysées erreichten. Zu den Konzerten
der Gesellschaft wurden entsprechend der Idee einer »Ars Gallica«
nur Werke zeitgenössischer französischer Komponisten angenommen – eine Vorgabe, von der allerdings vielfach die Vorliebe für die
Tonsprache Richard Wagners unberührt blieb. Zudem forderten die
Statuten zwar die »Wiederbelebung der Sinfonie in Frankreich«, jedoch konnten aus finanziellen Gründen zunächst nur wenige Orches­ter­
konzerte pro Saison durchgeführt werden – obwohl Saint-Saëns
­genau in diesem Bereich »die Begabung der jeune école française«
sah, die »das Orchester mit einer Geschicklichkeit h
­ andhabt, der
die ganze Welt Anerkennung zollt. Und das Komitee der »Société
national« […] sieht sich einer Flut von Partituren gegenüber, von
­denen sich nur ein sehr kleiner Teil aufführen lässt.«
Michael Kube
14
Tagung Karl Rahner Akademie
09. Dezember 2016
Kölner Philharmonie
11–13 Uhr
Probenbesuch beim Gürzenich-Orchester Köln
»Ägyptisches Konzert« (1896)
Karl Rahner Akademie
15.30–18 Uhr
Vortrag von Michael Stegemann
»Saint-Saëns – Leben und Werk«
Saint-Saëns Suite 1
09. Dezember 2016, 20 Uhr
Wallraf-Richartz-Museum
Stiftersaal
Camille Saint-Saëns
Sonate op. 168 für Fagott und Klavier (1921)
Allegro moderato
Allegro scherzando
Molto adagio / Allegro moderato
14’
Suite op. 16 für Violoncello und Klavier (1862)
Prélude. Moderato assai
Sérénade. Andantino
Scherzo. Allegro grazioso
Romance. Adagio
14’
aus »6 Etüden für die linke Hand« op. 135
für Klavier (1912) 7’
Élégie. Poco adagio
Philippe Manoury
»Deux Études« für Klavier (2016) 6’
I. Turbulences
II. Hommage à Richter I
Uraufführung
Auftragswerk des Festival Berlioz de La Côte-Saint-André
15
Camille Saint-Saëns
Septett Es-Dur op. 65 für Trompete, zwei Violinen, Viola, Violoncello,
Kontrabass und Klavier (1879/1880) 18’
Préambule. Allegro moderato
Menuet. Tempo di minuetto moderato
Intermède. Andante
Gavotte et Final. Allegro non troppo – Più allgero
Jean-François Heisser Klavier und Moderation,
Ulrike Schäfer Violoncello, Thomas Jedamzik Fagott,
Bruno Feldkircher Trompete, Demetrius Polyzoides Violine,
Elisabeth Polyzoides Violine, Alvaro Palmen Viola,
Daniel Raabe Violoncello, Johannes Seidl Kontrabass
Tagung Karl Rahner Akademie
10. Dezember 2016, 15–16.30 Uhr
Karl Rahner Akademie
Gespräch mit Daniel Roth, Michael Stegemann,
Marie-Gabrielle Soret und Annette Thein
Moderation: Patrick Hahn
»Saint-Saëns, oder: der unbekannte Bekannte«
Saint-Saëns Suite 2
10. Dezember 2016, 17–17.45 Uhr
Karl Rahner Akademie
Camille Saint-Saëns
Streichquartett Nr. 1 e-Moll op. 112 (1899)
Allegro
Molto allegro quasi presto
Molto adagio
Allegro non troppo
Nathalie Streichardt Violine
Petra Hiemeyer Violine
Eva-Maria Wilms Viola
Daniela Bock Violoncello
35’
16
saint-saëns suiten 1 + 2
Camille Saint-Saëns am Flügel, Aufnahme von 1907
»Beständigkeit und Zuverlässigkeit«
Kammermusik & mehr
War Camille Saint-Saëns als Sinfoniker und Konzertkomponist für
­lange Zeit ein innovativer Außenseiter, so gilt dies mehr noch für die
Kammermusik, die er von Anfang an pflegte und die in seinem umfangreichen, nahezu alle Gattungen berücksichtigenden Œuvre eine
bedeutende, doch weithin unterschätzte Position einnimmt. Heutzu­
tage haben seine Kompositionen ihren Weg ins Repertoire gefunden,
doch in der Mitte des 19. Jahrhunderts galt zeitgenössische Kammermusik in Frankreich wenig. Sie wurde allenfalls im gebildeten Salon
oder in speziellen Zirkeln ­gepflegt – so exklusiv wie etwa in der »Gesellschaft der letzten Streichquartette Beethovens«. Die Situation erschien
noch in den 1870er Jahren so trostlos, dass sich Saint-Saëns gezwungen sah, in einer im »Journal de Musique« erschienenen Rezension
der Violin­sonate von Gabriel Fauré nochmals für Kammermusik und
ihren b
­ esonderen musikalischen Anspruch im allgemeinen werbend
tätig zu werden:
17
saint-saëns suite 1
»In der Literatur gibt es das Theater, und es gibt auch das Buch.
Auf jenes kommt man immer wieder zurück, welcher Art die
mächtigen Verlockungen der Bühne auch immer sein mögen. In
der Musik sind es Kammermusik und Konzert, die dem Buche
gleichkommen, mit ihrer Bedeutsamkeit, ihrer Beständigkeit und
Zuverlässigkeit.«
Für Saint-Saëns als Interpret wie auch als Komponist waren die damit
verbundenen Gattungen und Besetzungen schon in jungen Jahren ein
selbstverständlicher Teil des musikalischen Lebens, auch weil er mit
der entsprechenden Musik groß geworden war: »Ja, ich bin ein Klas­
sizist, von frühester Kindheit an aufgewachsen im Geist Mozarts
und Haydns.« In einer kammermusikalischen Formation trat er 1855
erstmals in Erscheinung – in einem Konzert »Séances de musique
classique« mit Beethovens sogenanntem »Erzherzog-Trio«. Im selben
Jahr noch entstand das eigene Klavierquintett op. 14.
Sonate op. 168
Über welch schöpferische Kraft Saint-Saëns noch an seinem Lebens­
ende verfügte, zeigt auf verblüffende Weise die 59 Jahre nach der
»Suite« op. 16 entstandene »Sonate für Fagott und Klavier« op. 168.
Sie gehört zu jenen Werken, über die er am 15. April 1921 dem
­befreundeten Jean Chantavoine berichtet:
»Im Augenblick konzentriere ich meine letzten Kräfte darauf, den
selten bedachten Instrumenten die Möglichkeit zu geben, zu
­Gehör zu bekommen. […] Ich habe gerade eine dreiteilige Sonate
für Oboe geschrieben […]. Bleiben noch Klarinette, Englischhorn,
Fagott.«
Alle diese Werke – nur die Sonate für Englischhorn wurde nicht ausgeführt – überraschen mit ihrer unbeschwerten Klarheit im Tonfall und
einem anregenden musikalischen Witz. Saint-Saëns scheint – wenige
Monate vor seinem Tod – auf revolutionäre Weise die Tür zu neuen
Satztechniken und Ausdrucksbereichen zu öffnen, die nur ­wenig später
von der komponierenden »Group des Six« weitergedacht wurden. Wie
modern zudem seine Idee war, systematisch das Repertoire vernachlässigter Instrumente zu erweitern, zeigt sich später im sogenannten
»Sonatenwerk« Paul Hindemiths, der auf ganz ähnliche Weise seinem
Verleger mitteilte: »Du wirst Dich wundern, dass ich das ganze Blaszeug
besonate. Ich hatte schon immer vor, e
­ ine ganze Serie dieser Stücke
zu machen.«
18
saint-saëns suite 1
Suite op. 16
Dass sich Saint-Saëns in der Mitte des 19. Jahrhunderts auch mit
­älterer Musik auseinandersetzte, zeigt nicht nur der bekannte Beginn
des zweiten Klavierkonzerts g-Moll mit seinen eindeutigen Rückbe­
zügen auf die ­Musiksprache eines Johann Sebastian Bach, sondern
auch die 1862 entstandene fünfsätzige »Suite« op. 16 für Violoncello
und Klavier, die erst 1866 uraufgeführt und gedruckt wurde. So greift
Saint-Saëns im eröffnenden »Prélude« auf das Idiom der ­Suiten Bachs
für ­V ioloncello solo zurück und weist dem begleitenden Klavier nur
­eine untergeordnete, stützende Funktion zu. Im Kontrast dazu wartet
die »Sérénade« mit einem gefälligen, iberisch anmutenden Tonfall
auf, der ein als Scherzo gefasstes Menuett an vierter Stelle sowie
­eine in sich gekehrte »Romance« folgt. Wie souverän und originell
Saint-Saëns zwischen den Stilen changiert, zeigt das ­F inale. Es
­beweist im Fugato kontrapunktische Meisterschaft, bietet am Ende
aber auch den für das fortschreitende 19. Jahrhundert so charakteristischen Rekurs auf den ersten Satz.
Etüden op. 135
Eine Klaviersonate schrieb Saint-Saëns allerdings nicht – ebenso
­wenig wie viele andere seiner Zeitgenossen. Vielmehr finden sich in
seinem Œuvre für Klavier kleinere Formate, die auch den Wünschen
des Marktes und der musikalischen Salons entsprachen. Sie tragen
wechselnde Titel wie »Bagatelles« oder bevorzugterweise »Études«,
ohne dass dabei Etüden im instrumentalpädagogischen Sinne gemeint sind. Vielmehr handelt es sich um charakteristische Sätze, die
zu ­einer der Suite ähnlichen Folge zusammengestellt wurden – so auch
die Anfang 1912 in Kairo entstandenen »Six Études« op. 135 für die
linke Hand. Sie sind Caroline de Serres (1843–1913) gewidmet, einer
angesehenen Pianistin, mit der Saint-Saëns häufig Werke für zwei
­Klaviere aufführte. Sie musste nach einer Operation die rechte Hand
schonen und hatte um eine gefällige Abwechslung gebeten – eine
­Abwechslung, die Saint-Saëns seinerseits »Vergnügen bereitet hat«.
Michael Kube
19
saint-saëns suite 1
Philippe Manoury über seine
»Deux Études«
Der Pianist Sviatoslav Richter war für meine musikalische Bildung
enorm wichtig. Als Jugendlicher habe ich um Nichts in der Welt einen
der Soloabende verpasst, die er in Paris gegeben hat. Die Geschichte
dieser »Hommage an Richter I« ist jedoch ziemlich verwinkelt. Es handelt sich um eine Komposition, die ich 1985 begonnen hatte und die
dem Pianisten Claude Helffer gewidmet war, der mich dazu drängte,
ein Buch mit Etüden zu schreiben, das er uraufführen wollte. Diese
Etüde beruht auf der Idee von melodischen Linien, von denen einige
normal auf den Tasten gespielt werden müssen, während andere
Oberton-Resonanzen sein sollten. Damals war dieses Projekt vielleicht
noch nicht ganz reif und ich habe die Komposition nicht weiter verfolgt.
Der Anfang zu dieser Partitur hat für 32 Jahre in meinen Schubladen
geschlummert! Vor einigen Jahren habe ich eine Aufnahme von Richter
gehört, in dem er den berühmten langsamen Satz der großen Sonate
B-Dur op. Posth. von Schubert spielte. Ich war gefangen vom geheimnisvollen und rein magischen Charakter, den dieser Pianist in die
Nachklänge des Tons cis in unterschiedlichen Registern des Instrumentes hineinlegte. (Richters Suche nach Klang war legendär …).
Durch diesen Zufall habe ich mich daran erinnert, dass auch der Beginn
der aufgegebenen Etüde auf dem gleichen Ton aufbaute, der gewissermaßen als harmonischer Grundton fungiert. Dies hat mir den Ansporn
gegeben, die Etüde fertig zu stellen.
Das zweite Stück, »Turbulences«, ist eine Etüde über ungeordnete,
chaotische Bewegungen. Demgegenüber stehen Abschnitte von großer
rhythmischer Präzision, in denen die Wiederholung von Tönen eine
große Rolle spielt, und auch freiere, geschmeidigere, die sich in einer
Art kontinuierlichem Rubato entwickeln. Man kann sich einen Wasserlauf vorstellen, der sich mal in einem Wasserfall überstürzt, mal dahinschlängelt; oder auch wie eine Raubkatze, die beinahe übergangslos
von einer nervösen, angeregten Gestik zu einer ganz entspannten,
anschmiegsamen Haltung wechseln kann. Ganz sicher sind diese
­Vorstellungen von einer »verwirbelten Form« durch die neuliche Lektüre
wissenschaftlicher Bücher über die »Chaostheorie« gespeist worden
sind, in denen die Idee der Strudel und Wirbel einen zentralen Platz
einnimmt.
20
saint-saëns suite 1
Diese beiden Etüden sind beide für Jean-François Heisser geschrieben
worden, mit dem ich schon lange zusammenarbeite und dessen ganz
eigenen, feinen Sinn für Klanggebilde ich ebenso lange bewundere.
Septett op. 65
Erfreuten sich zur Zeit Beethovens gemischte kammermusikalische
Besetzungen noch größter Beliebtheit (so etwa sein Septett op. 20,
auf das später Schubert mit einem Oktett reagierte), sind derartige
Werke späterhin nur selten und in besonderen Kontexten anzutreffen.
Dies ist auch beim »Septett« op. 65 von Saint-Saëns der Fall, das
mit Trompete, Streichquartett, Kontrabass und Klavier eine wirklich
einmalige Besetzung aufweist. Es entstand für Émile Lemoine und
die von ihm initiierte Kammermusik-Gesellschaft mit dem in diesem
Zusammenhang kuriosen Namen »La Trompette«. Lemoine hatte vielfach um ein entsprechendes Werk mit Trompete gebeten (möglicherweise mit dem »Grand Septet Militaire« op. 114 von Johann Nepomuk
Hummel im Sinn), doch zunächst eine freundschaftliche Absage
­er­halten:
»Ich könnte dir ein Konzert für 25 Gitarren komponieren, für
­dessen Aufführung du ganz Kastilien und Andalusien entvölkern
müsstest, aber für Trompete – unmöglich!«
Saint-Saëns, der selbst bei zahlreichen Aufführungen dieser Gesellschaft mitwirkte, erfüllte zum Jahreswechsel 1879/1880 dann aber
doch den Wunsch mit leichter Feder, heiterer neobarocker Attitude
­sowie ingeniösem Witz – und schuf damit (trotz oder gerade wegen der
Besetzung) eines seiner bekanntesten Werke. Rückschauend notierte
er denn auch im Jahre 1907:
»Wenn ich daran denke, wie sehr Du mich, wider besseres Wissen
meinerseits, bestürmt hast, dieses Stück zu komponieren, das
ich nicht komponieren wollte, so kann ich beim besten Willen nicht
verstehen, dass es einer meiner großen Erfolge geworden ist.«
21
saint-saëns suite 2
Streichquartett e-Moll op. 112
Überraschend ist es gleichwohl, dass sich Saint-Saëns erst spät
dem Streichquartett zuwandte – und dies, obwohl er selbst sich gelegentlich auch auf der Violine betätigte. Dabei wäre gerade diese
­Gattung der von ihm postulierten »Beständigkeit und Zuverlässigkeit«
der Kammermusik entgegengekommen, war und ist das klanglich­
homogene und damit kompositionstechnisch anspruchsvolle Streichquartett doch ästhetisch in besonderer Weise nobilitiert: Bereits Carl
Maria von Weber, der freilich nie selbst ein Quartett vorlegte, hielt
den damit verbundenen vierstimmigen Satz für das »Nackende der
Tonkunst« (1818), und Ferdinand Hand notierte in seiner »Ästhetik
der Tonkunst« (1841): »Alle Formen des Schönen lassen sich in ihm
ausprägen.«
So war es möglicherweise eine gewisse Scheu, mit der Saint-Saëns
dieser Gattung gegenüberstand, zumal am Ende des Jahrhunderts
derartige Werke nicht mehr im halben Dutzend komponiert wurden,
sondern als herausragende Einzelwerke erschienen. Insofern wirkt das
im April 1899 auf Gran Canaria geschriebene »Streichquartett e
­ -Moll
op. 112« wie eine späte Reverenz an ein historisch gewich­tiges Repertoire – allerdings nicht im Sinne eines konservativen Klassizismus,
sondern mit einer eher resignativen, dunklen Tonsprache. Offen bleiben
muss jedoch, ob die Widmung an den großen belgischen Violinvirtuosen
Eugène-Auguste Ysaÿe bereits bei der Konzeption und der gelegentlich
hervortretenden Stimme der ersten Violine mitgedacht war. Urauf­
geführt wurde das Werk jedenfalls an unerwarteter Stelle im Mai
1899 in Buenos Aires durch ein von Saint-Saëns selbst angeführtes
­Ensemble, während es Ysaÿe wie auch Pablo de Sarasate erst einige
Monate später in Paris halböffentlich spielten.
Michael Kube
22
biografien tagungsreferenten
Michael Stegemann, geboren 1956, studierte Musikwissenschaft
und Komposition (u. a. bei Olivier Messiaen). 1981 Promotion mit
einer Arbeit über Camille Saint-Saëns. Von 1981 bis 1986 Redakteur
der Neuen Zeitschrift für Musik und Lehrtätigkeit an der Universität
Münster. Seit 2002 Professor für Musikwissenschaft an der TU Dort­
mund. Herausgeber zahlreicher Noteneditionen, Buchautor (u.a.
­Rowohlt-Monografien über Antonio Vivaldi, Camille Saint-Saëns
und Maurice Ravel, Biografie über Glenn Gould), Hörfunkmoderator
und Verfasser preisgekrönter Hörspiele und Sendereihen. Seit 2016
wissenschaftlicher Editionsleiter der 36-bändigen Ausgabe der
»Œuvres instrumentales complètes« von Camille Saint-Saëns im
Bärenreiter-Verlag (Kassel), deren erster Band – die »Orgelsinfonie« –
Grundlage der heutigen Aufführung durch das Gürzenich-­Orchester
bildet.
Annette Thein, 1970 in Hanau geboren, studierte Musikwissenschaft
in Mainz. Von 1996–2002 war sie als Lektorin bei Breitkopf &
­Härtel/­Deutscher Verlag für Musik in Leipzig tätig. Seitdem ist sie
im Lektorat des Bärenreiter-Verlags in Kassel verantwortlich für
neue ­Gesamtausgaben-Projekte und Operneditionen.
Marie-Gabrielle Soret ist Kuratorin an der Musikabteilung der
­Bibliothèque nationale de France und dort verantwortlich für
­Manuskripte und Archive des 19. und 20. Jahrhunderts. Ihre Doktorarbeit in Musikwissenschaft war den Presseschriften von Camille
Saint-Saëns gewidmet. (Veröffentlicht als »Ecrits sur la musique
et les musiciens«, Paris, Vrin, 2012.) Sie ist Mitglied des Redak­
tions­­ausschusses der kritischen Ausgabe der Saint-Saëns-Werke
beim Bärenreiter-Verlag. Sie bereitet auch die Ausgabe der Korrespondenzen des französischen Komponisten mit seinen Verlegern
und Freunden Auguste und Jacques Durand vor.
23
biografien zu saint-saëns suite 1
Biografie Jean-François Heisser auf Seite 38
Ulrike Schäfer, Violoncello begann mit 16 Jahren ihr Studium am
Richard-Strauss-­Konservatorium in München. Anschließend ging sie
für ein Jahr zu Rudolf Metzmacher nach Hannover und danach als
Stipendiatin des British Council für drei Jahre zu William Pleeth
nach London, wo sie am Royal College of Music das ARCM-Examen
mit Auszeichnung ablegte. Meisterkurse führten sie zu Mstislav
Rostropowitsch, zu Jacqueline du Pré und zu Natalja S
­ chachowskaja.
Sie ist Preisträgerin des Internationalen Pablo-­Casals-Wettbewerbs
in ­Budapest, des Internationalen ARD-Wett­bewerbs in München und
Finalistin im Internationalen Tschaikowsky-Wettbewerb in Moskau.
Seit 1988 ist sie Solo-Cellistin des Gürzenich-Orchesters Köln, mit
dem sie auch mehrfach als Solistin zu hören war, u. a. mit ­Prokofjews
»Sinfonia Concertante« unter der Leitung von Maestro Dmitri Kitajenko.
Thomas Jedamzik, Fagott studierte Fagott bei Helman Jung in
Detmold, Mathew Wilkie in Frankfurt und zuletzt bei Volker Tessmann
in L­ übeck. Schon früh spielte er in internationalen Jugendorchestern, so 1989 im Orchester des Schleswig-Holstein Musik Festivals
und 1999 als Solo-Fagottist im Gustav Mahler Jugendorchester.
2001 errang er den 1. Preis in der Kategorie Bläserquintett des
Mendelssohn-Bartholdy-Wettbewerbs in Berlin. Seine berufliche
­Orchesterlaufbahn begann er als Praktikant bei den Düsseldorfer
Symphonikern. 2003 wurde er zunächst 2. Fagottist beim GürzenichOrchester Köln; seit 2004 ist er hier Solo-Fagottist.
Bruno Feldkircher, Trompete, geboren in Schwaz (Österreich),
studierte von 1991 bis 1997 an der Musikhochschule München
bei Paul L­ achenmeir und Hannes Läubin. Er spielte u.a. bei den
Münchner Philharmonikern unter James Levine, dem Symphonie­
orchester des Bayerischen Rundfunks unter Lorin Maazel und den
Bamberger Symphonikern. Als stellvertretender Solo-Trompeter war
er von 1998 bis 2005 bei den Essener Philharmonikern und in der
Spielzeit 2005/2006 bei den Duisburger Philharmonikern engagiert, b
­ evor er 2006 als Solo-Trompeter zum Gürzenich-Orchester
Köln wechselte.
24
biografien zu saint-saëns suite 1
Demetrius Polyzoides, Violine wurde in eine Musikerfamilie
­geboren. Die Grundbegriffe des geigerisch-methodischen Denkens
lernte er von seinem Vater Christos Polyzoides. Violinstudien bei
Harald Himmel in Graz und bei Franz Samohyl in Wien mündeten
in einem Diplom mit einstimmiger Auszeichnung. Es folgten Violastudien bei Hatto Beyerle sowie Meisterkurse bei Arthur Grumiaux,
Christian Ferras, Wolfgang Marschner und Max Rostal. Von 1995
bis 1997 war D
­ emetrius Polyzoides Primarius im Leonardo Quartett
Köln und seit 1997 ist er Primarius im »Kölner Streichsextett«.
­Zudem ist er bei zahlreichen Rundfunk-, Fernseh- und CD-Aufnahmen als Solist und Kammermusiker in Europa und Asien zu hören.
­Solistisch konzertierte er u. a. mit der Wiener Kammerphilharmonie,
dem Staatlichen Orchester Thessaloniki und der Camerata der Musik­
freunde in Athen. Seit 1989 ist Demetrius Polyzoides Mitglied des
Gürzenich-Orchesters Köln.
Elisabeth Polyzoides, Violine wurde in Graz geboren. Sie studierte
bei Christos Polyzoides an der Musikuniversität Graz und bei Franz
­Samohyl an der Musikuniversität Wien. Meisterkurse bei Max Rostal,
Ramy Shevelov, Arthur Grumiaux und Wolfgang Marschner folgten.
Ihr beruflicher Weg führte sie über das Wiener Kammerorchester,
das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und das Bach
Kollegium München nach Köln, wo sie seit 1989 als Primgeigerin
im Gürzenich-Orchester tätig ist. Elisabeth Polyzoides konzertierte
als Solistin und Kammermusikerin in fast allen Ländern Europas,
in Amerika, in Japan und China. Zudem ist sie Mitglied im »Kölner
Streichsextett«. Seit über 20 Jahren unterrichtet Elisabeth Polyzoides
bei internationalen Meisterkursen. In Köln betreut sie eine studienvorbereitende Violinklasse.
25
biografien zu saint-saëns suite 1
Alvaro Palmen, Viola erhielt 4-jährig seinen ersten Violinunterricht
und wurde mit 15 Jahren Schüler von Max Rostal. Schon während
­seines Studiums in Köln und Bern war er Konzertmeister verschiedener O
­ rchester. Er besuchte Meisterkurse bei Rainer Kussmaul
und Wolfram Christ. Alvaro Palmen arbeitet auch als Dirigent, so
­dirigierte er u. a. das Gürzenich-Orchester Köln und das Jugend­
sinfonieorchester der Rheinischen Musikschule. Seit 1986 ist er
Mitglied der 1. Violinen des Gürzenich-Orchesters Köln.
Daniel Raabe, Violoncello studierte bei Wolfgang Boettcher, Zara
Nelsova und Lynn Harrell, dessen Assistent er auch war. Zudem
war er Gründungsmitglied des Ponche-Quartetts, erhielt ein Jahres­
stipendium beim LaSalle-Quartett und gastierte beim Aspen Summer
Festival. Daniel Raabe war Mitglied des Kammerorchesters der
­Jungen Deutschen Philharmonie und Mitbegründer des Kammer­
orchesters Oriol in ­Berlin. Seit jeher beschäftigt er sich intensiv mit
Neuer Musik. So war er Mitglied von »work in progress« in Berlin
und gastierte bei der musikFabrik NRW und beim Ensemble Modern.
Seit 1990 ist er Cellist beim Gürzenich-Orchester Köln; zudem ist
er Mitglied des Orchesters der Bayreuther Festspiele.
Johannes Seidl, Kontrabass studierte zunächst Violine an der
Musikhochschule München und begann später ein Jazzstudium am
Richard Strauss Konservatorium München, von dem er in das Hauptfach »klassischer Kontrabass« bei Caius Oana wechselte. An der
Musikhochschule Nürnberg legte er bei Dorin Marc das künstle­
rische Diplom mit A
­ uszeichnung und das Meisterklassendiplom ab.
Seit August 2001 ist Johannes Seidl Solo-Kontrabassist beim
­Gürzenich-Orchester Köln. Darüber hinaus ist er regelmäßig als
­Solist und Kammer­musiker zu erleben. Als Pädagoge engagiert er
sich u. a. an der ­Orchesterakademie Nordrhein-Westfalen in Dortmund
und bei der Jungen Deutschen Philharmonie. Von 2010 bis 2011
war Johannes Seidl Gast-Professor an der Universität für Musik und
darstellende Kunst in Graz.
26
biografien zu saint-saëns suite 2
Nathalie Streichardt, Violine studierte an der Robert Schumann
Hochschule in Düsseldorf bei Ida Bieler (Mitglied des Melos Quartetts), wo sie 1998 ihr Künstlerisches Examen mit Auszeichnung
ablegte. Als Stipendiatin der Londoner Guildhall School of Music
führte sie ihre Studien bei David Takeno fort. Sie ist Preisträgerin
verschiedener Wettbewerbe und Stipendiatin des »Stiftverbandes
für die deutsche Wissenschaft« und der »Villa Musica«. Seit 1999
ist Nathalie Streichardt Mitglied des Gürzenich-Orchesters. Neben
ihrer Orchestertätigkeit ist sie in verschiedenen Kammermusik­
ensembles aktiv. Sie ist Gründungsmitglied des Danaë-Ensembles
und spielt seit 2009 im renommierten Rubin-Quartett. Zudem hat
sie einen Lehrauftrag für Violine und Fachdidaktik an der Robert
Schumann Hochschule Düsseldorf.
Petra Hiemeyer, Violine, geboren in Ulm, wurde als Zehnjährige in
die Geigenklasse des Leopold-Mozart-Konservatoriums in Augsburg
aufgenommen. 1994 machte sie bei Heinz Endres die Aufnahmeprüfung an der Hochschule für Musik in München und schloss ihr
Studium 2000 mit dem Meisterklassendiplom bei Kurt Guntner ab.
Orchestererfahrungen sammelte Petra Hiemeyer u. a. im Bayerischen
Landesjugendorchester und im Bundesjugendorchester, im Münchner
Rundfunkorchester und bei den Münchner Philharmonikern. Sie ist
seit ­Januar 2000 Mitglied der 1. Violinen des Gürzenich-Orchesters
Köln.
27
biografien zu saint-saëns suite 2
Eva-Maria Wilms, Viola wurde in Mesum (Westfalen) geboren und
studierte Bratsche in München und Lübeck bei Hariolf Schlichtig und
Barbara Westphal. Die Stipendiatin von Villa Musica und der Orchesterakademie München hatte Zeitverträge beim NDR Hamburg und der
Staatsoper München. Nach vier Jahren an der Staatsphil­harmonie
Rheinland-Pfalz wurde sie 2002 Mitglied im Gürzenich-­Orchester.
Neben ihrer Tätigkeit im Orchester ist sie als Kammermusikerin
­aktiv.
Daniela Bock, Violoncello erhielt ihren ersten Cellounterricht im
­Alter von 14 Jahren bei Fritz Kommerell und später bei Annette
Fuhrmann in Bielefeld. Sie studierte in Amsterdam bei Dimitri
Ferschtman und Melissa Phelps. Ihr Aufbaustudium absolvierte sie
bei Johannes Goritzki in Düsseldorf. Nach ihrem Orchesterpraktikum
bei den Duisburger Philharmonikern und dreijähriger Aushilfstätig­keit
beim Gürzenich-Orchester Köln war Daniela Bock von 2006 bis
2012 festes Mitglied der Bielefelder Philharmoniker. Seit 2013
ist sie freischaffende Musikerin und wirkt als Gast in verschiedenen
Orchestern mit, darunter u. a. beim Gürzenich-Orchester Köln, beim
WDR Funkhaus­orchester und bei den Dortmunder Philharmonikern.
Neben ihrer Tätigkeit im Orchester spielt sie in verschiedenen Kammer­
ensembles in Köln.
28
29
sinfoniekonzert 04
11. Dezember 2016, 11 Uhr
12./13. Dezember 2016, 20 Uhr
Kölner Philharmonie
Camille Saint-Saëns
»Danse macabre« (Totentanz) g-Moll op. 40 (1874) 8’
Konzert für Klavier und Orchester Nr. 5 F-Dur
»Ägyptisches Konzert« (1896) 29’
Allegro animato
Andante – Allegretto tranquillo
Molto allegro
Pause
Sinfonie Nr. 3 c-Moll
»Orgelsinfonie« op. 78 (1885-1886) Adagio – Allegro moderato
Poco adagio
Allegro moderato – Presto
Maestoso – Allegro
38’
Jean-François Heisser Klavier
Daniel Roth Orgel
Gürzenich-Orchester Köln
François-Xavier Roth Dirigent
So 10 Uhr und Mo + Di 19 Uhr: Konzerteinführung mit Michael Kube
Das Konzert am 11. Dezember 2016 wird für das Radio aufgezeichnet.
Sendetermin Deutschlandradio: 16.12.2016, 20.03 Uhr
Sendetermin WDR 3: 16.01.2017, 20.04 Uhr
Das Konzert am 13. Dezember 2016 wird im Rahmen von GO PLUS
live ins Internet übertragen und ist wenige Tage später über unsere
Homepage www.guerzenich-orchester.de als Videostream verfügbar.
30
»La Danse macabre des femmes«, französische Druckgrafik von 1491
Zick und zick und zack, so klopft der Tod im Takt
mit seiner Ferse an einen Grabstein,
um Mitternacht spielt der Tod eine Tanzweise,
zick, zick und zack, auf seiner Geige.
Der Winterwind bläst und die Nacht ist finster;
aus den Lindenbäumen ächzt es;
die weißen Skelette kreuzen den Schatten,
laufend und springend in ihren großen Leinentüchern.
Zick und zick und zack, jeder wiegt sich hin und her,
man hört die klappernden Knochen der Tanzenden.
[Ein lüsternes Paar setzt sich ins Moos,
als wolle es vergangene Wonnen genießen.]
Zick und zick und zack, ohne Unterlass,
kratzt der Tod auf seinem kreischenden Instrument.
Doch still! Plötzlich beendet man den Reigen,
man stößt sich, man flieht, der Hahn hat gekräht.
Henri Cazalis (1840–1909) aus »Égalité, Fraternité …«
31
Von Geigen und Knochen
Danse macabre op. 40
Von seinen insgesamt fünf vollendeten Sinfonien übernahm SaintSaëns nur drei in die offizielle Zählung: op. 2, 55 und 78. Daneben
wandte er sich wiederholt der älteren Form der Konzertouvertüre und
vor allem in den 1870er-Jahren der Sinfonischen Dichtung zu, nach
dem Vorbild von Franz Liszt. Und doch war es nicht allein seine Bewunderung für den Weimarer Kapellmeister, die ihn zur Auseinandersetzung mit der zu jener Zeit ästhetisch umstrittenen Programmmusik
anregte, sondern die durch einen außermusikalischen Inhalt beträchtlich erweiterten Gestaltungsmöglichkeiten, wie er selbst darlegte:
»Die Form der sinfonischen Dichtung lässt sich ad infinitum
­variieren […] So bietet die Kunst das weiteste Feld, um seine
Kraft zu erproben, bietet die größtmögliche Variabilität der Form,
bietet die größtmögliche Freiheit.«
Und tatsächlich wählte Saint-Saëns bei seinen Sinfonischen Dichtungen
»Le rouet d’Omphale« op. 31 (»Omphales Spinnrad«) und »La jeunesse
d’Hercule« op. 50 Sujets, die er trotz einiger bildhafter Momente nicht
wörtlich umsetzte, sondern eher als formende Idee verstand:
So erläuterte er, die Grundidee von »Le rouet d’ Omphale« sei »die
Sinnlichkeit, die des Phaeton der Hochmut.«
Camille Saint-Saëns
* 09. Oktober 1835 in Paris
† 16. Dezember 1921 in Algier
»Danse macabre« (Totentanz) g-Moll op. 40
Entstehungsjahr: 1872 im marokkanischen Tanger, ursprünglich für
­Gesang und Klavier komponiert; 1874 Umarbeitung zur Orchester­
fassung. Uraufführung: 1875 in Paris. Vom Gürzenich-Orchester
zuletzt und gleichzeitig auch erstmals auf­geführt am 02.06.1927
unter der L­ eitung von Hermann Abendroth, Violinsolo gespielt von
Reinhard Wunderlich.
32
Im Gegensatz dazu wirkt die 1874 entstandene »Danse macabre«
op. 40 motivisch wie klanglich so detailverliebt, dass die musikalisch
erzählte Geschichte vom ersten Takt unmittelbar fasslich erscheint:
Wie von ferne schlägt es zwölfmal zur Mitternacht (Harfe), daraufhin
erscheint sogleich Gevatter Tod mit seiner Violine (dargestellt durch
den mehrfachen Wechsel von diabolischem Tritonus und reiner Quinte)
und spielt zum Tanz auf. Mit dem erstmals in komponierter Musik
eingesetzten, in bildlichen Darstellungen aber schon seit der frühen
Neuzeit bekannten Xylophon hört man gar die Knochen der Skelette
klappern – eine Melodie, die Saint-Saëns aus dem zwei Jahre zuvor
entstandenen Totentanz-Lied nach einem Text von Henri Cazalis
(1840–1909) übernahm, während die dazu kontrastierende lang
­gezogene Linie eher an das »Komm, geh’ mit mir« aus Schuberts
­»Erlkönig« erinnert. Im kurzen Fugato ist der Anfang des »Dies irae«
aus der Totenmesse als Zitat versteckt, das schon vielfach in der
­Musikgeschichte, so auch bei Berlioz (»Hexensabbat«) und Liszt
­(»Totentanz«), Verwendung gefunden hatte. Erst durch einen Hahnenschrei (Oboe), mit dem der Tag erwacht, endet der Spuk.
Michael Kube
34
Konzert auf dem Nil …
Konzert für Klavier und Orchester Nr. 5
F-Dur op. 103
Beim fünften und letzten Klavierkonzert von 1896 handelt es sich
hinsichtlich des zeitlichen Abstands zum vierten (op. 44, 1875) um
ein »Alterswerk« – im Bereich Solokonzert folgte ihm nur noch ein
zweites Konzert für Violoncello. Geschrieben wurde es mit Blick auf
das Jubiläumskonzert am 6. Mai, mit dem der 50. Jahrestag seines
Debüts in der Salle Pleyel gefeiert wurde. Saint-Saëns hatte dem
­Anlass entsprechend den Solopart selbst übernommen und konnte
auf diese Weise sein persönliches Ideal einer solchen Komposition,
die über Jahrzehnte traditionell vor allem brillanter Virtuosität gedient
hatte, in doppelter Weise zeigen – als Schöpfer wie auch als Interpret:
»Das Solo eines Konzerts muss wie eine dramatische Rolle
­angelegt und behandelt werden.«
Auch im letzten Klavierkonzert stehen die teilweise erheb­lichen spieltechnischen Anforderungen hinter der musikalischen G
­ estaltung zurück – so, wie dieser Anspruch erstmals von Robert Schumann in das
romantische Klavierkonzert eingeführt wurde. Auch Saint-Saëns geht
es um die wechselseitige Durchdringung von Solo und Orchester-Tutti,
erkennbar im Kopfsatz schon in der ersten Themengruppe, wenn zunächst das Klavier allein den melodischen Bogen entfaltet, dann aber
den Violinen auf wundervoll lichte und leichte Art sekundiert. Von
zentraler Bedeutung ist der langsame Satz, der letztlich dem Werk
auch den Beinamen »das Ägyptische« verliehen hat. Zwar ist die
­gesamte Partitur während einer Reise durch das Land am Nil ent­
standen (damals unter britischer Verwaltung), vor allem in der ober­
ägyp­tischen Stadt Luxor, der »Stadt der Paläste«. Doch ist es vor
allem das Andante, in dem sich die dort aufgenommenen exotischen
­Klänge widerspiegeln, wie Saint-Saëns selbst beschreibt:
Konzert für Klavier und Orchester Nr. 5 F-Dur op. 103
Entstehungsjahr: 1896 in Luxor, während seiner zweiten Ä
­ gyptenreise.
Uraufführung: Am 02. Juni 1896 in Paris, anlässlich des 50-jährigen
Bühnenjubiläums von Camille Saint-Saëns. Vom Gürzenich-Orchester
zuletzt aufgeführt beim 5. Sommersinfonie­konzert am 13. Juli 1903
unter dem Dirigat von Fritz Steinbach. Den Klavierpart spielte Victor
Staub.
35
Detail der ägyptischen Tempelanlage Ramses II. in Abu Simbel;
Aufnahme aus dem 19. Jahrhundert
»Eine Art Orientreise, die in der Episode in Fis-Dur sogar bis zum
Fernen Osten vordringt. Die Passage in G-Dur ist ein nubisches
­Liebeslied, das ich von Schiffern auf dem Nil singen gehört
­habe, als ich auf einer Dahabieh den Strom heruntersegelte.«
Ferner hielt er das Zirpen der Grillen auf einem Skizzenblatt in N
­ oten
fest. Auch das kantigere Finale (»die Freude einer Seereise – eine
Freude, die nicht jedermann teilt«) lässt in manchen Wendungen an
die Kultur des fernen Landes denken. Schon mehrfach hatte SaintSaëns das Mittelmeer gen Afrika überquert: Seit 1873 reiste er
­immer wieder (auch aus gesundheitlichen Gründen) während der
­Wintermonate nach Algerien; Konzertreisen und private Expeditionen
führten den frühen Globetrotter darüber hinaus nach Skandinavien,
Russland, Nord- und Südamerika sowie nach Indochina.
Michael Kube
36
… mit klingender Königin
Sinfonie Nr. 3 c-Moll op. 78 (Orgelsinfonie)
Angesichts der nationalistischen Bestrebungen der französischen Sin­
fonik im 19. Jahrhundert mutet es wie eine Ironie der Geschichte an,
dass Camille Saint-Saëns zu seinem instrumentalen Hauptwerk, der
Sinfonie Nr. 3 c-Moll op. 78, ausgerechnet durch einen Kompositionsauftrag der britischen Royal Philharmonic Society in London angeregt
wurde. Dort führte er auch das Werk am 19. Mai 1886 als D
­ irigent
erstmalig auf. Gewidmet ist die Komposition im Druck »à la mémoire
de Franz Liszt«, der am 31. Juli in Bayreuth verstorben war – nicht nur
als Zeichen des persönlichen Angedenkens, sondern auch mit Blick
auf die zyklische Struktur der Partitur. So basieren alle Sätze zum einen
auf gemeinsamen motivischem Material (worin auch wieder die ersten
Töne der mittelalterlichen Sequenz »Dies irae« enthalten sind). Zum
anderen gehen sie formal so ineinander über, dass jeweils die ordnende Reprise entfällt und die Sätze sich erst am Ende des Werkes
gegenseitig zu einem Zyklus ergänzen – ganz in der Weise, wie dies
Liszt auch in der Klaviersonate h-Moll (1854) eindrücklich gezeigt hatte.
Entsprechend notierte Saint-Saëns in seinem zur Uraufführung gedruckten Kommentar:
»Obwohl diese Sinfonie in zwei Sätze unterteilt ist, behält sie im
Prinzip die traditionelle Viersätzigkeit bei; so dient der erste Satz,
der in der Durchführung abbricht, als Einleitung zum Adagio, und
auf dieselbe Weise ist das Scherzo mit dem Finale verknüpft.
­Dabei ging es dem Komponisten darum, endlose Rekapitula­tionen
und Wiederholungen zu vermeiden.«
Der schon früh für das Werk etablierte Beiname »Orgelsinfonie« sollte
allerdings nicht allzu wörtlich genommen werden. Denn tatsächlich
kommt der Königin der Instrumente trotz ihrer Strahlkraft keine ausgewiesen obligate (also: selbstständige) oder gar konzertante Funk­
tion innerhalb der Komposition zu; sie erklingt ohnehin erstmals – und
dafür umso effektvoller – im Poco Adagio überschriebenen langsamen
zweiten Satz und dann erst wieder im Finale, während im dazwischen
Sinfonie Nr. 3 c-Moll op. 78 »Orgelsinfonie«
Entstehungsjahre: 1885–1886, dem Komponisten Franz Liszt gewidmet.
Uraufführung: Am 19. Mai 1886 in London unter der Leitung von
­C amille Saint-Saëns. Vom Gürzenich-Orchester zuletzt gespielt am
24. Januar 2006 mit dem Organisten Martin Lücher unter der Leitung
von Marin Alsop.
37
Camille Saint-Saëns an der Orgel, Aufnahme von 1920
liegenden Scherzo für verschiedene Skalenläufe ein Klavier verlangt
wird (für wenige Takte sogar vierhändig). Entscheidender als diese
reizvolle instrumentale Besonderheit dürfte für das Werk als Ganzes
vielmehr die überaus pralle Besetzung der Bläser sein: so kommen
4 Hörner, 3 Trompeten, Posaunen und Tuba sowie Piccolo-Flöte, Englischhorn, Bassklarinette und Kontrafagott zum Einsatz. Mit ihnen
­erzeugt Saint-Saëns am Ende des zwischen kontrapunktischer Dichte
und furiosem Drängen changierenden Finales eine alles überstrahlende klangliche Apotheose.
Man mag dem Komponisten, der als Dirigent die Bedeutung des
Werkes genau einzuschätzen wusste, nur beipflichten:
»Hier habe ich alles gegeben, was ich geben konnte. So etwas
wie dieses Werk werde ich nie wieder schreiben.«
Michael Kube
38
Jean-François Heisser ist eine allumfassende Künstler-Persönlichkeit: Pianist, Dirigent, und ein vielseitig gebildeter Pädagoge. Seit
1991 unterrichtet er Klavier am Conservatoire National Supérieur de
Musique in Paris. Seit 2001 ist Jean-François Heisser Musika­lischer
Direktor des Orchestre de Poitou-Charentes, das sich unter seiner
Leitung zu einem der führenden Kammerorchester Frankreichs ent­
wickelt hat. Zudem ist er Gastdirigent und Künstlerischer Leiter mehrerer Institutionen und Festivals. Als Solist tritt Jean-François Heisser
mit so renommierten Dirigenten wie Marek Janowski, Leif Segerstam,
Emmanuel Krivine und Zubin Mehta auf und ist u. a. mit Orchestern
wie dem London Symphony, dem Royal Philharmonic, dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, dem Orchestre de Paris
und dem Ensemble Les Siècles zu erleben.
In seinen Soloabenden widmet er sich vor allem dem Repertoire
von Beethoven, Brahms und Chopin sowie Werken spanischer
und französischer Komponisten. Daneben setzt sich Jean-François
Heisser besonders für Kompositionen des 20. Jahrhunderts und
­Uraufführungen ein, darunter u. a. die Turangalilâ-Symphonie und
»Des Canyons aux Etoiles« von Olivier Messiaen sowie die drei
Hauptwerke für K
­ lavier von Philippe Manoury. Als Kammermusiker
konzertierte er u. a. mit den Streichquartetten Ysaÿe, Lindsay und
Prazak. Seine D
­ iskografie umfasst mehr als 40 Einspielungen,
­darunter u. a. die Aufnahme des Gesamtwerks von Paul Dukas, Werke
spanischer Komponisten und eine Aufnahme der Violinsonaten
von Bartók mit Peter Csaba. 2016 erschien zudem eine Einspielung
aller Klavierkonzerte Beethovens, vom Klavier aus geleitet. JeanFrançois Heisser tritt in diesen Konzerten erstmals mit dem GürzenichOrchester Köln auf.
39
Daniel Roth, weltweit als einer der führenden französischen Orgelvirtuosen bekannt, hat als Interpret wie als Lehrer verschiedene
prestigeträchtige Positionen eingenommen. Die erste musikalische
Ausbildung erhielt er am Conservatoire Mulhouse-Alsace und wechselte anschließend ans Conservatoire National Supérieur in Paris.
1966 gewann er in Paris den »Prix de haute exécution et d’improvi­
sation des Amis de l’orgue« und 1971 den »Premier Grand Prix de
Chartres« für Interpretation und Improvisation. Mit 20 Jahren debü­
tierte er an der Pariser Basilika Sacré-Cœur in Montmartre als
­Assistent seiner Orgelprofessorin Rolande Falcinelli, der er später
dort auch als ­Titularorganist nachfolgte, ehe er 1985 in der gleichen Funktion an die Kirche St-Sulpice wechselte. Nach Jahren
der Lehrtätigkeit an Hochschulen und Konservatorien in Marseille,
Strasbourg und Saarbrücken war Daniel Roth von 1995 bis 2007
Professor für Orgel an der Musikhochschule Frankfurt am Main.
Seit mehreren Jahren ist er ein international gefragter Konzert­
organist und bei den weltweit bedeutendsten Orchestern zu erleben.
Darüber hinaus gibt Daniel Roth Meisterkurse und wirkt als Jury­mit­
glied bei Wettbewerben mit. Zahlreiche Fernseh- und CD-Aufnahmen
für Label wie Philips, EMI und Arion belegen sein weites, künstlerisches
Spektrum. Daniel Roth ist auch als Komponist tätig und hat u. a.
Werke für O
­ rgel solo, Flöte und Orgel, Chor und Orgel sowie für
­Orchester bei den Verlagen Leduc, Bärenreiter, Schott (Mainz), Novello
und Butz veröffentlicht. Für seine vielfäl­tigen Verdienste wurde er
zum ­»Chevalier de la Légion d’Honneur«, »Officier de l’Ordre des
Arts et des Lettres« und zum »Honorary F­ ellow of the Royal College
of Organists« ernannt. Daniel Roth war erstmals im Herbst 2015
im Rahmen des Domkonzertes beim Gürzenich-Orchester zu Gast.
40
41
François-Xavier Roth
François-Xavier Roth, geboren 1971 in Paris, gehört zu den charismatischsten und mutigsten Dirigenten seiner Generation. Sein Repertoire
reicht von der Musik des 17. Jahrhunderts bis hin zu zeitgenössischen
Werken und umfasst alle Gattungen: sinfonische Musik, Oper und
­Kammermusik. Im Jahr 2003 gründete er das innovative Orchester
Les Siècles, das sowohl auf neuen wie auf alten Instrumenten musiziert,
je nach Werk und oftmals im Wechsel während des gleichen Konzertes.
Von 2010 bis 2016 war François-Xavier Roth Chefdirigent des SWR
­Sinfonieorchesters Baden-Baden und Freiburg; seit dem 1. September
2015 ist er Gürzenich-Kapellmeister und Generalmusikdirektor der Stadt
Köln. Roth ist für seine ungewöhnliche Programmgestaltung bekannt,
und sein geradliniger Ansatz und seine Überzeugungskraft werden in
aller Welt geschätzt. Er arbeitet mit führenden Orchestern zusammen,
darunter die Berliner Philharmoniker, das Royal Concertgebouw­orkest
Amsterdam, das Boston Symphony Orchestra und das London Symphony
Orchestra. In seiner zweiten Spielzeit an der Kölner Oper dirigiert FrançoisXavier Roth Ravels »L’enfant et les sortilèges / L’heure espagnole«,
die Wiederaufnahme der Oper »Benvenuto Cellini« von Berlioz sowie
Mozarts »Le nozze di Figaro«. Zu seinem Opernrepertoire gehören u. a.
Offenbachs »Les Brigands« und »Lakmé« von Delibes an der Opéra-­
Comique in Paris und Morton Feldmans »Neither« an der Berliner
Staatsoper. Seine zahlreichen CD-Einspielungen, u. a. mit Les Siècles
(mit dem er 2016 den Jahrespreis der Deutschen Schallplattenkritik
für Strawinskys Ballett­musiken erhielt), dem London Symphony Orchestra
und dem SWR Sinfonieorchester genießen hohe Wertschätzung.
Mit dem Gürzenich-Orchester führt er die Zusammenarbeit mit Philippe
Manoury als »Komponist für Köln« mit Uraufführungen weiter und leitet
darüber hinaus die Asien­tournee 2017 des Orchesters. Kinder- und
Mitmachkonzerte, wie in der letzten Spielzeit »Planeten« mit jungen
­Tänzern und dem Orchester der Rheinischen Musikschule und grenz­
überschreitende Projekte wie »CityLife« mit den Künstlern des Kölner
Elektro-Labels Kompakt, gehören zu den festen Bestandteilen seiner
Arbeit. François-Xavier Roth leitet das wegweisende LSO Panufnik Young
Composer Scheme und gründete gemeinsam mit dem Festival Berlioz
und Les Siècles die Orchester­akademie Jeune Orchestre Européen
­Hector Berlioz, die über eine eigene Sammlung historischer Instrumente
verfügt. Für das französische Fernsehen konzipierte er mit Les Siècles
die Serie Presto, die während ihrer dreijährigen Laufzeit wöchentlich ein
Publikum von durchschnittlich drei Millionen Zuschauern erreichte.
42
orchesterbesetzung
I. VIOLINEN Torsten Janicke,
Alvaro Palmen, Dylan Naylor, Chieko
Yoshioka-Sallmon, Andreas Bauer,
Rose Kaufmann, Adelheid NeumayerGooses, Demetrius Polyzoides,
Elisabeth Polyzoides, Judith
­Ruthenberg, Colin Harrison,
Petra Hiemeyer, Anna Kipriyanova,
Juta Õunapuu-Mocanita, Toshiko
Tamayo
HARFEN Antonia Schreiber
II. VIOLINEN Sergei Khvorostuhin,
Christoph Rombusch, Marie Daniel,
Andreas Heinrich, Marek Malinowski,
Stefan Kleinert, Martin Richter,
Joanna Becker, Hae-Jin Lee,
Anna Isabel Fritz, Ayca Akünal**,
Will Grigg, Helen Kim-Hoffmann*,
Alexander Grotov*
FAGOTTE Constantin Gerstein-­
Ichimescu, Diana Rohnfelder*,
Klaus Lohrer
BRATSCHEN Susanne Duven,
Martina Horejsi-Kiefer, Bruno Toebrock,
Gerhard Dierig, Annegret Klingel,
Antje Kaufmann, Ina Bichescu,
Eva-Maria Wilms, Felix Weischedel,
Veronika Weiser*, Mircea Mocanitu*,
Eva-Maria Klose*
VIOLONCELLI Ulrike Schäfer, Joachim
Griesheimer, Ursula Gneiting-Nentwig,
Johannes Nauber, Klaus-Christoph
Kellner, Franziska Leube, Daniel Raabe,
Sylvia Borg-Bujanowski, Katharina ApelHülshoff, Francesca Fiore**
KONTRABÄSSE Johannes Seidl,
Johannes Eßer, Konstantin Krell,
Krasen Zagorski*, Wolfgang Sallmon,
Jason Witjas-Evans, Euseon Jang*,
Markus Vornhusen*
FLÖTEN Alja Velkaverh, André Sebald,
Christiane Menke
OBOEN Tom Owen, Sebastian Poyault,
Ikuko Homma
KLARINETTEN Blaž Šparovec,
Ekkehardt Feldmann, Thomas Adamsky
HÖRNER Markus Wittgens,
Gerhard Reuber, Andreas Jakobs,
David Neuhoff
TROMPETEN Bruno Feldkircher,
Matthias Jüttendonk,
Klaus von der Weiden
POSAUNEN Aaron Außenhofer-Stilz,
Christoph Schwarz, Fabian Schmidt*
TUBA Karl-Heinz Glöckner
PAUKE Robert Schäfer
SCHLAGZEUG Alexander Schubert,
Christoph Baumgartner,
Markus Knoben**
KLAVIER Alexander Mathas*,
Paolo Alvares*
* Gast
** Orchesterakademie des Gürzenich-Orchesters
Stand: 01. Dezember 2016
Ein•klang
Konzertreihe 16/17
Sonntag 04.12.2016 18:00 - Köln
1892 - EIN HERVORRAGENDES JAHR
Sonntag 08.01.2017 18:00 - Köln
ALTES IM NEUEN GEWAND
Sonntag 05.02.2017 18:00 - Köln
Montag 06.02.2017 20:00 - Bonn
OKTETTE
Sonntag 05.03.2017 18:00 - Köln
BACH MEETS JAZZ
Spielort Köln
Sancta Clara-Keller
Am Römerturm 3 • 50667 Köln
Köln
+
Bonn
Sonntag 23.04.2017 18:00 - Köln
Montag 24.04.2017 20:00 - Bonn
R(H)EIN KAMMERMUSIKALISCH
Sonntag 07.05.2017 18:00 - Köln
WORLD WINDS - BLÄSER TRADITIONEN
Sonntag 25.06.2017 18:00 - Köln
Montag 26.06.2017 20:00 - Bonn
KOECHLIN – KOMPONISTEN IM FOKUS
Spielort Bonn
Historischer Gemeindesaal
Kronprinzenstraße 31 • 53173 Bonn
KammerMusik für Köln
www.kammermusik-für-köln.de
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orchesteraktuell
Ungeheuerlich und ohne Vibrato
Die Orgelsinfonie in der kritischen
Neuedition des Bärenreiter-Verlages
»Ich warne Sie: Es wird ungeheuerlich!« Vermutlich waren diese Worte
von Camille Saint-Saëns gegenüber seinem Auftraggeber, der Phil­
harmonic Society London, mehr als Versprechen, denn als Drohung
zu verstehen. Die »Ungeheuerlichkeit«, eine Orgel in ein sinfonisches
Werk zu integrieren, wurde in den Ohren der Zeitgenossen nur dadurch
übertroffen, dass Saint-Saëns im letzten Satz auch noch ein vierhändig
zu spielendes Klavier vorsah. Selbst Hector Berlioz, der vor Kühn­
heiten in der Instrumentation nicht zurückschreckte, war der Ansicht:
»Unzweifelhaft vermag man die Orgel mit den verschiedenen Elementen, die das Orchester bilden, zu vermischen, und man hat es auch
mehrmals getan; allein es ist nur eine Herabwürdigung dieses majes­
tätischen Instrumentes, wenn man ihm eine so untergeordnete Rolle
zuerteilt.«
Nicht unmöglich, dass das Vorbild des späteren Widmungsträgers
der Orgelsinfonie, Franz Liszt, hier eine Rolle gespielt hat: In seiner
Sinfonischen Dichtung »Hunnenschlacht« (1856/1857) hatte Liszt
unterstrichen, dass die Orgel ohne weiteres als Orchesterinstrument
bestehen kann. Oder war es der genius loci des Uraufführungsortes,
der solch »Ungeheuerliches« in ihm anregte? In der Londoner St. James
Hall befand sich eine Orgel, die unter Organisten liebevoll »The Beast«
genannt wurde.
Ein Blick in die Entstehungsgeschichte der »Orgelsinfonie« offenbart
den verblüffenden Umstand, dass Camille Saint-Saëns seine beiden
populärsten Werke gewissermaßen gleichzeitig schuf: Die »Orgel­
sinfonie« schloss er erst ab, nachdem er den »Karneval der Tiere«
vollendet hatte! Sein Verleger Durand wartete ungeduldig auf die
­Fertigstellung der Sinfonie: »Ich kenne Sie: Kaum dass Sie den letzten
Federstrich getan haben, kommen Sie tags darauf an und wollen
­wissen, ob schon alles gestochen, korrigiert, gedruckt und in alle
vier Himmelsrichtungen verschickt ist [...]«, neckte Durand seinen
Komponisten.
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Manuskript (Ausschnitt) der Sinfonie Nr. 3, der »Orgelsinfonie«
Trotz der skrupulösen Korrekturen von Camille Saint-Saëns enthielten
die bisherigen Ausgaben der »Orgelsinfonie« nach wie vor Druckfehler,
die in der kritischen Neuausgabe des Bärenreiter-Verlages, die das
Gürzenich-Orchester in diesem Konzertprogramm erstmals verwendet,
bereinigt sind. Der Herausgeber Michael Stegemann hebt noch einmal
die Genauigkeit der dynamischen Abstufungen hervor, die Saint-Saëns
vorgenommen hat und zitiert einen Artikel des Komponisten im
»Echo de Paris« (1915) mit wichtigen aufführungspraktischen Hinweisen:
»Vor fünfzig Jahren spielten die Orchester immer zu laut; heute ist
es das Gegenteil; sobald irgendwo die Angaben piano oder sogar
­diminuendo erscheinen, verstummt alles; zwanzig Geigen, die unisono
spielen, sind kaum zu hören; die kantablen Melodien ›singen‹ nicht
mehr, eine Unmenge an wichtigen Details ist nicht mehr wahrnehmbar. Ich brauchte sehr viel Hartnäckigkeit, um den Musikern klar zu
machen, dass ein Piano nicht dasselbe ist wie ein Pianissimo, und
dass kantable Melodien ›gesungen‹ werden müssen. […] Wie das
Fortissimo muss das Pianissimo eine Ausnahme bleiben – nur dann
kommt es zu großer Wirkung; aber in einem großen Saal ist sein
Missbrauch ein Irrtum. Ich habe ein solches extremes Pianissimo
am Anfang des Adagios meiner Symphonie verlangt, und gleichzeitig
den Verzicht auf Vibrato, dessen ständiger Gebrauch auch zu den
­Untugenden moderner Aufführungspraxis gehört; es sollte gleichfalls
die Ausnahme darstellen und nur in jenen Passagen eingesetzt
­werden, die besonders gefühlvoll sind.«
Patrick Hahn
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orchesteraktuell
Schulkonzert01:
Auch hier tanzten die Skelette
Die »Danse macabre« von Camille Saint- Saëns ist nicht unbedingt ein
Stück, das einem direkt in den Sinn kommt, wenn man an Musikvermittlung für ein Publikum von unter 10-Jährigen denkt. Am 09. Dezember
aber hat das Education-Programm »Ohrenauf!« des Gürzenich-Orchesters Köln das junge Publikum mit dem schaurig-schönen Werk des
französischen Komponisten vertraut gemacht. Dabei ist »Mitmachen!«
das Stichwort. Schüler der ersten bis zur vierten Klasse haben zusammen mit der Moderatorin Anne Kussmaul die geisterhaften Instrumente
des Orchesters erforscht, eigenhändig eine Gruselmusik entwickelt
und sind der »Danse macabre« in all ihren Facetten auf den Grund
gegangen: Welches Instrument hört sich wohl an wie ein tanzendes
Skelett und was passiert, wenn die Turmuhr zwölfmal schlägt? Unter
der Leitung von François-Xavier Roth haben die Schüler live miterlebt,
wie sich die Philharmonie in einen Tanzsaal für kleine Skelette und
Geister verwandeln kann.
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Mitsingen, Tanzen, einmal selbst auf der Bühne stehen – all das ist
möglich in den »Ohrenauf!«-Schulkonzerten. Das Gürzenich-Orchester
lädt insgesamt fünf Mal im Jahr zum Schulkonzert ein. Auf dem Programm steht jedes Mal ein anderes Werk aus dem aktuellen Sinfoniekonzertprogramm. Angeboten werden sowohl Schulkonzerte für
Grundschulen sowie für weiterführende Schulen. Die Kernidee dabei
ist es, die Schülerinnen und Schüler aktiv in das Konzertgeschehen
einzubinden und sie sogar selbst mitzuwirken zu lassen. Zusätzlich
bietet »Ohrenauf!« den Lehrerinnen und Lehrern im Vorfeld Unterrichtsmaterialien an, mit denen der Konzertbesuch mit Vorschlägen zur
praktischen Auseinandersetzung vorbereitet werden kann. Einige
Schulklassen werden auch von Musikerinnen und Musiker des
­Gürzenich-Orchesters in der Schule besucht und erhalten eine inter­
aktive Konzerteinführung.
Patricia Knebel, Catharina Starken
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orchesteraktuell
Ton-Bilder [4]
P. Dittrich (Lebensdaten unbekannt)
Allée des Pyramides, um 1890
Albuminabzug, 20,8 x 26,8 cm
Museum Ludwig Köln
Das Ägypten, das Camille Saint-Saëns in den 1890er-Jahren besuchte,
war von europäischen Fotografen immer wieder durchreist und fotografisch dokumentiert worden. In Mappen gebunden, als Einzeltafeln
oder in Büchern verbreiteten sich ihre Bilder rasch und verstärkten
die Orientsehnsucht vieler Künstler. Der deutsche Fotograf Dittrich
eröffnete in den 1880er-Jahren ein Atelier in Kairo. Als Hoffotograf
des ägyptischen Königs nahm er zahlreiche altägyptische Monumente
auf. Auffällig ist aber sein westlicher Blick: Die tief ins Bild führende
Allee ist ein vertrautes Motiv in der europäischen Landschaftsmalerei.
Wie eine ferne Erscheinung zeichnen sich im Hintergrund Pyramiden
oder ein Kamel ab. So vermischen sich europäische Bildkonzepte mit
orientalischen Motiven – ganz ähnlich wie im »Ägyptischen Konzert« von
Saint-Saëns Orient und Okzident musikalisch ineinanderfließen. Das
Werk ist Teil der umfangreichen Sammlung Fotografie des Museum
Ludwig und kann gegen Anmeldung im Studienraum vorgelegt werden.
Dr. Miriam Halwani, Museum Ludwig
Foto: © Thomas Chapuzot
neujahrskonzert
Ein rauschhaftes Orchesterfest
mit Ausflügen in die
sinnliche Welt der Oper.
Werke von u.a. Rossini,
Giordano, Ravel und Respighi
Anja Harteros Sopran
Daniele Rustioni Dirigent
Sonntag, 08. Jan 17, 11 Uhr
Kölner Philharmonie
Kartenbestellung (0221) 280 282
guerzenich-orchester.de
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Gürzenich-Orchesters im Internet zu erleben – unabhängig vom Ort,
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als Audiostreams, live aufgenommen in der Kölner Philharmonie.
Werke von Beethoven | Berlioz | Brahms |
Delius | Elgar | Eötvös | Manoury | Mozart |
Ravel | Saint-Saëns | Strauss
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vorschau
neujahrskonzert
Sonntag, 08. Januar 2017, 11 Uhr
Kölner Philharmonie
Gioachino Rossini
Ouvertüre zu »Wilhelm Tell« (1829)
Camille Saint-Saëns
»Samson et Dalila« op. 47 (1877)
­Bacchanale
Maurice Ravel
»La Valse« (1919–1920)
Poème choréographique für Orchester
Alfredo Cattalani
»Ebben, né andro lontana«
aus »La Wally« (1891)
Almichare Ponchielli
»La danza delle ore«
aus »La Gioconda« (1876)
Umberto Giordano
»La mamma morta«
aus »Andrea Chenier« (1896)
Ottorino Respighi
»Feste Romane« (1928)
Poema sinfonico für Orchester
Anja Harteros Sopran
Gürzenich-Orchester Köln
Daniele Rustioni Dirigent
Karten erhalten Sie bei der Gürzenich-Orchester-Hotline: Tel (0221) 280 282,
beim Kartenservice der Bühnen Köln in den Opernpassagen, im Internet unter:
www.guerzenich-orchester.de sowie an allen bekannten Vorverkaufsstellen.
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sinfoniekonzert 05
Sonntag, 22. Januar 2017, 11 Uhr
Montag, 23. Januar 2017, 20 Uhr
Dienstag, 24. Januar 2017, 20 Uhr
Kölner Philharmonie
Konzerteinführung
So 10 Uhr, Mo u. Di 19 Uhr
Wolfgang Amadeus Mozart
Ouvertüre zu »Idomeneo« (1780–1781)
Benjamin Britten
Piano Concerto (1938–1945)
Richard Strauss
»Ein Heldenleben« – Tondichtung
für großes Orchester (1897–1898)
Sunwook Kim Klavier
Gürzenich-Orchester Köln
Michael Sanderling Dirigent
PD Dr. Michael Kube ist Mitglied der Editionsleitung der Neuen Schubert-Ausgabe (Tübingen) und
­Mitarbeiter des Berliner Klassik-Portals »www.idagio.com«. Für die Saison 2015/16 entwickelte er gemeinsam mit Malte Arkona die Familienkonzerte »phil. zu entdecken« der Dresdner Philharmoniker. Er gehört
darüber hinaus als Juror dem »Preis der deutschen Schallplattenkritik« an. Zudem unterrichtet er an der
Musikhochschule Stuttgart und an der Universität Tübingen.
IMPRESSUM Herausgeber Gürzenich-Orchester Köln, Geschäftsführender Direktor Patrick Schmeing
Redaktion Tilla Clüsserath (verantwortlich), Ben Duven, Patrick Hahn, Patricia Knebel Textnachweis Die
Texte von Michael Kube sind Originalbeiträge. Bildnachweis S. 6, S. 9, S. 10, S. 13, S. 30, S. 37, S. 47:
AKG-images, S. 16: Library of Congress, S. 28: Jean-François Heisser, S. 35: Brooklynmuseum, S. 38:
Thomas Chapuzot, S. 39: Daniel Roth, S. 40: Matthias Baus, S. 45: Bibliothéque de l’institute de France,
S-Ti, Ms. 2500, S. 46: Martina Goyert, S. 48: Museum Ludwig G
­ estaltung, Satz parole g­ esellschaft
für kommunika­tion mbh Druck Köllen Druck + Verlag GmbH
Wir bitten um Ihr Verständnis, dass Bild- und Tonaufnahmen aus urheberrechtlichen Gründen nicht
­gestattet sind. Euro 2,-
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Das Gürzenich-Orchester Köln dankt Lufthansa und
der Concert-Gesellschaft Köln e.V. für ihr kulturelles
Engagement und ihre großzügige Unterstützung.
Ehrenmitglieder des Kuratoriums
Henriette Reker I Oberbürgermeisterin der Stadt Köln
Jürgen Roters I Oberbürgermeister der Stadt Köln a. D.
Dr. h. c. Fritz Schramma I Oberbürgermeister der Stadt Köln a. D.
Vorstandsvorsitzender der Concert-Gesellschaft Köln e.V.
Olaf Wegner
Kuratoren
Bechtle GmbH I IT Systemhaus, Waldemar Zgrzebski
Ebner Stolz Partnerschaft mbB I Dr. Werner Holzmayer
Excelsior Hotel Ernst AG I Henning Matthiesen
Generali Investments Deutschland Kapitalanlagegesellschaft mbH I Dr. Ulrich Kauffmann
HANSA-REVISION Schubert & Coll. GmbH I Wirtschafts­prüfungs- und Steuerberatungs­gesellschaft,
Dipl.-Kfm. Bernd Schubert
ifp I Personalberatung und Managementdiagnostik, Jörg Will
Kirberg GmbH Catering Fine Food I Jutta Kirberg
Kölner Bank eG I Bruno Hollweger
Koelnmesse GmbH I Gerald Böse
Kreissparkasse Köln I Alexander Wüerst
Gerd Lützeler I Dipl.-Kaufmann – Wirtschafts­prüfer – Steuerberater
Sal. Oppenheim jr. & Cie. AG & Co. KGaA I Dr. Wolfgang Leoni
Privatbrauerei Gaffel Becker & Co. OHG I Heinrich Becker
ROLEX Deutschland GmbH I Peter Streit
TÜV Rheinland AG I Prof. Dr. Bruno O. Braun
Firmen l Verbände l Vereine
August Hülden GmbH & Co. KG I Dr. Paul Kellerwessel
Henze & Partner I Jürgen Henze
Freie Volksbühne I Astrid Freudenberger
Freytag & Petersen I Prof. Dr. Hugo Heinrich Best
Kölner Bank eG I Bruno Hollweger
Kreissparkasse Köln I Dr. Klaus Tiedeken
Philharmonischer Chor e.V. I Prof. Horst Meinardus
Richard-Wagner-Verband Köln I Gerhard Idolski
Sparkasse KölnBonn I Dr. Christoph Siemons
Theatergemeinde Köln I Norbert Reiche
ifp Will und Partner GmbH & Co. KG I Jörg Will
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Mitglieder
Konrad und Petra Adenauer I Claudia und Joachim von Arnim I Erika Baunach I Helge und Thekla Bauwens
I Matthias Berg und Dieter Eimermacher I Dr. Regine Blaß I Barbara Blumberg I Wolfgang und Ellen
Böttcher I Birgit Boisserée I Dr. Rudolf von Borries I Sabine Bourry I Andreas Braun I Ursula Breunig I
Prof. Dr. Gerhard Brunn I Prof. Dr. T. Brusius I Dr. Michael und Marita Cramer I Anna Dünnebiervon Paczensky I Klaus und Hella Dufft I Brigitte Eldering I Dr. Ben und Sigrun Elsner I Heinz Christian
Esser I Maria-Hildegard Falderbaum I Brigitte Feierabend I Dr. Klaus Fleischmann und Krista ScheepersFleischmann I Christoph Gallhöfer und Katrin Preuß-Neudorf I Hubertus von Gallwitz I Dr. Marie-Louise
Gaul I Hans und Dr. Helga Gennen I Jutta Geyr I Erwin und Heidi Graebner I Bernd und Gisela Grützmacher
I Hans-Georg und Ursula Gülke I Dr. Klaus und Theodora van Haag I Christa Hackenbruch I Dr. Rolf-D.
Halswick I Bernd Hannemann I Hermann Hauke I Monika und Michael Hegel I Doris und Dieter Heithecker
I Prof. Dr. Klaus Heubeck I Markus Hilgers I Ulrike Höller I Gerd und Ursula Hörstensmeyer I Prof. Dr.
Rolf Huschke-Rhein und Dr. Irmela Rhein I Prof. Dr. Rainer Jacobs I Klaus und Dagmar Jaster I Prof. Dr.
Hermann Kämmerer und Dr. Mireya Schmickler I Prof. Michael und Rose Kaufmann I Werner und Gisela
Kiefer I Prof. Dr. Hans-Friedrich Kienzle und Dr. Sabine Staemmler-Kienzle I Hildegard Kilsbach I Dirk
Klameth I Hans-Josef Klein I Dres. Marlies und Jobst Jürgen Knief I Hermann und Ute Kögler I Cornelia
und Gerald Köhler I Dr. Peter Konner I Dr. Klaus Konner I Bernd Krükel I Dr. Bernd Küppers I Dr. Arnd
Kumerloeve I Dr. Lydia Kunze I Dr. Anke Leineweber I Ute Linack I Susanne Lührig I Dres. Andreas und
Henriette Madaus I Dr.-Ing. Heinz und Rosemarie Mathiak I Johanna von Mirbach-Reich I Hermann-Reiner
Müller I Christian Münster und Bianca Schönemann I Dr. Jochen und Astrid Nacken I Theo und Leni
Nettekoven I Dr. Günther Ocker I Annemarie Opitz I Margarethe Parseghian I Dr. Jürgen Pelka I Manfred
und Christine Pfeifer I Dr. Wolfgang und Doris Postelt I Dres. Hans-Michael und Elisabeth Pott I Julia
Priemer-Bleisteiner I Dr. Reiner I Ingeborg Richter I Prof. Dr. Ulrich Richter I Jacqueline Ritter I Ulrich
Rochels I Axel Rodert und Hedwig Rodert-Rutt I Andreas Röhling I Dr. Dirk Sagemühl I Dr. Bernd Schäfer
und Ulrike Schäfer-Trüb I Dr. Bernhard Schareck I Margarete Schönenborn I Prof. Dr. Ulrich Schröder I
Bernd und Marianne Schubert I Gerd-Kurt und Marianne Schwieren I Siegfried Seidel I Burkhard
Sondermeier I Dr. Angelika Sprüth I Rolf Stapmanns I Gabriele Stroß I Hans Jürgen und Edelgard Thiel
I Peter und Monika Tonger I Anita und Dr. Reiner Tredopp I Hans-Ulrich und Gisela Trippen I Dr. Detlef
Trüb I Markus Ulrich I Heinz-Peter und Andrea Verspay I Peter Egon Wagner I Helmut Wexler I Michael
Wienand I Gabriele Wienhenkel-Pfeiffer I Lotte Wiethoff I Hans-Peter Wolle und Brigitte Bauer
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