Nachzucht von Melanotaenia boesemani „Kromsa“

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Rüdiger Bäcker (IRG 570)
N
eues vom Harlekin«, so lautete
der Titel eines Artikels von
Hans Evers (IRG 175) in Heft
52 (März/April 2014) des AmazonasMagazins. Er berichtete von einer Reise
mit Jeffrey Christian im Oktober 2013
zur Vogelkop-Halbinsel im indonesischen
Teil von Neuguinea. Auf dieser Exkursion
konnten sie u.a. Melanotaenia ajamaruensis
und eine kleinbleibende Form von Melanotaenia boesemani fangen.
Beide Arten interessierten mich von
dem Moment an, an dem ich den Artikel
gelesen hatte. Als ich dann erfuhr, dass es
Hans Evers und Thomas Hoerning (IRG
031) gelungen war, die Arten nachzuziehen
und ich ohnehin in Hamburg zu tun hatte,
kombinierte ich das mit einem Besuch bei
den beiden und schaute auch direkt beim
Regionaltreffen der IRG-Nord vorbei.
Neben diversen Fischen, die ich für an-
dere Mitglieder der Regionalgruppe NRW
mitbringen sollte, fanden auch Melanotaenia
ajamaruensis und Melanotaenia boesemani
sowie die beiden neuen Arten Melanotaenia laticlavia (zunächst als Melanotaenia
sp. „Aifuf“ bezeichnet) und Melanotaenia
multiradiata (zunächst als Melanotaenia sp.
„Moswaren“ bezeichnet) den Weg in
meine Aquarien. Bis auf die Melanotaenia
multiradiata habe ich alle Arten inzwischen auch selber wieder nachgezogen
und möchte an dieser Stelle speziell über
die Nachzucht von Melanotaenia boesemani
„Kromsa“ berichten.
Fundort und Fang
Leider haben wir aktuell noch kein Bild
vom Fundort der Melanotaenia boesemani
„Kromsa“. Die beiden Fangreisenden
sind vor Ort ein wenig in den Wald
hinein gegangen und haben dort versucht, Zugang zum Bach
Männchen (oben) und Weibchen von Melano(indonesisch »Kali«) zu
taenia boesemani „Kromsa“. Fotos: H.-G. Evers
bekommen. Dabei wäre eine
Kamera natürlich auch nur
hinderlich gewesen. Hans ist
lieber mit ins Gebüsch und
Wasser und beiden el dann
erst nach dem Eintüten und
Wegfahren ein, dass sie ein
Foto hätten machen sollen.
Da die Fische beim Fang
vor Ort mit nur 2–3 cm
noch sehr klein waren, gibt
es leider auch keine Bilder
direkt nach dem Fang.
Den Zeitpunkt und Fundort sowie die
Wasserwerte beschreibt Hans wie folgt:
»7. Oktober 2013, 12.30 Uhr – Kali
Kromsa beim Dorf Yokase – kleiner
Bach/Fluss tief im Wald, der die Straße
von Yukase nach Mapura kreuzt – 224
S/cm und 24,8 °C.«
Nach den Bewohnern von Yokase handelt es sich beim Kali Kromsa um einen
direkten Zu uss in den Danau Ajamaru.
Abschließend ist noch nicht geklärt,
um welche Form es sich denn nun genau
handelt. Ich folge aber mittlerweile der
Meinung von Hans, dass es sich auch um
Melanotaenia boesemani handelt. Allerdings
sind sowohl die Wildfänge bei Hans (im
Juli 2014) nur etwa 6 cm groß und scheinen
nicht mehr zu wachsen, wie auch meine
F1-Tiere mit 5–6 cm.
Die beiden Fotos von Hans zeigen ein
Wildfangmännchen und -Weibchen, drei
Monate nach dem Import, etwa im Februar
Melanotaenia boesemani „Kromsa“.
Foto: R. Bäcker
2014. Er berichtete mir, die Männchen
seien mittlerweile richtig toll ausgefärbt
und es seien de nitiv »Boesemani«. Also
haben wir wohl eine sehr schöne, aber klein
bleibende neue Variante von Melanotaenia
boesemani in der Aquaristik.
Haltung und Nachzucht
Doch nun zum eigentlichen Thema, der
Nachzucht. Ich habe die Tiere nach Erhalt
bei mir zunächst über drei Wochen vom
harten Hamburger Wasser (bei mir durch
Aufhärtesalze nachgebildet) auf mein
weiches Regenwasser über regelmäßige,
kleine Wasserwechsel umgewöhnt. Die
Geister streiten sich, ob das nötig ist, ich
wollte aber nicht experimentieren und
habe mir die Zeit genommen und den
Aufwand betrieben.
Untergebracht sind die Tiere bei mir in
einem 160-Liter-Becken (100 x 40 x 40)
bei einer Temperatur von 24 °C. Der
Bodengrund besteht aus handelsüblichem
Aquarienkies, die Bep anzung aus einigen
Anubias und Javafarn auf Morkienholz,
Cryptocoryne, Echinodurus und Pogostemon
quadrifolius. Beleuchtet ist das Becken mit
einer Selbstbau-LED-Leuchte.
Alle meine Becken werden mit Regenwasser betrieben, mit Leitungswasser hatte
ich zwischenzeitlich erhebliche Nachzuchtprobleme und daher auf Regenwasser umgestellt. Seit dieser Umstellung
sind die Probleme wieder passé. Ohne den
Grund genau zu kennen, reihe ich mich
da aber bei den IRG-Kollegen ein, die
Ähnliches berichten. Andreas Konetzky
(IRG 191) und Michael Wagner (IRG 112)
haben unter dem Titel »Trinkwasser ist
kein Aquariumwasser – Polyphosphate
im Trinkwasser und im Aquarium« über
eine mögliche Ursache berichtet (siehe
»Regenbogenfisch«, Heft 3/2012, S.
61–69 und Heft 4/2012, S. 112–117). Wer
danach googelt, ndet den Artikel auch
im Internet.
In dem Becken be nden sich zehn Tiere,
Männchen und Weibchen im Verhältnis
1:1. Zum Zeitpunkt des Nachzuchtversuches (Anfang Juni 2014) maßen die
Tiere etwa fünf Zentimeter. Da ich in
einigen Regentonnen hinter dem Haus
sowohl Moina, normale Wasser öhe sowie
natürlich Weiße und Rote Mückenlarven
zur Verfügung hatte, war der Tisch mit
Lebendfutter reich gedeckt. Den größten
Anteil bildeten die Fütterungseinheiten
mit weißen Mückenlarven.
Ich habe dann direkt in das Hälterungsbecken zwei der bewährten Laichmopps
aus brauner und grüner Kunstwolle gehängt und, siehe da, schon am nächsten
Tag Eier darin gefunden. Zur Erinnerung,
die Wildfänge stammten vom Oktober
2013. Nachzuchten davon habe ich Anfang Mai 2014 bekommen und diese etwa
fünf Monate alten F1-Tiere sorgten schon
Anfang Juni selber wieder für Nachwuchs.
Dafür, dass die Tiere noch recht jung und
zudem noch nicht so groß waren, zeigten
sie sich aber außerordentlich produktiv. Es
fanden sich jeden Tag so 15–20 verhältnismäßig große Eier in den Mopps (vgl.
Foto). Diese habe ich nicht abgesammelt,
sondern in kleine 25-Liter-Becken mit
den gleichen Wasserwerten überführt. Als
Präventivmaßnahme gegen Verpilzungen
gebe ich in die Becken immer drei Tropfen
Mycopur von Sera, damit habe ich gute
Erfahrungen gemacht.
Am Tag vor der JHV habe ich circa
20 Eier abgesammelt und Gary Lange
(IRG 111) auf der JHV übergeben, der
diese mit in die USA genommen hat. Aus
diesen Eiern sind bei ihm dann auch Larven geschlüpft, die sich, soweit ich weiß,
gut entwickelten. Melanotaenia boesemani
„Kromsa2 ist auf diesem Weg also auch
schon in den USA angekommen.
In meinen o. g. Becken schlüpften bei einer Temperatur von etwa 24 °C nach zehn
Tagen die ersten Larven, die eine Größe
von 3–4 mm hatten. Ich habe bei anderen
Eier. Foto: R. Bäcker
Arten gute Erfahrungen damit gemacht,
die Larven direkt gut im (Lebend-)Futter
stehen zu lassen und füttere daher über
ein Tropfbesteck direkt mit Infusorien.
Mehr dazu an anderer Stelle unter dem
Titel »Infusorius Haribonensis«.
Die Larven legten so in den ersten 4–5
Tagen ordentlich zu und bekamen dann
auch frisch geschlüpfte Artemien und einige
Tage später auch »Walter-Würmchen«. Ergänzt wird das bei mir immer durch feines
Staubfutter (Sera micron) und »Dupla eeze
Powder«. Bei letzterem handelt es sich um
getrocknete, mikronisierte und teilentölte
Ruderfußkrebschen Calanus finmarchicus
aus dem Nordatlantik. Die Größe beträgt
0,1–0,25 mm. Mit diesem Futter habe ich
ebenfalls gute Erfahrungen gemacht – im
Aquaristikhandel ndet man es eher in der
Meerwasserabteilung, aber auch »online«
gibt es diverse Anbieter. Da ich versuche,
schon bei der Larvenaufzucht Abwechslung in die Ernährung zu bringen, bekommen die Kleinen auch »Sealife proaktiv« von
Aquakultur Genzel in ansteigender Größe.
Generell gilt ja, dass das Wachstum
auf unterschiedlichste Art beschleunigt
werden kann, am besten durch täglich
mehrmaliges Füttern. Hat man nicht
die Gelegenheit, mehrmals täglich zu
füttern, ist das auch nicht schlimm, die
Tiere wachsen aber langsamer. Ich habe
das Glück, dass meine Frau sich tagsüber,
wenn ich nicht daheim bin, um die Fütterung des Fischnachwuchses kümmert.
So bekommen auch die kleinen »Kromsa« über den Tag verteilt vier bis fünf
Fütterungen, was sie mit ordentlichem
Wachstum danken.
Ich hatte die Möglichkeit, für die Tiere
nahezu optimale Hälterungs- und Fütterungsbedingungen zu schaffen, so war
auch eine produktive Nachzucht kein
Problem. Ob es tatsächlich dieser Bedingungen Bedarf, weiß ich nicht. Mal sehen,
wie es nun in Herbst und Winter, ohne
das hohe Maß an Lebendfutter, weitergeht.
Jetzt, Anfang September 2014, haben die
ersten Jung sche schon deutlich zugelegt,
sie scheinen sich gut zu entwickeln.
Hans-Georg Evers hat mich für den
Artikel mit Fundort- und Fanginformationen sowie Fotos versorgt, dafür
herzlichen Dank.
Jung sche schwimmen in der leichten
Strömung. Foto: R. Bäcker
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