Einleitung - Sterne und Weltraum

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Einleitung
Leben im Treibhaus – der privilegierte Planet Erde
Die Erde ist der einzige Planet unseres Sonnensystems, auf dem sich Leben entwickeln und dauerhaft etablieren konnte. Unsere Atmosphäre, die sich vor anderen Planetenatmosphären grundlegend durch ihren hohen Sauerstoffanteil
auszeichnet, wird in ihrer Zusammensetzung von einer komplexen Biosphäre
beeinflußt, deren Evolution unmittelbar in Wechselwirkung mit derjenigen
unserer Lufthülle erfolgte. Die irdische Atmosphäre ist die einzige unseres Sonnensystems, die Leben ermöglicht und ihrerseits durch die Lebensvorgänge auf
der Erde geprägt ist.
Sie entstand wie die Atmosphären unserer Nachbarplaneten Venus und Mars
durch Ausgasen des flüssigen Planetenkörpers, wobei wie bei heutigen vulkanischen Exhalationen Wasserdampf (H2O) und Kohlendioxid (CO2) die wichtigsten Komponenten waren. Im Gegensatz zu den anderen Planeten umkreist
die Erde die Sonne aber gerade in dem „richtigen“ Abstand, bei dem Wasser in
flüssiger Form bestehen kann. So konnte der Großteil des ausgegasten Wasserdampfes kondensieren und sich in den irdischen Ozeanen ansammeln. Diese
wiederum bildeten ein ideales Lösungsmittel für CO2 , das durch chemische
Prozesse in Calcium- und Magnesiumcarbonat umgewandelt und als Sediment
abgelagert wurde.
Deshalb ist die Erde mit ihren Ozeanen, damit Wasserkreislauf aus Verdunstung, Niederschlag und Abfluß, Erosion und Freisetzung mineralischer Nährstoffe, der für biologische Aktivität privilegierte Planet unseres Sonnensystems
schlechthin: Venus kreist näher an der Sonne und hatte von Anbeginn an so
hohe Oberflächentemperaturen, daß sich nie ein Ozean bilden konnte. Somit
konnte sich alles im Laufe der Zeit ausgegaste CO2 in der Gashülle anreichern
und eine CO2-Atmosphäre von 90 bar Gesamtdruck aufbauen, was wiederum zu
einem gigantischen Treibhauseffekt und entsprechend mörderischen Oberflächentemperaturen von etwa 735 K (462 °C) führte. Der in größerem Abstand
von der Sonne kreisende Mars ist mit einer mittleren Oberflächentemperatur
von 220 K (–53 °C) hingegen so kalt, daß sich größere Wassermengen allenfalls
als Eis hätten akkumulieren können.
Die Ozeane wirkten einerseits stabilisierend auf das irdische Klima, andererseits waren sie die Voraussetzung dafür, daß sich überhaupt Leben auf unserem
Planeten entwickeln konnte. Es gilt als gesichert, daß das Leben im Wasser entstanden ist und daß der freie Sauerstoff in unserer heutigen Atmosphäre, der
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immerhin einen Volumenanteil von fast 21% ausmacht, im Laufe der Erdgeschichte als Nebenprodukt bei der Photosynthese von irdischer Biomasse entstanden ist und somit eine direkte Folge des Lebens darstellt.
Aber nicht nur der atmosphärische Sauerstoff ist ein Produkt biologischer
Aktivität. Mikroorganismen im Erdboden und im Meer produzieren durch ihren
Stoffwechsel ungeheure Mengen gasförmiger Substanzen, die an die Atmosphäre abgegeben werden, etwa Distickstoffoxid (N2O), Methan (CH4) oder
Methylchlorid (CH3Cl). Andererseits nimmt die Biosphäre Substanzen aus der
Atmosphäre auf, vor allem CO2 , H2O und Stickstoffverbindungen. Tatsächlich
fließen außer den Edelgasen alle atmosphärischen Konstituenten über globale
Stoffkreisläufe durch die Biosphäre. Unsere Atmosphäre ist somit weitgehend
das Produkt biologischer Prozesse auf der Erde, also eine Folge des Lebens.
Die Atmosphäre wiederum stellt für die Biosphäre geradezu ideale Klimabedingungen bereit, sie ist gleichsam wie ein Treibhaus, das die benötigte
Sonnenstrahlung ohne das in größerer Höhe durch Sauerstoff und Ozon absorbierte schädliche Ultraviolett eintreten läßt, die thermische Ausstrahlung
jedoch vermindert. Dies geschieht durch die „Treibhausgase“ H2O, CO2 , Ozon
(O3), N2O und CH4 (in der Reihenfolge ihrer Wichtigkeit), welche einen Teil der
von der Erde emittierten thermischen Strahlung absorbieren und entsprechend
ihrer Temperatur reemittieren. Durch diese „atmosphärische Gegenstrahlung“
erhält die Erde somit Energie zurück und kann eine höhere Gleichgewichtstemperatur aufrechterhalten als dies ohne die Treibhausgase der Fall wäre. Für die
Erde macht der natürliche Treibhauseffekt immerhin etwa 33 °C aus, und die
globale Mitteltemperatur liegt bei +15 °C. Ohne die in der Lufthülle enthaltenen
Treibhausgase wäre es mit –18 °C so kalt auf der Erde, daß sich das Leben wohl
kaum hätte entwickeln können.
Die irdische Atmosphäre, das Luftmeer, auf dessen Grunde wir leben, ist ein
Gasgemisch, das neben den Hauptbestandteilen Stickstoff und Sauerstoff eine
Vielzahl von Spurengasen enthält. Dieses Gasgemisch an sich wäre reaktionsträge und somit von geringem chemischen Interesse, würde es nicht im Wechsel
von Tag und Nacht und im Rhythmus der Jahreszeiten von der Sonne bestrahlt.
Die Sonnenstrahlung, insbesondere ihr energiereicher kurzwelliger Anteil, vermag die meisten Konstituenten des atmosphärischen Gasgemisches in ihre
Bestandteile zu spalten. Durch diesen photochemischen Prozeß, den man als
„Photolyse“ oder „Photodissoziation“ bezeichnet, entstehen äußerst reaktive
Substanzen (Radikale), die wichtige chemische Reaktionsketten auslösen.
Der wohl wichtigste photochemische Prozeß in unserer Atmosphäre ist die
Bildung von Ozon (O3), der dreiatomigen Form des Luftsauerstoffs. Der normale Sauerstoff besteht aus O2 , zwei miteinander verbundenen Sauerstoff-Atomen.
Unter Einwirkung der Ultraviolettstrahlung (UV) der Sonne wird ein Teil des
Luftsauerstoffs O2 gespalten, und die gebildeten Sauerstoffatome können sich
mit zweiatomigen Sauerstoffmolekülen zum dreiatomigen Ozon verbinden. Die
hieraus resultierende atmosphärische Ozonschicht ist für uns in zweifacher
Hinsicht von großer Bedeutung. Zum einen schirmt sie die gefährliche UVStrahlung der Sonne ab, welche ohne diesen Filter alles Leben auf dem Festland
auslöschen würde. Zum anderen bewirkt die Energie dieser in der Höhe absorbierten Strahlung dort eine beachtliche Erwärmung, was zur Bildung einer
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breiten warmen Höhenschicht mit einem Temperaturmaximum in etwa 50 km
Höhe führt, die ebenfalls einmalig im Sonnensystem ist.
Durch photochemische Prozesse werden aus Substanzen wie N2O, CH4 und
CH3Cl, die von der Biosphäre abgegeben werden, in der Atmosphäre Radikale
gebildet, die ihrerseits die Ozonphotochemie beeinflussen. Somit wird durch
natürliche biologische Prozesse nicht nur die Ozonschicht sondern auch der globale Treibhauseffekt und damit das Klima gesteuert, denn neben N2O und CH4
gehört auch Ozon zu den wichtigen Treibhausgasen.
Das Leben im irdischen Treibhaus steuert somit ein gekoppeltes System, welches neben der Lufthülle auch die Erdkruste, die Ozeane und das Festland mit
der Biosphäre umfaßt. Die Stoffverteilung in diesem System wird durch die
Wechselwirkung biologischer und geochemischer Kreisläufe (biogeochemischer
Kreisläufe) bestimmt, welche nach sehr unterschiedlichen Zeitskalen ablaufen.
Die Zeitskalen der biologischen Kreisläufe reichen von einigen Monaten bis zu
einigen hundert Jahren. Diese Zyklen können daher auch durch menschliche
Aktivitäten über vergleichbare Zeiträume beeinflußt werden, etwa durch Luftverschmutzung, Waldvernichtung oder landwirtschaftliche Praktiken.
Die Zeitskalen der geochemischen Kreisläufe, welche die Sedimentbildung,
Verwitterung und Wiederfreisetzung in die Atmosphäre umfassen, betragen
Jahrmillionen und mehr. Solche Kreisläufe sind sicher nicht innerhalb geschichtlicher Zeiträume umzusteuern. Der Mensch greift aber massiv in diese
Kreisläufe ein, indem er Kohle-, Erdöl- und Erdgasvorräte, zu deren Bildung
viele Millionen Jahre erforderlich waren, innerhalb weniger Jahrzehnte verbrennt.
Das irdische Treibhaus hat sich über mehr als 4 Milliarden Jahre in enger
Wechselwirkung mit der biologischen Evolution entwickelt. Der Mensch als
höchste Form dieser Evolution – oder Krone der Schöpfung – ist im Begriff, die
Eigenschaften dieses Treibhauses massiv zu verändern, indem er Schadgase
emittiert, fossile Energieträger verbrennt und Wälder vernichtet. Hieraus resultierende Veränderungen der Umweltbedingungen, insbesondere des globalen
Klimas, sind heute bereits klar erkennbar. Sie werden sich weiter verstärken,
wenn es nicht gelingt, das Ausmaß der anthropogenen Störungen massiv zurückzufahren – mit unabsehbaren Konsequenzen hinsichtlich der Lebensbedingungen auf unserem privilegierten Planeten.
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