Das moralische Urteil

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Das moralische Urteil
Die kognitive Entwicklungstheorie des moralischen Urteils von Lawrence Kohlberg basiert
auf John Rawls moralphilosophischer Gerechtigkeitstheorie und stellt eine Weiterentwicklung
von Jean Piagets Theorie der Moralentwicklung dar. Konzeptionell baut Kohlbergs Theorie
auf Jean Piagets Entwicklungsmodell der kognitiven Entwicklung auf. Lawrence Kohlbergs
Theorie der Entwicklung des Moralbewusstseins beim Menschen beruht auf seiner
Dissertationsarbeit, ihr folgte eine beinahe 30 Jahre laufende Längsschnittstudie. Zeit seines
Lebens hat Kohlberg an seiner Theorie der moralischen Urteilsentwicklung gearbeitet und
sie beständig revidiert und erweitert. Die Theorie geht davon aus, dass sich das
Moralbewusstsein beim Menschen stufenweise in immer derselben Reihenfolge entwickelt,
wobei nicht alle Menschen die höheren Stufen des Moralbewusstseins erreichen.
Kohlberg erkennt 3 Ebenen des moralischen Urteilens, die jeweils aus 2 Stufen bestehen:
Ebene 1
Präkonventionelle
Moral
Ebene 2
Konventionelle
Moral
Ebene 3
Postkonventionelle
Moral
1. Stufe: Fremdbestimmte Moral, Egozentrismus; Lust-SchmerzOrientierung: Vermeiden von Strafe. Gehorsam als Selbstwert.
Personen oder Sachen keinen Schaden zuzufügen.
2. Stufe: Individualismus, naiver Hedonismus; Kosten-NutzenOrientierung, Belohnung und Strafe. Austauschansicht: „Wie du
mir, so ich dir“ oder „Auge um Auge, Zahn um Zahn“.
3. Stufe: Beziehungen, Konformität mit anderen; Braves-KindOrientierung, Anerkennung gewinnen. Goldene Regel befolgen:
„Was du nicht willst, dass man dir tut, das füge auch keinem
anderen zu!“
4. Stufe: Soziales System und Gewissen; Recht-und-OrdnungOrientierung, Befolgen des Gesetzes, weil es garantiert, dass
jeder davor gleich ist.
5. Stufe: Sozialer Kontrakt; Einsatz für die Gemeinschaft,
Gesetze sind nicht "absolut". Kategorischer Imperativ: „Handle
nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen
kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“
6. Stufe: Universelle ethische Prinzipien; Vernunft und Moral,
Gleichberechtigung aller Menschen.
Dieses Stufenmodell beschreibt die kognitive Entwicklung, nicht jedoch zwangsläufig die
emotionale oder die Entwicklung des Handelns. Wissen wird nicht unbedingt in Handeln
umgesetzt. Nach Kohlberg ist es nicht möglich Stufen zu überspringen oder auszulassen.
Niemand kann eine moralische Stufe nur als sinnvoll erfassen, die um mehr als eine Stufe
höher liegt als die, die man gerade erreicht hat. Mit 16 Jahren sind die meisten Menschen
heute auf Stufe 4 angelangt, etwa 25% erreichen im Laufe ihres Lebens die Stufe 5.
Was höhere Stufen laut Kohlberg attraktiv macht, ist, dass sie es ermöglichen, verzwickte
ethische Probleme erfolgreicher zu lösen. Aufgaben, in denen solche Problemsituationen
besprochen werden, haben sich darum als sehr erfolgreich für die Schulung erwiesen. In
weiteren Forschungen wurde die universelle Gültigkeit dieser Abläufe bei allen Völkern und
zu allen Zeiten nachgewiesen. Zur Entwicklung sind Dilemmata nötig. Das Erklimmen einer
neuen Stufe geht damit einher, dass die jeweilige Person mit einer Problematik konfrontiert
wird, die sie auf ihrer aktuellen Entwicklungsstufe nicht bewältigen kann. Um eine Lösung zu
finden müssen alte moralische Urteile hinterfragt werden. Wird dies erfolgreich absolviert
steigt die jeweilige Person auf die nächste Stufe auf. (plus 1 Methode)
nach: Oser, Fritz/ Althof, Wolfgang: Moralische Selbstbestimmung. Stuttgart 1992.
Christoph Egli
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