Bericht über mein Krankenpflegedienstpraktikum in Aix en P…

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Bericht über mein Krankenpflegedienstpraktikum in Aix en Provence
Ort des Praktikums:
Centre Hosptalier du Pays d’Aix
Avenue des Tamaris
13616 Aix en Provence
Gliederung
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Organisation
Praktikum
Tagesabläufe
Persönliche Eindrücke
Freizeit
Fazit
Organisation
Seit Oktober 2007 studiere ich an der LMU in München Humanmedizin, ich strebe das
Staatsexamen als Hochschulabschluss an. Im Rahmen dieses Studiengangs wird verlangt, dass
jeder Student bis zum Physikum ein dreimonatiges Pflegedienstpraktikum absolviert. Für mein
erstes Praktikum war ich in einer kleinen Frauenklinik in Stuttgart tätig. Zusammen mit einer
Freundin kam ich zu der Überlegung, dass ich den zweiten Monat mit einem
Auslandsaufenthalt im französischen Sprachraum verbinden könnte.
Bezüglich der Stadt hatten wir keine Präferenz, deshalb haben wir uns in verschiedenen
Städten in ganz Frankreich, in der französischen Schweiz und in den Überseedépartements
beworben.
Insgesamt bewarben wir uns in 30 Krankenhäusern. Nach ca. 6 Wochen erhielten wir unsere
erste Zusage von dem Centre Hospitalier du Pays d’Aix in Aix en Provence.
Für die weitere Organisation forderte nun das Krankenhaus einen Praktikumsvertrag, die so
genannte „Convention du stage“ an. Da es in Deutschland nicht üblich ist, Praktikumsverträge
abzuschließen, wussten wir anfangs nicht an wen wir uns wenden sollten.
Über den Student und Arbeitsmarkt der LMU erhielten wir den Vertrag und konnten ihn
zusammen mit den restlichen Formalitäten an das Krankenhaus schicken. Von Herrn Hoch,
Mitarbeiter des Student-und Arbeitsmarkt, haben wir zum ersten Mal erfahren, dass es die
Möglichkeit gibt, ein Stipendium über das Deutsch-Französische Jugendwerk zu erhalten. Er
informierte uns über die Bedingungen und setzte sich für uns ein, dass wir das Stipendium
trotz mangelnder Zeit bekommen konnten.
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Als wir durch den Vertrag die sichere Zusage des Krankenhauses erhielten, kümmerten wir
uns um eine Wohnmöglichkeit. Zunächst versuchten wir in einer Wohngemeinschaft
unterzukommen, was sich aber zu zweit und für nur einen Monat als schwierig erwies. Über
die Website „homelidays“ haben wir schließlich glücklicherweise eine Unterkunft gefunden,
ein kleines Appartement zur Untermiete bei einer sehr netten Familie.
Praktikum
Aufgrund meiner Erfahrungen meines ersten Monats im Krankenpflegedienst, hatte ich auch
eine Vorstellung, wie sich mein Aufgabenbereich gestalten könnte.
Das Krankenhaus teilte mich für die Station „Rhumatologie et Polyvalente“ ein, eine Station
mit 30 Betten, auf welcher ein breites Spektrum an Krankheiten und hauptsächlich alte
Menschen behandelt werden.
Die Arbeitsaufteilung auf einer Station in einem französischen Krankenhaus unterscheidet sich
von der in Deutschland deutlich. In Frankreich gibt es neben Ärzten und Krankenschwestern
noch Pfleger, die so genannten „Aide Soignant/e“.
Während ein Pflegedienstpraktikant in Deutschland die Krankenschwestern bei ihrer Arbeit
begleiten, begleiten sie in Frankreich sowohl Krankenschwester als auch Pfleger.
Am Ende meines Praktikums durfte ich einen Tag dem Arzt bei seiner Tätigkeit zuschauen.
Deshalb möchte ich einen Tagesablauf mit den Krankenschwestern, einen mit den Pflegern
und einen mit den Ärzten beschreiben.
Tagesablauf mit den Pflegern
In der ersten Woche meines Praktikums habe ich die meiste Zeit mit den Pflegern verbracht
um die Patienten kennen zu lernen und mich an die Arbeit, an die Sprache und an den Alltag
des Krankenhauses gewöhnen zu können.
Die Frühschicht beginnt um 6 Uhr morgens. Die Patienten werden geweckt und das Frühstück
wird ausgeteilt.
Nach dem Frühstück beginnen die Pfleger mit der Toilette. Je nach Bedarf des Patienten wird
unterschiedlichen Maß geholfen. So gibt es die Begleitung zur Toilette am Waschbecken, die
selbstständige Toilette am Bett oder die komplette Toilette im Bett für die kraftlosen und
bettlägerigen Patienten.
Alle ein bis zwei Tage werden die Patienten auf einem extra Duschrollstuhl oder auf einem
Duschbett geduscht.
Zwischen 12 und 12.30 wird das Mittagessen ausgeteilt. Mit viel Geduld oft habe ich die
schwachen, bettlägerigen oder gelähmten Patienten gefüttert. Nach dem Essen beginnen die
Pfleger der Mittagsschicht mit der zweiten Runde. Die Patienten legen sich zum Mittagschlaf
wieder ins Bett und es werden erneut Windeln gewechselt. Und das Pflegerteam macht sich an
die Arbeit die Betten der entlassenen Patienten zu desinfizieren.
Erst nach dem Abendessen erfolgt die dritte Runde und die Pflegerin der Nacht trifft ein.
Jede Tätigkeit der Pfleger und der Zustand der Patienten wird notiert und zusammen mit den
Krankenschwestern bei jeder Übergabe besprochen.
Tagesablauf mit den Krankenschwestern
Die meiste Zeit habe ich mit den Krankenschwestern verbracht. Pro Schicht waren immer zwei
bis drei Krankenschwestern anwesend, die sich um die 30 Patienten gekümmert haben.
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Die Frühschicht der Krankenschwestern beginnt mit der Blutabnahme, da die meisten
Patienten dafür nüchtern sein mussten. In den letzten zwei Wochen, nachdem ich an einer
jungen Krankenschwester eine Blutabnahme üben durfte, durfte ich unter Aufsicht sogar bei
der Blutabnahme der Patienten helfen.
Nach dem Aufwachen der Patienten werden ihnen als erstes der Blutdruck, der Puls, die
Sauerstoffsättigung und die Temperatur gemessen. Dies war meistens meine Aufgabe während
die Krankenschwestern die Tabletten verteilt, die Infusionen neu angesteckt und sich nach dem
Wohlergehen der Patienten erkundigt haben.
Nach und nach, nachdem ich die verschiedenen Infusionen kennen gelernt hatte, durfte ich
auch diese Aufgaben übernehmen.
Erst gegen Mittag sind die Krankenschwestern mit ihrer ersten Runde fertig und beginnen
damit, ihre Protokolle zu vervollständigen. Sie assistieren den Ärzten bei der Visite,
informieren Familien oder Altenheime über das Nachhausegehen der Patienten und
organisieren die Transporte.
Zum Mittagessen verteilen die erneut die nötigen Tabletten und wechseln nochmals die
Infusionen und messen bei Diabetikern den Blutzucker. Auch hier konnte ich viel helfen.
Danach erfolgt die Übergabe an das Nachmittagsteam, das wiederum mit der Messung der
Temperatur und wenn nötig der anderen Werte beginnt.
Die Nachmittage sind in der Regeln etwas ruhiger, es sei denn es werden Patienten entlassen,
denen die Katheter gezogen werden müssen, oder es kommen Patienten, die aufgenommen
werden müssen.
Zum Abendessen werden erneut Tabletten verteilt, danach vervollständigen die
Krankenschwestern wieder ihre Protokolle und werden im Anschluss von der Nachtschwester
abgelöst.
Tagesablauf mit den Ärzten
Die zwei Ärzte, die unsere Station betreut haben, arbeiten gleichzeitig im „Hopital du Jour“,
der Ambulanz.
Eigentlich sind sie auf das Fachgebiet Rheumatologie spezialisiert, da aber auf unserer Station
sehr ein breites Spektrum Krankheiten behandelt werden, kennen sie sich auch sehr gut auf
anderen Gebieten aus. So behandeln sie Schlaganfälle, Thrombosen, Lungenembolien,
Hirnblutungen, Herzprobleme, Krebs im Endstadium und natürlich auch Knochenprobleme
wie Osteoporose und Bandscheibenvorfälle.
Zwischen 9 und 10 kommen sie auf Station und beginnen mit der Visite, welche bis zum
Mittagessen oder auch länger dauert.
Am Nachmittag stehen sie gewöhnlich zur Sprechstunde bereit oder in den
Behandlungsräumen. Dort führen sie Wirbelsäulenversteifungen so genannte „Infiltration“
durch. Sie spritzen unter Röntgenstrahlen in entzündete Gelenke der Wirbelsäule oder der
Hüfte Kortison. Bei beiden Verfahren durfte ich zuschauen und hatte so die Möglichkeit
anhand der Röntgenbilder meine Anatomiekenntnisse zu wiederholen.
Persönliche Eindrücke
Das Praktikum hat meine Erwartungen weit übertroffen.
Gleich am ersten Tag wurde ich von allen mit einer sehr herzlichen Gastfreundschaft
empfangen.
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Die Ärzte, Krankenschwestern und Pfleger haben sich Zeit genommen um mir alles zu zeigen.
Sie wiesen Aufgaben zu, die ich eigenverantwortlich verrichten konnte. Sie zeigten auch
Geduld mit meinem Französisch Kenntnissen und haben sich viel Mühe gegeben mich zu
integrieren. Auch außerhalb der Arbeit hatte ich mit einer jungen Krankenschwester sehr
netten Kontakt. Sie haben auf Grund ihres Dialekts langsam mit mir gesprochen und so konnte
ich meine Französischkenntnisse anwenden und verbessern. Ich bedauere, dass ich zu dem
Zeitpunkt, als ich sprachlich richtig angekommen war, wieder abreisen musste. Eine längere
Praktikumsdauer wäre sicher positiv zu bewerten.
Aufgrund meiner insgesamt guten Erfahrungen, der Offenheit und Gastfreundschaft, kann ich
diese Praktikumsstelle bestens weiterempfehlen.
Insgesamt war die Atmosphäre sehr entspannt, ruhig und freundschaftlich. Trotz der zum Teil
schwierigen Thematik auf der Station mit mehreren Sterbefällen, waren sie fröhlich und
brachten viel Optimismus ein. Das Arbeiten im Team funktionierte sehr gut. Trotz der
geregelten Arbeitsaufteilung und der Hierarchie haben sie sich alle gegenseitig geholfen, wenn
es nötig war.
Auch der Umgang der Pfleger und der Krankenschwestern mit den Patienten hat mich sehr
beeindruckt. Ich habe ihn als sehr liebevoll und herzlich empfunden. Sie verlassen kein
Zimmer ohne ein liebes Wort oder ohne eine liebe Geste. Mit welcher Geduld und Heiterkeit
die Pfleger die alten Männer rasieren und den alten Frauen Zöpfchen flechten ist
bewundernswert.
Nicht nur fachlich habe ich sehr viel gelernt. Ich habe dort Erfahrungen für mein Leben
machen können. Zunächst hat mich das Leid der Patienten zu sehr betroffen. Im Umgang mit
ihnen und zunehmender Vertrautheit merkte ich bald, welch eine wichtige Aufgabe ich
erfüllen konnte. Die grenzenlose Dankbarkeit, die die Patienten äußerten, wenn ich sie
anlächelte, mit ihnen redete oder ihnen die Hand hielt, erfüllte und rührte mich. Mir ist erneut
klar geworden, dass nicht nur die Medizin, sondern auch das Umfeld und das seelische
Wohlergehen für eine Genesung wichtig sind. Diese Erfahrungen werde ich nicht vergessen
und sie werden mich wohl mein ganzes Berufsleben als Ärztin, noch weiß ich nicht die
Fachrichtung, begleiten werden.
Freizeit
Neben unserer Arbeit im Krankenhaus hatten wir auch die Möglichkeit die französische
Lebenskultur kennen zu lernen.
Die Menschen des Südens Frankreichs haben eine sehr angenehme Mentalität. Auf mich
strahlen sie Heiterkeit, Offenheit, Leichtigkeit und Ehrlichkeit aus. Sie gehen Dinge gelassen
an und sind freundlich dabei. Egal, wen man anspricht und wo man sich befindet, man wird
freundlich begrüßt.
Die Kultur der Provence hat mir sehr gut gefallen. Zum einen der Baustil der Städte aus dem
12. bis 17. Jahrhundert und die Lebendigkeit, die in den Städten herrscht und zum anderen die
Landschaft, welche von Meer und Felsen, vielen Pinien, Olivenbäumen und Weinbergen
geprägt ist.
Um die Umgebung von Aix en Provence besser kennen zu lernen, haben wir an den
Wochenenden viele Ausflüge gemacht.
Wir haben die Mittelmeerküsten mit den felsigen Regionen und den kleinen Buchten im
Westen und im Osten von Marseille erkundschaftet.
Auf einem anderen Ausflug nach Lubéron, Richtung Norden, haben wir die Schönheit und
Vielseitigkeit der Landschaft der Provence erleben können. Wir sind nach Bonnieux, einem
kleinen Dorf mitten in den Bergen, nach Roussillion, einem Städtchen aus roten Stein,
gefahren. Und zum Schluss haben wir Gordes besichtigt. Gordes ist eine sehr beeindruckende
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Stadt. Man hat den Eindruck, sie sei in einen Felsen hinein gehauen oder herausgearbeitet
worden.
Auf unseren Ausflügen besuchten wir viele Wochenmärkte und konnten so auch das Essen der
Provence schmecken und lieben lernen.
Auch dieser Aspekt spiegelt die Lebensqualität, die Muse und den Genuss der Franzosen
wider. Es gibt eine Fülle an Obst, Gemüse, Oliven, getrockneten Tomaten, Käse, guten
Schinken, Brot und Wein und nicht zuletzt die zarten Süßwaren aus den Patisserien.
Fazit
Mein Praktikumsaufenthalt war für mich eine erfüllende und bereichernde Zeit. „ Une richesse
pour ma vie“ würden die Franzosen sagen. Ich bin sehr glücklich über die menschlichen
Erfahrungen, die ich machen durfte, angefangen bei der Hilfestellung für die Bewerbung bis
hin zu der Dankbarkeit, die ich über die Patienten erfahren durfte.
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