I. Thema Seit 2003 stellt die AKP mit ihrem Vorsitzenden Recep

Werbung
Claudia Schnatsmeyer
Die Regierung Erdogan – politischer Islam, gesellschaftlicher und institutioneller Wandel
in der Türkei im Spiegel deutscher Medien.
I. Thema
Seit 2003 stellt die AKP mit ihrem Vorsitzenden Recep Tayyip Erdogan die türkische Regierung. In
dieser Zeit hat die Türkei einen großen gesellschaftlichen, institutionellen und politischen Wandel
erfahren. Gesellschaftliche haben sich eine neue islamisch-konservative1 sowie eine säkular-liberale
Elite gebildet. Außenpolitisch wie internationale hat die Türkei ihren Einfluss gestärkt. Wirtschaftliches Wachstum und innere Sicherheit, durch die Beschränkung der Rechte des Militärs und der
teilweisen Befriedung des Kurdenkonflikts haben innenpolitisch zu mehr Stabilität geführt. Seit
2005 hat für die Türkei der EU-Beitrittsprozess begonnen, in dessen Zuge tiefgreifende Reformen
umgesetzt wurden.
Zunehmend verliert Erdogan jedoch an politischer Macht. Aufgrund seines autoritären Regierungsstils, teils undemokratischen getroffenen Entscheidungen und einer rigiden Medienpolitik hat er
sich viele Gegner geschaffen. Seine international wie national inädaquaten Äußerungen werden
auch aus den eigenen Reihen kritisiert.
Seit Mai 2013 folgten zudem massive Proteste, die sich gegen die Politik der AKP sowie gegen
Erdogan selbst richteten. Aus einer relativ heterogenen2 Gruppe von Demonstranten entstand innerhalb kürzester Zeit ein Gemeinschaft von politisch Aktiven. Möglicherweise etabliert sich diese
Protestbewegung nun als neuer parteipolitischer Akteur3. Seit Ende 2013 muss sich Erdogan außerdem zu Korruptionsvorwürfen gegen seine Regierung rechtfertigen. Zudem hat sich ein seit Jahren
schwelender politischer Machtkampf zwischen der AKP und der Fethullah Gülen-Bewegung zugespitzt.4
Wie werden sich diese Entwicklungen auf die nächsten Präsidentschafts- und Kommunalwahlen
2014 auswirken? Wird damit eine Ära Erdogan zu Ende gehen? Was bedeutet dies für die Entwicklung der türkischen Gesellschaft?
1
Seufert, Günter (2013): Demonstrationswelle in der Türkei. Erdoğan hat den Zenit seiner Macht überschritten. Reihe
SWP-Aktuell Stiftung Wissenschaft und Politik. Deutsches Institut für Internationale Politik und Sicherheit. Quelle:
http://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2013A38_srt.pdf (letzter Zugriff 28.01.2014) S.2 ff.
2
Bisher scheint umstritten zu sein, ob diese Protestbewegung mehrheitlich aus der säkularen-liberalen Gesellschaft oder
tatsächlich eine breiteren und vielfältigeren Bevölkerungsgruppe entstammen. Siehe dazu Quelle:
http://de.qantara.de/content/interview-mit-cengiz-aktar-der-verlust-der-moralischen-autoritat;
http://de.qantara.de/inhalt/interview-mit-lale-akguen-eine-tickende-bombe-im-hause-erdogan;
http://de.qantara.de/inhalt/interview-mit-dem-tuerkischen-theologen-ihsan-eliacik-mit-dem-koran-fuer-soziale (letzter
Zugriff 19.02.2014)
3
Derzeit ist umstritten, ob sich aus dieser Protestbewegung auch eine neue Partei als politische Alternative etablieren
kann. vgl. Dufner, Ulrike: Türkische Protestierende: Nicht Marx, nicht Atatürk und auch nicht Allah. Quelle:
http://www.boell.de/de/2013/06/10/tuerkische-protestierende-nicht-marx-nicht-atatuerk-und-auch-nicht-allah (letzter
Zugriff 28.01.2014)
4
vgl. Seufert, Günter: Der Machtkampf mit Gülen schwächt Erdogan. Quelle: http://de. qantara.de/print/17383 (Zugriff
28.01.2014)
II. Fragestellung
Die wirtschaftliche wie politische Bedeutung der Türkei für Deutschland wächst seit Jahren stetig.
Die gravierenden Veränderungsprozesse in der Türkei und die Aufnahme von EUBeitrittsverhandlungen, haben ein wachsendes Interesse entstehen lassen. Äquivalent dazu steigt die
Anzahl der Medienberichte aber auch die der wissenschaftlichen Rezeption. Dennoch sind die
Kenntnisse zur Türkei in der deutschen Öffentlichkeit gering, Meinungen häufig wenig differenziert
oder gar von Vorurteilen geprägt.5
Die vorliegende Arbeit geht der Frage nach, welches Bild von der Türkei sich seit der Regierungszeit Erdogans in den deutschen Medien entwickelt hat. Wie haben die deutschen Medien die rasanten gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen des Landes begleitet, gedeutet und kommentiert? Zu welcher Zeit wurde wie über Erdogan und in welchen Kontexten berichtet? Welche Spezifika oder Themenschwerpunkte lassen sich daraus erkennen? Wie lassen sich diese erklären? Wie
wurde Erdogan als Politiker, als Person gesehen? Hat sich dadurch das Türkeibild verändert?
III. Untersuchungsgegenstand und Methode
Die Arbeit schließt mittels einer Medieninhaltsanalyse von deutscher überregionaler Presse an
die bereits bestehende Forschung zum Türkeibild an.6 Die Berichterstattung soll seit 1998 und bis
zum Herbst 2014 nach der Präsidentschaftswahl untersucht werden.
Durch die sich ergänzende Anwendung quantitativer (Häufigkeitsverteilungen, Korrelationen) und
qualitativer (Frames, Stereotype, Metaphern) Methoden soll eine möglichst dichte Analyse des rela-
5
Zur Problematik eines zeitgemäßen Türkeibild in der deutschen Gesellschaft siehe auch http://www.stiftungmercator.de/T%C3%BCrkeistudien (letzter Zugriff 28.01.2014)
6
Zum Türkeibild in der deutschen Presse: Alkan, Mustafa Nail (1994): Die Perzeption der Türkei im Spiegel der westdeutschen Presse von 1960 bis 1971. Bonn; Quandt, Siegfried (1995): Die Darstellung der Türkei, der Türken und Kurden in deutschen Massenmedien. Gießen; Gür, Gürsel (1998): Das Türkeibild in der deutschen Presse unter besonderer
Berücksichtigung der EU- Türkei- Beziehungen: eine Inhaltsanalyse für den Zeitraum 1987-1995. Frankfurt am Main.
Inescu, Günel (2014): Ankara, Bonn, Brüssel. Die deutsch - türkischen Beziehungen und die Beitrittsbemühungen der
Türkei in die Europäische Gemeinschaft, 1959 –1987. Bielefeld.
Zum Diskurs über den Beitritt der Türkei in die EU im Spiegel der deutschen und teils europäischen Presse im Vergleich, hauptsächlich im Zeitraum von 1997 bis 2004: Carnevale, Roberta; Ihrig, Stefan; Weiß, Christian (2005): Europa am Bosporus (er-) finden? Die Diskussion um den Beitritt der Türkei zur Europäischen Union in den britischen,
deutschen, französischen und italienischen Zeitungen. Frankfurt am Main (Europäische Hochschulschriften, 510).
Wimmel, Andreas (2006): Transnationale Diskurse in Europa. Der Streit um den Türkei-Beitritt in Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Frankfurt am Main; Kücük, Bülent (2008): Die Türkei und das andere Europa. Phantasmen
der Identität im Beitrittsdiskurs. Bielefeld; Madeker, Ellen (2008): Türkei und europäische Identität. Eine wissenssoziologische Analyse der Debatte um den EU-Beitritt. Wiesbaden. Walter, Jochen (2008): Die Türkei - 'Das Ding auf der
Schwelle'. (De-) Konstruktionen der Grenzen Europas. Wiesbaden. Zschache, Ulrike (2008): Europa im Mediendiskurs.
Die Auseinandersetzung um den Beitritt der Türkei zur Europäischen Union in der deutschen Presse. Saarbrücken.
Zum Beitrittsdiskurs in den Parlamentsdebatten: Paasche, Silke (2007): Europa und die Türkei. Die Konstruktionen
europäischer Identität in deutschen und französischen Parlamentsdebatten. Saarbrücken; Ermagan, Ismail (Hg.) (2010):
Die Europäische Union und der Beitritt der Türkei. Positionen türkischer Parteien und der Parteien im Europäischen
Parlament. Berlin; Ozan, Didem (2010): Parteiliche Kommunikation am politischen Wendepunkt. Der EU-Beitritt der
Türkei in deutschen und türkischen Parlamentsdebatten. Wiesbaden.
tiv großen Zeitraums ermöglicht werden. Ergänzend werden mittels einer Frameanalyse Kontextualisierungen und Diskursverbindungen von Medienbildern aufgezeigt und systematisch rekonstruiert.
IV. Theoretisches Konzept
Die vorliegende Arbeit basiert in ihrem Forschungsansatz auf der Theorie zur politischen Dimension der Auslandsberichterstattung, die auf mehreren Ebenen ansetzt.7 Um in der Deutung von Auslandsbildern eine größtmöglichste Objektivität zu erlangen, werden sowohl die Ebene des Medientextes als auch die Makroebene des Wirkung- und Entstehungszusammenhangs zwischen Medien, Politik und Gesellschaft berücksichtigt. Dabei kommen kommunikations-, politik- sowie kulturwissenschaftliche Theorien in der Analyse zum Tragen. Ziel ist es Auslandsbilder in ihrer Struktur und ihrem gesamtgesellschaftlichen Kontext zu erfassen und so mögliche Interpretationsalternativen aufzuzeigen.
7
Vgl. Hafez, Kai (2002): Die politische Dimension der Auslandsberichterstattung; Bd. 1: Theoretische Grundlagen.
Bd. 2: Das Nahost- und Islambild der deutschen überregionalen Presse. Baden-Baden.
Herunterladen