KENLIN, J. Best, WS2000/01a Seite 1 Kennlinien von Motoren und Arbeitsmaschinen Wir wollen uns zunächst mit dem statischen Verhalten von Antriebssystemen beschäftigen. Im Gegensatz zum dynamischen Verhalten, wo wir Einschwingvorgänge zu beachten haben, betrachten wir also nur den eingeschwungenen Zustand. Wir fragen z.B. danach, welches Moment bei einem Pumpenantrieb bei einer bestimmten Drehzahl erforderlich ist, aber nicht nach dem zeitlichen Verlauf von Moment, Drehzahl, Strömen etc. beim Einschalten, beim Hochlaufen oder bei Belastungsänderungen. 1 Kennlinien von Arbeitsmaschinen Das Moment, das eine Arbeitsmaschine benötigt, hängt oft gemäß einer statischen Kennlinie von der Drehzahl ab. Es gibt einige typische Lastkennlinien, die wir im Folgenden diskutieren wollen. In der Praxis werden diese Kennlinien häufig nicht in dieser reinen Form auftreten, sondern es werden Effekte wie Reibung, „Losbrechmomente“, etc. zu beachten sein. 1.1 Konstante Antriebsleistung Bei einer Aufwickelmaschine sollen der Bandzug F und die Bahngeschwindigkeit v konstant gehalten werden. Dann ist wegen (1.1) auch die erforderliche Antriebsleistung konstant. P = F ⋅ v = M ⋅ω (1.1) Für konstante Bahngeschwindigkeit muss die Winkelgeschwindigkeit der Haspel in Abhängigkeit vom aktuellen Radius des Wickels vorgegeben werden: ω= v r (1.2) Für das Lastmoment gilt dann: M = P 1 ∼ ω ω (1.3) Erfordert also die Arbeitsmaschine eine konstante Antriebsleistung, so ist das erforderliche Antriebsmoment umgekehrt proportional zur Winkelgeschwindigkeit. Bei dem hier angeführten Beispiel der Aufwickelmaschine handelt es sich genau genommen nicht um eine statische Kennlinie der Arbeitsmaschine, der Antriebsmotor muss hier ein geregelter Antrieb sein, dem ein Momentensollwert gemäß Gl. (1.3) vorgegeben wird. Das Bei- KENLIN, J. Best, WS2000/01a Seite 2 spiel wurde hier dennoch aufgenommen, da es den wichtigen Fall beschreibt, dass ein Antriebsmotor mit zunehmenden Drehzahlen weniger Moment abgeben muss. Ein ganz ähnlicher Fall wie beim Wickeln liegt bei einer Plandrehmaschine vor, wo für optimale Ergebnisse Schnittkraft F und Schnittgeschwindigkeit v konstante, vom Werkstoff abhängige Werte haben sollten (konstante Schnittleistung). M,P P M ω Bild 1 Konstante Antriebsleistung 1.2 Konstantes Lastmoment Bei Aufzügen, Kränen etc. wird das Drehmoment wegen M = rF letztendlich von der Gewichtskraft F=mg (1.4) bestimmt. Wenn r konstant ist, ist auch M konstant und es gilt: P=ωM∼ω (1.5) Die erforderliche Antriebsleistung wächst also linear mit der Winkelgeschwindigkeit bzw. der Drehzahl. M,P Weitere Beispiele für konstantes Moment sind Arbeitsmaschinen mit reiner Hub-, Reibungs- und Formänderungsarbeit wie Kolbenpumpen (mit gleichbleibendem Gegendruck), Fließbänder, Walzwerke, Vorschubantriebe etc. P M ω Bild 2 Konstantes Lastmoment KENLIN, J. Best, WS2000/01a Seite 3 1.3 Linear ansteigendes Lastmoment M,P Wenn das Lastmoment linear mit der Drehzahl wächst, so ist die Leistung dem Quadrat der Winkelgeschwindigkeit proportional. P Dieser Fall liegt z.B. vor bei geschwindigkeitsproportionaler Reibung (Kalander). M ω Bild 3 Linear ansteigendes Lastmoment 1.4 Quadratisch ansteigendes Lastmoment Ein mit dem Quadrat der Drehzahl bzw. Winkelgeschwindigkeit wachsendes Lastmoment liegt vor, wenn Strömungswiderstände zu überwinden sind, also bei Lüftern, Kreiselpumpen, Zentrifugen etc.: M ∼ ω2 Die Leistung wächst dann kubisch mit ω: P = ω M ∼ ω3 M,P P M ω Bild 4 Quadratisch ansteigendes Lastmoment KENLIN, J. Best, WS2000/01a Seite 4 2 Kennlinien von Motoren Wir betrachten nun die statischen Kennlinien der wichtigsten elektrischen Maschinen, d.h. wir fragen, welche Drehzahl bzw. Winkelgeschwindigkeit sich einstellt, wenn diese Maschinen mit einem bestimmten Moment belastet werden, oder welches Moment die Maschine in Abhängigkeit von der Drehzahl (Winkelgeschwindigkeit) abgibt. Achtung: Dies gilt nur für ungeregelte Maschinen. Bei geregelten Antrieben kann Drehzahl oder Moment beliebig vorgegeben werden. 2.1 Fremderregte Gleichstrommaschine In Bild 5 ist noch einmal das Prinzip des Elektromotors dargestellt. Wenn wir bei der Maschine in Bild 5 durch einen „Kommutator“ dafür sorgen, dass bei einer Bewegung des Rotors die Leiter auf der rechten Seite stets von einem Strom aus der Zeichnungsebene heraus, und die Leiter auf der linken Seite von einem Strom in die Zeichnungsebene hinein durchflossen werden, so haben wir das Modell einer Gleichstrommaschine. Bild 5 Prinzip des Elektromotors Wir haben bereits den Zusammenhang zwischen Strom und Moment abgeleitet: M = rα z i lB Der Fluß φ , der den Rotor in Bild 5 durchsetzt, ist proportional zur magnetischen Induktion B. Das Moment hängt deshalb nur von dem Produkt aus Fluß φ und Strom i, sowie einer Konstanten ab. Bezeichnen wir den „Ankerstrom“ mit I A , so gilt: M i = cm ⋅ φ ⋅ I A (2.1) Darin ist Mi das „innere“ oder „induzierte“ Moment. Infolge von Reibung und anderen Verlusten unterscheidet sich Mi von dem Moment an der Motorwelle. Wir wollen nun überlegen, welche Spannung, wir an den „Bürsten“ abgreifen können. Wir können die Antwort mit Hilfe des Induktionsgesetzes finden, einfacher geht es mit der Überlegung, dass bei einer verlustfreien Maschine gelten muss: KENLIN, J. Best, WS2000/01a Seite 5 P = ω ⋅ Mi = Uq⋅ I A (2.2) Die induzierte Spannung oder Quellenspannung Uq , die an der verlustfreien Maschine anliegt, wird manchmal auch (etwas altmodisch) elektromotorische Kraft (EMK), bzw. auf englisch EMF genannt. Diese Spannung wird oft in der Literatur auch mit E bezeichnet. Eine andere übliche Bezeichnung dafür ist Ui . Wenn wir (2.2) nach I A auflösen und in (2.1) einsetzen erhalten wir: U q = cm ⋅ φ ⋅ ω (2.3) Die Gleichungen (2.1) und (2.3) sind die Hauptgleichungen der elektrischen Maschine. Wir sehen also, dass bei konstantem Fluss das Moment dem Ankerstrom und die Quellenspannung der Winkelgeschwindigkeit proportional ist, wobei sich die gleiche Proportionalitätskonstante ergibt. Achtung: Wir können Gl. (2.3) statt für die Winkelgeschwindigkeit auch für die Drehzahl angeben. Dann taucht der Faktor 2π auf bzw. wir bekommen eine andere Proportionalitätskonstante. Die Quellenspannung Uq erscheint nur dann an den Ankerklemmen, wenn kein Strom fließt und somit keine ohmschen Verluste auftreten. Ansonsten gilt folgendes einfache Ersatzschaltbild: IA UA RA LA Uq IF Bild 6 Ersatzschaltbild der Gleichstrommaschine Darin ist RA der Ankerwiderstand und LA die Ankerinduktivität. Der Feldkreis interessiert uns zunächst nur insoweit, als wir feststellen, dass bei konstantem Feldstrom IF auch der Fluss konstant ist. Aus Bild 6 lesen wir folgende Beziehung ab: KENLIN, J. Best, WS2000/01a U A = RA ⋅ I A + LA Seite 6 dI A + Uq dt (2.4) Da wir uns zunächst nur für die statische Kennlinie der Gleichstrommaschine interessieren, ist der Ankerstrom konstant und die zeitliche Ableitung des Ankerstroms ist Null. Wir lassen deshalb in (2.4) den Einfluss der Ankerinduktivität weg und setzen (2.1) und (2.3) ein: U A = RA ⋅ Mi + cm ⋅ φ ⋅ ω cm ⋅ φ (2.5) Nach Mi aufgelöst: (c ⋅ φ ) ⋅ ω c ⋅φ M i = m ⋅U A − m RA RA 2 (2.6) Bei konstantem φ und konstantem UA beschreibt (2.6) eine Gerade, wenn man Mi über ω aufträgt. Führen wir das „Anzugsmoment“ MA und die Leerlaufwinkelgeschwindigkeit ω0 ein, so können wir schreiben: Mi = M A − M A ⋅ ω ω0 (2.7) Dieser Verlauf ist in Bild 7 dargestellt. Mi MA MN ωΝ ω0 ω Bild 7 zeigt nur den prinzipiellen Verlauf1, in Wirklichkeit verläuft die Kennlinie sehr viel steiler und der Wert MA kann zumindest bei größeren Maschinen nicht angefahren werden. Wird die Maschine im Stillstand ( ω = 0 ) an Nennspannung angelegt, so entsteht (zumindest theoretisch) ein sehr großes Moment MA, da die Nennspannung dann wegen Uq = 0 am Ankerwiderstand anliegt und einen sehr großen Strom treibt. Bei größeren Maschinen ist das unzulässig. Bild 7 Kennlinie der Gleichstrommaschine 1 Häufig wird auch die Drehzahl als Funktion des Moments dargestellt. KENLIN, J. Best, WS2000/01a Seite 7 Wenn für eine Maschine die Bemessungswerte UAN , IAN und ωN gegeben sind, so können wir daraus cm ⋅ φ berechnen. Wir setzen (2.3) in (2.4) ein, wobei wir die Ableitung wieder zu Null setzen: U A = RA ⋅ I A + cm ⋅ φ ⋅ ω (2.8) Gl. (2.8) gilt natürlich insbesondere auch für die Bemessungswerte: U AN = RA ⋅ I AN + cm ⋅ φ ⋅ ω N (2.9) aufgelöst nach cm ⋅ φ : cm ⋅ φ = U AN − RA ⋅ I AN ωN (2.10) Für das praktische Rechnen ist das Hantieren mit der Geradengleichung (2.6) etwas unpraktisch. Meist kommen wir mit einfacheren Überlegungen ans Ziel. Läuft die Maschine mit ihrer Bemessungsspannung und mit ihrer ideellen Leerlaufdrehzahl, d.h. sie gibt kein Moment ab, und es liegt auch keine innere Reibung in der Maschine vor, so würde auch kein Strom fließen und es gilt: U AN = cm ⋅ φ ⋅ ω 0 (2.11) Da kein Strom fließt, ist die Ankerspannung gleich der Quellenspannung. Andererseits gilt bei Bemessungsbetrieb für die Quellenspannung: U qN = cm ⋅ φ ⋅ ω N (2.12) Aus (2.11) und (2.12) erhält man: ω 0 − ω N U AN − U qN I AN ⋅ R AN = = ω0 U AN U AN (2.13) KENLIN, J. Best, WS2000/01a Seite 8 2.2 Reihenschlussmotor Es gibt auch Gleichstrommaschinen, bei denen der Ankerstrom auch durch die (entsprechend dimensionierte) Erregerwicklung fließt. Solche Maschinen nennt man Reihenschluss- oder Hauptschlussmaschinen. I U I Bild 8 Reihenschlussmotor Es gilt: M∼BI (2.14) Im linearen Teil der Magnetisierungskennlinie gilt: B∼I (2.15) M∼ B2 ∼ I2 (2.16) also Wegen (2.3) gilt: Uq ~ B ⋅ω (2.17) U ~ B ⋅ω (2.18) und mit R = 0: oder B~ U ω (2.19) in (2.16) eingesetzt ergibt: (2.19) KENLIN, J. Best, WS2000/01a Seite 9 U2 M~ 2 ω (2.20) Bild 9 zeigt diesen Zusammenhang: M Die Kennlinie zeigt einen stark nichtlinearen Zusammenhang. Die Reihenschlussmaschine „geht bei Entlastung durch“. Es gibt keinen Übergang vom Motor zum Generatorbetrieb durch Vorzeichenwechsel des Drehmomentes. Bei entsprechender Ausführung ist die Reihenschlussmaschine auch für Einphasen-Wechselstrom geeignet. ω Bild 9 Kennlinie der Reihenschlussmaschine 2.3 Asynchronmaschine Bild 10 zeigt das bekannte Ersatzschaltbild der Asynchronmaschine: ' I1 I2 j X 1σ R1 U1 Iµ RFE j Xh j X 2' σ R2' s Bild 10 Stationäres Ersatzschaltbild der Asynchronmaschine Darin sind Ströme und Spannungen komplexe Effektivwerte, die Spannung U 1 ist die Pha' senspannung. I 2 , X 2' σ und R2' sind auf die Statorseite umgerechnete Rotorgrößen.. Die Größe s ist der Schlupf, der folgendermaßen definiert ist: KENLIN, J. Best, WS2000/01a s= Seite 10 ω0 −ω ω0 (2.21) Darin ist ω die mechanische Winkelgeschwindigkeit2 und ω 0 ist die Winkelgeschwindigkeit, die der Synchron- oder Leerlaufdrehzahl3 entspricht. Zwischen ω 0 und der Kreisfrequenz (Winkelgeschwindigkeit) der Netzspannung ω1 = 2π f1 (2.22) besteht dabei folgender Zusammenhang: ω0 = ω1 p (2.23) Darin ist p die Polpaarzahl der Asynchronmaschine. Achtung: Das Ersatzschaltbild (Bild 10) der Asynchronmaschine beschreibt nur das stationäre Verhalten im eingeschwungenen Zustand mit sinusförmigen Strömen und Spannungen. Wir dürfen daraus keine Rückschlüsse auf das dynamische Verhalten der Maschine ziehen. Wir vernachlässigen in dem Ersatzschaltbild nun R1 und RFE . Mit X 1 = X h + X 1σ (2.24) X 2 = X h + X 2' σ (2.25) und lesen wir folgende Gleichungen ab: U 1 = jX1 ⋅ I1 + j X h ⋅ I 2 ' 2 3 Die mechanische Winkelgeschwindigkeit wird oft auch mit Ω bezeichnet. wird oft auch synchrone Winkelgeschwindigkeit ωS genannt. (2.26) KENLIN, J. Best, WS2000/01a Seite 11 R' ' 0 = j X h ⋅ I 1 + 2 + j ⋅ X 2 ⋅ I 2 s (2.27) Wir lösen (2.26) nach I 1 auf: I1 = X U1 ' −I2 ⋅ h j X1 X1 (2.28) Dies in (2.27) eingesetzt ergibt: ' Xh X h2 ' R2' 0= ⋅U 1 − j ⋅ I 2 + + j X 2 ⋅ I 2 X1 X1 s (2.29) ' Xh X h2 ' R2 −U1 ⋅ = I 2 ⋅ + j X 2 ⋅ 1 − X1 X1 ⋅ X 2 s (2.30) Mit dem totalen Streufaktor σ = 1− X h2 X1 ⋅ X 2 (2.31) in (2.30) eingesetzt folgt: I2 = − ' U 1 ⋅ X h X1 R2' s + jσ X 2 (2.32) Im Ersatzschaltbild Bild 10 können wir R2' s wie folgt aufspalten: R2' 1− s = R2' + R2' ⋅ s s (2.33) KENLIN, J. Best, WS2000/01a Seite 12 ' I1 I2 j X 1σ U1 Iµ j X 2' σ j Xh R2' R2' ⋅ 1− s s Bild 11 Aufspaltung von R2' s Die in R2' umgesetzte Leistung entspricht nun den ohmschen Verlusten im Rotor und die in R2' ⋅ (1 − s ) s umgesetzte Leistung der mechanischen Leistung. Für die aufgenommene Wirkleistung gilt (U 1 ist die Phasenspannung!): P1 = 3 ⋅ U1 ⋅ I1 ⋅ cosϕ (2.34) Wenn wir die Verluste im Stator vernachlässigen, wird diese Wirkleistung über den Luftspalt in den Rotor übertragen. Diese Luftspaltleistung Pδ ist die im Rotor umgesetzte Leistung (mechanische Leistung und Rotorverluste): R2' '2 Pδ = 3 ⋅ ⋅ I 2 s (2.35) Für die mechanische Leistung gilt: Pmech = 3 ⋅ Damit gilt: 1 − s ' '2 ⋅ R2 ⋅ I 2 s (2.36) KENLIN, J. Best, WS2000/01a Seite 13 Pmech = Pδ ⋅ (1 − s) Pδ = Pmech = 1− s (2.37) M i ⋅ω M i ⋅ω = ω −ω ω0 −ω0 + ω 1− 0 ω0 ω0 (2.38) also: Pδ = M i ⋅ ω 0 (2.39) Aus (2.32) erhalten wir: I 2' = U1 ⋅ X h X 1 (2.40) (R s ) + (σ X ) ' 2 2 2 2 Wenn wir (2.39) nach Mi auflösen und dann (2.35) und (2.40) einsetzen, erhalten wir: Mi = Mi = Pδ U 12 ⋅ X h2 X 12 3 R2' = ⋅ ⋅ ω 0 ω 0 s R2' s 2 + (σ X 2 )2 ( ) 3 ⋅ U 12 ⋅ X h2 X 12 R ' s ⋅ (σ X 2 )2 ω 0 ⋅ 2 + R2' s (2.41) (2.42) Das Moment ist also offensichtlich nichtlinear vom Schlupf s abhängig. Wir wollen nun untersuchen, wo dieser Verlauf Extremwerte (Minima bzw. Maxima) hat. Da, wo dies der Fall ist, muss die Ableitung von M nach s bekanntlich Null werden. 2 2 2 R ' (σ X )2 dM i 3 ⋅U1 ⋅ X h X 1 2 =0 ⋅ − 22 + = − 2 ' 2 ' ds R2 R2 s ⋅ (σ X 2 ) s ω 0 ⋅ + ' s R 2 (2.43) KENLIN, J. Best, WS2000/01a Seite 14 Wir erkennen, dass der zweite Faktor in (2.43) Null wird für: R2' sk = ± σ X2 (2.44) Der Wert sk , für den das Moment ein Maximum , das sogenannte Kippmoment M k annimmt, heißt Kippschlupf. Wir ziehen in (2.42) den Ausdruck σ X 2 vor die Klammer im Nenner und setzen für R2' σ X 2 , das nun zweimal (einmal invertiert) in der Klammer steht, den positiven Wert von (2.44) ein: Mi = 3 ⋅ U 12 ⋅ X h2 X 12 s s ω 0 ⋅ σ X 2 ⋅ k + s sk (2.45) Setzen wir in (2.45) s = sk ein, so erhalten wir das Kippmoment: Mk = 3 ⋅ U12 ⋅ X h2 X12 2 ⋅ ω 0 ⋅ σ ⋅ X2 (2.46) beziehungsweise mit (2.32) und mit X x = ω 1 ⋅ Lx : Mk = 3 ⋅ U12 ⋅ p ⋅ L2h L21 2 ⋅ ω 12 ⋅ σ ⋅ L2 (2.47) Dabei ist p die Polpaarzahl und ω 1 ist die Kreisfrequenz der Netzspannung. Wir erkennen, dass das Kippmoment proportional zum Quadrat der Netzspannung und umgekehrt proportional zum Quadrat der Netzfrequenz ist. Wir dividieren (2.45) durch (2.46) und erhalten die Kloß´sche Gleichung: Mi 2 = s s Mk + k sk s (2.48) KENLIN, J. Best, WS2000/01a Seite 15 Es ist bemerkenswert, dass unter den getroffenen Voraussetzungen das Kippmoment nicht vom Rotorwiderstand R2' abhängt. Lediglich der Schlupf, bei dem das Kippmoment auftritt, hängt gemäß (2.44) von R2' ab. Wenn wir (2.48) für verschiedene Werte von sk auftragen, erhalten wir folgenden Verlauf: Mi MK sk=0,2 MA sk=0,1 sk=0,5 R2 ω s 1 0 -MK Bild 11 Drehmoment-Kennlinie der Asynchronmaschine Hier erkennen wir auch, was die beiden Werte von (2.44) bedeuten: Bei beiden Werten stellt sich ein Extremwert ein; einer im Motorbetrieb und einer im Generatorbetrieb. Durch Ändern von R2' können wir (2.44) sk einstellen und damit den Verlauf der Kurve in Bild 11 verändern. Dies geschieht beim Schleifringläufer-Motor dadurch, dass veränderliche Widerstände in den Läuferkreis geschaltet werden können. Dies war von Bedeutung, als man noch keine Leistungselektronik (Frequenzumrichter) zum Betrieb von Asynchronmaschinen zur Verfügung hatte. Insbesondere kann man zum Anlaufen den Kipp-Punkt weit nach links schieben und hat dann ein größeres Anzugsmoment MA zur Verfügung. Diesen Effekt kann man auch beim Kurzschlussläufer-Motor in gewissen Grenzen dadurch erzielen, dass die Läufernuten (Hochstabläufer etc.) entsprechend geformt werden, so dass infolge von Stromverdrängungseffekten R2' frequenzabhängig wird: Bei stillstehendem Motor ist die Frequenz des Läuferstroms ω2 hoch und damit R2' groß; es ergibt sich eine Kennlinie für großes R2' . Mit wachsender Drehzahl nimmt die Läuferfrequenz und damit R2' ab; wir KENLIN, J. Best, WS2000/01a Seite 16 erhalten eine Kennlinie für kleines R2' . Die Kennlinie für einen Stromverdrängungsläufer entspricht also beim Anlaufen der einer ASM mit großem R2' (großes MA ) und im Nennbetrieb der einer ASM mit kleinem R2' . 2.4 Synchronmaschine Die Drehmoment-Kennlinie der Synchronmaschine ist in Bild 12 idealisiert dargestellt: Mi Mk ω0 ω -Mk Bild 12 Idealisierte Drehmoment-Kennlinie der Synchronmaschine Bei der Synchronmaschine hängt das abgegebene Moment vom Polradwinkel ab. Die Drehzahl bzw. Winkelgeschwindigkeit ändert sich unter Belastung nicht und entspricht unter Berücksichtigung der Polpaarzahl exakt der Kreisfrequenz von Ständerstrom bzw. Ständerspannung. Je nach Belastung arbeitet die Synchronmaschine als Motor oder Generator. Bei realen Synchronmaschinen überlagern sich noch asynchrone Effekte, so dass auch bei anderen Drehzahlen ein Moment entsteht (asynchroner Hochlauf, Dämpferwicklung). Die Synchronmaschine wird oft als Generator eingesetzt. Das geht von der Lichtmaschine im Kfz bis zum Kraftwerksgenerator. In der Antriebstechnik werden Synchronmaschinen mit Permanentmagnet-Erregung gern in der Servo-Technik eingesetzt (kleines Trägkeitsmoment). Dabei gibt es sowohl Varianten mit sinusförmigem als auch mit blockförmigem Verlauf der Induktion über dem Umfang. Die letztgenannte Variante wird auch als bürstenlose Gleichstrommaschine (Brushless-DC-Motor) bezeichnet. Diese hat vor allem wegen der relativ einfachen Signalverarbeitung eine große Verbreitung gefunden. Auch bei großen Leistungen (z.B. Kesselspeisepumpe) werden Synchronmaschinen als Motor eingesetzt. KENLIN, J. Best, WS2000/01a Seite 17 3 Stabilität des Arbeitspunktes Wird eine ungeregelte elektrische Maschine mit einer Arbeitsmaschine gekoppelt, so wird sich im allgemeinen stationär ein Arbeitspunkt (Drehzahl und Moment) einstellen, der durch den Schnittpunkt der Momentenkennlinien von Motor und Arbeitsmaschine gegeben ist. Wir müssen aber prüfen, ob der/die Schnittpunkt(e) einen stabilen Betrieb erwarten lassen. Bild 13 zeigt die entsprechenden Überlegungen: M Lastkennlinie ML MA Motorkennlinie ω1 ω2 Last will mehr als Motor liefert > Drehzahl sinkt > instabil Last will mehr als Motor liefert > Drehzahl sinkt > stabil Last will weniger als Motor liefert > Drehzahl steigt > instabil Last will weniger als Motor liefert > Drehzahl steigt > stabil Bild 13 Zur Stabilität des Arbeitspunktes ω