Der delirante Patient W. Esser - Städtisches Klinikum Karlsruhe

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Arbeitskreis Notfallmedizin
16. März 2010
Der delirante Patient
W. Esser
Esser © 2010
H.K.,, *1948
• 15.3.10: Vom Rettungsdienst verwirrt nach
Wohnungseröffnung angetroffen
• ZNA: 20.05h wach, intakte Orientierung, HP
re., keine Erinnerung an Ablauf der letzten
Stunden, Wortfindungsstör., Neologismen.
Temp. 40.3 Grad C.
• C2-Anamnese
• Labor: CRP 14,7. GOT 100, GPT 59, LDH
428 U/l
• cCT: normal
• Liquor: 12 Zellen
Esser © 2010
Delirium = de lira
( lira = leise, Spur, Rille )
Plötzlich aus der Spur geraten
De: ab, neben. Lira: Spur, Rille
Esser © 2010
Esser © 2010
Wichtigkeit psychiatrischer Kenntnisse
im Rettungs-/Notarztdienst
Ranim Fischer (Dissertation, 2002)
Beurteilung von psychiatrischen Notfällen aus der Sicht von Rettungsdienstmitarbeitern
Esser © 2010
Häufigkeit der Verärgerung, zu einem
psychiatrischen Notfall gerufen worden zu sein
Ranim Fischer (Dissertation, 2002)
Beurteilung von psychiatrischen Notfällen aus der Sicht von Rettungsdienstmitarbeitern
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Leentjens
30-60% der Delirien bleiben unerkannt !
Esser © 2010
E.G.,, * 1950 (I)
• 24.2.10 Einweisung durch HA per
Rettungsdienst wg. rez. Kollaps
• Lt. Ehefrau seit einigen Tagen verwirrt
• Vorerkrankung: Plasmocytom
• ZNA: wach, „eigentümlich“, versteht
Aufnahmegründe (Ca++, Exikkose, NI
• cMRT unauffällig
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E.G.,, * 1950 (II)
Verlauf auf kardiol. Intensiv (24.2.-1.3.2010)
„Verwirrt, versteht nicht, was man von ihm
will“, „unruhig, umtriebig, uriniert in seine
Trinkflasche und auf den Boden, legt sich
hinein“, bleibt weiterhin verwirrt, Stuhlgang
in Papierkorb, stürzt aus dem Bett, wird
fixiert, Tag-Nacht-Schlafrhythmus gestört
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C.H.,, * 1943
• 8.12.09: häuslicher Zusammenbruch, vom NA mit
schwerem agitiertem Psychosyndrom angetroffen
worden 15 mg Dormicum
• Augenzeugenbeob.: grand mall-Anfall
• Vorerkrankungen:
C2-Abusus, RR, Cholesterin , Adipositas, Diab.
mell., ACI-Verschluss li, zerebrale
Mikroangiopathie, pAVK, Schlaf-Apnoe-Syndrom,
Lungenembolie
A: temporaler Anfall, B: extratemporaler Anfall,
nichtepileptischer Anfall, D: Synkope
EsserC:©psychogener
2010
Epidemiologie
American J of Medicine 1994
Ein Delir ist mit ca. 30-40% Prävalenz und 25% Inzidenz
häufigste Komplikation bei hospitalisierten Pat. > 65 J.
Ein Delir tritt auf bei
•
•
•
•
ca.10-15% aller Patienten in chirurgischen und
ca.15-25% in allgemeinen internist. Abteilungen
ca. 40% aller Pat. nach OP wg. Hüftfraktur
Hohe Inzidenz auch bei Patienten nach herzchirurgischen OPs
30-60% der Delirien bleiben unerkannt !
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Delir - Klinische Definition
Akut auftretende, im Verlauf
fluktuierende Aufmerksamkeitsund Kognitionsstörung
Diagnostisches und statistisches Manual psychischer
Störungen (DSM-IV)
American Psychiatry Association 2000
versus
Internationale Klasifikation von Krankheiten (ICD-10)
WHO (deutsche Version 2006)
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Diagnostische Kriterien des Delirs nach ICD-10 und DSM-IV
ICD-10
DSM-IV
• Bewußtseinnstörung+/
Aufmerksamkeitsstör.
• Störung der Kognition
• Psychomot. Störungen
• Störungen des Schlaf/Wachrhythmus
• Beginn meist akut,
Verlauf fluktuierend
• Gesamtdauer < 6 M
• Zugrundeliegende Ursache
meist nachweisbar
• Bewußtseinsstörung+/
Aufmerksamkeitsstörung
• Störung der Kognition
• Beginn meist innerhalb
kurzer Zeitspanne(Std.-Tage)
Verlauf fluktuierend
• Delir ist Folge einer zerebralen
oder systemischen Erkrankung
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Delir – verwandte Begriffe
Folgende im klinischen Alltag gebräuchliche Begriffe werden verwendet.
Sie sind unscharf definiert und diagnostisch wenig ergiebig
•
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•
•
Akutes hirnorg. Psychosyndrom (HOPS)
Akuter Verwirrtheitszustand
Durchgangssyndrom
Postoperative (ICU-)Psychose
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Klassifizierung I
hypoaktiv (15%)
Delir
• Apathie,
Bewegungsarmut
• Kaum
Kontaktaufnahme
• Halluzinationen und
Desorientiertheit
erst auf Befragen
• Geringe vegetative
Symptome
hyperaktiv (25%)
• Psychomot. Unruhe
bis Agitiertheit
• Irritierbarkeit
• Halluzinationen
• Angst
• Deutliche vegetative
Symptome
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Klassifizierung II
Gemischtes Delir
Häufigste Delirform bei
• 70% aller Intensivpatienten > 65 J
• 60% aller Intensivpatienten < 65 J
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Häufigkeit von Delir-Symptomen bei
Erwachsenen in verschiedenen Studien
Trzepacz & Meagher, 2008
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Video S.S.
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Delirrisiko
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Alter > 65 J
>
Demenz
Delirium in Anamnese
Depression
Immobilität
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Exikkose
Mangelernährung
Starke Hörstörung
Starke Sehstörung
Sturzneigung Aktivitätsgrad Delirrisiko
• Behandlung mit mehreren
psychoaktiven Substanzen
• > 6 Medikamente
• Multiple Komorbiditäten
• Alkoholabusus
• E`lytstörung (z.B. Na+)
• Endokrine Dysfunktion
• Vitamin B12 Inouye, 1999, 2006
• Schlaganfall in
Anamnese
• Leber/Niereninsuffizienz
• Infektion/ Sepsis
• Exikkose
• M. Parkinson
• Fraktur oder Trauma
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Delir - Ursachen
Heymann A, Spies CD. Postoperatives Delir und kognitives Defizit. Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2010; 45: 112–116
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Pfade, welche zu Delir führen:
Iatrogene Komplikationen
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Auslöser
Relatives Risiko
Fixierung
3,5
Blasenkatheter
3,1
3 zusätzliche immobilisierende Massnahmen 1,8
Weniger als ein Mal täglich aus dem Bett
2,3
mehr als 12 Stunden auf der Notfallstation
2,1
iatrogenes Ereignis
1,9
Malnutrition
3,9
Respitatorische Insuffizienz
2,7
Dehydratation
1,5
Inouye, 1996
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Differentialdiagnostisch zu
erwägende Ursache eines Delirs
Weiterführende Untersuchungen
Induktion durch Medikamente
Exsikkose, E`lytstörung
Metabolische Störung
– Hypo-/ Hyperglykämie
Anamnese und klinische Zeichen, tox. Screening
Na+, K+, Ca++, Cl- im Serum, Hk
•
•
•
– Hyperthyreose
– Hepato-/ Nephropathie
Infektionen/ Sepsis
Schädel-Hirn-Trauma
Vaskulärer Prozess
•
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•
Hypoxie
Demenz
Wernicke-Korsakow-Syndrom
TSH
GGT, Crea
Fieber, CRP, BB, Urin-/Blutkultur, LP (?)
cCT, MRT
Anamnese, Neurostatus, Risikofaktoren,
cCT, MRT
Anamnese (z.B. Reanimation), EKG
Anamnese, kognitive Störungen
Alkoholanamnese, neurol. Befund:
Ataxie, Augenmotilitässtörungen, PNP
•
•
•
Blutzucker, HbA1c, Osmolarität
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A.P.,, * 1937
•
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•
•
16.10.08 ZNA wg. rez. HP re. + Aphasie
Neurol. Befund: keine Besonderheiten
Neurosonografie: 80% ACI-Stenose li
Anmnese: Herz-SM 1989,Aortenaneurysma,
Myokardinfarkt, KHK, ACVB-OPDelir, CarotisTEA re 2002 Kardioversion 2006, Amaurosis li.
19.10.: Carotis-TEA li.
• Ab 22.10. fluktuierendes Bewußtsein, optische
Halluzinationen (
), verstärkt nach Dipidolor
+ Tavor, Tag-Nacht-Schlafumkehr
• Therapie des hyperaktiven Delirs: 10 mg Haldol
+ 50 mg Atosil/ d
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DD akute Verwirrtheit
Es gibt keine akute Demenz !
Akute Verwirrtheit bei Demenz muss
sorgfältig auf andere Ursachen abgeklärt werden
kurzgefasst: Zur differentialdiagnostischen
Abgrenzung gegenüber Demenz und Depression sind
vor allem fremdanamnestische Angaben und die
psychopathologische Beurteilung von Bedeutung.
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DD Delir und Demenz
Verlauf
Delir
Demenz
Akuter
Beginn
fluktuierend
Schleichender
Beginn
chron. Verlauf
Dauer: TageWochen
Bewußtseinsstör.
ja
Körperl. Befunde
ausgeprägt
Dauer: > 6 M
nein
eher gering
Bei ca. 40% wird statt Delir eine Demenz oder eine Depression diagnostiziert !
Krauseneck, Anaesthesiol. Intensivmedizin 2006
Esser © 2010
Esser © 2010
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Delirium Rating Scale
Das Delirium
beginnt nachts !
Schlafanamnese
Tagsüber
verminderte
Vigilanz und
Aufmerksamkeit
Esser © 2010
• Patienten mit Delirium haben mehr
Hirnatrophie
• Patienten mit Delirium weisen mehr
Leukenzephalopathien auf
44 J,
27.10.08
Esser © 2010
Anamnese
ist entscheidend und sollte nicht lästig sein...
Der erste Schritt zur Klärung der Diagnose ist die
Einholung einer Fremdanamnese. Daraus ließen sich
bereits die transiente globale Amnesie, Fälle mit
Verwirrtheit durch pharmakogene Einflüsse
(Medikamentenanamnese!), bereits vordiagnostizierte
Demenzen und ein vorangegangener epileptischer Anfall
herausfiltern. Somit hätten von den 231 Fällen mit
singulären Ursachen bereits in der Aufnahmesituation
107 geklärt werden können.
Shabarin, V.: Ursachen akuter Verwirrtheitszustände als Aufnahmegrund in die akutneurologische
Klinik.Dissertation (Uni FR).2009
Esser © 2010
Körperliche Untersuchung
Körperliche Untersuchung mit besonderem Augenmerk
auf Fieber, Exsikkosezeichen, Petechien, pathologische
Herzgeräusche usw.
Durch Anwendung dieses Verfahrens hätten sich
Exsikkose, Alkoholentzugsdelir/-intoxikation und
fieberhafte Infekte (allgemeinmedizinisch, nicht ZNS)
diagnostizieren lassen, entsprechend 25 von 124
verbliebenen Fällen
Shabarin, V.: Ursachen akuter Verwirrtheitszustände als Aufnahmegrund in die akutneurologische
Klinik.Dissertation (Uni FR).2009
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Schrittweise Identifikation von Ursachen akuter Verwirrtheitszustände,
ausgehend von 231 Fällen mit singulärer bzw. letztlich ungeklärter
Ursache einer akuten Verwirrtheit
Ohne technische Zusatzuntersuchungen (mit Ausnahme Labor) in
der Notaufnahme wären 172/231 (74 %) der Ursachen identifiziert
worden
Shabarin, V.: Ursachen akuter Verwirrtheitszustände als Aufnahmegrund in die akutneurologische
Klinik.Dissertation (Uni FR).2009
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Abklärungsalgorithmus für akute
Verwirrtheit unklarer Genese
Shabarin, V.: Ursachen akuter Verwirrtheitszustände als Aufnahmegrund in die akutneurologische
Klinik.Dissertation (Uni FR).2009
Esser © 2010
Indikation für cCT/ cMRT
Hinweise
auf
fokale
Ursache
Prozentsatz der diagnoseweisenden Befunde in der Bildgebung (in
Relation zur Gesamtzahl der bildgebenden Untersuchungen) bei klinischen
Hinweisen auf fokale bzw.systemische Ursachen der Verwirrtheit
Shabarin, V.: Ursachen akuter Verwirrtheitszustände als Aufnahmegrund in die akutneurologische
Klinik.Dissertation (Uni FR).2009
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Inzidenz postop. Delirien nach
unterschiedlichen Operationen
Böhner, DMW 2001
Esser © 2010
Esser © 2010
Bei operativen Pat. tritt ein Delir gehäuft
zwischen 24-78 h (meist 3. T)
postoperativ auf
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Alkoholentzugssyndrom
Wahn
Halluzinationen
Desorientiertheit
psychomot. Unruhe
Angst
Blutdruckanstieg
Pulsanstieg
Zittern
Schwitzen
Leichtes
schweres
Vegetative Sympomatik
Arolt, Diefenbacher, 2004
Delir
psychische Symptomatik
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Alkoholdelir – gezeichnet von
Wilhelm Busch
Poeck, Hacke 2006
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Alkoholentzugsdelir
Verminderte Konzentration von E`lyten
und Vitaminen
• Hypomagnesiämie → 100 mg/ 24h
• Hypokaliämie → laborkontr.Substitution
• Hyponatriämie → langsamer Ausgleich
max. 0.6 mmol/h
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E.W.,, *1944
• 30.8.08 von der Polizei in Innenstadt
alkoholisiert aufgefunden worden.
Lebensgefährtin stellt beim Abholen auf
Polizeistation HP li. fest
• ZNA 23h: alkoholisiert, wach, gereizt,
unkooperativ, armbet. HP li., tachykard
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E.W., , *1944
Alkoholentzugsdelir
Einfach partieller Anfall
Diazepam
4-6x5mg
Haloperidol
2x5 mg
Levetiracetam 2 x 1 g
Vit. B1
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100 mg
S.S.,, * 1962
• 20.10.08: Auf Weg zum Kiosk Sturz wg.
grand mal Anfall ZNA. 2 weitere g.m.,
Hyperhidrosis, HF, Fingerspreiztremor
• ICU-Diagn: grand mal Serie bei C2Entzugssyndrom
• Therapie: Distraneurin, Haldol 5 mg
• Vorbek. Alkoholkrankheit ( GGT 733 U/l,
Thrombozyten • Ab 21./22.10.: wechselndes Bewußtsein,
Desorientiertheit, starke motor. Unruhe
• Haldol 7.5 mg, Diazepam 50 mg/d,
Catapresan(perfusor), 5-P-Fixatio
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Sepsisassoziiertes Delir (SAD)
• Bei bis zu 70% der septischen Patienten
können akute mentale Veränderungen ohne
fokale neurologiche Ausfälle auftreten
• Eine septische Encephalopathie geht als
unabhängiger prognostischer Risikofaktor der
Sepsis mit einer hohen Letalität einher
• Endotoxinexposition führt zum
Zusammenbruch der BHS gestörte
Mikrozirkulation mit der Gefahr diffuser
Ischämien, Hämorrhagien und
Leukenzephalopathien
Ebersoldt, Intensive Care Med, 2007
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Substanzen mit Delirpotential
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Delir - Komplikationen
• Hohes Mortalitätsrisiko (insbesondere bei
Älteren)
• Längere Behandlungen als bei Patienten mit
der gleichen Grunderkrankung
• Hohes Selbstverletzungs-Risiko (Sturz etc.)
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Behandlungsansätze bei Delir
wenn möglich, Behandlung der Grunderkrankung
• z.B. Ausgleich der Elektrolytstörungen
• Blutzuckerstörungen etc.
• Weglassen delir-fördernder Medikamente
allgemeine Maßnahmen
• intensive Überwachung
• regelmäßige Labor-, BZ-, RR- und Pulskontrollen
• Reizabschirmung
• Reorientierungsmöglichkeiten bieten
Medikamente
• Haloperidol und andere Butyrophenonderivate
• bei Drogenintoxikation ev. Benzodiazepine
• Alkoholentzug -> spez. Schema
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Alkohol in der Delirbehandlung
• Chirurgen verordnen nach wie vor Alkohol zur
Vorbeugen und Behandlung des Delirium
tremens
• Historische Grundlage ist die anaesthetische
Wirkung von Alkohol in der Chirurgie, bevor
um 1840 moderne Anaesthetika entwickelt
wurden
• Alkohol selbst ist unwirksam bei manifestem
Delir: „point of no return“; lt. Leitlinien
abzuraten
Rosenbaum, General Hospital Psychiatry 2002
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• Kombination Haloperidol mit Lorazepam ist
sicher und nebenwirkungsarm in der
Behandlung des agitierten Delirs kritisch
kranker Patienten
• EPS treten selten auf
• Lorazepam statt anderer Benzodiazepine
wegen geringerer Kumulation und
mittellanger HWZ
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Medik. Therapie des Alkoholdelirs
„Die Medikation zur Behandlung des Alkoholdelirs
sollte sedieren, ohne die vitalen Schutzreflexe zu
beeinträchtigen, die epileptische Krampfschwelle
erhöhen, die autonome Überaktivität dämpfen und
antipsychotisch wirksam sein, ohne wesentliche
Nebenwirkungen zu entwickeln. Da keine
Einzelsubstanz alle Anforderungen erfüllt, sind
Kombinationstherapien möglich“.
DGN Leitlinien 2008
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Medik. Therapie des Alkoldelirs
DGN Leitlinien 2008
•
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•
Unvollständiges (Prä-) Delir
Clomethiazol: 4 x pro Tag 2 Kapseln á 192 mg p.o., Reduktion nach Klinik
oder
Diazepam: 4–6 x 10 mg p.o. pro Tag, Reduktion um 10% proTag oder 3 x
20 mg im Abstand von 2 Stunden als loading dose oder
CBZ: 2 Tage 4 x 200 mg, 2 Tage 3 x 200 mg, 2 Tage 2 x 200 mg p.o.
Vollständiges Delir
Clomethiazol: 6–8 (max. 12) x 2 Kapseln á 192 mg p.o. pro Tag, ggf. plus
Haloperidol 3–6 x 5–10 mg p.o. oder i.v. pro Tag
Lebensbedrohliches Delir (p.o.-Therapie nicht möglich)
Diazepam: 120–240 mg i.v. pro Tag (kontinuierlich oder als Boli),3–6 x 5 (in
Ausnahmen 10) mg i.v./d + Haloperidol
Fakultativ zusätzlich Clonidin: initial 0,025 mg i.v. pro Stunde, Dosis bei
Bedarf erhöhen
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DÄ
• Abhängigkeitsspotenzial
• Keine ambulante Verordnung !
• Todesfälle bei Kombination mit Alkohol
DÄ 1997
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JAGS 2005
Die Delirschwere war in den ersten 3 Tage bei den Pat. mit
Haldolprophylaxe signifikant Esser
geringer
© 2010
Prinzipien des therapeutischen
Umgangs mit deliranten Patienten
• Engmaschige Überwachung, um Selbstgefährdung
auszuschliessen, Fixieren als „letztes Mittel“
• Ruhige, klar strukturierte Umgebung
(Orientierungshilfen, Beleuchtungsverhältnisse, etc.)
• klare und eindeutige Kommunikation (verbal/ nonverbal)
• Regulierung des Schlaf-Wach-Rhythmus
• Ausreichende Flüssigkeits- und Nahrungszufuhr
• Vermeiden einer Reizüberflutung (ICU), aber auch einer
Reizdeprivation (z.B. Beschäftigung, Mobilisierung)
• Konstante Bezugspersonen, (Sitzwache)
• Freundlicher Umgang, Vermeiden von Konfrontation
• Einbeziehen von Angehörigen
van Soest u. Wormstall: Akute Verwirrtheit (Delir) bei geriatrischen Patienten DMW 2001, 126. Jg., Nr. 28/29
Meagher, 1996 und 2001
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Am J Med. 1999;
Delir im Krankenhaus
•
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•
•
Betrifft besonders alte Menschen (> 65 J)
Ist häufigste Komplikation älterer Patienten
Erhöht Morbidität und Mortalität um ca. 30% (Prognose )
Verlängert die Krankenhausverweildauer
Erhöht die Behandlungskosten
Erhöht den Pflegeaufwand
Delirprävention gilt als Qualitätsmerkmal der Behandlung
älterer Menschen im Krankenhaus*
*Leentjes Psychosom Konsiliarpsych 2007
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Zur kontinuierlichen Überwachung von
Patienten mit deliranten Syndromen LG Köln
Urt.v. 15.08.2007 - 25 O 141/04
, * 1925, 2001 Bauch-OP
Sturz aus 3. Stock mit Todesfolge
Gutachterfeststellungen (neurol. Intensivmediziner):
Lückenhaft dokumentierte fluktuierende Bewußtseinsstörung und
Verwirrtheit
Unzureichende Dokumentation des psychopathol. Befundes auf der ICU
Keine kontinuierliche antidelirante Therapie
Unvollständige ärztliche Informationen bei Verlegung auf Normalstation
Fehlende Anordnung von Überwachungsmaßnahmen bei potentiell
lebensbedrohlichem Delir
Verurteilung wegen Organisationsverschulden
Esser © 2010
Fazit
• Das Delir mit seinen gravierenden Folgen ist gerade im Alter
Hauptrisikofaktor und stellt einen Indikator der
Behandlungsqualität dar.
• 30% bis 40% der Fälle wären vermeidbar
• Das Wissen um delir-begünstigende und -auslösende
Faktoren trägt wesentlich zur Delirvermeidung und verkürzung bei
• Risikoreduktion und Kostendämpfung
• „ein bißchen verwirrt“ ist auch im Alter ein bißchen zu viel !
(besonders, wenn neu bzw. akut aufgetreten)
Esser © 2010
Take home messages
Delir
• ...ist häufig und wird oft übersehen (daran denken !)
• ...erhöht Morbidität und Mortalität
• ...erhöht nachfolgende Demenzrate
• ...verschlechtert Prognose
• ...verlängert stationäre Behandlung
• ...erhöht die Behandlungskosten
• ...ist ein medizinischer Notfall
Esser © 2010
Vielen
Dank !
Esser © 2010
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