Studie belegt Behandlungsdefizite bei Patientinnen mit Eierstock

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Eierstockkrebs:
Studie belegt Behandlungsdefizite bei Patientinnen mit Eierstock-Krebs
(HAMBURG) Patientinnen mit Eierstock-Krebs haben eine bessere Überlebenschance, wenn sie sich in Kliniken behandeln lassen, die an wissenschaftlichen Studien teilnehmen unabhängig davon, ob sie selbst im Rahmen einer klinischen Studie behandelt werden oder nicht. Dies belegt eine aktuelle Untersuchung, die Experten auf dem 55. Kongress der
Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe in Hamburg präsentieren. Die Studie belegt darüber hinaus, dass die Therapie-Ergebnisse in Deutschland - trotz
Forschritte in den letzten Jahren - das internationale Niveau noch nicht erreicht haben.
Das Langzeitüberleben von Patientinnen mit einem Ovarialkarzinom hat sich in den letzten 30 Jahren kontinuierlich verbessert. Mittlerweile wird die Hälfte der Frauen weltweit geheilt - sie
überlebt die kritische 5-Jahres-Grenze. Ursache dafür ist - neben allgemeinen medizinischen
Verbesserungen - vor allem die konsequente Weiterentwicklung der operativen und
medikamentösen Therapien im Rahmen kontrollierter klinischer Studien. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse wurden inzwischen in nationale und internationale Therapieempfehlungen
überführt.
Klinischen Studien dienen jedoch nicht nur der Optimierung und Entwicklung von
Therapiestrategien, sondern sind auch eine wichtige Form der Qualitätssicherung. Dies belegen die Untersuchungen der Organkommission Ovar der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische onkologie (AGO) der DGGG. Nur wenige Kliniken nehmen an Studien teil. In Deutschland gibt es
mehr als 1.100 Kliniken, in denen Patientinnen mit Ovarialkarzinomen behandelt werden.
Allerdings nehmen nur etwa 20 Prozent an klinischen Studien teil. Wie die Therapiequalität in den nicht teilnehmenden Zentren aussieht, ist darum weitgehend unbekannt.
Eine erste Umfrage der Organkommission Ovar der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische onkologie (AGO) im Jahr 2000 hatte ergeben, dass die Qualität der Versorgung von Patientinnen mit fortgeschrittenem Ovarialkarzinom in Deutschland heterogen und insgesamt
verbesserungs-bedürftig war. Etwa eine von fünf Patientinnen wurde damals innerhalb eines zertifizierten Studienprotokolls behandelt, d. h. sie erhielt eine dem internationalen und
nationalen Standard entsprechende Therapie. An der Befragung hatten 87 Kliniken freiwillig
teilgenommen, es wurden die Daten von 411 Patientinnen mit einem fortgeschrittenen
Ovarialkarzinom selektiert und ausgewertet. Diese Befragung hat die AGO 2002/2004 in
modifizierter Weise wiederholt. Von 478 der insgesamt 1.123 angeschriebenen Kliniken (43
Prozent) konnten die Ärzte Daten zur Versorgungsstruktur und von 156 Kliniken (14 Prozent) Daten zur Therapiequalität erheben.
In der Umfrage zur Therapiequalität analyisierten die Forscher die Daten aller Patientinnen, die im dritten Quartal 2001 wegen eines fortgeschrittenen Ovarialkarzinoms an den teilnehmenden
Zentren behandelt wurden. Die Überlebensdaten wurden bis heute erfasst. Insgesamt konnten die Ärzte die Daten von 476 Patientinnen auswerten. Dies entspricht in etwa einem Drittel aller Patientinnen mit fortgeschrittenem Ovarialkarzinom, die in diesem Quartal behandelt wurden.
Damit sind die Ergebnisse dieser Erhebung hoch repräsentativ für Deutschland.
Die Behandlung muss besser werden
Die Untersuchung belegt, dass sich die Behandlungsqualität im Vergleich zu den Umfrageergebnissen aus dem Jahr 2000 insgesamt verbessert hat. Dennoch sehen die
Experten weiterhin Optimierungsbedarf. Dies betrifft sowohl die operativen Leistungen als auch
die Chemotherapie. Nur bei 34 Prozent der Patientinnen konnten die Ärzte den Tumor vollständig entfernen - in anderen Industrienationen gelingt dies bei der Hälfte der Frauen. Und während in anderen Ländern die Chemotherapie nach der Operation ein Standardverfahren ist
- alle Patientinnen bekommen sie - verordnen die deutschen Mediziner diese Therapie nur drei
Viertel der Frauen. Der Anteil der Patientinnen, die in Studien behandelt werden, ist in etwa
gleich geblieben. Er liegt indes deutlich höher als bei Brustkrebs-Patientinnen, von denen
gerade einmal zwei Prozent im Rahmen von Studien behandelt werden.
In welche Klinik? Eine lebenswichtige Entscheidung.
Die größtmögliche Chance auf optimale Behandlung finden betroffene Frauen in einer Klinik, die an klinischen Studien teilnimmt: Lässt sich eine Patientin in einer Klinik, die sich nicht an klinischen Studien beteiligt, behandeln, so ist ihr Risiko, innerhalb von 2 Jahren an ihrer
Erkrankung zu versterben, um 60 Prozent höher im Vergleich zu einer Behandlung in einer Studienklinik. Dies gilt unabhängig davon, ob die Patientin selbst im Rahmen einer klinischen Studie behandelt wird oder nicht. Im Vergleich hierzu von untergeordneter Bedeutung, aber
dennoch wichtig, ist auch der Versorgungstyp der Institution: So bietet die Behandlung in einer
Universitätsklinik, einem Krankenhaus der Maximal- oder Zentralversorgung bessere
Überlebenschancen als die Behandlung in einem Haus der Schwerpunkt- oder Grund- und
Regelversorgung. Appell an die Arztkollegen. Daher fordern die Experten der AGO ihre Kollegen
auf, die heute geltenden Standards (www.ago-online.de und www.eierstock-krebs.de)
umzusetzen und sich an den Therapiestudien zu beteiligen.
"Wir rufen zur freiwilligen Selbstkontrolle und zur Teilnahme an unserem
Qualitätssicherungsprogramm auf", so Professor Jacobus Pfisterer von der Frauenklinik der Universität Kiel.
"Die AGO werde sich", so Pfisterer weiter, "dafür einsetzen, dass die Kosten für die Qualitätssicherung langfristig von den Kostenträgern übernommen werden." Als wichtigen Schritt zur Qualitätssicherung bezeichnen die Experten die neue Fachweiterbildung gynäkologische 0nkologie, die bereits in anderen europäischen Ländern existiert und deren Einführung der Deutsche Ärztetag im vergangenen Jahr beschlossen hat. "In Ländern, in denen die Subspezialität Gynäkologische 0nkologie bereits etabliert ist, haben
Frauen, die von diesen Fachärzten behandelt werden, ein im Mittel um 30 Prozent niedriges Risiko an ihrem Ovarialkarzinom zu versterben, als wenn sie von nicht spezialisierten Ärzten behandelt werden" erklärt Pfisterer.
HINTERGRUND - OVARIALKARZINOM
Mit einer Inzidenz von 12,8 / 100.000 ist das Ovarialkarzinom die sechsthäufigste http://www.mensch-und-krebs.de/modules.php?op=modload&name=PagEd&file=index&printerfriendly=2&page_id=64
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Krebserkrankung der Frau. In Deutschland erkranken etwa 8.400 Frauen jährlich an einem bösartigen Tumor der Eierstöcke. Mit zunehmendem Alter steigt die Inzidenz des Ovarialkarzinoms bis auf 54 / 100.000 an.
Die Prognose des Ovarialkarzinoms ist in erster Linie abhängig vom Stadium der Erkrankung zum Zeitpunkt der Erstdiagnose. Wird das Ovarialkarzinom in einem lokal begrenzten Stadium
(Stadium I) erkannt, liegt die Fünfjahres-Überlebensrate bei 80-90%. Im Stadium II beträgt die Fünfjahres-Überlebensrate 50-60%, im Stadium III und IV sind die Ergebnisse noch schlechter.
Etwa drei Viertel der Fälle werden erst in den fortgeschrittenen Stadien III und IV diagnostiziert, da keine charakteristischen Frühsymptome auftreten und bisher kein Screening für Eierstockkrebs etabliert ist.
Zur Diagnostik des Ovarialkarzinoms dient die gynäkologische Untersuchung in Verbindung mit bildgebenden Verfahren wie beispielsweise transvaginalem Ultraschall, eventuell in Verbindung
mit Blutuntersuchungen des Tumormarkers CA-125.
Zwei Drittel der Patientinnen mit fortgeschrittenem Ovarialkarzinom können nicht geheilt werden. Im Jahr 1998 starben in Deutschland 6.027 Frauen an einem Ovarialkarzinom. Das
Ovarialkarzinom ist somit in Relation zur Anzahl der Erkrankten die führende Todesursache unter den gynäkologischen Tumoren.
Die Primärtherapie des Ovarialkarzinoms besteht aus einer möglichst vollständigen Entfernung des Tumorgewebes. Standard ist heute die Längsschnitt-Laparatomie mit dem Ziel der
vollständigen Tumorentfernung bzw. einer maximalen Größe der Resttumoren von weniger als 1cm. Je weniger Resttumor verbleibt, desto besser ist die weitere Prognose. Anschließend an die Operation wird fast immer eine Chemotherapie durchgeführt. Konnte der Tumor vollständig entfernt werden, so spricht man von einer "adjuvanten" Chemotherapie, deren Ziel die Heilung
ist. Bei verbleibenden Tumorresten soll die Chemotherapie die Tumormasse verkleinern und die
Überlebenszeit verlängern. Kann keine Heilung erzielt werden, so bezeichnet man dies als "palliative" Chemotherapie.
Die Einführung der Platinverbindungen in das chemotherapeutische Arsenal gegen Eierstockkrebs reduzierte die Morbidität und die Mortalität von Patientinnen mit fortgeschrittener Erkrankung deutlich. Seit Ende der Achtziger Jahre werden daher die
Platinderivate als Standard-Chemotherapeutika in dieser Situation betrachtet. Bis vor wenigen
Jahren stellte die Kombinations-Chemotherapie aus einem Platinderivat mit einer alkylierenden
Substanz die beste therapeutische Option dar. Heute wird die Kombination von Carboplatin mit
Paclitaxel als Standard für die First-line-Therapie des fortgeschrittenen Ovarialkarzinoms
angesehen. In aktuellen klinischen Studien wird derzeit überprüft, ob die Addition einer dritten Substanz zu dieser Zweierkombination in bestimmten Situationen die Prognose verbessern
kann.
Zwei Drittel der Patientinnen erleiden ein Rezidiv oder sprechen nicht auf die Chemotherapie
mit Platin/Paclitaxel an. Für Patientinnen mit fortschreitender Erkrankung während der First-lineTherapie oder einem Rezidiv innerhalb des ersten halben Jahres nach Abschluß der Primärbehandlung (Platin-refraktäre Patientinnen) stehen nur noch wenige therapeutische Optionen zur Verfügung. Eine Operation ist nicht sinnvoll und eine erneute Platintherapie sowie eine andere Kombinations-Chemotherapie erbringen keinen Vorteil. So wird in dieser Situation
eine Mono-Chemotherapie durchgeführt. Patientinnen, die nach mehr als 6 Monaten ein Rezidiv nach ursprünglich erfolgreicher Chemotherapie erleiden (Platin-sensible Patientinnen), sprechen
in der Regel auf eine Wiederbehandlung mit Platin und Paclitaxel an. Alternativ kann hierzu
auch die Kombination Carboplatin und Gemcitabine verwendet werden. Ob diese
Kombinationsbehandlungen weiter optimiert werden können, wird derzeit in klinischen Studien überprüft.
Detaillierte Informationen zu Diagnose und Therapie sind in den "Kurzgefassten
Interdisziplinären Leitlinien für malignen Ovarialtumoren" der Deutschen Krebsgesellschaft und der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe aufgelistet. Diese sind im Internet unter www.eierstock-krebs.de und www.ago-online.de abrufbar.
Pressestelle: ProScience Communications Die Agentur für Wissenschaftskommunikation GmbH Barbara Ritzert · Valerie Neher während der Tagung: Congress-Centrum Hamburg · Saal 18 · Fon: 040/808037-5351
Andechser Weg 17 · 82343 Pöcking; Fon: 08157/ 9397-0 · Fax: 08157/9397-97
[email protected]
Weitere Informationen finden Sie unter:
www.dggg.de
Aktualisiert Mittwoch, 15. September 2004 Autor: Pressemitteilung Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften, 15.09.2004 9626 Mal gelesen
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