Was ist die Vogelgrippe / Geflügelpest

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Was ist die Vogelgrippe / Geflügelpest?
FAQs (Stand : 22.02.2006)
Die Geflügelpest ist eine schwere Form der Grippe bei Vögeln, die durch Grippeviren
der Subtypen H5 und H7 hervorgerufen wird. Wasservögel wie Enten und Schwäne
können viele Influenzaviren in sich tragen, ohne dass diese besonders aggressiv in
Erscheinung treten. Oft leben diese Tiere mit den Viren, ohne selbst geschädigt zu
werden.
Bei einer Übertragung auf Nutzgeflügel wie Hühner oder Gänse kann es vorkommen,
dass relativ harmlose Vogelgrippe-Viren zu aggressiven Formen mutieren, die Tiere
töten und sich hochgradig ansteckend schnell verbreiten. Dann spricht man von einer
Geflügelpest. Diese Viren können dann auch wieder Wild- und Wasservögel befallen
und ebenfalls töten. Die Geflügelpest-Viren können bei sehr intensivem Kontakt mit
infiziertem Geflügel auch auf den Menschen oder andere Säugetiere übergehen.
Momentan wird mit dem Begriff "Vogelgrippe" das aggressive H5N1-Virus
bezeichnet, das seit 2003 zunächst in Asien grassierte und sich schließlich über die
Türkei bis nach Afrika und Europa ausgebreitet hat.
Warum haben alle Angst vor der Vogelgrippe - es ist doch nur eine
Tierseuche?
Bei engem Kontakt mit infiziertem Geflügel gab es Übertragungen auf den Menschen
und auch Todesfälle. Dies war bislang noch vereinzelt und eine Übertragung von
Mensch zu Mensch fand noch nicht statt.
Die WHO befürchtet, dass sich der Erreger der Vogelgrippe mit dem der
menschlichen Grippe vermischt und so ein "Supervirus" (auch Pandemievirus
genannt) entsteht, das eine weltweite, extrem gefährliche Grippeepidemie auslösen
könnte. Dann könnte es zu einer globalen Pandemie kommen wie 1918/1919, als die
Spanische Grippe Millionen Menschen auf der ganzen Welt tötete.
Dies könnte passieren, wenn sich ein ohnehin schon grippekranker Mensch bei
einem mit H5N1 infizierten Vogel ansteckt. Dann könnte es passieren, dass das
H5N1-Virus Erbgut mit dem humanen Grippevirus austauscht und so die Fähigkeit
zur Übertragung von Mensch zu Mensch erhält.
Ein solches Virus wurde bislang noch nicht nachgewiesen. Allerdings gibt es laut
WHO Hinweise darauf, dass sich das Virus verändert und dem Menschen anpasst.
Dr. Michael Pfleiderer vom Paul-Ehrlich-Institut sagt: "Man kann nicht sagen, es
fehlen noch eine oder zwei Mutationen, dann wird aus dem Vogelgrippevirus ein
Pandemievirus, das von Mensch zu Mensch übertragen wird".
Laut Pfleiderer deutet die Auswertung der bisherigen H5N1-Fälle beim Menschen in
Asien und der Türkei darauf hin, dass Kinder dem Virus offenbar bessere
Voraussetzungen für eine Infektion bieten. Sie scheinen somit beim direkten Kontakt
mit infizierten Tieren gefährdeter zu sein als Erwachsene. Eine besondere
Gefährdung älterer Menschen hingegen scheint nicht vorzuliegen.
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Ist es möglich, dass ich mich mit Vogelgrippe anstecke?
Das Vogelgrippe-Virus wird vor allem bei engem Kontakt mit infizierten Hühnern,
Enten oder Gänsen übertragen, z. B. wenn man Geflügel in den Arm nimmt oder mit
ihm spielt. Die Tiere scheiden den Erreger über Kot und Sekrete aus.
Außerdem kann der Erreger auch über rohe Eier oder verseuchtes, ungegartes
Geflügelfleisch verbreitet werden. Da das Virus aber beim Erhitzen zerstört wird, ist
eine Ansteckung über das Essen unwahrscheinlich.
Eine Ansteckung von Mensch zu Mensch ist bisher noch nicht aufgetreten.
Kann ich mich an infiziertem Vogelkot anstecken?
Im Kot erkrankter Tiere finden sich tatsächlich Vogelgrippe-Erreger, sagt Jochen
Hentschke, Veterinär und Leiter des Zentrums für Infektionsdiagnostik am Institut für
Lebensmittel, Arzneimittel und Tierseuchen in Berlin. Allerdings in der Regel in
geringer Menge. Außerdem überlebt das Grippevirus im Kot nicht allzu lange. Bei
Sonnenschein stirbt es schon nach wenigen Stunden ab, bei bedecktem Himmel
dauert es zumindest 24 Stunden.
Wer etwa sein Auto vom Vogelschiss befreien will, sollte rein vorsorglich
Handschuhe tragen, viel Wasser benutzen und einen Lappen, den man
anschließend wegwirft und nicht etwa in den Küchenschrank zurücklegt, rät
Hentschke. Fasst man Vogelkot an, sollte man sich die Hände waschen, das genügt.
Was eventuell unter den Schuhen kleben bleibt, ist auf Grund der geringen Menge
ungefährlich.
Vor Stadttauben muss man offenbar keine Angst haben: Ein Infektionsrisiko für
Menschen durch Tauben schließen Wissenschaftler nahezu aus. Daher gilt für sie
bisher auch nicht die Stallpflicht.
Forscher am Friedrich-Loeffler-Institut fanden heraus, dass Tauben zwar empfänglich
sind für das H5N1-Virus, jedoch nicht so stark wie Schwäne oder Hühner. Die Gefahr
der Übertragung durch den Kot von Tauben vor allem in Großstädten lässt sich
schwer einschätzen. Wissenschaftler fanden im Kot infizierter Tauben nur geringe
Mengen des Virus. Es gelang ihnen auch nicht, Hühner durch Kontakt mit dem Kot
der Tauben zu infizieren.
Wie kann ich eine normale Grippe von der Vogelgrippe unterscheiden?
Die Symptome der Vogelgrippe sind anders als die einer normalen Grippe", sagt
Professor Michael Schmidt von der tiermedizinischen Fakultät der Freien Universität
Berlin. "Die Symptome ähneln sich nur am Anfang: Die Infizierten klagen in den
ersten Tagen über Fieber, Husten und Gliederschmerzen." Dann komme jedoch bald
eine schwere Lungenentzündung hinzu.
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Auch die Humanmedizinerin Bettina Temmesfeld vom Berliner Klinikum Charité
bestätigt: "Die Vogelgrippe ist insgesamt schwerer ausgeprägt als eine gewöhnliche
Influenza - die Lunge wird stärker befallen."
Veterinärmediziner Schmidt forderte, die Art der Infektion "äußerst genau zu prüfen".
Influenza-Schnelltests zeigten innerhalb einer halben Stunde, ob man sich mit einem
Grippeerreger infiziert habe. Ob es sich um das gefährliche H5N1-Virus handele,
müsse in einem aufwendigeren Verfahren untersucht werden. Dieses benötigte
mindestens zwölf Stunden. "Außerdem müssen die Proben natürlich mehrfach
untersucht werden", erläuterte Schmidt.
Kann ich unbedenklich Geflügelfleisch und Eier essen?
Bei Geflügelfleisch gilt es, die gleiche Sorgfalt walten zu lassen wie immer beim
Verzehr, sagt Jochen Hentschke, Veterinär und Leiter des Zentrums für
Infektionsdiagnostik am Institut für Lebensmittel, Arzneimittel und Tierseuchen in
Berlin. Also Tiefkühlhähnchen oder Enten getrennt von anderen Lebensmitteln
auftauen und das Auftauwasser wegkippen. Anschließend sollte das Geflügelfleisch
vollständig durchgegart werden, also auch am Knochen nicht mehr rosa sein. Bei
Erhitzung über 70 Grad wird der Erreger nach Aussagen von Experten sicher
abgetötet.
Derzeit besteht ein Jagdverbot für Wildgeflügel, so dass von Tiefkühlfasanen oder wildenten keine Gefahr ausgeht, denn sie sind lange vor der Vogelgrippe
geschossen worden.
Das H5N1-Virus kann über rohe Eier übertragen werden, sofern die Tiere infiziert
sind. Das Durcherhitzen von Eiern tötet den Erreger ab. Allerdings sind mit
Vogelgrippe infizierte Hennen geschwächt oder sterben recht schnell, sodass die
Legeleistung drastisch vermindert ist. Es ist somit nicht sehr wahrscheinlich, dass
Eier infizierter Hennen überhaupt in den Handel geraten.
Zusätzlich unterliegen die Betriebe im Verdachts- oder Ausbruchsfalle einer strengen
Sperre, so dass keine Eier an Verbraucher weitergegeben werden dürfen
Wie kann ich die Vogelgrippe bei Vögeln erkennen?
Erkrankte Vögel machen nach Angaben von Fachleuten einen apathischen Eindruck
und leiden unter Atemnot. Sie schwanken häufig, und ihr Gefieder ist gesträubt.
Die Krankheit ist unter Vögeln hoch ansteckend, verläuft dramatisch und rafft die
Tiere innerhalb von Stunden dahin.
Was soll ich tun, wenn ich einen toten Vogel finde?
"Auf keinen Fall anfassen", sagt Hiltrud Schrandt vom Niedersächsischen Landesamt
für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit.
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Die Entdeckung toter Vögel sollte der örtlichen Polizei oder der Gemeinde gemeldet
werden, die die Veterinäramter einschalten. In Spezialbehältern werden die Tiere
dann zur Untersuchung ins Labor gebracht.
Sind meine Haustiere gefährdet?
Für Hunde und Katzen halten Experten das Ansteckungsrisiko eher für gering. Es
gebe aber Fälle einer Übertragung des Virus von Geflügel zu Säugetieren, sagte der
Vogelkundler Wolfgang Fiedler vom des Max-Planck-Institut für Ornithologie.
In vielen dieser Fälle fraßen die Tiere offensichtlich verendete Hühner. Daher sollten
Halter von Haustieren, etwa von Hunden, "die Tiere so gut wie möglich unter
Kontrolle halten und schauen, dass sie nichts unkontrolliert zu sich nehmen", sagte
Fiedler.
Nach Angaben von Jochen Hentschke, Veterinär und Leiter des Zentrums für
Infektionsdiagnostik am Institut für Lebensmittel, Arzneimittel und Tierseuchen in
Berlin, besteht eine Gefahr für Hunde jedoch allenfalls theoretisch. Bis jetzt sei kein
einziger Fall bekannt, bei dem der Erreger auf Hunde übergesprungen wäre.
Anders sehe es mit Katzen aus: "Eine Katze kann sich anstecken, zum Beispiel
indem sie infizierten Vogelkot oder einen erkrankten Vogel frisst. Allerdings passiert
eine solche Ansteckung sehr selten, denn die Virusmenge müsste sehr groß sein.
Beim Vogelkot ist das in der Regel nicht der Fall. Und welche Katze isst schon
Blesshühner, Enten oder Schwäne?", so Hentschke.
In Zoos in Asien haben sich schon Tiger und Jaguare angesteckt, denen infiziertes
Vogelfleisch verfüttert worden war. Der Zoo in Kairo wurde wegen der Vogelgrippe
geschlossen. Katzen und Hunde können sich weiterhin im Freien aufhalten, Hunde
sollten in gefährdeten Zonen an der Leine geführt werden.
Hausvögel sollten keinen Kontakt mit Wildvögeln haben. Außenvolieren müssen
entsprechend geschützt werden.
Ist Deutschland ausreichend auf den Pandemie-Fall vorbereitet?
Der beste Schutz vor einem Pandemievirus ist eine Impfung. Hersteller und
Behörden, wie z.B das Paul-Ehrlich-Institut arbeiten an einem menschlichen Impfstoff
gegen die Vogelgrippe. Dabei verfolgt man die Strategie, eine möglichst schnelle und
wirksame Immunisierung zu erreichen.
Ein Impfstoff kann jedoch erst hergestellt werden, wenn das Virus erstmals
aufgetreten ist. Fachleute schätzen, dass es nach dem ersten Ausbruch rund drei bis
vier Monate dauern kann, bis er in ausreichender Menge zur Verfügung steht. Diese
Zeit gilt es mit antiviralen Medikamenten wie Tamiflu und Relenza zu überbrücken,
die zwar eine Infektion nicht verhindern können, jedoch die Ausbreitung der Viren im
Körper aufhalten. Jedoch gibt es schon erste Tamiflu-resistente H5N1-Varianten,
sodass nicht sicher ist, ob Tamiflu wirklich den erhofften Schutz vor dem Virus bietet.
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In dieser Zeit wird es zu Todesfällen kommen. "Diesen Preis wird man zahlen
müssen", sagt Dr. Michael Pfleiderer vom Paul-Ehrlich-Institut. Impfstoffe zu
entwickeln, die auf dem jetzigen H5N1-Virus beruhen, machen seiner Ansicht nach
keinen Sinn: "Wir wollen eine möglichst effektive Immunisierung."
Das Robert-Koch-Institut hat den Bundesländern empfohlen, für jeweils 20 Prozent
der Bevölkerung Tamiflu und Relenza zu ordern. Tatsächlich sind die Bestände vieler
Bundesländer sehr viel niedriger, was zur Zeit heftig kritisiert wird. Der TamifluHersteller Roche kommt mit der Produktion kaum nach, weswegen das Mittel zur Zeit
schwer zu bekommen ist.
Gibt es einen Impfstoff für Menschen?
In Deutschland gibt es derzeit keinen zugelassenen Impfstoff für Menschen gegen
die Vogelgrippe. Ein Impfstoff kann zudem erst hergestellt werden, wenn ein
Pandemie-Virus entstanden ist. Der Zeitraum vom ersten Auftreten eines PandemieVirus bis zur Verfügbarkeit eines Impfstoffes wird nach Ansicht von Experten des
Paul-Ehrlich-Institutes mindestens vier bis fünf Monate betragen. Um diese Zeit zu
überbrücken, gibt es die Medikamente Tamiflu und Relenza. Sie schützen nicht vor
einer Infektion, bremsen aber die Verbreitung der Viren im Körper.
Die meisten Experten nehmen an, dass die Neuraminidase-Hemmer Tamiflu und
Relenza auch bei erkrankten Menschen mit Vogelgrippe helfen. Deutschland hat
mehrere Millionen Dosen der Medikamente geordert.
Allerdings kann sich das Virus schnell verändern. In Asien traten bereits Tamifluresistente H5N1-Viren auf.
Bei Infektionen in China im Jahr 2005 starben vier von acht mit Vogelgrippe infizierte
Patienten - trotz der Einnahme von Tamiflu gestorben. Tests zeigten, dass das Virus
bei zwei Erkrankten eine Resistenz gegen Tamiflu entwickelt habe. Und bei einem
Patienten sei Tamiflu bereits in einem frühen Stadium der Krankheit verabreicht
worden.
Im Oktober 2005 hatte ein 14-jähriges vietnamesisches Mädchen eine Infektion mit
H5N1 nach der Behandlung mit Tamiflu überlebt. Allerdings wurde danach in ihrem
Körper eine gegen das Mittel resistente Variante des Virus gefunden.
Welchen Schutz bieten Tamiflu und Relenza?
Im Falle einer Grippe-Pandemie können - bis zur Entwicklung eines Impfstoffes - die
antiviralen Medikamente Tamiflu (Hersteller: Roche) und Relenza (Hersteller:
Glaxosmithkline) eingesetzt werden.
Die beiden rezeptpflichtigen Arzneien mit den Wirkstoffen Oseltamivir
beziehungsweise Zanamivir werden auch Neuraminidase-Hemmer genannt.
Neuraminidase ist eine Eiweißstruktur an der Virushülle. Wird diese Struktur von den
Medikamenten blockiert, können neu gebildete Influenza-Viren die Wirtszelle nicht
mehr verlassen. Der Erreger kann sich nicht weiter im Körper ausbreiten, der
Krankheitsverlauf wird abgeschwächt.
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Das Mittel muss aber in den ersten zwei Tagen nach Auftauchen erster InfluenzaSymptome eingenommen werden. Zwar können sowohl Tamiflu als auch Relenza
ebenso prophylaktisch verwendet werden, in Deutschland hat aber nur Tamiflu dafür
eine Zulassung.
Seit Ausbreitung der Vogelgrippe haben sich zahlreiche Menschen vorsorglich mit
einem der Medikamente eingedeckt. Experten raten jedoch dringend ab, das Mittel
auf eigene Faust und ohne ärztliche Aufsicht zu benutzen.
Es ist jedoch nicht gesichert, ob Tamiflu wirklich den erhofften Schutz vor H5N1
bietet: Das H5N1-Virus verändert sich schnell und in Asien traten bereits Tamifluresistente Virenstämme auf.
Bei Infektionen in China im Jahr 2005 starben vier von acht mit Vogelgrippe infizierte
Patienten - trotz der Einnahme von Tamiflu gestorben. Tests zeigten, dass das Virus
bei zwei Erkrankten eine Resistenz gegen Tamiflu entwickelt habe. Und bei einem
Patienten sei Tamiflu bereits in einem frühen Stadium der Krankheit verabreicht
worden.
Im Oktober 2005 hatte ein 14-jähriges vietnamesisches Mädchen eine Infektion mit
H5N1 nach der Behandlung mit Tamiflu überlebt. Allerdings wurde danach in ihrem
Körper eine gegen das Mittel resistente Variante des Virus gefunden.
Welche Vögel sind von der Stallpflicht betroffen?
Hühner, Truthühner, Perlhühner, Rebhühner, Fasane, Laufvögel, Wachteln, Enten
und Gänse sind bis zum 30. April 2006 in geschlossenen Ställen zu halten.
Wie kann sich Hausgeflügel mit dem Virus infizieren?
Wolfgang Fiedler, Leiter der Vogelwarte Radolfzell, sagt: "Eine Infektion von
Hausgeflügel könnte auf verschiedenen Wegen passieren: Durch Wasservögel, die
sich zu Hausgeflügel setzen - hier könnte eine Stallpflicht vorbeugen. Durch
Oberflächenwasser - beispielsweise eines Sees, in dem infizierte Wasservögel
waren, und der als Wasserquelle für Stallgeflügel dient. Und letztlich durch
Futtermittel oder Geräte, die mit Kot von infizierten Vögeln kontaminiert sind.
Was tun Geflügelhalter zum Schutz vor Infektionen?
In der Geflügelwirtschaft gelten nach Angaben von Wilhelm Hoffrogge, des
Präsidenten des Verbandes der niedersächsischen Geflügelwirtschaft, generell
strenge Hygienevorkehrungen, um die Tierbestände vor verschiedenen
Krankheitserregern zu schützen. Die Ställe werden standardgemäß in
Schutzanzügen betreten, zuvor gehen die Menschen durch eine Wanne mit
Desinfektionsmitteln. Außerdem tragen sie Handschuhe.
Sollte ein Verdacht auf Vogelgrippe bestehen, sind in den Ställen zusätzlich eine
Atemschutzmaske mit Virusschutz und eine eng anliegende Schutzbrille Pflicht.
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Kann man nicht einfach alle gefährdeten Vögel impfen?
Derzeit wird über Tierimpfungen gegen die Vogelgrippe diskutiert. Während die
Niederlande und Frankreich erwägen, ihre Bestände an Nutzgeflügel großflächig zu
impfen, lehnt Bundesagrarminister Horst Seehofer prophylaktische Tierimpfungen ab.
Es gibt mehrere Gründe, die dagegen sprechen.
Thomas Mettenleiter, Präsident des Friedrich-Loeffler-Instituts, sagt: "Man muss
bedenken, dass geimpfte Tiere immer noch infiziert werden können."
Impfungen maskieren Infektion
Praktisch heißt das: Erreicht die Vogelgrippe einen Stall, fällt zwar nicht mehr
innerhalb eines Tages ein Großteil der Hühner tot um. Die Tiere bleiben äußerlich
gesund. Aber sie können lebende Viren in sich tragen und die Seuche so unbemerkt
weiter schleppen: ein Horrorszenario für Epidemie-Experten.
Impfungen begünstigen zudem die Mutation des Virus. Denn auch geimpfte Tiere
können sich infizieren. Es besteht das Risiko, dass das Virus sich innerhalb seiner
Überträger verändert und der Impfstoff somit unwirksam würde. Die
Seuchenausbreitung könnte sich verschlimmern und das H5N1-Virus letztlich sogar
auf den Menschen überspringen.
Notwendig für einen Impfschutz wären zwei Injektionen im Abstand von 14 Tagen bei
mindestens drei Wochen alten Tieren. Erst danach baue sich ein voller Impfschutz
auf. Bei Hähnchen, die im Schnitt nur 35 Tage alt werden, ist dies nach Ansicht von
Wissenschaftlern kaum möglich.
Impfungen wären ohnehin nur für Nutzgeflügel praktikabel, großflächige
Streuimpfungen für Wildvögel hält Wolfgang Fiedler, Leiter der Vogelwarte
Radolfzell, für "illusorisch".
Markerimpfstoff noch nicht entwickelt
Wissenschaftler arbeiten derzeit an einem Markerimpfstoff, mit dessen Hilfe infizierte
von geimpften Tieren zu unterscheiden sind. Die ehemalige nordrhein-westfälische
Agrarministerin und Vorsitzende des Agrarausschusses im Bundestag Bärbel Höhn
kritisiert, dass ein Markerimpfstoff bisher nicht entwickelt worden sei, weil die Politik
der EU eher dem Prinzip des Keulens statt des Impfens folge.
Das Friedrich-Loeffler-Institut bewertet die prophylaktische Impfung von Tieren als
unterstützende Maßnahme, die allerdings nur in stark betroffenen Ländern mit
schlechter Infrastruktur Sinn macht - zum Beispiel in Asien, wo die Vogelgrippe seit
mehreren Jahren grassiert.
"Eine Impfung ist nur dann angebracht, wenn die Seuche droht außer Kontrolle zu
geraten oder schon unkontrollierbar ist, wie derzeit in Südost-Asien und China",
meint Mettenleiter. "Dann können Impfmaßnahmen dazu beitragen, die Seuche
wieder in den Griff zu bekommen."
Wirtschaftliche Argumente
Es gibt auch wirtschaftliche Aspekte, die gegen eine Impfung sprechen: Im Zuge des
globalisierten Handels folgen dem Ausbruch einer Tierseuche in einem Land oft
Einfuhrsperren der Handelspartner auf dem Fuße.
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So lässt die EU auch kein Geflügel aus von der Vogelgrippe betroffenen Ländern
über ihre Grenzen.
Bärbel Höhn kritisiert die Impfpolitik der EU: " Die EU hat ein wirtschaftliches
Interesse, nicht zu impfen." Deutschland sei keine Ausfuhrland für Geflügelfleisch.
"Wenn sogar Exportnationen wie Frankreich und die Niederlande Impfungen
erwägen, dann gibt es für mich keinen Grund, das hier nicht zu tun.
Der Kostenfaktor regelmäßiger Impfungen wäre gewaltig: 2003 lebten mehr als 68
Millionen Hühner, Gänse, Enten und Puten in Deutschland. Viele Hühner werden
geschlachtet, bevor sie ein Jahr alt werden. Angesichts dieser Zahlen wird klar: Über
viele Jahre gerechnet, übersteigen die Kosten regelmäßiger Impfungen jene für
Notfall- Schlachtungen im seltenen Seuchenfall deutlich.
Ich habe noch mehr Fragen zur Vogelgrippe - wo kann ich mich informieren?
Das Bundeslandwirtschaftsministerium hat eine Hotline für Bürger eingerichtet, die
Fragen zur Vogelgrippe haben. Sie ist von Montag bis Freitag zwischen 9 und 17 Uhr
unter den Telefonnummern 01888-529-4601 oder -4602,-4603,- 4604, -4605, -4606,
-4607, -4608 und -4609 erreichbar.
Weitere Informationen findet man im Internet auf den Seiten des Agrarministeriums,
des Friedrich-Loeffler-Instituts und des Robert-Koch-Instituts.
Quelle : Stern
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