Fachwissenschaftliche Grundlagen

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Fachwissenschaftliche Grundlagen
Vorlesung im Wintersemester 2011/2012, Universität Landau
Roland Gunesch
9. Vorlesung
Roland Gunesch (Mathematik)
Fachwissenschaftliche Grundlagen
9. Vorlesung
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Themen heute
Teilbarkeit
Primzahlen
Es gibt unendlich viele Primzahlen
lange Lücken zwischen Primzahlen
gröÿter gemeinsamer Teiler, kleinstes gemeinsames Vielfaches
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9. Vorlesung
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Wiederholung: Induktion
Zuerst zeigen wir: Die Aussage stimmt für n
= 1.
Gegebenenfalls für einen
anderen Anfangswert.
Dieser Schritt heiÿt Induktionsanfang.
Die Aussage für n zeigen wir momentan nicht, wir setzen sie temporär
voraus und nennen sie Induktionsannahme.
Dann zeigen wir: Wenn die Aussage für n stimmt, dann auch für n + 1.
Wobei n jetzt beliebig ist.
Dieser Schritt heiÿt Induktionsschritt.
Heute werden wir eine abgewandelte Version kennenlernen.
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9. Vorlesung
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Rätsel: Ein falscher Induktionsbeweis
Was halten Sie von folgendem Induktionsbeweis? Wahr oder falsch? Wenn
falsch, wo genau?
Behauptung: Alle Pferde haben dieselbe Farbe.
Beweis: Wir zeigen per Induktion, dass in jeder Menge mit n Pferden alle
Pferde dieselbe Farbe haben. Dies zeigen wir für alle n
Induktionsanfang:
n
= 1:
∈ N.
Für jede Menge M mit 1 Pferd gilt: alle Pferde
in M haben dieselbe Farbe. Wahr.
Induktionsannahme: Wir setzen voraus, wir haben schon gezeigt, dass in
jeder Menge mit n Pferden alle Pferde dieselbe Farbe haben.
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Ein falscher Induktionsbeweis (Fortsetzung)
Induktionsschritt: Wir zeigen, dass aus der Induktionsannahme folgt, dass
in jeder Menge mit n + 1 Pferden alle Pferde dieselbe Farbe haben.
Sei M
= {P1 , P2 , . . . , Pn+1 } eine Menge von n + 1 Pferden. Dann sind die
= {P1 , P2 , . . . , Pn } und B = {P2 , P3 , . . . , Pn+1 } jeweils Mengen
Mengen A
mit n Pferden, also haben alle Pferde in A dieselbe Farbe, und alle Pferde
in B haben dieselbe Farbe.
Da P2
∈ A,
haben alle Pferde in A dieselbe Farbe wie P2 . Da P2
∈ B,
haben alle Pferde in A dieselbe Farbe wie P2 .
Also haben alle Pferde in M
= A∪B
dieselbe Farbe wie P2 .
Also gilt, dass in jeder Menge mit n + 1 Pferden alle Pferde dieselbe Farbe
haben.
Wo ist der Fehler?
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Auösung des Rätsels
Antwort: Für n + 1
=2
ist es nicht korrekt, dass P2
∈ A.
Abgesehen von dieser einen Stelle ist der gesamte Rest des Beweises
korrekt. Und selbst diese Stelle ist für alle anderen Werte von n korrekt.
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Teiler
Denition
Seien k , n ganze Zahlen. Wir sagen, die Zahl k teilt die Zahl n , geschrieben
|
k n
wenn gilt: Es gibt eine ganze Zahl m mit n
= k · m.
Dann heiÿt k ein Teiler von n .
Denition
n
heiÿt ein Vielfaches von k .
Denition
n
heiÿt durch k teilbar.
Beispiel: 5|10. Denn 10
= 2 · 5.
Frage: Wieviele Teiler hat die Zahl 7 nach dieser Denition?
Antwort: 4, nämlich die Zahlen 1, 7, -1, -7.
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Regeln für Teilbarkeit:
Regeln für Teilbarkeit: Für beliebige Zahlen n , m , k , l
∈Z
gilt:
1|n
|
n n
-1|n
-n |n
|
∧
n m
n
|1
|
n m
n
|
m n
=⇒
=⇒
n
n
=1 ∨
=m ∨
n
n
= −m
= −1
und m |l impliziert n |l
|0
0|n gilt nur dann, wenn n
|
n m
|
n m1
∧
∧
|
k l
=⇒
|
n m2
=⇒
=0
ist
|
nk ml
∀k1 , k2 ∈ Z :
n
|(k1 m1 + k2 m2 )
(Vielfachensumme)
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Primzahlen
Denition
Eine natürliche Zahl p
≥2
heiÿt Primzahl, wenn die einzigen Teiler von p
die Zahlen 1 und p sind.
Eine natürliche Zahl n
≥ 2,
die keine Primzahl ist, heiÿt zusammengesetzt
oder Nicht-Primzahl.
Denition
Wenn p |n und p Primzahl ist, dann heiÿt p ein Primteiler von n .
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Es gibt Primteiler
Satz
Jede natürliche Zahl n
≥2
besitzt einen Primteiler.
Beweis.
Beweis per vollständiger Induktion.
(Achtung: neue Variante der Beweismethode!)
Induktionsanfang:
n
= 2.
Wegen 2|2 gilt die Behauptung.
Induktionsvoraussetzung: Für
n
≥2
sei schon gezeigt: Jedes k
≤n
besitzt einen Primteiler.
(Dies heiÿt manchmal Induktionsverfahren 2. Art.)
Induktionsschritt: Zu zeigen ist, dass
n
+1
einen Primteiler besitzt.
Fall 1: n + 1 ist schon prim. Dann hat es den Primteiler n + 1.
Fall 2: n + 1 ist nicht prim. Dann hat es einen Teiler auÿer 1, n + 1.
Also n + 1
= k ·l
mit k , l
≥ 2.
Es muss gelten k , l
< n + 1.
Per Induktionsvoraussetzung hat k einen Primteiler, also p |k , also k
Dann hat n + 1 denselben Primteiler, p |(n + 1), denn n + 1
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= kl
= p · m.
= pml .
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Wieviele Primzahlen gibt es?
Wieviele Primzahlen gibt es?
Schon Euklid hat bewiesen:
Satz
Es gibt unendlich viele Primzahlen.
Beweis.
N.
Angenommen, es gäbe nur endlich viele, nämlich p1 , p2 , . . . , p
Sei
P
:= p1 · p2 . . . pN + 1.
Ist P eine Primzahl oder gibt es Teiler von P (auÿer 1 und P )?
Wir wissen schon: P hat einen Primteiler p .
Der muss eine der Zahlen p1 , p2 , . . . , p
j
j
j = 1.
N
Aus p |P und p |p1 · p2 . . . p
Deshalb ist p
j
N
j.
sein. Nennen wir ihn p
folgt p |1.
Widerspruch zur Primteilereigenschaft.
Also hatte P keinen Teiler auÿer 1 und P , ist also eine neue Primzahl.
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Sieb des Eratosthenes
Schon Eratosthenes von Kyrene (Cyrene) kannte ein Verfahren, um alle
Primzahlen bis n zu bestimmen (n ist eine beliebige natürliche Zahl).
Verfahren Sieb des Eratosthenes:
1
Schreibe die Zahlen 2, 3, . . . , n in eine Liste auf.
2
Markiere 2 (die erste Zahl in der Liste) als Primzahl, streiche alle
Vielfachen von 2.
3
Markiere 3 (die erste nicht gestrichene Zahl in der restlichen Liste) als
Primzahl, streiche alle Vielfachen von 3.
4
Markiere die erste nicht gestrichene Zahl in der restlichen Liste, als
Primzahl, streiche alle Vielfachen davon.
5
Wiederhole den vorherigen Schritt, bis am Ende der Liste
angekommen.
(Bemerkung: Nach k
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=
√
n
Schritten aufhören genügt auch.)
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Lücken zwischen Primzahlen
Die Primzahlen 2 und 3 folgen aufeinander: 3=2+1. Ansonsten ist immer
eine Lücke zwischen zwei Primzahlen (da ungerade), also eine
Nicht-Primzahl.
Manchmal eine groÿe Lücke:
Satz
Für jedes n
∈N
gibt es eine Lücke der Länge
≥n
zwischen Primzahlen.
D.h. es gibt n aufeinanderfolgende Nicht-Primzahlen in
N.
Beweis.
Die Zahlen m ! + 2, m ! + 3, m ! + 4,
. . . ,m! + m
sind alle Nicht-Primzahlen.
Dies ist eine Lücke der Länge m − 1.
Mit m
= n+1
folgt die Behauptung.
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Primfaktorzerlegung
Satz
Satz: Jede natürliche Zahl n
≥2
läÿt sich auf genau eine Weise schreiben
als
k
n
wobei p1
≤ p2 ≤ · · · ≤ pk ,
Beispiel: 45
= ∏ pi ,
i =1
,
wobei p1 p2
, . . . , pk
Primzahlen sind und k
∈ N.
= 3 · 3 · 5.
Beweis des Theorems: Siehe Warlich, S. 157.
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Primfaktorzerlegung
Derselbe Satz in etwas anderer Darstellung:
Satz
Jede natürliche Zahl n
≥2
läÿt sich auf genau eine Weise schreiben als
j
n
= ∏ piv ,
i
i =1
< p2 < · · · < pj , wobei p1 , p2 , . . . , pj Primzahlen
, , . . . , vj ∈ N. Die vi heiÿen Vielfachheiten der pi .
wobei p1
sind, j
∈N
und
v1 v2
Beispiel: 45
= 32 · 5.
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Gröÿter gemeinsamer Teiler
Denition
Für n , m
|
k n
und
∈ N heiÿt
k |m .
k
∈N
ein gemeinsamer Teiler von n und m , wenn gilt
Die gröÿte solche Zahl heiÿt der gröÿte gemeinsame Teiler.
Wir schreiben: k
= ggT(n, m).
Denition
Für n , m
∈N
heiÿt k
∈N
ein gemeinsames Vielfaches von n und m ,
wenn gilt n |k und m |k .
Die kleinste solche Zahl in
Wir schreiben: k
N heiÿt
= kgV(n, m).
das kleinste gemeinsame Vielfache.
Denition
Es gibt auch ggT und kgV von mehr als 2 Zahlen. Die Denition ist analog.
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ggT, kgV und Primfaktoren
Wenn
j
n
= ∏ piv
m
= ∏ piw
i
i =1
und
j
i =0
(ggf. mit manchen v
oder w
i
i =1
i = 0),
dann ist
j
ggT(n , m )
und
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i
i
i =1
j
kgV(n , m )
min(v ,w )
= ∏ pi
max(v ,w )
= ∏ pi
i
i =1
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i
.
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