Universum bei hoher Rotverschiebung • Lyman-Break Galaxien • Photometrische Rotverschiebungen • Reionisation • Kosmische Geschichte der Sternentstehung • Madau-Diagramm • Sub-mm Quellen: Blick durch dicken Staub Einführung in die extragalaktische Astronomie Prof. Peter Schneider & Dr. Patrick Simon Universum bei hoher Rotverschiebung Die Zeit nach der Rekombination Was passierte zwischen der Rekombination in der frühen Phase des Universums und heute, insbesondere: • Wann haben sich die meisten Sterne gebildet, die man heute sieht? • Waren Galaxien bei hohem z ähnlich wie lokale Galaxien, oder sahen sie ganz anders aus? • Wie ändert sich die Dichte von Galaxien als Funktion von z? • Wie ändert sich die Masse und Leuchtkraft von Galaxien mit z? Quelle: NASA/WMAP science team ...wie findet man sehr weit entfernte Galaxien überhaupt? Universum bei hoher Rotverschiebung Lyman-Break Galaxien Bis etwa 1995 waren nur wenige Galaxien mit z > 1 bekannt; die allermeisten davon waren die optischen Gegenstücke von Radiogalaxien. Die weitest entfernte “normale” Galaxien mit z > 2 war bis dahin die Quelle des Giant Luminous Arcs in Cl2244-02 (siehe Verstärkungseffekt). Wie findet man also Galaxien bei großer Entfernung bzw. hohem z? Spektroskopie? Nicht praktikabel, weil: (1) zu aufwendig in 4m Teleskopen für R >~ 22 mag, aber typischerweise z <~ 0.5 für R <~ 22 mag (zu nah); (2) Nadel im Heuhaufen: Selbst bei R ~ 24 mag haben Galaxien meistens vermutlich z <~ 2 (nicht bekannt vor 1995); enormer Aufwand mit sehr geringer Trefferquote. Universum bei hoher Rotverschiebung Lyman-Break Galaxien Schmalband-Photometrie? Da Wasserstoff häufigstes Element im Universum, kann man erwarten, dass ein Teil der Galaxien Lyα-Emissionslinien zeigt (wie z.B. praktisch alle QSOs). Filter 1 (“hell”) Lyα-zentriert (1+z) 121,6 nm Filter 2 (“dunkel”) Suche nach diesen Lyα-Emissionslinien Galaxien war bis Mitte der 90er praktisch erfolglos -- auch weil man nicht wusste, was man grob an Helligkeiten erwarten sollte (z.B. wie schwach ist Galaxie bei z ~ 3?). Universum bei hoher Rotverschiebung Lyman-Break Galaxien Durchbruch brachte Methode, die als Lyman-Break-Technik bekannt wurde. Quelle: Steidel, C. et al. (1995), AJ, 110, 2519 simulierte Galaxie QSO Absorption durch HI (galaktischen u. intergalaktisch) erzeugt scharfe Kante bei λ = (1+z) 91,2 nm. Objekte mit Kante im Spektrum können effektiv mit drei Filtern gesucht werden. Charles Steidel Universum bei hoher Rotverschiebung Lyman-Break Galaxien U-Dropout Galaxie Quelle: C. Steidel, Caltech, USA In einem einzigen CCD-Feld findet man eine große Zahl an Kandidaten für Lyman-Break Galaxien. Diese werden mit üblicherweise hoher Erfolgsrate nachspektroskopiert. Ihre Dichte ist etwa 1/arcmin2. Universum bei hoher Rotverschiebung Lyman-Break Galaxien U-Dropout Selektionsgebiet. Entwicklung von Galaxien in einem Un-G vs. G-R ZFD für verschiedene Galaxientypen. Alle Entwicklungswege starten bei z = 0, Symbole deuten Intervalle mit Δz = 0.1 an. Durch Entwicklungseffekte, Rotverschiebung und insbesondere Absorption des HI im intergalaktischen Medium stimmen ursprünglich sehr verschiedene Galaxienfarben praktisch bei z >~ 2.7 überein. Quelle: Steidel, C. et al. (1995), AJ, 110, 2519 Universum bei hoher Rotverschiebung Lyman-Break Galaxien Rekordhalter von Dropout-Galaxien Kandidaten, gefunden mit dem HST im HUDF und GOODS. ~ 1000 nm Quelle: Rychard Bouwens, Nature (2006) Universum bei hoher Rotverschiebung Photometrische Rotverschiebungen Photometrische Rotverschiebungen Universum bei hoher Rotverschiebung Photometrische Rotverschiebungen Lyman-Break Technik ist spezieller Fall einer Methode, durch MehrfarbenPhotometrie die Rotverschiebung von Galaxien (und QSOs) zu bestimmen. Sie funktioniert, weil es eine Kante im Spektrum bei λ = 91,2 nm (LymanLimit) und λ = 121,6 nm (Lyα) gibt. Galaxienspektren zeigen weitere Charakteristika: • Breitband-Energieverteilung: Superposition von (im Wesentlichen) Sternstrahlung. • 4000 Angström-Kante: durch plötzliche Änderung der Opazität (Balmerserie, CaII) bei etwa λ = 400 nm zeigt Spektrum der meisten Sterne Sprung; Strahlung bei λ < 400 nm geringer als bei λ > 400 nm (Ruhewellenlänge). Universum bei hoher Rotverschiebung Photometrische Rotverschiebungen Mittels einer Serie von Breitbandfiltern wird ein möglichst breiter Wellenlängenbereich des Spektrums abgedeckt. Durch Modellierung der relativen Helligkeiten in den Bändern kann z.B. Position der 4000 AngströmKante identifiziert werden. Hierdurch erhält man Schätzwert der Rotverschiebung einer (elliptischen) Galaxie. Quelle: Padmanbahan (2007) Problem: Kante kann mit LymanAbsorption einer Galaxie bei höherem z verwechselt werden. Universum bei hoher Rotverschiebung Photometrische Rotverschiebungen Anders ausgedrückt: Galaxien nehmen in einem mehrdimensionalen Farbendiagramm nicht jeden beliebigen Platz ein, sondern sind auf bestimmte Bereiche konzentriert. Sind diese Bereiche identifiziert, kann man die Farbverteilung einer beobachteten Galaxie durch Variation der Rotverschiebung solange verschieben, bis diese mit der verschobenen Farbverteilung einer bekannten Galaxie übereinstimmt (Spektrum-Template). Hieraus kann z abgeschätzt werden. Schätzwert wird als photometrische Rotverschiebung bezeichnet. Vorteil: Vielfarben-Photometrie ist “billiger” als Spektroskopie individueller Galaxien; kann im Prinzip zu sehr viel schwächeren Magnituden ausgedehnt werden als Spektroskopie. Nachteil: Wenn nicht genügend Farben vorliegen, können extreme Ausreißer (völlig falsches z) auftreten. Universum bei hoher Rotverschiebung Photometrische Rotverschiebungen Qualitätstest der Photo-z’s im HDFN Quelle: Hubble Deep Field Team, HST/NASA photometrische Rotverschiebung Hubble Deep Field North Quelle: Benitez (2000), ApJ, 536, 571 spektroskopische Rotverschiebung Verwendet wurden vier optische und zwei Infrarotbänder. Genauigkeit hängt von Anzahl der Filter, photometrischer Genauigkeit und der verwendeten Methode ab. Universum bei hoher Rotverschiebung Photometrische Rotverschiebungen Galaxien bei hohem z Universum bei hoher Rotverschiebung Photometrische Rotverschiebungen Galaxienzählung aus dem HDF und anderen Surveys. Kurven zeigen “no-evolution” Modelle, in denen die gleiche Leuchtkraftfunktion und Spektren bei allen Rotverschiebungen und eine bestimmte Kosmologie angenommen wurde. roter HDF Rest: bodengebunden Quelle: Ferguson et al. (2000), ARA&A, 38, 667 Population muss sich entwickeln, damit Zählung verstanden werden kann; Diskrepanz insbesondere in den blauen Bändern. Zählungen verschiedener Bänder sind zueinander verschoben worden. Universum bei hoher Rotverschiebung Reionisation Quelle: Mark Elowitz & Fan et al. (2000), SDSS Spektrum eines QSOs mit z = 5.8 Lyα Lyβ Wellenlänge [Ang] Obgleich Strahlung auf der blauen Seite von Lyα stark absorbiert ist -- siehe starke Asymmetrie der Linie -- kann man noch Strahlung messen (z.B. Lyβ). Wasserstoff im IGM muss also stark ionisiert gewesen sein. Universum bei hoher Rotverschiebung Reionisation FAN ET AL. Quelle: Fan, X., 2006, AJ,132, 117 Vol. 132 ! measurement (Table 4) in quasar J1030+0524 at Anteil neutraler 6:17, where "GP > 14:2 (2 #) is consistent with a g rate !"12 < 0:012 in that region of the IGM, more Wasserstoff r of magnitude lower than the average background 5. Also note the relatively flat evolution between 5.5. This lack of evolution in ! was first noted by onald (2002) in a small sample of SDSS quasars. nizing background is expected to increase toward ft as the emissivity from star-forming galaxies and ases and the photon mean free path increases. Cen & James Gunn 2002) suggested that the flattening might be due to n the star formation rate as the temperature and Jeans hortly after reionization. saw in Figure 5, there is also a rapid increase in the Bruce Peterson the estimates of the ionizing background. At z # 5, dispersion #(!)/! is #30%. It increases to #50% at z > 6, #(!)/! > 100% with !"12 measurements m <0.02 to #0.09, reflecting the fact that some lines e complete GP troughs while others still have demission. In the photoionization model, the observed ould be due to two effects: (1) large-scale fluctuations ying density field due to the finite length of the line of the measurement, or (2) intrinsic fluctuations in the Fig. 7.—Evolution of volume-averaged neutral hydrogen fraction of the IGM. und and/or temperature IGM. für z > 6 stark Anteil von ofHIthewird um Spektrum von The genug, small circles are measurements based on jenseits the 19 high-redshift quasars, while the large circles with error bars are the means in bins of redshift. The dashed and bs > 4:8 in Figure 6 are derived from an effective Lyα fast(x vollständig zutounterdrücken: dot-dashedGunn-Peterson-Effekt. lines are the volume-averaged results from the simulation of Gnedin h over "z ¼ 0:15 4.1), corresponding 44 h"1 "1 ? (2004) with box sizes of 4 and 8 h Mpc, respectively. [See the electronic edition Universum bei hoher Rotverschiebung Reionisation • Wann hat diese Reionisation stattgefunden? (CMB: z ~ 10) • Wodurch hat diese Reionisation stattgefunden? • Wie lange hat die Reionisation gedauert? • Reionisation fand durch Photoionisation der ersten hellen Objekte statt. Waren es die ersten Sterne oder AGN? Vermutlich ist Hauptquelle die erste Generation von Sternen, Pop IIISterne (massive, kurzlebige, UV-helle Sterne). Quelle: Robertson, B.E. et al. (2010), Nature, 468, 49 Universum bei hoher Rotverschiebung Reionisation Quelle: Goddard Space Flight Center Quelle: NASA Mit dem James Webb Space Telescope hofft man, diese ersten Sterne (Pop III) im Universum beobachten zu können; dieses 6.5m Weltraumteleskop wird auf Wellenlängen zwischen 1...5 μm optimiert sein. Start 2018? Universum bei hoher Rotverschiebung Kosmische Geschichte der Sternentstehung Man definiert die Sternbildungsrate (star formation rate; SFR) als Masse der Sterne, die sich pro Jahr bilden in Einheiten von Msun/yr. Für unsere Milchstrasse findet man ~ 2 Msun/yr, Starburst-Galaxien können bis zu 100 Msun/yr erreichen. Die Sternbildungsrate muss von Leuchkraftindikatoren abgeleitet werden; Signaturen stammen nur von massivsten Sternen. Um beobachtete Leuchtkraft in Sternmasse umsetzen zu können, wird Modell der Massenverteilung und Helligkeitsverteilung neu gebildeter Sterne benötigt. Typischerweise wird die Salpeter IMF zwischen 0.1 Msun und 100 Msun verwendet, um zu kleinen Sternmassen hin extrapolieren zu können. Die Welt der Galaxien Kosmische Geschichte der Sternentstehung Indikatoren für Sternentstehung B-V klein LHα Fluoreszenz HII Regionen Ionisation junge Population Sternentstehung O/B Sterne LUV Radiosynchrotron Schocks Kosmische Strahlung Staub thermisch ~107 Jahre SN II-Ib/c Radio frei-frei L1.4GHz LFIR Universum bei hoher Rotverschiebung Kosmische Geschichte der Sternentstehung Signaturen der Sternentstehung sind: • Emission im fernen Infrarot (FIR): Thermische Strahlung von warmen Staub, der durch heiße, junge Sterne geheizt wird; Empirischer Zusammenhang zwischen FIR-Leuchtkraft und SFR ist etwa: SFRFIR M yr 1 24 μm Aufnahme von M31 mit Spitzer Quelle: NASA/JPL/K. Gordon LFIR 5.8 109 L Universum bei hoher Rotverschiebung Kosmische Geschichte der Sternentstehung • Radioemission von Galaxien: Korreliert über viele Größenordnungen im Fluss mit der FIR-Strahlung. Weil letzterer Indikator für Sternbildung ist, ist auch Radiostrahlung Indikator. Strahlung stammt vermutlich aus Supernova-Überresten; SNe treten in einer neuen Sternpopulation sehr schnell, ~ 107 yr, nach der Bildung auf; daher ist Strahlung von SNR beinahe instantaner Indikator. In etwa nimmt man an, dass: SFR1.4 GHz M yr 1 L1.4 GHz 8.4 1020 W Hz 1 Universum bei hoher Rotverschiebung Kosmische Geschichte der Sternentstehung Quelle: MERLIN/VLA, Jodrellbank, University of Manchester Entdeckung einer hellen Starburst-Galaxie bei z = 4.4 im HDF durch starke Emission im 1.4 GHz-Bereich. Universum bei hoher Rotverschiebung Kosmische Geschichte der Sternentstehung • Hα - Emission aus HII-Regionen, die sich um junge Sterne bilden: SFRH M yr 1 LH 1.3 1034 W • UV-Strahlung, die ebenfalls von den heißen, jungen Sternen emittiert wird: Quelle: HST/NASA SFRUV M yr 1 Hα-Gebiete in M83 7.2 LUV 1020 W Hz 1 Quelle: UVOT/SWIFT/NASA UV-Gebiete in M101 Universum bei hoher Rotverschiebung Madau-Diagramm 13.7 Gyr 6 Gyr 770 Myr Piero Madau Quelle: Hopkins, A.M. (2004), ApJ, 615, 209 UV [OII] Hα,β submm, radio Rotverschiebung SFR-Indikatoren kombiniert mit Quellenzählungen, einer Modell-IMF und Korrektur der Staub-Absorption ergeben die SFR-Dichte (mitbewegt) als Funktion der Rotverschiebung (Zeit): das Madau-Diagramm. Es gibt deutlichen Abfall für z < 1, für z > 1 scheint SFR-Dichte relativ konstant zu bleiben bzw. nur leicht abzufallen. Universum bei hoher Rotverschiebung Sub-mm Quellen: Blick durch dicken Staub Z.Zt. oder bald stehen zwei Instrumente für extragalaktische Sub-Millimeter (sub-mm) Astronomie zur Verfügung: • SCUBA (James Clerk Maxwell Telescope, Hawaii), bei 450 μm und 850 μm, 5 arcmin2-Feld; MAMBO • MAMBO (IRAM 30m Teleskop, Spanien), bei 1300 μm • SMA (Sub-mm Array, Hawaii), ein Radiointerferometer mit acht 6m Teleskopen. • ab Ende 2011 (voll operativ ab ~2012): Quelle: MPIfR, Bonn ALMA (Attacama Large Millimeter/Submillimeter Array, Chile); Radiointerferometer mit 66 12m und 7m Teleskopen (bisher acht); arbeitet bei 300 μm -- 9600 μm. Universum bei hoher Rotverschiebung Sub-mm Quellen: Blick durch dicken Staub Simulation ALMA wird es ermöglichen, viele neue Objekte bei hohen Rotverschiebungen zu entdecken und zu studieren. Feb. 2011 Quelle: ALMA Website Universum bei hoher Rotverschiebung Sub-mm Quellen: Blick durch dicken Staub Sub-mm Strahlung von Galaxien stammt hauptsächlich von Staub; Spektrum von Staub ist im Wesentlichen Rayleigh-Jeans Bereich des thermischen Planck-Spektrums, modifiziert mit Emissivitätsfunktion, die von Staubeigenschaften abhängt (chemische Zusammensetzung,Verteilung der Staubkorngröße). Typischerweise findet man spezifische Intensität: S 2+ mit 1.5 ; Dieses steile Spektrum bedingt eine starke negative K-Korrektur. Spezifische Intensität innerhalb des sub-mm Frequenzbereichs nimmt also durch Rotverschiebung zu. Universum bei hoher Rotverschiebung Sub-mm Quellen: Blick durch dicken Staub Spektrale Energieverteilung einiger staubigen Galaxien bekannter Rotverschiebung. Linien sind verschiedene Modellspektren. Durch Rotverschiebung wird Maximum der Emission einer solchen Quelle in das Beobachtungsband von Sub-mm Detektoren geschoben. z Quelle: Blain et al. (1999), astroph/9908111 ALMA SCUBA MAMBO Universum bei hoher Rotverschiebung Sub-mm Quellen: Blick durch dicken Staub Variation der Staubtemperatur Td; β=1.5 40K 60K 100K Quelle: Blain et al. (1999), astroph/9908111 Hat zur Konsequenz, dass staubige Galaxien zu größerem z hin wieder heller werden können oder ihre scheinbare Helligkeit konstant halten -- wenn sie bei der richtigen Wellenlänge beobachtet werden. Universum bei hoher Rotverschiebung Sub-mm Quellen: Blick durch dicken Staub