Gesunde Ernährung, Lifestyle und Sport für ein besseres Altern Informationen anhand mehrerer Artikel aus Zeitschriften, so zB Forschung und Technik NZZ, 7.5.2008 Mit Vernunft essen Während in vielen Teilen der Erde nach wie vor Nahrungsmittelknappheit herrscht und sich diese zurzeit gar zuspitzt, ist das Essen in den Industrieländern längst auf ganz andere Art zum Problem geworden: Grundnahrungsmittel, aber auch einstige Luxusgüter wie Eiscreme, Schokolade, Kekse oder Kuchen sind permanent verfügbar, und wir essen deshalb häufig mehr, als uns gut tut. Das Ergebnis sind Übergewicht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und Diabetes. An Empfehlungen, wie diesem Trend entgegenzuwirken sei, mangelt es nicht, und die Lebensmittelindustrie versorgt uns mit den entsprechenden fettreduzierten, zuckerfreien oder sonst wie modifizierten Produkten. Für den Einzelnen ist die Frage, was er denn nun essen soll, dabei aber immer schwieriger zu beantworten. Je mehr Gedanken sich seine Landsleute in den letzten dreissig Jahren über die richtige Ernährung gemacht hätten, desto dicker und kränker seien sie geworden, schreibt gar der amerikanische Wissenschaftsjournalist Michael Pollan in seinem jüngsten Buch, „In Defence Of Food“. Er plädiert deshalb dafür, sich beim Essen weniger an den immer wieder neuen Ratschlägen von Behörden oder Experten zu orientieren, sondern mehr an den Essgewohnheiten unserer Grosseltern. Zumindest mit Letzterem ist Pollan nicht allein. Auch viele Forscher raten zu möglichst wenig verarbeiteten und ursprünglichen Lebensmitteln. Denn das sei die Nahrung, an die unser Körper sich im Laufe der Evolution angepasst habe und bei der unsere Appetitkontrolle deshalb wahrscheinlich am besten funktioniere. Tatsache ist, dass viele Aspekte unserer Ernährung noch nicht völlig verstanden sind, manche sogar nur ansatzweise. Das liegt zum Teil an methodischen Schwächen der entsprechenden Studien, vor allem jedoch an der Komplexität der Materie. So ändern sich in Ernährungsstudien zum Beispiel meist mehrere Parameter gleichzeitig - isst ein Proband etwa sehr viel Fleisch und nur wenig Obst und Gemüse, ist schwer zu sagen, auf welchen dieser Einflüsse allfällige gesundheitliche Effekte nun zurückzuführen sind. Hinzu kommt, dass man nur eine grobe Vorstellung davon hat, wie viel von welchen Nährstoffen die im Rahmen einer Studie konsumierten Nahrungsmittel enthielten. Der Gehalt an Mikronährstoffen wie Vitaminen und bestimmten Pflanzenstoffen (Phytochemikalien) oder das PMB Ernaehrung Lifestyle und Sport.doc by DHB Fettsäuremuster kann nämlich stark von den Produktionsbedingungen, der Wahl der Obst- und Gemüsesorte oder der Tierrasse abhängen. Noch komplizierter wird die Situation schliesslich durch Interaktionen zwischen verschiedenen Nahrungsmitteln oder Nahrungsmittelbestandteilen und durch Wechselwirkungen der Nährstoffe mit unserem Stoffwechsel. Dennoch wird in dieser Zusammenstellung versucht, zum einen ein paar grundlegende Empfehlungen zur Ernährung aufzulisten, zum anderen dabei relevante Zusammenhänge aufzuzeigen. Letztere illustrieren, dass das eigene „Bauchgefühl“ durchaus seine Berechtigung haben kann. Ein vernünftiges Mittelmass (Menschenverstand oder „common sense“) dürfte denn auch gesünder sein als ein hektischer Wechsel von einem Ernährungstrend zum nächsten. Sich gesund ernähren - eine Frage von Quantität Quantität und Qualität Wichtige Fakten und nützliche Tipps auch zur Kontrolle des Körpergewichts Das Wichtigste in Kürze • • • • • • • Regelmässig, aber nicht zu viel essen. Wer eine sitzende Tätigkeit ausübt, sollte höchstens zwei bis drei Mal am Tag essen. Empfehlenswert ist eine komplette Hauptmahlzeit und zwei kleinere Mahlzeiten. Früchte, Gemüse oder ein Glas Milch als Zwischenmahlzeiten sind erlaubt, solange die individuelle Energiebilanz stimmt. Die Energiebilanz beachten. Energiezufuhr und -verbrauch sollten ausgeglichen ausgeglichen sein. Der Aufwand, um Kalorien durch Bewegung zu verbrennen, ist unverhältnismässig hoch. Übergewicht zeigt eine lange fehlerhafte Energiebilanz, die Kalorien müssen aber immer den Mund „passieren“. Hier liegt die Möglichkeit einer wirklich sehr effektiven „Gate-Kontrolle“. Energiedichte Nahrungsmittel meiden: Lebensmittel mit hohem Fettanteil sind besonders energiedicht. Sie erhöhen das Risiko einer positiven Energiebilanz. Wegen ihres geringen Volumens (pro Kalorie) führen sie auch leicht zu „passivem Überkonsum“. Weniger tierische, mehr pflanzliche Fette und Fisch. Beim Fett sollte zudem auf die Zusammensetzung geachtet werden. „Gute“ Kohlenhydrate bevorzugen. „Gute“ Kohlenhydrate sind solche, die einen geringen Anstieg des Blutzuckerspiegels bewirken (glykämischer Index). In dieser Hinsicht sind etwa grob gemahlene Vollkornprodukte besser als fein gemahlene Weissmehlprodukte. Genügend Eiweiss essen. Die Muskeln sind auf gewisse Eiweissbausteine angewiesen. Die Zufuhr gelingt am einfachsten mit magerem Fleisch, Fisch- und Sojaprodukten oder mit dem Konsum eines Milchprodukts zu jeder Mahlzeit. Viel Früchte und Gemüse essen. Ihr Mix aus Vitaminen, Mineralien, Spurenelementen und weiteren Pflanzenstoffen ist besonders gesundheitsfördernd. Er lässt sich durch keine Tablette ersetzen. Eine gesunde Ernährungweise berücksichtigt nicht nur die Menge, sondern auch die Qualität und die Häufigkeit von Essen. Einzelne Nährstoffe zu propagieren oder zu verbieten, ist deshalb unsinnig. Besser sind Ratschläge, die ein gesundes Essverhalten fördern. Des Menschen innigster Wunsch ist Gesundheit und Langlebigkeit, wobei viele insgeheim hoffen, dass dieser Wunsch ohne persönliche Anstrengung in Erfüllung geht. Es verwundert deshalb nicht, dass der Markt allerlei Wundermittel und Ernährungsprodukte mit meist nicht bewiesenen gesundheitsfördernden Wirkungen bereithält. Im Folgenden soll erläutert werden, worauf ein gesunder Erwachsener aus heutiger Sicht der Ernährungsmedizin beim Essen achten sollte. Falsche Ernährung als Gesundheitsrisiko Dazu muss man wissen, dass die drei Faktoren Rauchen, falsche Ernährung und mangelnde Bewegung den grössten Anteil an den vier wichtigsten chronischen Erkrankungen Übergewicht, Diabetes, Atherosklerose und Krebs erklären. Im Kampf dagegen werden oft Einzelmassnahmen Sich gesund ernähren - eine Frage von Quantität und Qualität 2 PMB Ernaehrung Lifestyle und Sport.doc by DHB empfohlen wie „Vitamin C schützt vor Krebs“ oder „Selen macht Sie jung“. Solche Ratschläge, die einzelne Nährstoffe in den Vordergrund stellen, sind „fokussierte Illusionen“. Denn dabei wird einem Ernährungsfaktor ein physiologisch unmöglicher Gesundheitseffekt zugeschrieben. Die auf dem derzeitigen Wissensstand basierenden Ernährungsempfehlungen sind in der sogenannten Ernährungspyramide dargestellt. Auf einen Blick ist so ersichtlich, dass Nahrungsmittel aus der Pyramidenbasis (z. B. Früchte und Gemüse) bevorzugt konsumiert, fettund zuckerreiche Nahrungsmittel aus der Pyramidenspitze möglichst gemieden werden sollten. Eine zusammenfassende Empfehlung lautet oft: „Essen Sie nach der Pyramide und bewegen Sie sich täglich 30 Minuten!“ Leider führen solche Tipps nur selten zum Erfolg. Das macht deutlich, dass auf dem Weg zu einer gesunden Ernährung einige Gefahren lauern. So ist eine gesunde Ernährung in erster Linie ein Essmuster, das nicht nur der Quantität von Lebensmitteln, sondern auch deren Qualität und der (Ess-)Frequenz Rechnung trägt (QQF-Theorie). Natürlich wissen wir, wie schwierig es ist, sich täglich gesund zu ernähren. Deshalb raten wir unseren Patienten in der Sprechstunde, nach einem „junk food“-Tag einen Tag „am anderen Ende der Skala“ einzulegen, das heisst mehrheitlich Früchte und Gemüse zu konsumieren, um am dritten Tag wieder „im Gleichgewicht“ zu sein. Noch immer werden vielerorts drei Hauptmahlzeiten und zwei bis drei Zwischenmahlzeiten empfohlen. Was für Kinder oder einen Velokurier sinnvoll ist, ist für die Mehrheit der Erwachsenen zu viel. Denn mit jeder Mahlzeit wird nicht nur Energie zugeführt, die komplexen biochemischen Veränderungen nach dem Essen (postprandiale Phase) sind auch ein Stressfaktor für den Körper (Der Löwe hält nach getanem Mal Siesta, der Hund legt sich schlafen, die Schlange verkriecht sich, nur die Menschen meinen sie müssten in einer Art „Völlenarkose“ weiterarbeiten. „Nach dem Essen sollst Du ruhn, oder tausend Schritte tun“). Die postprandiale Phase ist durch eine erhöhte Blutkonzentration an Glukose, verschiedenen Fetten, Insulin und anderen Hormonen charakterisiert – Faktoren, welche die Arterienverkalkung begünstigen. Dass sich heute ein Grossteil der Bevölkerung während bis zu 80 Prozent des Tages im postprandialen Zustand befindet, ist bedenklich. bedenklich Korrigieren lässt sich dies beim Einzelnen am einfachsten durch eine Reduktion der Esshäufigkeit und der zugeführten Fett- und Kohlenhydratmengen sowie durch regelmässige Bewegung. Personen mit mehrheitlich sitzender Tätigkeit sollten maximal zwei bis drei Mal pro Tag essen. Empfehlenswert sind eine komplette Hauptmahlzeit und zwei kleinere Mahlzeiten wie das Frühstück oder ein kleines Mittagessen (z. B. Salat und eine Eiweissquelle). Gegen Zwischenmahlzeiten in Form von Früchten oder Gemüse und einem Glas Milch ist nichts einzuwenden, solange die individuelle Energiebilanz nicht überschritten wird. Denn trotz allen Fortschritten in der Erforschung des Stoffwechsels bleibt die Energiebilanz der wichtigste Faktor für das Körpergewicht. Sie entspricht der Differenz zwischen der Energiezufuhr und dem Energieverbrauch. In der Energiebilanz sind Kalorien aus Fett und Kohlenhydrat („Zucker“) unabhängig von ihrer Herkunft als gleichwertig zu beurteilen. Eiweisskalorien fallen alle wegen ihrer günstigeren metabolischen Eigenschaften (grössere Wärmeproduktion, Bedeutung in der Appetitkontrolle und im Muskulaturstoffwechsel) in der Energiebilanz weniger stark ins Gewicht. Eine positive Energiebilanz und der daraus resultierende Gewichtsanstieg ist stets auf eine zu hohe Energiezufuhr und/oder einen zu geringen Energieverbrauch zurückzuführen. Eine ausgewogene Energiebilanz ist für eine gesunde Ernährung zentral. Denn man weiss etwa, dass zwischen dem Körpergewicht und den kardiovaskulären Risikofaktoren (z. B. Bluthochdruck) eine praktisch lineare Beziehung besteht. Das heisst, es gibt kein Schwellengewicht, ab dem man erst "aufpassen“ muss. Deshalb sollte auch mit dem Älterwerden jeder Gewichtsanstieg vermieden werden. Um das Konzept der ausgeglichenen Energiebilanz im Alltag aber umsetzen zu können, muss man wissen, wie hoch der tägliche Energiebedarf ist und wie viel Energie man durch die Tätigkeiten im Alltag (z. B. Schlafen, Sitzen, Sport) verbrennt. Die Erfahrung zeigt, dass bei normalgewichtigen Personen der tägliche Energiebedarf in Ruhe relativ konstant ist. Er beträgt um 24 Kilokalorien (kcal) pro Kilogramm Körpergewicht. Eine 70 Kilogramm schwere Person hat Sich gesund ernähren - eine Frage von Quantität und Qualität 3 PMB Ernaehrung Lifestyle und Sport.doc by DHB also einen RuheRuhe-Energie bedarf von 1680 kcal. Bei leichter Aktivität (z. B. B. motorisierter Arbeitsweg, Bürotätigkeit, Bürotätigkeit, kein Sport) liegt der tägliche Energiebedarf um einen Aktivitätsfaktor von 1,2 bis 1,4 höher - in unserem Beispiel also bei 2000 bis 2350 kcal pro Tag. So viel Energie sollte unsere Person täglich mit dem Essen zu sich nehmen. (Zum Vergleich: Bei einem Holzfäller beträgt der Aktivitätsfaktor etwa 2,2.) Essen und sich bewegen Körperliche Aktivität verbrennt nicht nur überschüssige Kalorien, sie hat auch zentrale neurobiologische Effekte. So wirkt Bewegung antidepressiv und führt zu einer Optimierung von sogenannten exekutiven Funktionen. Dazu zählen etwa die Lernfähigkeit und das Umsetzen von Vorhaben. Beides wird durch Bewegung besser oder erst ermöglicht. So kann zum Beispiel ein persönliches Ziel wie „Ich will gesünder essen“ essen“ oder „Ich will weniger essen“ essen“ bei gleichzeitiger Bewegung. regelmässiger Bewegung erfolgreicher und nachhaltiger umgesetzt werden als ohne Bewegung Auch die normale Kontrolle des Appetits und der Sättigung ist auf Bewegung angewiesen. Man nimmt an, dass die Verbindung zwischen Bewegung und gesundem Essverhalten evolutionäre Gründe hat. Denn in früheren Zeiten waren Nahrungssuche und Bewegung stets gekoppelt. Diese Verbindung lässt sich noch heute im Gehirn nachweisen. Distanz wichtiger als Zeit Der Aufwand, um über dem Bedarf zugeführte Kalorien durch Bewegung zu verbrennen, ist leider unverhältnismässig gross. Als Faustregel gilt: Pro Kilogramm Körpergewicht und zurückgelegten Kilometer werden - in Abhängigkeit von der Geschwindigkeit - 0,5 bis 1 kcal (zusätzlich) verbrannt. Eine 70 Kilogramm schwere Person verbraucht also pro Kilometer Jogging zusätzlich etwa 70 kcal. Um ein Kilogramm Fettmasse zu verbrennen, wären 100 Kilometer nötig. Die einzige realistische Strategie Strategie für eine ausgewogene Energiebilanz und eine Stabilisierung des Körpergewichts heisst deshalb: weniger essen!!!! essen!!!! Empfehlungen zur körperlichen Aktivität sollten zudem stets Angaben zur Distanz und nicht zur Zeit enthalten. Denn die erwähnte „3030-Minuten Minuten-Empfehlung“ Empfehlung“ ist irreführend, da viele Personen in 30 Minuten nicht einmal 500 Meter zurücklegen können. Nur die Vorgabe der Strecke garantiert einen minimalen Effekt auf den Stoffwechsel. Normal gewichtige Personen sollten pro Tag mindestens eine Distanz von 3 bis 5 Kilometern zurücklegen, Übergewichtige entsprechend mehr. Trotz der grossen Bedeutung einer ausgeglichenen Energiebilanz ist es für eine gesunde Ernährung nicht nötig, bei jedem Essen die Kalorien zu zählen. Die Erfahrung zeigt sogar, dass sich Kalorienzählen längerfristig eher kontraproduktiv auswirkt. In der Regel genügt es, die ungefähre Energiedichte der Nahrungsmittel zu kennen. Dazu muss man wissen, dass die Energiedichte eines Nahrungsmittels umso grösser ist, je mehr Fett es enthält. Denn der Energiegehalt von Fett (9 kcal/g) ist mehr als doppelt so hoch wie jener von Kohlenhydraten oder Eiweiss (4 kcal/g). Weil energiedichtere Nahrungsmittel pro zugeführte Kalorie ein geringeres Volumen haben und appetitfördernd wirken, führen sie leicht zu „passivem Überkonsum“. Die Energiedichte eines Nahrungsmittels ist auch von seinem Wassergehalt abhängig: Je höher der Wassergehalt, desto geringer die Energiedichte. Weil der Wassergehalt eines Nahrungsmittels besser abgeschätzt werden kann als sein Fettanteil, kann diese Information beim Zusammenstellen des Menuplans helfen. Produkte mit einem hohen Wassergehalt sind etwa rohe Früchte und Gemüse (Energiedichte 0,1 bis 0,5 kcal/g), solche mit einem geringen Wassergehalt Pommes Chips und Schokolade (zirka 5 kcal/g). Das Problem mit dem Orangensaft Die wichtigsten Energiequellen sind Fett und Kohlenhydrat („Zucker“), wobei Kohlenhydrat im Stoffwechsel bevorzugt wird. Deshalb kommt es bei gleichzeitigem Vorhandensein von Sich gesund ernähren - eine Frage von Quantität und Qualität 4 PMB Ernaehrung Lifestyle und Sport.doc by DHB Kohlenhydrat und Fett zur Unterdrückung der Fettverbrennung. Als Beispiel sei der Orangensaft am Morgen erwähnt. Aufgrund seines hohen Zuckergehalts (ca. 12 g/100 ml) führt sein Konsum zu einer raschen Verminderung der Fettverbrennung. Dieser Effekt ist am Morgen besonders ausgeprägt, da aus physiologischen Gründen in den Morgenstunden mehr Fett verbrannt wird als während des Tages. Vorzuziehen sind deshalb kohlenhydrathaltige Lebensmittel, die zu einem langsameren und geringeren Anstieg der Blutzuckerkonzentration führen. In diesem Zusammenhang wird auch von einem tieferen glykämischen Index gesprochen. Der glykämische Index ist ein Mass für die Wirkung eines kohlenhydrathaltigen Lebensmittels auf den Blutzuckerspiegel. In dieser Hinsicht sind etwa grob gemahlene Vollkornprodukte besonders günstig. Sie sollten feiner gemahlenen Vollkorn- oder Weissmehl-Produkten vorgezogen werden. Aus dem gleichen Grund sollte auch möglichst wenig Rohrzucker (Saccharose) konsumiert werden. Dieser findet sich insbesondere in gesüsstem Mineralwasser, gezuckerten Milchdrinks oder Eistee, aber auch in gesüssten Joghurts. Unerlässlich sind dagegen gewisse Aminosäuren. Acht lebensnotwendige solche Proteinbausteine (essenzielle Aminosäuren) müssen dem Körper zum Beispiel zugeführt werden, um die Muskelmasse aufzubauen. Zugleich müssen die Muskeln durch Krafttraining gedehnt werden. Dies ist vor allem mit dem Älterwerden wichtig, wenn normalerweise die Fettmasse zu- und die Muskelmasse abnimmt (zwischen dem 20. und 60. Lebensjahr um 30 bis 40 Prozent). Weil in den Muskelzellen die meisten Stoffwechselvorgänge ablaufen, fördert diese Entwicklung die Entstehung von Krankheiten. Alle acht essenziellen Aminosäuren finden sich in tierischem Eiweiss (Fleisch, Geflügel, Fisch, Milch und Milchprodukte, Eier), aber auch in Sojaeiweiss. Beim Konsum von pflanzlichen Eiweissquellen (z. B. Früchte, Getreide), denen gewisse Aminosäuren fehlen, ist der Konsum von Nahrungsmitteln mit sich ergänzenden Aminosäuren wichtig (z. B. Kombination von Bohnen mit Getreide). Gesunder Mix Am einfachsten können die essenziellen Aminosäuren mit magerem Fleisch, Fisch, Milch- oder Sojaprodukten zugeführt werden. Eine gute Strategie ist auch der Konsum eines Milchprodukts zu jeder Mahlzeit (z. B. ein Glas Milch zum Essen, Quark oder Hüttenkäse zum Salatteller). Eine vermehrte Eiweisszufuhr wirkt sich günstig auf die Appetitkontrolle aus. Ein Glas Milch ist auch als „Snack“ geeignet (allenfalls mit einer Frucht). Denn Milch enthält nicht nur ein ideales Aminosäurenmuster, sondern ist auch eine gute Quelle von Kalzium, Vitaminen und Mineralien. Empfehlenswert ist schliesslich ein Menuplan, der reich an Früchten und Gemüsen ist. Dies verringert das Risiko von Herz-Kreislauf-Krankheiten sowie das Krebsrisiko. Wie man weiss, beruht die günstige Wirkung von Früchten und Gemüsen auf der Kombination von verschiedenen Vitaminen, Mineralien, Spurenelementen und einer Reihe von sekundären Pflanzenstoffen (Phytochemikalien). Dieser gesunde Mix kann durch keinen Nährstoffzusatz ersetzt werden. Wie viele Früchte und wie viel Gemüse wir essen sollten, ist allerdings noch unklar. Die pragmatische Empfehlung von täglich fünf Portionen („five a day“), wie sie derzeit zur Steigerung des Früchte- und Gemüsekonsums propagiert wird, ist ohne wissenschaftliche Untermauerung. Zudem scheint die „Fünf am Tag“-Empfehlung für die meisten Personen nicht umsetzbar, auch in mediterranen Ländern nicht. Wir empfehlen deshalb unseren Patienten primär die Verdoppelung ihres derzeitigen Früchte- und Gemüsekonsums. Dabei sollen Gemüse und Früchte mit einer intensiven Farbe bevorzugt werden, da sie meistens ein günstigeres Nährstoffprofil und mehr Phytochemikalien haben. Eine gemüse- und früchtereiche Ernährung garantiert auch eine erhöhte Faserzufuhr (Ballaststoffe), was sich günstig auf die Darmtätigkeit, den Blutzucker- und Blutfettspiegel sowie auf den Blutdruck auswirkt. Letzteres hat auch damit zu tun, dass Gemüse und Früchte kaliumreich und natriumarm sind, was die Salzausscheidung in den Nieren fördert. Auch den Bedarf an Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen kann eine gesunde Person Sich gesund ernähren - eine Frage von Quantität und Qualität 5 PMB Ernaehrung Lifestyle und Sport.doc by DHB problemlos mit der täglichen Nahrung abdecken. Die einzige Ausnahme sind Frauen im gebärfähigen Alter, die zur Vermeidung von Neuralrohr-defekten beim Kind auf eine erhöhte Folsäurezufuhr in Form von Supplementen angewiesen sind. Die weitverbreitete Einnahme von Supplementen und die Anreicherung von immer mehr Nahrungsmitteln mit Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen kann für einzelne Personen sogar schädlich sein. So ist zum Beispiel eine zu hohe Vitamin-A-Zufuhr mit einem erhöhten Osteoporose- und Knochenbruchrisiko verbunden. Und auch ein Zuviel an Folsäure kann ausserhalb der Schwangerschaft problematisch sein. Nährstoff-Supplemente sind deshalb nicht Teil der Ernährung, sondern eine pharmakologische Therapie. Fett ist nicht gleich Fett Bei Fett und Öl sollte nicht nur auf die Menge, sondern auch auf die Qualität geachtet werden. Fette werden nach der Herkunft (pflanzlich oder tierisch) und nach ihrer chemischen Struktur (gesättigt, einfach und mehrfach ungesättigt) eingeteilt. Alle haben denselben Energiegehalt. Noch ist der genaue Bedarf an den einzelnen Fetten umstritten. Generell hängt die empfohlene Fettzufuhr vom Energiebedarf ab. So verträgt ein Velokurier mehr Fett als ein Bürolist. Heute gilt es als sinnvoll, einen Teil der gesättigten Fette durch einfach und mehrfach ungesättigte Fette zu ersetzen. Konkret heisst das weniger tierische und mehr pflanzliche Fette (z. B. Rapsöl oder Olivenöl) und mehr Fisch. Palmöl, Palmkernöl oder auch Kokosnussöl sind trotz pflanzlicher Herkunft gesättigte Fette. Bei der Auswahl von mehrfach ungesättigten Fetten sollte auch das Verhältnis zwischen den sogenannten Omega-6- und Omega-3-Fettsäuren beachtet werden. Das wahrscheinlich evolutionsbedingt ideale Verhältnis von 1 zu 3 hat sich bei unserem Lebensstil auf mehr als 15 zu 1 verschoben. Obwohl die Omega-6-Fettsäuren das „schlechte“ LDL-Cholesterin im Blut senken, erhöht eine vermehrte Zufuhr das Risiko verschiedener Erkrankungen. Der Grund dafür dürfte in einer vermehrten Produktion von krankheitsfördernden Botenstoffen (Eicosanoiden) liegen. Zur „Ausbalancierung“ des Omega-6/3-Ver-hältnisses empfehlen wir, den Konsum von Omega3-Fettsäuren (z. B. Fisch-, Leinsamenoder Rapsöl) zu erhöhen und/oder jenen der Omega-6Fettsäuren (z. B. Sonnenblumen-, Erdnuss- oder Distelöl) zu drosseln. Oft wirkt sich auch schon der vermehrte Konsum des einfach ungesättigten Olivenöls positiv auf das „Omega“-Verhältnis aus. In den letzten Jahren haben die Transfettsäuren die gesättigten Fettsäuren als besonders gesundheitsschädliche Bestandteile abgelöst. Transfettsäuren kommen vor allem in industriell gefertigten Nahrungsmitteln vor. Solche Produkte (z. B. Kekse, Biskuits, Gebäck, Pommes-Chips) sollten aus ernährungsmedizinischer Sicht ohnehin nur in geringen Mengen verzehrt werden. Sind „Bio“„Bio“-Lebensmittel Lebensmittel gesünder als konventionell produzierte Unterschiedlicher Gehalt an Inhaltsstoffen mit ungeklärter Relevanz Definition: Wofür „Bio“ steht Welche Anforderungen Lebensmittel erfüllen müssen, damit sie als „biologisch“ oder „ökologisch“ bezeichnet werden dürfen, ist in der Bio-Verordnung des Bundes sowie in der Verordnung des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements über die biologische Landwirtschaft festgelegt. So sind Dünger lediglich in Formen erlaubt, die von den Pflanzen nur langsam aufgenommen werden können. Schädlingen und Pilzkrankheiten muss durch Fruchtfolge, die Wahl geeigneter Sorten und die Förderung von Nutzungen vorgebeugt werden; Sind „Bio“-Lebensmittel gesünder als konventionell produzierte 6 PMB Ernaehrung Lifestyle und Sport.doc by DHB als Pestizide sind nur Substanzen zugelassen, die in der Natur vorkommen, etwa Gesteinsmehle, Pflanzen-, Pilz oder Bakterienpräparate. Herbizide sind generell verboten; die Unkrautregulierung muss mechanisch oder thermisch erfolgen, beispielsweise durch Hacken oder Abflammen. Für die Tierhaltung ist ein regelmässiger Auslauf im Freien vorgeschrieben. Antibiotika dürfen nicht prophylaktisch verabreicht werden; die Frist, während deren Milch oder Fleisch nach einer Therapie nicht verkauft werden dürfen, ist doppelt so lang wie für konventionelle Betriebe. Für Rindvieh muss mindestens 60 Prozent des Futters Raufutter mit niedrigem Protein- und Energiegehalt und hohem Zelluloseanteil sein; dazu zählen Stroh, Gras, Heu, ganze Maispflanzen, Futterrüben und Kartoffeln. Gentechnisch veränderte Organismen und ihre Produkte dürfen nicht eingesetzt werden, ebenso wenig ionisierende Strahlen und bestrahlte Produkte. In der Verarbeitung ist nur eine begrenzte Zahl an Zutaten, Hilfs- und Zusatzstoffen erlaubt. Die meisten Bio-Lebensmittel, die in der Schweiz verkauft werden, tragen jedoch das „Knospe“oder das „Demeter“-Siegel und sind deshalb nach noch strengeren Richtlinien produziert. Dasselbe gilt für Schweizer Frischprodukte mit dem Label „Migros Bio“; für importierte Produkte sind die Migros-Bio-Richtlinien weniger streng. So darf etwa Gemüse nur als Erdkultur - und nicht „hors sol“ - angebaut werden, und für Rindvieh sind 90 Prozent Raufutteranteil vorgeschrieben. Bei der Verarbeitung dürfen unter anderem keinerlei Aroma-und Farbstoffe eingesetzt werden, nicht einmal Randensaft zum Färben von Erdbeer-Joghurt. Bio in der Schweiz Biologisch produziertes Obst und Gemüse enthält im Mittel deutlich weniger Pestizid-Rückstände und Nitrat als konventionelle Produkte und tendenziell grössere Mengen an gewissen Pflanzenstoffen. In der Milch und im Fleisch von Bio-Nutztieren wiederum finden sich mehr gesunde Fettsäuren und fettlösliche Vitamine. Ob das die Verbraucher von Bio-Produkten gesünder macht, ist allerdings noch unklar. Die Schweiz gilt heute als einer der am weitesten entwickelten Bio-Märkte Europas. Laut Bio Suisse, der Vereinigung Schweizer Biolandbau-Organisationen, wurden im Jahr 2007 etwas mehr als 11 Prozent aller Landwirtschaftsbetriebe biologisch bewirtschaftet. Der Umsatz mit BioProdukten stieg im Vergleich zum Vorjahr um 7,7 Prozent auf knapp 1,3 Milliarden Franken, was einem Marktanteil von 4,6 Prozent entsprach. Die Kundschaft ist allerdings nicht mehr dieselbe wie früher: In den 1980er und 1990er Jahren gaben „Bio-Kunden“ in Verbraucherbefragungen noch vorwiegend altruistische Gründe wie den Umweltschutz als Kaufmotiv an. Seit Mitte der 1990er Jahre hingegen geht es einem immer grösseren Teil vor allem um die eigene Gesundheit. Auf der sicheren Seite Inwieweit biologisch produzierte Lebensmittel tatsächlich einen gesundheitlichen Mehrwert für die Verbraucher haben, ist unter Experten allerdings umstritten. So ist man sich zwar weitgehend einig darüber, dass Bio-Obst und -Gemüse, die ja nicht mit synthetischen Pflanzenschutzmitteln gespritzt werden dürfen und deshalb in der Regel höchstens durch Altlasten im Boden, die Abdrift von konventionell bebauten Feldern, beim Transport oder bei der Lagerung damit kontaminiert werden, im Mittel rund 100-mal weniger Pestizide aufweisen als ihre konventionellen Pendants. Bei der Bewertung dieses Befunds ist es allerdings mit der Einigkeit vorbei. Mit Bio-Produkten, so meinen die Verfechter dieser Landwirtschaftsform, sei man auf der sicheren Seite, schliesslich könnten manche Pestizide beim Menschen in grossen Mengen Krebs auslösen, das Erbgut schädigen oder den Hormonhaushalt stören. Das ist bedenkenswert, weisen doch jedes Jahr zwischen 3 und 5 Prozent des im Rahmen des EU-Pestizid-Monitorings getesteten Obsts und Gemüses unzulässig hohe Pestizid-Werte auf. In einigen dieser Fälle, so heisst es in Sind „Bio“-Lebensmittel gesünder als konventionell produzierte 7 PMB Ernaehrung Lifestyle und Sport.doc by DHB einem entsprechenden EU-Bericht, könne ein Gesundheitsrisiko nicht ausgeschlossenen werden, besonders nicht für empfindliche Personen. Andere Experten halten dem entgegen, dass auch bei konventionell angebautem Obst und Gemüse Pestizid-Rückstände in den allermeisten Fällen gar nicht nachweisbar seien oder zumindest unter dem Grenzwert lägen; von einer gesundheitlichen Gefährdung sei deshalb nicht, auszugehen. Laut Emmanuel Frossard vom Institut für Pflanzenwissenschaften der ETH Zürich arbeiten in der Schweiz zudem fast alle Nicht-Bio-Betriebe nach den Richtlinien der „Integrierten Produktion“. Auf diesen Höfen werde lediglich dann gespritzt, wenn man mit anderen Massnahmen nicht mehr weiterkomme, so Frossard. Dadurch fielen die Unterschiede zwischen Bio- und konventionellen Produkten im Hinblick auf die Pestizid-Belastung wahrscheinlich geringer aus als in Frankreich, Deutschland oder den USA. Auch die Frage, wie relevant der Einsatz von organischen Stickstoffdüngern wie Pflanzenresten oder Mist anstelle von mineralischen Düngern für die Qualität von Bio-Produkten ist, ist schwer zu beantworten. Organische Dünger werden von den Pflanzen langsamer aufgenommen und führen deshalb laut verschiedenen Studien bei Bio-Gemüse, vor allem bei Blattgemüsen wie Salat, Spinat oder Mangold, zu einem geringeren Nitrat-Gehalt; laut einem Dossier des Forschungsinstituts für biologischen Landbau in Frick (FiBL) liegen die Werte bei entsprechenden konventionellen Produkten um 10 bis 40 Prozent höher. Ein hoher Nitrat-Gehalt gilt gemeinhin als bedenklich, da Nitrat durch Mikroorganismen zu Nitrit umgewandelt werden kann und dieses zu krebserregenden Nitrosaminen. Studien der letzten Jahre konnten den einst postulierten Zusammenhang zwischen Nitrat und Magenkrebs allerdings nicht bestätigen; manche Forscher halten es gar für wahrscheinlicher, dass sich viel Nitrit im Magen, im Mund und auf der Haut positiv auf die Gesundheit auswirkt, da diese Stickstoffverbindung - beziehungsweise das daraus gebildete Stickoxid - für viele Krankheitserreger toxisch ist. Bessere Milch durch Weidegang Eindeutiger zugunsten der Bio-Produkte fällt der Vergleich von konventioneller Milch und BioMilch aus. Letztere enthält im Durchschnitt mehr fettlösliches Vitamin A und E, mehr Alpha-Linolensäure, eine mehrfach ungesättigte sogenannte Omega-3-Fettsäure, die einen günstigen Einfluss auf die Entwicklung des Zentralnervensystems und auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben soll, und mehr konjugierte Linolsäure, die in Tiermodellen das Wachstum von Tumoren gebremst hat. Der Grund dafür ist der für „Bio-Kühe“ vorgeschriebene hohe Anteil an sogenanntem Raufutter, also Gras, Heu oder anderen ganzen Pflanzen mit viel Zellulose, an der Futterration. Da allerdings in der Schweiz allgemein noch viel Gras in der Wiederkäuerfütterung eingesetzt werde, sei die biologische Tierhaltung für diesen Effekt hierzulande nicht zwingend erforderlich, sagt Florian Leiber vom Institut für Nutztierwissenschaften der ETH Zürich. Ein konventioneller Betrieb in der Bergzone etwa, der selbst nicht Getreide, Soja oder andere Hülsenfrüchte als Kraftfutter produzieren könne oder dieses aus Umweltgründen nicht einsetzen dürfe, habe in seiner Milch sicher ein ähnlich günstiges Fettsäuremuster - wenn nicht gar ein besseres. Leiber konnte nämlich zeigen, dass der Gehalt an Alpha-Lino-lensäure durch das Weiden im Tal nur leicht, auf der Alpweide dagegen stark erhöht wird. Das liege aber nicht an der Höhe über Meer, denn die habe bei standardisiertem Futter nur einen kleinen Effekt gehabt. Ausschlaggebend seien unter anderem die grössere Artenvielfalt auf der Alp und die Tatsache, dass die Kräuter dort im Moment, in dem die Wiese genügend Grünmasse für das Beweiden aufweise, wegen der kürzeren Vegetationszeit schon blühten. Beim Blühen produzierten die Pflanzen grosse Mengen an Färb-, Duft- und Abwehrstoffen, und diese beeinflussten vermutlich die Zusammensetzung der Mikroben im Pansen, die dann ihrerseits für die Art und Menge der ungesättigten Fettsäuren in der Milch - und analog dazu in den Milchprodukten, im Fleisch und Fett der Kuh - entscheidend seien. Sind „Bio“-Lebensmittel gesünder als konventionell produzierte 8 PMB Ernaehrung Lifestyle und Sport.doc by DHB Umstrittene sekundäre Pflanzenstoffe Bei pflanzlichen Lebensmitteln gibt es ebenfalls Hinweise darauf, dass biologisch Produziertes mitunter mehr wertvolle Inhaltsstoffe enthält als Konventionelles. Allerdings gebe es bis anhin nur wenige qualitativ hochwertige Studien, die wirklich Gleiches mit Gleichem verglichen, sagt Urs Niggli, der Direktor des FiBL. Einige solcher Studien hätten für Bio-Kartoffeln und -Gemüse einen höheren Vitamin-C-Gehalt ergeben, andere allerdings keine Unterschiede festgestellt. Klarer sei die Situation bei den Stoffen, die Pflanzen produzierten, um Frassfeinde oder Schädlinge abzuwehren, sich vor UV-Licht zu schützen oder Bestäuber anzulocken. Ein EU-weites Forschungsprojekt, aber auch viele andere Arbeiten hätten gezeigt, dass diese sogenannten sekundären Pflanzenstoffe in biologisch produzierten Äpfeln, Birnen, Kartoffeln, Zwiebeln, Tomaten, Karotten und Brokkoli sowie in biologisch produziertem Rotwein leicht bis deutlich erhöht seien. Dafür werden zwei Erklärungsmodelle diskutiert. Laut dem ersten investieren Pflanzen, denen wie in der konventionellen Landwirtschaft -genug Stickstoff zur Verfügung steht, vor allem in Wachstum und die Produktion von Biomasse; ist die Stickstoffversorgung hingegen begrenzt - wie das im Bio-Landbau und auch in der Natur oft der Fall ist -, so fliessen mehr Ressourcen in die Reifung und in sekundäre Pflanzenstoffe. Das zweite Modell sieht die Produktion dieser Substanzen als direkte Reaktion auf Schädlinge, Pilzbefall oder die Konkurrenz durch Unkraut Stressfaktoren, denen biologisch angebaute Pflanzen stärker ausgesetzt sind als konventionelle. Aus diesem Grund ist auch die Bewertung eines allfälligen höheren Gehalts an sekundären Pflanzenstoffen nicht einhellig: Während manche Forscher deren antikanzerogene, antimikrobielle, antioxidative, entzündungshemmende, blutdrucksenkende oder verdauungsfördernde Wirkung betonen, weisen andere darauf hin, dass es sich ja zumindest teilweise um Abwehrstoffe handle, die in grossen Mengen toxisch seien. Ein geringerer Gehalt, so meinen sie, sei deshalb möglicherweise gesünder als ein hoher. Einige Forscher können allerdings selbst dieser potenziell toxischen Wirkung noch etwas Positives abgewinnen: Als „AntiNutrients“, die die Verwertung bestimmter Nährstoffe verzögerten, so spekulieren sie, führten die sekundären Pflanzenstoffe möglicherweise zu einer reduzierten Kalorienaufnahme. Und die habe sich ja in vielen Tierstudien als lebensverlängernd erwiesen. Der Frage, inwieweit all diese kleinen und grossen Unterschiede zwischen konventionellen und Bio-Lebensmitteln physiologisch überhaupt relevant sind, ist man vor allem in Fütterungsversuchen bei Mäusen, Ratten oder Kaninchen nachgegangen. Die Resultate dieser Studien waren widersprüchlich; allerdings gibt es laut dem FiBL-Dossier nur eine Arbeit, in der das Bio-Futter schlechter abschnitt als das konventionelle. Seltener hat man auch in Studien mit Menschen nach Effekten gesucht, doch diese haben aufgrund methodischer Mängel keine Aussagekraft. Erst kürzlich allerdings haben Forscher aus den Niederlanden eine gute Studie veröffentlicht, die zu dem Schluss kommt, dass der Konsum von Bio-Milchprodukten in den ersten zwei Lebensjahren (oder indirekt schon im Bauch der Mutter) mit einem geringeren Risiko für Ekzeme einhergeht. Die Autoren vermuten, dass der in Bio-Milch im Mittel höhere Gehalt an Omega-3-Fettsäuren und/oder konjugierter Linolsäure die Ursache für diesen Schutzeffekt sein könnte. Zu welchem Ergebnis die Forschung der nächsten Jahre hinsichtlich der Qualität von BioProdukten auch kommen wird - die Umwelt sollte darüber nicht vergessen werden. Die Forschung der letzten Jahre habe nämlich klar gezeigt, dass die biologische Landwirtschaft die die natürliche Ressourcen effizienter nutze als die konventionelle, meint Emmanuel Frossard. Sind „Bio“-Lebensmittel gesünder als konventionell produzierte 9 PMB Ernaehrung Lifestyle und Sport.doc by DHB Kalorien und das Körpergewicht Energieaufnahme und körperliche Aktivitäten sind nicht die allein entscheidenden Faktoren Das Körpergewicht wird nicht nur dadurch bestimmt, wie viel Energie wir zu uns nehmen und wie viel wir etwa durch Bewegung verbrauchen. Auch die Energieeffizienz des menschlichen Stoffwechsels zählt. Insbesondere unsere Darmflora spielt eine wichtige Rolle. Übergewichtige, die abspecken wollen, plagen sich oft erfolglos mit kalorienreduzierten Diäten und blicken neidvoll auf Menschen, die scheinbar essen können, was sie wollen, und doch kein Gramm zunehmen. Dieses Phänomen beschrieb schon der englische Mediziner Malcolm Flemyng anno 1760: Nicht alle korpulenten Menschen seien übermässige Esser und nicht alle mageren Personen nur sparsame Esser, wird er in einem Übersichtsartikel im „Journal of the American Medical Association“ zitiert. Der Hinweis auf die „gute Futterverwertung“ wird heute allerdings meist skeptisch aufgenommen. Denn irgendwo müssen sie ja herkommen, die Kalorien, die sich als Körperfett materialisiert haben. Eine weitverbreitete Ansicht ist daher, dass dicke Menschen einfach mehr gegessen oder sich weniger bewegt haben als dünne Menschen. Der Mensch - eine Maschine? Suisse Balance, „die Ernährungsbewegung vom Bundesamt für Gesundheit und von Gesundheitsförderung Schweiz“, hat genaue Bilanzen erstellt: Eine 75 Kilogramm schwere Person müsste 26 Minuten Holz hacken, um den Konsum von vier Bananen (die zusammen 530 Gramm wiegen) zu kompensieren; für eine Tafel Schokolade (100 Gramm) müssten 35 Minuten Inlineskating betrieben werden. Die Grundlage dieser und vieler ähnlicher Berechnungen ist das Konzept der „Energiebalance“: Die Energieaufnahme und der Energieverbrauch müssen ausgeglichen sein, sonst nimmt die Person zu oder ab. Die erwähnten Nahrungsmittel haben etwa 500 Kalorien (genaugenommen Kilokalorien, kcal), und die Aktivitäten erfordern in der angegebenen Zeit und Intensität etwa denselben Energieeinsatz. Das Konzept scheint auf den ersten Blick schlüssig und physikalisch korrekt. Wenn man andere Energiebilanzen näher betrachtet - zum Beispiel jene von Maschinen -, tauchen allerdings Zweifel auf. So gibt es etwa Autos, die mehr, und andere, die für die gleiche Leistung weniger Treibstoff verbrauchen: Sie sind unterschiedlich effizient. Die Existenz von sparsamen Autos stösst allerdings auf viel weniger Skepsis als jene von „guten Futterverwertern“. Wie Maschinen sind aber auch lebende Organismen mehr oder weniger energieeffizient. Schon bei der körperlichen Aktivität gibt es zwischen Personen deutliche Unterschiede. Wenn etwa die Leistungsfähigkeit von Versuchspersonen in einem Belastungstest mit einem Fahrradergometer gemessen wird, kann sich der Wirkungsgrad bei der Umwandlung von Energie in Muskelarbeit - das Treten der Pedale - bei gleichem Trainingsstand um 20 bis 30 Prozent unterscheiden; mit hocheffizienten Muskeln müsste man also gewissermassen büssen und länger Holz hacken, um die Bananen zu „verbrennen“. Zwar wird bei jedem im Körper ablaufenden chemischen Prozess Wärme gebildet. Effiziente Muskeln setzen aufgrund ihrer speziellen molekularen Ausstattung aber weniger davon frei als ineffiziente, genauso, wie ein moderner Computerprozessor trotz gesteigerter Leistung weniger Wärme abgibt als ältere Prozessortypen. Maschinenbauer sind seit weit über hundert Jahren daran, den Wirkungsgrad ihrer Produkte zu steigern, die Evolution tut dies aber bereits seit Jahrmillionen - Personen mit effizienter Muskelarbeit und „gute Futterverwerter“ können also auf eine lange Optimierung ihres Stoffwechsels hin zu maximaler Energieausnutzung zurückblicken. In bestimmten Situationen kann dies von Vorteil sein, etwa bei einer Hungersnot; bei anderen Gelegenheiten dagegen ist der Stoffwechsel des „schlechten Futterverwerters“ günstiger, etwa wenn es bei Kälte den Körper zu Kalorien und das Körpergewicht 10 PMB Ernaehrung Lifestyle und Sport.doc by DHB „beheizen“ gilt. Den Körper für die Forschung mästen Doch auch der einzelne Organismus als Ganzes kann seinen Stoffwechsel von Fall zu Fall optimieren. Eine solche Anpassung findet zum Beispiel statt, wenn der Körper mit einem Nährstoffüberangebot konfrontiert ist - dann versucht er mit Energieverschwendung Gegensteuer zu geben. Dazu werden in der sogenannten Thermogenese Nährstoffe vermehrt nutzlos verbrannt und wird die Energie als Wärme abgeleitet. Wie die Energieeffizienz können dabei auch das Ausmass der Stoffwechselanpassung und die entsprechende Energieverschwendung von Person zu Person beträchtlich variieren: Zu diesem Schluss kamen jedenfalls schwedische Wissenschafter, als sie versuchten, mit Freiwilligen einen Selbstversuch des amerikanischen Filmemachers Morgan Spurlock zu wiederholen. Dieser hatte einen Monat lang nur Fast Food gegessen und damit gut 11 Kilogramm zugenommen. Die 18 allesamt schlanken Teilnehmer verpflichteten sich, pro Tag mindestens 5000 Kalorien zu essen und sich gleichzeitig nur wenig zu bewegen, um innert eines Monats 5 bis 15 Prozent ihres Gewichts zuzunehmen. Der „Erfolg“ war sehr unterschiedlich: Einer der Teilnehmer war schon nach 2 Wochen um 15 Prozent (12 Kilogramm) schwerer, ein anderer dagegen schaffte das anvisierte Ziel überhaupt nicht, er nahm nur gerade gut 1 Kilogramm zu. Alle Teilnehmer klagten, dass ihnen ständig warm sei. Die Probanden verschwendeten aber offensichtlich unterschiedlich viel Energie. Der Rest wurde abgespeichert; im Mittel nahmen die Teilnehmer um gut 6 Kilogramm zu. Auch in einer Untersuchung an 12 eineiigen Zwillingspaaren, die gut drei Monate lang „gemästet“ wurden, schwankte das Ausmass der Gewichtszunahme. Zwar gab es kaum Unterschiede zwischen den beiden Geschwistern, zwischen den Paaren erreichten sie aber bis einen Faktor drei. Genau das Gleiche, nur in die andere Richtung, geschieht bei Nährstoffmangel, etwa bei einer kalorienreduzierten Diät. Der Stoffwechsel schaltet dann auf ein Sparprogramm. Der Grundumsatz wird abgesenkt, um die verringerte Energiezufuhr zu kompensieren. Zu diesem Grundumsatz gehören der ständige Um- und Neubau der einzelnen Bestandteile des Körpers; Zellen sterben ab und werden ersetzt, Proteine und Fette werden abgebaut und neu produziert. Selbst der scheinbar starre Knochen wird ab- und wieder aufgebaut. Diese Vorgänge erfordern in unterschiedlichem Mass Energie. Abhängig vom Ausmass des Hungerns werden einige dieser Vorgänge verlangsamt oder gar gestoppt, so dass insgesamt weniger Energie verbraucht wird. Auch die mit allen Stoffwechselvorgängen verbundene Thermogenese ist reduziert. Entsprechend weniger Kalorien braucht der Mensch nun im täglichen Leben, der Gewichtsverlust wird daher trotz der reduzierten Kalorienaufnahme bald abgebremst. Bei Rauchern geschieht das langsamer als bei Nichtrauchern: Nikotin reduziert nicht nur den Appetit, sondern es stimuliert auch die Freisetzung von Botenstoffen aus den Nervenenden des sympathischen Nervensystems, welche in dessen Zielgeweben die Thermogenese anregen. Raucher produzieren also mehr Wärme und benötigen deshalb eine höhere Energiezufuhr und wiegen im Durchschnitt Durchschnitt weniger als Nichtraucher. Berechnungen in den USA haben gezeigt, dass dort etwa ein Viertel des Gewichtsanstiegs bei Männern in den letzten Jahren mit dem Verzicht auf Zigaretten erklärt werden kann. Auch die Darmflora beeinflusst unser Gewicht Wie viel Energie wir für unsere Leistungen benötigen, hängt aber nicht allein von der Effizienz des menschlichen Stoffwechsels ab; auch die vielen Billionen mit uns in Symbiose lebenden Darmbewohner „essen mit“, verdauen für uns und bestimmen so, wie viel der Nahrung wir nutzen können. Dieses Darm-Ökosystem gleicht einer modernen Anlage zur Produktion von Biotreibstoff, bei der aus Abfällen bester Treibstoff gewonnen werden kann. Die Darmbewohner, Hefen und vor allem Bakterien, verbrauchen zwar einen Teil der Nahrung, beliefern uns aber im Kalorien und das Körpergewicht 11 PMB Ernaehrung Lifestyle und Sport.doc by DHB Gegenzug mit Brennstoff, den sie aus für uns wertlosen Nahrungsbestandteilen gewinnen, den Ballaststoffen. Diese werden von ihnen fermentiert und in Fette umgewandelt, welche der Mensch optimal nutzen kann. Der Stoffwechsel der Darmflora und ihre Zusammensetzung sind dabei eng auf unsere Ernährungsweise abgestimmt und beeinflussen auch unseren Stoffwechsel. Das haben Tests gezeigt, bei denen eine Abhängigkeit der Inhaltsstoffe menschlichen Urins (also der Endprodukte des Stoffwechsels) von der Zusammensetzung der Darmflora gefunden wurde. Wie eng diese Symbiose ist und wie vielfältig die Wechselwirkungen zwischen der Darmflora und ihrem Wirt sind, kann man heute erst grob erahnen. Doch offenbar können die Bewohner des Darms das Gewicht des Wirts stark beeinflussen. Das Verhältnis zweier grosser Bakteriengruppen im Darm von Übergewichtigen weicht deutlich von jenem im Darm der Durchschnittsbevölkerung ab; die so genannten Firmicutes sind bei Fettleibigen bis zu 10-mal häufiger als die Bacteroidetes, während bei Normalgewichtigen dieses Verhältnis im Darm 4 zu 1 beträgt. Neuere Untersuchungen liefern daher Hinweise, dass ein hoher Anteil der Firmicutes-Bakterien besonders häufig mit Übergewicht einhergeht, während die Vertreter der Bacteroidetes eher das „Schlanksein“ fördern. Verpflanzt man im Tierexperiment die Darmflora von fetten Mäusen in normale, so werden die Empfängermäuse ebenfalls fett. Nimmt man dagegen die Flora dünner Tiere, bleiben auch die Empfänger dünn. Die zugrundeliegenden Mechanismen sind nicht vollständig geklärt. Eine mögliche Ursache könnte aber gefunden sein: Bei etlichen schwedischen Kleinkindern wurden in einer Untersuchung ihres Stuhls im ersten Lebensjahr ungewöhnlich hohe Konzentrationen des Eiterbakteriums Staphylococcus aureus gefunden, dafür weniger Bifidusbakterien, wie sie eigentlich für den Darm typisch sind. Eine Untersuchung nach sieben Jahren zeigte dann, dass gerade dicke Kinder als Baby deutlich mehr Eiterbakterien im Darm gehabt hatten. Als Ursache für das spätere Übergewicht werden Giftstoffe, sogenannte Toxine, vermutet, die von den Eiterbakterien und anderen Bakterien ausgeschieden werden. Darauf deuten zumindest Experimente mit Mäusen hin, bei denen Giftstoffe von im Mäusedarm angesiedelten Bakterien Fettleibigkeit verursachten; auch wenn die Toxine direkt ins Blut oder unter die Haut der Mäuse gespritzt wurden, nahmen diese zu. Die Toxine führen zu einer unterschwelligen, chronischen Entzündung im Körper, was seit einiger Zeit als ein wichtiger Faktor von Fettleibigkeit gesehen wird. Bei fettleibigen Tieren und auch bei fettleibigen Menschen lassen sich nämlich entzündliche Reaktionen im Körper feststellen. Die bei solchen Entzündungen freigesetzten Botenstoffe wirken, wie sich in Tierversuchen und in Experimenten mit Zellkulturen gezeigt hat, auf das Stoffwechselgeschehen, etwa der Leber oder der Fettzellen. Wenn „falsche“ Bakterien indirekt über eine Entzündung zu einer Gewichtszunahme führen, liegt die Idee nahe, mit dem gezielten Einsatz anderer Bakterien und von Antibiotika zur Eliminierung der „falschen“ Bakterien Einfluss auf die Darmflora zu nehmen. Das schlagen manche Wissenschafter denn auch vor. In der Landwirtschaft wird bereits seit langem mit Antibiotika und mit Bakterien (Probiotika) gearbeitet, hier in erster Linie mit dem Ziel eines besseren Masterfolges. Gewünscht ist eine möglichst optimale Umwandlung des Futters in Körpermasse: Bei Masthähnchen etwa führt eine frühe einmalige Verabreichung von Laktobazillen dazu, dass sie schneller zunehmen; laut einer Studie französischer Wissenschafter stieg ihr Gewicht schon mit 3,6 Gramm Futter um 1 Gramm, die unbehandelten Tiere mussten dafür 5,1 Gramm Futter fressen. Vor diesem Hintergrund warnte Jeremy Nicholson vom Imperial College in London 2005 vor „Experimenten grossen Ausmasses“ beim Menschen. Zum einen ist dieser einem früher nie da gewesenen Einsatz von Antibiotika ausgesetzt, und zum anderen konsumiert er seit einiger Zeit probiotische Lebensmittel. Diese enthalten etwa lebende Laktobazillen und weitere Vertreter der Firmicutes, aber auch andere, nicht zu den Firmicutes gehörende Bakterienarten (Bifidobakterien). Da die Bedeutung von Antibiotika oder Probiotika für einen langfristigen Gewichtsanstieg beim Menschen noch nie erforscht worden sei, könnten jedoch theoretisch beide für die Kalorien und das Körpergewicht 12 PMB Ernaehrung Lifestyle und Sport.doc by DHB „Übergewichtsepidemie“ mitverantwortlich sein, meinte daher kürzlich Didier Raoult von der medizinischen Fakultät der Universität Marseille. Der Nahrungsmittelproduzent Nestle dagegen verweist, auf Studien von 2007 und 2008, die bei Nagern keine negativen Auswirkungen von Antibiotika auf das Gewicht nachgewiesen hätten; und bei den Probiotika hätten Untersuchungen gezeigt, dass diese eine günstige Auswirkung auf die Gewichtskontrolle und einen gesunden Stoffwechsel haben könnten. Proteine heizen ein Der populäre Slogan „Eine Kalorie ist eine Kalorie ist eine Kalorie“, egal, ob sie in Proteinen, Fett oder Kohlenhydraten steckt, spiegelt die Auffassung wider, dass alle Nährstoffe gleich seien. Dabei bleibt allerdings unberücksichtigt, dass die Wärmeproduktion, die sogenannte Thermogenese, bei der Verarbeitung dieser Nährstoffe unterschiedlich gross ist: Beim Fett beträgt sie etwa 2 bis 3 Prozent, bei Kohlenhydraten schon 7 Prozent, und gar knapp 28 Prozent der Gesamtenergie gehen bei der Verarbeitung von Proteinen als Wärme verloren. Eine amerikanische Forschergruppe fand in einer Studie mit zehn jungen Frauen tatsächlich eine doppelt so hohe Thermogenese, wenn die Probandinnen eine Mahlzeit mit hohem Proteinanteil einnahmen, als wenn sie weniger Protein assen. Die Wissenschafter hatten an einem Tag den Grundumsatz der Frauen zweieinhalb Stunden nach dem Essen gemessen und gefunden, dass nach allen drei Mahlzeiten die Thermogenese bei proteinreicher Kost jeweils höher war als bei kohlenhydratreicher Kost. Die Auswahl der Nahrung beeinflusst also durchaus das Gewicht: Ihr Anteil an Eiweiss, Fett und Kohlenhydraten bestimmt die Effizienz des Stoffwechsels und die Energiemenge, die für den Verbrauch durch körperliche Aktivitäten zur Verfügung steht. Stress und mangelnder Schlaf Zu einem Anstieg des Gewichts können auch verschiedene Medikamente führen - nicht nur Antibiotika, die einen Einfluss auf die Darmflora haben. Von diesen Medikamenten sind einige in der evidenzbasierten Leitlinie für „Prävention und Therapie der Adipositas“ der deutschen Fachgesellschaften für Ernährung aufgeführt. Dazu gehören Betablocker, Antidiabetika, Antidepressiva wie Clomipramin, Amitryptilin oder Mirtazapin, aber auch Cortison (und generell Glukokortikoide) - alles Arzneimittel, welche in der westlichen Welt immer häufiger eingesetzt werden. Sie wirken zum Teil sehr unterschiedlich. Cortison und verwandte Substanzen etwa stören das Gleichgewicht der appetitsteuernden Hormone. Vermutlich ist dies mit ein Grund dafür, warum auch andauernder Stress - in der Leitlinie ebenfalls als ein Faktor aufgeführt -Übergewicht verursachen kann. Glukokortikoide spielen bei Stressreaktionen eine wichtige Rolle. Ein solcher Stressfaktor, der einen Anstieg der Glukokortikoide im Blut bewirkt, ist ungenügender und gestörter Schlaf; dies zeigten Experimente mit gesunden jungen Probanden, deren Schlaf unterbrochen wurde. Schlafentzug führte bei ihnen sowohl zu mehr Glukokortikoiden am Abend als auch, wie in Experimenten mit Tieren, zu erhöhtem Appetit. Dass mangelnder Schlaf das Gewicht erhöhen könnte, legen auch Zahlen aus den USA nahe. Dort verkürzte sich in der Bevölkerung in den letzten Jahrzehnten der nächtliche Schlaf von 9 auf 7 Stunden pro Nacht. Manche Wissenschafter sehen darin daher eine der Ursachen für die generelle Gewichtszunahme. Kalorien und das Körpergewicht 13 PMB Ernaehrung Lifestyle und Sport.doc by DHB Ein Blick zurück in graue Vorzeiten Die Variabilität und Flexibilität des Menschen in Sachen Nahrung halten manche Forscher für das eigentlich definierende Merkmal der menschWas hat der Mensch ursprünglich gegessen? Über diese Frage lässt sich trefflich spekulieren, denn man weiss nur wenig. Die Erkenntnisse der Forscher deuten aber darauf hin, dass wir Allesfresser sind und unsere Kost über die Jahrmillionen immer vielfältiger wurde. Der Mensch ist, was er isst. Wenn dieses Sprichwort zutrifft, sind wir ausgesprochen vielfältig. Als Allesfresser essen wir die verschiedensten Pflanzenteile ebenso wie die unterschiedlichsten Tiere und ihre Produkte; wir sind in Nahrungsdingen so flexibel, dass es für manche Experten gerade nicht eine bestimmte Ernährungsweise ist, die den Menschen menschlich macht, sondern die Bandbreite seiner Kost. Diese hat es ihm (nebst einer allgemeinen Findigkeit) erlaubt, selbst extremste Lebensräume wie die Arktis oder Wüsten zu besiedeln. Tatsächlich ist die Ernährung für Forscher ein wichtiges Puzzleteil, um die Evolutionsgeschichte des Menschen zu verstehen. Rekonstruktion mit Zähnen und Isotopen Die Rekonstruktion „fossiler“ Ernährungsweisen ist allerdings schwierig, und dies umso mehr, je weiter diese zurückliegen. Die Fossilien selbst bestehen meist nur aus Knochenresten und Zähnen. Spuren pflanzlicher Nahrung sind längst verschwunden, von tierischen Nahrungsbestandteilen sind oft nur Fragmente erhalten. Und selbst wenn sowohl pflanzliche als auch tierische Nahrungsreste gefunden werden, lässt sich ihr relativer Anteil an der Kost retrospektiv praktisch nicht bestimmen. So gibt beispielsweise der Gehalt an bestimmten stabilen Kohlenstoff-Isotopen in den Geweben eines Individuums zwar grob an, ob dessen Nahrung eher auf Blättern und Kräutern (C-3-Pflanzen) oder auf tropischen Gräsern (C-4-Pflan-zen) basiert. Ob allerdings ein Individuum Pflanzen zu sich genommen hat oder Tiere, die sich von diesen ernährten, lässt sich so nicht klären. Wichtig sind daher auch morphologische Untersuchungen. Bei diesen wird etwa durch den Vergleich der makro- und mikroskopischen Abnutzungsspuren auf den Zähnen fossiler Hominiden mit jenen auf Zähnen heutiger Menschenaffen auf die Nahrung der Hominiden geschlossen. Die frühesten Vorfahren des Menschen, deren Kost Gegenstand von Studien war, sind die Australopithecinen, die vor rund 4 bis 2 Millionen Jahren in Afrika lebten. Zu ihnen zählt die berühmte „Lucy“, die 1974 in Äthiopien entdeckt wurde. Die Australopithecinen werden in eine grazile und eine robuste Linie unterteilt, wobei sich die erstere von der letzteren unter anderem durch zartere Kieferknochen, kleinere Zähne sowie Backenzähne, die sich zum Zerschneiden zäher Materialien wie junger Blätter oder Schösslinge geeignet haben dürften, unterscheidet. Die riesigen Kauflächen und kräftigen Kiefer der robusten Linie dagegen scheinen eine extreme Spezialisierung auf harte Kost wie Samen oder Nüsse zu signalisieren. Zähe oder harte Kost als Alternativen Mikroskopische Analysen von Zähnen des grazilen Australopithecus africanus sowie des robusten Paranthropus robustus haben jedoch vor zwei Jahren gezeigt, dass deren Abnutzungsmuster deutlich überlappen, ähnlich wie bei den Zähnen heutiger Gorillas und Schimpansen. Aufgrund dieser Hinweise geht Peter Ungar von der University of Arkansas davon aus, dass sich beide Hominidenarten grundsätzlich ähnlich ernährten. Und in einer gerade veröffentlichten Untersuchung zeigten selbst die Zähne des äusserst robusten „Nussknackermenschen“ Paranthropus boisei keine Anzeichen dafür, dass dieser sich ausschliesslich von härtester Kost ernährte. Vermutlich hätten alle Australopithecinen (wie die heutigen Menschenaffen und viele weitere Primaten) reife, weiche Früchte bevorzugt, sagt Ungar. Doch wenn diese knapp geworden seien, seien die grazilen Arten wohl eher auf zähe und ihre robusten Verwandten auf Ein Blick zurück in graue Vorzeiten 14 PMB Ernaehrung Lifestyle und Sport.doc by DHB harte Kost ausgewichen. Auch die Analyse stabiler Kohlenstoffisotope im Zahnschmelz von Australopithecinen durch Matt Sponheimer von der University of Colorado in Boulder und seine Kollegen förderte Überraschendes zutage (wenn auch nicht alle Forscher überzeugt sind, dass sich fossiler Zahnschmelz für solche Studien eignet). Laut Sponheimers Erkenntnissen jedenfalls könnte die Nahrung der Australopithecinen durchschnittlich zu etwa 35 Prozent und im Einzelfall zu bis zu 80 Prozent direkt oder indirekt auf C-4-Pflanzen wie tropischen Gräsern basiert haben - deren Spuren man laut dem Forscher in Schimpansen selbst dann nicht findet, wenn diese in einer an C-4-Pflanzen reichen Umgebung lebten. Dass sich die Kost der Hominiden so deutlich von jener der Schimpansen unterschieden habe, sei überraschend gewesen, sagt Sponheimer. Vor allem aber habe die ungeheure Bandbreite des C-4-Anteils erstaunt. Dies deute auf eine deutlich variablere Ernährungsweise hin als jene heutiger Menschenaffen. Vor etwa 2,5 Millionen Jahren tauchte in Afrika dann Homo habilis auf, der erste Frühmensch. Er besass noch viele Merkmale der Australopithecinen - aber auch ein schon um ein Drittel grösseres Gehirn als diese. Ihm schreibt man die ersten Steinwerkzeuge der sogenannten Oldowan-Industrie zu. Die bis anhin ältesten dieser einfachen Werkzeuge sind ebenfalls etwa 2,5 Millionen Jahre alt. Da Homo habilis und die robusten Australopithecinen damals gleichzeitig vorkamen, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, wer sie hergestellt hat. Benutzt wurden sie wohl zum Zerlegen von Tieren, wie Schnittspuren an ebenso alten Knochen annehmen lassen. An ähnlich frühen Stätten wurden auch zerschlagene Knochen entdeckt, die wohl zur Gewinnung des nährstoffreichen Knochenmarks geöffnet worden waren. Vermutlich seien die Oldowan-Steinwerkzeuge nicht die einzigen und vielleicht auch nicht die ältesten Werkzeuge der Frühmenschen gewesen, sagt Christoph Zollikofer vom Anthropologischen Institut der Universität Zürich. Dass es mehr Werkzeuge gegeben haben könnte, darauf deute schon deren weit verbreiteter Gebrauch unter Menschenaffen hin. Womöglich haben die Hominiden mit heute verschwundenen Werkzeugen Wurzeln ausgegraben oder andere pflanzliche Nahrung „zubereitet“. Vor etwa 1,8 bis 1 Million Jahren benutzten sie laut einer Studie jedenfalls Knochenwerkzeuge, um Termiten aus ihren Bauten zu kratzen. In diesem Fall hält man Paranthropus robustus für den Werkzeugmacher - mit demselben Vorbehalt wie bei der Zuordnung der Oldowan-Werkzeuge zu Homo. Die Entdeckung dieser Werkzeuge macht das Leben der Paläoanthropologen aber nicht einfacher. Denn möglicherweise hat sich die Entwicklung der Zähne und Kiefer von Homo im Lauf der Zeit dem Gebrauch von Werkzeugen (und jenem des Feuers zum Kochen) „angepasst“. Das Gebiss des Menschen scheint nämlich laut Kornelius Kupczik von der Abteilung für Humanevolution des Max-PlanckInstituts für evolutionäre Anthropologie in Leipzig nie ideal zum Zerkleinern von zähem, rohem Fleisch gewesen zu sein. Sei dieses jedoch mit Werkzeugen in mundgerechte Happen zerteilt, quasi einem ausserkörperlichen Kauprozess unterworfen worden, habe das kompensiert werden können, erklärt Kupczik. Dies soll (in den meisten Fällen) die Nahrungsbasis der Menschen deutlich verkleinert haben. Statt auf eine Vielzahl wilder Pflanzen- und Tierprodukte stützten sie ihre Ernährung von da an oft auf eine stärkehaltige Feldfrucht wie Weizen, Mais oder Reis. Diese reicherten sie lediglich mit wenigen anderen „Zutaten“ an. Gleichzeitig dürfte der Fleischanteil in der Nahrung deutlich zurückgegangen sein, wie die Wissenschafter annehmen. Weizen, Mais oder Reis allein wird dem Nährstoffbedarf des Menschen aber nicht gerecht. Dies hatte offenbar drastische und direktere Auswirkungen als alle vorhergehenden Änderungen in der Kostzusammensetzung: Die Menschen wurden vielerorts kleiner, Karies und Zahnfehlstellungen nahmen zu, und Mangelerkrankungen und Infektionskrankheiten, die die Forscher aus früheren Skelettfunden kaum kennen, wurden häufiger. Weiterführende Literatur: Peter S. Ungar (Ed.): Evolution of the Human Diet. The Known, the Ein Blick zurück in graue Vorzeiten 15 PMB Ernaehrung Lifestyle und Sport.doc by DHB Unknown and the Unknowable. Oxford University Press, New York (2007). Wichtiges Fleisch Dass unsere Vorfahren bereits vor 2,5 Millionen Jahren das mit den Oldowan-Steinwerkzeugen vom Knochen geschnittene Fleisch gegessen haben, ist sehr wahrscheinlich. Einen Umbruch in der Ernährung dürfte dies laut Zollikofer jedoch nicht markiert haben, sondern eher eine Verlagerung, war Fleisch doch bereits zuvor ein Bestandteil der Hominiden-Kost. Dass Fleisch als qualitativ sehr hochwertiges Nahrungsmittel wichtig für die Entstehung des Menschen war, darüber sind sich die Forscher einig. Seinen genauen Anteil an der Ernährung der verschiedenen Frühmenschen-Gruppen zu bestimmen, dürfte aber schwierig sein. Der Fleischanteil in der Nahrung historischer Jäger- und Sammlervölker variierte laut den Experten jedenfalls erheblich. So ernährten sich die Inuit der Arktis fast ausschliesslich vom Fleisch von Meeressäugern und Karibus sowie von Fisch, wie Harriet Kuhnlein vom Centre for Indigenous Peoples' Nutrition and Environment der McGill University in Sainte-Anne-de-Bellevue, Kanada, sagt. Das rohe Fleisch der Meeressäuger enthalte praktisch alles, was der Körper des Säugetiers „Mensch“ benötige; Walhaut etwa habe pro Gewichtseinheit ebenso viel Vitamin C wie Orangen. Orangen Die Nahrung mancher Volksgruppen im Süden Afrikas wiederum soll auf der sehr fett- und eiweissreichen Mongongo-Nuss (Ricinodendron rautanenii) basiert haben; der Anteil von Fleisch bei ihnen sei relativ gering, heisst es. Reine Vegetarier allerdings hat es laut den Experten wohl keine gegeben; ein gewisse Menge an tierischer Nahrung dürfte jedes Volk zu sich genommen haben. Wechselwirkungen verschiedener Nährstoffe Phytat blockiert die Aufnahme von Eisen und anderen Mineralien slz. Wieviel und welche Nährstoffe über den Darm aufgenommen werden, ist nicht nur vom Stoffwechsel der entsprechenden Person abhängig. Viele Inhaltsstoffe eines Lebensmittels treten miteinander auch in unterschiedliche Arten von Wechselwirkungen - manche bilden unlösliche und damit unverdauliche Komplexe, andere können erst als Paket oder nach gegenseitig bedingter Umwandlung resorbiert werden. Ein bekanntes Beispiel für eine positive Wechselwirkung ist die deutlich verbesserte Aufnahme von Calcium durch Vitamin D. Phytat hingegen, welches in nahezu jedem Getreide (vor allem in der äusseren Hülle) sowie in Ölsaaten oder anderen Samen enthalten ist, blockiert die Aufnahme von Mineralstoffen wie Zink oder Eisen. Das Molekül besitzt sechs negativ geladene Phosphatgruppen und kann damit die gleichzeitig mit der Nahrung aufgenommenen positiv geladenen Eisen- oder Zink-Ionen sehr effizient abfangen. Dadurch wird deren Transport durch die Darmwand ins Blut verhindert - viele Studien mit Menschen oder Tieren haben gezeigt, dass umso weniger Eisen oder Zink aufgenommen wird, je mehr Phytat in der Nahrung enthalten ist. Manche Experten sehen deshalb einen erhöhten Phytat-konsum, der vor allem bei einer vollkornreichen Ernährung vorliegt, zumindest als eine Ursache für den bei vielen Frauen, aber auch bei Kindern beobachteten Eisenmangel. Allerdings kann man den Phytatgehalt von Vollkornprodukten durch verschiedene Zubereitungsarten sowie die Wirkung des Phytats im Verdauungstrakt durch den gleichzeitigen Konsum diverser anderer Lebensmittel stark beeinflussen. Die Stärke der Phytatblockade der Mineralstoffresorption sei deshalb abhängig von der ganzen Mahlzeit, erläutert Ines Egli vom Institut für Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften der ETH Zürich. So wisse man aus diversen Studien, dass eine Fermentation oder auch ein Auskeimen der Körner den Phytatgehalt deutlich senke. Dabei werde das Phytat enzymatisch abgebaut; ein richtiges Sauerteigbrot enthält demnach deutlich weniger Phytat als ein Hefebrot. Kochen, Backen oder Einweichen in reinem Wasser hingegen habe wenig Einfluss auf den Phytatgehalt Wechselwirkungen verschiedener Nährstoffe 16 PMB Ernaehrung Lifestyle und Sport.doc by DHB von Körnern, so Egli. Zudem könne man die Eisen- oder Zinkaufnahme durch gleichzeitigen Verzehr von Vitamin-C-haltigem Obst und Gemüse fördern. In viel geringerem Ausmass unterstützen auch manche in Gemüse oder Obst enthaltenen Säuren wie die Oxalsäure die Mineralstoffaufnahme. Egli wie auch andere Experten sind der Meinung, dass in der westlichen Welt mit einer in der Regel gemischten Ernährung und den damit einhergehenden vielfältigen Wechselwirkungen zwischen den Nährstoffen der Phytatgehalt unserer Lebensmittel höchstens für einen geringen Teil der beobachteten Mineralstoffdefizite verantwortlich ist. Anders sehe es hingegen in Ländern der Dritten Welt aus, sagt Egli, wo sich die Menschen oftmals nahezu ausschliesslich von Getreideprodukten ernährten. Dort könne die aufgenommene Phytatmenge durchaus zu einem Eisenmangel beitragen. Dasselbe gelte auch hierzulande für strikte Vegetarierinnen, die sich von sehr viel ungesäuerten Völlkornprodukten ernährten und aufgrund der monatlichen Blutungen regelmässig Eisen verlören. Sport macht gesund Sport und Bewegung: Wundermittel Sport - wie Bewegung Körper und Psyche heilt Die gesundheitsfördernde Wirkung von körperlicher Aktivität ist mittlerweile durch zahlreiche wissenschaftliche Studien belegt. Bewegung ist beispielsweise ein bewährtes Mittel gegen Depressionen. Die Stimmungsaufhellende Wirkung wird durch die ausgeschütteten Endorphine, bei Bewegung ausgelöst - und durch andere Stoffe im Gehirn, die teilweise kürzlich entdeckt wurden und teilweise wohl noch im Verborgenen liegen. Eines der Hauptargumente für Sport ist jedoch, die Vorbeugung der Arteriosklerose und das damit verbundene tiefere Risiko für HerzKreislauf-Erkrankungen. Sport dient jedoch nicht nur der Prävention, sondern gilt auch als eine der wichtigsten Therapiemassnahmen zur Sekundärprävention nach einem kardiovaskulären Ereignis. Regelmässige körperliche Aktivität wirkt sich unter anderem positiv aus auf: • Blutgefässe, die sich erweitern und elastisch werden. Dadurch wird eine optimale Durchblutung aller Gewebezellen und Organe gewährleistet. • Bluthochdruck: Da sich durch Sport die Blutgefässe erweitern, sinkt der Blutdruck. • Cholesterin: Regelmässige körperliche Bewegung optimiert den Cholesterinspiegel. Das gute Cholesterin steigt und schützt damit die Blutgefässe vor Plaques. • Diabetes: Bewegung beeinflusst die Blutzuckerwerte positiv. • Übergewicht, ein Risikofaktor für Arteriosklerose, kann durch ausreichend Bewegung reduziert werden. Körperliche Aktivität hat eine stark gesundheitsfördernde Wirkung und wird sowohl in der Prävention als auch in der Therapie von Herz-Kreislauf-Erkrankungen effektiv eingesetzt als auch auf psychischer Ebene. So gilt Sport gemäss einer aktuellen, vielbeachteten Studie als eine der vier Wundermittel, die das Leben um 14 Jahre verlängern sollen. Die weiteren drei sind: • nicht rauchen • mässig Alkohol trinken • täglich fünf Portionen Obst und Gemüse essen (vgl. allerdings die Einschränkungen weiter oben). Was ausreichend Bewegung sonst noch alles bewirken kann oder soll, zeigt die Internetsuche auf einen Blick. Auf der ersten Trefferliste ist zu lesen: Sport macht potent, klug und bringt gute Laune. Sport als universales Heilmittel gegen jedes Übel? In der Schweiz gilt Sport jedenfalls als eine der beliebtesten Freizeitaktivitäten. Die Ergebnisse der repräsentativen Umfrage Sport Schweiz 2008 zeigen: 40 Prozent der Schweizer treiben mehrmals pro Woche Sport, insgesamt Sport macht gesund 17 PMB Ernaehrung Lifestyle und Sport.doc by DHB drei Stunden und mehr. Rund 25 Prozent sind mindestens einmal pro Woche körperlich aktiv. Zu den beliebtesten Sportarten gehören in der Schweiz Radfahren (35 Prozent der Schweizer üben diese Sportart aus), Wandern oder Walking (33,7 Prozent) und Schwimmen (26 Prozent). Endorphine machen glücklich Wer selbst Sport treibt, weiss, dass Sport glücklich macht. Das Gefühl kann von einer angenehmen Entspannung bis zum sogenannten Runner's High reichen. Vor allem Langstreckenläufer erleben diesen rauschähnlichen Zustand mit reduziertem Schmerzempfinden und gehobener Stimmung. Dieses absolute Glücksgefühl erfahren jedoch nicht alle Läufer, und wer dies doch erlebt hat, muss dies vielleicht als einmaliges Erlebnis akzeptieren; das Runner's High lässt sich weder erzwingen noch steuern. Zur Erklärung dieses Phänomens wurde lange Zeit Adrenalin, später Endorphin verantwortlich gemacht. Dieses Jahr konnte erstmals ein Nachweis für das Stimmungshoch in einer wissenschaftlichen Fachzeitschrift publiziert werden: Deutsche Forscher konnten anhand einer weiterführenden Studie bei Athleten die erhöhte Ausschüttung von Endorphinen im Gehirn nachweisen. Die Ergebnisse könnten auch für Patienten mit chronischen Schmerzen hilfreich sein, da die Endorphine als körpereigene Opiate auch an der Schmerzunterdrückung beteiligt sind. Forscher der amerikanischen Yale-Universität haben kürzlich einen weiteren Hinweis gefunden, warum Sport gegen Depressionen hilft: Bei Bewegung produziert das Gehirn verstärkt ein natürliches Antidepressivum. Sport hat demnach einen ähnlichen Einfluss auf das Gehirn wie die Elektrokrampftherapie, die bei sehr schweren Fällen von Depressionen eingesetzt wird. Endorphine stärken das Herz Eines der stichhaltigen Argumente, um Sport zu treiben, ist allerdings das Ziel, Herz-KreislaufErkrankungen wie Bluthochdruck, koronare Herzkrankheit, Herzschwäche, Schlaganfall oder Herzinfarkt vorzubeugen. Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind in den Industrieländern die erste Todesursache. Hauptursache für die Erkrankungen ist die Arterienverkalkung, in der Fachsprache Arteriosklerose genannt. Zahlreiche medizinische Studien belegen: Wer regelmässig Ausdauersport betreibt, beugt der Arteriosklerose vor und hat somit ein geringeres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Regelmässige körperliche Aktivität hat positive Auswirkungen auf die Blutgefässe. Selbst bei Menschen, die bereits erkrankt sind, hilft Sport. Bei Herzpatienten gehört Bewegung zu einer der wichtigsten Massnahmen der Sekundärprävention, um das Risiko für weitere kardiovaskuläre Ereignisse zu senken. Schon nach wenigen Wochen Training erweitern sich die Gefässe und die Durchblutung wird besser, der Cholesterinspiegel reguliert sich und der Blutdruck sinkt. Neue Forschungsergebnisse zeigen sogar, dass Ausdauertraining die Zellen anregt, bereits vorhandene Schäden am Herzen zu reparieren: Herzkranke haben wesentlich weniger Progenitorzellen (Vorläuferzellen) in den Muskeln. Nach einem halben Jahr mit täglich 30 Minuten Training konnten die Studienteilnehmer die Zahl dieser Vorläuferzellen verdoppeln. Die Teilungsaktivität der Zellen hatte sich versechsfacht, was eine enorme Steigerung der Reparaturfähigkeit bedeutet. Selbstverständlich sollten Herzkranke immer ihren Arzt zu Rate ziehen, bevor sie mit dem Training beginnen. Auch Diabetiker profitieren bereits von täglich einer halben Stunde körperlicher Aktivität. Experten wissen, dass Diabetiker, die sich regelmässig ausreichend bewegen in vielen Fällen auf Arzneimittel verzichten können. Einflussfaktoren wie das Gewicht verringern sich, und der HbA1C-Wert, das sogenannte Blutzuckerlangzeitgedächtnis, kann optimiert werden. Sport heilt Depressionen und schützt vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Dafür sprechen immer mehr wissenschaftliche Studien. Selbst zur Prävention eines zweiten kardiovaskulären Ereignisses hilft körperliche Aktivität. Wer einige Regeln beachtet, sorgt dafür, dass keine Sportunfälle den Spass verderben. Sport macht gesund 18 PMB Ernaehrung Lifestyle und Sport.doc by DHB Dreissig Minuten aktiv und der Effekt ist gesichert Sport braucht Zeit und manchmal, besonders zu Beginn, auch Überwindung. Wie viel Sport reicht aus, um einen gesundheitsfördernden Effekt zu erzielen? Bereits täglich eine halbe Stunde moderate Bewegung reicht gemäss Empfehlung der Schweizer Herzstiftung Swissheart aus, um körperlichen und psychischen Beschwerden vorzubeugen. Dabei sollte man etwas ausser Atem geraten, aber noch nicht ins Schwitzen kommen. Es ist nicht einmal unbedingt notwendig die halbe Stunde Bewegung pro Tag am Stück zu absolvieren; man darf Bewegungszeiträume von mindestens zehn Minuten zusammenzählen. Bewegung kostet also höchstens ein wenig Zeit, die besser kaum investiert werden könnte. (vgl. auch hierzu die weiter oben gemachten Einschränkungen) Jährlich 300000 Sportverletzungen So positiv Sport für den Menschen ist - er hat auch seine Schattenseiten, was besonders in einer Drogerie oder Apotheke zum Vorschein kommt: Menschen mit Sportverletzungen und oder Folgen von Übertraining suchen den Rat einer Fachperson. Jährlich werden vom Bundesamt für Unfallverhütung BFU rund 300000 Sportverletzungen verzeichnet. 70 Prozent der Verletzungen ereignen sich in zehn verschiedenen Sportarten; gehäuft bei Fussball, beim Skifahren, Snowboarden, Radfahren, Schwimmen sowie Bergwandern, wie das BFU kommuniziert. Hinzu kommen vermutlich zahlreiche kleinere Verletzungen, die nicht von einer medizinischen Fachperson behandelt werden. Bei Hobbysportlern kommen Zerrungen, Prellungen und Stauchungen relativ häufig vor. Schuld daran sind laut BFU ungenügendes Aufwärmen mindestens zehn Minuten ist notwendig - schlechte Ausrüstung, ungenügende Beachtung der Risiken oder mangelnde Schutzkleidung. Sportunfälle liessen sich also, zumindest teilweise, verhindern. Sportverletzungen sollten so rasch wie möglich behandelt werden. Bei leichten Prellungen lassen sich unangenehm schmerzhafte Schwellungen mit sofortiger Kühlung lindern. Danach das betroffene Gelenk hochlagern. Entzündungshemmende, kühlende Gels eignen sich für die Nachbehandlung. Sehr starke Schmerzen, ein grosser Bluterguss oder eine starke Schwellung können auf einen Muskelfaser- oder Sehnenriss oder auf einen Knochenbruch hinweisen. Es ist deshalb sinnvoll, dass ein Patient mit diesen Symptomen den Arzt aufsucht, ebenfalls, wenn sich der Zustand nach einigen Tagen nicht verbessert. bewegt Sport einiges Ein Übermass schwächt das Immunsystem Ein Übermass an Sport kann sich tatsächlich negativ auf die Gesundheit auswirken. Untersuchungen zeigen, dass die weissen Blutkörperchen bei extremer Anstrengung eine erhöhte Neigung zum Zelltod zeigen. Nach einem Marathon sinkt die Abwehrkraft des Immunsystems deshalb auf einen Bruchteil und nicht selten erkranken Sportler nach grosser Anstrengung an Grippe oder Erkältung. Auch die Muskulatur und die Knochen leiden bei einer zu grossen Beanspruchung. Ermüdungsbrüche, besonders am Fuss, können die Folge sein. Informationen anhand mehrerer Artikel aus Zeitschriften, so zB Forschung und Technik NZZ, 7.5.2008 Sport macht gesund 19