TNM-System 2010

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Außer der Reihe
Onkologe 2010 · 16:175–180
DOI 10.1007/s00761-009-1776-z
Online publiziert: 20. Januar 2010
© Springer-Verlag 2010
C. Wittekind · J. Bertolini
Institut für Pathologie, Universitätsklinikum Leipzig
TNM-System 2010
Änderungen in der neuen 7. Auflage der
TNM-Klassifikation maligner Tumoren
Die Einteilung der Krebserkrankungen nach ihrer anatomischen Ausbreitung entspricht einer langen Tradition und ist zur Analyse mancher
Patientengruppe ein unumgängliches Werkzeug, um die unten genannten Ziele zu erreichen. Nach Meinung der UICC ist eine Einigung in Bezug auf die Registrierung exakter Angaben über die Tumorausbreitung
für jede Lokalisation wünschenswert,
da die genaue klinische Beschreibung und (wenn möglich) histopathologische Klassifikation maligner
Neoplasmen mehreren Zielen dient,
nämlich: 1. dem Kliniker bei der Behandlungsplanung zu helfen, 2. Hinweise auf die Prognose zu geben, 3.
zur Auswertung der Behandlungsergebnisse beizutragen, 4. den Informationsaustausch zwischen Behandlungszentren zu erleichtern, 5.
zur kontinuierlichen Erforschung der
menschlichen Krebserkrankungen
und 6. zur Kontrolle von Krebserkrankungen beizutragen.
Die Neuvorstellungen und Modifikationen der 7. Auflage der TNM-Klassifikation maligner Tumoren [17] gegenüber
der vorhergehenden 6. Auflage von 2002
[15] basieren auf neuen Daten zur Prognose und neuen Methoden zur Bestimmung
der Prognose. Einige der Veränderungen
wurden bereits in der 2. und 3. Auflage des
TNM-Supplements [14, 16] als Vorschläge
publiziert. Unterstützende Daten rechtfertigen ihre Aufnahme in die 7. Auflage.
Einige Klassifikationen sind völlig neu:
Schleimhautmelanome des oberen Aerodigestivtrakts, gastrointestinale Stromatu-
moren, gastrointestinale Karzinoide (neuroendokrine Tumoren), intrahepatische
Cholangiokarzinome, Merkelzellkarzinome, Uterussarkome und Nebennierenrindenkarzinome. Eine neue Vorgehensweise wurde eingeführt, um die Stadiengruppierungen von den prognostischen
Gruppeneinteilungen abzugrenzen, wobei in Letzteren neben den T-, N- und MKategorien auch andere Prognosefaktoren
berücksichtigt werden. Diese neuen prognostischen Gruppen werden für Tumoren des Ösophagus und der Prostata vorgestellt.
Abgesehen von einzelnen wenigen
Definitionen sowohl von Stadiengruppierungen als auch von prognostischen
Gruppierungen der oben erwähnten Entitäten, stimmt die 7. Auflage der UICCKlassifikation [17] mit der 7. Auflage des
American Joint Committee on Cancer
[1] überein. Dies ist das Ergebnis von Bestrebungen, nur einen Standard zu haben
und reflektiert die Bemühungen aller nationalen TNM-Komitees, auf diesem Gebiet Einheitlichkeit zu erzielen.
Das TNM Prognostic Factors Project der UICC hat ein Verfahren institutionalisiert, um Vorschläge zur Verbesserung der TNM-Klassifikation zu evaluieren. Das Verfahren zielt auf eine kontinuierliche, systematische Verbesserung hin
und besteht aus zwei Armen:
1.Verfahren zur Bearbeitung formaler
Vorschläge von TNM-interessierten
Forschern und
2.periodischen Literaturrecherchen
nach Artikeln, die Verbesserungen
der TNM-Klassifikation zum Inhalt
haben.
Die Autorenvorschläge und die Ergebnisse
der Literaturrecherche werden durch ein
Expertenpanel der UICC und durch die
Mitglieder des TNM Prognostic Factors
Project Committee ausgewertet. Die nationalen TNM-Komitees einschließlich
des American Joint Committee on Cancer (AJCC) beteiligen sich an diesem Prozess. Die UICC erkennt die Notwendigkeit der Beständigkeit der jeweiligen Auflage der TNM-Klassifikation, damit Daten in einheitlicher Weise und über eine
angemessenen Zeitraum hin gesammelt
werden konnten.
Entsprechend dieser Zielsetzung sollen die Klassifikationen der 7. Auflage [17]
so lange unverändert bleiben, bis größere Fortschritte in Diagnose oder Behandlung für eine spezielle Lokalisation eine Überprüfung der derzeitigen Klassifikationen erforderlich machen. Während die Klassifikation generell auf publizierten Daten basiert, ist sie in widersprüchlichen Abschnitten auf einem internationalen Konsensus aufgebaut. Nach
wie vor bemüht sich die UICC um eine
allgemeine Zustimmung zur Klassifikation der anatomischen Ausbreitung der Erkrankung. Die Änderungen der 7. Auflage sollen im Folgenden summarisch dargestellt werden.
Änderungen in den allgemeinen
Regeln des TNM-Systems
Diese allgemeinen Regeln sind generell zu
wenig bekannt, mit der Gefahr, dass bei ihrer Nichtbeachtung Probleme in der Verwendung der TNM-Klassifikation bei einzelnen Organtumoren auftreten könnten.
Nachfolgend soll nur auf einige wichtige
Der Onkologe 2 · 2010 | 175
Tab. 1 Kurzfassungen der Definitionen der T-, N- und M-Kategorien bei Tumoren des
Ösophagus, des gastroösophagealen Übergangs und des Magens [17]
Kurzfassung Ösophagus einschließlich ösophagogastralem Übergang
T1
Lamina propria, Muscularis mucosae (T1a), Submukosa (T1b)
T2
Muscularis propria
T3
Adventitia
T4a
Pleura, Perikard oder Zwerchfell
T4b
Aorta, Wirbelkörper oder Trachea
N1
1–2 Lymphknoten
N2
3–6 Lymphknoten
N3
≥7 Lymphknoten
M1
Fernmetastasen
Prognostische Gruppeneinteilung Plattenepithelkarzinome
Prognostische Gruppe T
N
M
Grad Lokalisation
0
Tis
0
0
1
Jede Lokalisation
IA
1a, b
0
0
1, X
Jede Lokalisation
IB
1a, b
0
0
2, 3
Jede Lokalisation
2, 3
0
0
1, X
Intrathorakal unten, X
IIA
2, 3
0
0
1, X
Intrathorakal oben, intrathorakal
Mitte
2, 3
0
0
2, 3
Intrathorakal unten, X
IIB
2, 3
0
0
2, 3
Intrathorakal oben, intrathorakal
Mitte
1a, b, 2 1
0
Jeder Jede Lokalisation
IIIA
1a, b, 2 2
0
Jeder Jede Lokalisation
3
1
0
Jeder Jede Lokalisation
4a
0
0
Jeder Jede Lokalisation
IIIB
3
2
0
Jeder Jede Lokalisation
IIIC
4a
1, 2
0
Jeder Jede Lokalisation
4b
Jedes N 0
Jeder Jede Lokalisation
Jedes T 3
0
Jeder Jede Lokalisation
IV
Jedes T Jedes N 1
Jeder Jede Lokalisation
Prognostische Gruppeneinteilung Adenokarzinom
Prognostische Gruppe T
N
M
Grad
0
Tis
0
0
1
IA
1a, b
0
0
1, 2, X
IB
1a, b
0
0
3
2
0
0
1, 2, X
IIA
2
0
0
3
IIB
3
0
0
Jeder
1a, b, 2 1
0
Jeder
IIIA
1a, b, 2 2
0
Jeder
3
1
0
Jeder
4a
0
0
Jeder
IIIB
3
2
0
Jeder
IIIC
4a
1, 2
0
Jeder
4b
Jedes N 0
Jeder
Jedes T 3
0
Jeder
IV
Jedes T Jedes N 1
Jeder
Kurzfassung Magen
T1
Lamina propria, Muscularis mucosae (T1a), Submukosa (T1b)
T2
Muscularis propria
T3
Subserosa
T4
Perforation der Serosa, Nachbarstrukturen
176 | Der Onkologe 2 · 2010
Änderungen und Neuerungen eingegangen werden.
>Die Verwendung der
Kategorien „MX“ und „pMX“
führte immer wieder zu Fehlern
Die Verwendung der Kategorien „MX“
und „pMX“ ist in der Vergangenheit immer wieder Quelle von Missverständnissen und Fehlern gewesen, besonders bei
der Verwendung durch Pathologen. Dies­
hatte mitunter die unbeabsichtigte Folge, dass Dokumentare („cancer registrars“ in den USA) solche Patienten, bei denen zum Vorliegen von Fernmetastasen
nicht Stellung genommen worden war,
nicht mit der Stadiengruppierung registriert hatten und ihre Krankheiten mitunter überhaupt nicht als Krebserkrankungen dokumentiert wurden. Wenn Pathologen ein Resektionspräparat bearbeiten, haben sie in der Regel ausreichend
Informationen, um pT und pN zu klassifizieren, aber meistens keine Information über Fernmetastasen. Häufig wird
dann „MX“ oder „pMX“ in der Tumorformel angegeben. In diesen Fällen ist es
günstiger, wenn der Kliniker beim Fehlen
von eindeutigen Zeichen von Metastasen
„M0“ oder „cM0“ angibt. Wenn z. B. ein
Knoten in der Leber bei einem Patienten
mit kolorektalem Karzinom auffällt, wird
dieser unter der Annahme, dass eine Metastase vorliegt, als M1 klassifiziert. Wenn
diese Metastase morphologisch gesichert
ist, wird pM1 klassifiziert. Wenn bei der
morphologischen Sicherung ein Hämangiom festgestellt wird, wird M0 klassifiziert. Die Klassifikation „pM0“ kann nur
nach einer Obduktion angewendet werden. Ansonsten besteht von klinischer
Seite aus nicht ausreichend Sicherheit,
dass tatsächlich keine Metastasen vorliegen. Auf die Anwendung von „X“ im Rahmen der T- und N-Kategorien ist kürzlich
hingewiesen worden [4].
Neu eingeführt und fakultativ anzuwenden ist die bisher im TNM-Supplement [16] als Parameter erwähnte Klassifikation der Invasion von Perineuralscheiden. Die Befunde der Pn-Klassifikation (v. a. Pn1) beeinflussen die T-Kategorie nicht, werden aber bei einigen Tumor­
entitäten als zusätzlicher prognostischer
Faktor gesehen [7].
Tab. 1 Kurzfassungen der Definitionen der T-, N- und M-Kategorien bei Tumoren des
Ösophagus, des gastroösophagealen Übergangs und des Magens [17] [Fortsetzung]
N1
N2
N3a
N3b
M1
Stadiengruppierung
Stadium 0
Stadium IA
Stadium IB
Stadium IIA
Stadium IIB
Stadium IIIA
Stadium IIIB
Stadium IIIC
Stadium IV
1–2 Lymphknoten
3–6 Lymphknoten
7–15 Lymphknoten
≥16 Lymphknoten
Fernmetastasen
Tis
T1
T2
T1
T3
T2
T1
T4A
T3
T2
T1
T4a
T3
T2
T4b
T4a
T3
T4a
T4b
Jedes T
N0
N0
N0
N1
N0
N0
N0
N0
N1
N2
N3
N1
N2
N3
N0, N1
N2
N3
N3
N2, N3
Jedes N
Die Klassifikation isolierter Tumorzellen (ITC) umfasst ab der 7. Auflage den
Vorschlag, einen Kluster von weniger als
200 Tumorzellen in einem histologischen
Schnitt ebenfalls in diese Kategorie aufzunehmen, sofern andere Zeichen der Metastasierung fehlen.
Neu eingeführt wurde die prognostische Gruppeneinteilung, in der in Abgrenzung zur Stadiengruppierung weitere
für die Prognose wichtige Faktoren eingebracht wurden. Die prognostischen Gruppen werden für Tumoren des Ösophagus
und der Prostata vorgestellt.
Ein Vorschlag, in der R-Klassifikation
den Status des zirkumferenziellen Resektionsrands besser zu integrieren und damit die R-Klassifikation einheitlicher zu
gestalten, wurde kürzlich publiziert [19].
Kopf-Hals-Tumoren
Neu ist die Klassifikation für die zwar seltenen, aber sehr aggressiven malignen
Melanome der Schleimhäute des oberen
Aerodigestivtrakts. Diese Tumoren wer-
M0
M0
M0
M0
M0
M0
M0
M0
M0
M0
M0
M0
M0
M0
M0
M0
M0
M0
M0
M1
den ähnlich wie undifferenzierte Karzinome der Schilddrüse klassifiziert, d. h. es
sind nur die Kategorien T3 und T4 sowie
die Stadien III und IV vorgesehen. Außer
kleineren Modifikationen in der T1- und
T2-Kategorie der Nasopharynxkarzinome
und einer Unterteilung der T1-Kategorie
bei den Schilddrüsenkarzinomen sind
keine weiteren Änderungen vorgesehen.
Tumoren des Verdauungstrakts
Größere Veränderungen sind beim Ösophaguskarzinom vorgenommen wurden.
Die Kategorien T1 und T4 wurden unterteilt, um die anatomische Ausbreitung
präziser beschreiben zu können. In der NKlassifikation wurde nicht mehr nur das
Vorhandensein von Lymphknotenmetastasen festgehalten (N1 in der 6. Auflage),
sondern das Ausmaß der Lymphknotenmetastasierung in drei N-Kategorien genauer beschrieben (. Tab. 1). Die bisherige Unterteilung der M1-Kategorie entfiel wegen fehlender prognostischer Relevanz. Tumoren des ösophagogastralen
Der Onkologe 2 · 2010 | 177
Zusammenfassung · Abstract
Onkologe 2010 · 16:175–180 DOI 10.1007/s00761-009-1776-z
© Springer-Verlag 2010
C. Wittekind · J. Bertolini
TNM-System 2010 Änderungen in der neuen 7. Auflage
der TNM-Klassifikation maligner Tumoren
Zusammenfassung
In der 7. Auflage der TNM-Klassifikation maligner Tumoren blieben die meisten Tumoren
gegenüber der 6. Auflage unverändert. Für
einige Tumorentitäten wurden Klassifikationen neu eingeführt, andere modifiziert, die
meisten unverändert belassen. Das Ziel dieser Arbeit ist es, die Neuerungen und Veränderungen, die ab 01.01.10 verwendet werden sollen, kurz darzustellen. Auch einige allgemeine Regeln der TNM-Klassifikation sind
geändert worden. Um die Pathologen von
der Verwendung von „MX“ und „pMX“ abzuhalten, wurden diese zwei Kategorien aus
der neuen Klassifikation entfernt. Der fakultative zu verwendende Parameter „Pn“ (perineurale Invasion) wurde neu eingeführt. Zu
den Tumorentitäten, für die neue Klassifikatio­
nen vorliegen, gehören: maligne Melanome
des oberen Aerodigestivtrakts, Tumoren des
ösophagogastralen Übergangs, gastrointestinale Stromatumoren (GIST), neuroendokrine
Tumoren der Lungen und des Verdauungstrakts, Appendixkarzinome, intrahepatische
Cholangiokarzinome (ICC), extrahepatische
Gallengangskarzinome, Merkel-Zell-Karzinome, Uterussarkome und Nebennierenrindenkarzinome. Bei der Tumoren der Speiseröhre, des Magens, der Lunge, der Haut, der
Vulva und der Prostata wurden größere Modifikationen vorgenommen.
Schlüsselwörter
TNM-Klassifikation · 7. Auflage · Neue Klassifikationen · Modifikationen
TNM system 2010 Amendments in the new 7th edition
of the TNM classification of malignant tumours
Abstract
The 7th edition of the TNM classification of
malignant tumours (TNM-7) contains a number of new and modified classifications. The
purpose of this communication is to briefly
summarize these changes which will become
effective from January 2010. In addition there
are several general rules that have been modified or established. In order to deter pathologists from using the terms MX or pMX, these
designations have been deleted from TNM7. The optional descriptor “Pn – perineural invasion” has been newly introduced. Among
the new classifications for tumor entities are:
melanoma of upper aerodigestive tract, gas-
178 | Der Onkologe 2 · 2010
troesophageal carcinoma, gastrointestinal
stromal tumours (GIST), neuroendocrine tumours of the lung and gastrointestinal tract,
appendix carcinoma, intrahepatic cholangiocarcinoma, extrahepatic bile duct carcinoma,
Merkel cell carcinoma, uterine sarcoma and
adrenal cortex carcinoma. Among the classifications with major amendments are carcinomas of the esophagus, stomach, lung, skin,
vulva, and prostate.
Keywords
TNM classification · 7th edition · New classifications · Modifications
Übergangs werden wie Tumoren des Ösophagus klassifiziert. Ein Tumor im proximalen Magen, dessen Zentrum in einem
Abstand von 5 cm vom ösophagogastralen
Übergang liegt und in den ösophagogastralen Übergang hineinreicht, wird nach
dem Schema der Ösophaguskarzinome
klassifiziert.
Alle anderen Tumoren mit einem Zentrum im Magen und mehr als 5 cm vom
ösophagogastralen Übergang entfernt
oder Tumoren, deren Zentrum innerhalb
eines Abstands von 5 cm liegt, aber nicht
in den ösophagogastralen Übergang hineinreichen, werden nach dem Schema für
Magenkarzinome klassifiziert.
Die Definition der regionären Lymphknoten wurde geändert. Unabhängig vom
Sitz des Primärtumors sind die regionären
Lymphknoten diejenigen, welche im lymphatischen Abflussgebiet des Ösophagus
lokalisiert sind, eingeschlossen die zöliakalen Lymphknoten und paraösophagealen Lymphknoten des Halses, aber nicht
die supraklavikulären Lymphknoten.
Modifikationen wurden bei den Tumoren des Magens vorgenommen, um neue
prognostische Aspekte besser zu berücksichtigen. Die Unterteilung der T-Kategorien entspricht jetzt der von andernorts lokalisierten Tumoren des Verdauungstrakts (. Tab. 1). Die Zahl der entfernten und untersuchten Lymphknoten,
die notwendig sind, um pN0 klassifizieren
zu können, wurde auf 16 angepasst.
Die gastrointestinalen Stromatumoren
(GIST) werden basierend auf folgenden
Eigenschaften eingeteilt: Lokalisation,
Größe und Mitoserate, auf dem das Grading basiert. Diese Klassifikation geht auf
Vorschläge von Miettinen et al. zurück,
die auf Daten von über 2000 Fällen beruhen [8, 9].
Karzinome der Appendix wurden in
den früheren Auflagen der TNM-Klassifikationen wie kolorektale Karzinome
klassifiziert. In der 7. Auflage ist eine eigenständige Klassifikation vorgesehen,
ebenso wie für Appendixkarzinoide. Eine Unterteilung in muzinöse und nichtmuzinöse Karzinome ist notwendig. Die
Kategorien T4 sowie M1 wurden modifiziert, um die besonderen Eigenschaften
der muzinösen Karzinome zu berücksichtigen. Außerdem wurde ein Grading
mit einer Unterteilung in niedriggradig
und hochgradig eingeführt und im Stadium IV für eine Subgruppierung berücksichtigt. Becherzellkarzinoide („goblet cell
carcinoids“) werden wie Appendixkarzinome klassifiziert.
Zum ersten Mal berücksichtigt die
TNM-Klassifikation jetzt auch Karzinoide und andere neuroendokrine Tumoren
des Verdauungstrakts, wobei die Karzinoide des Magens, des Dünndarms und
des Dickdarms separate Klassifikationen
aufweisen. Neuroendokrine Tumoren der
Lunge und des Pankreas werden wie die
Karzinome dieser Organe klassifiziert.
Das Merkel-Zell-Karzinom hat ebenfalls
eine eigene Klassifikation.
Für die Tumoren des Kolons und Rektums wurden nur wenige Änderungen
durchgeführt, sodass Vergleiche zwischen der vorhergehenden und der 7. Auflage ohne Probleme möglich sind. Abgesehen von der neu eingeführten Unterteilung der T4-Kategorie, blieben die Kriterien der anderen T-Kategorien unverändert. Die Unterteilungen der N-Kategorien blieben ebenfalls gleich (1 bis 3 vs. 4
Lymphknoten und mehr); eine Subunterteilung ermöglicht eine noch spezifischere
Klassifikation und führt auch zu einer
subtileren Stadieneinteilung.
Eine Änderung betrifft sog. „tumor deposits“ (TD) oder Satelliten. Tumor deposits“ sind makroskopische oder mikroskopische Nester oder Knötchen im perikolorektalen Fettgewebe des Lymphabflussgebiets des Primärtumors ohne histologisch
erkennbare Residuen eines Lymphknotens. Sie können einer kontinuierlichen
Ausbreitung, einer Veneninvasion (V1,
V2) oder komplett metastatisch durchsetzten Lymphknoten entsprechen. Wenn
solche Tumorknötchen bei Läsionen, die
sonst als T1 oder T2 klassifiziert werden,
nachgewiesen werden, ändert sich die TKlassifikation nicht, die Knötchen werden
dann als N1c/pN1c beurteilt.
Wenn ein solches Tumorknötchen
vom Pathologen als vollständig durch Tumor ersetzter Lymphknoten (i. Allg. mit
glatter äußerer Kontur) angesehen wird,
dann sollte es als Lymphknotenmetastase klassifiziert werden und jedes Tumorknötchen sollte einzeln als Lymphknotenmetastase gezählt und in der Klassifikation
berücksichtigt werden. Damit wurde beabsichtigt, diese Patienten in das Stadium
Tab. 2 Kurzfassung und Stadieneinteilung der TNM-Klassifikation der Lungentumoren
[17]
Kurzfassung
TX
T1
T1a
T1b
T2
T2a
T2b
T3
T4
N1
N2
N3
M1
M1a
M1b
Stadiengruppierung
Lungenkarzinom
Okkultes Karzinom
Stadium 0
Stadium IA
Stadium IB
Stadium IIA
Stadium IIB
Stadium IIIA
Stadium IIIB
Stadium IV
Positive Zytologie
≤3 cm
≤2 cm
>2–3 cm
Hauptbronchus ≥2 cm von der Carina, Invasion von viszeraler Pleura, partielle Atelektase
>3–5 cm
>5–7 cm
>7 cm, Brustwand, Zwerchfell, Perikard, mediastinale Pleura, Hauptbronchus
<2 cm von der Carina, totale Atelektase, separate(r) Tumorherd(e) im selben
Lappen
Mediastinum, Herz, große Gefäße, Carina, Trachea, Ösophagus, Wirbelkörper,
separate(r) Tumorherd(e) in einem ipsilateralen anderen Lappen
Ipsilaterale peribronchiale/hiläre Lymphknoten
Ipsilaterale mediastinale/subkarinale Lymphknoten
Kontralaterale mediastinale, hiläre, ipsi- oder kontralaterale Skalenus- oder
supraklavikuläre Lymphknoten
Metastasen
Separate(r) Tumorherd(e) in einem kontralateralen Lappen, Pleurametastasen, maligner Pleura- oder Perikarderguss
Fernmetastasen
TX
Tis
T1a, T1b
T2a
T2b
T1a, T1b, T2a
T2b
T3
T1a, b, T2a, b
T3
T4
T4
Jedes T
Jedes T
III einzuordnen und ihnen die Möglichkeit einer adjuvanten Chemotherapie offenzuhalten. Die M-Kategorie wurde unterteilt in eine Gruppe mit einer Fernmetastase in einem Organ (M1a) und in eine mit Fernmetastasen in mehr als einem
Organ oder mit Metastasen des Peritoneums (M1b).
Schon bei der Vorstellung der letzten
Auflagen der TNM-Klassifikation wurde
insbesondere von japanischen Autoren
bemängelt, dass intrahepatische Cholangiokarzinome (ICC) in identischer Weise nach TNM klassifiziert wurden wie hepatozelluläre Karzinome. In der 7. Aufla-
N0
N0
N0
N0
N0
N1
N1
N0
N2
N1, N2
N0, N1
N2
N3
Jedes N
M0
M0
M0
M0
M0
M0
M0
M0
M0
M0
M0
M0
M0
M1
ge wurde eine Klassifikation vorgestellt,
die dem biologischen Verhalten dieser
ICC besser entspricht und in der der prognostisch besonders schlecht verlaufende
Typ eines ICC mit primär periduktalem
Wachstum als T4/pT4 eingeordnet wird,
entsprechend einem Stadium IVA mit einer sehr schlechten Prognose der betroffenen Patienten.
Bisher existierte eine TNM-Klassifikation für Tumoren der extrahepatischen
Gallengänge. In der 7. Auflage hat man jeweils eine Klassifikation sowohl für die
perihilären (sog. Klatskin-Tumoren) als
auch für distalen extrahepatischen CholDer Onkologe 2 · 2010 | 179
Außer der Reihe
angiokarzinome eingeführt, wobei die
Grenze durch die Einmündung des Ductus cysticus markiert wird.
Größere Veränderungen wurden
bei der Klassifikation der Lungentumoren eingeführt (. Tab. 2). Sie beruhen
auf den Ergebnissen einer Studie von
über 80.000 Patienten mit Lungenkarzinomen, deren Daten von einem Komitee der International Association for the
Study of Lung Cancer (IASLC) unter der
Führung von Peter Goldstraw ausgewertet wurden [3, 12, 13]. Diese Klassifikation der Lungenkarzinome stellt ein Schema bereit, mit dem alle histologischen Typen der Lungenkarzinome – eingeschlossen die Karzinoide –, alle histologischen
Malignitätsgrade und zentrale vs. periphere Lungenkarzinome auf einer rein
morphologischen Basis klassifiziert werden können. Wichtige Veränderungen
gab es in den T3- und T4-Kategorien sowie in den M-Kategorien und in der Stadiengruppierung.
Für die Karzinome der Haut wurden
Änderungen in den Definitionen der TKategorien und der N-Kategorien eingeführt. Das AJCC hat einige Parameter vorgeschlagen, die Hochrisikoeigenschaften
(Tiefe/Invasion, anatomische Lokalisation
und Differenzierung) der Karzinome anzeigen und deren Vorhandensein ein Stadium-I-Karzinom in ein Stadium-II-Karzinom bringt. Neu vorgestellt wurde eine
Klassifikation der Merkel-Zell-Karzinome.
Bei den Tumoren der Brust gibt es keine wesentlichen Modifikationen oder
Neuerungen, einige Definitionen wurden gering geändert, einige Hinweise verdeutlicht.
Bei einigen gynäkologischen Tumoren (Vagina, Ovarien, Tuben, trophoblastäre Schwangerschaftstumoren) haben sich im Vergleich zur letzten Auflage
keine Änderungen ergeben. Die wesentlichsten Modifikationen beim Vulvakarzinom betreffen die Kategorie T2/FIGOStadium II und T3/FIGO-Stadium III.
Die Kategorie T2/FIGO-Stadium II beinhaltet jetzt die Ausdehnung des Karzinoms in die Urethra, die Vagina und den
Anus ohne Berücksichtigung der Tumorgröße und die Kategorie T3/FIGO-Stadium III zusätzlich die Infiltration der Blasen- und/oder Rektumschleimhaut sowie
die Fixation des Tumors an der Becken-
180 | Der Onkologe 2 · 2010
wand. Die neue Einteilung der Metastasierung in die regionären, inguinofemoralen Lymphknoten berücksichtigt jetzt
die Zahl und Größe der Lymphknotenmetastasen und den Nachweis einer extrakapsulären Ausbreitung. Erstmals gibt
es eine TNM-Klassifikation für Uterussarkome [2, 5, 6, 10, 11, 18].
Bei den urologischen Tumoren werden eine klinische (cN) und eine pathologische (pN) Klassifikation der Tumoren
des Penis eingeführt. Neu ist die Einführung einer prognostischen Gruppe, die
dem anatomischen Stadium zur Seite gestellt wird. In der prognostischen Gruppeneinteilung werden zusätzlich PSAWerte und das Gleason-Grading berücksichtigt.
Als neue Klassifikation wird die der
Karzinome der Nebennierenrinde eingeführt. Sie basiert allerdings auf einem
Vorschlag, der bisher nur im TNM-Supplement publiziert wurde [16].
Bei den Augentumoren wurden bedeutsame Veränderungen bei den malignen Melanomen der Konjunktiva und
Uvea sowie bei den Retinoblastomen und
den Karzinomen der Tränendrüse eingeführt.
Fazit für die Praxis
Die ab 01.01.10 anzuwendende 7. Auflage der TNM-Klassifikation maligner Tumoren bringt eine ganze Reihe von neuen Klassifikationen und Modifikationen
mit sich, deren Beachtung für eine einheitliche Anwendung der Klassifikation weltweit ebenso wichtig ist wie für
eine exakte Dokumentation der anatomischen Ausbreitung maligner Tumoren
Korrespondenzadresse
Prof. Dr. C. Wittekind
Institut für Pathologie Universitätsklinikum Leipzig
Liebigstraße 26, 04103 Leipzig
[email protected]
Interessenkonflikt. Keine Angaben.
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