Abstract_Brockmeyer

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Virushepatitis und HIV-Nebenwirkungsmanagement 2006:
Schlüssel für den langfristigen Therapieerfolg
„Dermatologie“
A. Potthoff, N. H. Brockmeyer, Klinik für Dermatologie und Allergologie, RuhrUniversität, Gudrunstr. 56, 44791 Bochum
Zu Anfang der HIV-Behandlung waren Sulfonamid-assoziierte Nebenwirkungen führend, die
vom makulopapulösem Arzneimittelexanthem bis zur toxischen epidermalen Nekrolyse
reichen konnten. In der Ära der antiretroviralen Medikamente finden sich den einzelnen
Gruppen zuzuordnende, gehäuft auftretende Nebenwirkungen.
Unter dem immer häufiger eingesetzen NRTI Abacavir tritt bei ca. 5% der Patienten eine
Hypersensitivitätsreaktion (HSR) auf. Die HSR ist eine potentiell lebensbedrohliche Reaktion,
die neben einem Exanthem mindestens ein anderes Organ betrifft und häufig mit
Blutbildveränderungen oder Lymphknotenschwellungen einhergeht. 93% treten in den ersten
6 Wochen der Therapie auf. Die HSR erfordert eine sofortiges Absetzen von Abacavir. Eine
Reexposition ist kontraindiziert. Es wurden Assoziationen mit HLA-B5701 gesehen. Diese
Erkenntnis soll ggf. zukünftig als prognostischer Faktor genutzt werden. Unter Zidovudin
wurden gehäuft Hyperpigmentierungen beobachtet, die oft irreversible auch nach Absetzen
sind.
Die Entscheidung, ob bei NNRTI oder PI-assoziierten Hautveränderungen ein Ab- und
Umsetzen der Therapie notwendig ist, kann schwierig sein. Einerseits ist oft unter
Glucokortikoiden (1-2mg/kgKG in absteigender Dosierung plus Antihistaminika) ein
„Durchtherapieren“ möglich, andererseits sind schwere Formen der Arzneimittelreaktion bis
hin zur toxischen epidermalen Nekrolyse beobachtet worden. Kriterien zum dringenden
Therapieabbruch sind Nieren- oder Lebertoxizität, sowie eine Schleimhautbeteiligung (z.B.
Erosionen der Mundschleimhaut, blutige Krusten im Lippenbereich, Blepharitis, Balanitis
oder Vulvitis). Durch Einschleichen von Viramune (1xtgl. 200mg über 2 Wochen) kann das
Risiko und die Schwere eines Arzneimittelexanthems reduziert werden. Die klassische
Allergiediagnostik z.B. mit Prick- oder Rast-Test ist bei antiretroviralen Medikamenten nicht
etabliert, so daß häufig anhand der Anamnese die reaktionsauslösende Substanz ermittelt
werden muß. In Einzelfällen kann eine Hyposensibilisierung erwogen werden.
Therapieleitlinien bestehen hierzu nicht.
Die dermatologische Nebenwirkungen der Proteaseinhibitor werden häufig als retinoid-artig
beschrieben. Eine intensive Hautpflege kann der Hauttrockenheit entgegegenwirken.
Insbesondere unter Indinavir treten Paronychien, Haarveränderungen und Xerosis cutis auf.
Im Rahmen der Hyperlipidämie werden eruptive Xanthome, Angiolipome und Lipodystrophie
beobachtet. Therapeutisch ist ein Umsetzen der Therapie zu erwägen. Unter Lopinavir und
Ritonavir auftretende akneiforme Veränderungen sind häufig therapieresistent.
Die häufigsten kutanen Nebenwirkungen des Fusionsinhibitors Enfuvitide (T20) und der
Interferone sind Reaktionen an der Injektionsstelle (injection side reaction, ISR). Häufig kann
durch eine intensive Schulung der Injektionstechnik, benutzen einer frischen Kanüle nach
dem Aufziehen der Lösung und Wechsel der Lokalisation eine Besserung erreicht werden.
Lokale Steroide und physikalische Maßnahmen (Kälte, Wärme, Massage) wurden im
Einzelfall erfolgreich eingesetzt.
Die beschriebenen kutanen Nebenwirkungen von Ribavirin (z.B. Pruritus, Urtikaria, Ekzem)
scheinen bei HCV/HIV Koinfizierten gehäuft aufzutreten. Ein Absetzen der Therapie ist nur
selten notwendig. Durch Einsatz lokaler oder systemischer Steroide in Kombination mit
Antihistaminika ist die ohnehin zeitlich begrenzte Therapie in der Regel bis zum Ende
durchführbar.
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