12.1 Sinusförmige Wechselspannung Die elektromagnetische Induktion ist eine der Grundlagen unserer technischen Zivilisation. Der Strom, der aus der Steckdose kommt, ist bekanntlich ein Wechselstrom. Die ihn verursachende Wechselspannung wird in dem Generator eines Kraftwerks durch einen Induktionsvorgang hervorgerufen. Im Folgenden wollen wir das Prinzip der Erzeugung von Wechselspannung näher betrachten. 12.1.1 Erzeugung mit einer rotierenden flachen Spule Auf dem rechten Bild sieht man, wie sich eine flache Spule in dem Magnetfeld eines Helmholtzspulenpaares mit konstanter Winkelgeschwindigkeit ω um eine Achse dreht, die senkrecht zu den Feldlinien steht. Wird eine Spule also mit konstanter Winkelgeschwindigkeit (ω) gedreht, so ändert sich der magnetische Fluss (Φ) durch die Spule periodisch und es entsteht eine periodisch veränderliche Spannung zwischen den, mit den Spulenenden verbundenen Schleifringen. Greift man die induzierte Spannung an den beiden Schleifringen ab und lässt sie von einem t-y-Schreiber aufzeichnen, so erhält man eine Sinuskurve. Jeweils nach einer halben Drehung der Spule wechselt die Spannung ihrer Polung. 12.1.2 Deduktive Herleitung Betrachtung des magnetischen Flusses (Φ Φ) durch die flache Spule: Wie in 12.1.1 festgestellt, ändert sich der magnetische Fluss Φ durch die Spule periodisch. Der maximale magnetische Fluss Φm wird erreicht, wenn die Spulenebene zu den Feldlinien senkrecht steht, was man in Bild a) sehen kann. Gleich null ist der magnetische Fluss, wenn die Spulenebenen parallel zur Feldlinienebene ist (siehe Bild b)). In Bild c) schließt die Spulenebene den Winkel ϕ mit der Ebene ein. Die blauen Pfeile (→) markieren die magnetischen Feldlinien. Projiziert man die Querschnittsfläche der flachen Spule auf eine Ebene senkrecht zu den Feldlinien, dann ist diese projizierte Fläche A, die zur Berechnung des magnetischen Flusses Φ wirksame Fläche: Φ = B⋅ A Falls die Querschnittsfläche ein Rechteck ist, mit der Breite b0, die parallel zur Achse liegt, dann wird nur die Länge l0 bei der Projektion verkürzt: l = l 0 ⋅ cos ϕ Damit ist die projizierte Querschnittsfläche: A = l 0 ⋅ b0 ⋅ cos ϕ A = A0 ⋅ cos ϕ (Dieses Ergebnis gilt auch für beliebige Querschnittsflächen, da man die Flächen immer durch Rechtecke annähern kann.) Für den magnetischen Fluss ergibt sich dann: Φ(ϕ ) = B ⋅ A0 ⋅ cos ϕ Φ(ϕ ) = Φ max ⋅ cos ϕ (Φmax ist der maximale Wert für den magnetischen Fluss der Spule, der unter anderem für ϕ = 0 ist.) Wird die Spule mit der konstanten Geschwindigkeit ω gedreht, so ist ϕ = ω ⋅ t. Für den magnetischen Fluss als Funktion der Zeit folgt: Φ(t ) = Φ max ⋅ cos ω ⋅ t Wenden wir das Induktionsgesetz U (t ) = − N i ⋅ Φ& an, so erhalten wir die Spannung U an den Enden der Spule als Funktion der Zeit: U (t ) = N i ⋅ Φ max ⋅ ω ⋅ sin ω ⋅ t U (t ) = U max ⋅ sin ω ⋅ t Sinusförmige Wechselspannung Den Maximalwert U max = N i ⋅ Φ max ⋅ ω bezeichnet man als Scheitelspannung; er wird jeweils erreicht, wenn sin ω ⋅ t = 1 ist. Grafische Betrachtung des magnetischen Flusses Φ(t) und der Wechselspannung U(t): Die Spulenstellungen ist im zeitlichen Abstand von T/4 und die magnetische r Flussdichte B in ihrer Richtung angegeben. Aus der Grafik kann man entnehmen, dass: - bei den Spulenstellungen 1, 3 und 5: ⋅der Betrag von der magnetischen Flussdichte maximal ist ⋅die Ableitung der magnetischen Flussdichte und die Spannung null sind • → Φ = maximal; Φ und U gleich null - bei den Spulenstellungen 2, 4 und 6: ⋅die magnetische Flussdichte null ist ⋅der Betrag der Ableitung der magnetischen Flussdichte und der Betrag der Spannung maximal sind → Φ = 0; • Φ und U maximal Damit haben wir das Prinzip eines Wechselstromgenerators erkannt, dessen technische Realisierung Werner von Siemens gelang (s. Physikalisches aus der Technik). Seite 101 1. Gegeben: N = 500 l = 80 cm = 0,80 m I = 2,5 A Ni = 75 A0 = 12 cm² = 12 ⋅ 10 −4 m² 1 ƒ = 10 Hz = 10 ⋅ s Ui = 11 mV = 0,011 V Gesucht: µ0 (die magnetische Feldkonstante) Herleitung: • • U i = − N i ⋅ Φ = − N i ⋅ B ⋅ A = − N i ⋅ B ⋅ (− A0 ⋅ 2 ⋅ π ⋅ f ⋅ sin⋅ (2 ⋅ π ⋅ f ⋅ t )) = = N i ⋅ B ⋅ A0 ⋅ 2 ⋅ π ⋅ f ⋅ sin (2 ⋅ π ⋅ f ⋅ t ) Für die Flussdichte B setzen wir: B = µ 0 ⋅ → U i = Ni ⋅ µ0 ⋅ I⋅N l I⋅N ⋅ A0 ⋅ 2 ⋅ π ⋅ f ⋅ sin (2 ⋅ π ⋅ f ⋅ t ) l Auflösen nach µ 0 : µ0 = Ui ⋅l N i ⋅ I ⋅ N ⋅ A0 ⋅ 2 ⋅ π ⋅ f ⋅ sin (2 ⋅ π ⋅ f ⋅ t ) mit: sin (2 ⋅ π ⋅ f ⋅ t ) = 1 (Scheitelspannung) µ0 = 0,011V ⋅ 0,80m 1 75 ⋅ 2,5 A ⋅ 500 ⋅ 12 ⋅ 10 − 4 m 2 ⋅ 2 ⋅ π ⋅ 10 ⋅ ⋅ 1 s ≈ 1,2 ⋅ 10 −6 ⋅ V ⋅s A⋅m Die magnetische Feldkonstante beträgt 1,2·10-6 V·s·A-1·m-1. 2. Gegeben: A0 = 10 cm²= 10 ⋅ 10 −4 m² B = 20 mT = 0,020 T 1 ƒ = 50 HZ = 50 ⋅ s a) • • U i = − N i ⋅ Φ = − N i ⋅ B ⋅ A = − N i ⋅ B ⋅ (− A0 ⋅ 2 ⋅ π ⋅ f ⋅ sin⋅ (2 ⋅ π ⋅ f ⋅ t )) U i = N i ⋅ B ⋅ A0 ⋅ 2 ⋅ π ⋅ f ⋅ sin (2 ⋅ π ⋅ f ⋅ t ) konstant Umlaufdauer T: 1 1 T= = = 0,02s 1 f 50 ⋅ s b) • • U i = − N i ⋅ Φ = − N i ⋅ B ⋅ A = − N i ⋅ B ⋅ (− A0 ⋅ 2 ⋅ π ⋅ f ⋅ sin⋅ (2 ⋅ π ⋅ f ⋅ t )) mit: sin (2 ⋅ π ⋅ f ⋅ t ) = 1 (Den Maximalwert Umax bezeichnet man als Scheitelspannung; er wird erreicht, wenn sin w ⋅ t = 1 , also sin( 2 ⋅ π ⋅ f ⋅ t ) = 1 ist.) U max = N i ⋅ B ⋅ A0 ⋅ 2 ⋅ π ⋅ f = 1 ⋅ 0,020T ⋅ 10 ⋅ 10 − 4 ⋅ 2 ⋅ π ⋅ 50 ⋅ 1 ≈ 0,0063V = 6,3mV s c) Der zeitliche Verlauf der induzierten Spannung bleibt genauso wie oben, da Ni-neu auch zu den Größen gehört, die konstant bleiben. N i − neu = 50 ⋅ N i U max − neu = N i − neu ⋅ B ⋅ A0 ⋅ 2 ⋅ π ⋅ f = 50 ⋅ N i ⋅ B ⋅ A0 ⋅ 2 ⋅ π ⋅ f U max − neu = 50 ⋅ U max 3. Gegeben: Ni = 200 A0 = 5,0 cm² = 5 ⋅ 10 −4 m² 1 ƒ = 5 Hz = 5 ⋅ s Umax = 0,30 V Gesucht: B (die Flussdichte) • • U i = − N i ⋅ Φ = − N i ⋅ B ⋅ A = − N i ⋅ B ⋅ (− A0 ⋅ 2 ⋅ π ⋅ f ⋅ sin⋅ (2 ⋅ π ⋅ f ⋅ t )) = = N i ⋅ B ⋅ A0 ⋅ 2 ⋅ π ⋅ f ⋅ sin (2 ⋅ π ⋅ f ⋅ t ) Umax bei sin (2 ⋅ π ⋅ f ⋅ t ) = 1 (Scheitelspannung) → U max = N i ⋅ B ⋅ A0 ⋅ 2 ⋅ π ⋅ f Auflösen nach B: B= U max = N i ⋅ A0 ⋅ 2 ⋅ π ⋅ f 0,30V 1 200 ⋅ 5 ⋅ 10 m² ⋅ 2 ⋅ π ⋅ 5 ⋅ s −4 Die Flussdichte B beträgt 95mT. ≈ 0,095T = 95mT