Geld und Kapital in der Old Economy Eine kritische Analyse Geld erfüllt in der Old Economy mehrere Funktionen. Es ist zum einen Tauschobjekt und zum anderen Vermögensspeicher, es ist in diesen Funktionen Steuerungsinstrument und Preissignal, aber auch Bonitätsindikator und Vergleichsmaßstab. Als Tauschobjekt ist es die unverrückbare Grundlage der arbeitsteiligen Wirtschaft. Der Herstellungsprozess eines Gutes ist ohne eine Bewertung der Zwischenergebnisse und der Einsatzfaktoren nicht auf mehrere Hersteller zu verteilen. Ein Handel ohne eine Tauschwährung ist nicht durchführbar. Im Handel wird das Geld weitergegeben; und zwar im direkten Austausch mit den gehandelten Gütern. Der Zahlungsprozess ist unmittelbar an den Handelsprozess gebunden. Das Geld wandert der Ware entgegengesetzt vom Kunden zum Verkäufer. In der modernen industriellen Gesellschaft ist jeder gezwungen, sich auf die Tätigkeiten zu konzentrieren, die er am besten beherrscht. Beim Handel ist das nicht der Transport von Geld in einer vernetzten Welt mit schnellen Kommunikationsverbindungen. Er nimmt die Unterstützung von Banken in Anspruch, die für die Handelspartner Geld – allgemeiner gesagt Zahlungsmittel - verlustlos und eindeutig überbringen. Auf dem Weg zwischen den Handelspartnern kann das Geld bei der Bank zu Kapital mutieren. Das Geld wandelt seinen Charakter von Tauschmittel zum Vermögensspeicher. Als Vermögensspeicher wird das Geld gerade nicht weitergegeben, sondern zurückgehalten und gehortet. Vor allem bei unsicheren Zukunftserwartungen steigt die Präferenz für die Vermögensbildung. Der Besitzer des Kapitals wird erst durch eine Prämie, einen Zins, motiviert, sich von seinem Geld zu trennen. In der Old Economy hat diese Funktion einen Selbstzweck erhalten. Die Besitzer von Geld mehren ihren Besitzstand, indem sie das Geld für sich arbeiten lassen. Sie erhöhen ihr Vermögen über den Zinseszinseffekt und überlassen die Entscheidung über die Kapitalanlage den Banken. Die Banken sind frei in ihrer Entscheidung, das Geld dem Wirtschaftskreislauf zuzuführen, oder an den Staat, ins Ausland oder an andere Banken zu verleihen. Nur in seltenen Fällen steckt ein Kapitalinhaber sein Vermögen in bilateralen Verhandlungen direkt in ein Unternehmen. Die Wirtschaft konkurriert im Normalfall mit anderen Investoren um den von Banken verwalteten Kapitaltopf. Ist die Wirtschaft nicht in der Lage, dem Kapital die geforderte Rendite zu versprechen, bekommt sie auch kein Kapital. Es kommt es zu einer Krise, denn dem Wirtschaftskreislauf wird das verdiente Kapital vorenthalten. In der Krise verschwinden unrentable Unternehmen, investiertes Sachkapital wird unter seinem Wert in den Handel zurückgegeben, Forderungen werden wertlos und Beschäftigte arbeitslos. Dieser Prozess setzt sich fort, bis das entwertete Sachkapital und die billigeren Produktionsmittel wieder eine höhere Rendite erwirtschaften können. Die neuen Produktionsprozesse werden mit dem zurückgehaltenen Kapital ausgestattet. In vielen Fällen kommen die Arbeitskräfte aber nicht wieder in die Beschäftigung, da nach einer Krise der ideale Zeitpunkt zur Substitution von Arbeit durch Kapital gegeben ist. Die Old Economy kann wegen der Mindestverzinsung des Kapitals langfristig nur solche Unternehmen und Produktionsprozesse am Leben erhalten, die neben der Entlohnung der Arbeit und der Vergütung der Vorprodukte auch das Kapital mit einer Verzinsung bedienen. Nach dieser Vorgabe sind Produktionen unrentabel, die nur die Arbeiter, inklusive Unternehmer, entlohnen. Da die Natur als Produktionsfaktor nicht vorkommt, wird sie auch nicht entlohnt. Die Vergütung für die Arbeit soll Arbeit als Einsatzfaktor reproduzieren, die Verzinsung steigert den Faktor Kapital, die fehlende Vergütung für den Naturverbrauch schafft keine Möglichkeit, die Natur zu regenerieren. Der immanente Trend in diesem System sorgt also für die Vermehrung des Kapitals, für Arbeitslosigkeit nach jedem Wirtschaftsabschwung und für unumkehrbaren Naturverbrauch. Die Vermögensfunktion des Geldes ist nicht der einzige Grund für diese Entwicklung, aber sie ist sicher eine gewichtige Einflussgröße. Die Definition des Geldes als Maßstab für die Bonität seines Besitzers, als relative Größe sozialer Wertschätzung unabhängig von der Herkunft des Vermögens, als Barometer der Macht einer Wirtschaft, ist ein fundamentaler Bestandteil der industriellen Kultur. Seine Bedeutung für die gesellschaftlich anerkannten Konventionen haben es zu einem Kulturbestandteil gemacht. Es hat sich nicht selbst definiert, sondern ist zum Symbol der westlichen Gesellschaften geworden. Ohne die Hortung von Geld fehlt der Gesellschaft ein Bestandteil ihrer Definition. Ein Produktionsprozess ohne Kapitaleinsatz kommt in der Old Economy nicht mehr vor. Angefangen von der Befriedigung der Grundbedürfnisse in der landwirtschaftlichen Erzeugung über die Herstellung von Investitionsgütern bis zur Produktion von Konsumgütern bringt die Wirtschaft materielle Güter an den Markt, die nach einem Absatz suchen. Außerhalb der Tauschfunktion bewirkt der Zwang zur Verzinsung des eingesetzten Kapitals die Umkehrung der ursprünglichen Idee von der Bedarfsorientierung der Wirtschaft. Materielle Güter müssen erzeugt werden um sie anschließend zu verkaufen. Die Waren müssen über ein Push Marketing an den Verbraucher gebracht werden, um ihm sein Geld für den Konsum zu entlocken. Nach diesem Mechanismus ist die Arbeitslosigkeit ebenso wie der Naturverbrauch systemimmanent. Bei dem Naturverbrauch ist das unmittelbar nachzuvollziehen, denn ein freies Gut, wie saubere Luft, Wälder oder Flüsse verdient keine Entlohnung, hat also auch keinen Ertrag, mit dem der Einsatzfaktor regeneriert werden kann. Bei der Arbeit als bezahltem Einsatzfaktor ist der Zusammenhang nicht so offensichtlich. Arbeit wird mit dem großen Kapitalstock substituiert. Der Einsatz der Arbeit wird also selbst bei wachsender Wirtschaft nur mit einer Rate wachsen, die über die Substitutionselastizität zwischen Arbeit und Kapital bestimmt wird. Da beides aber Bestandsgrößen sind, wird langfristig die Arbeit bei steigendem Kapitaleinsatz mit einer Umschichtung der Bestände weniger eingesetzt. Das Kapital kann der Wirtschaft vergleichsweise konsequenzenlos vorenthalten werden; jedenfalls ohne direkte persönliche Konsequenzen. Kein Investor kann gezwungen werden, der Wirtschaft sein Geld zu einem geringen Zinssatz zur Verfügung zu stellen. Er kann allenfalls überredet werden, indem ihm Renditen versprochen werden. Die untere Grenze für den risikoscheuen Investor ist aber der langfristige Kapitalmarktzins, den er auf jeden Fall in Staatsanleihen realisiert. Die Verschuldung des Staates setzt somit eine untere Grenze für die Rentabilität des Vermögens und damit eine untere Grenze für die Produktionschancen der Wirtschaft in ihrer Akquisition von Investitionskapital. Ohne den Staat und seine Verschuldung fehlt dem Kapital die alternative Verwendung. Somit ist die Arbeitslosigkeit direkt mit den Zinserträgen und der Verschuldung des Staates verbunden. Neben den Zinsen der Wirtschaft, die man mit den oben gemachten Einschränkungen noch als Voraussetzungen für eine Produktion akzeptieren und tragen kann, sind die Zinsausgaben des Staates ein tatsächlicher Entzug des wirtschaftlich einsetzbaren Kapitals; eine reine Umverteilung von Steuern auf Geldvermögen. Dabei nimmt aber die Arbeitslosigkeit trotz sogenannten Wirtschaftswachstums weiter zu, obwohl es mehr als genug Arbeit gibt. Der Begriff „Beschäftigungslosigkeit“ ist eine bessere Beschreibung der Situation. Es gibt reichlich Arbeit zum Beispiel bei der Wiederherstellung der Natur, bei der Nutzung umweltschonender Energien, in der qualifizierten Ausbildung der Kinder und Jugendlichen, in der Pflege der Städte, im sozialen Sektor oder bei der medizinischen Versorgung. Die Arbeitskräfte können aber nicht beschäftigt, nicht entlohnt werden, wenn in dem Produktionsprozess nicht auch zwingend Kapital eingesetzt und verzinst wird. Unternehmen, die „nur“ die Arbeit entlohnen, sind in der industriellen Gesellschaft nicht vorgesehen; zumindest bekommen sie kein Kapital zum „Nullzinssatz“. In der Wirtschaftspolitik nimmt nicht nur der Staat als Absorber des Kapitals eine wichtige Rolle ein, auch die Zentralbank als Regulator des Geldangebotes greift in den Kreislauf ein. Im kybernetischen Sinne setzt sie die Geldmenge als Stellgröße zur Korrektur der Umlaufmenge des Geldes ein. Je nach der beabsichtigten Fristigkeit ihrer Einflußnahme beleiht sie entweder Wertpapiere, Wechsel oder Guthaben und vergibt gegen diese Sicherheiten Kredite an die Geschäftsbanken. So kann sie dem Wirtschaftskreislauf Geld entziehen, oder neues Geld hinzufügen. Wenn der relative Preis des Kapitals niedriger als der von Arbeit ist, führt dies auf jeden Fall zu einer kontinuierlichen Abnahme des Arbeitseinsatzes in der Wirtschaft. Das der relative Preis dauerhaft niedriger ist, ist nach den bisherigen Ausführungen keine Frage, denn die Entlohnung des Kapitals wird von den Kreditgebern über ihre Liquiditätspräferenz erzwungen. Sie können das Geld der Wirtschaft versagen und es in vermeintlich sichere Staatsanleihen stecken. Für Beschäftigung gilt dieser Wirkungsmechanismus nur eingeschränkt. Nur theoretisch kann die Arbeit sich dem Markt entziehen und in der Arbeitslosigkeit verharren. Praktisch erzwingt aber der Lebensstandard und das Konsummarketing ein Verdienststreben deutlich über der Arbeitslosenunterstützung. Die Banken haben in dem industriellen Gesellschafts- und Wirtschaftssytem eine bedeutende Rolle als Vermittler des Geldvermögens. Sie machen die Bonitätsprüfung für die Geldanleger. Da die Vermögensinhaber die Kreditnehmer nicht kennen, brauchen sie die Banken als Clearingstelle für Geld. Für diese Dienstleistung nehmen die Banken die Zinsmarge zwischen eingelegtem und ausgegebenem Geld ein, neben den Gebühren für Depotverwaltung, Kontoführung, etc. Immerhin wird die Aufgabe der kurzfristigen Steuerung der Geldmenge und die Vermittlung zwischen privaten Anlegern und Kreditnehmern komplett von den Banken wahrgenommen. Sie organisieren für die beiden unbekannten Parteien die Ein- und Auszahlungen und vermitteln somit der Wirtschaft das benötigte Investivkapital. Die Aufgabe der Banken definiert sich zum einen aus der Tatsache, daß die Interessen unbekannter Teilnehmer am Geldkreislauf zum Ausgleich gebracht werden müssen. Dafür wird die Risikoprämie (Zinsmarge) gezahlt. Zum anderen helfen sie dem Staat und der Zentralbank bei der Steuerung der Geldmenge über den Zins. Dafür bekommen sie ebenfalls eine Zinsmarge. Bei Verzicht auf eine Vergütung für die Aufgabe der Liquiditätspräferenz – den Zins - fehlt den Banken ein wichtiges Betätigungsfeld. Falls die Geldgeber und Kreditnehmer sich kennen würden und einander vertrauen, büßt die Bank ihre Rolle als Vermittler ein. Ohne die Funktion des Geldes als Vermögensspeicher brauchten beide Funktionen gar nicht in Betracht gezogen werden. Eine Bank bringt das Geld aus seiner Verwendung als Vermögensspeicher in die Funktion als Produktionsfaktor zurück. In diesem Kreislauf ist es fast müßig, die Frage nach Ursache und Wirkung oder nach der Reihenfolge des kybernetischen Kreislaufes zu stellen. Tatsächlich ist das System fast geschlossen mit einem ständigen Zulauf an unbewerteter Natur. Im iCommerce werden die Regeln der Produktion und der Verwendung des Geldes aber neu geschrieben. Hier entsteht ein neues Gleichgewicht mit anderen Produktionsfunktionen und anderen Faktornachfragen. Zusammenfassung: So. meine Damen und Herren, wir haben uns jetzt intensiv mit der Rolle des Geldes in der Old Economy beschäftigt. Wir haben die beiden Funktionen des Geldes als Tauschobjekt und als Vermögensspeicher kennen gelernt. Wir haben auch gesehen, welche Probleme in der etablierten Wirtschaft mit der erzwungenen Verzinsung des Kapitals verbunden sind. Arbeitslosigkeit und Krisen sind eine direkte Folge des Zwangs zum Kapitaleinsatz und der damit verbundenen Verzinsung. Wir haben auch erfahren, wie die Staatsverschuldung den Zins hochhält und damit die besprochenen Konsequenzen noch verstärkt. Jetzt wollen wir in einer aufgelockerten Form, nämlich in Form einer Präsentation das virtuelle Geld im iCommerce besprechen. Sie können sich jetzt erstmal etwas entspannen, aber ich werde dafür sorgen, daß sie nicht abschalten. So können wir mal austesten, ob und wie eine gute Präsentation die Zuhörer wieder in das Spiel zurück holt.