2016-04-05 Selbstmedikation beim Haustier Ausdruck

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Prof. Dr. med. vet. Melanie Hamann
Fachtierärztin für Pharmakologie und Toxikologie
Institut für Pharmakologie und Toxikologie
Fachbereich Veterinärmedizin
Selbstmedikation beim Haustier –
Möglichkeiten und Grenzen
Selbstmedikation beim Tier?
Ursachen von Vergiftungen beim Hund
Curti et al. 2009, Schweiz. Arch. Tierheilk. 151(6):265-273
26% der Vergiftungen beim Hund durch Humanarzneimittel:
Präparate für Hunde ungeeignet
Falsche Anwendung/Überdosierung
Ursachen von Vergiftungen bei der Katze
Curti et al. 2009, Schweiz. Arch. Tierheilk. 151(6):265-273
14% der Vergiftungen bei der Katze durch Humanarzneimittel:
Präparate für Katzen ungeeignet
Falsche Anwendung/Überdosierung
32% der Vergiftungen bei der Katze durch Humanarzneimittel:
Präparate für Katzen ungeeignet (Antiparasitika!!!)
Falsche Anwendung/Überdosierung
2
Selbstmedikation beim Tier?
Hinterfragen der „Diagnose“ des Tierbesitzers
•
•
•
•
Tierart? Rasse? Alter des Tieres? Impfstatus?
Symptome, Dauer, Intensität usw.?
Bestehen weiterer Erkrankungen? Anwendung weiterer Arzneimittel?
…
Selbstmedikation
Selbstmedikation
Ja
Nein
Auswahl des richtigen
Präparates
Verweis an einen
Tierarzt
Hinweis zur richtigen
Dosierung
Anwendungshinweise
Hinweis über Rücksprache mit Tierarzt
nach X Tagen erfolgloser Behandlung
bzw. mit Apotheke/Tierarzt bei UAW
3
Selbstmedikation: Rechtliche Vorgaben
Verkehrsstatus: Tierarzneimittel und Humanarzneimittel
verschreibungspflichtig (und apothekenpflichtig):
§ 48 AMG – VO über die Verschreibungspflicht… (AMVV)
apothekenpflichtig (nicht verschreibungspflichtig):
§§ 43, 44, 45 AMG – VO über apothekenpflichtige und
freiverkäufliche Arzneimittel
~ 90%
apothekenpflichtig!
spielen im
Rahmen
der Selbstmedikation
eine Rolle
freiverkäuflich: Abgabe z.B. auch über Zoofachgeschäfte
4
Selbstmedikation: Rechtliche Vorgaben
Vorgaben für den Tierhalter:
Unterscheidung von Tieren in zwei Kategorien
Lebensmittelliefernd
Nicht Lebensmittelliefernd
Erwerb und Anwendung
apothekenpflichtiger AM:
Erwerb und Anwendung
apothekenpflichtiger AM:
•
Nur Stoffe aus Tab. 1 der VO (EU)
37/2010 bzw. bei Equiden zusätzlich aus
der sog. „Positivliste“
•
(Fast) alle Arzneimittel für Lebensmittelliefernde Tiere unterliegen der
Verschreibungspflicht:
Selbstmedikation entfällt (§ 57 a AMG)
•
Wenige „nur“ apothekenpflichtige
Ausnahmen: Halter von lebensmittelliefernden Tieren darf nicht „umwidmen“
(§ 58 Abs. 1 AMG) und muss Nachweise
über Erwerb und Anwendung führen!
⇒
Pferdehalter haben häufig keine
Kenntnisse darüber!
⇒ Verstoß gegen § 58 AMG: Straftat!!!
•
Keine Anwendung verschreibungspflichtiger AM ohne tierärztliche
Verschreibung (§ 57a AMG) und damit
auch kein Bezug aus der Apotheke
•
Bezug apothekenpflichtiger AM durch den
Tierhalter nur in der Apotheke oder beim
Tierarzt (§ 57 AMG)
•
„Umwidmung“ eigentlich Tierarzt
vorbehalten (§ 56a Abs. 2 AMG) , aber
„Umwidmungsverbot“ für Tierhalter
(§ 58 Abs. 1 AMG) bezieht sich nur auf
Lebensmittel-liefernde Tiere (alles, was
nicht explizit verboten ist, ist erlaubt???)
•
Tierhalter muss keine Nachweise über
Erwerb und Anwendung führen
5
Selbstmedikation: Rechtliche Vorgaben
Vorgaben für die Apotheke bei der Abgabe apothekenpflichtiger
(nicht verschreibungspflichtiger) AM für Tiere:
•
Vorschriften des § 20 ApBetrO müssen beachtet werden!
•
Abgabe von apothekenpflichtigen Tierarzneimitteln bzw.
Tierhomöopathika im Rahmen der Zulassung/Registrierung
unproblematisch, Dokumentation nicht erforderlich
•
Abgabe von apothekenpflichtigen Tierarzneimitteln/-homöopathika für
andere als in der Zulassung/Registrierung vorgesehene Tierarten
sowie von apothekenpflichtigen Humanarzneimitteln/-homöopathika:
1. für Nicht Lebensmittel-liefernde Tiere (Hund, Katze, Hamster,…):
formalrechtlich erlaubt aber
sachgerechte Beratung gemäß § 20 ApBetrO???
fachliche Absicherung durch Tierarzt daher dringend zu empfehlen
im Schadensfall könnte ggf. Fehlberatung/Verstoß gegen § 20 ApBetrO
geltend gemacht werden
2. für Lebensmittel-liefernde Tiere (Schlachtpferd, Rind, Schwein,…):
Tierhalter begeht Straftat (Verstoß gegen § 58 AMG)
daher Abgabe verweigern (§ 17 Abs. 8 ApBetrO)
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Weitere Kriterien zur Auswahl des Arzneimittels
Pharmakologisch-toxikologische Auswahl-Kriterien:
•
Wirkungen
•
Unerwünschte Wirkungen
•
Kontraindikationen
Tierartliche Besonderheiten!
Berücksichtigung von:
•
•
Alter des Patienten
Trächtigkeit
•
Weitere Erkrankungen/Arzneimittelgaben
7
Weitere Kriterien zur Auswahl des Arzneimittels
Arzneimittelformulierung als Auswahl-Kriterium:
Geeignete Formulierungen für Tiere:
•
Tabletten
•
Tropfen
•
Säfte/Sirupe
•
ggf. Suppositorien
•
Spezielle Formulierungen für Tiere (z.B. neben den oben genannten auch
Kapseln, Dragees, Spot on-Präparate bzw. oral einzugebende Pasten)
Bedingt geeignete Formulierungen für Tiere
•
Topische Anwendung von Salben/Cremes (je nach Lokalisation: Ablecken)
Nicht geeignete Formulierungen für Tiere
•
Humanmedizinische (nicht teilbare) Kapseln, Dragees und Suppositorien
(Dosierung für Tiere?)
Es kann nie ausgeschlossen werden, dass pharmakokinetische/pharmakodynamische Parameter bei Tieren völlig anders sind als beim Menschen!
8
Dosierung: Umrechnung Humandosis - Tierdosis
Die Dosis von (fast) jedem humanmedizinischem Präparat ist auf einen
Erwachsenen mit einem Körpergewicht (KGW) von 65 kg ausgelegt.
Einfachste Möglichkeit der Umrechnung:
Dosis der Packungsbeilage
x KGW des Tieres = Dosis/Tier
65 kg
Probleme bei dieser Umrechnung:
körpergewichtsabhängige Unterschiede
• in der Stoffwechselaktivität
• in der Größe der Verteilungsräume
Unterdosierung bei Kleintieren, Überdosierung bei Großtieren
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Dosierung: Umrechnung Humandosis - Tierdosis
Möglichkeit 1: Dosisermittlung über die Körperoberfläche
Ermittlung der Körperoberfläche für ein bestimmtes Körpergewicht nach der
Formel von Lowe: 3
Oberfläche [m²] = √0,1 x Körpergewicht [kg]²
Umrechnung einer bekannten Humandosis von mg/kg in mg/m²:
Körperoberfläche eines Erwachsenen (65 kg) = 1,62 m²
65 kg = 40 kg/m² ⇒ Umrechnungsfaktor: 40
1,62 m²
Ermittlung der Gesamtdosis für ein beliebiges (Tier-)Körpergewicht aus der
Dosis/m²:
Oberfläche Tier [m²] x Humandosis [mg/kg] x 40 [kg/m²] = Dosis/Tier
Findet auch Anwendung in der Pädiatrie und ist bis zu einem Körpergewicht
von 100 kg möglich!
10
Dosierung: Umrechnung Humandosis - Tierdosis
Möglichkeit 2: Dosisermittlung über das metabolische Körpergewicht
Ermittlung
des
metabolischen
Körpergewichtes
für
Körpergewicht:
Metabolisches Körpergewicht [kg] = Körpergewicht0,75 [kg]
ein
bestimmtes
Umrechnung einer bekannten Humandosis von mg/kg in mg/kg metab. KGW:
Metabolisches Körpergewicht eines Erwachsenen (65 kg) = 650,75 kg = 22,9 kg
65 kg = 2,84 ⇒ Umrechnungsfaktor: 2,84
22,9 kg
Ermittlung der Gesamtdosis für ein beliebiges (Tier-)Körpergewicht aus dem
metabolischen Körpergewicht:
Metab. Körpergewicht [kg] x Humandosis [mg/kg] x 2,84 = Dosis/Tier
Auch für Körpergewichte >100 kg anwendbar!
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Dosierung: Umrechnung Humandosis - Tierdosis
Körpergewicht [kg]
Körperoberfläche [m²]
Metab. Körpergewicht [kg
0,5
0,06
0,59
1
0,1
1
2
0,16
1,7
5
0,29
3,3
10
0,46
5,6
15
0,61
7,6
20
0,74
9,5
30
0,97
12,8
40
1,17
15,9
50
1,36
18,8
100
2,15
31,6
200
53,2
300
72,1
400
89,4
500
105,7
700
136,1
Erwachsener (65 kg)
1,62
22,9
Umrechnungsfaktor
40
2,84
0,75]
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Dosierung: Umrechnung Humandosis - Tierdosis
Gewichtsbeispiele:
A.
•
•
•
•
•
•
Hunde:
Chihuahua: 0,5 – 3 kg
Jack Russel Terrier: 5-6 kg
Dackel: 7-10 kg
Beagle: 10-18 kg
Labrador/Golden Retriever/Schäferhund: 25-40 kg
Bernhardiner/Neufundländer: 60-80 kg
B. Katzen:
• Britisch Kurzhaar („normale“ Hauskatze): 3-4 kg
• Maine Coon: 6-8 kg
C.
•
•
•
Kaninchen:
Zwergkaninchen: < 2 kg
Kleine – mittelgroße Rassen: 2-5 kg
Große Rassen: 5-8 kg
D. Meerschweinchen: 700-1500 g
E. Hamster:
• Zwerghamster: 30 – 80 g
• Goldhamster: 85-200 g
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Dosierung: Homöopathika
Richtwerte zur Dosierung:
Dilution
Globuli
Kleinnager
1-2 Tropfen
1-2 Globuli
1/8-1/4 Tab.
30-60 mg
0,2 – 0,4 ml
Vögel (mit
Trinkwasser)
1-2 Tropfen
1-2 Globuli
1/8-1/4 Tab.
30-60 mg
0,2 – 0,4 ml
Katze/
Hund klein
3-5 Tropfen
3-5 Globuli
1/2 Tab.
125 mg
0,5 ml
5 Tropfen
5 Globuli
1 Tab.
250 mg
1 ml
5-8 Tropfen
8 Globuli
2 Tab.
300 mg
2 ml
Hund mittel
Hund groß
Tablette
Trituration
Injektion
Richtwerte zur Potenz/Anwendungshäufigkeit:
Akute Erkrankungen:
Potenzen bis D12, 2-4 x tgl.
Chronische Erkrankungen:
Potenzen ab D30, 1-2 x tgl. bis 1 x
wöchentlich)
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Anwendung: Wie kommt die Tablette in den Hund…
Tablette auf den
Zungengrund ins
geöffnete Maul –
Abschlucken
kontrollieren!
Leberwurst
Schokolade
„Pilleneingeber“
für Tiere
„Frolic“
15
Lösungsvorschläge für Katzen
„Spot-onPräparate“
„Pilleneingeber“
für Tiere
Leberwurst
„Nutrical“
16
Symptomkomplex „Erkältung“
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Symptomkomplex „Erkältung“: Selbstmedikation?
ACHTUNG!!!
Neben schwerwiegenden Infektionskrankheiten (Impfstatus!)
gibt es folgende Möglichkeiten, die sich hinter dem Symptom
„Erkältung“ bei Hund und Katze verbergen können:
• Hinter einem vermeintlich „harmlosen“ Husten verbirgt sich gerade
bei älteren Hunden > 8 Jahren in der Vielzahl der Fälle eine nicht
kompensierte Herzinsuffizienz!!! Rasseprädisposition hier v.a.
Dackel und Pudel!
• Husten bei Hund
Herzwurmbefall?
und
Katze:
massiver
Bandwurm-
bzw.
• Häufiges Niesen (v.a. in Verbindung mit einseitigem Nasenausfluss)
bei Tieren: Fremdkörper (z.B. Grannen, Mücken, usw.) in der Nase?
Fazit:
Die Entscheidung zur Selbstmedikation ist bei „Erkältungen“
von Hund und Katze immer extrem schwierig - Tierarzt!!!
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Symptomkomplex „Erkältung“: Selbstmedikation?
Ja – wenn überhaupt
Nein
Adultes Tier
Welpe, altes Tier (Hunde!)
regelmäßig geimpft und entwurmt
ohne Impfungen/Entwurmungen
Dauer ≤ 2 Tage
Dauer ≥ 3 Tage
mäßig erhöhte Temperatur
hohes Fieber oder kein Fieber
„Erkältung“ steht im
Zusammenhang mit eindeutig
identifizierbaren auslösenden
Faktoren:
Bad im kalten See, Zugluft wegen
Autofahrt bei heruntergelassener
Scheibe
Nasen-/Augenausfluss eitrig
und/oder einseitig
bzw. Auswurf des Hustens eitrig
sehr häufiges Niesen
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Symptomkomplex „Erkältung“: Auswahl
• Pharmaka mit Wirkung auf den Respirationstrakt:
• Antitussiva
• Expektorantien: Mukolytika/Sekretolytika/Sekretomotorika
• Rhinologika
• Nicht-steroidale Antiphlogistika (NSAID)
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Symptomkomplex „Erkältung“: Auswahl
• Pharmaka mit Wirkung auf den Respirationstrakt:
• Antitussiva
• Expektorantien: Mukolytika/Sekretolytika/Sekretomotorika
• Rhinologika
• Nicht-steroidale Antiphlogistika (NSAID)
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Dosierung: Antitussiva
Dosierungsempfehlungen Dextrometorphan:
•
Hund: 3 x tgl. 1-2 mg/kg
•
Katze: 3 x tgl. 2-4 mg/kg
„Wick
Hustensirup“
Dosierungsempfehlungen Pentoxyverin:
•
Keine (ggf. Umrechnung der Humandosis möglich, aber besser auf Wirkstoffe
mit Dosierungsempfehlung für Tiere zurückgreifen)
„Silomat Saft“
„Sedotussin
Hustenstiller Saft“
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Anwendungshinweise: Antitussiva
Einsatz nur für kurze Zeit (wenn innerhalb von 2 Tagen keine Besserung
eintritt, Besuch beim Tierarzt zwingend erforderlich)!
Auf mögliche Nebenwirkungen hinweisen (kann auch als Hinweis auf
eine mögliche Überdosierung gewertet werden)!
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Auswahl: Expektorantien - Mukolytika
N-Acetylcystein
Dosierungsempfehlungen:
•
Hund: 3 x tgl. 3 mg/kg, Katze?
Achtung Recht!
• Laut Arzneimittelverschreibungsverordnung ist Acetylcystein
nur von der Verschreibungspflicht ausgenommen zur oralen
Anwendung bei akuten Erkältungskrankheiten bei Menschen
• unterliegt damit bei Tieren immer der Verschreibungspflicht
• demnach greift § 57a AMG: keine Anwendung verschreibungspflichtiger AM ohne tierärztliche Verschreibung!
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Auswahl: Expektorantien - Sekretolytika
Bromhexin (Bisolvon®, Bromhexin Krewel Meuselbach®…)
Ambroxol (Mucosolvan®, Ambroxol AL®, Ambroxol Heumann®…)
• Bromhexin (Ambroxol ist dessen aktiver Metabolit) ist ein Alkaloid aus einer
in der Ayurveda-Medizin verwendeten Heilpflanze (Adhatoda visica)
• Dosierungsempfehlungen:
Bromhexin: Hund und Katze 1 mg/kg oral
Ambroxol: Anwendung unsicher wegen fehlender klinischer Erfahrungen
Wasser
• Dehydratation führt zur Produktion eines zähen Bronchialschleims
• Anwenderhinweis: vermehrte orale Wasseraufnahme (unter Umständen
mit Spritze ins Maul, Trinkwassermenge Hund/Katze: 50-60 ml/kg/Tag)
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Auswahl: Expektorantien - Sekretomotorika
Guaifenisin
•
Präparat:
• Wick Hustenlöser Sirup® (als Kombinationspräparat)
•
Dosierungsempfehlung:
• Zur Hustenbehandlung: keine
• wird in der Veterinärmedizin hauptsächlich als
zentrales Muskelrelaxanz zur Narkoseprämedikation
verwendet!
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Auswahl: Expektorantien - Sekretomotorika
Pflanzliche Extrakte/Ätherische Öle (Bronchicum®, Tussamag®,
Prospan®, Wick Vaporup®, Bronchipret®)
• Glycyrrhizin (Süßholzwurzel-Extrakt), Aucubin (Spitzwegerichkraut),
Saponine (Primelwurzel), Flavonglykoside (Schachtelhalmkraut),…
• Menthol, Myrtol, Thymol, Anisöl, Eukalyptusöl, Campher, Terpentinöl,
Latschenkiefernöl, …: nicht bei Katzen anwenden!!!
• Anwendung: oral, inhalativ, perkutan
• UAW: Jungtiere und Katzen: Überempfindlichkeitsreaktionen,
Bronchospasmus (!), v.a. ätherische Öle
• Dosierungsempfehlung: nur Umrechnung Humandosis möglich (s. oben)
Latschenkiefer
Menthol
Thymol
Anis
Eukalyptus
Terpentinöl aus Harz
Campher
27
Auswahl: Rhinologika
Imidazolin-Derivate:
Wirkstoff-/Präparateauswahl:
•
Oxymetazolin (z.B. Nasivin®, Wick Sinex®, …)
•
Tramazolin (z.B. Rhinospray®, Ellatun N®, …)
•
Xylometazolin (z.B. Nasic®, Olynth®, …)
•
Naphazolin (Rhinex Nasenspray®)
Dosierungsempfehlungen:
•
Keine (schwierig!), allerdings kaum Resorption, daher selten Vergiftungen
•
wenn überhaupt: Säuglings-/Kinderpräparate
UAW:
•
Vorsicht bei Welpen (die ja eigentlich sowieso nicht in Selbstmedikation
behandelt werden sollten): Gefahr zentraler Wirkungen mit Atemstörungen!
•
Reaktive Hyperämie der Nasenschleimhäute mit verstärkter Schwellung
•
Nasenschleimhaut-Atrophie durch Sauerstoffmangel (Vasokonstriktion!)
28
Auswahl: Rhinologika
Phytotherapeutika:
Sinupret®
•
Wirkstoffe: Enzianwurzel-Extrakt, Sauerampfer-Extrakt, HolunderblütenExtrakt, Primelblüten-Extrakt, Eisenkraut-Extrakt
•
Erfahrungen bei Tieren??? Daher keine Dosierungsempfehlung, wenn
überhaupt Umrechnung der Humandosis
Gelomyrtol® bzw. Soledum®
•
Wirkstoffe: Ammonii glycyrrhizas, Myrtol, Cineol
•
Erfahrungen bei Tieren??? Keine Dosisempfehlung
•
Aufgrund von ungeeigneter Formulierung (unteilbare Kapseln) nur bedingt
geeignet zur Therapie von Tieren
29
NSAID: Selbstmedikation?
Grundsätzlich:
JAIN!
Wirkstoffe, die für den Menschen relativ gut verträglich sind,
können bei Tieren zu schweren Vergiftungen führen!!!
Selbst nach Verabreichung von Präparaten, die speziell für Hund
und Katze zugelassen sind, kommt es vereinzelt zu
lebensbedrohlichen Magen-Darm-Blutungen!!!
Katze:
•
nur sehr beschränkte Glucuronidierungsfähigkeit
•
verlangsamter
Metabolismus/verlangsamte
Ausscheidung
Acetylsalicylsäure und Paracetamol): Gefahr der Kumulation!
•
ab 2 × täglich 25 mg/kg ASS bzw.: toxische Akkumulation des
Wirkstoffes: Todesfälle möglich!
•
Paracetamol-Vergiftung wurde in einer amerikanischen Studie als
vierthäufigste Intoxikation der Katze beschrieben (orale letale Dosis
von Paracetamol 50 mg/kg)!
(v.a.
30
NSAID: Selbstmedikation?
Hund:
•
stark
ausgeprägter
Kumulation
enterohepatischer
Kreislauf:
Gefahr
der
•
Diclofenac: schwere Magen-Darm-Läsionen und –Blutungen bis hin zu
Todesfällen nach Gabe der für Menschen empfohlenen Dosis von 3
mg/kg
•
Ibuprofen: bereits unterhalb der therapeutisch erforderlichen Dosis
(10 mg/kg/Tag) kommt es zu gastrointestinalen Reizungen und
Blutungen
Symptome einer Überdosierung/Vergiftung bei Hund und Katze:
•
Appetitlosigkeit, Depression, Polydipsie (Nierenfunktion!), Erbrechen
•
Hypothermie oder Fieber
•
Ataxie, Inkoordination, Krämpfe
•
Schock und Koma nach Schleimhautperforationen
•
…
Grundsätzlich auf den Einsatz humanmedizinischer NSAID
bei Tieren verzichten!
31
Was dann gegen Fieber und Schmerzen,
wenn nicht NSAID?
Bei „Erkältungen“ schwierig, unterstützend evtl.:
Homöopathika:
Aconitum D6-D12
Belladonna D6-D12
Exkurs: Bei schmerzhaften Zuständen des Bewegungsapparates
zur Unterstützung z.B.:
Fortiflex®
(Chondroitinsulfat, Chitosan, Grüntee-Extrakt)
Canosan®
(Grünlippmuschelextrakt)
32
Symptomkomplex „Erbrechen/Diarrhoe“
33
Antiemetika: Selbstmedikation?
Ja
Nein
Adultes Tier ohne weitere
Erkrankungen
Welpe, altes Tier (Katzen!), Tier
mit bekannten Erkrankungen
regelmäßig geimpft und entwurmt
ohne Impfungen/Entwurmungen
Dauer ≤ 1-2 Tage
Dauer ≥ 2 Tage
als Prävention (Reisekrankheit)
Blutbeimengungen
Fremdkörper verschluckt?
gleichzeitig schwere Diarrhoe
gleichzeitig starke
Abgeschlagenheit (v.a. Katze)
(hohes) Fieber
…
34
Auswahl: Antiemetika
In der Veterinärmedizin eingesetzte Antiemetika:
• H1-Antihistaminika
• Dopamin-D2-Antagonisten
• Neuroleptika (H1-Antihistaminika und D2-Antagonisten)
• 5-HT3-Antagonisten
• Neurokinin (NK)1-Antagonisten
• Anticholinergika (M1/M2-Antagonisten)
35
Auswahl: Antiemetika
Tierarzt (verschreibungspflichtige Präparate):
• H1-Antihistaminika
• Dopamin-D2-Antagonisten
• Neuroleptika (H1-Antihistaminika und D2-Antagonisten)
• 5-HT3-Antagonisten
• Neurokinin (NK)1-Antagonisten
• Anticholinergika (M1/M2-Antagonisten)
36
Auswahl: Antiemetika
Selbstmedikation:
• H1-Antihistaminika
• Dopamin-D2-Antagonisten: V
• Neuroleptika (H1-Antihistaminika und D2-Antagonisten): V
• 5-HT3-Antagonisten: V
• Neurokinin (NK)1-Antagonisten: V
• Anticholinergika (M1/M2-Antagonisten): V
• Karminativa
V = verschreibungspflichtig
37
Auswahl: Antiemetika
H1-Antihistaminika
Indikationen: Erbrechen, Prävention der Reisekrankheit!
Wirkstoff
Präpatebeispiel
Dosis (mg/kg)
Hund/Katze
Wirkungsdauer (h)
Dimenhydrinat
Vomex A®
Vomacur®
4-8/10-12
<
8
Diphenhydramin
Emesan®
2-4
<
8
38
Auswahl: Antiemetika
Karminativa
•
ätherische Öle:
Anis, Fenchel, Kümmel, Koriander, Pfefferminzblätter, Kamillenblüten
•
Präparatebeispiel:
Iberogast®
•
Dosierungsempfehlung:
Keine ⇒ ggf. Umrechnung der Humandosis
(Achtung: enthält 31 Vol.-% Alkohol!)
39
Antidiarrhoika: Selbstmedikation?
Ja
Nein
Adultes Tier
Welpe, altes Tier
regelmäßig geimpft und entwurmt
ohne Impfungen/Entwurmungen
Dauer ≤ 1-2 Tage
Dauer ≥ 2 Tage
mäßiger Durchfall
Blutbeimengungen
gleichzeitiges Vorliegen von
Juckreiz (Nahrungsmittelallergie?
Stoffwechselerkrankung?)
gleichzeitig starkes Erbrechen
(hohes) Fieber
…
40
Auswahl: Antidiarrhoika – orale Rehydratation
Orale Rehydratation
Mittel der Wahl zur Behandlung
unspezifischer Durchfälle bei Tieren!
Dosierung:
•
am besten auf das Veterinär-Präparat zurückgreifen („Rehydration Support“)
•
oder das Humanpräparat („Oralpädon“) wie in der Packungsbeilage angegeben
ansetzen und dem Tier die entsprechende Menge der isotonen
Lösung verabreichen
Anhaltspunkt Flüssigkeitsaufnahme/-ersatz:
Normale Trinkwassermenge Hund/Katze im Durchschnitt:
50-70 ml/kg/Tag (Tiere < 10 kg: 70-130 ml/kg/Tag, Tiere > 40 kg: 30-45 ml/ kg/Tag)
41
Auswahl: Antidiarrhoika - Loperamid
Loperamid-Präparate –
Eine gute (2.) Wahl!.... Aber nicht für alle Hunderassen geeignet!!!
Blutgefäß
Blut-Hirn-Schranke
42
Auswahl: Antidiarrhoika - Loperamid
Loperamid-Präparate –
Eine gute (2.) Wahl!.... Aber nicht für alle Hunderassen geeignet!!!
MDR1-Gendefekt
Blutgefäß
43
Auswahl: Antidiarrhoika - Loperamid
Hunderassen mit einem MDR1-Gendefekt, für die Loperamid als
Antidiarrhoikum ungeeignet ist (auch Mischlinge!):
Collie
McNab
Silken
Woundhound
Longhaired
Whippet
Wäller
Old English
Sheepdog
(Bobtail)
Australian
Shepherd
Weißer
Schäferhund
English
Shepherd
Shetland
Sheepdog
Border
Collie
Deutscher
Schäferhund
44
Auswahl: Antidiarrhoika - Loperamid
Übersicht über problematische Wirkstoffe und Wirkstoffgruppen
bei Hunden mit MDR1-Defekt:
Quelle:
http://www.vetmed.unigiessen.de/pharmtox/md
r1_defekt/arzneistoffe
45
Auswahl: Antidiarrhoika - Racecadotril
Racecadotril (Vaprino®)
In der Humanmedizin unproblematisch, für Tiere hingegen…
… ist keine Empfehlung zur Verabreichung möglich, da es bislang keine
validen Studien zur Verabreichung und damit zu möglichen unerwünschten Arzneimittelwirkungen bei Tieren gibt.
46
Auswahl: Antidiarrhoika – Adsorbentien/Adstringentien
Unspezifische Maßnahmen:
Adsorbentien und Astringentien:
Vertreter:
• Adsorbentien:
Aktivkohle, Kaolin/Pektin, Huminsäuren, Siliziumdioxid,…
• Adstringentien:
Pflanzliche Gerbstoffe (Tannin), Schwermetall-/Wismutsalze,…
Probleme:
• Therapeutische Wirksamkeit bei Tieren nicht belegt!
• Beeinträchtigung der Darmselbstreinigung
• Verweildauer von Bakterien und Toxinen im Darm steigt!
• Adsorption/Zerstörung protektiver Substanzen
⇒ Eigentlich nur Kotverfestigung bei unveränderter Morbidität!!
47
Auswahl: Antidiarrhoika – „Kombipräparat“
Canikur® Kautabletten für Hunde
1. Glucose/Elektrolyte („Rehydratation“)
2. Natriumbicarbonat und Dinatriumcitrat
(Vermeidung einer Azidose)
3. Adsorbentien (Kaolin, Magnesiumtrisilikat,
Zitrustrester als Pektinquelle)
48
Auswahl: Antidiarrhoika - Probiotika
Wiederherstellung einer gesunden Darmflora: Probiotika
Häufig als Probiotika für Tiere eingesetze Mikroorganismen:
Lactobacillus
acidophilus
casei
plantarum
delbrueckii
reuteri
gasseri
fermentum
Bifidobacterium bifidum
lactis
„Perenterol“
Bacillus
subtilis
cereus
coagulans
licheniformis
Saccharomyces cerevisia
boulardii
Aspergillus
oryzae
Escherichia
coli subsp.
Enterococcus
faecium
Pediococcus
pentosaceus
49
Auswahl: Antidiarrhoika - Probiotika
Probleme in Entwickung und Anwendung von Probiotika bei Tieren:
• begrenzte Kenntnisse über die tierartlichen Unterschiede der
mikrobiellen Besiedlung des GIT
• extrem unterschiedliche Studienergebnisse zur Wirksamkeit
• Sicherheit?
• Berichte über höhere Diarrhoe-Inzidenz in Probiotika-behandelten Fohlen
• erhöhte Adhäsion des Zoonose-Erregers Campylobacter sp. in Probiotikabehandelten Hunden nachgewiesen
• Möglicher Transfer von Resistenzen (Enterokokken – bedeutende weit
verbreitete und Krankenhaus-assoziierte pathogene Erreger)
• Qualität?
• Kommerzielle Produkte: hohe Variabilität in Überlebensfähigkeit, Menge und
Gehalt sowie in der Kennzeichnung nicht gelisteter Spezies!
Zur Zeit kann der therapeutische Einsatz humanmedizinischer Probiotika
bei Tieren als Antidiarrhoikum nicht empfohlen werden!
50
Auswahl: Antidiarrhoika - Probiotika
Wenn überhaupt (Klinische Wirksamkeit/Unbedenklichkeit?)
sollte eines der zahlreichen speziellen Probiotika-Präparate
für Hund und/oder Katze eingesetzt werden.
PHA
Durchfallstop®
Vetvisan
Probiotikum®
Symbiopet Pro Dog®/Vet®
Bene-Bac Plus®
Canikur Pro®
Eher zur Prävention/Nachsorge als zur Therapie!
51
Dosierungen und Anwendungshinweise: Antidiarrhoika
Dosierungsempfehlung Loperamid:
Hund und Katze:
• 0,08 mg/kg oral als Initialdosis
• dann 0,04 mg/kg nach jedem ungeformten Kotabgang
• Tageshöchstdosis: 0,16 mg/kg
Dosierungsempfehlung Kaolin/Pektin:
allgemein für Tiere:
• 20 g Kaolin + 4,5 g Pektin in 100 ml Wasser einbringen
• 1-2 ml/kg dieser Mischung alle 4-6 Stunden
Dosierungsempfehlung Aktivkohle:
allgemein für Tiere:
• gibt es nur im Rahmen der Behandlung von Vergiftungen
• als Antidiarrhoikum wenn überhaupt nur über Umrechnung der Humandosis möglich
52
Anwendungshinweise: Antiemetika und Antidiarrhoika
Wichtige Anwendungshinweise:
•
Sollte nach 1-(2) Tagen keine Besserung eintreten oder sich der Zustand des
Tieres verschlechtern (Apathie, Blutbeimengungen,…): Tierarztbesuch
unbedingt erforderlich!
•
Auf ausreichend Flüssigkeitszufuhr achten! Sollte das Tier stark ausgetrocknet
sein (Hautfalten-Test!), ist Tierarztbesuch und Infusion erforderlich!
•
Kontakt mit anderen Tieren vermeiden!
•
Evtl. bei Hunden 1 Tag „Nulldiät“! Schonkost anbieten: 1/3 Reis, 1/3 Karotte,
1/3 gekochtes Huhn oder Hüttenkäse
53
Desinfektionsmittel
Geeignete Mittel zur Haut-/Wunddesinfektion sowie
Unverträglichkeiten:
• Alkohole (Ethanol, n-Propanol, Isopropanol, Propylenglykol, Triethylenglykol)
• Pyridine (Octenidin)
• Wasserstoffperoxid (3%ig)
• Acridinfarbstoffe (Ethacridin, Acriflavin)
• Jod/Jodverbindungen
Achtung Hund: Polyvinylpyrrolidon-Jod ist beim Hund
Histaminliberator! Kann allergische Reaktionen auslösen!
Achtung Katzen: neigen zu Schilddrüsenüberfunktion!
• Phenole (Alkylphenole, Biphenyle)
Achtung Katzen: Katzen vertragen keine Phenole! Intoxikationen mit Atemdepression, Krämpfen, Blutdruckabfall
• Guanide (Chlorhexidin)
Achtung: teilweise schlechte Resistenzlage
• Detergentien (Alkaliseifen, Invertseifen, Ampholytseifen)
54
Desinfektionsmittel
Zum Bezug von Informationsmaterial und Unterlagen:
Geschäftsstelle der DVG
Friedrichstraße 17, 35392 Gießen
Tel: 0641/24466, Fax: 25375, email: [email protected]
Für sachliche Fragen:
Herr Dr. Wolf-Dieter Kraetzl
Am Mitterfeld 11, 85354 Freising
Tel.: (08161) 13959
Fax: (08161) 44713
e-mail: [email protected]
Ständig aktualisierte Listen auf der
DVG-Homepage:
www.dvg.net
unter dem Stichwort „Desinfektion“
55
Angst/Verhaltensstörungen
56
Angst/Verhaltensstörungen
•
stärkere Sedativa unterliegen der Verschreibungspflicht
•
bei stark ängstlichen Hunden aber evtl. Verhaltenstherapie in Kombination mit
starken Sedativa erforderlich
•
bei leichteren Symptomen sind folgende Tier-Präparate empfehlenswert:
• Adaptil®:
in Anlehnung an Geruchsbotenstoffe, die die Hündin 3-5 Tage nach der Geburt
ausschüttet
• Calmeze®, Primeval StressLess Hund®, Telizen®, Calmex®:
der Gehalt an den Aminosäuren L-Theanin und L-Tryptophan (beide stehen in Bezug
zum Neurotransmitter Serotonin) sowie an B-Vitaminen soll Angst-mindernd wirken
• Zylkene®:
enthält α-Casozepin, ein Extrakt des Milcheiweißes Casein, welches einen Einfluss auf
GABA-Rezeptoren ausüben soll und darüber Angst-mindernd wirkt
Keine Baldrianpräparate bei Katzen anwenden!!!
Baldrian ist „Katzen-Aphrodisiakum“, man erreicht keine Beruhigung, sondern
einen Rauschzustand der Tiere!!!
57
Antiparasitika
58
Auswahl: Antiparasitika
Auswahlkriterien/Anforderungen für Antiparasitika:
• Wirksamkeit in Bezug auf die Art der Parasiten
(Lokalisation, Stoffwechsel,…)
• Therapeutische Breite, Verträglichkeit
(für Zieltierart und Anwender!)
• Persistenz der Wirkung
• Anwendung, Praktikabilität
• Resistenzen
• Ökologische Verträglichkeit
59
Auswahl: Ektoparasitika
Juvenilhormonagonisten
Insektenwachstumsregulatoren
Chitinsyntheseinhibitoren
Parasympatho-
ätherische Öle
Organophosphate/
Carbamate
Neonicotinoide
chlorierte
zyklische
KWs
Ektoparasitika
ChloridkanalModulatoren
Formamidine
Phenylpyrazole
Pyrethrine
&
Pyrethroide
Semicarbazone
Avermectine
60
Auswahl: Ektoparasitika
Organophosphate/
Carbamate
Parasympatho-
ätherische Öle
Juvenilhormonagonisten
Insektenwachstumsregulatoren
Neonicotinoide
chlorierte
zyklische
KWs
Ektoparasitika
Chitinsyntheseinhibitoren
ChloridkanalModulatoren
Formamidine
Phenylpyrazole
Pyrethrine
&
Pyrethroide
Semicarbazone
Avermectine
61
Auswahl: Ektoparasitika - Parasympathomimetika
Parasympathomimetika: Organophosphate und Carbamate
ACh-Esterase-Hemmstoffe
(Antidot: Atropinsulfat)
Hemmung
Organophosphate
Carbamate
62
Auswahl: Ektoparasitika - Parasympathomimetika
Parasympathomimetika: Organophosphate und Carbamate
Organophosphate
Carbamate
(= organische Phosphorsäureester)
Toxizität
• rel. geringe therapeutische Breite
→ !CAVE! Welpen, Katzen
Indikationen
• Insekten, Zecken, Milben (auch tief-sitzende!)
Wirkstoff Selbstmedikation
• Dimpylat (diverse Floh- & Zeckenhalsbänder)
Toxizität
• deutlich geringer als bei Organophosphaten
→ auch bei Welpen und Katzen relativ gut verträglich
Indikationen
• Flöhe, Läuse, Haarlinge und Zecken
Wirkstoffe
• Propoxur (Bolfo®, Trixie® in diversen Formulierungen;
Kiltix® in Kombi mit Flumethrin)
Katze
!
Katze kein KiltixHalsband wegen
Kombination mit
Flumethrin
63
Auswahl: Ektoparasitika - Parasympathomimetika
Parasympathomimetika: Neonicotinoide
Toxizität
• nur geringe Affinität zu nACh-Rezeptoren von Säugern
• nicht bei Welpen anwenden!
• kein spezifisches Antidot
Indikationen
• Therapie und Prophylaxe des Flohbefalls
Wirkstoffe
• Imidacloprid (diverse Präparate, auch in Kombi: Advantage®, Adventix®,...)
• Nitenpyram (Capstar®)
Nebenwirkungen: Speicheln nach Ablecken des Wirkstoffs
64
Auswahl: Ektoparasitika - Pyrethroide
Natriumkanalmodulatoren: Pyrethroide
Wirkung
• guter „Knock-down“, repellierend („Fuß-Rückzieh-Effekt“),
„Anti-Feeding-Effekt“ (Abhalten vom Stechen)
Indikationen
• Vorbeugung/Behandlung: Flöhe, Fliegen, Bremsen, Zecken
Kontraindikationen
• Einsatz bei Katzen! (Glucuronidierung!)
Wirkstoffe
• Permethrin (verschreibungspflichtige Präparate - Exspot®)
• Flumethrin (z.B. Kiltix®), Cyfluthrin (Bolfo® Umgebungsspray),
Deltamethrin (z.B. Scalibor®)
Intoxikationen
Übererregbarkeit, Salivation, Erbrechen, Tremor, klonische
Krämpfe, Choreoathetose
Katze
65
Auswahl: Ektoparasitika - Phenylpyrazole
GABAA-Rezeptor-Blockade: Phenylpyrazole
Wirkung/Eigenschaften
• geringe Säugertoxizität (↓ Bindungsaffinität bei Vertebraten)
• schnell wirkendes Kontaktgift; sehr guter „Knock-down-Effekt“
Flöhe kommen nicht mehr zur Eiablage
• geringe perkutane Resorption (CAVE! Hautverletzungen)
• relativ lange Verhaftung im Haarkleid
Indikationen
• Vorbeugung und Behandlung von Befall mit Flöhen & Zecken
Kontraindikationen
• Hunde < 2 kg (Welpen!); Kaninchen!
• Hautläsionen
Wirkstoffe
• Fipronil (Frontline®)
Wirkungsdauer: Flöhe ca. 12 Wochen, Zecken ca. 4 Wochen
• Pyriprol (Prac-Tic®, verschreibungspflichtig!)
Wirkungsdauer: ca. 4 Wochen gegen Flöhe und Zecken
Kaninchen
66
Auswahl: Ektoparasitika –
Chitinsynthesehemmer & Juvenilhormonagonisten
Chitinsynthesehemmer
Juvenilhormonagonisten
Wirkstoffe/Toxizität
Wirkstoffe/Toxizität
Lufenuron
• wirksam gegen die unreifen Stadien des Hunde- &
Katzenflohs bei bestehendem Befall zusätzlich
Mittel gegen adulte Formen verabreichen!
• Aufnahme über adulte Flöhe in die „Flohovarien“
Störung des Eischlupfes
Tod im frühen Larvenstadium
• große therapeutische Breite, gut verträglich
• Umwelttoxizität?
• Program®
- Tabletten (Hund; Wirkungsdauer ~ 1 Monat)
- Suspension (oral, Katze; WD ~ 1 Monat)
S-Methopren
• nur geringe Säugertoxizität, schneller Abbau im
Boden,
UV-empfindlich; keine Fisch/Bienentox.
• Wirkungsdauer bis zu 8 Wochen
• FrontlineCombo® (verschreibungspflichtig),
Bolfo® Umgebungsspray
Katze kein Bolfo
Umgebungsspray, weil neben
S-Methopren (verträgt die
Katze) zusätzlich Pyrethroide
enthalten sind!
!
67
Auswahl: Ektoparasitika – Repellentien (äth. Öle)
Ätherische Öle als Repellentien
• heben aufgrund ihres Geruches die Lockstoff-Wirkung von
Körpersekreten auf Arthropoden auf („Duftmantel“)
• z.B. Citronellol, Eukalyptusöl, Menthol, Perubalsam, Nelkenöl,
Geraniol, Lavendelöl, Teebaumöl, Neembaumöl, …
• repellierende Wirkung unsicher, werden i. d. R. in Kombination
mit anderen Wirkstoffen verwendet (häufig Imidacloprid)
• Toxizität:
• Studie aus 2009: 99 Vergiftungsfälle bei Katzen innerhalb
eines Jahres durch Einsatz von Neembaumöl!
• Symptome: Abgeschlagenheit, übermäßigen Speichelfluss,
Schwindel, Schwanken, Zittern, Zuckungen und Krämpfe bis hin
zum Tod der Tiere
Katze:
ätherische Öle sind häufig Phenole/Terpene – kann
die Katze aufgrund fehlender
Glukuronidierungsfähigkeit nicht metabolisieren –
toxische Kumulation!
68
Anwendungshinweise: Ektoparasitika
Wichtige Anwendungshinweise beim Einsatz von Ektoparasitika:
•
Äußerlich anzuwendende Produkte (Halsbänder, Spot-on) immer mit
Einmalhandschuhen anlegen bzw. verabreichen!
•
Spot-on bei Katzen: Applikation an Schädelbasis, sonst Ablecken möglich!
•
Kinder von behandelten Tieren fernhalten (bei Spot-on-Präparaten
Herstellerangaben zur Dauer nach Applikation beachten, bei Halsbändern
grundsätzlich)
•
Nicht anwenden auf nassem Fell!
•
Bei Spot-on-Produkten auf Herstellerangaben achten: Karenzzeiten bis zum
nächsten Baden des Tieres?
•
Tiere mit Halsbändern grundsätzlich nicht baden lassen:
Wirkungsverlust, Ökotoxizität
•
Kein Witz: Hinweis in der Packungsbeilage mancher Spot-on-Präparate: Tier
über 30 Minuten nach Applikation von jeglicher Zündquelle fernhalten!
•
Entsorgung laut Packungsbeilage
•
Hinweis auf erforderliche Weiter-/Wiederholungsbehandlung nach X Wochen
(Präparat-abhängig)
69
Anwendungshinweise Ektoparasitika
Zeitraum der Behandlung:
Holzbock (Ixodes ricinus)
•
Saison hat typischerweise zwei Gipfel:
März - Juni und September – November
•
Überträger der Borreliose und der Anaplasmose
Auwaldzecken (Dermacentor reticulatus)
•
Saison beginnt früher und endet später: unter guten
klimatischen Bedingungen sogar von Februar bis Dezember
•
Überträger der Babesiose
Braune Hundezecke (Ripicephalus sanguineus)
•
überlebt in Deutschland üblicherweise nicht im Freien
•
kann jedoch nach Einschleppung aus dem Ausland in
Wohnräumen, Tierheimen oder Hundezwingern auch
hierzulande ganzjährig vorkommen
•
Überträger der Babesiose, Ehrlichiose und Hepatozoonose
70
Auswahl: Anthelminthika
Helminthen
Nematoden
Cestoden
Trematoden
(Rundwürmer)
(Bandwürmer)
(Saugwürmer)
Spulwürmer:
Hund – Toxocara canis/leonina
Katze – Toxocara cati/leonina
Hakenwürmer:
Hund/Katze –
Ancylostoma/Uncinaria spec.
Bandwürmer:
Echinococcus
granulosus/multilocularis (Hd.)
Dipylidium caninum (Hd/Ktz)
Taenia taeniaeformis (Ktz)
Leberegel:
Hund/Katze Heterophyes und Opisthorchis
spec.
71
Auswahl: Antiparasitika - Anthelmintika
Veterinärmedizinisch relevante,
verschreibungs-/apothekenpflichtige
Anthelminthika gegen
Nematoden
• Benzimidazole
- Thiabendazol, Mebendazol,
Fenbendazol, Oxfendazol,
Febantel, Flubendazol,
Albendazol
Cestoden
• Praziquantel
• Epsiprantel
• Nitroscanat
Trematoden
• Benzimidazole
- Triclabendazol, Albendazol
• Salicylsäureanalide
- Closantel, Oxyclonazid
• Pyrimidine
- Pyrantel, Morantel
• Imidazothiazol
- Levamisol
• Makrolide als Endektozide
- Avermectine/Milbemycine
72
Auswahl: Antiparasitika - Anthelmintika
Selbstmedikation: Veterinärmedizinisch
relevante, apothekenpflichtige
Anthelminthika gegen
Cestoden
Nematoden
• Benzimidazole
- Thiabendazol, Mebendazol,
Fenbendazol, Oxfendazol,
Febantel, Flubendazol,
Albendazol
• Pyrimidine
- Pyrantel, Morantel
• Imidazothiazol
- Levamisol
• Makrolide als Endektozide
- Avermectine/Milbemycine
• Praziquantel
• Epsiprantel
• Nitroscanat
Trematoden
• Benzimidazole
- Triclabendazol, Albendazol
• Salicylsäureanalide
- Closantel, Oxyclonazid
Problem:
Gerade bestimmte für Hund und Katze gefährliche
(Dirofilaria immitis = Herzwurm) oder auch auf den
Menschen
übertragbare
Nematoden
(Toxocara
canis/cati = Hunde- bzw. Katzenspulwurm) bzw.
Trematoden (Heterophyes) werden mit Praziquantelhaltigen Präparaten nicht erfasst!
73
Schema zur Entwurmung: ESCCAP-Empfehlungen
Hund/Katze
Freier Auslauf ohne Aufsicht
Kein freier Auslauf oder Auslauf unter
Aufsicht
Kontakt mit Artgenossen außerhalb des Haushaltes
Kein Kontakt mit
Artgenossen außerhalb des
Haushaltes
Frisst keinen Kot, kein Aas,
keine Beutetiere
Risikogruppe A:
1-2 x im Jahr gegen Spulund Bandwürmer
Frisst keinen Kot oder nur von
artfremden Tieren
Frisst kein Aas
Frisst keine Beutetiere
und/oder geht nicht mit
zur Jagd
Risikogruppe B:
4 x im Jahr gegen Spulund Bandwürmer
Frisst Kot von Artgenossen
Frisst Aas
Frisst Beutetiere
und/oder geht mit zur
Jagd
Risikogruppe C:
12 x im Jahr gegen Bandwürmer
4 x im Jahr gegen Spulwürmer
Risikogruppe D:
12 x im Jahr gegen
Spul- und
Bandwürmer
http://www.esccap.de oder
http://vimeo.com/5272086
74
Anwendungshinweise Anthelminthika
Bei Abgabe eines Praziquantel-haltigen Präparates wie Droncit®
sollten unbedingt folgende Hinweise erfolgen:
• Gefahr der Resistenzentwicklung bei häufiger wiederholter
Verwendung desselben Präparates
• Kein Erfassung von verschiedenen, für Tier und Mensch (!) nicht
unbedenklichen Wurmarten
• Evtl. Hinweis auf Entwurmungsempfehlungen der ESCCAP
Verweis an Tierarzt für die nächste Entwurmung
75
Pferde
Rechtlicher „Sonderstatus“:
• Pferde (Equiden) gelten generell als Lebensmittel-liefernde
Tiere
•
Ausnahme: Deklaration als „Nicht-Schlachtpferd“ im sog.
„Equidenpass“
•
Besitzer/Halter von „zur Schlachtung vorgesehenen Pferden“
müssen Rechtsvorgaben beachten!
Außerdem zu beachten: Dopingrelevanz vieler Stoffe!
•
76
Selbstmedikation bei Pferden
Husten
Selbstmedikation?
• JAIN
• Nie
• bei Fieber (>38,5°C)
• Husten bereits in Ruhe, eitriger Auswurf bzw. Nasenausfluss
• Dauer bei akuter Erkrankung: >4-5 Tage
Auswahl/Dosierung?
Expektorantien
Mukolytika: N-Acetylcystein
• Dosierung Pferd: 2 x tgl. 10 mg/kg (~ 10g/Pferd/Tag)
• Achtung Recht: mit Equimucin® existiert ein verschreibungspflichtiges ACC-Präparat für Pferde! Anwendung
humanmedizinischer Präparate bei LeMi-Pferd: Straftatbestand!
Sekretolytika: Bromhexin, Ambroxol, Dembrexin
• Dosierung Pferd: Bromhexin 1-2 x tgl. 0,3 mg/kg, Ambroxol ?,
Dembrexin 2 x tgl. 0,3 mg/kg
• mit Sputolysin® existiert ein Dembrexin-Präparat für Pferde
(apothekenpflichtig aber nich verschreibungspflichtig)!
Sekretomotorika: äth. Öle/Phytotherapeutika
z. B. Bronchicum®, Tussamag®, Teemischungen, Doping-relevant!!!
77
Selbstmedikation bei Pferden
Strahlfäule
Selbstmedikation?
• JAIN
• Nie
• bei auftretender Lahmheit
• eitrigen Prozessen
• chronischer Erkrankung: >3-4 Wochen
In den seltensten Fällen geht es hier aber um eine Beratung, sondern es
besteht ein konkreter Präparate-Wunsch:
Jodoformäther?
Nur abgabefähig als Rezeptur auf Verschreibung eines Tierarztes!
Es existieren keine Fertigarzneimittel ⇒ Rezeptur unter Verwendung
apothekenpflichtiger Stoffe – darf ein Tierhalter gemäß § 59a Abs. 2
AMG nur auf Verschreibung eines Tierarztes beziehen!
Verstoß: Straftatbestand
(wer entgegen § 59a … erwirbt, anbietet, … in den Verkehr bringt…)
78
Weiterführende Informationen
www.vetidata.de
www.clinipharm.ch
Artikel zum Vertiefen des „Rechts“:
Herold/Richter: Tierarzneimittel in der Apotheke - Rechtliche Grenzen und
Möglichkeiten der Beratung bei der Rezeptbelieferung und der Erfüllung von
Kundenwünschen
DAZ 2015, Nr. 17, S. 58
Zahlreiche Bücher, z.B.:
„Kraft: Dosierungsvorschläge für Arzneimittel bei Hund und Katze“
„Homöopathie für Katzen“, „Homöopathie für Hunde“, „Quickfinder Homöopathie
für Hunde“
[email protected]
79
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