Krebserkrankung: Vom Umgang mit der Krise und vom

Werbung
Therapie des Prostatakrebses
Dr. med. Markus Dubs, Leitender Arzt Urologie, Spital Uster
Dr. med. Georg Tscherry, Leitender Arzt Onkologie, Spital Uster
Gehalten am 30.September 2009 anlässlich der Infowoche der Krebsliga des Kantons Zürich
Zusammenfassung von Stephanie Jungmichel
Kurative Therapie des Prostatakrebses (Dr. med. Markus Dubs)
Der Prostatakrebs ist die häufigste Tumorerkrankung des Mannes. In der Schweiz werden jährlich zwischen 3000 und 3500 Neuerkrankungen verzeichnet. Nach Lungenkrebs ist Prostatakrebs die zweithäufigste Todesursache bei bösartigen Tumorerkrankungen und tritt gleich häufig auf wie Brustkrebs bei Frauen. 50-jährige Männer zeigen eine 40% autoptische Prävalenz
für Prostatakrebs, wovon aber nur 8% tatsächlich erkranken und 3% daran sterben.
Die Erkrankungsrate in der Schweiz liegt, im Vergleich zu beispielsweise Japan, höher, was
sich unter anderem vermutlich auf eine unterschiedliche Ernährungsweise zurückführen lässt.
Risikofaktoren
Definitive Risikofaktoren stellen das Alter und familiäres Auftreten dar (z.B. ist das Risiko 23fach erhöht, wenn der Vater bereits an Prostatakrebs erkrankte). Wahrscheinlich kann aber
auch eine zu fettreiche Ernährung das Risiko einer Erkrankung erhöhen. Daher wird generell
eine präventive Ernährung empfohlen, die vitaminreich und fettarm sein sollte. Dies kann aber
auch den täglichen Genuss von 1-2 Gläsern taninhaltigen Rotwein beinhalten.
Vorsorgeuntersuchung
Die Entscheidung für eine Untersuchung zur Früherkennung ist eine persönliche Entscheidung,
wozu das Gespräch mit dem Hausarzt gesucht werden sollte. Vorsorgeuntersuchungen werden
zwischen dem 50 und 70. Lebensjahr bejaht, bei einer familiären Vorbelastung sogar ab dem
45. Lebensjahr. Das wichtigste Argument für eine Vorsorgeuntersuchung ist, dass ein Tumor
nur im Frühstadium heilbar ist, d.h. solange er sich auf die Prostata begrenzt. Daher gilt das
Motto:
“ Nicht jeder früh erkannte Prostatakrebs muss behandelt werden, aber der Behandlungsdürftige muss früh erkannt werden.”
Bei einem Krebs-Vorsorgetest erfolgt eine Blutentnahme zur Bestimmung des PSA-Wertes
(Prostata-Spezifisches Antigen) und eine Abtastung der Prostata (DRU = Digital Rektale Untersuchung).
Eine Abklärung mit Arzt wird bei folgender Diagnose empfohlen:
• PSA ≥ 4,0 ng/ml
• PSA 3,0 – 3,9 ng/ml, Ratio ≤12%
• Suspekter Tatbefund
Statistiken zeigen, dass bei einem PSA zwischen 4 und 10 ca. 23% der Personen Prostatakrebs haben, welcher in 76% der Fälle aber noch auf die Prostata beschränkt ist. Bei einem
PSA zwischen 10 und 20 sind bereits 41% der Betroffenen an Krebs erkrankt. Liegt der PSAWert über 20, so muss beim asymptomatischen Patienten von einer Krebserkrankung ausgegangen werden.
Krebsliga Zürich, Moussonstrasse 2, 8044 Zürich, Tel. 044 388 55 00, Fax 044 388 55 11, [email protected], www.krebsliga-zh.ch
Im Verlauf einer europäischen Vorsorgestudie (ERSPC) zur Prostatakrebsfrüherkennung, die
vor knapp 9 Jahren begonnen wurde, konnte beobachtet werden, dass die Sterblichkeit generell um 20% und das Auftreten von Metastasen um 41% gesenkt werden konnte.
Therapie
Für eine Therapie stehen hauptsächlich zwei Möglichkeiten zur Verfügung:
1) Entfernung durch operativen Eingriff
Hierbei unterscheidet man zwischen einer offenen OP, einer roboter-assistierten laparoskopischen OP (Da Vinci) und einer laparoskopischen OP. Alle Operations-methoden zeigen die
gleich guten Resultate hinsichtlich der Kontinenz-, Erektionserhaltung und sogenannten positiven Absetzungsränder.
Das Problem der Inkontinenz nach einer vollständigen Prostata-Entfernung ist eher selten geworden und tritt nach 1 Jahr in 95% der Fälle nicht mehr auf. Allerdings kann es zu einem Verlust der Erektionsfähigkeit kommen, was sich aber medikamentös behandeln lässt. Bei einer
erektilen Dysfunktion kann auch eine sogenannte Schwellkörper-Autoinjektionstherapie angewendet werden, was im Prinzip eine einfache Behandlung durch Spritzen in den PenisSchwellkörper darstellt.
2) Bestrahlung
Nach dem 70. Lebensjahr wird eher zu einer Bestrahlungstherapie geraten. Diese kann von
aussen (Perkutane Radiotherapie) oder von innen (Brachytherapie) durchgeführt werden. Eine
Perkutane Radiotherapie erfolgt ambulant und beinhaltet circa 35 Sitzungen in 2 Monaten mit
einer Gesamtstrahlungsdosis von rund 72 Gy. Bei einer Brachytherapie werden ca. 5 mm grosse Stäbchen (Seeds) als Strahlungsquelle in die Prostata eingesetzt.
Die Bestrahlung von aussen kann verschiedene Nebenwirkungen mit sich führen, wobei die
meisten Symptome, wie vermehrtes Wasserlassen durch eine Reizung der Blase, vermehrter
Stuhldrang, Müdigkeit und Schlappheit, vorübergehend sind. Längerfristig kann die Funktion
der Schleimhaut des Enddarms beeinträchtigt werden und zu Durchfall oder Blut um Stuhl führen. Auch bei der Bestrahlung wird die Erektionsfähigkeit beeinträchtigt.
Zusammenfassend ist hervorzuheben, dass eine Früherkennung des Prostatakrebses zu einer
Verringerung der Sterblichkeit, Verbesserung der Lebensqualität und ebenfalls zu einer Kostensenkung in der Behandlung des Prostatakrebses führt.
Der Prostatakrebs bleibt auch in Zukunft ein gesundheitspolitisches Thema und erfordert die
Eman(n)zipation des Mannes. Das Bewusstsein zur Vorsorge muss gestärkt werden und eine
mögliche Krebserkrankung sollte auch in einer Partnerschaft als Thema etabliert werden.
2
Medikamentöse Therapie des Prostatakarzinoms (Dr. med. Georg Tscherry)
Symptome für ein metastasiertes Karzinom sind meist Rückenschmerzen (durch Knochenmetastasen), seltener geschwollene Beine, Husten bzw. Atemnot, Blut im Urin sowie Probleme
beim Wasserlösen bis hin zu Inkontinenz.
Um eine Metastasierung abzuklären, werden verschiedene Laboruntersuchungen durchgeführt,
wobei unter anderem der PSA-Wert bestimmt und ein Blutbild gemacht wird. Zusammen mit
einer Skelettszintigraphie kann die Diagnose einer Metastasierung gestellt werden. Weitere
Informationen liefern eine Röntgenuntersuchung, Computertomographie (für seltene Ableger in
der Leber oder Lunge) oder Magnetresonanztomographie.
1) Hormontherapie
Die Anwendung einer hormonellen Therapie ist mit folgendem Hintergrund zu verstehen: Prostatazellen sind normalerweise physiologisch abhängig von Androgenen. Das sind „männliche“
Hormone, die Wachstum, Funktion und Proliferation der Prostatazellen stimulieren. Die Hauptproduktion der Androgene erfolgt in den Hoden, ein kleinerer Teil wird in den Nebennieren hergestellt. Das wichtigste Androgen ist das Testosteron, dessen Freisetzung in den Hoden über
die Hypothalamus-Hypophysen-Achse gesteuert wird. Dabei stimuliert das im Hypothalamus
gebildete Hormon LHRH die Produktion und Freisetzung des Hormons LH in der Hypophyse.
Das über die Blutbahn transportierte LH stimuliert die Freisetzung von Testosteron im Hoden,
welches wiederum die Prostatazellen stimuliert.
Nun benötigen aber auch Prostatakrebszellen Testosteron für Wachstum und Vermehrung. Der
Entzug von Androgenen führt daher zum Absterben der Prostatakrebszellen.
Wie erfolgt der Entzug von Androgenen?
•
Eine Möglichkeit bietet die „ Chirurgische Kastration“ , bei der beide Hoden entfernt
werden.
•
Ebenso wirksam ist aber auch die „Medikamentöse Kastration“, welche die Einnahme
von LHRH-Analoga (Zoladex®, Lucrin®) beinhaltet. In diesem Fall kommt es zu einer
Überstimulierung der Hypophyse, was eine reduzierte Freisetzung von LH und später
auch LHRH zur Folge hat, sodass keine weitere Stimulation der Prostatazellen erfolgt
und sich der Krebs zurückbildet. LHRH-Analoga senken den Testosteronspiegel meist
innerhalb von 2-4 Wochen auf Kastrationsniveau. Nach der ersten Spritze von LHRHAnaloga kommt es in der Regel zu einem Anstieg des Testosteronspiegels, einhergehend mit einer Verschlechterung der Beschwerden, sodass zu Beginn die Behandlung
zusätzlich mit einem Androgenrezeptorblocker kombiniert werden muss. Circa 90% der
Patienten sprechen sehr gut auf LHRH-Analoga an. Die Wirkung dieser hormonellen
Massnahme hält im Durchschnitt 2-3 Jahre an.
•
Androgenrezeptorblocker bzw. Antiandrogene verdrängen Androgene am Rezeptor
in den Prostatazellen und blockieren damit deren Wirkung. Steroidale Antiandrogene
(z.B. Androcur®) wirken zusätzlich antigonadotrop, dh. der Testosteronspiegel sinkt ab.
Bei den nicht-steroidalen Antiandrogenen (z.B. Casodex®) bleibt der Testosteronspiegel hingegen normal oder leicht erhöht. Auf diese Weise kommt es zu weniger Nebenwirkungen und die sexuelle Funktion kann erhalten bleiben, was insgesamt zu einer
verbesserten Langzeitverträglichkeit und Lebensqualität führt.
Bei der medikamentösen oder chirurgischen Kastration bleibt trotz der Reduktion des Testosteronspiegels um 95% ein hormoneller Stimulus der Prostata durch Androgene der Nebenniere
bestehen. Deshalb könnte man chirurgische oder medikamentöse Kastration mit Antiandrogenen kombinieren, um eine komplette Androgenblockade zu erzielen. Der Überlebensvorteil
beträgt bei 5 Jahren jedoch nur 3-5%, allerdings treten auch vermehrt Nebenwirkungen auf.
3
Üblicherweise wird die LHRH-Injektion monatlich oder 3-monatlich durchgeführt. Bei einer intermittierenden Hormonblockade wird der Zeitpunkt der LHRH-Injektion anhand der PSA-Werte
bestimmt Damit erreicht man eine verlängerte Hormonempfindlichkeit und eine verbesserte
Lebensqualität.
Eine weitere hormonelle Therapiemöglichkeit stellt der Einsatz von Östrogenen dar. Dies ist
aber eher eine veraltete Behandlungsform und wird nur selten durchgeführt, da im Gegensatz
zu anderen hormonellen Therapien häufiger Herz-Kreislauf-Erkrankungen auftreten.
Aufgrund der Entwicklung von Resistenzen von Tumorzellen geht sehr häufig nach 2-3 Therapien die Wirksamkeit der hormonellen Behandlung verloren.
2) Chemotherapie
Eine Chemotherapie wird notwendig, wenn die hormonellen Therapien versagen. Von einem
Versagen spricht man, wenn es unter optimalem Androgenentzug, d.h. bei erfolgreicher hormoneller Therapie, wieder zu einem Anstieg des PSA-Wertes kommt (androgen-refraktäres
Prostatakarzinom). Trotz Versagen der Hormontherapie müssen aber weiter LHRH-Analoga
verabreicht werden, vorausgesetzt, es wurde keine Hodenentfernung durchgeführt, da der Tumor häufig heterogen ist und noch immer hormonempfindliche Zellen enthalten kann.
Eine im Jahr 2004 durchgeführte Studie (Tax-327) untersuchte die Wirkung von Docetaxel,
einem damals neueren Zytostatikum, das aus der Europäischen Eibe gewonnen wird. Es zeigte
sich, dass die Behandlung einen positiven Einfluss auf Schmerzen und Lebensqualität hatte.
Die durchschnittliche Lebenszeit konnte im Vergleich zu Mitoxantron, dem früheren Standardmedikament, um 3 Monate von 16.3 auf 19.2 Monate, bei Ansprechen des PSA-Wertes auf 20
Monate und bei einer Normalisierung des PSA-Wertes sogar auf 33.3 Monate verlängert werden.
Allerdings traten unter Docetaxel auch Nebenwirkungen auf, wie z.B. die Abnahme weisser
Blutkörperchen, womit eine erhöhte Infektionsgefahr bestand. Weiterhin litten die Patienten
vorübergehend unter Haarausfall, Nagelablösungen, Müdigkeit, Übelkeit und Durchfall. Einige
Patienten entwickelten auch periphere Ödeme.
Eine Spezialsituation stellt das entdifferenzierte Prostatakarzinom dar, das mit einem tiefen
oder normalen PSA-Wert einhergeht. Hierbei kommt es meist zu einer Metastasierung in die
Leber. Falls die Gewebeprobe einer Lebermetastase einen entdifferenzierten Tumor zeigt,
dann empfiehlt sich eine Chemotherapie mit Cisplatin und Etoposid.
Als begleitende Therapie können Bisphosphonate (Bsp. Zometa®) und Denosumab zum Einsatz kommen, um der Knochenmetastasierung entgegenzuwirken. In einer Phase-III-Studie bei
Patienten mit Prostatakarzinom und Knochenmetastasen gingen unter Zometa® die Anzahl der
Skelettkomplikationen im Vergleich zu Placebo um 22% zurück. Der Zeitraum bis zum Auftreten der ersten Skelettkomplikation wurde mit Zometa® (Zoledronsäure) um fast 5 Monate verzögert. Hierbei treten in 30% der Fälle typischerweise nach der ersten Infusion eine grippeähnliche Akute-Phase-Reaktion als Nebenwirkung auf (subfebrile Temperaturen, Abgeschlagenheit, Muskel- und Knochenschmerzen). Die Symptome bilden sich aber in aller Regel spätestens nach 48 Stunden zurück. Einige Patienten entwickeln eine Niereninsuffizienz (=Schaden)
und in seltenen Fällen kann es zu einer Kieferosteonekrose kommen.
4
Herunterladen