Peniskarzinom - Caritas Krankenhaus St. Josef

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PE N I S K A R Z I N O M Systemische Therapie fortgeschrittener
urogenitaler Krebserkrankungen
Teil III: Peniskarzinom
A. Borchardt, G. Lotter, R. Ganzer, S. Denzinger, W. Otto. Onkologische Sprechstunde der Klinik und Poliklinik für Urologie der Universität
Regensburg. Nach Harnblasen- und Prostatakarzinom steht nun die systemische Behandlung des metastasierten
Peniskarzinoms im Mittelpunkt unserer Serie zu Therapieschemata von fortgeschrittenen urologischen Tumoren. Aufgrund der Seltenheit dieses Tumors und der geringen Anzahl aussagekräftiger prospektiv-klinischer
Studien basieren die heute vorhandenen Leitlinien zur Systemtherapie des Peniskarzinoms dabei allgemein
auf niedrigem Evidenzlevel.
Das Peniskarzinom ist in Europa mit einer Inzidenz von 0,10,9/100.000 Männer/Jahr eine seltene Tumorerkrankung
vorwiegend des älteren Mannes. In den Entwicklungsländern
Südamerikas, Asiens und Afrikas stellt es im Vergleich zu den
Industrieländern allerdings aufgrund der deutlich höheren Inzidenz ein substantielles Gesundheitsproblem dar [1].
Lymphknotenstatus
5-JÜR (%)
N0
90-100
N1
80-90
N2
50
N3
0-30
Extranodale
Tumorinfiltration
< 10
Tabelle 1: Lymphknotenstatus und 5-Jahresüberlebensrate [3,4]
Patienten mit einem Peniskarzinom suchen oft erst spät
ärztliche Hilfe auf, so dass Diagnosestellung und Therapiebeginn bei bis zu 50% der Patienten verzögert werden.
Gründe hierfür sind Angst, Ignoranz, religiöse oder soziokulturelle Gründe. Durch die verspätete Diagnose wird im
Vergleich zu anderen Tumorentitäten zudem ein höherer
Anteil an fortgeschrittenen Tumorstadien gefunden. Ohne
Therapie versterben die meisten Patienten innerhalb von
2 Jahren, Spontanremissionen wurden in der medizinischen
Literatur bislang nicht beschrieben. Nach stadiengerechter,
adäquater chirurgischer Resektion des Primärtumors treten
Lokalrezidive selten auf (3%) [2], die Prognose des Patienten wird daher vornehmlich durch das Vorhandensein bzw.
das Ausmaß einer lymphogenen Metastasierung bestimmt
(siehe Tabelle 1). Patienten mit einem Peniskarzinom zeigen bei Erstdiagnose in ca. 50% palpatorisch vergrößerte
Leistenlymphknoten, die jedoch in ca. der Hälfte der Fälle entzündlich verändert sind. Dagegen finden sich bei
ca. 20% aller Patienten mit nicht vergrößerten inguinalen
Lymphknoten in Abhängigkeit vom lokalen Tumorstadium,
Differenzierungsgrad und Angioinvasion bereits okkulte
Metastasen [5]. Im Falle einer lymphogenen Metastasierung
ist die inguinale bzw. iliakale Lymphadenektomie Grundvoraussetzung einer kurativen Behandlung. Nach alleiniger chirurgischer Resektion kommt es jedoch gerade in den Stadien
pN2/3 häufig zu Rezidiven. Hierbei haben sich ein bilateraler
Lymphknotenbefall von mehr als zwei Lymphknoten, eine
extranodale Tumorinfiltration oder pelvine LymphknotenFiliae als prognostisch besonders ungünstig herausgestellt.
Bei Vorliegen großer, fixierter Lymphknotenmetastasen ist eine neoadjuvante Polychemotherapie im Sinne eines multimodalen Behandlungskonzepts vor chirurgischer
Resektion in Erwägung zu ziehen, um eine Verbesserung
der Resektabilität und somit der Prognose des Patienten zu
erzielen. In ca. 50% der Patienten kann mit einer objektiven
Remission gerechnet werden.
Aufgrund des hohen Rezidivrisikos auch nach kompletter
Tumorresektion sollte zur Verbesserung des tumorspezifischen Überlebens eine adjuvante Chemotherapie durchgeführt werden [6]. Es ist jedoch anzumerken, dass bis heute
prospektive randomisierte Phase-III-Studien fehlen, die die
Effektivität einer adjuvanten zytotoxischen Therapie belegen könnten.
Zytostatikum
Patienten
Ansprechen (%)
Literatur
Bleomycin
14
3 (21)
[7]
Methotrexat
8
3 (38)
[8]
13
8 (61)
[7]
14
3 (21)
[7]
26
4 (15)
[9]
Cisplatin
Tabelle 2: Chemotherapie mit Einzelsubstanzen
I
06 2009 JOURNAL ONKOLOGIE
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PE N I S K A R Z I N O M
Chemotherapeutische Monotherapie
Chemotherapeutika wurden am Peniskarzinom erstmals
Anfang der Siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts
im Rahmen klinischer Studien getestet und zeigten hierbei
antitumorale Wirkung mit mäßigen Ansprechraten (siehe
Tabelle 2). Die hierbei verwendeten zytotoxischen Substanzen waren in der Folgezeit Grundlage für die Entwicklung von Kombinationstherapieschemata, die auch heute
noch Verwendung finden. Aktuell spielen Monotherapien
in der Behandlung des fortgeschrittenen Peniskarzinoms
in der Regel keine Rolle mehr.
Chemotherapeutische Kombinationstherapie
Durch die Seltenheit des Peniskarzinoms sind die vorliegenden Daten zu zytotoxischen Kombinationstherapien (siehe
Tabelle 3) insgesamt limitiert, die durchgeführten Studien
weisen kleine Patientenzahlen (max. 40), unterschiedliche
Dosierungen, Indikationen und Selektionskriterien auf.
Die Kombination Vincristin/Bleomycin/MTX wurde 1988
erstmals von Pizzocaro et al. [14] neoadjuvant und adjuvant
geprüft, bei R0-Resektion konnte eine deutliche Verbesserung
des 5-Jahresüberlebens (82 vs. 37%) erzielt werden. Die Therapie konnte in der Regel ambulant durchgeführt werden, in
50% der Fälle war aber eine Reduktion der Bleomycindosis
aufgrund auftretender pulmonaler Toxizität erforderlich.
Cisplatin/5-FU wurde Anfang der Neunziger Jahre in
Studien mit sehr kleiner Fallzahl untersucht. Shamas et al.
[10] erzielten eine Remissionsrate von 25%, komplette Remissionen konnten jedoch nur durch begleitende operative
Resektion erzielt werden. Insgesamt ist die therapiebedingte
Toxizität tolerabel.
Die Polychemotherapie mit Cisplatin/Bleomycin und
MTX erzielte anfangs sehr gute Ergebnisse mit Remissionsraten bis 72% [15]. In der Folgezeit wiesen Nachfolgestudien
auch weiterhin gute Remissionsraten auf, allerdings mussten
diese Ergebnisse mit einer hohen therapeutischen Toxizität
und einer nicht unerheblichen therapiebedingten Mortalitätsrate erkauft werden [6,11].
In einem Fallbericht [12] fand sich in neuerer Zeit ein
gutes Ansprechen auf Carboplatin und Paclitaxel, weiterführende Studien zu diesem Schema liegen jedoch für das
Peniskarzinom nicht vor. Die Therapie wurde gut vertragen
(Alopezie und Parästhesie milder Ausprägung) und konnte
ambulant durchgeführt werden.
Eine weitere Therapiestudie untersuchte die Effektivität
von Irinotecan und Cisplatin [13]. Die Therapie wies ebenfalls ein annehmbares Toxizitätsprofil auf, die Ansprechrate
(30,8%) konnte im Vergleich mit älteren Polychemotherapien
aber nicht verbessert werden.
Bei Vorliegen von Fernmetastasen kann durch die gängigen Therapieschemata eine Remissionsrate von 15-32% erzielt werden, die Remissionsdauer ist aber mit ca. 6 Monaten
relativ kurz. Die Verhinderung von Komplikationen und damit
der Erhalt von Lebensqualität bei meist nur kurzer Lebenserwartung steht somit in diesen Fällen im Vordergrund. Dies
sollte bei der Auswahl des Therapieschemas mit berücksichtigt werden [6].
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JOURNAL ONKOLOGIE 06 2009
Zytostatika
Therapieschema
Zyklusdauer
Cisplatin/5-FU
Cisplatin 100 mg/m2
Tag 1
21-28
Tage
[10]
5-FU 1000 mg/m2 für
Tag 2-5
Cisplatin/MTX/
Bleomycin
Cisplatin 20 mg/m2
Tag 2-6
[11]
MTX 200 mg/m2
Tag 1,8,15
28 Tage
Bleomycin 10 mg
Tag 2-6
Paclitaxel/
Carboplatin
Paclitaxel 75 mg/m²
Tag 1
[12]
Carboplatin AUC 3
Tag 1,8,15
Cisplatin/
Irinotecan
Cisplatin 80 mg/m²
Tag 1
[13]
Irinotecan 60 mg/m²
Tag 1,8,15
Bleomycin/
MTX/Vincristin
Vincristin 1 mg
Tag 1
[14]
Bleomycin 15 mg
(6 und 24h nach
Vincristingabe)
28 Tage
28 Tage
7 Tage
MTX 30 mg Tag 3 oral
Tabelle 3: Zytotoxische Kombinationstherapien
Stellenwert molekularer Therapieansätze
Es existieren bis heute keine prospektiven, klinischen
Studien zum fortgeschrittenen bzw. metastasierten Peniskarzinom, so dass ein spezifischer molekularer Therapieansatz derzeit nicht empfohlen werden kann [16].
Fazit
Das Peniskarzinom ist nur mäßig chemotherapiesensibel,
das Ansprechen oft nur partiell und von kurzer Dauer.
In lokal fortgeschrittenen Tumorstadien ist die neoadjuvante bzw. adjuvante Chemotherapie aber ein wichtiger
Baustein eines multimodalen Behandlungskonzepts, der
den Patienten nicht verwehrt bleiben sollte.
Wird der Einsatz einer systemischen Chemotherapie
bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem bzw. metastasiertem Peniskarzinom in Erwägung gezogen, sollte man
sich jedoch der Tatsache bewusst sein, dass man es häufig
mit älteren Patienten und durch Nebenerkrankungen oftmals eingeschränkten Organfunktionen zu tun hat. Auch
sollte vor dem Hintergrund der oben beschriebenen Ansprechraten heutiger Chemotherapieregime der Lebensqualität besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden.
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PE N I S K A R Z I N O M Literatur:
1.
Dr. med. Albert Borchardt
Klinik und Poliklinik für Urologie
der Universität Regensburg
Landshuter Straße 65
93053 Regensburg
Tel.: 0941-782-3529
Fax. 0941-782-3545
e-mail: [email protected]
2.
3.
4.
5.
6.
Abstract
A. Borchardt, G. Lotter, R. Ganzer, S. Denzinger, W. Otto
7.
8.
Treatment of advanced carcinoma of the penis is
challenging while chemotherapy is not very successfull in this entity. Many substances alone or in
combination were tried since the 1970s, but number
of patients and survival rates were relatively low.
Today, combinations of certain substances are used,
e.g. bleomycin/vincristin/methotrexat, to treat metastasized penile cancer. Always age, morbidity and
prognosis of patients has to be respected in order to
offer every patient an appropriate therapy.
Keywords: penile carcinoma, morbidity, quality of life
9.
10.
11.
12.
13.
14.
15.
16.
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06 2009 JOURNAL ONKOLOGIE
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