Übungsskript - EAL Lehrstuhl für Elektrische Antriebssysteme und

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Lehrstuhl für Elektrische Antriebssysteme und Leistungselektronik
Technische Universität München
Prof. Dr.-Ing. Ralph Kennel
Arcisstraße 21
Email: [email protected]
Tel.: +49 (0)89 289–28358
D–80333 München Internet: http://www.eal.ei.tum.de Fax: +49 (0)89 289–28336
Leistungselektronik
Grundlagen und
Standardanwendungen
Übung 3: Kommutierung
1
Theorie
1.1
Begriffsdefinition
Kommutierung bzw. Stromkommutierung ist die Übergabe des Stroms von einem leitenden
Zweig auf einen anderen Zweig. Bei realen Schaltungen ist zu berücksichtigen, dass während
der Kommutierungszeit beide Zweige Strom führen.
1.2
1.2.1
Kommutierung bei der M1-Schaltung
Freilaufdiode
Um die Kommutierungseffekte zu verdeutlichen, soll als erstes ein einfacher M1-Einweggleichrichter mit RL-Last (siehe Abbildung 1.1) betrachtet werden. Hierbei soll angenommen werden,
dass die Induktivität L so groß ist, dass der Strom ideal geglättet ist. Die Induktivität erhält
aufgrund des in ihr gespeicherten Flusses den Stromfluss durch die Diode D aufrecht, selbst
wenn die Spannung ud bereits negativ geworden ist. Erst wenn der Strom is = 0 geworden
ist, sperrt diese wieder. Da allerdings is = Id = const. gilt, leitet D immer. Während der
negativen Spannungshalbwelle ist die Lastspannung deshalb auch negativ. Die Spannungs- und
Stromverläufe sind ebenfalls in Abbildung 1.1 dargestellt.
us (t)
√
2Us
0
is
D
t
√
− 2Us
id
ud (t)
√
2Us
L
ud
Us
R
0
t
√
− 2Us
is (t) = id (t)
Id
0
t
Abbildung 1.1: M1-Schaltung mit RL-Last (L → ∞) und Strom- und Spannungsverläufe
2
Da nur eine positive Lastspannung erwünscht ist, kann eine zur Last antiparallele Freilaufdiode
DF (siehe Abbildung 1.2) eingefügt werden. Wird nun weiterhin angenommen, dass L unendlich
groß ist, so ist der Laststrom immer noch ideal geglättet und konstant, d. h. id = Id = const.
Während der negativen Spannungshalbwelle kann nun allerdings die Freilaufdiode DF den Laststrom id komplett übernehmen und der Stromfluss durch D kommt zum Erliegen, weshalb diese
bei einer negativen Spannungshalbwelle sperrt. Die resultierenden Spannungs- und Stromverläufe sind ebenfalls in Abbildung 1.2 dargestellt.
us (t)
√
2Us
0
t
√
− 2Us
ud (t)
√
2Us
0
is
D
idf
Us
t
id
L
ud
DF
√
− 2Us
id (t)
R
Id
0
t
is (t)
Id
0
t
idf (t)
Id
0
t
Abbildung 1.2: M1-Schaltung mit RL-Last (L → ∞) und Freilaufdiode und Strom- und Spannungsverläufe
Wie aus Abbildung 1.2 ersichtlich ist, erfolgt die Kommutierung, d. h. die Übergabe des Laststroms Id von D nach DF und umgekehrt unendlich schnell und der netzseitige Strom is ändert
sich sprungförmig.
3
1.2.2
Netzseitige Induktivitäten
Bei realen Schaltungen sind allerdings immer parasitäre Induktivitäten in allen Zweigen vorhanden, insbesondere auch netzseitige Induktivitäten. Nun soll eine M1-Schaltung, ebenfalls
mit RL-Last (L → ∞), Freilaufdiode und netzseitiger Induktivität Ls , wie in Abbildung 1.3
dargestellt, betrachtet werden.
is
Ls
D
idf
Us
iD
L
ud
DF
R
Abbildung 1.3: M1-Schaltung mit RL-Last (L → ∞), Freilaufdiode und netzseitiger Induktivität
Aufgrund der netzseitigen Induktivität Ls ist der Strom is (t) nun eine Zustandsgröße:
u=L·
dis (t)
dt
(1.1)
Aufgrund dessen kann sich der netzseitige Strom is (t) nicht mehr sprungförmig ändern. Für
einen Stromsprung wäre ein Spannungssprung mit unendlicher Höhe notwendig. Der Strom
kommutiert also in endlicher Zeit von D nach DF . Während dieser Kommutierungszeit führen
beide Dioden Strom. Es müssen nun also insgesamt drei Betriebszustände betrachtet werden:
• D leitet und DF sperrt (positive Halbwelle)
• D sperrt und DF leitet (negative Halbwelle)
• D leitet und DF leitet (Kommutierung)
1.2.3
Wichtige Größen, Strom- und Spannungsverläufe
Für die folgenden Berechnungen soll weiterhin angenommen werden, dass der Laststrom id ideal
geglättet wird, d. h. id (t) = Id = const. Wird die Schaltung in Abbildung 1.3 betrachtet, kann
mit Hilfe der Knotenregel der Strom durch die Freilaufdiode berechnet werden:
idf (t) = Id − is (t)
(1.2)
Während der Kommutierung gilt, dass beide Dioden (D und DF ) leitend sind, d. h. es fällt
keine Spannung an diesen ab. Die netzseitige Spannung beträgt
√
us (t) = 2Us · sin (ωt) .
Wird nun die Kirchhoff-Maschenregel zusammen mit der Bauteilgleichung für Ls angewendet,
so gilt:
√
dis (t)
us = 2Us · sin (ωt) = Ls
(1.3)
dt
4
Wird nun die Kommutierung von DF nach D (Beginn einer positiven Halbwelle) betrachtet, so
lässt sich der netzseitige Strom zu
√
√
t
2Us Z
2Us
is (t) =
· sin (ωt) dt =
[1 − cos (ωt)]
(1.4)
Ls
ωLs
0
berechnen.
us (t)
√
2Us
0
t
tc
√
− 2Us
ud (t)
√
2Us
0
t
tc
Spannungsverlust durch Kommutierung
√
− 2Us
id (t)
Id
0
is (t)
t
tc
Id
0
idf (t)
t
tc
Id
0
t
tc
Abbildung 1.4: Strom- und Spannungsverläufe bei der M1-Schaltung mit RL-Last (L → ∞),
Freilaufdiode und netzseitiger Induktivität
Am Ende der Kommutierung, nach Ablauf der Kommutierungszeit tc , wenn der Strom vollständig von D übernommen wurde, gilt:
is (tc ) = Id
5
Somit gilt:
√
2Us
[1 − cos (ωtc )]
Ls
Nun kann die Kommutierungszeit berechnet werden:
Id =
ωLs Id
1
tc = · arccos 1 − √
ω
2Us
!
(1.5)
Die Spannungszeitfläche, d. h. der Spannungsverlust aufgrund der Kommutierung, lässt sich
durch Integration von Gleichung (1.3) bestimmen:
Zωtc√
ZId
0
0
2Us · sin (ωt) d (ωt) = ωLs ·
dis = ωLs Id
(1.6)
Somit kann die mittlere Spannung ud unter der Berücksichtigung der Kommutierung zu
 π

√
1 Z √
2
1
ud =
·
2Us · sin (ωt) d (ωt) − ωLs Id  =
Us −
· ωLs Id
2π
π
2π
(1.7)
0
berechnet werden. Aufgrund der Kommutierung ist die mittlere ideelle Gleichspannung ud immer niedriger als der Wert ohne Berücksichtigung der Kommutierung!
Die Strom- und Spannungsverläufe bei der M1-Schaltung mit Freilaufdiode, netzseitiger Induktivität Ls und mit RL-Last (L → ∞, siehe Abbildung 1.3) sind in Abbildung 1.4 dargestellt.
1.2.4
Simulative Überprüfung einer realen Schaltung
Um die Kommutierungseffekte bei einer realen Schaltung darzustellen (id (t) 6= const.), wurde
eine Simulation mit GeckoCIRCUITS durchgeführt. Hierfür wurden folgende Parameter verwendet:
Us
fs
Ls
L
R
=
=
=
=
=
230 V (Effektivwert)
50 Hz
1H
1H
100 Ω
Das Simulationsmodell ist in Abbildung 1.5 zu sehen.
Die Simulationsergebnisse sind in Abbildung 1.6 zu sehen. Zu Beginn der Simulation, d. h.
bei der ersten Sinushalbwelle, ist noch kein Kommutierungseffekt sichtbar, da zu Beginn der
Laststrom noch Null ist.
6
Abbildung 1.5: GeckoCIRCUITS-Modell der M1-Schaltung zur Visualisierung der Kommutierung
Netzspannung
400
us (t) [V]
200
0
−200
−400
0
5
10
15
20
25
Zeit [ms]
30
35
40
45
50
30
35
40
45
50
Lastspannung
200
ud (t) [V]
150
100
50
0
0
5
10
15
20
25
Zeit [ms]
Stromverläufe
1.0
Strom [A]
0.8
0.6
0.4
is
idf
iRL
0.2
0
0
5
10
15
20
25
Zeit [ms]
30
35
40
45
50
Abbildung 1.6: Simulationsergebnisse (M1-Schaltung zur Visualisierung der Kommutierung)
7
1.3
Kommutierung bei der B2-Schaltung
Im Gegensatz zur M1-Schaltung sind bei einer ungesteuerten B2-Schaltung keine Freilaufdioden
notwendig, da aufgrund der Schaltungstopologie die Dioden bereits so angeordnet sind, dass
diese zusätzlich auch als Freilaufdioden fungieren können.
us (t)
√
2Us
0
t
√
− 2Us
ud (t)
√
0
id
id1
id2
D1
D2
is
Us
Id
0
R
id3
id4
t
is (t)
ud
D4
t
id (t)
L
D3
2Us
Id
0
t
−Id
id1 (t), id4 (t)
Id
0
t
id2 (t), id3 (t)
Id
0
Abbildung 1.7: B2-Schaltung mit RL-Last (L → ∞) und Strom- und Spannungsverläufe
8
t
1.3.1
Idealer Kommutierungsvorgang
In Abbildung 1.7 ist eine B2-Schaltung mit RL-Last (L → ∞) dargestellt. In diesem Fall
sei keine netzseitige Induktivität vorhanden. Die resultierenden Strom- und Spannungsverläufe
sind ebenfalls in Abbildung 1.7 zu sehen. Bei einer positiven Halbwelle fließt der Strom durch
die Ventile D1 und D4, während bei einer negativen Halbwelle die Ventile D2 und D3 leitend
sind. Auch in diesem Fall kommutiert der Strom in unendlich kurzer Zeit von einem Zweig in
den anderen, wenn die Spannung us (t) das Vorzeichen wechselt.
1.3.2
Reale Kommutierung bei netzseitigen Induktivitäten
In Abbildung 1.8 ist eine B2-Schaltung mit RL-Last (L → ∞) und netzseitiger Induktivität
Ls dargestellt. Wie bei der M1-Schaltung mit Freilaufdiode und netzseitiger Induktivität, kann
sich nun auch in diesem Fall der Strom is (t) nicht mehr sprungförmig ändern, da dieser nun
eine Zustandsgröße ist. Aufgrund der unendlich großen Induktivität L ist der Laststrom id ideal
geglättet, d. h. es gilt id (t) = Id = const.
id
id1
id2
D1
D2
is
Ls
Us
L
ud
R
D3
D4
id3
id4
Abbildung 1.8: B2-Schaltung mit RL-Last (L → ∞) und netzseitiger Induktivität
Wird nun der Wechsel von der positiven Eingangsspannungs-Halbwelle auf die negative betrachtet, so kommutiert der Strom von den Dioden D1 und D4 in die Dioden D2 und D3.
Mit Ablauf des Spannungsnulldurchgangs werden die Dioden D2 und D3 leitend; da diese nun
aber den kompletten Strom Id aufgrund der endlichen Stromänderungsgeschwindigkeit nicht
sofort übernehmen können, bleiben die Dioden D1 und D4 immer noch leitend. Analoges gilt
für den Übergang von der negativen zur positiven Halbwelle. Bei der B2-Schaltung leiten während der Kommutierung also alle vier Dioden! Somit entsteht während der Kommutierung ein
Brückenkurzschluss, d. h. während der Kommutierung gilt:
ud (t) = 0
Bei der Kommutierung von D1 und D4 nach D2 und D3 gilt:
id2 (t) = id3 (t) = ic (t) und
(1.8)
id1 (t) = id4 (t) = Id (t) − ic (t),
(1.9)
is = id1 − id3 = Id − 2ic
(1.10)
wobei ic (t) der Kommutierungsstrom ist. Mit Hilfe der Kirchhoff-Knotenregel kann nun der
Eingangsstrom is (t) während der Kommutierung berechnet werden:
9
√
Für die netzseitige Spannung gilt wiederum us (t) = 2Us · sin (ωt). Da während der Kommutierung alle vier Dioden leiten, kann mit Hilfe der Bauteilgleichung für Ls und der KirchhoffMaschenregel wiederum folgender Zusammenhang hergeleitet werden:
us (t) =
√
2Us · sin (ωt) = Ls
dis (t)
dt
(1.11)
us (t)
√
2Us
0
t
tc
√
− 2Us
ud (t)
√
Spannungsverlust durch Kommutierung
2Us
0
id (t)
t
tc
Id
0
is (t)
t
tc
Id
0
t
tc
−Id
id1 (t), id4 (t)
Id
0
t
tc
id2 (t), id3 (t)
Id
0
t
tc
Abbildung 1.9: Strom- und Spannungsverläufe der B2-Schaltung mit RL-Last (L → ∞) und
netzseitiger Induktivität
10
Somit lässt sich der netzseitige Strom bei der Kommutierung von der D1 und D4 nach D2 und
D3 zu
√
√
t
2Us Z
2Us
is (t) =
· sin (ωt) dt =
[1 − cos (ωt)]
(1.12)
Ls
ωLs
0
berechnen.
Zu Beginn der Kommutierung, d. h. am Ende der positiven Halbwelle, gilt:
is (π) = Id
Am Ende der Kommutierung, d. h. nach Ablauf der Kommutierungszeit tc , gilt
is (π + tc ) = −Id .
Aufgrund dieser Zusammenhänge gilt
2Id =
√
2Us
[1 − cos (ωtc )] .
ωLs
Nun kann die Kommutierungszeit berechnet werden:
2ωLs Id
1
tc = · arccos 1 − √
ω
2Us
!
(1.13)
Die Spannungszeitfläche, d. h. der Spannungsverlust aufgrund der Kommutierung, lässt sich
durch Integration von Gleichung (1.11) bestimmen:
Zωtc√
0
2Us · sin (ωt) d (ωt) = ωLs ·
ZId
dis = 2ωLs Id
(1.14)
−Id
Somit kann die mittlere Spannung ud unter der Berücksichtigung der Kommutierung zu

 π
√
2
1 Z √
2
2
ud = ·
2Us · sin (ωt) d (ωt) − 2ωLs Id  =
Us − · ωLs Id
π
π
π
(1.15)
0
berechnet werden. Hierbei ist zu beachten, dass zusätzlich auch beide Sinus-Halbwellen genutzt
werden. Aufgrund der Kommutierung ist die mittlere ideelle Gleichspannung ud immer niedriger
als der Wert ohne Berücksichtigung der Kommutierung!
Die Strom- und Spannungsverläufe bei der B2-Schaltung mit netzseitiger Induktivität Ls und
mit RL-Last (L → ∞, siehe Abbildung 1.8) sind in Abbildung 1.9 dargestellt.
1.3.3
Simulative Überprüfung einer realen Schaltung
Um die Kommutierungseffekte bei einer realen Schaltung darzustellen (id (t) 6= const.), wurde
eine Simulation mit GeckoCIRCUITS durchgeführt. Hierfür wurden dieselben Parameter wie
in Kapitel 1.2.4 verwendet.
Das Simulationsmodell ist in Abbildung 1.10 zu sehen.
Die Simulationsergebnisse sind in Abbildung 1.11 zu sehen. Zu Beginn der Simulation, d. h.
bei der ersten Sinushalbwelle, ist noch kein Kommutierungseffekt sichtbar, da zu Beginn der
Laststrom noch Null ist.
11
Abbildung 1.10: GeckoCIRCUITS-Modell der B2-Schaltung zur Visualisierung der Kommutierung
Netzspannung
400
us (t) [V]
200
0
−200
−400
0
5
10
15
20
25
Zeit [ms]
30
35
40
45
50
30
35
40
45
50
30
35
40
45
50
Lastspannung
200
ud (t) [V]
150
100
50
0
0
5
10
15
20
25
Zeit [ms]
Netzseitiger Strom
1.0
is (t) [A]
0.5
0
−0.5
−1.0
0
5
10
15
20
25
Zeit [ms]
Stromverläufe
1.0
id1 , id4
id2 , id3
iRL
Strom [A]
0.8
0.6
0.4
0.2
0
0
5
10
15
20
25
Zeit [ms]
30
35
40
45
50
Abbildung 1.11: Simulationsergebnisse (B2-Schaltung zur Visualisierung der Kommutierung)
12
2
2.1
Übungsaufgaben
Kommutierung bei der M1-Schaltung mit Freilaufdiode
Gegeben sei die M1-Schaltung mit Freilaufdiode und netzseitiger Induktivität Ls in Abbildung 2.1.
is
Ls
D
idf
Us
iD
L
ud
DF
R
Abbildung 2.1: M1-Schaltung mit RL-Last (L → ∞), Freilaufdiode und netzseitiger Induktivität
Es sind folgende Daten gegeben:
Us
fs
Id
Ls
=
=
=
=
230 V (Effektivwert)
50 Hz
1 A = const.
1 mH
Berechnen Sie
a) die Kommutierungszeit tc ,
b) den Spannungsverlust uv aufgrund der Kommutierung und
c) die mittlere Spannung ud unter Berücksichtigung der Kommutierung!
13
2.2
Kommutierung bei der B2-Schaltung
Gegeben sei die B2-Schaltung mit netzseitiger Induktivität Ls in Abbildung 2.2.
id
id1
id2
D1
D2
Ls
is
Us
L
ud
R
D3
D4
id3
id4
Abbildung 2.2: B2-Schaltung mit RL-Last (L → ∞) und netzseitiger Induktivität
Es sind folgende Daten gegeben:
Us
fs
Id
Ls
=
=
=
=
230 V (Effektivwert)
50 Hz
1 A = const.
1 mH
Berechnen Sie
a) die Kommutierungszeit tc ,
b) den Spannungsverlust uv aufgrund der Kommutierung und
c) die mittlere Spannung ud unter Berücksichtigung der Kommutierung!
14
2.3
Kommutierung bei der M3-Schaltung
Gegeben sei die M3-Schaltung mit netzseitigen Induktivitäten Ls und RL-Last (L → ∞) in
Abbildung 2.3.
uN1
us1
uN2
us2
uN3
us3
is1
Ls
is2
Ls
is3
Ls
uT1
T1
id
T2
R
ud
T3
L
Abbildung 2.3: M3-Schaltung mit RL-Last (L → ∞) und netzseitigen Induktivitäten
In Abbildung 2.4 sind die Strom- und Spannungsverläufe bei der M3-Schaltung mit RL-Last
(L → ∞) ohne Kommutierungseffekte für die Zündwinkel 0◦ (natürlicher Zündzeitpunkt) und
120◦ zu sehen.
ud (t)
Zündwinkel α = 0◦
us1
us2
us3
Udi0
0
ωt
id (t)
Id
0
is3
is1
is2
ud (t)
is3
is1
is2
is3
ωt
Zündwinkel α = 120◦
α
us1
us2
us3
0
ωt
Udiα
id (t)
Id
0
is2
is3
is1
is2
is3
is1
is2
Abbildung 2.4: Ideale Kommutierung bei der M3-Schaltung mit RL-Last (L → ∞)
15
ωt
Berechnen Sie allgemein die Gleichungen für die Kommutierung von T1 nach T2 bei der M3Schaltung in folgenden Schritten:
a) Berechnen Sie den Verlauf der Kommutierungsspannung uc (t)!
b) Berechnen Sie den Verlauf der Lastspannung ud (t) während der Kommutierung!
c) Berechnen Sie die Stromverläufe is1 (t) und is2 (t) während der Kommutierung!
d) Berechnen Sie den Zeitpunkt, an dem die Kommutierung beendet ist und damit den Überlappungswinkel ü bzw. die Kommutierungsdauer tc !
e) Berechnen Sie die Spannungszeitfläche Aü , die durch die Kommutierung verloren geht!
f) Berechnen Sie den Spannungsverlust Dc durch die Kommutierung (p = 3 Kommutierungen
pro Netzperiode)!
g) Zeichnen Sie den Verlauf der Lastspannung ud (t) für die Zündwinkel 0◦ und 120◦ in Abbildung 2.5 ein und kennzeichnen Sie jeweils die Spannungszeitfläche Aü , welche durch die
Kommutierung verloren geht!
ud (t)
us1
us2
Zündwinkel α = 0◦
us3
0
ωt
us1 +us3
2
us2 +us3
2
us1 +us2
2
id (t)
Id
0
ωt
ud (t)
α
us2
Zündwinkel α = 120◦
us3
us1
0
ωt
us1 +us3
2
us2 +us3
2
us1 +us2
2
id (t)
Id
0
ωt
Abbildung 2.5: Reale Kommutierung bei der M3-Schaltung mit RL-Last (L → ∞)
16
3
3.1
Lösung der Übungsaufgaben
Kommutierung bei der M1-Schaltung mit Freilaufdiode
a) Kommutierungszeit tc :
us (t) = Ls ·
dis (t)
dt
Zωtc√
ZId
0
0
2Us · sin (ωt) dt = ωLs ·
√
dis
2Us (1 − cos (ωtc )) = ωLs Id
ωLs Id
cos (ωtc ) = √
2Us
1
ωLs Id
=
· arccos 1 − √
=
ω
2Us
!
2π · 50 Hz · 1 mH · 1 A
1
√
· arccos 1 −
= 0,14 ms
=
2π · 50 Hz
2 · 230 V
!
tc
b) Spannungsverlust uv aufgrund der Kommutierung:
uv =
ωLs Id
2π · 50 Hz · 1 mH · 1 A
=
= 0,05 V
2π
2π
c) Mittlere Spannung ud unter Berücksichtigung der Kommutierung:
√
√
2Us
2 · 230 V
− uv =
− 0,05 V = 103,5 V
ud =
π
π
17
3.2
Kommutierung bei der B2-Schaltung
a) Kommutierungszeit tc :
us (t) = Ls ·
dis (t)
dt
Zωtc√
2Us · sin (ωt) dt = ωLs ·
0
ZId
dis
−Id
√
2Us (1 − cos (ωtc )) = 2ωLs Id
cos (ωtc ) =
tc
1
· arccos 1 −
=
ω
√
√
2ωLs Id
Us
2ωLs Id
=
Us
√
!
1
2 · 2π · 50 Hz · 1 mH · 1 A
=
· arccos 1 −
= 0,198 ms
2π · 50 Hz
230 V
!
b) Spannungsverlust uv aufgrund der Kommutierung:
uv =
2ωLs Id
2 · 2π · 50 Hz · 1 mH · 1 A
=
= 0,2 V
π
π
c) Mittlere Spannung ud unter Berücksichtigung der Kommutierung:
√
√
2 2Us
2 2 · 230 V
ud =
− uv =
− 0,2 V = 206,9 V
π
π
18
3.3
Kommutierung bei der M3-Schaltung
Allgemeines:
Die Eingangsspannungen betragen
√
2U · sin (ωt) ,
us1 (t) =
√ s
us2 (t) =
2U · sin (ωt − 120◦ ) ,
√ s
us3 (t) =
2Us · sin (ωt − 240◦ ) und
√
uv12 (t) = us1 (t) − us2 (t) = 6Us · sin (ωt + 30◦ ) .
Bei der Kommutierung von T1 nach T2 leiten sowohl T1 als auch T2, d. h. die Spannungsabfällen an beiden Thyristoren sind Null. Somit lassen sich folgende Gleichungen aufstellen:
Knotengleichung:
id (t) = is1 (t) + is2 (t) = Id = const.
⇒
dis1 (t)
dis2 (t)
=−
dt
dt
(3.1)
(3.2)
Spannungsgleichungen:
dis1 (t)
d(t)
dis2 (t)
us2 (t) = ud (t) + Ls
d(t)
us1 (t) = ud (t) + Ls
(3.3)
(3.4)
a) Die Kommutierungsspannung uc (t) ist die Spannung, welche an den netzseitigen Induktivitäten Ls abfällt. Da während der Kommutierung beide Thyristoren T1 und T2 leiten, lässt
sich diese zu
√
√
uc (t) = us2 (t) − us1 (t) = −uv12 (t) = − 6Us · sin (ωt + 30◦ ) = 6Us · sin (ωt − 150◦ )
berechnen.
Weiterhin gilt:
uc (t) = −2Ls
dis1 (t)
dis2 (t)
= 2Ls
dt
dt
Mit Hilfe der Gleichungen (3.3) und (3.4) lässt sich diese auch zu
uc (t) = 2 (ud (t) − us1 (t)) = 2 (us2 (t) − ud (t))
(3.5)
berechnen.
b) Aufgrund von Gleichung (3.2) lassen sich die Stromableitungen in den Gleichungen (3.3)
und (3.4) eliminieren und man erhält
us1 (t) + us2 (t) = 2ud (t) = −2Ls
dis1 (t)
dis2 (t)
= 2Ls
.
dt
dt
(3.6)
Hieraus folgt für die Lastspannung ud (t) während der Kommutierung von T1 nach T2:
ud (t) =
us1 (t) + us2 (t)
2
19
(3.7)
Für die Kommutierung von T3 nach T1 lässt sich analog dazu
ud (t) =
us1 (t) + us3 (t)
2
ableiten.
Für die Kommutierung von T2 nach T3 ergibt sich
ud (t) =
us2 (t) + us3 (t)
.
2
c) Die Kommutierung von T1 nach T2 startet bei 150◦ + α, wobei α der Zündwinkel ist. Für
die Kommutierungsspannung, d. h. die Spannung, die während der Kommutierung an den
netzseitigen Induktivitäten abfällt, gilt Gleichung (3.6). Diese kann nun nach is2 (t) aufgelöst
und anschließend integriert werden. Somit erhält man
√
Zωt
Zωt
Zωt
uc (t)
uc (t)
6Us
dt =
d (ωt) =
·
sin (ωt − 150◦ ) d (ωt) .
is2 (t) =
2L
2ωL
2ωL
s
s
s
◦
◦
◦
150 +α
150 +α
150 +α
Nach Berechnung des Integrals ergibt sich
√
6Us
is2 (t) =
(cos α − cos (ωt − 150◦ )).
2ωLs
Mit Hilfe von Gleichung (3.1) kann nun der Strom is1 (t) berechnet werden:
is1 (t) = Id − is2 (t)
d) Die Kommutierung von T1 nach T2 beginnt bei ωt = 150◦ +α und ist bei ωt = 150◦ + α + ü
abgeschlossen, wobei ü der Überlappungswinkel ist. Weiterhin gilt zu Beginn der Kommutierung:
is1 (ωt = 150◦ + α) = Id und
is2 (ωt = 150◦ + α) = 0.
Am Ende der Kommutierung gilt:
is1 (ωt = 150◦ + α + ü) = 0 und
is2 (ωt = 150◦ + α + ü) = Id .
Somit lässt sich folgende Gleichung aufstellen:
is2 (ωt = 150◦ + α + ü) = Id =
150◦Z+α+ü
150◦ +α
uc (t)
d (ωt)
2ωLs
Nach Auflösen des Integrals und weiteren Rechnungen erhält man
√
6Us
Id =
(cos α − cos (α + ü)) .
2ωLs
Diese Gleichung kann nun nach dem Überlappungswinkel ü aufgelöst werden und man erhält
2ωLs Id
ü = arccos cos α − √
6Us
!
− α.
Hieraus kann die Kommutierungsdauer tc berechnet werden:
tc =
20
ü
ω
e) Ohne Kommutierungseffekte würde sofort T2 leitend werden, d. h. es würde gelten, dass
ud (t) = us2 (t). Während der Kommutierung von T1 nach T2 ist die Lastspannung ud (t)
allerdings geringer (siehe Gleichung (3.7)). Der momentane Spannungsverlust aufgrund der
Kommutierung beträgt deshalb us2 (t) − ud (t). Die Spannungszeitfläche Aü ist das zeitliche
Integral über die Dauer des gesamten Kommutierungsvorgangs. Somit lässt sich Aü zu
Aü =
150◦Z+α+ü
150◦Z+α+ü
150◦ +α
150◦ +α
(us2 (t) − ud (t)) dt =
uc (t)
d (ωt)
2ω
berechnen. Weiter aufgelöst ergibt sich
√
6Us
Aü =
·
2ω
150◦Z+α+ü
150◦ +α
sin (ωt − 150◦ ) d (ωt).
Darüber hinaus lässt dich die Spannungszeitfläche Aü auch zu
Aü = Ls · Id
berechnen.
f) Wie in der Aufgabenstellung erwähnt, finden p = 3 Kommutierungen pro Netzperiode statt.
Somit ergibt sich der Spannungsverlust Dc zu
Dc =
p
3
· ωLs · Id =
· ωLs · Id .
2π
2π
21
g) Die Lastspannung ud (t) unter Berücksichtigung der Kommutierung für die Zündwinkel 0◦
und 120◦ ist in Abbildung 3.1 eingezeichnet, ebenso wie die Spannungszeitfläche Aü .
ud (t)
Aü
us1
us2
Zündwinkel α = 0◦
us3
0
ωt
us1 +us3
2
us2 +us3
2
us1 +us2
2
id (t)
Id
0
is3
is1
is2
ud (t)
α
us2
is3
is1
is2
is3
ωt
Zündwinkel α = 120◦
us3
us1
Aü
0
ωt
us1 +us3
2
us2 +us3
2
us1 +us2
2
id (t)
Id
0
is2
is3
is1
is2
is3
is1
is2
Abbildung 3.1: Reale Kommutierung bei der M3-Schaltung mit RL-Last (L → ∞)
22
ωt
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